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Was ist bloß mit Ian los? Teil 41: Rückwärtsgespielte Flöte

Hallo Wilfried,

meine besten Wünsche für das Neue Jahr !
Du hast es schon angedeutet: Für die Ansprüche, die Beruf und Schule an die Familien stellen, benötigen wir viel Energie und einen Schuss Wohlwollen des Schicksals. Möge das uns allen beschieden sein.

Das beklemmende Gefühl, das sich bei den Gedanken an die Arbeit einstellt, kenne ich auch. Gerade am letzten Urlaubstag ist dieses Gefühl bei mir besonders stark ausgeprägt. Ich kenne einige Menschen, denen es genau so geht.

Bei uns fing das Jahr nicht gut an. In der Neujahrsnacht ist unser Sohn von einer Rakete getroffen worden, die sich an seinem Hosenbein verfangen hat und dort explodierte. Er hat Verbrennungen ersten bis zweiten Grades davongetragen, die sich jetzt entzündet haben. Seine Schule wird ihn erst mit einer Woche Verspätung wieder sehen.

Und überhaupt brachte 2007 einige befremdliche Nachrichten: Der neue Boss der UNO verteidigt die Hinrichtung Saddam Husseins und unser Innenminister will alle PCs über das Internet überwachen und Flugzeuge vom Himmel schießen. Das alles sind Fakten, die einen Glauben an die Weiterentwicklung der Menschheit in Richtung Humanismus erschweren.

Zurück zur Musik:
Dass ich die Lyrik des Meisters – oder Lyrik im Allgemeinen – jemals begreifen werde, wage ich nicht zu hoffen. Dazu ist mir diese Materie zu fremd und ich befasse mich zuwenig damit.

Momentan liegt das Schwergewicht meiner Interessen beim Ausbau meiner fotografischen Fähigkeiten. Im Klartext: Ich versuche, mein derzeitiges Knipser-Niveau ein ganz klein wenig in Richtung Amateur-Fotograf anzuheben. Der Status des Amateurs ist hierbei ein weit entferntes Endziel. Wenn ich im Internet auf den einschlägigen Seiten sehe, wozu andere Digitalfotografen in der Lage sind, wird mir klar, welche Hürden noch vor mir liegen. Aber auch hier gilt der Grundsatz: Kommt Zeit, kommt Rat. Ich werde mein Rennen langsam rennen und vielleicht doch zweiter oder dritter werden. Das würde mir schon reichen.

Das „Psalm“ – Video von Roxy Music gefällt mir jeden Tag besser. Ich bin bei weitem kein Fan von Bryan Ferry, aber dieser Song hat was. Das Lied ist im musikalischen Aufbau ähnlich komplex wie Hänschen klein, aber trotzdem übt es auf mich eine gewisse Faszination aus. Das liegt nicht nur am religiösen Text. Auch die Versuche von Mr. Ferry, an den entscheidenden Stellen einen durchgeistigten Eindruck zu machen, sind sehr unterhaltsam. Er wirkt dabei, als hätte er sich vor dem Auftritt einige schnell wirkende Pilze reingezogen. Trotz oder gerade wegen dieser Eigenarten schaue ich mir das Video häufiger an. Hinzu kommt, dass Mr. Ferry mich an einen ehemaligen Mathe-Lehrer von mir erinnert.

Ich war nicht schlecht erstaunt, als ich feststellte, dass ein Womanizer wie Mr. Ferry ein religiöses Lied im Repertoire hat. Vielleicht war diese Thematik ein Bestandteil des Progressiv-Rock; bei JT finden wir bekanntlich auch Lieder mit religiösem Hintergrund.

In Deinem Weblog habe ich gesehen, dass dort ein Anwender namens Birgit einen Kommentar abgegeben hat. Ich gehe schwer davon aus, dass diese Birgit dieselbe ist, die häufiger im Laufi-Forum schreibt. Bitte grüße sie von mir.

Ich wünsche Dir einen erträglichen Wiedereinstieg ins Arbeitsleben und einen neuen PC.

Bis bald
Lockwood

04.01.2007

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Hallo Lockwood,

hoffentlich geht es Deinem Sohn wieder besser. Ich weiß schon, weshalb ich solche Tage, an denen der kollektive Wahnsinn ausbricht (Sauferei, Ballerei usw.), eigentlich hasse. Natürlich mussten meine Jungs auch ballern. Und mein großer Sohn hatte einige Freunde eingeladen, von denen einer gegen Mitternacht etwas glasig aus den Augen schaute. Aber wir haben alles wenigstens unfallfrei überstanden.

Mein beklemmendes Gefühl bezüglich der Arbeit hat seinen Grund: Denn bereits in den ersten Wochen kommt ein Haufen Mist auf mich zu und ballt sich zur Monatsmitte. Da hilft nur tief Luft holen, die Zähne zusammenbeißen und durch. Besonders toll dabei ist, dass sich gleich zwei meiner Arbeitskollegen zum Jahresanfang krank gemeldet haben. Ich werde es aber schon überstehen.

Guckst du noch Nachrichten und liest sogar Zeitung? Also Zeitungen oder gar Nachrichtenmagazine lese ich schon lange nicht mehr. Die sind für mich vergeudete Zeit und Geld. Okay, so völlig uninformiert bin ich sicherlich nicht, schaue im Internet nach den neuesten Nachrichten. Aber ich werde nicht mehr die Zeit aufbringen, um z.B. den „Spiegel“ von vorn bis hinten durchzulesen. Wozu? Übermorgen hat man bereits den Großteil wieder vergessen. Befremdlich aber zeitgemäß fand ich bei der Hinrichtung Saddam Husseins, wie alle Seiten dieses Spektakel (wie sollte man es sonst nennen) für sich zu nutzen trachteten. Selbst Hussein nutzte die Bühne, um sich als Märtyrer feiern zu lassen. Und was unsere Bundesregierung betrifft, so fürchte ich, dass in diesem Jahr der Anfang vom Ende der großen Koalition eingeläutet wird, die Meinungsunterschiede lassen sich nicht länger verschleiern.

Ich muss gestehen, mich bisher auch nicht so tiefgehend mit den Anderson’schen Texten befasst zu haben. Mir fehlt dazu wahrscheinlich die richtige Muße (oder Muse?). Aber ich werde mir die Zeit nehmen und um mehr Verständnis ringen.

Fotografie interessiert mich eigentlich nur am Rande. Wir haben zz. eine Digitalkamera, die noch aus der Geburtszeit der digitalen Fotografie stammt. Diese ist zwar ganz ordentlich, wird aber inzwischen von fast jeder heute marktüblichen Kamera überboten. Die analogen Geräte haben wir bereits im untersten Schubfach verstaut. Ich filme ein bisschen, aber auch nur mit einer Kamera, die keine besonderen Highlights bietet. Mithin bewege ich mich auch nur auf Knipser-Niveau, wie du es nennst. Dafür dürfte ich aber im Bereich Videobearbeitung den Amateurstatus erreicht haben. Wenn ich Zeit habe (und mein Rechner, der übrigens doch wieder von den Toten auferstanden zu sein scheint, mitspielt), dann werde ich mich etwas mit der Audioverarbeitung von Videos (Stichwort 5.1-Klangsystem) beschäftigen.

Ich habe nachgeschaut: Von Roxy Music habe ich auch eine alte LP: „Country Life“ von 1974. Und mit Edwin Jobson, wie er wohl richtig heißt. Das Lied „Bitter-Sweet“ hat übrigens teilweise einen deutschen Text, also Bryan Ferry versucht sich in Deutsch:

Nein – das ist nicht
Das Ende der Welt
Gestrandet an Leben und Kunst
Und das Spiel geht weiter
Wie man weiss
Noch viele schönste … Wiedersehn

Das nur nebenbei. Du hast also richtig beobachtet. Jobson hat auch bei Roxy Music mitgemischt, allerdings in einer Zeit vor Tull. Jetzt haben wir doch mehr zu Jobson geschrieben, als es Dir zunächst gefallen hätte. Immerhin zeigt es auf, dass Anderson und Co. nicht irgendwo in einem stillen Kämmerlein nur so für sich selbst dahin gedaddelt haben, sondern auch Kontakte zur Szene insgesamt gehalten haben müssen. Allerdings erschienen die Scheiben von Roxy Music und Jethro Tull seinerzeit bei Island Records. Vielleicht von daher …

Also Roxy Music und „Psalm“: Das hat etwas von einem Leichenzug durch New Orleans, Du weißt, was ich meine: ein Leichenzug zieht durch die Straßen, vorn weg eine Musikkapelle, die im ortansässigen Jazzstil Klagelieder intoniert. So, so, Dir gefällt das Stück. Ich gebe zu, wie Ferry singt und den Blick förmlich im Jenseits versinken lässt, nein, den Blick nach oben gerichtet zu entschweben trachtet, das hat schon etwas.

