Was ist bloß mit Ian los? Teil 63: Ian Anderson tanzt Sirtaki

In meinem Betrag Was ist bloß mit Ian los? Teil 61: Dr. Bogenbroom haben sich viele Kommentare angesammelt, die sich etwas losgelöst vom eigentlichen Thema „Ian Anderson & Jethro Tull“ um griechische, speziell kretische Volkstänze drehen. Da das dort Geschriebene als Kommentare eher ein Schattendasein fristet, möchte ich es hier noch einmal in den Rang eines Beitrag heben:

Kretakatze sagt:

ich denke es ist an der Zeit, dass ich meinen ersten sinnhaltigen Kommentar abliefere, und ich befürchte er wird etwas umfangreicher werden.

Focus Hocus Pocus: Weder von der Gruppe Focus noch von dem Titel hatte ich je bewußt etwas gehört. Aber alles im Leben kommt irgendwann einmal zu einem zurück – so scheint es mir jedenfalls in letzter Zeit – und ja, dieser Jodel-Titel ist mir wohl bekannt. Er muss schon unzählige Male an mein Ohr gedrungen sein, vermutlich aus dem Radio. Allerdings muss ich mich Herrn Lockwood anschließen, mein Musikstil ist das nicht. Jodeln war noch nie mein Fall, und auch ich bevorzuge Lieder, bei denen die gesungenen Silben sinnhafte Worte ergeben. Mit einer Ausnahme: Da kommt mir eines der genialsten Lieder überhaupt in den Sinn, dessen Text nicht ein einziges echtes Wort enthält (ansonsten hat es allerdings mit Hocus Pocus nicht die geringste Ähnlichkeit). Ich weiß nicht, ob Ihr es kennt, es heißt Savarakatranemia.

Wenn Ihr kein Wort verstanden habt, liegt das nicht (nur) daran, dass Ihr (vermutlich) kein Griechisch könnt. Der “Text” besteht aus folgenden “Worten”, die mehrfach wiederholt und verschieden kombiniert werden:
Savarakatranemia (heißt nichts, klingt aber wie eine Beschwörungs- oder Zauberformel)
Halleluja (in griechischer Aussprache, Bedeutung ist wohl bekannt)
Ileos, Ileos… (ähnelt dem griechischen Wort Ilios = Sonne)
Lama-lama nama-nama nemia (lama erinnert an das griechische Verb lambo = leuchten, scheinen; der Rest ist nama-nama…)

Es ist im ersten Moment kaum zu glauben, aber bei diesem Lied handelt es sich um einen Protest-Song, es ist DAS Lied des griechischen Widerstands gegen die Militärdiktatur 1967 bis 1974. Und das ist seine Geschichte:

Nachdem Mikis Theodorakis bereits einige klar verständliche Protestlieder geschrieben hatte und dafür ins Gefängnis geworfen worden war, beschloss der griechische Komponist Jannis Markopoulos (der übrigens in London Musik studiert hatte) ein Protestlied zu schreiben, von dem ihm niemand würde nachweisen können, dass es ein Protestlied war. Also schrieb er ein Lied, das nicht ein einziges echtes Wort enthielt, aber immerhin eine Silbenfolge (…Ileos lama…), bei der jeder Grieche sofort an die Worte “Ilie lambse” (= Sonne scheine) erinnert wird. Diese Worte sind zentraler Kern eines bekannten kretischen Widerstandsliedes aus der Zeit der Türkenherrschaft. Der Ruf nach der Sonne war auf Kreta immer ein Symbol für den Ruf nach Freiheit. Das Lied gilt bis heute als DIE griechische Freiheitshymne und ist Kult. Ein Lied ohne Worte, dafür mit umso mehr Bedeutung. Das nenne ich genial!

