Archiv für den Monat: Mai 2011

Udo wird 65

Udo ist eine Hamburger Institution. Geboren wurde er allerdings heute vor 65 Jahren in Gronau/Westfalen und kam erst 1968 in die Hansestadt. Nun, alles Gute zum Renteneintritt. Aber auf Rente macht er erst einmal nicht. Keine Panik! „65 – nur eine Zahl von der Firma Scheißegal“.

Schon früh übte sich Klein-Udo mit dem Trommeln. 1969 wurde Udo Lindenberg Schlagzeuger bei den City Preachers (Sängerin Inga Rumpf), der ersten Folk-Rock-Band Deutschlands. Bevor Udo Lindenberg von Rudi Ratlos oder Bodo Ballermann sang, betätigte es sich zwar auch schon gesanglich, nur mit englischen Texten – und er saß in den Jahren 1970/71 an der Schießbude bei keinem Geringeren als Klaus Doldinger, dem Jazz-Saxophonisten, der neben Volker Kriegel und Wolfgang Dauner zu einem der wichtigsten Vertreter der Verbindung zwischen Jazz- und Rockmusik wurde.

1970 war es die Scheibe „Doldinger’s Motherhood“, auf der Lindenberg neben Schlagzeugkünsten seinen damals wie heute unverwechselbaren nasalen Gesang vorstellte. Auch bei der von Doldinger komponierten Titelmusik der ARD-Fernsehserie Tatort ist Lindenberg als Schlagzeuger zu hören.


Doldinger’s Motherhood feat. Udo Lindenberg: Song of Dying

Udo Lindenberg, nochmals alles Gute zum Geburtstag!

Auf ein Neues

Nach der Saison ist vor der Saison. Okay, das DFB-Pokalendspiel zwischen Schalke 04 und dem MSV Duisburg am Samstag, den 21. Mai, steht noch aus. Aber sonst ist die Saison gelaufen, und wie … Neben St. Pauli hat es nun doch Eintracht Frankfurt erwischt. Nachdem die Eintracht zur Halbzeit (17. Spieltag) noch auf Platz 7 mit 26 Punkten stand (am 11. Spieltag waren sie sogar vierter), steigen sie nun (trotz oder gerade wegen Christoph Daum) in die zweite Liga ab. Die Borussia aus Mönchengladbach hat nach einer Aufholjagd immerhin noch den Relegationsplatz erwischt und muss gegen den VfL Bochum beweisen, ob sie erstligatauglich ist. Mit Hertha BSC und dem neuen Gesicht FC Augsburg stehen die Aufsteiger fest.

Werders 13. Platz ist nach 1998/1999 die schlechteste Platzierung der Mannschaft aus Bremen. Damals hatte Thomas Schaaf kurz vor Ende der Saison die Trainingsgeschäfte von Felix Magath übernommen und mit drei Siegen in vier Spielen (sowie dem Gewinn des DFB-Pokals gegen die Bayern) den Klassenerhalt gesichert. Was die Elf von der Weser in dieser Saison bot, war wirklich nur Selter statt Sekt. Sicherlich wiegt der Abgang von Mesut Özil schwer. Und die langanhaltende Verletztenmisere (Naldo, Boenisch, oft genug auch Pizarro) konnte einfach nicht kompensiert werden.

Aber das soll jetzt alles anders werden, besser … Das Transfer-Karussell dreht sich bereits wieder kräftig. Und mit Mehmet Ekici von Bayern München (er war an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen) hat Werder Bremen endlich einen Spieler an der Angel, der die unbesetzte Spielmacherposition einnehmen könnte. Außerdem hat man mit Predrag Stevanovic, der seit Januar 2011 bei Werder ist und zunächst in der zweite Mannschaft Spielpraxis gesammelt hat, einen weiteren jungen Spieler für diese Position. Ansonsten brodelt natürlich auch wieder die Gerüchteküche.

Und sonst? Markus Rosenberg dürfte zurück an die Weser kommen. Dafür sind Spieler wie Petri Pasanen und Daniel Jensen bereits verabschiedet. Der Brasilianer Samuel verlässt Werder auch schon wieder, nachdem er kein Bein auf den Boden des Weser-Stadions bekommen hat. Bleibt Torsten Frings? Die Frage soll sich in diesen Tagen klären.