Zur „rückwärts gespielten Flöte“ habe ich auf der offiziellen Tull-Website etwas gefunden, dort heißt es:

“Group leader Ian Anderson begin experimenting with production techniques, including the famed „backwards-played“ flute on „With You There to Help Me“ which would become a concert joke as Ian turned his back to the audience to play the opening notes. This track, and others, reflect Ian’s budding romance with a Chrysalis secretary who would become Ian’s first wife.”

Vom Beatclub gibt es ja auch eine Aufnahme dieses Stückes „With You there …“, allerdings spielt der Meister „vorwärts“. Immerhin lässt sich so das Vorwärts- und Rückwärtsgespiele sehr gut vergleichen. Und zum weiterem Vergleich: Den Anfang des Stückes (Original von der Benefit-Scheibe) und dann das Ende habe ich im Rückwärtsgang (reverse, wie der Engländer sagt) abspielen lassen – wie nachfolgend zu hören ist:

Dank für die guten Wünsche zum Wiedereinstieg ins Arbeitsleben. Ein neuer PC muss aber vorerst noch warten. Mit Mühe und Not habe ich etwas Geld vom Weihnachtsgeld beiseite gelegt (für den Urlaub), da kann ich mir keinen neuen Rechner leisten. Aber irgendwie verhandele ich noch mit dem Hersteller wegen der Garantie (der PC ist just einen Tag vor Ablauf der dreijährigen Garantie hops gegangen). Das Problem ist nur: Der Fehler tritt nur zeitweise auf.

Nun, das Wochenende naht. Ich wünsche Dir stressfreie Tage und (uns allen) endlich etwas besseres Wetter. Es ist zum Depressionen kriegen. Und gute Besserung nochmals und besonders für Deinen Sohn.

Viele Grüße
Wilfried

P.S. Eigentlich wollte ich zwischen den Feiertagen einige meiner alten LPs digitalisieren (das Album von Roxy Music kommt jetzt – wenigstens teilweise – hinzu). Drück mir die Daumen, dass der PC ‚hält’. Am Samstag bin ich allerdings mit meinem Großem in Hamburg. Er übt ja jetzt fleißig Bass-Gitarre und wir wollen einmal einige Blicke in diverse Musikläden werfen. Vor Weihnachten war ich übrigens in einem Geschäft namens „Musik Rotthoff“. Es war in der Mittagspause. Der Inhaber kam gleich auf mich zu und erzählte mir, dass bereits die Beatles in diesem Laden gekauft hätten (u.a. kaufte dort wohl John Lennon seine 58-er Rickenbacker). Als Beweis zeigte er mir ein Büchlein: Hamburg und die Beatles oder so ähnlich. Es ist ein kleiner Laden, aber mit ganz viel Atmosphäre. Den will ich mit meinem Sohn auf jeden Fall auch besuchen.

04.01.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 40: Jahreswechsel

Hallo Wilfried,

es ist vollbracht. Weihnachten ist vorüber und der Alltag umfängt uns wieder für einige Tag bis zum Jahreswechsel. Bitte richte Deiner lieben Frau meine nachträglichen Glückwünsche zum Geburtstag aus !

Aus gegebenem Anlass zum Auftritt in Maria Laach:
Das Warten und die Spannung sind vorbei, wir haben den Meister gesehen und gehört. Einigen wird es gefallen haben, anderen nicht. Ich selber muss resümieren, dass sich durch die lange Wartezeit eine gewisse Erwartungshaltung aufgeschaukelt hat. Ich kann noch nicht einmal sagen, was ich eigentlich erwartet habe, aber vom Auftritt war ich enttäuscht.

Die erste Darbietung „Rest Ye Merry Gentlemen“ kannte ich vorher nicht und ich finde es auch nicht besonders toll. „Bourre“ kannte ich zwar, es gehörte aber nie zu meinen Tull-Favoriten. Und dann „Aqualung“: Der Meister versucht es wirklich noch einmal mit Gesang ! Es war zum Erbarmen. Ich habe ständig damit gerechnet, dass jemand auf die Bühne springt und ihn dort herunterzieht. Um ihn vor sich selber zu schützen. Warum tut er sich das an ?

Die Fans, die die Sendung gesehen haben, kennen die gesundheitlichen Hintergründe. Aber was für einen Eindruck muss das auf den Rest der Republik gemacht haben ?

Und überhaupt: Der Auftritt hatte stellenweise etwas von Bigband-Sound. Ian Anderson goes James Last. Wenn ich die musikalischen Aktivitäten des Meisters in den letzten Jahren intensiver verfolgt hätte, wäre ich am Heiligabend nicht so unvorbereitet gewesen. Aber so musste ich mich ständig fragen, was das Dargebotene mit Jethro Tull zu tun hat.

Was soll’s, vorbei ist vorbei. Wie wir gesehen haben, dreht der Globus sich trotzdem weiter.

Nun zurück zu Deiner letzten mail:
An Mr. Jobson als Musiker habe ich nie gezweifelt. Es ist wirklich nur die feminine Attitüde, die mich an ihm stört. Warum eigentlich ? Queen haben sich in ihren frühen Jahren auch stark geschminkt präsentiert und das hat mich nie gestört. Keine Ahnung; aber um meine widersprüchlichen Empfindungen zu analysieren, fehlt mir im Moment die Muße.

Auf der Jobson’schen Homepage habe ich gesehen, dass der Sohnemann nicht geschminkt ist. Das beruhigt mich und dabei will ich es belassen.

Deine Wahrnehmung der Schwankungen in des Meisters Stimme erscheinen mir richtig. Es gibt Aufzeichnungen aus der Mitte der 80er Jahre, in denen krächzt wie ein trockengelaufenes Getriebe. Dem gegenüber steht sein Auftritt in Istanbul aus 1991, bei dem die Stimme relativ passabel klingt (das Video zu „Jack-a-Lynn“ schaue ich mir immer noch häufig an).

Bei dem Titel „For Michael Collins, Jeffrey and me“ habe ich jahrelang gedacht, es sei ein Lied für den irischen Widerstandskämpfer Collins. Erst nachdem ich im Songbook gelesen habe, wurde mir klar, dass der Astronaut gemeint war. Dies zeigt, wie toll ich mich mit JT – Texten auskenne. Das Songbook kam wirklich keinen Tag zu früh.

Hier die Übersetzung daraus zum Mondfahrerlied:

Wässrige Augen der letzten seufzenden Sekunden,
trauriges Flimmern, stumm und matt,
fordern das weinende Kind des Staunens auf,
die Sünde zu bereuen.

Und die blinden und wollüstigen Liebhaber
der großen ewigen Lüge
glauben weiterhin an nichts,
da etwas sterben muss.

Und die Neugier des Affen –
die Macht des Geldes siegt,
und die gelben, weichen Berge beben unter ihm.

Ich bin bei dir, L.E.M., (Lunar excursion module; Mondfahrzeug)
obwohl es schade ist, dass es ausgerechnet ihr sein musstet.
Das Mutterschiff ist nur ein Blinken
von eurer Reise zu zweit.

Ich bin bei euch, Jungs, also gebraucht bitte etwas mehr Vorsicht.
Es geht mir nicht aus dem Sinn, dass ich zurückgelassen wurde,
wenn ich doch dort sein
und mit euch spazieren sollte.

Und die hungrigen Zuschauer mit den welken Gesichtern
bemühen sich krampfhaft, ihre Blicke zu konzentrieren,
wie der Mann, der am Trapez hängt –
dessen Sturz Befriedigung bringt.

Sie beglückwünschen einander
zu ihrer einzigartigen und bewundernswerten Tat,
die ihr widerwillig herausgerücktes Geld gekauft hat,
die Saat des Affen zu säen.

Und die gelben, weichen Berge,
sie werden wieder ruhig,
empfinden die humanoide Erregung als Aufdringlichkeit.

Für meinen bescheidenen Grips wirft diese Übersetzung mehr neue Fragen auf als sie beantwortet.

Das geht mir jedes mal so, sobald ich das Songbook aufschlage. Ich bin sicher, das liegt nicht an den Übersetzungen. Es ist ganz einfach so, dass ich zur Lyrik des Meisters keinen Zugang finde.

Viele seiner Texte bestehen in meinen Augen aus einer sinnlosen Aneinanderreihung von Metaphern, Bildern und Allegorien. Ich kann keinen Inhalt darin erkennen; ich könnte den Sinn von etlichen Texten nicht mit wenigen Worten wiedergeben.

Aber ich will ehrlich sein: Mein mangelndes Verständnis für die Anderson-Texte muss nicht notwendigerweise in der speziellen Lyrik des Meisters begründet liegen; ich habe schon in der Schule feststellen müssen, dass mir für tiefsinnige Gedichte jegliche Antenne fehlt. Meine literarischen Bedürfnisse beschränken sich auf Sachberichte und Prosa.

