Archiv für den Monat: November 2012

Alter Schwede, was für ein Tor …!

Die ganze Fußballwelt spricht nur von einem Tor, das Zlatan Ibrahimovic am letzten Mittwoch in einem Freundschaftsspiel gegen England (hier: alle Tore des Spiels) anlässlich der Einweihung des neuen schwedischen Nationalstadions, der Friends Arena, schoss: Ein Fallrückziehertreffer aus fast 30 Metern, als Englands Keeper Hart außerhalb des 16ers per Kopfball zu kurz klärte, Ibrahimovic das Leder aber in etwa zwei Metern Höhe volley nahm und traf (90.). „Es war ein guter Versuch, das ist alles. Wenn es klappt, sieht es fantastisch aus, aber mir persönlich gefiel das erste Tor besser, weil es Geschichte schrieb: das erste in der neuen Arena“, meinte Ibrahimovic.


Tor von Zlatan Ibrahimovic im Länderspiel Schweden gegen England am 14.11.2012

Sicherlich hätte der ‚Versuch’ auch in die Hose gehen können: Er hätte den Ball nicht richtig getroffen, wäre wie ein Sack auf den Boden gefallen. Keine Sau hätte sich mehr um den ‚Versuch’ gekratzt. Aber Ibrahimovic, der Taekwondo betreibt und seine Beweglichkeit auf das Taekwondo-Training zurückführt, machte alles richtig. Es war wohl eher Intuition als bewusstes Agieren, das die Koordination seines weiteren Handeln bestimmte, das Sich-Drehen zum Tor, das Hochspringen, der Blick zum Ball und dann der Schuss mit der richtigen Stärke. Das Timing stimmte genau. Übrigens: In einem früheren Ligaspiel gegen Lazio Rom spielte er einmal den Ball mit einem Drehschlag in der Luft ab. Dieser Pass wurde von der italienischen Presse „Taekwondo-Pass“ getauft.

Ohne Zweifel ist Ibrahimovic ein außerordentlicher Stürmer. Er zählt zu den besten Fußballspielern der Welt. Nachdem er bei Malmö FF seine Profikarriere begann, spielte er bei europäischen Spitzenvereinen wie Ajax Amsterdam, Juventus Turin, Inter Mailand, FC Barcelona und AC Mailand. Seit Anfang dieser Saison spielt er bei Paris Paris Saint-Germain. Leider steht ihm manchmal seine reichlich egozentrische Persönlichkeit im Wege. Er gilt als arrogant und hat schon manch negative Schlagzeile gemacht.

Natürlich hat sich inzwischen auch Klaus Fischer gemeldet, der ehemalige deutsche „Mr. Fallrückzieher“. Er bewertet seinen Treffer aus dem Jahr 1977 als schwieriger „als das Tor des 31-jährigen Schweden mit bosnisch-kroatischer Abstammung. Beim 4:1-Länderspielsieg der deutschen Nationalmannschaft gegen die Schweiz hatte der damalige Schalkeprofi mit seinem spektakulären Fallrückzieher das Tor des Jahrhunderts erzielt.“ Über den Schwierigkeitsgrad kann man sich streiten. Ibrahimovic’ Tor war auf jeden Fall aufgrund der großen Entfernung zum Tor noch um einiges spektakulärer.


Klaus Fischer 1977: Tor des Jahrhunderts

Nun Ibrahimovic’ Treffer fällt ins 21. Jahrhundert, findet aber keine Berücksichtigung mehr für die Wahl zum FIFA-Tores des Jahres 2012, da das Voting bereits vorher begonnen hatte. Bis zur Wahl des Tores des 21. Jahrhunderts ist es aber noch etwas hin.

Heute Ruhetag (28): Charlotte Brontë – Jane Eyre

Jane Eyre. Eine Autobiographie (Originaltitel: Jane Eyre. An Autobiography), erstmals erschienen im Jahr 1847 unter dem Pseudonym Currer Bell, ist der erste veröffentlichte Roman der britischen Autorin Charlotte Brontë und ein Klassiker der viktorianischen Romanliteratur des 19. Jahrhunderts.

Der Roman erzählt die Lebensgeschichte von Jane Eyre, die nach einer schweren Kindheit eine Stelle als Gouvernante annimmt und sich in ihren Arbeitgeber verliebt, jedoch immer wieder um ihre Freiheit und Selbstbestimmung kämpfen muss. Der Stoff des Romanes wurde häufig für Theater, Film und Fernsehen bearbeitet.

Jane Eyre ist eine der ersten starken Frauenfiguren in der Literatur. In dem Roman spielen die Beziehungen zwischen sozialen Klassen und den Geschlechtern eine große Rolle. Jane überwindet am Ende Beschränkungen in beiden Bereichen, denn ihre Ehe mit Rochester ist eine Verbindung unter Gleichen.

Heute Ruhetag = Lesetag!

Es war ganz unmöglich, an diesem Tage einen Spaziergang zu machen. Am Morgen waren wir allerdings während einer ganzen Stunde in den blätterlosen, jungen Anpflanzungen umhergewandert; aber seit dem Mittagessen – Mrs. Reed speiste stets zu früher Stunde, wenn keine Gäste zugegen waren – hatte der kalte Winterwind so düstere, schwere Wolken und einen so durchdringenden Regen heraufgeweht, daß von weiterer Bewegung in frischer Luft nicht mehr die Rede sein konnte.