Wichtig ist ohne Zweifel, dass Leistungsträger wie Tim Wiese, Per Mertesacker, Claudio Pizarro (alle drei haben einen Vertrag bis 30.06.2012) und Marko Marin (Vertrag noch bis 30.06.2013 – der FC Liverpool zeigt Interesse an ihm) gehalten werden können. Marko Arnautovic, Sandro Wagner und Wesley haben noch Verträge bis zum 30.06.2014. Es ist zu hoffen, dass diese endlich die Leistung bringen, die man von ihnen erwarten kann.

Alles in allem stehen die Zeichen nicht schlecht. Sollte wirklich Mehmet Ekici an die Weser kommen, dann könnte sich auch wieder der spielerische Glanz früherer Tage zeigen. Natürlich muss man dem jungen Mann zunächst einige Zeit einräumen. Wenn es den Spielern gelingt, endlich ihre Potential auszuspielen, dann könnte Werder Bremen bereits in der nächsten Saison vielleicht nicht ganz oben, aber doch in den höheren Rängen mitmischen. Wir dürfen gespannt sein.

zdf.de: Die Elf der Saison (Von Manuel Neuer bis Mario Gomez)

Vergessene Stücke (7): Thomas Brasch – Mercedes

Thomas Brasch (* 19. Februar 1945 in Westow/Yorkshire; † 3. November 2001 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor, Regisseur und Lyriker. Sein Theaterstück Mercedes – Für Caspar L – wurde am 07.11.1983 in der Regie von Matthias Langhoff am Schauspielhaus Zürich uraufgeführt.

„‚Mercedes’ – symbolträchtiges Auto und Name der heiligen Maria von der Gnade der Gefangenenbefreiung. Das Stück des vielseitigen und experimentierfreudigen Autors Thomas Brasch (1945 – 2001) oszilliert zwischen Irrsinn und Groteske, Traum und Trauma, Poesie und Klamauk, Drogenwahn und Alltag, Diesseits und Jenseits, Oi und Sakko, Mercedes und Mercedes. Von ‚A’ wie ‚Arbeit’ bis ‚Z’ wie ‚Zuni-Indianer’: ‚Mercedes’ ist ein Verwirr- und Assoziationsspiel über den alltäglichen Wahnsinn.“ (Quelle: www.theaterportal.de)

Personen:
Oi (sie) und Sakko (er), eine Zufallsbekanntschaft, sie Gelegenheitsnutte, er arbeitslos, sind die »Versuchspersonen«.
Mann im Auto

Das Stück spielt an keinem bestimmten Ort und entwickelt keine Handlung.
Ein Stück über freie Zeit, unsere Zeit und Arbeitslosigkeit.


MERCEDES VON THOMAS BRASCH

Ratlos die Worte, die sie einander wechseln, leer die Gedanken, die sie einander verschweigen … und erkennen einander nicht mehr … nennen Datura das Kraut oder Stechapfel, das ihnen schafft eine andre Zeit

(in: 6 Zeitverschiebung – S. 233 – Ausgabe: Theater heute – suhrkamp taschenbuch 1190 – 1. Auflage 1985)

Das Stück ist experimentell und zeitgebunden. Wir begegnen einem jungen, arbeitslosen Paar in der achtziger Jahren, der Zeit des Punk und von No Future. Brasch bereitet diese Zeit sehr symbollästig auf, wobei der ‚Mercedes’ als Statussymbol für Reichtum steht, anstößig und zur Gewalt herausfordernd. Das Experiment erfolgt in verschiedenen Versuchsreihen, in denen das Paar, Sakko und Oi, die Versuchspersonen sind:

„Ein Mann und eine Frau begegnen sich auf der Straße. Sie sind arbeitslos, sie haben viel Zeit – zum Beispiel, um sich füreinander zu interessieren. Aber das Gespräch kommt nur schwer über den Austausch von angeödeten No-Future-Parolen hinaus. Über sich wirklich reden können sie nur, wenn sie sich andere Rollen vorspielen, ein anderes Leben zusammenphantasieren. Der Mann, der sich Sakko nennt, träumt sich zurück in sein Funktionieren in der Arbeit, in der er gebraucht wurde und seinen Platz hatte. Die Frau, die sich Oi nennt, setzt ihre Sehnsucht um in anarchische, vielleicht kriminelle Energie. Fast sieht es so aus, als gelänge es ihr, Sakko anzustecken; fast sieht es so aus, als würde auf dem Umweg über das immer enthemmtere Spiel für die zwei gestrandeten Einzelnen etwas möglich, was in der stupiden Realität nicht zustande kommt: Nähe.“ (Quelle: theatertexte.de)

Gedichte, Stücke und mehr von Thomas Brasch

Rustikale Schönheiten

Heute einmal zu etwas völlig anderem. „And now for something completely different.„, wie es im Monty Python’s Fliegenden Zirkus so schön immer hieß. Alles andere ist auch einfach zu deprimierend. Und heute ist Wochenende, Zeit zum Entspannen.