Glücklicherweise gibt es aber auch Anderson-Texte, die sich mir voll und ganz erschließen. Es sind jene Texte, in denen er etwas beschreibt oder eine Handlung schildert. In denen es Personen gibt, die etwas tun oder unterlassen. So richtig schön mit Subjekt, Objekt, Prädikat. Somit war das Songbook doch keine Fehlinvestition.
Wenn ich mich recht entsinne, war „Stand Up“ das Album, das Dein Interesse für JT geweckt hat. So vernehme, was der Meister zu diesem Album schreibt:

Mit „Stand Up“ begannen wir uns vom Spielen in einer Bluesband, in der Mick Abrahams und ich so etwas wie gleichberechtigte Kräfte waren, wegzubewegen. Zwischen Mick Abrahams und Glenn Cornick gab es ernsthafte Schwierigkeiten. In der Band entstanden Probleme in Bezug auf Micks Engagement. Er wollte nicht ins Ausland reisen, er stellte uns ein Ultimatum, indem er sagte: „Ich spiele nur dreimal die Woche!“ Wir anderen fanden das unmöglich, wir wollten jeden Abend spielen, wir wollten Erfolg haben! Also konnten wir mit Mick unter diesen Umständen nicht weitermachen, was dazu führte, dass ich die ganze Musik selber schreiben und neue Ideen einbringen musste.

Für mich war dies eine Gelegenheit – nicht, vom Blues wegzukommen, sondern mich nach neuen Inhalten umzusehen. Wir experimentierten mit exotischen Instrumenten, und so schlichen sich langsam Mandolinen, Balalaikas, Pfeifen, Saxophone, alle möglichen Dinge ein. Manche benutze ich selbst heute noch. Ich denke nicht unbedingt, dass „Stand Up“ ein großartiges Album ist, wunderbar gespielt, mit sagenhaften Stücken – in vieler Hinsicht sind die Titel naiv, einfach, zum Teil auch ein wenig ichbezogen. Sie sind sicher nicht meine besten Stücke, besonders was die Texte angeht. Aber es war ein ziemlich gutes Album, wenn man den Standard von 1969 betrachtet, es war zumindest interessant und ziemlich originell. Es hörte sich nicht an wie alle anderen. Es gab eine Menge Bands damals, die sehr eigenwillig waren. Gruppen wie Yes, Led Zeppelin, Nice und King Crimson hatten ihre ganz spezielle Identität, sie unterschieden sich erheblich voneinander. Es war schön, ein Teil davon zu sein, aber nicht Teil einer bestimmten Musikrichtung. Alle diese Bands waren sehr unterschiedlich, wir waren alle irgendwie wir selbst – eine enorme Vielfalt. Auch in Amerika gab es ein paar Bands, die wichtig und anders waren, wie Zappa und Captain Beefheart, Grateful Dead, alle mit einer klaren Identität. Mehr als heute möglich wäre, wie ich meine.

Der Gröhnemeyer ist ganz ohne Hintergedanken entstanden, ein ganz simpler (wenn auch peinlicher) Rechtschreibfehler. Ich mag ihn und seine Musik, er wirkt bei allem was er tut sehr authentisch. Besonders sein „Mensch“ – Album hat mich sehr bewegt. Er hat eine ganze Reihe von Texten geschrieben, mit denen ich mich sehr gut identifizieren kann. Und mit mir tausende Anderer, das macht wohl mit seinen Erfolg aus.

Vor einigen Jahren brachte mein Stamm-Radiosender eine interessante Meldung: „Die Musikwissenschaft kann einen epochalen Triumph verbuchen. Man fand heraus: Grönemeyer singt deutsch!“ Eine gelungene Anspielung auf Herbys Genuschel.

Nur so ganz kurz zwischendurch: Wenn Du Zeit und Lust hast, schau Dir in youtube das Video zu Roxy Music „Psalm“ an. Hier findet sich ein solch gerade gebogenes Saxophon (den korrekten Ausdruck habe ich vergessen), wie es auch Mr. Anderson beim Passion Play verwendete. Wenn ich nicht irre, kommt dieses Instrument auch bei einigen „Laurel and Hardy“ – Filmen im Hintergrund zum Einsatz. Im Klang irgendwo zwischen Klarinette und Schalmei.

Das Psalm-Video hält noch eine weitere Überraschung bereit: Nachdem ich es fünfmal gesehen hatte, kam mir der Keyboarder seltsam vertraut vor. Es ist niemand geringerer als Mr. Jobson. Mit längeren Haaren und dezentem Makeup habe ich ihn nicht auf Anhieb erkennen können.

Ich weiß nicht, was Du über „Die Entdeckung des Himmels“ gelesen hast, das Dich auf Abstand von diesem Roman gebracht hat. Ich will natürlich keine Werbung für das Buch machen, davon hätte ich nichts. Nur soviel: Jeder aus meinem Umfeld, der das Buch gelesen hat, war davon begeistert. Aber daraus solltest Du keine Verpflichtung ableiten, es ebenfalls zu lesen.

Leselöcher, d.h. Zeiten, in denen man keine Lust hat zu lesen, kenne ich auch. Aber wenn ich vor dem Einschlafen nicht lese, öffnen sich Hypnos Arme für mich nur sehr zögerlich.

Von der rückwärts gespielten Flöte habe ich noch nie etwas gehört. Was bedeutet das ? Lässt man eine Aufnahme vom Flötenspiel falsch herum abspielen oder saugt der Instrumentalist statt zu blasen ?

In Deiner letzten mail hast Du etwas sehr Schönes und Wichtiges geschrieben: „Und gerade in diesen Tagen ist es doch schön, eine Familie zu haben.“ Ich mache mir viel zu selten bewusst, wie bedeutend es tatsächlich ist, in einer intakten Familie aufgewachsen zu sein bzw. jetzt eine eigene Familie zu haben. Ich sehe viel zu oft nur den Stress, den eine große Familie mit sich bringt. Wie so oft im Leben nehmen wir das Positive viel zu selten wahr. Aber mit Gedanken zu diesem Thema könnte man eine eigene Rubrik füllen.

In der Hoffnung, dass diese Zeilen Dich bei bester Laune und Gesundheit erreichen verbleibe ich
Lockwood

27.12.2006

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Hallo Lockwood,

nun der Alltag hat mich erst ab morgen wieder. Trotzdem komme ich erst jetzt zum Schreiben. Wir waren doch viel unterwegs oder ich hatte einfach keine große Meinung, am Rechner zu sitzen. Außerdem gab mein Rechner kurz nach Weihnachten nun doch endgültig den Geist auf und ich sitze jetzt an einer alten Gurke, die wenigstens noch für Textverarbeitung taugt. Mit youtube.com u.ä. ist aber schon nichts mehr. Der Internet Browser ist irgendeine 5-er Version, also für solche Sachen völlig untauglich.

Ich hoffe, Du hattest mit Deinen Lieben auch schöne Feiertage und bist gut in das neue Jahr gerutscht. Wir haben alles heil überstanden, auch die Geburtstagsfeier meiner Frau. Für das neue Jahr wünsche ich Dir und Deinen Lieben alles Gute, viel Gesundheit und dass beruflich bzw. schulisch alles glatt läuft.

Der Auftritt des Meisters in Maria Laach ist bei mir schon fast Geschichte. „Rest Ye Merry Gentlemen“ ist eines der Stücke vom „Christmas Album“, die mir nicht sonderlich gefallen. Etwas anderes hätte mich mehr angesprochen. Aber egal. Na ja und das Aqualung-Fragment mit Gesang war sicherlich nicht der Höhepunkt seiner Karriere, aber ganz so schlimm fand ich es dann auch wieder nicht. Auch Mario Adorf kam mindestens einmal kurz ins Schleudern. Zu Weihnachten hat man genügend Erbarmen. Und wie Weihnachten hinter uns liegt, so ist auch dieser TV-Auftritt von Herrn Anderson vorbei und fast schon vergessen.

Vielen Dank für den Auszug aus dem Songbook. Mit Lyrik (und Andersons Texte sind nun einmal Lyrik und keine schlicht gestrickten Liedertexte) ist das natürlich so eine Sache, besonders mit der modernen Lyrik. Ich konnte mich nie so ganz mit Gedichten anfreunden, die zu tiefgründig sind, um es einmal so auszudrücken. Da mag dem Dichter einiges vorgeschwebt haben, dass ich dann aber so ohne weiteres nicht nachvollziehen kann. Viele der benutzten Metaphern bzw. Allegorien ergeben nicht unbedingt das Bild, dass für mich verständlich wird. Man muss sich schon eingehender mit einem solchen Gedicht bzw. Liedertext beschäftigen. Bei den Anderson’schen Texten kommt dann noch das Problem der Übersetzung hinzu, dass mit dem Songbook auch nicht vollständig gelöst wird. Es ist aber schon eine Hilfe.

Das Stand up-Album ist textlich sicherlich nicht so anspruchsvoll. Aber insgesamt war das Album eine wichtige Station auf dem Weg, den Jethro Tull gegangen ist. Ich weiß von einen Tull-Fan aus unserem Ort, ein angesehener Wissenschaftler, ich kenne ihn nur flüchtig, der die Zeile: „We ran the race and the race was won by running slowly.“ (We used to Know) gewissermaßen zu seinem Lebensmotto gemacht hat. Ins Deutsche übertragen könnte man es mit „Eile mit Weile“ übersetzen oder „Kommt Zeit, kommt Rat“. So kommt man auch ans Ziel (und siegt zuweilen), auch wenn man gemächlich seines Weges geht.

