Archiv für den Monat: Januar 2014

Betrachtungen Tagebuch eines ‚Außerirdischen’ (1): Vom Steinelegen und -zählen

Noch einmal zum Titel (Arbeitstitel): Wenn man den folgenden Text (Entwurf) liest, dann kommt der Titel „Tagebuch …“ schon gar nicht mehr in Frage, es sei denn, ein imaginärer, irdischer Herausgeber hätte diesen Titel gewählt. Aber auch der sollte so schlau sein, „Tagebuch …“ als unpassend anzusehen (außerdem müsste man es dem Text entsprechend „‚Haus’-Buch“ nennen). Also doch Betrachtungen – oder doch lieber Aufzeichnungen, Ansichten oder Beobachtungen? Gedanken?

Natürlich kann man das Ganze auch umkehren und den Titel aus Sicht des Verfassers (des Außerirdischen) wählen. Das bei Philosophen so beliebte „Über …“ bietet sich da an: „Über die Menschen“ oder „Über uns“ (dann eher „Über Euch“ oder gar „Über Euch Menschen“). Ich gedenke aber schon, die Texte über einen Dritten ‚veröffentlicht’ zu sehen, sprich: Ein Herausgeber (ähnlich wie z.B. bei Jonathan Swifts Gullivers Reisen) veröffentlicht (eigentlich ohne Wissen und damit Einverständnis des Verfassers) die Aufzeichnungen/Gedanken usw. mit seinem Vorwort versehen. Also nichts mit „Über …“.

In meinen Vorbetrachtungen gehe ich von einem Nichterdenmenschen, eigentlich von einem Lebewesen aus, das unsere Welt ‚mit anderen Augen’ sieht. Das kann durchaus auch ein Mensch sein (und ich, eh, der wirkliche Verfasser, bin ja ein Mensch). Vielleicht, und damit komme ich dem Ganzen etwas näher, sollte ich das Wort Außerirdischer in (einfachen) Anführungsstrichen setzen. Damit halte ich es offen, ob es wirklich ein Außerirdischer ist, der das schreibt, oder doch nur einer, der WIE ein Außerirdischer unsere Welt betrachtet, einer, der gewissermaßen eine Philosophie der ‚anderen Sichtweise’ entwickelt. Dann käme Betrachtungen auch eher zum Tragen, also: Betrachtungen eines ‚Außerirdischen’!

    Betrachtungen eines ‚Außerirdischen’

Der Mensch ist ein seltsames Lebewesen. So wie man Stein auf Stein legt, so hat er sich etwas ausgedacht, das diesem Steinelegen entspricht, nur das man ständig, immer wieder einen Stein auf den anderen und wieder einen Stein auf einen anderen und wieder einen Stein … legt, wobei man den ersten irgendeinmal gelegten Stein gar nicht mehr sieht und kaum erahnen kann, wann der LETZTE Stein gelegt sein wird. Natürlich zählt der Mensch diese Steine. Eigentlich geht es nur ums Steinezählen. Die Steine selbst sind nicht das Wichtigste. Es ist die Anzahl der Steine. Da es aber unzählig viele sind und der erste Stein – wie gesagt – schon längst nicht mehr zu sehen ist (wenn es denn einen ERSTEN Stein überhaupt gibt), hat er einfach irgendwann einmal angefangen zu zählen. Ja, erst war das Steinelegen, ein argloses, geradezu gedankenloses Steinelegen. Dann, als überfiele dem Menschen eine höhere Absicht mit dem Steinelegen, kam er aufs Steinezählen. Da er aber ständig Steine legen muss, Stein auf Stein, schaffte er es nicht, gleichzeitig die schon gelegten Steine mitzuzählen. Also begann er dort, wo er gerade war, bei den Steinen, die er im Augenblick legte. Ab jetzt legte er also nicht nur Steine, sondern zählte sie auch noch. Und eines Tages schuf er eine Maschine, die für ihn nicht nur das Steinelegen, sondern auch das Steinezählen übernahm. Und die zählt jetzt: Stein für Stein …

Da es inzwischen so viele Steine sind, so fasst er eine Anzahl von Steinen zusammen. 60 Steine sind eine Mauer. Und da es schon so viele Mauern sind, so ergeben 24 Mauern ein Haus. Und da es auch schon so viele Häuser sind, so ergaben 365 Häuser eine Stadt. Und 100 Städte ein Land.

Da er ja jetzt eine Maschine hatte, die die Steine legte und zählte, verfiel der Mensch ins Grübeln. Er überlegte angestrengt über die Anzahl der Steine nach, die er früher einmal gelegt hatte, als er noch nicht die Steine zählte und ob ihre Zahl vielleicht noch höher wäre, als die Zahl der Steine, die seitdem gelegt wurde. Auch fragte er sich, ob nicht schon vor ihm, den Menschen, Steine gelegt wurden. Ob es überhaupt einen ANFANG des Steinelegens gibt. Und dann überlegte er, wie hoch die Anzahl der Steine werden könnte, wenn man IMMER Stein auf Stein legt, und ob man diese Anzahl benennen könnte. Ja, er fragte sich, ob es ein ENDE des Steinelegens geben kann. Und außerdem fragte es sich, ob er damit vielleicht einfach innehalten oder gar das Steinelegen (und damit das Steinezählen) rückgängig machen könnte, indem er ganz einfach eine Mauer aus Steinen einrisse?

Außerdem überlegte sich der Mensch, ob er mit verschlossenen Augen mitzählen könne und die so von ihm ermittelte Anzahl mit der Anzahl der tatsächlich von der Maschine gelegten (und gezählten) Steine gleichkäme.

