Wohl die älteste Detektivgeschichte der Weltliteratur ist die 1841 erschienene Kurzgeschichte „Der Doppelmord in der Rue Morgue (The Murders in the Rue Morgue)“ von Edgar Allan Poe. Held der Geschichte ist C. Auguste Dupin. Sicherlich ist die Auflösung des Doppelmordes etwas kurios, denn der Mörder der Pariser Frauen ist ein Orang-Utan, der seinem Halter, einem Seemann, entkommen war. Aber der Aufbau der Kurzgeschichte (Demonstration von Dupins detektivischen Fähigkeiten, Verbrechen und erfolglose Ermittlungen der Polizei, Besichtigung des Tatorts, Ermittlung und Auflösung) bietet bereits die erfolgreiche Konzeption für nahezu jede folgende Detektivgeschichte, wie zum Beispiel für Arthur Conan Doyle, der 45 Jahre später mit seiner Figur des (Dupin sehr ähnlichen) Sherlock Holmes diese Komposition noch weiter ausreizte. 1842 tritt Dupin nochmals als Hauptfigur in „Das Geheimnis der Marie Rogêt“ (The Mystery of Marie Rogêt) und 1844 in „Der entwendete Brief“ (The Purloined Letter) auf.
Damit wären wir bei Sherlock Holmes, einer vom britischen Autor Sir Arthur Conan Doyle geschaffene Romanfigur, die zur Zeit des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts als Detektiv tätig ist.
Holmes besticht durch seine neuartige forensische Arbeitsmethode, die ausschließlich auf detailgenauer Beobachtung und nüchterner Schlussfolgerung beruht. Er gilt bis heute weithin als Symbol erfolgreichen analytisch-rationalen Denkens und als Stereotyp des Privatdetektivs. Das Werkverzeichnis um den Detektiv umfasst 56 Kurzgeschichten und vier Romane.
Viele der Romane und Kurzgeschichten wurden verfilmt, hierbei stechen vor allem die zahlreichen Verfilmungen des Romans Der Hund der Baskervilles heraus. In einem Kinofilm zum Roman aus dem Jahr 1939 spielte Basil Rathbone der Figur des Sherlock Holmes. 1959 übernahm Peter Cushing die Rolle des Holmes in einer farbigen Neuverfilmung des Hound of the Baskervilles. Ab 1968 spielte er den Detektiv in einer werkgetreuen Holmes-Fernsehserie der BBC.
Was wäre Holmes ohne seinen Dr. Watson? Dr. Watson ist nicht nur der Freund und ständige Begleiter von Sherlock Holmes, sondern fungiert vor allem als erzählerisches Ich. Sherlock Holmes empfindet Watsons Pragmatismus als Bereicherung und Ergänzung seines eigenen, etwas exzentrischen Charakters und schätzt ihn als Rezipienten seiner deduktiven Schlüsse. In Doyles Erzählungen erscheint Dr. Watson als gebildeter Mann von gesundem Menschenverstand, vor dem sich Holmes‘ überragende Leistungen um so stärker abheben.
Noch etwas zum Outfit von Sherlock Holmes, das besonders auch bei uns zur Charakteristik des Detektiven beigetragen hat: Zum einen ist es der Deerstalker, ein Hut bzw. eine klassische Mütze im Karomuster. Dieser Hut findet wohl nur in einer einzigen Geschichte (The Adventure of Silver Blaze (dt.: Silberstern) als „an ear flapped traveling cap“) Erwähnung und wurde bereits in den genannten Verfilmungen mit Basil Rathbone und Peter Cushing zum typischen Markenzeichen Holmes’. Dazu gehören dann noch der Inverness-Mantel und die klobige Pfeife. Dieses populäre stereotype Erscheinungsbild des Detektivs geht auf die Illustrationen Sidney Pagets in der Zeitschrift „The Strand Magazine“ zurück.
2008/2009 wurde nun Sherlock Holmes als Abenteuer-Thriller des Regisseurs Guy Ritchie neu verfilmt. Die Rolle des Holmes wird von Robert Downey jr. übernommen, seinen Assistenten Dr. Watson spielt Jude Law. Seit einigen Wochen ist der Film auf DVD Sherlock Holmes erhältlich.