Von einer „sinnlosen Aneinanderreihung von Metaphern, Bildern und Allegorien“, wie Du schreibst, würde ich nicht ausgehen. Du (und auch ich) haben es nur (noch) nicht verstanden.

Zu Grönemeyer kann ich mich nicht äußern. Dazu kenne ich ihn nur zu oberflächlich. Ich gehe aber davon aus, dass er Lieder geschrieben hat, deren Texte etwas hergeben. Ich weiß nur vom Tod seiner Frau und dass er diesen Schicksalsschlag musikalisch aufgearbeitet hat, was ihm geholfen hat, den Tod eines geliebten Menschen zu verkraften.

Das Psalm-Video von Roxy Music habe ich mir nun doch angeguckt. Es ist übrigens ein Soprano-Sax. Der Klang ist, so denke ich, auch von der Spieltechnik abhängig. Bei Roxy Music klingt es nicht allzu gut. Aber auch Ian Anderson hat sicherlich nicht das Optimale aus dem Instrument herausgeholt. Es dürfte ihm an der Spielpraxis gemangelt haben. Vergleiche nur Andersons Flötenspiel früherer Tage mit dem Spiel von heute. Früher klang es viel metallener als jetzt. Ähnlich verhält es sich mit dem Soprano-Saxophon.

Zur rückwärts gespielten Flöte muss ich erst selbst noch horchen. Ich denke, die Aufnahme wurde einfach rückwärts abgespielt. Das Stück muss sich auf jeden Fall auf „Benefit“ befinden.

Für heute genug. Morgen – wie geschrieben – hat mich der Alltag wieder. Irgendwie graust es mich, denn bereits zum Jahresanfang kommt auf der Arbeit jede Menge Kram auf mich zu. Aber da hilft es mir auch, eine Familie im Rücken zu haben. Immerhin ist dann ja bald wieder Wochenende.

Also bis bald
Wilfried

03.01.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 39: Widmungen und mehr

Hallo Wilfried,

ich habe einen kurzen Blick auf die Homepage von Florian Opahle geworfen. Scheint ein Gitarren-Mozart zu sein. Seine musikalischen Qualitäten sind sicher unbestritten; trotzdem finde ich, dass ein Martin B. besser in die Nähe des Mr. Anderson passt. Schon allein aus optischen Gründen.

Zum Konzert von 1985:
Das Baseball-Käppi ist sicher nicht die Krone, mit der der Meister sich selber gekrönt hat, aber im Vergleich mit dem Kopftuch das kleinere Übel.

Ja, die Stimmprobleme. Ich glaube, es war auf den Babyblauen Seiten, wo ich mal gelesen habe, dass die Stimmbänder des Meisters Mitte der 80er Jahre anfingen, Probleme zu bereiten. Das käme ja genau hin.

Bei den Videos aus dieser Zeit wird sichtbar, dass Mr. Jobson das gleiche Makeup benutzt wie Agnetha Fältskog Ende der 70er. Der Kerl hat wirklich Geschmack. Mittlerweile ist er 51 Jahre alt und ich vermute, dass er seinen Teint nun mit Hormocenta verwöhnt. Vorausgesetzt, Marika Rökk hat ihm etwas übrig gelassen. Glücklicherweise befinden wir uns gerade in der adventlichen Zielgeraden, sonst würde ich an dieser Stelle anfangen zu lästern.

In „No Lullaby“ geht es unbestritten darum, dass ein Vater alles tun würde, um sein Kind vor Gefahren jedweder Art zu schützen. Allerdings ist es kein Lied, dass er seinem Kind vorsingen sollte: Bangemachen gilt nicht. Allerdings könntest Du Recht haben, dass er das Lied schrieb und dabei an seinen Sohn dachte. Also durch seine Vaterschaft dazu inspiriert worden ist.

Widmungen sind mir auf seinen Alben tatsächlich noch nicht aufgefallen. Diese Tatsache und einige andere mehr verdichten bei mir den Verdacht, dass der Meister ein Problem damit hat, andere Menschen zu nahe an sich heran zu lassen. Er macht oft einen unnahbaren Eindruck. Wie ich uns kenne, ist zu dieser These das letzte Wort noch nicht geschrieben.

Wenn Du sagst, dass „Jack-a-lynn“ kein herkömmliches Liebeslied ist, bin ich auf Deiner Seite.

Du solltest an Deiner Wohnzimmerwand schon mal einen schönen Platz freimachen: Es kann nicht mehr lange dauern, dass Du für Deine Tull-Videosammlung bei youtube eine Auszeichnung erhältst. Im Namen aller Besucher danke ich Dir für diese Juwelen der Rockmusik !

Die englischen Künstlernamen deutscher Schlagermusiker waren wohl die ersten Vorboten der Globalisierung. Ich kann mich erinnern, dass Anfang der 70er Jahre alles Englische sehr angesagt war. Es suggerierte Internationalität, Weltbürgertum. Der deutsche Schlagerfuzzi als Metropolit der leichten Muse. In jener Zeit gab es bereits die ersten Verballhornungen dieses Phänomens: Vielleicht erinnerst Du Dich an Frank Zanders Disco-Polka. In dieser Satire legte sich der deutsche Schlagersänger Heinz Maria Braselfingen den Künstlernamen Telly Explosion zu. Von Braselfingen zu Äxploschen ist es auch nicht weiter als von Grabowski zu Dschi Dschi Änderßen.

Ich stimme Dir uneingeschränkt zu: Falls ich eine Schlagerkarriere anstreben würde, würde ich das nicht unter meinem eigenen Namen riskieren. Mein Name klingt auch nicht schlimmer als Gröhnemeyer, aber ich würde meine Verwandten schützen wollen.

Das Songbook hat mein Kollege über „Booklooker“ gefunden. Meine Lieferantin hat leider kein Exemplar mehr greifbar, auch ein ihr bekannter früherer Mitarbeiter des zuständigen Verlages muss passen. Mein Kollege hat heute noch einmal in die einschlägigen Webseiten geschaut, aber nichts mehr finden können. Die Dame, von der ich das Buch habe, könnte vielleicht eine englische Version auftreiben. Jedenfalls sieht es so aus, als hätte ich (bzw. mein hilfsbereiter Kollege) das vorerst letzte verfügbare Exemplar erwischt. Aber solange der Verlag immer wieder verspricht, eine neue Edition aufzulegen, besteht noch Hoffnung.

Auf den ersten Seiten des Buches schreibt der Meister über die Entstehungsgeschichte einiger Alben und die damalige Situation in und um die Band. Bemerkenswert finde ich, dass die Alben, die für mich die Klasse von JT verkörpern, vom Meister selber gar nicht so hoch bewertet werden. Sei versichert: Über den Inhalt des Buches werde ich noch häufiger schreiben.

Für Weihnachtseinkäufe fahre ich tatsächlich nach Aachen. Für größere Anschaffungen ist meine Wahlheimat etwas zu provinziell. Dafür genieße ich diese halb-ländliche Umgebung die übrigen 51 Wochen im Jahr.

Heute spielt die Alemannia gegen Bayern München. Pokal-Achtelfinale. In diesen Minuten müsste das Spiel beendet sein, aber ich habe keine Ahnung, wie es ausgegangen ist. Das werde ich morgen im Radio erfahren.

Das mit dem Weihnachtsbaum ist mir etwas peinlich. Sag’s nicht weiter, aber seit einigen Jahren haben wir einen zusammenklappbaren synthetischen „Baum“. Der letzte echte Baum, den ich gekauft habe, roch nach Katzendreck. Leider nicht zum ersten Mal. Danach hat meine Frau auf das Produkt der kunststoffverarbeitenden Industrie umgerüstet. Ich erspare uns an dieser Stelle, Vor- und Nachteile dieser Entscheidung aufzulisten.

Die Verfilmung der „Entdeckung des Himmels“ reicht nicht an das Buch heran. Das ist klar, das darf man auch nicht erwarten. Trotzdem hat der Film mich beeindruckt: Viele Bilder, die er verwendet, decken sich auf bisher nie gekannte Weise mit den Bildern, die beim Lesen des Romans vor dem geistigen Auge entstanden sind. Das ging so weit, dass ich überlegt habe, ob ich den Film bereits schon mal gesehen habe und ich mich an die Bilder des ersten Ansehens erinnere. Aber das ist nicht so; den Film habe ich vergangene Woche wirklich zum ersten Mal gesehen. Das Wiedererkennen beruht auf der detaillierten Beschreibung des Autors und der vorlagentreuen Umsetzung der Filmemacher. Davon hat jemand, der das Buch nicht kennt, natürlich nichts. Aber es ist immer noch eine schöne Story, die im Film erzählt wird. Es wird Dich nicht überraschen, dass ich Dir empfehle, mit dem Film zu warten, bis Du das Buch gelesen hast.