Ich war von Herzen froh darüber: lange Spaziergänge, besonders an frostigen Nachmittagen, waren mir stets zuwider: – ein Greuel war es mir, in der rauhen Dämmerstunde nach Hause zu kommen, mit fast erfrorenen Händen und Füßen, – mit einem Herzen, das durch das Schelten Bessie’s, der Kinderwärterin, bis zum Brechen schwer war, – gedemütigt durch das Bewußtsein, physisch so tief unter Eliza, John und Georgina Reed zu stehen.

[…]

Erster Teil – Erstes Kapitel

Charlotte Brontë: Jane Eyre, die Waise von Lowood

Brett vorm Kopf

Ja, die Illusion der Alternativen, von der uns Paul Watzlawicks Anleitung zum Unglücklichsein berichtet. Man weiß schon vorher genau, was man auch sagt oder tut, man tut oder sagt das Falsche („Tut er A, hätte er B tun sollen, und tut er B, hätte er A tun sollen.“). Kommunikation ist nicht leicht, besonders zwischen den Geschlechtern. Einer ist am Ende immer der Angeschmierte. Dann heißt es nur noch, man (Mann!) hätte ein Brett vor dem Kopf. Aber angeschmiert sind im Grunde beide, wenn das bestehende Missverständnis nicht ausgeräumt wird. Aber man (Mann!) glaubt meist, der Klügere sein zu müssen, wenn er nachgibt. Dann hat er allerdings wirklich ein Brett vor dem Kopf.

Wie es auch sei, Ihre Frau kann jedenfalls nichts dafür. (© Loriot)
Wie es auch sei, Ihre Frau kann jedenfalls nichts dafür. (© Loriot)

Ich weiß, weshalb ich Loriot so mag. Er ist u.a. ein Meister darin, uns diese Illusion der Alternativen vor Augen zu führen … Die Zeichnung stammt übrigens aus einem Tagesabreißkalender, den ich von Loriot habe. Für 2013 gibt es diesen und noch viele andere humorvolle Kalender von Loriot im Handel. Daran denken: Das Jahresende naht und damit bald ein neues Jahr.

Das Werder-Phänomen (2): Ein Kommen und Gehen

Nach gut 13 Jahren hat Klaus Allofs gestern seinen Chefsessel beim SV Werder Bremen geräumt, um sich beim VfL Wolfsburg für das Doppelte der Kohle einzurichten. Wünschen wir ihm viel Glück dabei.

Als ein Werder-Phänomen habe ich die Transferpolitik beim Bremer Fußballbundesliga-Verein beschrieben, die im Wesentlichen darin besteht, gute bis sehr gute Spieler billig ‚einzukaufen’ (also keine oder eine geringe Ablösesumme zu bezahlen), diese dann, wenn sie nicht mehr bezahlbar sind, für gutes Geld an andere, meist größere Club zu ‚verkaufen’. Ablöse wird immer dann fällig, wenn Spieler bei ihrem alten Verein noch unter Vertrag stehen. Ablösefrei kann ein Spieler also den Verein wechseln, wenn sein Vertrag ausgelaufen ist (wie z.B. im Fall Tim Wiese bzw. Claudio Pizarro). Natürlich ist das kein spezielles Werder-Phänomen. Aber in den letzten Jahren trat dieses in Bremen verstärkt auf: So wurde z.B. ein gewisser Diego Ribas da Cunha 2006 vom FC Porto, weil er dort nicht zum Zuge kam, für rund 6 Millionen Euro an die Weser geholt, schoss dann während der drei Jahre in Bremen in 84 Bundesliga-Spielen immerhin 39 Tore (die vielen Torlagen gar nicht gerechnet), um dann 2009 für angeblich satte 27 Millionen Euro (mindestens 24,5 Millionen Euro) zu Juventus Turin zu wechseln (Zahlen siehe transfermarkt.de). Ähnliches, wenn auch nicht ganz so hoch in den Summen, gilt für Mertesacker, Özil, zuletzt Marin und Naldo (zuvor schon Klose und Valérien Ismaël). Okay, bei Marko Marin decken sich ‚Einkaufs- und Verkaufspreis’ in etwa. Zlatko Junuzovic könnte eines Tages so ein positiver Fall werden.

Werder Bremen: Alle Mann an Bord ...