Wie anfangs gesagt: Der Mensch hat sich etwas ausgedacht, das diesem Steinelegen entspricht. Eigentlich sind es keine Steine, keine wirklichen. So viele Steine gibt es gar nicht. Der Mensch bildet sich diese Steine eigentlich nur ein. Es sind gedachte Steine. Und Steine nennt er sie auch nicht. Er nennt sie Sekunden und ihre Anzahl (oder besser: die Abfolge des Steinelegens) Zeit.

siehe hierzu: de.wikipedia.org:

Die Zeit beschreibt die Abfolge von Ereignissen, hat also im Gegensatz zu anderen physikalischen Größen eine eindeutige, unumkehrbare Richtung.

In der Philosophie fragt man seit jeher nach dem Wesen der Zeit, was auch Themen der Weltanschauung berührt.

Die Psychologie untersucht die Zeitwahrnehmung und das Zeitgefühl. Die Ökonomie betrachtet Zeit auch als Wertgegenstand.

Mit Schirm, Charme und Melone – 7. Staffel: The New Avengers

Im Mai 1969 endete in England nach insgesamt 33 Folgen die 6. Staffel der TV-Serie „The Avengers“, die in Deutschland Mit Schirm, Charme und Melone hieß. Nach dem Ausscheiden von Diana Rigg als Emma Peel (4. und 5. Staffel, die den Höhepunkt der Reihe markierten – dazu später noch etwas mehr), hatte man den „Versuch unternommen, durch die Einbindung der neuen Rolle Mutter der 6. Staffel ein neues Profil zu geben. Man wollte weg von den immer phantastischer gewordenen Geschichten. Jedoch fehlte nun nach Ansicht vieler Zuschauer der Charme der omnipotenten Emma Peel. Diese Lücke konnte die eher naive Nachwuchsagentin Tara King, gespielt von Linda Thorson, nicht schließen. Als die Serie in den USA floppte, wurde sie eingestellt.“ (de.wikipedia.org)

Es dauerte dann annähernd sieben Jahre bis 1976, bis man unter dem Titel The New Avengers mit einer Wiederbelebung der Serie begann (in Deutschland weiterhin als „Mit Schirm, Charme und Melone“ erschienen). Dem Zeitgeist entsprechend „wandte man sich einem neuen Konzept zu, ohne sich jedoch zu weit von den Ursprüngen zu entfernen. Aus den erfolgreichen früheren Staffeln blieben die unverkennbare Musik von Laurie Johnson sowie Patrick Macnee als John Steed erhalten.“

John Steed ist in „The New Avengers“, die eigentlich aus zwei Staffeln a 13 Folgen (1976 und 1977) besteht, deutlich älter und damit besonnener geworden. An seiner Seite agieren nun Mike Gambit (gespielt von Gareth Hunt) und Purdey (gespielt von Joanna Lumley). Gareth Hunt dürfte uns eigentlich nur noch aus einer Nebenrolle aus dem Film Wilde Kreaturen (mit John Cleese und Kevin Kline) bekannt sein. Er ist inzwischen verstorben. Joanna Lumley ist dagegen eine durchaus erfolgreiche Schauspielerin, die ich u.a. aus den Inspektor-Clouseau-Filmen Der rosarote Panther wird gejagt (Trail of the Pink Panther) und Der Fluch des rosaroten Panthers (Curse of the Pink Panther), beide aus dem Jahr 1983, kenne und die als (Naomis englische) Tante Emma in dem neuen Film von Martin Scorsese The Wolf of Wall Street mit Leonardo DiCaprio zu sehen ist.

    Joanna Lumley und Leonardo DiCaprio in ‘The Wolf of Wall Street’ (2013)

Steed ist jetzt der väterlich wirkende Veteran, der seine ganze Erfahrung ausspielt, während Purdey („Purdey? Und weiter …?!“ – „Nur Purdey!“) und Gambit als das dynamische Agenten-„Paar“ sozusagen die Nachfolge von Steed und seiner Partnerin angetreten haben. Das neue Konzept sah deutlich mehr Action-Elemente vor als die früheren Staffeln. Bombenexplosionen und Schießereien traten in den Vordergrund und verdrängten die subtile Herangehensweise, die insbesondere die Peel-Ära ausgezeichnet hatte. Eine Entwicklung, die Patrick Macnee schon während der Entstehung der Serie kritisierte.

    The New Avengers: Purdey, Mike Gambit & John Steed

Ich habe ab Mitte November bis ins neue Jahr fast alle der 26 Folgen so peu à peu angeschaut. Vom alten Charme der Serie ist nicht mehr allzu viel übrig geblieben. John Steed ist zwar immer noch der elegante Gentleman, den aber jetzt öfter seine Vergangenheit als Agent, der früher im Osten Europas agierte, einholt. Auch äußerlich hat sich einiges getan: Statt seines alten Bentley aus den 20-er Jahren (siehe: Emma mit Elan) nutzt er zumeist einen Jaguar XJ 5.3C oder einen Rover 3500. Und statt der kuscheligen, von der 60-er Jahren geprägten Wohnung ist er in ein Herrenhaus umgezogen. Mit Mike Gambit kommt aber ein gänzlich anderer Männertyp daher, der mit dem britischen Gentleman nicht mehr viel zu tun hat. Er ist eher der kesse Sonnyboy, der nie um einen markigen Kommentar oder eine anzügliche Bemerkung verlegen ist. In den Mittelpunkt ist Purdey gerückt, die vor ihrer Agententätigkeit Tänzerin in einem Ballett war. Sie „wird durch die Serie hindurch insbesondere durch die Bemerkungen von Steed und Gambit als ganz besonderer Mensch vergöttert und ist dadurch von der Aura einer hehren Lichtgestalt umgeben. Dabei ist sie eigenständig und durch Entschlossenheit geprägt, bringt aber ein emotionales Element in die Serie hinein.“