Vom gleichen Komponisten und vorgetragen von gleichen Sänger gibt es übrigens noch ein zweites interessantes Lied mit einem auf dem ersten Blick ziemlich seltsam anmutenden Text: Bikan Stin Poli I Ochthri (live 1974). OK, Griechisch klingt für Menschen, die die Sprache nicht sprechen, im ersten Moment wahrscheinlich immer ein bißchen seltsam. Aber das meinte ich nicht. Der Titel bedeutet “Die Feinde kamen in die Stadt”, und die in diesem Lied beschriebene Reaktion der als “wir” bezeichneten Personen auf diese “Feinde” hat mich doch zunächst ziemlich überrascht. Hier meine Übersetzung:

Bikan Stin Poli I Ochthri (Jannis Markopoulos)

Die Feinde kamen in die Stadt

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie schlugen die Türen ein, die Feinde
Und wir standen daneben und lachten
Am ersten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie nahmen unsere Brüder und Schwestern mit, die Feinde
Und wir schauten den Mädchen zu
Am nächsten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie warfen Feuer auf uns, die Feinde
Und wir schrieen in der Dunkelheit
Am dritten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie trugen Schwerter, die Feinde
Und wir nahmen sie als Talisman
Am nächsten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie verteilten Geschenke, die Feinde
Und wir lachten wie die Kinder
Am fünften Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie trugen einen Feigenzweig, die Feinde
Und wir riefen “Hoch sollen sie leben”
Wie jeden Tag

Die Feinde, die hier in die Stadt kommen, sind die, die längst in der Stadt sitzen, nämlich in Athen im Regierungspalast: Die Militär-Junta. Der Text ist im wahrsten Sinne des Wortes schlicht und ergreifend. Kann man eindringlicher schildern, wie sich ein hilfloses Volk mit Gewalt und Diktatur arrangiert? – Wie die Kinder…

Jetzt habe ich mich thematisch ziemlich weit von Jethro Tull und Mr. Anderson entfernt, aber ich denke es wird mir gelingen den Bogen zurück zu finden, zumindest zu den schottischen Wikingern. Dazu möchte ich allerdings zuerst auf einen meiner Meinung nach bemerkenswerten kretischen Musiker aufmerksam machen, den ich selbst erst vor Kurzem auf YouTube entdeckt habe. Sein Solo-Instrument ist die griechische Laute, die sonst eigentlich eher – ähnlich der Rhythmus-Gitarre in der Rock-Musik – den Hintergrund für Bouzouki, Baglamas oder Lyra liefert. Singen kann er im Übrigen auch. Sein Vortragsstil ist für einen Volksmusiker eher ungewöhnlich und erinnert mich – ich weiß auch nicht recht warum – irgendwie an einen schottischen Wikinger. Genug der Worte, hier ist er mit einem Stück traditionellen, kretischen Folk-Rock: Michalis Tzouganakis. Für diejenigen, die von dieser Art Musik jetzt noch nicht genug haben, hier noch eine zweite Kostprobe.

Ich weiß, traditionelle kretische Musik ist nicht jedermanns Sache. Für den ungeübten Hörer klingt sie oftmals wirr und eintönig. Dazu teilweise der epische Gesang, der sich dem Rhythmus entzieht. Für den durchschnittlichen Mitteleuropäer ziemlich gewöhnungsbedürftig. Oder was meint Ihr dazu?

Michalis Tzouganakis tritt offensichtlich häufig zusammen mit einem Musiker auf, der Askomandoura und Gaida spielt, die beiden kretischen (oder griechischen?) Varianten des Dudelsacks. Leider gibt es von diesen Live-Auftritten nur kurze Video-Schnipsel in bescheidener Bild- und Tonqualität (Schnipsel mit GaidaSchnipsel mit Askomandoura).

Und beim Thema Dudelsack kommen wir wieder nach Schottland zurück. Ist es nicht seltsam, dass der Dudelsack gerade an den beiden enferntesten Enden Europas so ein besonders beliebtes Instrument wurde und sich einen festen Platz in der Volksmusik erobern konnte, während er in anderen Teilen der Welt kaum gebräuchlich ist? Wurde er eigentlich in Schottland und Griechenland unabhängig voneinander erfunden? Oder ist ein schottischer Wikinger, vielleicht da es ihm in Schottland zu kalt war, nochmals in See gestochen, und er hat sich dann nach Kreta verirrt? Eher unwahrscheinlich, oder? Aber vielleicht weiß ja Einer von Euch die Antwort.

