Das Ende der Tyrannen

Es war Mitte der achtziger Jahre: Ich hatte mir mit meiner heutigen Frau eine Schlafcouch gekauft, die wir uns selbst abholen mussten. Wir wohnten damals in Hamburg-Eimsbüttel und liehen uns für den Transport das Autos meines Schwagers aus. Just an diesem Tag war der ägyptische Staatspräsident Mubarak in Hamburg, um u.a. die Beiersdorf AG zu besichtigen. Und natürlich mussten wir einen größeren Umweg in Kauf nehmen, weil mehrere Straßen in Hamburg wegen des Besuchs gesperrt waren. So etwas merkt man sich …

Tyrannen nehmen in der Regel ein böses Ende. Das ist fast schon Gesetz. So dürfte jetzt auch die Zeit eines Husni Mubarak zu Ende gehen, der seit dreißig Jahren Ägypten autokratisch und mit Hilfe des Militärs regiert. Seit diesen dreißig Jahren besteht in Ägypten ein Ausnahmezustand zur Unterdrückung der Opposition. Nach blutigen Auseinandersetzungen wird jetzt in Kairo immerhin auf Verhandlungen gesetzt – ein Ende des Ausnahmezustands ist in Sicht – und bei den im September geplanten Präsidentschaftswahlen will Staatschef Mubarak nicht mehr antreten. Es sieht nach einem friedlichen Wandel in Ägypten aus. Aber nicht immer verlaufen solche Wechsel so friedfertig.

Immer wieder haben menschenverachtete Despoten die Welt in Atem gehalten. Die Namen der Massenmörder Hitler und Stalin bilden dabei nur die Spitze des Eisbergs. Und meist geht die Gewaltherrschaft eines solchen Tyrannen einher mit einem ausgeprägten Personenkult. Da fallen mir bezogen auf Afrika Namen ein wie Idi Amin oder Jean-Bédel Bokassa, der sich sogar zum Kaiser krönen ließ. Beide wurden zwar aus ihrem Amt gejagt, verbrachten aber doch noch einen mehr oder weniger sorglosen Lebensabend. Und fast dreißig Jahre knechtete erst François „Papa Doc“ Duvalier, dann sein Sohn Jean-Claude „Baby Doc“ Duvalier das Volk von Haiti.

Was mich immer wieder überrascht hat, ist, dass viele Führer sozialistischer Staaten wie die Könige und Kaiser gelebt haben, während ihr Volk hungerte. Da denken wir zuerst an Kim Il-sung und nach seinem Tod an seinen Sohn Kim Jong-il, die Nordkorea seit über 50 Jahren in den Ruin lenken.

Mir selbst kommt natürlich Nicolae Ceausescu in den Sinn, der ab 1967 als Staatspräsident Rumänien regierte und mit seiner Familie, allen voran Ehefrau Elena, eine Vetternwirtschaft ohne Gleichen betrieb. Ähnlich wie Mubarak genoss Ceauşescu im Westen einiges Ansehen, zumal er nach dem Olympiaboybott der Spiele in Moskau 1980 Rumänien nicht am Gegenboykott der Spiele in Los Angeles 1984 durch die Sowjetunion und weiterer sozialistischer Staaten teilnehmen ließ (Rumänien kam nach den USA auf Platz zwei im Medaillenspiegel). Sicherlich waren besonders die Erdöl- und Erdgasverkommen in Rumänien ein wichtiger Grund für den Westen, dem Diktator in Bukarest wohl gestimmt entgegenzutreten.

Rumänien habe ich ja mit meiner Frau bei zwei Aufenthalten in dem Land (Jahreswechsel 1984/1985 in Sinaia/Rumänien und Winterurlaub in Predeal/Rumänien) besucht. Dabei lernten wir auch den Herrn Nicolae Ceauşescu im rumänischen Fernsehen kennen, wo er anlässlich seines Geburtstages am 26. Januar eine seiner Endlosreden hielt. In der Nähe von Sinaia liegt das Schloss Peleş, in dem Ceauşescu im Sommer wie die ehemaligen rumänischen Könige residierte. Die Herrschaft des Ceauşescu-Clans beruhte hauptsächlich auf den Terror der Geheimpolizei Securitate, die wohl eher mit der Gestapo der Nationalsozialisten zu vergleichen war als mit der Stasi, aber mit der Stasi ähnliche Strukturen aufwies.

Nach Glasnost und Perestroika, Transparenz und Umgestaltung, in der UdSSR und dem Fall der Berliner Mauer war dann Ende des Jahres 1989 auch der rumänische Tyrann Ceauşescu an der Reihe, seinen Hut resp. Kopf zu nehmen:

Schlagzeile 27.12.1989: Ceausescu hingerichtet
Schlagzeile und Ausschnitt aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom Mittwoch, den 27.Dezember 1989

Nach einer zweitägigen Reise in den Iran sprach Nicolae Ceauşescu am 21. Dezember 1989 zu einer Menge von 100.000 Menschen im Zentrum von Bukarest. Nachdem die Menge gegen ihn zu schreien begann, eröffnete die Securitate das Feuer, aber das Militär unter Verteidigungsminister Vasile Milea weigerte sich, es ihr gleichzutun. Ceauşescu ließ Milea erschießen. Elena Ceauşescu verlangte von den Securitatechefs, die Demonstranten alle „in den Kerker“ zu werfen, sie zusammenzuschlagen und sie alle zu töten. Das Diktatorenpaar selbst versuchte schließlich, mit einem Hubschrauber aus der Hauptstadt zu entkommen. Mit Mileas Hinrichtung wurde aus der neutralen Position der Armee Feindschaft. Die Armee und die Securitate trugen in Bukarest offene Straßenkämpfe aus, und Hunderte, vielleicht Tausende wurden im Schusswechsel getötet. Die Ceauşescus wurden schließlich in Târgovişte verhaftet. Elena und Nicolae Ceauşescu wurden in einem Schnellverfahren zum Tode verurteilt. Die Durchführung dieses Verfahrens hatte Nicolae Ceauşescu unmittelbar vor seiner Festnahme durch die Einsetzung des nationalen Ausnahmezustandes ermöglicht. Am 25. Dezember wurden beide standrechtlich erschossen.

Berühmt-berüchtigt war der Sprössling des Ceauşescu-Clans und auserkorener Kronprinz, Nicu Ceauşescu, der in der Bevölkerung wegen seiner Eskapaden gefürchtet und verhasst zugleich war. Er liebte den Luxus, veranstaltete gern nächtliche Zechgelage und schreckte vor allem vor brutaler Gewalt nicht zurück. Überliefert sind zahllose Vergewaltigungen und Übergriffe auf Gäste von Nachtclubs.

Ich will Ceauşescu nicht unbedingt mit Mubarak vergleichen. Aber auch der ägyptische Staatspräsident ist ein Autokrat, der geradezu uneingeschränkt über sein Land regiert und vom Westen wegen seiner moderaten Politik gegenüber Israel jahrelang hofiert wird. In diesen Tagen erleben wir einen Umbruch in mehreren arabischen Staaten, der uns hier im Westen überrascht. Welchen Ausgang das nehmen wird, ist noch nicht absehbar. Dass aber wieder ein Tyrann sein Ende findet, ist so gut wie ausgemacht.

Übrigens: Der Mubarak-Clan soll im Laufe der Jahre bis zu 40 Milliarden Dollar auf die Seite geschafft haben. Korrekt verdientes Geld kann das nicht sein (siehe dw-world.de: Reich, reicher, Mubarak?)

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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