The New Avengers (1976-1977) – Vorspann

Die letzten Folgen spielen in Kanada, aus welchem Grund auch immer, vielleicht, um die Zuschauer auch dort für die Serie zu begeistern. Die beiden New Avengers-Staffeln sind zwar solide gemacht worden, aber wohl durch das große Angebot anderer Serien mit ähnlicher Thematik mehr oder weniger untergegangen. So kam dann mit Ausstrahlung der letzten Folge im November 1977 auch das endgültige Ende der Serie.

siehe auch:

Mit Schirm, Charme und Melone
Mit Schirm, Charme und Melone – die ersten drei Staffeln
Mrs. Peel – we ’re needed
Emma mit viel Elan
Emma & William: Ein Sommernachtstraum
Emma, John & James

Sex, Crime & Kafka: Guilty of Romance

    „Wie viel besser wäre ich dran, wenn ich niemals die Bedeutung der Worte erfahren hätte. Ich stehe still im Inneren deiner Tränen und komme allein zurück in dein Blut.“
    Ryuichi Tamura
    Es war spät abends, als K. ankam. Das Dorf lag in tiefem Schnee. Vom Schloßberg war nichts zu sehen, Nebel und Finsternis umgaben ihn, auch nicht der schwächste Lichtschein deutete das große Schloß an. Lange stand K. auf der Holzbrücke, die von der Landstraße zum Dorf führte, und blickte in die scheinbare Leere empor.
    Franz Kafka: Das Schloss

Guilty of Romance ist ein japanischer Film aus dem Jahre 2011 von Sion Sono. Er ist nach Love Exposure und Cold Fish der Abschluss von Sonos „Hass“-Trilogie.

    Guilty of Romance (2011)

Eine präparierte Frauenleiche wird im Rotlichtbezirk Tokios gefunden: Der Rumpf und der Oberkörper sind getrennt und nur lose aneinandergelegt. Kopf und Geschlechtsteile fehlen ganz. Einige Extremitäten sind durch Puppenteile ergänzt. Bei ihren Ermittlungen stößt Kommissarin Kazuko Yoshida auf die verschwundene Hausfrau Izumi Kikuchi, die mit einem berühmten Schriftsteller verheiratet ist. Ihr ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, ihm alle Wünsche von den Lippen abzulesen und perfekt den Haushalt zu führen, damit er sich ganz dem Schreiben seiner erotischen Novellen widmen kann.

Emotional und intellektuell frustriert, sucht sie eine Arbeit, findet aber nur eine Anstellung als Wurstverkäuferin im Supermarkt. Ausgerechnet dort wird eine Casting-Agentin auf sie aufmerksam, die nach Pornodarstellern sucht. Izumi gewinnt durch ihren neuen Nebenerwerb eine Souveränität und Selbstsicherheit, die ihr bislang fremd waren.

Sie lässt sich nun häufiger mit fremden Männern ein. Im Rotlichtmilieu macht sie Bekanntschaft mit der Universitätsdozentin Mitsuko Ozawa. Die beiden freunden sich an und Mitsuko lehrt der jüngeren Frau das Geschäft der käuflichen Liebe. Doch als Izumi nach der Lehrzeit ihre Reifeprüfung ablegen soll, wird das einer der beiden Frauen das Leben kosten …

aus: arte.tv


Guilty of Romance (mit dt. Untertiteln)

In dem Film Guilty of Romance stehen zwei Frauen im Mittelpunkt, eigentlich drei, denn die ermittelnde Kommissarin ist ebenfalls in einem Wust aus Sex und Gewalt verstrickt. Beide Frauen sind auf der Suche nach Liebe und Erfüllung, die eine, weil sie ungeliebt von ihrem Mann zu Hause dahin vegetiert; die andere, weil sie die Liebe ihres Vaters, der vor Jahren gestorben ist, verloren hat.

Ein Gedicht von Ryuichi Tamura spielt eine wichtige Rolle, in dem es heißt: „Wie viel besser wäre ich dran, wenn ich niemals die Bedeutung der Worte erfahren hätte“ – und endet mit: „Ich stehe still im Inneren deiner Tränen und komme allein zurück in dein Blut.“

Mitsuko, die Literaturprofessorin, spricht gegenüber Izumi, der Hausfrau, von dem Körper des Wortes, der die des Wortes Bedeutung ergibt: „Bald wird das Wort Liebe für dich einen Körper haben“, sagt Mitsuko zu Izumi. Der Literaturprofessorin folgend erlangen Worte nur dann Bedeutung, wenn sie physisch erfahrbar werden – was wiederum nur über einen Ausbruch aus sexuellen und moralischen Konventionen erreicht werden kann. Die Suche nach dem Ich ist hier immer auch die Überwindung romantischer Bilder und die Entfesselung aggressiver Sexualität (filmstarts.de). Dabei wird „Das Schloss“ von Franz Kafka zum Sinnbild für diese vergebliche Suche. Wie K., der Landvermesser aus dem Roman, finden sie nicht das ‚Tor’, keinen Zugang zum Schloss, also keinen Zugang zum eigenen Ich.

Man ahnt es bereits: Der Film ist ein oft verstörender Ausbruch aus Thriller, Psychodrama, Sexploitation, dem genuin japanischen Erotik-Genre Pink Eiga und einer kulturwissenschaftlichen Abhandlung. Ein provozierendes, schockierendes Werk um Patriarchat, Sex und Gewalt. Sion Sono, einer der wichtigsten zeitgenössischen Regisseure Japans, schließt hier seine „Hass-Trilogie“ ab – mit Stilbrüchen, einer unkonventionellen Bildsprache und natürlich auch mit aufschlussreichen Einblicken in die Kultur Japans.

Mahlers Fünfte ist in „Guilty of Romance“ eines der musikalischen Themen, und je intensiver die Verstörung wird, desto unverdrossener unterlegt Sion Sono den Szenen kammermusikalische Passagen, die keineswegs ironisch wirken, sondern wie eine Struktur, auf der sich das Unerhörte entfalten kann. Die poetologische Selbstdeutung, die er seinem Film durch das Gedicht von Ryuichi Tamura gegeben hat, lässt sich also sogar auf mehr noch beziehen als nur auf den Körper, den die Worte bekommen müssen.