Schöne Grüße
Kretakatze

PS.: Dabei bin ich jetzt noch nicht einmal dazu gekommen, die Parallelen zwischen kretischer Volksmusik und Jethro Tull genauer zu beleuchten…

Lockwood sagt:

ich riskiere an dieser Stelle, nicht nur für mich, sondern auch für Wilfried zu sprechen: Ich finde Deine Kommentare sind weder fehl am Platz noch zu lang. Im Gegenteil, ich freue mich über umfangreiche Stellungnahmen und ich denke, Wilfried wird das nicht anders sehen. Falls Du den Gedankenaustausch zwischen Wilfried und mir ein wenig verfolgt hast, wirst Du festgestellt haben, dass dort Abweichungen vom Thema Jethro Tull an der Tagesordnung sind. Deine Hinweise auf griechische Folkmusik sind sehr willkommen. Sie können dabei helfen, festgefahrene Grenzen im musikalischen Horizont aufzubrechen. Manchmal denke ich, dass ich das bitter nötig habe.

Jassos
Lockwood (44)

WilliZ sagt:

Hallo Kretakatze,

Lockwood hat Recht: Dein Ausflug nach Griechenland resp. Kreta ist hier herzlich willkommen.

Was den Dudelsack betrifft, so war er besonders im Mittelalter sehr weit verbreitet. Auch in Deutschland gab es Dudelsäcke, meist als Quetschsack oder Sackpfeifen bekannt. Die Herkunft ist ziemlich ungesichert, wahrscheinlich aber kommt der Dudelsack aus Kleinasien und hat seinen Ursprung bei den Thrakern. Da liegt Kreta ja fast um die Ecke.

Nur so am Rande: Wenn ich Deinen Beitrag lese, muss ich mich an frühere Zeiten erinnern. Ich spielte damals in einer Band, die mehr oder weniger Tanzmusik spielte. So hatten wir u.a. mehrere Auftritte bei einer Art Bürgerfest, zu dem auch griechische Musiker geladen waren (in dem Stadtteil lebten wohl ziemlich viele Griechen). Nach unserem Auftritt gaben die Griechen ihr Bestes und es wurde Sirtaki getanzt. Viele Lieder auch von Mikis Theodorakis. Selbst Tanzmuffel (wie ich) kamen dabei richtig in Wallung.

Kretakatze sagt:

Hallo Jungs,

Tja, da bin ich jetzt auf jeden Fall mal sehr beruhigt, dass ich Euch noch nicht allzu sehr auf die Nerven gegangen bin. Vielen Dank für die aufmunternden Worte und die sachkundigen Informationen zu …internationalen Dudelsäcken. …

Und da ich nicht zufrieden wäre, wenn ich nicht widersprechen (und dazu noch eine Vorlesung halten) könnte: Es freut mich sehr, dass Wilfried sich beim griechischen Tanzen so gut amüsiert hat, aber ich würde darauf wetten, dass kein Mensch an diesem Abend Syrtaki getanzt hat. Diesen Tanz gibt es nämlich eigentlich garnicht. Genauer gesagt, es ist ein Kunst-Tanz, der extra für den Film Alexis Sorbas erfunden wurde und der nur bei Tanzvorführungen gezeigt wird. Er besteht aus einer Zusammenstellung von Elementen verschiedener traditioneller Tänze, vor allem Chasapikos, Pentosalis und Syrtos. Die einzige Musik, auf die er getanzt wird, ist das bekannte Sorbas-Lied.

Auch dazu gibt es eine Geschichte. Eigentlich sollte Antony Quinn in der Schluss-Szene am Strand einen Pentozalis tanzen, einen ziemlich schnellen, traditionellen kretischen Tanz. Wenn man das kann sieht das so aus: Pentosalis (hier wird übrigens auch wieder Gaida gespielt).

Nun kursieren verschiedene Versionen, warum das nicht geklappt hat. So soll er sich den Fuß gebrochen haben – aber dann hätte er wohl garnicht mehr tanzen können. Auch nach verstauchtem Fuß sieht die Schuss-Szene von Alexis Sorbas eigentlich nicht aus. Ich nehme an, er hat einfach beim Versuch, diesen nicht ganz einfachen Tanz hinzulegen, einen Knoten in die Beine bekommen – er war ja auch schon nicht mehr ganz der Jüngste.