Lieber Wilfried, falls wir uns bis dahin nicht mehr lesen werden, wünsche ich Dir und Deiner Familie ein schönes Weihnachtsfest, eine schöne Geburtstagsfeier und noch einige erholsame Tage bis dahin.

Es grüßt Dich
Lockwood

20.12.2006

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Hallo Lockwood,

weil Du ihn so sehr magst, habe ich mich etwas mit Eddie Jobson beschäftigt. Es ist nicht nur das „A“-Album von Tull, auf dem er spielt, sondern ich habe (mindestens) noch eine 2. Scheibe, auf der Jobson mitmischt: Frank Zappas „Zoot Allures“ von 1976, da war Jobson also gerade 21 Jahre alt. Und wenn ein Musiker wie Zappa so einen jungen Schnösel ins Studio holt, um mit ihm Aufnahmen zu machen, dann muss an dem schon einiges dran sein (musikalisch gesehen, ist klar). Und unser Meister (Herr Anderson) wird auch gewusst haben, warum er ihn bei sich mitspielen lässt. Da wird das Aussehen (und die Benutzung von Kosmetika) lediglich eine zweitrangige Rolle gespielt haben (aber Tipps dieser Art werden auch von den „Herren der Schöpfung“ gern entgegengenommen).

Zappa mit Eddie Jobson

Es gibt auch eine eigene Website von Eddie Jobson, die sich aber irgendwie noch im Aufbau befindet. Interessant dabei der „Vaterstolz“, denn der jetzt 13-jährige Sohnemann trommelt in der Schulband wie ein Alter, sodass Vatern gleich zwei Videos auf die Homepage stellt.

Zu den Stimmproblemen des Meisters gibt es im Laufi-Forum eine aktuelle Diskussion; u.a. schreibt da einer (strange avenue): „Ist schon klar, dass seine Stimme schon nach 1984 kräftig gelitten hatte, sie ging aber m.E. noch einigermassen, der richtige Einbruch kam dann, ich denke, Ihr würdet mir zustimmen, irgendwann zwischen Herbst 1990 und Frühjahr ’91, aber wann genau? Datum? Uhrzeit??“. Ich gehe davon aus, und das wird an verschiedenen Stellen bestätigt, dass Ian Anderson schon öfter operativ behandelt wurde. Von daher kann es zeitweise zu einer Besserung seiner Stimme geführt haben. Inzwischen ist der Schaden aber wohl irreparabel (oder Herr Anderson hat keinen Bock mehr auf das Herumgeschnipsle in seinem Hals), sodass er sich mit einer bestimmten Technik über Wasser hält: bei hohen Tönen nicht pressen (evtl. das ganze Stück auch einen Ton tiefer ansetzen), leise singen (man kann dafür das Mikro etwas mehr aufdrehen) usw. Dazu müsste man vielleicht bestimmte Lieder einmal in den verschiedensten Versionen vergleichen. Ist aber eigentlich egal: Wir wissen, dass es mit dem Singen nicht mehr so klappt. Ist natürlich schade, besonders wenn man bestimmte Stücke hört, bei denen noch alles völlig okay war.

Ganz ohne Widmungen kommt auch Herr Anderson nicht aus. So heißt gleich ein Lied „For Michael Collins, Jeffrey and me“ auf dem Album „Benefit“. Michael Collins ist der Astronaut, der in der Kommandokapsel von „Apollo 11“ den Mond umkreiste, während sich Neil Armstrong und Edwin Aldrin auf dem Mond einen schönen Tag machten. Von Jeffrey hören wir ja öfter – es dürfte Jeffrey Hammond, der alte Kumpel und Mitspieler von Ian Anderson, sein. Aber eine Widmung für sich selbst? Ich habe nur kurz in den Text hineingeschaut (Du hast ja „bessere“ Quellen), ein Text, den ich auf die Schnelle nicht nachvollziehen kann. Ich lese da auf jeden Fall eine deutliche Kritik an der Raumfahrt Richtung Mond heraus. Also eine Widmung im herkömmlichen Sinne ist das bestimmt nicht bzw. nicht als solche gemeint. Oder anders: Allein in dieser scheinbaren Widmung steckt eine tiefere Bedeutung, die einem nicht sogleich aufgeht.

Je mehr ich einen Blick in die Texte werfe, desto mehr vermisse ich das Schramm’sche Songbook. Es wird sicherlich nicht alle Texte bis ins Letzte erhellen, dürfte aber doch eine Hilfe sein, sich den Texten zu nähern. Du Glücklicher! Aber ich will nicht neidisch sein. Irgendwann komme ich auch in den Besitz des Buches. An der englischen Version bin ich allerdings weniger interessiert.

Stichwort: Livegeschichten aus’m ZDF und Montreux. Für 2007 ist also wirklich die Veröffentlichung von zwei DVDs geplant. Gerade das ZDF muss über reichlich Material verfügen (nicht nur „Broadsword“ mit Playback in der Sendung „Drehscheibe“ aus dem Jahre 1982). Das Montreux-Konzert stammt aus 2003. Ich habe davon das gesamte Konzert als Video, allerdings in mittelprächtiger Qualität. Das ZDF-Material würde mich auf jeden Fall interessieren. Und laut offizieller Tull-Website ist von der Acoustic Tour auch noch eine Scheibe geplant. Gespannt sein darf man, was am Ende 2007 wirklich auf den Markt gekommen ist.

Also an unserer Wohnzimmerwand ist sicherlich noch Platz, aber der eignet sich wenig zum Aufhängen von irgendwelchen Auszeichnungen. Viele der Videos habe ich mir über laufi.de an Land gezogen (der gute Marco Laufenberg dürfte über ein weltweit unerreicht großes Tull-Archiv an Videos und Audios verfügen, schade, dass er nur so kleckerweise mit seinen Perlen ’rüberkommt – das soll aber keine Kritik sein, nur: ‚alle Welt’ wartet auf das Video des Monats Dezember 2006 und auf das versprochenen Bonusmaterial). Und dank meiner Tull Site im Internet konnte ich den einen oder anderen Kontakt knüpfen, der dazu führte, weiteres Videomaterial zu ergattern. Und daneben gibt es auch noch andere Quellen im mehr oder weniger grauem Bereich des WWW, die ich angezapft habe. Ich bin eben mehr Sammler als Jäger (aber Sammler mit Jägerinstinkt). Und da ich mich etwas mit Videobearbeitung usw. auskenne, es zudem Plattformen wie youtube.com, myvideo.de, myspace.com usw. gibt, da kommt dann das Eine zum Anderen. Dafür braucht es keine Auszeichnungen zu geben. Trotzdem nehme ich deinen Dank gern entgegen.

Nur so nebenbei: Seit wann schreibt sich Grönemeyer mit ‚h’? Höre ich da bei Dir einen gewissen Zynismus heraus (aber dann hättest Du ihn vielleicht auch mit einem ‚D’ am Anfang geschrieben)? Bei ‚uns’ heißt der gute Herbert meist „Gröhlemeyer“. Immerhin einer, der sich zu seinem Namen bekennt (welcher dabei zu solchen Wortspielchen einlädt). Aber Herby ist ja kein Schlageraffe im Sinne unserer Diskussion.

Zur Verfilmung der „Entdeckung des Himmels“ von Harry Mulisch: In der Regel lese ich tatsächlich zuerst ein Buch, bevor ich mir die Verfilmung dazu anschaue. Und mir ist bewusst, dass man am Ende beides schlecht miteinander vergleichen kann. Es sind einfach zwei Medien, die sich in vielen Dingen wesentlich unterscheiden: Film und Buch. Leider bin ich zz. in einem Leseloch, d.h. ich komme kaum zum Lesen (und habe auch nicht allzu viel Lust dazu). Außerdem liegen bei mir einige Bücher herum, die ich begonnen habe, aber noch nicht zu Ende gelesen habe. Habe also Geduld mit mir. Außerdem, ich weiß nicht warum und wie ich es anders beschreiben soll: Es sperrt sich bei mir im Inneren etwas gegen dieses Buch. Das Wenige, was ich bisher darüber gelesen habe, würde mich normalerweise nicht dazu einladen, es zu lesen.

So, für heute soll es genügen. Weihnachten steht vor der Tür. Lauschen wir Herrn Anderson am Heiligabend. Und lassen wir uns viele schöne Sachen schenken. Meine Frau hat einen Bekannten, der uns jedes Jahr aufs Neue „die fetteste Gans, den schrillsten Weihnachtsbaum und die überflüssigsten Geschenke“ wünscht. Da kommt die richtige Stimmung auf. Nein, ich wünsche Dir und Deiner Familie wirklich geruhsame und besinnliche Feiertage. Leider wird es mit Schnee nichts werden. Aber auch so wünsche ich Dir die rechte Weihnachtsstimmung. Und gerade in diesem Tagen ist es doch schön, eine Familie zu haben.