Apropos Diego! Da gibt es noch ein weiteres Werder-Phänomen (das natürlich ebenso bei anderen Vereinen auftreten kann): Spieler wie Diego, die groß in Bremen herausgekommen sind und dann für viel Geld den Verein wieder verließen, wurden im neuen Verein nicht wirklich richtig glücklich. Diego, der drei Jahre lang für Furore in der Fußballbundesliga sorgte, erlebte in Turin einen Absturz ohnegleichen. Sein ‚Marktwert’ sank schnell auf Vor-Werder-Niveau. Inzwischen hat er sich berappelt und zeigt inzwischen in Wolfsburg angelangt wieder gute Leistungen. Ähnliches ist im Fall Marko Marin zu vermeldet. Schon in Bremen waren seine Leistungen zuletzt eher bescheiden. Beim FC Chelsea in London ist er aber bisher überhaupt noch nicht richtig zum Zuge gekommen. Oder Ailton! Während der kurzen Magath-Episode in Bremen war er aussortiert, kam dann aber unter Thomas Schaaf ganz groß heraus. Aber nach Meisterschaft und Pokalgewinn in Bremen in der Saison 2003/2004 ging es nur noch bergab (zuerst bei Schalke). Die Liste ließe sich fortsetzen. Auch Torsten Frings ist noch ein gutes Beispiel. Bei den Bayern wurde er nichts. Zurück in Bremen lebte er förmlich wieder auf. Auch Johan Micoud, für den die Fans heute noch in Bremen schwärmen, ging in Bordeaux dann doch ziemlich unter.

Dann aber gibt es da noch das genaue Gegenteil: Spieler, die in Bremen kein Land sahen, wurden nach dem Wechsel von Werder in der Ferne plötzlich richtig gut. Die Liste ist lang: Simon Rolfes (brachte es zum Nationalspieler), Nelson Valdez (in Dortmund), Mohamed Zidan (z.B. in Mainz), Christian Schulz (Hannover 96), Boubacar Sanogo oder Martin Harnik jetzt in Stuttgart. Usw. usf.

Wie gesagt: Natürlich sind das keine reinen Werder-Phänomene. Aber wer den Blick wie ich auf eben diesen Verein gerichtet hat, bleibt natürlich auch in seinen gewonnenen Erkenntnissen auf diesen Verein fokussiert. Diese Phänomene haben immer viel mit dem Trainer zu tun. In vielen Fällen ist es Thomas Schaaf gelungen, die volle Leistung der Spieler hervorzulocken. Selbst bei so bekanntermaßen schwierigen Spieler wie Ailton oder jetzt Arnautovic hat Schaaf Wunder bewirkt (oder ist dabei, solche zu bewirken). Bei pflegeleichteren Spielern (z.B. Harnik) ist ihm das dann allerdings nicht gelungen.

Siehe auch weser-kurier.de: Was aus den Ex-Werderanern geworden ist

Das Werder-Phänomen (1): Und schon ist er weg

Er hat lang um den heißen Brei herumgeredet. Jetzt ist es amtlich. Seit heute ist Klaus Allofs – 13 Jahre an der Seite von Thomas Schaaf , zuletzt als Sportdirektor und Vorsitzender der Geschäftsführung, verantwortlich für den Profifußball in Bremen beim SV Werder – neuer Geschäftsführer Sport und damit Nachfolger von Felix Magath beim VfL Wolfsburg. Es dürfte auch das Geld sein, das Allofs von der Weser an die Aller zieht. Sein neues Gehalt wird sich auf drei Millionen Euro beziffern und damit das Doppelte des bisherigen betragen. Außerdem wird er beim VW-Werksverein weitaus mehr Geld für Transfers zur Verfügung haben als in Bremen. Leider ist dieser Abgang nicht gerade stilvoll und fast ein Abschied durch die Hintertüre.

Ganz so überraschend kam das allerdings nicht. Schon früher hatten mehrere Clubs bei Allofs angeklopft. Jetzt ging das dann aber doch etwas schnell, wenn auch abzusehen war, dass Allofs für den in Wolfsburg vakant gewordenen Job so ziemlich als erster in Frage kam. Der Chef des Werder-Aufsichtsrates, Willi Lemke, muss die beiden Jobs natürlich neu besetzen. Zunächst wird wohl Frank Baumann, lange Zeit als Spieler in Werders Diensten und bis jetzt Assistent von Allofs, die Geschäfte übernehmen. Als möglicher Nachfolger wird Dietmar Beiersdorfer, von 1992 bis 1996 Spieler bei Werder und aktueller Sportdirektor von Zenit St. Petersburg, gehandelt.

Werder Bremen. Mit neuem Kapitän ...

Seit dem Sommer 2011 galt das Verhältnis von Allofs zu Aufsichtsratschef Willi Lemke als gespannt, ja sogar als zerrüttet. Auslöser war ein öffentlich ausgetragener Streit um die Finanz- und Personalpolitik. Allerdings sagte Allofs gestern über seinen Wechsel, Gründe seien „nicht Unzufriedenheit, Querelen oder fehlende Perspektive – es war einfach die Gelegenheit“. Für Werders Geschäftsjahr 2011/12 musste Allofs jüngst einen Verlust von 13,9 Millionen Euro bekannt geben.

Trotz des hohen Verlustes hinterlässt Klaus Allofs ein wohl gepflügtes Feld in Bremen. Der Umbruch scheint gelungen zu sein, wenn der sportliche Erfolg auch noch aussteht. Die Personalkosten fürs neue Geschäftsjahr dürften erheblich gesenkt sein. Allofs hat während seiner Zeit in Bremen für wenig Geld viele ausgezeichnete Spieler an die Weser geholt, u.a. den französischen Spielmacher Johan Micoud (2002), Miroslav Klose (2004), Naldo (2005), Diego (2006) und Mesut Özil (2008). Auch dass er Claudio Pizarro 2008 an die Weser zurückholte, zählte zu seinen exzellenten Personalentscheidungen. In seinen letzten Bremer Jahren hatte der gebürtige Düsseldorfer allerdings nicht immer eine glückliche Hand. Die Verpflichtungen der Brasilianer Carlos Alberto (2007) und Wesley (2010) kann man nur als Flops bezeichnen. Auch der frühere Nürnberger Mehmet Ekici (2011) hielt bisher nicht, was man sich von ihm versprach.