Also mußte man sich was Einfacheres ausdenken, und so hat man zur Musik von Mikis Theodorakis etwas Passendes zusammengestellt. So ein Vorführ-Syrtaki wie man ihn heute zu sehen bekommen kann, sieht dann zum Beispiel so aus: Sytraki.

Hier sieht man auch gleich noch eine weitere Parallele zwischen Griechen und Schotten: Beide tragen Röckchen, wobei die griechischen (die übrigens Foustanella heißen) nicht kariert sind und fast schon verboten kurz. Na ja, es wird Strumpfhose dazu getragen.

Im Anschluss an den Sytraki sind in dem Video dann noch ganz kurz die Anfänge eines echten griechischen Tanzes zu sehen, DES griechischen Basis-Tanzes überhaupt – es ist ein Sytros. Das, was der Durchschnittsdeutsche üblicherweise als Sytraki bezeichnet, also dieser Einfach-Tanz, den auch ein unbeholfener Volltrunkener nach 10 Sekunden mitstolpern kann (nicht dass ich damit jetzt Dich meinen würde, lieber Wilfried!), der heißt Siganos, wenn er langsam ist, und Servikos, wenns schnell wird. Tja, ein bißchen was weiß ich auch!

Und das wars jetzt wieder mit dem kurzen Beitrag.

Schöne Grüße
Kretakatze (44+4)

PS.: Irgend jemand hat mal zu mir gesagt ich wäre wie Inspector Columbo: Immer wenn er gerade durch die Tür ist und man meint man wäre ihn endlich los, dann dreht er sich nochmal um und sagt sein berühmtes: “Ach, da fällt mir doch gerade noch ein…” Aber heute fällt mir wirklich nichts mehr ein, weswegen das PS entfällt.

Lockwood sagt:

Hallo Kretakatze,

auch ich widerspreche gerne, Wilfried kann ein Lied davon singen.Aber es sind die Kontroversen, die eine Diskussion vom Monolog unterscheiden.Also, zum Inhalt:

Entgegen Deiner Aussage glaube ich nicht, dass Sirtaki nur zu “Sorba’s Dance” getanzt wird. Als Beweis für meine Antithese verweise ich auf ein Album aus meiner Plattensammlung: “20 Sirtaki von Mikis Theodorakis” oder so ähnlich. Diese Platte habe ich mir seinerzeit eigens wegen Sorba’s Dance gekauft; die anderen Stücke kommen bei weitem nicht daran und dienen nur dazu, die LP zu füllen.

Also, liebe Kretakatze, ich hoffe, Du bleibst uns gewogen.

Viele Grüße
Lockwood

WilliZ sagt:

Also zur Sirtaki-Diskussion: Die Quinn-Sorbas-Geschichte war mir ansatzweise bekannt. Trotzdem Danke für die ausführlichen Erläuterungen. Und um meinen Senf auch noch dazuzutragen: Sirtaki oder Syrtaki (mit der Transkription wollen wir es hier einmal nicht ganz so genau nehmen) ist ein Diminutiv (Verkleinerungsform) von Syrtos, also gewissermaßen ein Syrtoslein, wenn ich mich nicht täusche. Unter diesem Gesichtspunkt werde ich vor Jahren also doch eher einen Syrtaki als einen Siganos getanzt haben. In diesem Zusammenhang vielen Dank an Kretakatze, dass Du mich nicht für einen unbeholfenen Volltrunkenen hältst (vielleicht etwas unbeholfen, aber nicht volltrunkend – oder umgekehrt?).

So langsam entwickelt sich das ja hier zu einer griechisch-schottisch-deutschen Scripto-Konferenz. Leider hat mein Web-Hoster (der meine Website usw. verwaltet) keinen Forum-Baukasten im Angebot. Muss so genügen.

Viele Grüße
Wilfried (44+4+4+4-3) [Ist das so ‘ne Art Kryptografie?]