Ich wohne gewissermaßen auf dem Lande, in heller Provinz, wo es auch mal nach Gülle müffelt. Neben landschaftlichen Schönheiten gibt es hier natürlich auch menschliche, besonders weibliche. Wer kennt von Euch den Pirelli-Kalender, der beim Erscheinen immer gleich ‚ausverkauft’ ist, wenn man ihn denn kaufen könnte? Namhafte Fotografen lichten hierfür namhafte Models in sparsamer Bekleidung ab. Das ist etwas für Männerherzen.

Nun gibt da wohl so etwas wie das rustikale Pendant hierzu: den Deutschen Bauernkalender (ein schweizerisches und österreichisches Gegenstück gibt es natürlich auch).

 
Für die Neuauflage des Bauernkalenders werden zz. wieder einmal Deutschlands schönste Bauernmädchen gesucht. Die Bewerberinnen müssen einen Bezug zum Landleben nachweisen. Wer einfach nur gerne Urlaub auf dem Land macht, ist im Bauernkalender fehl am Platz. Die Castings finden am 27. Mai in Hamburg und am 28. Mai in München statt.

 
Der Deutsche Bauernkalender 2012 soll in einer Auflage von 9.999 Stück erscheinen. Frühe Bestellung sichert die 12 süßen Vöglein (ach, und einen Kalender mit knackigen Bauern gibt es auch noch, ei-dei-dei). Hier noch erhältlich (das Jahr ist ja noch jung): Deutscher Bauernkalender 2011

Blendender Süden

Die Sonne steht mittags am höchsten – im Süden. Blendende Sonne. Blendender Süden könnte man gleichwohl sagen. Und blendende Menschen, die in Deutschlands Süden wohnen. Bekannt sind unsere Südländ(l)er nicht nur dafür, dass sie alles können (außer Hochdeutsch – das gilt nicht nur für unsere Mitbürger in Baden-Württemberg, das gilt gleichermaßen für die Bayern), nein, sie begreifen alles besser und das früh, wie die bisherigen PISA-Studien im nationalen Vergleich zeigen. Woher mag das kommen?

Sind Bayern, die Badener (oder sagt man doch Badenser?) und Württemberger etwa so viel schlauer als die Menschen nördlich des Mains (Weißwurstäquators)? Ich vermute, nein! Die können nur besser ‚abschreiben’. Nach dem Freiherrn zu Guttenberg hat es nun Veronica Saß, die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), erwischt: auch sie muss auf ihren Doktortitel verzichten. Am Dienstagnachmittag hat die Universität Konstanz ihr diesen akademischen Grad entzogen. Okay, auch in etwas nördlicheren Gefilden wird geschummelt: Ex-FDP-Hoffnung Silvana Koch-Mehrin wurde zu einer Stellungnahme von der Universität Heidelberg aufgefordert. Ihre Doktorarbeit enthalte offensichtlich zuviel nicht kenntlich gemachtes „Fremddenken“. Übrigens, Heidelberg mit seiner Uni liegt wiederum weiter südlich.

Ich will hier keine alte Soße aufwärmen (Plagiat-Thema). Was mich zu diesem Beitrag verleitet hat, sind persönliche Erfahrungen. Mein Arbeitgeber unterhält neben dem Standort in Hamburg auch einen in München. Bisher hatte jeder sein eigenes Süppchen gekocht. Nun müssen wir vermehrt zusammenarbeiten. Auch unsere Abteilung. Wenn jeder seinen Teil dazu beiträgt, ist das okay. Aber die Münchner Kollegen haben das Geschick, uns jetzt auch ihren Kram aufzuhalsen. Und schmücken sich nach außen gern mit fremden (unseren) Federn.