Bis bald (zwischen den ‚Tagen’)
Wilfried

P.S. Irgendwo las ich von einem musikalischen Experiment des Herrn Anderson, was eigentlich nicht ganz so neu ist (z.B. die Beatles auf „Sgt. Pepper ’s“): In einem Stück gibt es eine rückwärts gespielter Flöte! Hast Du davon gehört?

21.12.2006

English Translation for Ian Anderson

Ian Anderson im Kloster Maria Laach

Am Heiligabend ab 17 Uhr überträgt das ZDF das Weihnachtskonzert des Bundespräsidenten, zu dem auch Ian Anderson von der Gruppe Jethro Tull seinen Beitrag leistet:

Hallo Lockwood,

Jetzt ist es (halb-)amtlich und Dir zur Information:

Ian Anderson & Band“ spiel(t)en „God Rest Ye Merry Gentlemen“ , „Bourreé“ und ein Fragment von „Aqualung“ im Kloster Maria Laach.

Ian Anderson im Kloster Maria Laach

Lt. Laufi-Forum:

Ihn begleiteten das Jugend-Sinfonie-Orchester Rheinland-Pfalz und als Band das Holland-Line up mit Florian statt Martin.

Aqualung fand ich unpassend für das anwesende Publikum; hab keine anderen Tull-Fans ausmachen können.

Sonst war’s nett (durchweg schöne Musik); Probe noch netter als Generalprobe, weil man da ungehemmt ganz nach vorne in die erste Bankreihe poltern konnte. Zu der Zeit war halt noch wenig Volk dort (abgesehen von Heerscharen von Kameraleuten, Kabelträgern, etc……)

Dort findest Du auch die Bilder im Einzelnen. Eine Rezension mit Bildern gab es im General-Anzeiger Bonn.

Wie schön, dass man sich auf ein solches TV-Ereignis so freuen kann. Liegt vielleicht doch an Weihnachten.

Gruß
Wilfried

20.12.2006

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Hallo Wilfried,

tausend Dank für die Bilder und die Berichterstattung !
Jetzt, wo ich die Bilder gesehen habe, ärgere ich mich schon, dass ich meine Anwesenheit dort nicht möglich machen konnte.

Im Laufi-Forum schrieb jemand, „Aqualung“ hätte nicht zum anwesenden Publikum gepasst. Das mag sein, aber ich denke, das Stück passt trotz seiner derben Ausdrücke und der aggressiven Musik einigermaßen in den Advent. Deshalb, weil das traurige Los eines Penners beschrieben wird. Für Menschen wie Aqualung kam der Christ in diese Welt und daran sollte man bei Christi Geburt erinnern dürfen. Obwohl ich fürchte, dass nicht viele von jenen, die das Lied am Sonntag hören werden, begreifen, wovon es handelt. Ich habe den Inhalt beim ersten Hören auch nicht begriffen.

Um eine angemessene Garderobe des Meisters habe ich mich unnötig gesorgt. Hier hast Du mit Deiner Zuversicht Recht behalten.

Bis bald !
Lockwood

20.12.2006

Was ist bloß mit Ian los? Teil 38: Friede auf Erden

Hallo Wilfried,

im Kollegenkreis habe ich jene Leute über Maria Laach informiert, von denen ich weiß, dass sie JT kennen. Das sind nicht alle. Deshalb war meine Formulierung „fast die ganze Abteilung“ sicher übertrieben. Die schriftstellerische Freiheit ist einfach mit mir durchgegangen…

Die Beobachtungen des Herrn Weber über das Headset decken sich mit meinen Eindrücken. Da gehe ich mit ihm konform. Mit den kontroversen Ansichten meinte ich die unterschiedlichen Bewertungen, zu denen Herr Weber und ich beim „Roots“-Album kommen. Ich fürchte, meine sprachliche Präzision lässt in letzter Zeit zu Wünschen übrig.

Dass das Familienfoto doch schon acht Jahre alt ist, betrübt mich ein wenig. Naja, in gut einer Woche weiß ich ganz genau, wie der Meister aktuell aussieht. Seine Äußerungen zum Milchtrinken lege ich in die Schublade der Anderson’schen Ironie. Ich finde immer häufiger Fotos, die ihn mit einer Bierflasche zeigen. Jedesmal diese dunkelgrünen Pullen, jedesmal zu dreiviertel gefüllt.

Deine Theorie, dass „No Lullaby“ für seinen Sohn geschrieben ist, kann ich nicht unterstützen. Im gesamten Text ist von Drachen, Ungeheuern, Waffen, Tod und Teufel die Rede. So etwas schreibt niemand, der unter dem Einfluss von frischen Vaterfreuden steht. Einen augenfälligen Hinweis auf Rechtsradikalismus sehe ich allerdings auch nicht.

“Jack-a-Lynn“ halte ich schon für ein Liebeslied. Der Song kommt zwar ohne die gebräuchlichen Vokabeln wie Liebe, lieben, Sehnsucht usw. aus, aber in meinen Augen beschreibt er das Verlangen des Sängers, bei seiner Jacky zu sein. Du schreibst, der Song sei „alles andere als ein Liebeslied“. Was ist es in Deinen Augen ? Selbst Mr. Anderson ist nicht kaltschnäuzig genug, um sich auf die Bühne oder in ein Studio zu stellen und seine Frau zu schmähen.

Was die Bedeutung der JT-Texte angeht, wirst Du mich zukünftig ernst nehmen müssen:
Seit heute liegt mir Karl Schramms Songbook (mit den deutschen Übersetzungen!) vor. Ein Kollege, der sich mit den Internet-Antiquariaten auskennt, hat es für mich an Land gezogen. Die dritte Auflage von 1997. Es fehlen also jene Titel, von denen ich die meisten sowieso nicht kenne. Wenn ich mich recht erinnere, hast Du Dich gefragt, wer in der Textzeile aus TAAB „Where the hell was Biggles…?“ dieser Biggles sei. Also: Who the hell is Biggles ? Hierauf gibt das Buch eine Antwort: Biggles ist eine Romanfigur, ein Flieger aus dem Ersten Weltkrieg. Wahrscheinlich ein Superheld, der jedermanns Probleme ohne Mühen lösen kann.

Doppel-G-Punkt Anderson:
Entgegen den Äußerungen in meiner letzten mail glaube ich nicht daran, dass Herr Schlagerfuzzi die zwei Gs in seinen Namen aufgenommen hat, um erotische Extasen zu suggerieren. Vielmehr wird der Grund hierfür in seinem bürgerlichen Namen zu finden sein: Gerd Günther Grabowski. Aber Du hast Recht: Der Typ spukt schon seit Jahren durch meinen Kopf. Trotz seines kommerziellen Erfolges ist er für mich der Archetypus eines Schlager-Deppen. Davon gibt es zwar viele, aber ihn halte ich für die Krönung. Besonders sein „Mädchen, Mädchen“ finde ich unterirdisch schlecht, absolut peinlich und vollkommen unmöglich. Geradezu unaussprechlich. Und ausgerechnet dieser Knilch muss sich Anderson nennen. Klar, das ist ein geläufiger Name. Aber jemand wie ich assoziiert damit unweigerlich den Meister. Hätte er sich G.G. Jackson genannt, wäre meine Welt in Ordnung. Aber – wir haben Advent. Keine Hasstiraden mehr.

Ich bin nicht sicher, ob ich Deine letzte Frage „Samstag noch nach Aachen?“ richtig interpretiere. Falls Du damit meinst, ob ich in die Stadt zum Einkaufen muss, so lautet die Antwort nein. Falls Du meinst, ob ich mir Samstag unsere Alemannia auf dem Tivoli anschauen werde, ist die Antwort die Gleiche. Falls Du etwas ganz anders meinen solltest, bitte ich um Aufklärung. Apropos einkaufen: Ein Kollege von mir war letztes Wochenende in Oberhausen, im „Centro“. Er hat eine Stunde gebraucht, um aus dem Parkhaus zu kommen.

Friede auf Erden den Menschen und Mitarbeitern des Einzelhandels.
So langsam wird das Thema Weihnachten ernst.
Eine gute Zeit wünscht Euch
Lockwood

14.12.2006

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Hallo Lockwood,

die Spannung steigt, da Weihnachten naht und damit der Fernsehauftritt von Herrn Anderson. Lt. ZDF tritt der Meister mit Band auf. Wer dazu gehört, kann man nur erahnen. Ich denke aber, dass Sohnemann James Duncan wieder am Schlagzeug sitzt und der 21/22-jährige Rosenheimer/Münchner Florian Opahle die Gitarre zupft. Lassen wir uns überraschen. Natürlich bin ich auch gespannt, was gespielt wird. Da die Sendung eine Stunde dauert, Mario Adorf und wohl auch der Bundespräsident höchst persönlich etwas vorlesen, die gute Carmen Nebel das Ganze moderiert, bleibt nicht viel Zeit – vielleicht für zwei, maximal drei Stücke (Bourree ist schon obligatorisch für solche Konzerte und dann noch etwas vom Christmas Album, voraussichtlich Instrumentaltitel, allerhöchstens „The Christmas song“ mit Gesang – „the christmas spirit ist not what you drink!“).