Das Kino insgesamt wird in „Guilty of Romance“ zu einer Erfahrung von Sinnlichkeit und Distanz, in einem ständigen, höchst formbewussten Wechselspiel zwischen Ermittlung und Verstrickung. Das Reich der Sinne hat hier keine Außenseite mehr, es gibt keine Beobachterposition, auf der uns nicht auch irgendwann die spritzende Farbe treffen könnte, und der Hinweis auf den höheren Blödsinn, der dieser Film sicher auch ist, ist keine Gewähr dagegen, dass einen dieser vielleicht ehrgeizigste aller Erotikthriller nicht doch ein wenig mitnimmt (Quelle: faz.net).

War Jesus schwul?

Am Wochenende beim Frühstück hören wir meist NDR1 Niedersachsen im Radio. Am Samstagmorgen werden die Hörer aufgefordert, sich telefonisch zu einem bestimmten Thema zu äußern. Letzten Samstag ging es um das Coming-out von Thomas Hitzlsperger. Meine Söhne sprechen bei diesem Sender leicht verächtlich vom Rentnersender. Und ganz Unrecht haben sie nicht. Mindestens 90 % der Anrufer sind (noch) ältere Menschen (als ich).

Die Reaktionen der Zuhörer zur Homosexualität waren meist positiv, vor allem dann, wenn man Homosexuelle aus dem Bekannten- oder Nachbarschaftskreis kennt. Schwule und Lesben wurden dann immer als nett, ordentlich und ‚sauber’ beschrieben. Natürlich gab es auch die ewig gestrigen Ansichten. Wenn von Homosexuellen gesprochen wurde, hatte ich allerdings den Eindruck, als spräche man von Wesen von einem anderen Stern.

Sicherlich kann man die sexuelle Neigung, die dem eigenen Geschlecht gilt, nicht unbedingt mit der Vorliebe zu Kaffee statt zu Tee, wie oben angedeutet, vergleichen. Aber viel mehr ist es im Grunde auch wieder nicht. Einen homosexuellen Lebensstil, wie ihn homophobe Personen sehen wollen, gibt es im Grunde nicht. Hier herrschen weiterhin gängige Klischees, da Homosexualität auf das rein Sexuelle fokussiert wird.

Es ist durch verschiedene Studien zweifelsfrei erwiesen, dass die sexuelle Orientierung von genetischen Faktoren mindestens mitbestimmt wird und nach der Geburt nicht mehr veränderlich ist.

Fans gegen Homophobie

Sicherlich ist der Medienhype nach dem Outing von Thomas Hitzlsperger übertrieben. Aber leider zeigt sich besonders im Fußballsport, dass Schwulenhass dort alltäglich ist. Als Fußballfan ist man meist Anhänger eines bestimmten Vereins. Dieser Lokalpatriotismus steigert sich schnell in Chauvinismus. Damit einher gehen dann oft Rassismus, Frauen- und eben auch Schwulenfeindlichkeit. Die Vereine bemühen sich, dem entgegenzuwirken. Auf Fanseite gibt es längst schwul-lesbische Fußball-Fanorganisationen. Wenn sich wer outet, dann sollten es so genannte Fans sein, die von Fairness, Toleranz und Rücksicht bisher nichts gehört haben.

Ich habe bewusst eine provokante Überschrift gewählt, denn besonders die Kirchen zeitigen immer noch ein homophobes Verhalten. Homosexualität wird oft immer noch als Sünde betrachtet. Lesben und Schwule müssten sexuell abstinent leben oder heterosexuelle Ehen eingehen, um Gottes Willen zu entsprechen. Natürlich gibt es inzwischen auch Kirchen, die sich akzeptierend gegenüber Homosexualität positionieren

Dafür, dass Jesus vielleicht homosexuell war, sprechen durchaus einige Fakten. Der Kreis seiner 12 Jünger war rein männlich. Nach der Tradition soll Johannes, der Bruder des Jakobus und Sohn des Zebedäus, der Jünger gewesen sein, “den Jesus liebhatte”; der auch an der Seite Jesu lag und der ihm die Frage nach dem Verräter stellte (siehe hierzu u.a. auch die Kommentare zu meinem Beitrag Der gepixelte Jesus).

Dagegen spricht, dass zur erweiterten Schar der Jünger nicht nur Männer, sondern auch Frauen zählten, allen voran Maria Magdalena. Mit dem Verhältnis Jesu mit Maria Magdalena hat sich in den letzten Jahrzehnten die Belletristik näher beschäftigt. Das pseudowissenschaftliche Werk „Der Heilige Gral und seine Erben“ behauptete 1981, Maria Magdalena sei mit Jesus verheiratet gewesen und nach Gallien gegangen, wo von ihrem gemeinsamen Kind die Dynastie der Merowinger abstammen soll (z.B. Dan Brown hat sich des Themas dankend bedient). Ich selbst sehe da die Hochzeit von Kanaa, bei der nach dem Johannesevangelium (Joh 2,1-12) auch Jesus mit seinen Jüngern und seiner Mutter weilte und Jesus mit der Verwandlung von Wasser in Wein sein erstes in diesem Evangelium erwähntes Zeichen vollbrachte. Die Frage, die sich stellt, ist: Hat sich nicht ein Fremder, sondern der Bräutigam um den Wein zu kümmern? Wenn ja, dann wäre Jesus der Bräutigam – und vielleicht Maria Magdalena die Braut gewesen.