Ja, der blendende Süden. Und seine uns blendenden Menschen.

Kabarettistische Nachlese zum Tod Bin Ladens

Mein, wie ich glaube, normales Rechtsempfinden sagt mir, dass die Operation, die zum Tod des Terroristen Osama bin Ladens führte, in der Art und Weise nicht rechtens war. Wie wir heute wissen, war er nicht bewaffnet, wurde aber u.a. durch einen Kopfschuss regelrecht hingerichtet. Kurzen Prozess nennt man das wohl. Diese Vorgehensweise wirft kein gutes Licht auf unsere so ‚friedvoll’ christlich-abendländische Kultur. Aber das ist ja nichts Neues.

Ich spare mir so die Tinte, den Atem, was auch immer … und lasse Volker Pispers zu Wort kommen, der es in zwei kleinen Beiträgen auf WDR2 auf den Punkt brachte:


Volker Pispers – Angela Merkel ist erleichtert über Bin Ladens Tod (03.05.2011)


Volker Pispers – Osama Bin Ladens Tod, Moral des Westens (10.05.2011)

Vergessene Stücke (6): Edward Bond – Sommer

Edward Bond (* 18. Juli 1934 in London) ist ein englischer Dramatiker. Sein 1982 veröffentlichte Stück „Summer“, zu Deutsch: „Sommer“, wurde 1983 an den Münchner Kammerspielen in der Regie von Luc Bondy in deutscher Erstaufführung auf die Bühne gebracht. Die deutsche Übersetzung ist von Christian Enzensberger. Mir liegt „Sommer“ in einem Band mit verschiedenen Theaterstücken (suhrkamp taschenbuch 1190 – 1. Auflage 1985) Theater heute vor.

Stücke von Edward Bond

Edward Bond nennt sein Stück „Sommer“ im Untertitel ein europäisches Stück und sagt, er schreibe nicht über einen Deutschen (der in dem Stück von den Gräueln der Vergangenheit berichtet, als beschreibe er einen Sonntagsausflug), sondern er schreibe über das Böse als etwas ganz Banales. Hat er recht, wenn er hinzufügt, dieser Typ des Alltagstäters sei die zentrale Figur unseres Jahrhunderts? Der Typ des Handlangers, den man gebrauchen kann, einer, der nur seine Pflicht tut, wie es auch Eichmann von sich behauptet hat? (Vergleiche hier auch meinen Beitrag Bestie Mensch, auf den ich in den letzten Beiträgen schon öfter zu sprechen gekommen bin).

Personen:

Marthe (Mutter von D.)
Xenia (Mutter von A.)
Ann
David (Arzt)
Deutscher
Stimmen von draußen

Zeit: Gegenwart (1980)

Ort: Osteuropa (dürfte sich um Jugoslawien handeln)
Terrasse eines in den Fels gebauten Hauses mit Blick auf das Meer. Vorn rechts eine Tür zur Straße hinaus. Hinten rechts eine Tür zum höher gelegenen Teil des Hauses. In der Rückwand links eine Tür zu einem Zimmer. Links ein Geländer vor dem Meer.

Marthe ist an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Auch ihr Sohn, der Arzt ist, kann ihr nicht mehr helfen. Beide werden von Xenia und deren Tochter aus London besucht, um in dem Haus Urlaub zu machen. Früher gehörte das Haus am Meer Xenias Vater, dem reichen Fabrik- und Landbesitzer. Dieser wurde nach dem Krieg enteignet und inhaftiert. Xenia verheiratete sich nach London. Seit Jahrzehnten lebt Marthe wie selbstverständlich in dem Haus. Sie war früher Dienstmädchen bei Xenias Eltern. Während des Krieges gingen deutsche Offizier in dem Haus aus und ein. Eine dem Festland vorgelagerte Insel war von den Deutschen für ihre Erschießungen gepachtet.

Nach dem Tod eines deutschen Offiziers und dessen Fahrer durch Partisanen, werden viele Einwohner des Ortes verhaftet und auf der Insel hingerichtet. Auch Marthe wird verhaftet, kommt aber durch die Intervention von Xenia wieder frei. Trotzdem verrät Marthe nach dem Krieg Xenias Vater, der in Haft nach zwei Jahren Zwangsarbeit stirbt.