Immerhin wird Werder für Allofs eine Art Ablösesumme erhalten, denn sein Vertrag bei Werder sollte noch bis 2015 laufen. Von fünf oder sechs Millionen Euro ist die Rede. Zu viel für Wolfsburg, zu wenig für Werder. Damit reiht sich der Wechsel Allofs’ in die vielen Transfers von Spielern ein, die für oftmals wenig Geld zu Werder kamen und dann für viel Geld den Verein wieder wechselten: Gewissermaßen ein Werder-Phänomen und für einen kleinen Verein wie dem SVW überlebenswichtig. Auf diese Weise wird mit der ‚Ablöse’ für Allofs auch der teuerste Transfer in der Werdergeschichte (Carlos Alberto für acht Millionen Euro), der sich dann ja als Schlag ins Weserwasser erwies, halbwegs ausgeglichen.

Obwohl der VfL Wolfsburg noch nicht daran denkt, den Interimscoach Lorenz-Günther Köstner, der bisher gute Arbeit leistet, auszutauschen, könnte es möglich werden, dass Trainer Thomas Schaaf eines Tage Allofs an die Aller folgt. Nun denn …

Erich Fromm: Anatomie der menschlichen Destruktivität

    Man fühlt sich mitten unter lauter anderen, die an dem gleichen Defekt leiden, recht wohl; tatsächlich ist es der geistig völlig gesunde Mensch, der sich in einer geistesgestörten Gesellschaft isoliert fühlt – und er kann so sehr unter seiner Unfähigkeit, mit den anderen in Beziehung zu treten, leiden, daß er nun seinerseits psychotisch wird.
    Erich Fromm: Anatomie der menschlichen Destruktivität (S. 401)
    Erich Fromm

Krieg, Gewalttätigkeit, Verbrechen haben ein Ausmaß erreicht, das die Aufdeckung ihrer Ursachen zu einer Frage des Überlebens macht. Keine Lösung, allenfalls Entlastung für das schlechte Gewissen bietet die These, mit der Konrad Lorenz berühmt wurde. Er erklärte die menschliche Aggression zum Naturgesetz, zum angeborenen Trieb, der vielleicht zu kanalisieren, aber nicht zu unterbinden sei. Ihm erteilt Erich Fromm, einer der bedeutendsten Sozialpsychologen unserer Zeit, eine radikale Absage.

Fromm unterscheidet zwischen defensiver Aggression, die der Erhaltung des Lebens beim Menschen wie beim Tier dient, und einer destruktiven Lust am Quälen und Töten, die spezifisch menschlich ist. Gestützt auf die wichtigsten Daten der Neurophysiologie, Paläontologie, Anthropologie und Tierpsychologie klärt er die Grundvoraussetzungen der menschlichen Existenz. Er beschreibt detailliert – am eindringlichsten in den brillanten Studien zu Stalin, Himmler und Hitler -, aus welchen individuellen und sozialen Ursachen die Unfähigkeit, zu lieben und sich rational zu verhalten, erwächst und wie sie notwendig zu der Leidenschaft führt, Leben entweder absolut zu kontrollieren oder zu vernichten.

Die „Anatomie der menschlichen Destruktivität“ ist ein epochemachendes Werk von größter empirischen Sorgfalt und höchster theoretischer Originalität. Es ist eine Verteidigung der menschlichen Würde, ein wohlbegründeter Appell an die Menschheit, ihr Leben und dessen gesellschaftspolitische Bedingungen zu verändern.

Erich Fromm, Psychoanalytiker, Sozialphilosoph und Autor […] wurde 1900 in Frankfurt geboren.

Neben Marcuse, Löwenthal, Adorno, Benjamin und Pollock gehörte Fromm, nach seinem Studium in Heidelberg, Frankfurt und München und seiner Promotion 1922, zum Kreis junger Gelehrter um Max Horkheimer, zur weltbekannten „Frankfurter Schule“.

1933 ging Fromm an das Psychoanalytische Institut in Chicago und zog 1934 nach New York, wo er an der Columbia University Vorlesungen hielt.

1946 gründete er mit anderen das William Alanson White Institute […]. 1949 nahm er eine Professur an der Nationaluniversität in Mexico City an und wurde dort 1950 Ordinarius für Psychoanalyse.
(aus dem Klappentext)

1980 verstarb Erich Fromm in der Schweiz.