Um die vielleicht aufgebrachten Gemüter zu beruhigen. Ich glaube, dass Jesus weder homo- noch heterosexuell war, sondern, wenn er Gottes Sohn war, asexuell oder von mir aus übersexuell, also dem Sexuellen in keiner Weise menschlich zugetan. Aber die obigen Spekulationen zeigen, dass Homophilie und Homosexualität sich manchmal näher sind, als man vermutet.

Noch ein Satz und eine Stellungnahme von mir zur Homosexualität. Schwule und Lesben haben ein gleiches Recht, ihr Leben zu gestalten wie Heterosexuelle. Wenn sie Lebensgemeinschaften eingeben wollen, so sollen sie es tun können – auch mit allen Rechten, die für die Ehe gelten (z.B. Steuerrecht, Adoption). Ich verstehe, dass Homosexuelle auf sich aufmerksam machen wie durch den Christopher Street Day, um für ihre Rechte und gegen Diskriminierung und Ausgrenzung zu demonstrieren. Was ich aber nicht gutheißen kann, ist es, wenn einige Homosexuelle wirklich ernsthaft ihre Sexualität als den ‚Normalfall’, als die Regel propagieren. Ich verstehe es gut, wenn man sich solcher ‚Provokationen’ bedient. Aber Übertreibungen haben meist geschadet und selten der eigentliche Sache gedient.

Feindseligkeiten wie Homophobie entstehen besonders dann, wenn man etwas nicht verstehen kann oder will. Es ist die ‚Angst’ (Phobie) vor dem Unbekannten. Und es ist das Mittel des Unterprivilegierten, sich gegenüber vermeintlichen Randgruppen zu profilieren. In einem Wort: Es ist Dummheit!

Betrachtungen Tagebuch eines ‚Außerirdischen’ – Vorbetrachtung

Eigentlich ist der Titel schon längst (und dabei öfter) besetzt: Tagebuch eines Außerirdischen. Vielleicht Betrachtungen eines Außerirdischen? Da gibt es ja nur Philosophische Betrachtungen zum Außerirdischen. Erst einmal bleibt ’s bei diesem Arbeitstitel. Weitere Überlegungen dazu kann ich mir immer noch machen.

Wenn ich also etwas zu uns, unseren Planeten, zu unserer Welt im Kleinen wie im Großen schreiben werde, dann unter der Sicht eben eines Nichterdenmenschen. Das ist eigentlich unmöglich, ist klar. Aber ich kann ja zumindest versuchen, die Sicht eines solchen Alien anzunehmen. Apropos Alien – auch eines dieser Wörter wie Handy oder Oldtimer, Happy End und Beamer (Public Viewing, Showmaster, Jogging – die Liste lässt sich beliebig erweitern), die es im Englischen gar nicht gibt oder dort eine andere Bedeutung haben. Wir Deutsche und unser Denglisch (fast schon ein Tagebucheintrag eines Außerirdischen wert …).

    ... eines Außerirdischen ...

Aber ich schweife ab … Was mir vorschwebt, ist eine Sammlung an Betrachtungen aus einer Sicht, die nicht der üblichen entspricht. Eben die Sicht auf Dinge unseres Alltags, wie sie nur jemand haben kann, der nicht ‚von dieser Welt’ ist. Das muss nicht unbedingt ein Außerirdischer sein, klar. Ich war einmal vor vielen Jahren in einem Seminar und traf dort Schwarzafrikaner, die bisher noch nie eine Großstadt gesehen hatten. Vieles war für diese Menschen völlig neu. Das begann z.B. mit großen verglasten Wänden und Türen am Flughafen und endete längst nicht bei Rolltreppen und Fahrstühlen. Ich denke da natürlich auch an viele alte Menschen, denen die Errungenschaften unserer heutigen Technik, besonders im Bereich der digitalisierten Kommunikation, wohl für immer verschlossen sein werden.

Ausgangspunkt ist natürlich unsere Zivilisation mit allem, was sie uns ‚zu bieten’ hat. Man muss kein Außerirdischer sein, um zu wissen, dass vieles, was als große Errungenschaften gepriesen wird, durchaus entbehrlich sein könnte. Aber wer so mitten im Wald steht, sieht bekanntlich diesen vor lauter Bäumen nicht. Man muss sich schon etwas abseits stellen, um zu erkennen, dass vieles auch ‚mit anderen Augen’ zu betrachten ist.

Soviel für heute. Mal gucken, was dabei herauskommt …

Die Wahrheit über Männer

Die Wahrheit über Männer – Eine anti-romantische Komödie (Originaltitel: Sandheden om mænd) von Nikolaj Arcel aus dem Jahre 2010 ist eine dänische Tragikomödie über einen unglücklichen Drehbuchautor auf der Suche nach der wahren Liebe und dem Sinn des Lebens. Der Film erschien 2012 international in englischer Fassung und wurde dann auch in deutscher Sprache synchronisiert.

    Die Wahrheit über Männer (DK 2010)

Eigentlich hält man sich viel zu lange mit filmischen Produktion made in Hollywood auf. Die mögen bombastisch vom Bild her sein, sind aber meist fade im Inhalt. Dabei liegt das Gute doch so nah. Nein, heute meine ich keine deutschen Filme. Die orientieren sich, was speziell den Mainstream betrifft, auch zu sehr an US-amerikanischen Vorbildern. Ich meine heute Dänemark, ein kleines Land, das aber nicht nur große Regisseure (Bille August, Anders Thomas Jensen, Lars von Trier und Susanne Bier, um nur einige wenige Namen zu nennen), sondern auch einige außergewöhnliche Komödien (z.B. Adams Äpfel und Dänische Delikatessen – beide in der Regie von Anders Thomas Jensen) hervorgebracht hat. Die Wahrheit über Männer ist eine weitere, wenn auch nicht ganz so aberwitzige, aber von ironischem Wort- und Bildwitz gesättigte Komödie. In diesen Tagen habe ich mir diesen Film betrachtet.