Vierzig Jahre später also besucht Xenia wiederholt das alte Elternhaus mit ihrer Tochter Ann. Diese hatte schon bei einer früheren Reise ein Verhältnis mit Marthes Sohn David. Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung zwischen der todkranken Marthe und Xenia. Für Marthe ist Xenia die Vertreterin der Ausbeuter geblieben, die zwar freundlich, aber ungerecht sind:

MARTHE: … Noch soviel Freundlichkeit reicht nicht aus, um die Welt menschlich zu machen. … (S. 198) … In eurer Welt hat das Gute Böses angerichtet.Die Soldaten auf der Insel konnten sich kaum damit entschuldigen, daß sie das Blut, das sie vergossen, nicht gesehen hätten. Mit euch stand es schlimmer. Ihr hattet für alles die beste Entschuldigung: eure Hände waren sauber! … (S.199) – und:

MARTHE [zu Xenia]: … Wer deine Familie geachtet und geliebt hat, den hat sie dazu gebracht, Freundlichkeit mit Gerechtigkeit zu verwechseln. Dasa verdirbt. Man kann ohne Freundlichkeit leben, aber nicht ohne Gerechtigkeit – oder den Kampf um sie. Wer das versucht, ist verrückt. … (S. 173)

Dem weiß Xenia nur zu entgegnen:

XENIA (über ihren Vater): … er hat sich seine Wiege nicht ausgesucht. Er hat sich benommen wie jeder andere in seiner Stellung. Jemand muß dafür sorgen, daß die Welt funktioniert. [zu Marthe] Wenn ihr es besser könnt, gut. … (S. 180)

Es ist ein alter Konflikt, der hier zum letzten Mal ausbricht. Marthe, die mit dem Leben abgeschlossen hat, die daher eigentlich keinen Streit sucht und ihren Sohn durchaus gern mit Ann zusammen sieht – in ihr ist dennoch tief innen das Gefühl ihrer sozialen Demütigung vorhanden. Und daher – von Xenia herausgefordert – spuckt sie ihre Verachtung dieser ins Gesicht.

Bei einem Besuch der angesprochenen Insel begegnet Xenia einem deutschen Urlauber, gewissermaßen einen Kronzeugen des Kriegsgeschehens, den es noch einmal an den Ort seiner „Heldentaten“ zurückgezogen hat. Dieser berichtet auf sehr naive Weise von den Gräueln der Vergangenheit, als beschreibe er einen Sonntagsausflug.

Zuletzt spielt natürlich der Tod eine Rolle. DAVID [zu Marthe]: … Du mußt mit dem Tod einverstanden sein. Sonst kannst du nicht in Frieden sterben. (: 169)

Diese resümiert in einem letzten Gespräch mit Ann:

MARTHE: Was ist nutzloser als der Tod? Ein Leben ohne Tod – wenn es das gäbe. Wie könntest du etwas schön finden, was du ewig anschaust? Er würde dir über. Wozu einander lieben, wenn es ewig dauerte? Wenn ich euch tausendmal verziehen hätte, bekämt ihr das Verzeihen satt. Ihr wärt es müde, die Leute auszuwechseln, die ihr liebt. (S. 205)

Marthe scheint ihren Frieden gefunden zu haben und mit ihre letzten Worte eignen sich für so manches Poesiealbum (oder auch als Lebensmotto):

MARTHE (zu Ann): Laß dich nicht vom Blitz erschlagen und den Wahnsinnigen nicht dein Haus anzünden. Ergib dich nicht deinen Feinden und übergehe keinen in der Not. Kämpfe. … (S. 206)

Ich gestehe, dass ich den Konflikt der beiden Frauen, besonders nach so vielen Jahren, nicht ganz nachvollziehen kann. Aber die menschliche Seele ist tief und von so manchem Ressentiment vergiftet. Das brodelt über lange Zeit. Auch vermag ich nicht so recht zu beurteilen, ob die Aussagen des deutschen Urlaubers realistisch sind. Wer gibt sich vor Fremden so bloß. Aber auch hier sorgt sicherlich das Unterbewusstsein vor – und verharmlost selbst die schlimmsten Gräueltaten. Natürlich ist das Stück thematisch veraltet. Weitere dreißig Jahre sind ins Land gestrichen – und nicht nur Marthe im Stück, sondern auch fast alle anderen der früheren Kontrahenten dürften gestorben sein. Aber das Böse und der Typ des Handlangers des Bösen, den man für die Schmutzarbeiten gebrauchen kann, sind gegenwärtig wie selten zuvor.