Erich Fromm: Anatomie der menschlichen Destruktivität

Erich Fromm war einer der einflussreichen Denker des 20. Jahrhunderts, „auch wenn er in der akademischen Welt oft unterschätzt wurde. Viele seiner Bücher wurden zu Bestsellern; seine Gedanken wurden auch außerhalb der Fachwelt breit diskutiert.“ Eines seiner wichtigsten Werke ist Anatomie der menschlichen Destruktivität, das ich als Taschenbuch (Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 29. – 35. Tsd. September 1977) vorliegen und bereits 1978 zum ersten Mal gelesen habe. In meinem Beitrag Bestie Mensch habe ich mich bereits einmal auf dieses Buch bezogen.

Wer sich als Mensch verstehen will, kommt eigentlich an diesem Buch nicht vorbei. Natürlich gibt es fast 40 Jahre nach seinem Erscheinen einige Kritik, die sich auf inzwischen neue natur- und sozialwissenschaftliche Erkenntnisse beziehen. Im Ganzen bleibt aber viel auch heute noch Gültiges bestehen, das uns aufzeigt, wohin der Mensch in seiner Entwicklung ‚kommen’ kann. Fromm glaubt, das trotz der Destruktivität, trotz aller Grausamkeit auch unserer Tage, eine Änderung zum Besseren möglich ist. Was bleibt uns sonst übrig. Fromm schreibt am Schluss:

Die meisten Menschen sind schnell bereit, den Glauben an eine Vervollkommnung des Menschen als unrealistisch abzutun; aber sie erkennen nicht, daß die Verzweiflung oft genauso unrealistisch ist. Es ist einfach zu sagen: „Der Mensch war von jeher ein Mörder.“ Aber diese Behauptung ist nicht richtig, denn sie versäumt, die Kompliziertheit in der Geschichte der Destruktivität zu berücksichtigen. Ebenso leicht ist es, zu sagen: „Der Wunsch, die anderen auszubeuten, entspricht eben der menschlichen Natur“; aber auch diese Behauptung übersieht (oder verzerrt) die Tatsachen. Kurz gesagt, die Behauptung „Die menschliche Natur ist böse“ ist keine Spur realistischer als die Behauptung „Die menschliche Natur ist gut“. Aber es ist viel leichter, das erstere zu sagen; jeder, der die Schlechtigkeit des Menschen beweisen will, findet nämlich bereitwillig Zustimmung, weil er damit einem jeden ein Alibi für die eigenen Sünden bietet – und scheinbar damit nichts riskiert; und dennoch – irrationale Verzweiflung zu verbreiten ist destruktiv, wie es das Verbreiten jeder Unwahrheit ist; es entmutigt und verwirrt. Irrationalen Glauben zu predigen oder einen falschen Messias anzukündigen, ist kaum weniger destruktiv – es verführt und lähmt.

Die Haltung der Majorität ist weder die des Glaubens noch die der Verzweiflung, sondern leider die einer völligen Gleichgültigkeit gegenüber der Zukunft der Menschheit. Wer nicht völlig gleichgültig ist, nimmt die Haltung des „Optimismus“ oder des „Pessimismus“ ein. Die Optimisten sind die Gläubigen des Dogmas vom ständigen „Fortschritt“. Sie haben sich daran gewöhnt, die menschliche Leistung mit der technischen Leistung zu identifizieren, die menschliche Freiheit mit der Freiheit vom unmittelbaren Zwang und der Freiheit des Konsumenten zur Wahl zwischen vielen, angeblich unterschiedlichen Gebrauchsgütern. […] (S. 489)

Um die Vervollkommnung des Menschen zu erreichen, muss es allerdings Änderungen in unserer Gesellschaft geben. In seinem Buch Haben oder Sein hat Fromm eine Utopie entworfen, die er Stadt des Seins nannte. Hier beschrieb er die Wesensmerkmale der neuen Gesellschaft. Fromms Anatomie der menschlichen Destruktivität ist im Wesentlichen auch eine Kritik unserer, der vor allem auf Konsum ausgerichteten Gesellschaft. Wie wahr seine Gedanken auch heute noch sind, zeigt z.B. die Rücksichtslosigkeit der Bankenbranche, die u.a. mit Lebensmittel zockt, ohne einen Gedanken an die Mitmenschen zu verlieren. Ich brauche kaum zu erwähnen, dass ich das Buch von Erich Fromm, wie übrigens alle seine Bücher, empfehlen kann.

Siehe auch meine Beiträge:
Die Kunst des Liebens – zum 25. Todestag von Erich Fromm
Erik H. Erikson: Identität und Lebenszyklus

Durch Wald, über Feld & Wiesen – Herbst 2012

Ja, heute ist mein letzter Herbsturlaubstag. Und das Wetter zeigt sich versöhnlich mit mir (das war nicht alle Tage so): Wenig Sonne zwar, aber trocken und angenehm frisch, um mit dem Rad oder zu Fuß noch einmal durch die Landschaft zu ziehen. Okay, die Fotos sind vom Montag der letzten Woche, aber sie zeigen, wie schön es (bei Sonne oder auch nicht) im Herbst sein kann. Da hat es schon ‚etwas’, wenn man die Natur gewissermaßen vor der Haustüre hat. Ich wünsche Euch allen noch weitere schöne Herbsttage. Der nächste Winter kommt bestimmt …