Mads (Thure Lindhardt) ist 34 Jahre alt und als Drehbuchautor das, was man erfolgreich nennt. Er schreibt an der bekanntesten Krimiserie des Landes mit und hat mit Marie (Tuva Novotny) eine wunderschöne Freundin, die ihn über alles liebt. Glücklich ist Mads dennoch nicht. Nachdem Marie und er gerade ein schickes Haus bezogen haben, überfällt ihn eine etwas verfrühte Midlife Crisis. Er verlässt die Frau, mit der er eigentlich den Rest seines Lebens verbringen wollte und bezieht eine unrenovierte Altbauwohnung. Vor seinem Laptop wartet er auf die Inspiration für das Drehbuch des Jahrhunderts, doch in Wahrheit hat er seinen großen Erfolg schon lange hinter sich: Nachdem er mit Anfang 20 einen gefeierten Animationsfilm geschrieben hatte, ging es immer nur bergab. Seitdem schreibt er Drehbücher von der Stange, die gut bezahlt aber langweilig sind. Mads schmeißt den sicheren Job und bändelt mit einer jungen, aufregenden Frau an: Die neunzehnjährige Julie (Rosalinde Mynster) ist zwar schön, macht Kunst, Musik und liebt Mads, ist aber noch viel zu neugierig, um sich auf einen Typen wie ihn festzulegen. Nachdem sie ihn verlassen hat, gerät Mads in einen selbstzerstörerischen Strudel aus schnellem Sex, Alkohol und Hypochondrie.

aus: filmstarts.de


Die Wahrheit über Männer (DK 2010)

Ganz so lustig geht es in diesem Film zunächst einmal gar nicht so daher, denn wie beiläufig kommen ziemlich bittere Wahrheiten über das Leben zum Ausdruck. Im Mittelpunkt steht Mads, ein Mann in den besten Jahren, quasi Stellvertreter für das angeblich so starke Geschlecht. Nein, es geht nicht nur um Sex, wenn dieser auch für Mads eine Zeitlang eine viel zu große Rolle zu spielen scheint. Es geht um Wünsche, um die Suche nach dem Sinn des Lebens und nach der großen Liebe. Und es geht ums Filmemachen und damit um Parallelen zwischen Film und Leben. In gewisser Hinsicht braucht auch das Leben ein Drehbuch und gehorcht bestimmten Regeln. Es ist ein Film erstanden, der angesichts seines Einfallsreichtums und seiner subtil versteckten Anspielungen geradezu danach verlangt, mehr als einmal gesehen zu werden.

Alles endet zwar glimpflich, auf ein klassisches Happy End verzichtet Nikolaj Arcel aber: Er will schließlich nicht nur unterhalten, sondern auch der Wahrheit über das Leben nahe kommen.

Die Wahrheit ÜBER Männer ist eine bewegende und herrlich schwarze Komödie über Männer, den Sinn des Lebens, Träume und Liebe. Mancher Mann dürfte sich darin wiedererkennen. Und es ist natürlich nicht nur ein Film FÜR Männer.

Tatort auf Tatort …

Über die Feiertage und den Jahreswechsel beglückte uns die ARD gleich mit mehr als einer Handvoll neuer Folgen der Tatort-Reihe. Das begann am Sonntag den 22. Dezember mit der Episode „Allmächtig“ aus München. Setzte sich mit „Die Fette Hoppe“, dem ersten Fall des neuen Teams aus Weimar, am 2. Weihnachtstag fort. Am Sonntag, den 29. Dezember traf der Kieler Ermittler „Borowski“ auf einen „Engel“. Am Neujahrstag gab es „Türkischen Honig“ aus Leipzig. Und am letzten Sonntag, den 5. Januar, gab es gar zwei neue Folgen: „Der Eskimo“ aus Frankfurt und um 22 Uhr dann noch „Franziska“ aus Köln, der ersten Tatort-Episode, die aus Jugendschutzgründen so spät ausgestrahlt wurde.

    Tatort-Reihe der ARD (seit 1970)

Möge die Macht mit Euch sein …

Nach Macht und Ohnmacht hatten es Batic und Leitmayr in Allmächtig mit den Auswüchsen einer skrupellosen Unterhaltungsindustrie und mit zwei religiösen Eiferern, Lehrer und Schüler, zu tun. Der Fall war durchaus spannend, wenn auch mein Sohn im Einklang mit meiner Frau schon ziemlich bald den Mörder ausfindig gemacht hatte. Ich durfte mich ihrer Meinung unmittelbar anschließen. Und wir hatten Recht. Mann darf gespannt sein, welche Macht die Münchener im nächsten Fall heimsucht.

Lessing in Weimar

Die ARD pflegt eigene Traditionen. Dazu gehört seit einigen Jahren eine neue Tatort-Folge am 2. Weihnachtstag. Und in Die fette Hoppe durften Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) zum ersten Mal in Weimar ermitteln. Ulmen kündigte vorab diesen Tatort als den bisher „weltbesten“ an. Immerhin versucht man, den Münsteranern Ermittlern in Sachen Komik Konkurrenz zu machen, was aber nur teilweise gelang. Dass es am Ende nur um ein Bratwurst-Rezept (die fette Hoppe) ging, ist zusätzlich eher ernüchternd als witzig. Aber gute Ansätze waren vorhanden, wenn Nora Tschirner auch, die ich eigentlich nur aus Schweiger-Filmen kenne, wie in diesen manchmal dümmlich-süffisant lächelte. Rasant war z.B. die Verfolgungsjagd via Pferdekutsche. Darüber hinaus fand ich Klara Deutschmann sehenswert, eine junge Nachwuchsschauspielerin, die als Lotte die Goethe-Bezüge der Stadt (siehe Lotte in Weimar) ergänzte. Das neue Tatort-Team hat auf jeden Fall noch genügend Luft nach oben, denn es soll weitere Fälle aus Weimar geben.