Dunkle Gestalten im Garten

schwarze Petunien

schwarze Tulpe

schwarze Petunien

schwarze Tulpe

Es ist wohl der Wunsch mancher Gärtner, schwarze Blumen zu züchten. Aber gibt es wirklich ein reines Schwarz bei Blumen (d.h. bei den Blütenblättern)? Hört man die Sortennamen wie ‘Black Ball’ oder ‘Queen of the Night’ oder die Bezeichnung schwarz (niger oder black), dann könnte man glauben, ja. Aber das ist wohl nicht ganz zutreffend. Oft kommt zum Schwarzanteil noch Dunkelrot, Dunkelbraun oder Dunkelblau hinzu – alles dunkle Farbtöne, die sich Schwarz stark nähern. Der tatsächliche Farbton zeigt sich deutlich in voller Sonne. Ein unterschiedlicher Lichteinfall während eines Sommertages kann die Farbe der Blüten von einem tiefen Purpurrot oder dunklem Braun zu Schwarz oder umgekehrt wechseln lassen. Stark glänzende Blüten wie die der Schwarzen Stockrose Alcea rosea ‘Nigra’ wirken im Sonnenlicht fast tiefschwarz. Bei anderen dunklen Pflanzenteilen bewirkt Sonnenlicht das Gegenteil, sie wirken erst im Schatten schwarz.

Nun auch wir haben Blumen, Petunien und Tulpen, im Garten, deren Blütenblätter sich der schwarzen Farbe stark nähern. Aber wirklich schwarz sind auch diese Blumen nicht …

Vergessene Stücke (5): Thomas Bernhard – Vor dem Ruhestand

Niclaas Thomas Bernhard (* 9. Februar 1931 in Heerlen, Niederlande; † 12. Februar 1989 in Gmunden, Österreich) war ein österreichischer Schriftsteller. Er zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Autoren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Stücke von Thomas Bernhard). Vor dem Ruhestand ist ein Theaterstück, das am 29. Juni 1979 im Württembergischen Staatstheater Stuttgart uraufgeführt wurde.

“Vor dem Ruhestand” habe ich in einem Band mit verschiedenen Theaterstücken (suhrkamp taschenbuch 1190 – 1. Auflage 1985) Theater heute vorliegen. Anlass für das Stücks war die damalige Filbinger-Affäre in der BRD und die Auseinandersetzung zwischen dem Regisseur Claus Peymann und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger, der aufgrund seiner nationalsozialistischen Vergangenheit als Marinestabsrichter zum Rücktritt gezwungen wurde.

Personen:

Rudolf Höller, Gerichtspräsident und ehemaliger SS-Offizier (Obersturmbannführer)
Clara (im Rollstuhl), seine Schwester
Vera, seine Schwester

Ort: Im Haus des Gerichtspräsidenten Höller

Der Untertitel zu dem Stück lautet „Eine Komödie von deutscher Seele“ und verbindet Tragödie und Komödie auf sehr sarkastische Weise. Dem Zuschauer bzw. Leser bleibt dabei das Lachen im Halse stecken. Inhaltlich geht es um eine Familie (Bruder mit zwei Schwestern), in der die nationalsozialistischen Ideen noch höchst lebendig sind. Am Abend des 7. Oktober jedes Jahr feiert man Heinrich Himmlers Geburtstag,

Der Bruder, ehemaliger SS-Offizier und jetzt Gerichtspräsident, steht kurz vor seiner Pensionierung. Das Theaterpublikum darf sowohl den Vorbereitungen für das Fest als auch diesem selbst zuschauen. Am Ende des Stücks stirbt der von nationalsozialistischem Wahn ergriffene Rudolf an einem Herzkollaps.

VERA … Wir können nicht anders
wir belügen uns
aber wie schön ist letztenendes das
was wir tun
indem wir es spielen
und das was wir spielen
indem wir es tun

(S. 58)

Wir haben unser Theaterstück eingeübt
seit drei Jahrzehnten sind die Rollen verteilt
jeder hat seinen Part
abstoßend und gefährlich
jeder hat sein Kostüm
wehe wenn der eine in das Kostüm des andern schlüpft.
Wann der Vorhang zugemacht wird
bestimmen wir drei zusammen
Keiner von uns hat das Recht
Den Vorhang zuzuziehen wann es ihm paßt

(S. 59f.)