Sherlock Holmes / Trailer [deutsch]
Zum Inhalt: Ende des 19. Jahrhunderts wird London von einer Reihe von Ritualmorden erschüttert. In buchstäblich letzter Sekunde gelingt es Sherlock Holmes (Robert Downey Jr.) und seinem Partner Dr. Watson (Jude Law), eine weitere Tat zu verhindern und den Mörder zu stellen. Unter der schwarzen Kutte verbirgt sich niemand Geringeres als Lord Blackwood (Mark Strong), der nun einem Ende am Galgen entgegensieht. Doch dem Eingekerkerten scheint seine Situation nicht allzu viel auszumachen. Stattdessen verkündet er Holmes, dass er mit bösen Mächten im Bunde stünde und nach seinem Tod noch drei weitere Menschen sterben würden. Während der Privatdetektiv die Drohung zunächst noch als bloßen Humbug abtut, kommen tatsächlich erste hochrangige Mitglieder der Londoner Gesellschaft auf merkwürdige Weise ums Leben. Bei der Exhumierung von Blackwoods Leiche stellt sich außerdem heraus, dass es sich inzwischen ein anderer Toter im Sarg des Mörders bequem gemacht hat. Es ist nun an Holmes, das mysteriöse Treiben als Scharlatanerie zu entlarven oder sich einzugestehen, dass hier tatsächlich überirdische Mächte ihre Späßchen treiben …
Der Film besticht zunächst durch seine an gotische Malerei mahnende Atmosphäre. Diese Anklänge an die Gotik finden sich auch im sonstigen Design des Films wieder. Das Neuerschaffen des Londons zu Zeiten der industriellen Revolution ist den Setdesignern und CGI-Animatoren ganz hervorragend gelungen. Innerhalb dieser Kulisse entstand ein Abenteuer-Thriller, der wenig mit älteren Verfilmungen zu tun hat. So wurde auch auf die für Holmes anscheinend so typische Mode (Deerstalker-Hut und Inverness-Mantel) verzichtet. Wer trägt auch schon einen Jagdhut mitten in der Stadt? Dass sich Holmes in der Neuauflage neben seinem überragenden Intellekt auch mit seinen Fäusten zu wehren versteht, ist allerdings keinesfalls allein aktuellen Sehgewohnheiten geschuldet, sondern bereits in den literarischen Vorlagen verankert. Schließlich fühlt sich Holmes nicht nur in seinem Labor, sondern auch im Boxring (er beherrscht die Kunst des Bartitsu) zu Hause.
Natürlich ist dieses ein ziemlich moderner Holmes-Film. Wie in Iron Man mimt Downey Jr. den Helden auch hier mit der ihm eigenen Mischung aus verschmitztem Understatement und trockenem Humor und avanciert ähnlich wie Johnny Depp in den Fluch der Karibik-Filmen zu einer Attraktion, die notfalls auch ohne den Film um sich herum bestehen könnte. Jude Law wiederum kommt die schwierige Aufgabe zu, Dr. Watson auf der einen Seite als väterlichen Freund zu spielen, der den depressiven Holmes wieder aufzurichten versucht. Andererseits ist dieser Dr. Watson keinesfalls so sehr über jeden Zweifel erhaben, wie man es aus anderen Verfilmungen gewöhnt ist. Stattdessen muss Holmes selbst kleine Beträge für ihn verwahren, weil sie sonst Watsons Spielsucht zum Opfer fallen würden.
Etwas weit hergeholt ist dann der Mystery-Krimi-Plot. Dieser ist zwar stimmig und findet seine Auflösung in natürlichen Hilfsmittelchen. Hier darf Holmes dann auch seine ganzen analytischen Fähigkeiten zeigen. Und das Ende verrät uns, dass es mit Sicherheit auch einen zweiten Teil geben wird, in dem Professor Moriarty, der „Napoleon des Verbrechens“ und in der Literatur Holmes’ Gegenpart, auftreten wird.
Nun als Fan von alten Detektivgeschichten á la Edgar Allan Poe und Arthur Conan Doyle war ich natürlich gespannt auf diesen Film. Auch wenn er nicht das hielt, was die literarischen Vorlagen versprechen, war ich doch ganz angetan von ihm. Eben Popcornkino. Sherlock Holmes ist ein Blockbuster, der für einen Abend ganz gut unterhält.
Übrigens: Es gibt noch einen weiteren Sherlock Holmes-Film, der noch ungesehen bei uns im DVD-Ständer steht. Pünktlich zum „Sherlock Holmes“ des Guy Ritchie meldeten sich die Kreativköpfe der Low-Budget-Schmiede The Asylum zur Stelle mit ihrer dreisten Version eines Abenteuers des berühmten Detektivs. Trotz aller budgetbedingten Mängel und ohne jede Rücksicht auf irgendeine Literaturvorlage des (trotzdem unverdrossen im Titel bemühten) Arthur Conan Doyle wimmelt es darin vor Monstern, Sauriern und Explosionen, und sogar für einen Flugdrachen mit Feuergefecht über dem Buckingham Palace ist gesorgt. Zuweilen stimmungsvoll, nicht schlecht gespielt, ist der Film etwas für Fantasy-Vielseher. Zum Inhalt dieser Version: Vor der britischen Küste ist ein Schiff mit wertvoller Fracht gesunken, der einzige Überlebende berichtet von einem Angriff durch ein Seemonster. Und auch im viktorianischen London häufen sich Vorfälle, in die angebliche prähistorische Dinosaurier verwickelt sind. Der geniale Detektiv Sherlock Holmes und sein treuer Gehilfe Dr. Watson nehmen sich des Falles an und stoßen nach einigen Umwegen auf einen wahnsinnigen Wissenschaftlers, der, nach einem Unfall verkrüppelt, auf seine Weise Rache am Vaterland und der Queen zu nehmen beabsichtigt.
Siehe auch: Auf den Spuren von Sherlock Holmes in London