Borowski und die Frauen

Ich gestehe, dass mir der Kieler Ermittler immer besser gefällt. Er entpuppt sich als großer Frauenversteher, der sich aber selbst nicht klar darüber wird, ob der die Frauen wirklich versteht. Wie in Columbo-Fällen wusste der Zuschauer im Fall, der am 29.12. ausgestrahlt wurde, mehr als die Kriminalbeamten. Am Schluss wurde der Engel, eigentlich ein Todesengel, für einen Mord verurteilt, der ein Selbstmord war. Bei genauerem Hinsehen gab es drei Tote, aber keinen wirklichen Mord. Ich fand den Fall seiner Skurrilität und seines schwarzen Humors wegen ganz sehenswert. Und wegen Borowski sowieso.

Zu Neujahr, nächste Tradition des ARD-Programms, gab es mit Türkischer Honig und den Ermittlern Saalfeld und Keppler einen weiteren Tatort aus Leipzig. In diesem Fall ging es ziemlich familiär zu, denn Hauptkommissarin Eva Saalfeld wurde von ihrer Hauptschwester kontaktiert, die aber vor ihren Augen entführt wurde. Als Halbschwester war Josefine Preuß zu sehen, die ebenfalls in diesen Tagen beim ZDF als Pilgerin unterwegs und schon in Rubbeldiekatz in einer Nebenrolle zu sehen war.

Am letzten Sonntag wurde es dann eiskalt (eigentlich eher ‚warm’): Der Eskimo mit Hauptkommissar Frank Steier in Frankfurt. Dieser war ziemlich fertig. Als er sich nach einer mal wieder durchzechten Nacht im Stadtpark auf einer Bank wiedergefunden hatte, wurde er Zeuge eines Mordes an einem Jogger. Seine Verfolgung der Täterin endete kläglich. Dann gab’s da noch den Liebhaber seiner Ex-Frau, die Kriminalkommissarsanwärterin Linda Dräger an seiner Seite, die es verstand, dem Zyniker Steier Kontra zu bieten – und noch einen äußerst mysteriösen Toten.

Ab 22 Uhr lief dann Franziska mit dem Team Ballauf/Schenk. Die Folge ist bereits 2012 abgedreht worden. Bisher traute man sich aber bei der ARD nicht, diese zu senden. Jetzt dann also doch – aber eben zu später Stunde. Nun: Franziska wurde als Geisel genommen: Diese Nachricht traf Ballauf und Schenk mitten ins Mark. Sie mussten nicht nur den Mord an einem Häftling in der JVA Köln aufklären, sondern auch dringend ihrer Kollegin helfen. Neben ihrem Job bei der Mordkommission engagierte sich Franziska als ehrenamtliche Bewährungshelferin. Und ausgerechnet der ihr zugeordnete Häftling Daniel Kehl bedrohte sie jetzt im Besucherraum des Gefängnisses mit einem Messer. Der Fall endete schlimm. Und so blieb an diesem Tag die Wurstbude, meist krönender Abschluss eines Köln-Tatorts, geschlossen.

Natürlich sind die Tatort-Folgen meist arg konstruiert. Sie entstammen nun weniger der Wirklichkeit als der Feder von Autoren. Es werden falsche Fährten gelegt, um den Zuschauer vom eigentlichen Täter abzulenken. Oft überrascht das Ende. Wenn dieses aber noch den gängigen Mustern der Logik entspricht, dann ist das akzeptabel. Interessant am Tatort ist aber die ‚Psychologie’. Wie wird man zum Verbrecher, gar zum Mörder? Borowski doziert in seinem Fall vor zukünftigen Kriminalbeamten über dieses Thema – und wundert sich eigentlich, warum er selbst nicht schon zum Mörder geworden ist. Und wie Borowski so sind viele seiner Tatort-Kollegen ziemlich angeknackste Charaktere (siehe Steier aus Frankfurt), die sich ähnlich dem potenziellen Brandstifter, der Feuerwehrmann wird, auf die ‚gute Seite’ geschlagen haben.

Übrigens: Zum Frankfurter Eskimo-Tatort noch ein Hinweis auf eine Kolumne im RollingStone. Im Tatort selbst ging es u.a. um das Lied „The Mighty Quinn (Quinn The Eskimo)“ (ob nun von Bob Dylan oder Manfred Mann soll egal sein) – hierzu etwas mehr: Eric Pfeils Pop-Tagebuch: Quinn, der Außerirdische.

Und: Nett am Frankfurter Tatort-Krimi war natürlich auch, dass eines der ‚Opfer‘ unter dem Namen Gregor Samsa gekannt war. KHK Steier fragte dann ja auch gleich, ob Josef K. der Mörder sei?! Ja, der Kommissar kennt seinen Kafka und zitierte dann auch gleich den Anfang aus Kafkas Die Verwandlung: Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt

Harald Martenstein: Freuet Euch, Bernhard kommt bald!

Ich weiß auch nicht so recht, warum ICH immer solche Bücher zu Weihnachten geschenkt bekomme. Vor einige Jahren bekam ich den Roman Der Club der Weihnachtshasser von meiner Frau geschenkt. Letzte Weihnachten nun Freuet Euch, Bernhard kommt bald! von Harald Martenstein, bekannt für seine Kolumnen im ZEITmagazin. Es handelt sich dabei um 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten – mit Illustrationen von Rudi Hurxlmeier.

Sicherlich liegt es an meinem zwiespältigen Verhältnis zu dieser Anhäufung von Feiertagen, was meine Frau erkannt hat. Sicherlich freue ich mich darüber, dass zu Weihnachten die Familie zusammenkommt. Aber irgendwie geht es mir am 27. Dezember wie vielen anderen auch: Ich bin froh, wenn die Festtage hinter mir liegen. Und Silvester, ich wiederhole mich, mit dem gemeinsamen Besäufnis und der gemeinschaftlich begangenen Ruhestörung zur Schlafenszeit (Böller, Silvesterraketen) geht mir dann nur noch auf dem Wecker. Okay, soweit es die Umstände zuließen, bin ich ruhig ins neue Jahr gekommen.