Lockwood sagt:

Hallo Kretakatze,

ich bin gerade erst dazu gekommen, mir Deine gelinkten Videos zur griechischen Folklore anzusehen. Zunächst einmal vielen Dank dafür ! Leider muss ich gestehen, dass ich zu dieser Musik überhaupt keinen Zugang finde. Erstens ist mir die Sprache vollkommen fremd und zweitens klingt die Musik in meinen Ohren zu orientalisch. Einige hundert Jahre türkische Fremdherrschaft sind wohl auch an der griechischen Volksmusik nicht spurlos vorrüber gegangen. Damit will ich nichts gegen orientalische Musik sagen; es ist nur so, dass ich in meinem Musikgeschmack ein Kind des Abendlandes bin.

Ich bin gespannt darauf, welche Parallelen Du zwischen der kretischen Musik und dem Werk des Wikingers Anderson aufzeigen wirst. Nicht vergessen: Damit stehst Du jetzt bei uns in der Pflicht !

Ganz nebenbei zum Thema Haarfarbe, Griechen und Türken:
Vor einigen Jahren war ich mit einer griechischen Familie befreundet. Dass Griechen und Türken sich nicht immer ganz grün sind, kann man vor dem Hintergrund ihrer gemeinsamen Geschichte verstehen. Aber es kommt noch doller: Die griechische Freundin blickt naserümpfend auf Griechen mit dunklen Haaren und dunklen Augen. Ich weiß nicht mehr, welchen Ausdruck sie für diese Landsleute gebrauchte. Es war so etwas in der Art wie “halbe Türken” oder so. Jedenfalls legte sie Wert auf die Feststellung, dass der Hellene dunkelblonde Haare und blau-grüne Augen hat. Und, was soll ich sagen, sie hat Recht damit ! Wäre es anders, hätte Brat Pitt nicht den Achilles spielen können.

Es grüßt Euch
Lockwood

Kretakatze sagt:

Hallo Jungs,

also ich glaube das artet langsam aus hier, das ist doch kein Diskussionsforum, oder?

Eigentlich wollte ich heute mal nichts schreiben sondern ins Bett gehen und schlafen, ich hätte es mal wieder ziemlich nötig (wie der Wilfried schon ganz richtig bemerkt hat). Meine Nachtaktivitäten sind meinen Geistesblitzen während der Arbeitszeit nicht unbedingt förderlich.

Deswegen jetzt wirklich nur gaaaanz kurz: …

… was die “20 Sirtaki von Mikis Theodorakis” betrifft (ich schreibe das immer mit y, weil es auch im Griechischen mit y geschrieben wird), es wäre für Mikis Theodorakis sicher auch kein Problem 200 Lieder mit diesem Rhythmus zu scheiben, aber hast Du schon einmal jemanden darauf Syrtaki tanzen sehen? Ich nicht!

Bei den griechischen Tanzfesten, Choros genannt, werden auch üblicherweise keine Lieder von Mikis Theodorakis gespielt, sondern traditionelle “Volkslieder”, und da kommt der Syrtaki nicht vor. Der wird immer nur bei Vorführungen getanzt, und dann immer auf diese eine Melodie. Und der Durchschnittsgrieche, der nicht in einer Tanzgruppe tanzt, kennt die Schrittfolge auch garnicht.

Warum der Syrtaki nun gerade Syrtaki heißt, weiß ich leider auch nicht mehr. Tatsächlich hat er mit dem Syrtos die geringste Ähnlichkeit, er basiert eigentlich auf dem Chasapikos (gleicher Grundschritt, gleiches Tempo, zumindest im langsamen Teil). Der Syrtos hat schon einmal einen ganz anderen Schritt-Rhythmus, aber ich will jetzt nicht auch noch anfangen Euch verbalen Tanzunterricht zu erteilen. Zumal es unter Euch ja wohl auch noch Tanzmuffel zu geben scheint. Und wenn der Wilfried nun darauf bestehen will, dass er seinerzeit Syrtaki getanzt hat, meinetwegen. Dem einen sein Wikinger ist dem andern sein Syrtaki, wobei man Lockwoods grüne Augen nicht vergessen sollte (oder so ähnlich). Da er nicht volltrunken war, wird sich der Wilfried ja sicher noch genau an die Schrittfolge erinnern und sie uns in seinem nächsten Beitrag detailliert erläutern.

Schöne Grüße
Kretakatze (4-2+44-2+4) [Der Lockwood hat damit angefangen!]