Durch Wald, über Feld & Wiesen – Tostedt 2012 (Düvelshöpen) – Herbst 2012


Tostedt – Düvelshöpen und Umgebung

Durch Wald, über Feld und Wiesen ... Herbst 2012 Düvelshöpen, Tostedt

Karl May-Filme (1): Die Sklavenkarawane (1958) – Der Löwe von Babylon (1959)

In diesem Jahr jährt sich zum 170. Mal der Geburtstag von Karl May. Außerdem wird seines 100. Todestages gedacht. Karl May war viele Jahre für Kinder und Jugendliche das, was heute die Harry Potter-Romane sind. Die Abenteuer von Old Shatterhand und Winnetou im wilden Westen oder von Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar, übrigens Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah mit vollem Namen (»So bist Du also der Sohn Abul Abbas’, des Sohnes Dawud al Gossarah?«), habe ich in jungen Jahren gelesen. Dabei gefielen mir die Orientabenteuer besonders gut. Diese beginnen mit dem Buch „Durch die Wüste“.

Karl May: Die Sklavenkarawane (1958) – Der Löwe von Babylon (1959)

Viele der Abenteuer der Helden Karl Mays wurden verfilmt. So gibt es auch Verfilmungen der Orientabenteuer. Die erste mir bekannte Verfilmung ist Durch die Wüste aus dem Jahre 1936. Erst 1958 wurde dann der Film Die Sklavenkarawane, der erste Karl May-Film in Farbe, gedreht. In diesem Film, der herzlich wenig mit dem gleichnamigen Roman von Karl May zu tun hat, spielte Viktor Staal den Kara Ben Nemsi, Georg Thomalla den Hadschi Halef Omar und Theo Lingen Sir David Lindsay. Weitere Informationen zum Film siehe bei wikipedia.org: Die Sklavenkarawane


Karl May: Die Sklavenkarawane (1958)

Da der Film durchaus erfolgreich in den Kinos lief, so wurde ein Jahr später, 1959, eine ‚Fortsetzung’ gedreht: Der Löwe von Babylon. Diesmal spielte Helmuth Schneider (auf dem Filmplakaten als Helmut Schneider) den Kara Ben Nemsi. Dem Drehbuch liegt Karl Mays Roman Bei den Trümmern von Babylon zugrunde. Weitere Informationen zum Film siehe bei wikipedia.org: Der Löwe von Babylon.

siehe auch: karl-may-filme.de

Beide Filme sind zum Karl May-Jahr auf DVD erschienen. Ich habe mir den Spaß erlaubt, beide Filme an einem längeren Abend anzuschauen. Viele kennen aus dem Fernsehen sicherlich die späteren drei Verfilmungen (1964 – 1965, dazu später einmal mehr) mit Lex Barker als Kara Ben Nemsi, der dann ja auch Old Shatterhand verkörperte, was durchaus sinnvoll war, denn sowohl Kara Ben Nemsi als auch Old Shatterhand waren gewissermaßen die Alter Egos von Karl May. Hadschi Halef Omar wurde in diesen Filmen von Ralf Wolter gespielt. Als ich mich jetzt mit Karl May und besonders mit den Verfilmungen der Orient-Romane beschäftigte, erinnerte ich mich daran, dass ja auch Georg Thomalla den Hadschi Halef Omar gespielt hatte (ich muss diese Filme in früher Jugend im Fernsehen gesehen haben), und dass ich damals Thomalla irgendwie witziger fand als dann Ralf Wolter.

Jetzt also hatte ich die Filme ‚im Laufwerk’ und konnte mich von meinem früheren Eindruck überzeugen. In früheren Kritiken wurden beide Filme mit Thomalla mehr oder weniger verrissen. Von mäßig spannend ist die Rede, von possenhaft-komischen Situationen wird gesprochen. Und „Georg Thomalla als Hadschi Halef Omar ist die schiere Karikatur eines Orientalen.“ Sicherlich ist durchaus etwas daran. Aber Karl May besaß durchaus Humor und hat jenen Halef Omar bewusst etwas überzeichnet. Da ich kein Karl May-Purist bin, fand ich die Darstellung von Thomalla durchaus witzig und mein Eindruck hat mich nicht getäuscht.

Zunächst einmal zur Qualität der Filme. Ich bin vielleicht ein Nostalgiker und gestehe, alte Filme aus jener Zeit zu mögen. Das beginnt mit dem alten 4 zu 3-Seitenverhältnis dieser alten Filme. Und dann diese Farbe in Agfacolor. Ton und Bild sind sehr gut erhalten bzw. digital überarbeitet. Nur im zweiten Film gibt wohl zwei sehr kurze Passagen, in denen die Farbe kurz ‚kippt’. Ansonsten bin ich begeistert von der Qualität.

Zum Inhaltlichen: Auch da bin ich Nostalgiker. Ich liebe es, wie geruhsam hier die Handlung entwickelt wird. Keine überhastete ‚Action’, die nur vom fehlenden Inhaltlichen ablenken soll. Und Georg Thomalla als Hadschi Halef Omar, so überzeichnet er sein mag, finde ich einfach herrlich. Okay, der Nil im Sudan oder der Tigris in Babylonien ist immer der Tajo in Spanien (auch die Außenaufnahmen stammen aus Spanien). Aber südliche Gefilde sind das allemal. Wer alte Kamellen nicht mag, sollte gewiss die Finger von diesen Filmen lassen. Ansonsten kann ich beide Filme nur empfehlen (und das besonders den ‚alten’ Karl May-Fans).