    Harald Martenstein: Freuet Euch, Bernhard kommt bald!

In seinen zwölf modernen Weihnachtsgeschichten definiert Harald Martenstein den Begriff ‚Besinnlichkeit’ neu. Da gibt es den Weihnachtsmörder, der jedes Jahr am 24. Dezember zuschlägt, mal als Lamettawürger, mal als Christabaumstecher, und damit nicht nur dem ermittelnden Ich-Erzähler das Fest versaut. Da wird ‚Das Neue Testament’ einfach mal juristisch verstanden oder ‚Die heilige Familie’ radikal in die Gegenwart katapultiert. Und wir verfolgen, wie sich ein Weihnachtsmann als Stripper und erotischer Dienstleister bei Betriebsfeiern durchschlägt. So schwarz haben sich Weihnachtsgeschichten noch nie angehört. Trotz seines Sarkasmus hat Martenstein aber kein Anti-Weihnachtsbuch verfasst. Mit Hintersinn und überraschenden Pointen stellt er vielmehr die alten Fragen neu – was heißt heute Familie, wie können wir Frieden finden, wo wohnt die Liebe?
(aus dem Klappentext)

Titel der 12 unweihnachtlichen Geschichten:

Der Weihnachtsmörder, Teil eins
Interview mit einem Weihnachtsmann
Joe
Garfield
Die Heilige Familie
Das Neue Testament
Das Weihnachtsbaumwunder
Das Fest
Das Geschenk
Das Fest, etwas später
Der Weihnachtsmörder, Teil zwei
Der Weihnachtsagent

Nachwort

Diese 12 Geschichten, die z.T. inhaltlich miteinander verbunden sind, beleuchten das Weihnachtsfest mit viel schwarzem Humor von einer ziemlich anderen Seite und sind stilistisch sehr elegant verfasst. Sie verraten das Vergnügen, das der Autor an diesem Reigen skurriler Einfälle hatte und laden den Leser immer wieder zum Schmunzeln ein. Man merkt aber auch, dass Martenstein das Weihnachtsfest nicht gleich in Bausch und Bogen verdammen wollte. Er kann diesen Festtagen noch sehr viel abgewinnen. Die einzelnen Geschichten sollen eher zum Nachdenken anregen. Dabei geht natürlich der zumindest von mir erwartete Biss verloren. Trotz aller Skurrilität zündet so das Festtagsfeuerwerk nicht so ganz. Das ist bestimmt dem Weihnachtsfest als solchem geschuldet.

„Stille Nacht, Martensteins Nacht“ könnte man sagen. Amüsant zu lesen ist das Buch allemal. Auch wenn Weihnachten natürlich hinter uns liegt. Das nächste Weihnachten kommt bestimmt und das Buch als kleines Präsent für manchen Weihnachtseuphoriker zur Dämpfung allzu großer Besinnlichkeit bestens geeignet.

Frühling im Winter

Schaut man heute aufs Thermometer, dann wundert’s keinen, dass es so milde draußen ist: das Quecksilber (auch wenn’s längst keines mehr ist) ist über die 10-Grad-Marke gestiegen. Da erwacht sogar meine eher nicht so sehr ausgeprägte lyrische Ader und intoniert:

Oh, ein holder Frühling weilt in Winters Gestaden,
Mach Dich vom Acker,
Lass es endlich Winter sein.

Frühling im Winter Januar 2014

Immerhin lässt sich an diesem Tag auch die Sonne, wenn auch in Wolken verhangen, zeigen. Mein letzter Winter-Weihnachtsurlaubstag ist angebrochen – und der nächste Urlaub, da Ostern erst spät im Jahr zu feiern sein wird, ist in weiter Ferne.

Bei solchen Temperaturen mag mancher gar nicht an Winter denken – und will es auch nicht. Aber eines sei gewiss: Der Winter wird bestimmt noch einmal so richtig kommen, auch bei uns in nordischen Tiefen. Wenn’s denn ein richtiger Winter, einer mit Schnee und Frost und vielleicht dann auch mit Sonnenschein sein wird …

Hier ist weder die Zeit, noch der Ort von Aden
Mach Dich vom Acker,
Lass es endlich, endlich Winter sein.

Kollektiver Wahnsinn 2013 beendet – auf ein Neues

Die dreiteilige Saison des kollektiven Wahnsinns hat endlich ein Ende gefunden. Nach der Adventszeit, dem 1. Teil des gesellschaftlich ausgetragenen Schwachsinns, dem kollektiven Kaufrausch (”Geschenke, Geschenke, Geschenke …”), und dem Abschluss der kooperativen Besinnlichkeit, auch Weihnachtsfest genannt, wurde mit dem gemeinsamen Besäufnis und der gemeinschaftlich begangenen Ruhestörung zur Schlafenszeit (Böller, Silvesterraketen) über den Jahreswechsel hinaus auch der dritte Teil abgeschlossen.

Es dauert gottlob wieder ein Jahr, bis dieser Ritus der Massenhysterie erneut die Menschen ergreift.

    Kollektiver Wahnsinn

Wenn es nach mir ginge (geht es aber nicht), dann würde ich alle diese Feiertage, ob Ostern, Nationalfeiertage oder Weihnachten und Silvester, vom Kalender tilgen und den Menschen dafür 10 Tage länger Urlaub zugestehen. Wer dann Weihnachten feiern will, der kann sich dann die passende Gelegenheit dazu suchen. Es muss ja nicht unbedingt im Dezember sein.