Nur kurz noch etwas zu „Roots to Branches“. Herr Weber äußert sich besonders positiv zu der Leistung des Drummers Doane Perry. Ich kann das nur unterstützen. Ich habe bei youtube.com einige Live-Mitschnitte von einer Sendung zum 300. Geburtstag von Johann Sebastian Bach eingestellt („Bach-Rock“), die aus 1985 stammen und in denen bereits Doane Perry die Schlagstöcker wirbelt. Übrigens findest Du auch Herrn Jobson hier wieder, der wohl kurzzeitig für dieses Konzert angeheuert wurde. Es ist darüber hinaus das einzigste Konzert, dass Jethro Tull 1985 gab (lt. ministry-of-information.co.uk). Beachtenswert ist die Kopfbedeckung, die der Meister hierbei trug: ein Baseball-Käppi. Das ganze Konzert hat etwas Kurioses. Wenn Du dabei Dein Augen- und Ohrenmerk einmal dem Mann an der Schießbude widmest, wirst Du einen sehr agilen Mann erleben, der sichtlich Spaß an seinem Job hat (und das zudem auch sehr ordentlich bewerkstelligt). Überhaupt ist das Konzert ganz in Ordnung, bedenkt man, dass den Jungs die Auftrittspraxis fehlt. Nur Herrn Andersons Stimme klingt hier schon ziemlich eingerostet (hatte wohl damals schon einen Knacks weg).

Zu dem Foto des Ehepaars Anderson: Vielleicht trinkt Herr Anderson Milch aus dunkelgrünen Flaschen?

Ich habe nicht gesagt, dass Ian Anderson das Lied „No Lullaby“ für seinen Sohn geschrieben hat. Von Widmungen, welcher Art auch immer, hält er wohl nicht viel (oder täusche ich mich da? Werde die Plattencover einmal danach durchforsten – das ist auf jeden Fall ein nicht unwichtiger Aspekt, oder was meinst Du?). Wenn er von Ungeheuern usw. schreibt und singt, dann meint er das wie so oft im übertragenem Sinne. Von daher ist es durchaus möglich, dass er im Erstarken faschistischer Umtriebe Ungeheuer usw. gesehen hat. Auf der anderen Seite steht ein Text wie

Keep your eyes open and prick up your ears
rehearse your loudest cry.
There’s folk out there who would do you harm
so I’ll sing you no lullaby.

für die Wachsamkeit z.B. des Vaters, den Sohn vor Gefahren zu schützen. Wiegenlieder allein helfen da nicht.

Und zum „Jack-a-Lynn“-Text: Würdest Du es für ein typisches Liedeslied halten, wenn jemand kalte Flugzeuge, langsame Boote und warme Züge in Verbindung mit seiner Liebsten bringt („Cold aeroplanes, slow boats, warm trains remind me of Jack-A-Lynn”)? Da wir wissen, dass Ian Anderson viel unterwegs ist, dann ist es mit Sicherheit nicht verwunderlich, wenn er sich nach seiner Frau sehnt, wenn er im Flugzeug friert oder im überhitzten Zug schwitzt usw. Meine Formulierung „alles andere als ein Liebeslied“ war eigentlich anders gemeint. Das Wörtchen „herkömmlich“ fehlt: … alles andere als ein herkömmliches (typisches) Liebeslied!

So, Du bist jetzt also stolzer Besitzer des Schramm-Songbuches? Das sollte in überarbeiteter Auflage im Herbst diesen Jahres auf den Markt kommen (auch der Preis von 29,90 € steht schon lange fest). Ist es aber nicht. Wo hast du es dann gefunden im Internet? Ich habe (fast) alle Online-Antiquariate abgeklappert. Lediglich aus den USA hätte ich es mir für rund 100 € bestellen können (was mir dann doch etwas zu viel ist – war wohl auch nicht das mit deutschen Übersetzungen). Da brauche ich in Zukunft nur Dich zu fragen, wenn ich mit Übersetzungen nicht weiterweiß?! Das mit Biggles hatte ich übrigens schon selbst dank Internet geklärt. Ist ein Serienbuchheld und auch eine Comic-Figur, um genau zu sein.

Gerd Günther Grabowski ist allerdings wirklich kein Name, um als Schlagerfritzi die Herzen der Damen zu erobern (und drei G’s wären mindestens eines zu viel). Aber Anderson musste es nun nicht gerade sein. Kann ja auch keiner so schöne Namen wie wir haben, oder? Da kann man in allen Branchen Karriere machen – auch ohne Namensänderung respektive Künstlernamen. Was ich nie so ganz verstanden habe: Wenn ein Schlagerheini deutsche Texte singt, warum muss der dann einen englischen (oder englisch klingenden) Namen haben? Hierfür gibt es ja noch viele andere Beispiele (Roy Black, der Inbegriff deutschen Schlagertums schlechthin). Wohlklingende deutsche Namen würden es doch auch tun (nicht nur die unserigen).

„Samstag nach Aachen“ war mit Einkaufen gemeint. Ich weiß doch, dass Du kein Fußball-Fan bist (erstaunlich nur, dass Du von „unserer Alemannia“ schreibst – reiner Lokalpatriotismus?). Bei uns ist, wenn es ums Shoppen geht (oder Kinobesuch), meist Hamburg-Harburg angesagt. Mit der Bahn sind das keine 20 Minuten von uns – und dort gibt es seit etwas einem Jahr ein großes Einkaufszentrum. Ansonsten hängen wir noch etwa 10 Minuten Fahrzeit dran und fahren bis Hamburg Hbf.

Nun, lass Dich die wenigen Tage vor Weihnachten nicht aus der Ruhe bringen. Schon für einen Weihnachtsbaum gesorgt? Wir haben uns gestern frischgesägt einen Baum geholt.

Bis bald
Wilfried

P.S. Zum Lesen von Harry Mulischs „Die Entdeckung des Himmels“ bin ich bisher nicht gekommen. Ich hatte an dem besagten Abend, als die Verfilmung im Fernsehen lief, zwar keine Zeit, habe aber den Film aufgenommen und werde ihn mir beizeiten angucken. Einigen Kritiken zufolge soll er aber nicht ganz so gut sein. Ich werde sehen. Dank für den Hinweis.

18.12.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 37: Kein Wiegenlied

Hallo Wilfried,

mittlerweile weiß fast meine ganze Abteilung, welch außergewöhnliche Darbietung uns am Heiligen Abend erwartet. Bei mir ist die Erwartungshaltung jedenfalls ziemlich hochgeschraubt. Der Meister wird das schon machen…

Ich habe mir die Montage zum Aquaclaus noch einmal näher angeschaut. Mit dem Färben des Mantels war es nicht getan. Da steckt noch einiges mehr drin. Wirklich gut gemacht.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Mr. Anderson während der „Minstrel“ – Zeit unter der Scheidung litt. Ich habe zwar keine Erfahrungen mit dieser Thematik, halte es aber für denkbar, dass es einem jungen Menschen -der Mr. Anderson damals war- spürbar zusetzt. Ich denke, Du hast mit Deiner Theorie den Nagel wieder auf den Kopf getroffen.

Während ich dies schreibe, gucke ich hin und wieder bei youtube in Dein Video von „Roots to Branches“. Hier trägt der Meister das Headset, das, wenn ich Herrn Weber richtig verstanden habe, seinen Sturz von der Bühne verursacht hat. Ich muss sagen: Das war es nicht wert. Durch sein ständiges Gefummel an diesem Ding macht er einen überforderten Eindruck. Und dann die Musik. Und die ständige Notwendigkeit, fast gleichzeitig zu flöten und zu singen…Nein, Herr Weber, hier gehen unsere Meinungen wirklich auseinander.

Das aktuelle Foto der Anderson-Familie halte ich trotz Genickbruch für sehenswert. Zeigt es doch, dass die Jahre sehr gnädig mit Mrs. Anderson umgegangen sind. Auch der Meister kommt gut rüber; er wirkt frisch und vital. Wenn mich nicht alles täuscht, hat er auch etwas an Gewicht verloren. Allerdings passt die Bierflasche in seiner Hand nicht so recht zu seinem Status als Milchtrinker.

Die Weihnachtstage im Hause Lockwood laufen nach einem eingespielten Schema ab:
Heiligabend verbringen wir alleine zu Hause (allein ist gut; immerhin sechs Personen). In diesem Jahr wird erstmals zur üblichen Bescherungszeit der Fernseher laufen. Wir werden die Bescherung danach ausrichten müssen. Den ersten Weihnachtstag verbringen wir traditionell bei meinen Schwiegereltern bzw. bei meiner Schwiegermutter; der Vater meiner Frau ist vor 7 Jahren verstorben. Der zweite Weihnachtstag sieht uns bei meinen Eltern, zusammen mit meinem Bruder und seiner Familie. Als unsere Kinder noch jünger waren, bedeuteten diese Festtage sehr viel Stress für meine Frau und mich. Ich kann mich an Jahre erinnern, in denen ich in der zweiten Dezemberhälfte um Monate gealtert bin. Diese Zeit ist Gott sei dank vorbei. Die Kinder können sich alleine anziehen, sich im Auto alleine anschnallen, sie wissen sich an guten Tagen einigermaßen zu benehmen und und und.