CLARA ist infolge eines amerikanischen Bombenangriffs querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Sie hasst ihre Geschwister, ist aber auf sie angewiesen und kann deshalb nicht davonlaufen:

CLARA … unter eueren Händen ist die Musik
immer etwas Entsetzliches geworden
Wenn der Vater Gedichte vorgelesen hat
war es das Entsetzlichste das man sich vorstellen kann
ihr habt euch so oft an Musik vergriffen
an Dichtung an Poesie
ihr habt sie immer mißbraucht die Kunst …

(S. 64)

Erstaunlich ist es zu erfahren, wie gesellig, wie kultiviert sich die Bestie Mensch immer wieder präsentiert. Diese empfindet sich selbst als Opfer der ‚niedrigeren Kreatur’, der man nur durch ‚Ausrottung’ Herr werden kann.

RUDOLF [schildert einen Prozess] …Du hättest diese Kreatur sehen sollen
beim Lokalaugenschein
kalt bis ins Mark
zynisch
vollkommen gleichgültig gegenüber seinem Opfer
einen Menschen umbringen wegen Viertausend
aber die sind alle gleich
das hat es zu unserer Zeit nicht gegeben
solche Elemente hat es ganz einfach nicht gegeben
sie sind gar nicht erst aufgekommen
jede Verhandlung eröffnet den Blick in eine menschliche Kloake …

(S. 106)

Geschlossen wg. Familienfeier

Geschlossene Gesellschaft

Der Mai ist in evangelischen Landstrichen Konfirmationszeit. So bin auch ich heute mit meinen Lieben in Bremen in Sachen Konfirmation unterwegs. Mein Patenkind (und Großneffe) wird heute in der Martin-Luther-Kirche konfirmiert. Anschließend geht es in die Überseestadt von Bremen zum Essen. Bei diesem Wetter (Sonne satt) eine durchaus angenehme Angelegenheit.


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Martin-Luther-Kirche in Bremen-Findorff

Eröffnung der Grillsaison

Die Deutschen sind angeblich Weltmeister im Grillen. Was ein typischer Familienvater ist, der schüttet jetzt die Kohlen in den Grill und schwingt mit Grillschürze bekleidet dazu die Grillzange, um die dicken Steaks (Nackensteaks vom Schwein oder Hüftsteaks vom Rind eignen sich am Besten, da sie nicht so schnell ‚trocken’ werden) zu garen. In der einen Hand die besagte Grillzange, in der anderen meist ein kühles Bierchen.

Ich selbst bin, was das Grillen betrifft, nicht so sonderlich ambitioniert. Ich koche gern, ohne Frage, aber Grillen liegt mir irgendwie nicht im Blut. So sorge ich im Wesentlichen dafür, dass der Grill ‚Feuer’ fängt. Dafür eigentlich sich sehr gut ein Anzündkamin / Grillstarter, um den Kamineffekt sinnvoll zu nutzen. Und das Bier gibt es erst zum Essen.

Fürs eigentliche Grillen, also Grillzangeschwingen und Steakwenden ist mein jüngerer Sohn zuständig. Es bereitet auch die Soßen eigenhängig zu. Für Kräuterbutter und –quark (für die Folienkartoffeln) sorgt meine Frau. Dazu gibt es dann noch Salat und Knoblauchbaguette. Uns hat’s geschmeckt!

Eröffnung der Grillsaison 2011 bei AlbinZ

Eröffnung der Grillsaison 2011 bei AlbinZ

Grill mit Anzündkamin

gedeckter Tisch mit eigenen Soßen usw.

Eröffnung der Grillsaison 2011 bei AlbinZ

Eröffnung der Grillsaison 2011 bei AlbinZ

Das richtige Werkzeug ist ‚alles‘

Grillhandschuhe sollte man haben

Eröffnung der Grillsaison 2011 bei AlbinZ

Eröffnung der Grillsaison 2011 bei AlbinZ

vorgekochte Folienkartoffeln

Rinderhüfte mariniert

Eröffnung der Grillsaison 2011 bei AlbinZ

Eröffnung der Grillsaison 2011 bei AlbinZ

Obergrillmeister beim Betrachten seines Werks

Nackensteaks vom Schwein