Die Gelehrten streiten sich um Karl May. Manche halten ihn für genial, andere halten seine ‚Reisebeschreibungen’ für Schund. Wie auch immer: Manchmal heiligen die Absichten die Werke. Karl May entwarf Bilder des friedvollen, gerechten ‚Gutmenschen’ unabhängig von Herkunft, Religion und Hautfarbe. Und bewerkenswert ist ohne Zweifel, wie er Menschen und Landschaften schilderte, ohne jeweils persönlich an Ort und Stelle gewesen zu sein. Dass ein gewisser Adolf Hitler großer Fan von Karl May war, hatte wohl etwas mit Hitlers Unvermögen zu tun, Realität und Phantasie auseinander zu halten. In den Figuren Karl Mays sah z.B. Erich Fromm (Anatomie der menschlichen Destruktivität, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, September 1977) auf Hitler bezogen „eine Manifestation [s]einer narzißtischen Haltung, in deren Mittelpunkt das Thema: Hitler, Führer, Kämpfer, Sieger, stand.“ (S. 430).

Siehe hierzu auch folgende Film-Reportagen:
Karl May zum 100. Todestag – Helmut Schmiedt über Karl May (27.03.2012)
nachtstudio – Karl May (27.02.12)


Terra X (ZDF) – Karl May – Das letzte Rätsel

Verfilmungen der Reiseerzählungen von Karl May

Lose Blattsammlung Herbst 2012 (3)

Besonders der Wald ist bedeckt mit dem gefallenen Laub. Wenn, wie am Montag, die Sonne hervorkommt, dann scheinen die Blätter in einer golden-braunen Farbe, die das ansonsten überwiegende Grau des Novembers vergessen machen.

Blättersammlung im Wald

Auch wenn die dem sonnigen Montag folgenden Tagen wieder viel grauen Himmel und auch reichlich Regen brauchten, so sind die Aussichten für die nächste Woche wieder erfreulich: Die Sonne soll für mehrere Stunden am Tag hervorkommen. Ein Hoch macht sich über uns breit. So kann ich wenigstens die beiden letzten Tage meines Herbsturlaubs noch einwenig genießen.

Jethro Tull: Thick as a Brick (2012 neuer Stereo Mix & 5.1 DTS/Dolby Digital Surround)

Seit einer Woche ist zum 40. Jahrestag der Veröffentlichung von Thick as a Brick (TAAB) die CD mit dem neuen Stereo Remix von Steven Wilson und außerdem auf Musik-DVD u.a. mit 5.1 Mix DTS & Dolby Digital Surround auf den Markt. Das Box-Set Thick as a Brick Special Collector’s Limited Edition von Jethro Tull enthält u.a. die berühmte Zeitung des „St. Cleve Chronicle & Linwell Advertiser“ samt einem „Colour Supplement“ u.a. mit Interviews, vielen hübschen Fotos der Gruppe aus jener Zeit und auch der deutschen Übersetzung.

Ich habe mir erst einmal den Stereo Remix angehört – und bin im gewissen Sinne enttäuscht. Aber was wollte ich erwarten. Ich habe TAAB in einer digital remasterten Version (1997 zum 25. Jahrestag) vorliegen. Und natürlich habe ich auch das Album als LP aus dem Veröffentlichungsjahr 1972 vorliegen (siehe das folgende Bildchen). Das digital remasterte Album gibt eigentlich schon ‚alles’ wieder, was jetzt lediglich leicht aufgefrischt zu hören ist. Oder anders herum gesagt: Bereits der erste Mix war so gut, dass es kaum noch etwas zu verbessern gab. Das war natürlich beim Aqualung-Album schon etwas anders. Da hat Steven Wilson doch noch einiges aus den alten Masterbändern herausgeholt.

    Jethro Tull: Thick as a Brick – LP 1972 – Remaster CD 1997 – neuer Remix CD/DVD 2012

Sicherlich klingt das neue Remix klarer und frischer, die einzelnen Instrumente kommen plastischer hervor. Aber einige Kinken gibt es wohl auch, wie die Spezies im Jethro Tull Board @ laufi.de vermelden: z.B. geht es um Phaser-Effekt beim Schlagzeug usw.

Aber das ist oft auch nur Geschmackssache. Weshalb ich mir das Album gekauft habe, ist natürlich wegen des Surround-Klangs von der Audio-DVD. Wie bereits geschrieben habe ich zwar eine Version in 5.1 DTS-Klang vorliegen, aber da wurde lediglich am bekannten Material herumgebastelt und dieses etwas in den Raum gestreut. Das sollte in der jetzt vorliegenden Version schon etwas mehr hergeben.

Wer TAAB mag und wer auch die Surround-Version(en) abspielen kann, für den sollte der Kauf ein MUSS sein. Wer schon eine digital remasterte Version auf CD besitzt, der kann sich die Geldausgabe durchaus sparen. Alles in allem halte ich das Geld aber nicht für ’rausgeworfen. TAAB ist ein absolut starkes Album, das auch heute nach 40 Jahren noch frisch und munter aus den Lautsprechern quillt.