PS.: Entfällt wegen Müdigkeit

Kretakatze sagt:

Hallo Jungs,

heute muss ich mich zuerst selbst korrigieren. Ab sofort schreibe ich Sirtos und Sirtaki nur noch mit i, denn die Schreibweise mit y ist Blödsinn. Wen interessiert schon, wie diese Worte original in griechischer Schrift geschrieben werden, und das y könnte einen Deutschen dazu verleiten diesen Buchstaben als ü auszusprechen. Ein ü gibt es im Griechischen nicht, das y heißt dort “i psilo” (= hohes i). Ich bitte daher alle meine bisherigen diesbezüglichen orthographschen Fehltritte als entsprechend korrigiert zu betrachten.

Dem muss ich sofort die nächste Selbstkorrektur folgen lassen. Ich habe geschrieben, der Sirtaki würde Elemente aus Chasapikos, Pentosalis und Sirtos enthalten. Tatsächlich habe ich mich schon beim Schreiben dieser Worte gefragt, welche Elemente des Sirtaki aus dem Sirtos stammen sollen, mir sind keine eingefallen. Ich habe das so geschrieben, weil ich es irgendwo mal gelesen oder gehört habe. Man sollte nie ohne nachzudenken einfach irgend etwas abschreiben!

Inzwischen sind mir nicht weniger als 4 grundlegende Unterschiede zwischen diesen beiden Tänzen aufgefallen, Gemeinsamkeiten konnte ich keine entdecken. Ich würde diese Aussage daher als unbewiesene Behauptung einstufen und bitte das Wort Sirtos aus diesem Zusammenhang gedanklich zu streichen. Stattdesssen konnte ich beim Betrachten des von mir verlinkten Sirtaki-Videos eindeutig Elemente aus dem Seimbekikos entdecken. Das ist der Tanz, wo Einer alleine tanzt während die Anderen im Kreis herum hocken, klatschen und Teller zerschlagen. Der Beginn des Sorba’s Dance ist eigentlich 100% Seimbekikos: Jeder tanzt allein, langsames Tempo, schwerfälliger Rhythmus. Das ist übrigens auch im Film so.

Wie Ihr Euch wahrscheinlich inzwischen schon fast denken könnt, habe ich selbst einmal ein paar Jahre in so einer Tanzgruppe mitgemacht. Auch wir sind gelegentlich bei Choros-Festen aufgetreten und haben ein paar Tänze vorgeführt. Auch wir hatten den Sirtaki im Programm. Den Sorbas kann ich deshalb nicht mehr hören.

Um nun abschließend die Frage zu behandeln, welcher Tanz es nun gewesen sein könnte (oder waren es mehrere?), den der Wilfried seinerzeit getanzt hat: Natürlich habe ich im Prinzip keine Ahnung, und ich habe auch nicht behauptet es wäre Siganos. Ich habe nur GEWETTET es wäre NICHT SIRTAKI. Es wäre durchaus möglich, dass ich diese Wette verliere. Das ließe sich klären, aber jetzt leidet der Wilfried plötzlich an Gedächtnisschwund…

Also ich schlage für uns alle drei mal folgenden Kompromiss vor:

Wilfried ist der größte Sirtaki-Tänzer aller Zeiten, er beherrscht(e einmal) diesen figurenreichen Kunsttanz ohne jemals eine Unterrichtsstunde genossen zu haben. Lockwood ist der Entdecker des grünen Auges des Mr. Anderson und sollte für dieses unschätzbare Verdienst besondere Erwähnung in den Geschichtsbüchern finden. Und ich darf meinen Wikinger behalten. Ich nehme ihn sogar mit grünen Augen, da will ich wirklich nicht kleinlich sein. (Er hat doch in den 80er Jahren auch ausgesehen wie ein Wikinger, oder?)

Morgen vielleicht mehr, Lockwood hat ja schon wieder neue Themen und Fragen aufgeworfen… Wilfried, Du gibst Bescheid kurz bevor Dein Webspace platzt…

Schöne Grüße
Kretakatze (44-40+44)
[Also ich finde die 4er in Kombination mit den + und – rein optisch sehr schön, und um diese Uhrzeit möchte ich niemanden mehr überfordern!]

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!