Nachtrag: Die 5.1-Audio-DVD habe ich noch nicht gehört, aber da sollen drei kleine glitches enthalten sein, also Störimpulse (siehe u.a. Jethro Tull Board @ laufi.de). Diejenigen, die bisher die beiden Doppelscheiben gekauft haben, sollen eine Ersatz-DVD erhalten. Wollen wir hoffen, dass es dazu kommt.

Wie peinlich darf Fernsehunterhaltung sein?

Zum 2. Mal stieg Markus Lanz letzten Samstag in den „Wetten, dass ..?“-Ring und zeigte auf, dass es auch die Öffentlich-rechtlichen Sender schaffen, dass Niveau einer Unterhaltungssendung stetig zu senken. Eigentlich wollte ich mir diesen Beitrag hier schenken, es wäre einfach zu viel Wind um Nichts. Aber da ich eine Vorliebe für triviale Absurditäten habe, nun also doch …

    Wetten, was ..?

Bereits in der ersten Sendung nach Thomas Gottschalk bewies Markus Lanz, dass trotz einiger Änderungen, den dann marginal ausfielen, „Wetten, dass ..?“ eigentlich in die Requisitenkammer der deutschen Fernsehgeschichte gehört. Dachte ich noch, dass jene Cindy aus Marzahn, die Herrn Lanz als Assistentin zur Seite stand, eine ironische Parodie zu Gottschalks Assistentin, Michelle Hunziker, darstellen sollte, so sieht es doch so aus, als sollte sie auch weiterhin diesen undankbaren Job bewerkstelligen, auch wenn sie wegen eines angeblichen Hexenschusses in Lanz’ 2. Sendung durch den gleichfalls als Comedian tätigen Atze Schröder vertreten wurde. Oder ist das mit dem Hexenschuss und so vielleicht eine Art Parodie der Parodie? Darf man Herrn Lanz soviel Ironie zutrauen?

Dann gehören solche Spielchen, in denen sich Markus Lanz mit einem Zuschauer misst, wohl auch zu den ironische Seiten der neuen Staffel: Liegestütz mit Bierkasten auf dem Rücken (1. Sendung) und Sackhüpfen (2. Sendung). Wie auf einem Kindergeburtstag!

Bemerkenswert bereits der Start, als Robbie Williams die Sendung mit einem Showact begann. Dann tänzelte Markus Lanz auf die Bühne, durfte sein musikalisches Können auf den hohen Tasten des Klaviers zeigen und ein ständiges Wow säuseln (Wow, was für ein Künstler, wow, was für ein Lied … mindestens fünfmal: Wow! – später dann waren es schon keine ‚sensationellen Wetten‘ mehr wie letztes Mal, sondern „… was für ein sensationelles Ding!“)

Immerhin waren mit Halle Berry und Tom Hanks echte Hollywood-Stars an dem Abend vertreten, die es sogar bis zum Ende der Sendung aushielten, besser: aushalten mussten. Allein ihren fragenden, meist irritierenden Blicken nach zu urteilen, waren diese sich nicht sicher, ob sie überhaupt „im richtigen Film“ waren. Die Krönung der Lanz’schen Ironie waren dann seine genialen Fragen, z.B. was es bei Halle Berry mit ihrer Vorliebe für frisch gebratenes Fleisch auf sich habe, genauer: mit dem Duft! Es war wohl Oliver Welke, der Moderator der Sendung Heute-Show, der ständig die Augen verdrehte und der Herrn Lanz darauf verwies, nicht alles zu glauben, was im Internet stehe. Schließlich kam Hanks seiner Kollegin souverän zur Hilfe: „Wer liebt diesen Geruch denn nicht?”

Wie irritiert Halle Berry und Tom Hanks nach der Sendung waren, zeigt sich in der dann allerdings mit beißender Ironie vorgetragenen Kritik der beiden.

Absoluter Höhepunkt der Sendung war dann die Androhung von Markus Lanz, Tom Hanks müsse, wenn er seine Wette verliert, gleichfalls die eine Sendung zuvor von Lanz gezeigten Liegestütz mit Bierkasten auf dem Rücken vorführen. Hurra, wir verblöden …

Wenn sich die Kritik von Berry und Hanks in Hollywood herumspricht, dann dürften bald keine Weltstars der Filmbranche den Weg zu „Wetten, dass ..?“ finden. Immerhin spart dann das ZDF viel Geld, das schon so unsinniert verplempert wird. Stattdessen dürfte dann deutsche Prominenz a la Daniela Katzenberger oder die Geissens, Peinlichkeiten der privaten TV-Sender, Wettpate spielen. Als Krönung dann vielleicht noch der jeweiligen Gewinner des Dschungelcamps?

Beim ZDF kann und will man die Schelte nicht nachvollziehen. Und Herr Lanz gibt sich gelassen. Nun denn … So wird auch weiterhin viel Geld für solche Kindergeburtstage mit Hang zur Peinlichkeit auf Kosten des Gebührenzahlers durch den Schornstein gejagt.