In diesem Zusammenhang fällt mir gerade etwas auf: Viele Künstler, die während ihrer Karriere Vater geworden sind, haben das in ihren Liedern thematisiert. Nicht so Mr. Anderson. Grob gerechnet müsste sein Ältester (wie viel Kinder hat er eigentlich ?) zwischen „Heavy Horses“ und „Broadsword“ geboren sein (das wär’s doch: Wir messen die Zeit nicht mehr in Jahren, sondern in JT-Alben). Auf keinen dieser Alben entdecke ich einen Hinweis auf Vaterfreuden. Seltsam. Dabei lässt sich diese Lebenserfahrung so wunderbar in Musik und Lyrik umsetzen. Wenn ich ein schaffender Künstler wäre, hätte ich meinen Kindern ganz gewiss ein musikalisches Denkmal gesetzt. Wieder ein neuer Aspekt in der komplexen Persönlichkeit des Mr. Anderson.

Weißt Du, an wen der unbeschreibliche Schlagersänger G.G. Anderson seinen Künstlernamen anlehnt ? Dieser Name ist geschickt gewählt: er kling international, erinnert an einen hervorragenden Musiker und beinhaltet einen doppelten G-Punkt. So bringt man die Damenwelt auf seine Seite. Aber das reicht jetzt, wir leben schließlich im Advent.

Mögen Eure Vorbereitungen für die doppelten Festtage ruhig und erfolgreich verlaufen !
Lockwood

12.12.2006

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Hallo Lockwood,

ich habe mich mit der Werbung in Sachen Anderson-Konzert (am Heiligabend 2006 übertragt das ZDF ab 17 Uhr das Weihnachtskonzert des Bundespräsidenten – Ian Anderson ist einer der Mitwirkenden) bisher zurückgehalten. Nicht das ich glaube, dass das nichts werden könnte. Aber manchmal sollte man den Leuten (wen auch immer) nicht zu sehr mit eigenen Anliegen auf den Geist gehen. Wenigstens erscheint es mir so. Aber ich werde noch die Werbetrommel rühren. Meine Erwartungshaltung ist eher gedämpft. Klar, freue ich mich darauf, dass der Meister uns auch zu Weihnachten beglückt. Aber er wird nur einer von vielen sein, denke ich.

Zu dem „Roots to Branches“-Konzert: Was Herr Weber da geschrieben hat, deckt sich doch mit Deinen Eindrücken, oder nicht? Das Headset diente u.a. dem schnellen Wechsel zwischen Gesang und Flötenspiel über das Mikrofon. Warum er beim Singen dauernd an bzw. in sein rechtes Ohr greift, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Auch später (oder früher) greift sich der Meister an sein Ohr. Es dient eigentlich dazu, die eigene Kopfstimme zu hören. Wenn die Instrumente um einen herum die eigene Stimme übertönen, dann verliert man schnell die Kontrolle über diese. Hält man sich dann ein Ohr zu, dann hört man sich ‚von innen’. Ich verstehe den Griff zum Ohr deshalb nicht, weil er ja einen Kopfhörer im Ohr hat. Aber die Technik war damals wohl noch nicht so ausgereift, um die notwendige Lautstärke zu übertragen. Auf neuen Videos (und auch bei vielen anderen Sängern) sieht man diesen ‚Knopf im Ohr’. Der Kopfhörer übermittelt den eigenen Gesang und trägt dazu bei, die Kontrolle zu bewahren. Ich kenne das selbst aus eigener Erfahrung, besonders wenn mehrstimmig gesungen wurde. Manchmal hilft auch ein Ohropax (statt Finger im Ohr).

Wegen des Fotos von Ehepaar Anderson: Ich habe noch einmal nachgeguckt. So neu ist es leider doch nicht mehr, sondern stammt wohl aus dem September 1998. Auch als Milchtrinker gönnt man sich am Abend (nach einem Konzert) ab und zu ein Bierchen. Vielleicht gab es ja auch nirgends Milch. Und schließlich macht Herr Anderson ja keine Werbung für Milch (wie z.B. seinerzeit Dieter Bohlen).

Die Weihnachtstage haben wohl bei vielen, die Familie haben, den gleichen oder einen ähnlichen Ablauf: Heiligabend ganz unter sich, die beiden Feiertage dann im Wechsel bei Eltern und Schwiegereltern. Ist bei uns nicht anders, nur in diesem Jahr gibt es wie geschrieben eine Änderung des Programms. Der Stress hielt sich bei uns aber immer in Grenzen. Was Weihnachtsgeschenke betrifft, so sind wir so schlau geworden, diese nicht erst kurz vor Weihnachten zu kaufen. Immer wenn wir im Laufe des Jahres etwas Schönes finden, so kaufen wir es und lagern es an geheimen Plätzen. Das kann natürlich dazu führen (wie bei Clark Griswold im Film „Schöne Bescherung“), dass man plötzlich Sachen findet, die man eigentlich schon längst verschenkt haben wollte.

Was die Thematisierung des Vaterwerdens und –seins von Ian Anderson betrifft, so hast Du nicht Unrecht. Shona und Ian Anderson haben zwei Kinder, James und Gael. Ich denke James Duncan ist der Erstgeborene. Wir kennen ihn ja als trommelnder Begleiter seines Vaters. In der Anderson-Biographie auf der offiziellen Tull-Site steht:

Ian Anderson lives on a farm in the southwest of England where he has a recording studio and office. He has been married for 27 years to Shona who is also an active director of the companies. They have two children – James and Gael – who work in the music and television industries respectively.

James Duncan müsste ziemlich zum Anfang der Ehe geboren sein, also spätestens 1977. Auf „Heavy Horses“ (1976) gibt es ja ein Lied: No Lullaby, in dem es gleich am Anfang heißt:

Keep your eyes open and prick up your ears
rehearse your loudest cry.
There’s folk out there who would do you harm
so I’ll sing you no lullaby.
There’s a lock on the window; there’s a chain on the door:
a big dog in the hall.
But there’s dragons and beasties out there in the night
to snatch you if you fall.

Jan Voorbij von cupofwonder.com sieht in dem (gesamten) Liedertext einen Zusammenhang mit dem Erstarken des Rechtsextremismus in vielen europäischen Staaten. Es bezieht sich aber ebenso eindeutig auf ein Kind und mahnt zur Wachsamkeit, um das Kind zu beschützen.

Auf “Stormwatch” (1979) kommen die Wörter child bzw. children immerhin fünfmal vor, was allerdings weniger mit der eigenen Vaterschaft zu tun hat. Wenigstens scheint es so. Da sowohl „Heavy Horses“ als auch „Stormwatch“ ( z.B. „Dark Ages“„Dun Ringill“„Elegy“) themenbezogene Alben sind, war vordergründig ‚wenig’ Platz für die Gegenstände Kind und Vaterschaft. Und für ein Album „My son and me“ oder so war und ist sein Privatleben zu sehr tabu. Bis auf „Jack-a-Lynn“ hast Du ja auch bisher kein Lied gefunden, dass als Liebeslied für seine Frau zu werten wäre (und dabei ist „Jack-a-Lynn“ alles andere als ein Liebeslied).

Also G.G. Anderson, der Schlagerfritzi, hat es Dir angetan. Das mit dem doppelten G-Punkt ist allerdings ein Hammer. Manchmal sind die scheinbar so offensichtlichen Tatsachen die verstecktesten. Vor lauter Bäumen sieht man den Wald nicht. Aber ich kenne Dich ja als scharfen Beobachter, dem kein Detail entgeht. Nur klingt dieses Dschi-Dschi ich weiß nicht wie (hätte fast „schwul“ geschrieben). Vor vielen Jahren, als der Sozialismus noch real existierte, war ich zum Winterurlaub mit meiner heutigen Frau in Rumänien. Wir hatten dort einen Ski-Lehrer, der sich auch Dschi-Dschi riefen ließ. Wie der sich nun schrieb, habe ich allerdings nicht erfahren. Vielleicht hatte es auch etwas mit dem Wort ‚Ski’ zu tun. Ski-Lehrer bringt man ja ganz schnell mit dem weiblichen Geschlecht in Zusammenhang. Ich vermag es nicht zu beurteilen, aber vielleicht hat dieses G.G. oder wie auch immer eine erotische Note, dem G-Punkt ähnlich.

Du hast Recht. Es ist Adventszeit. Lassen wir es dabei bewenden und kümmern uns um die letzten Vorbereitungen für das Fest.

Bereits jetzt schon einen besinnlichen 3. Advent (am Samstag noch nach Aachen?).

Bis bald
Wilfried

14.12.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 36: Minnesänger auf der Empore

Hallo Wilfried,

es ist nicht schön, wenn man so etwas zugeben muss, aber die letzten weihnachtlichen Gefühle hatte ich als Kind. Aber ich möchte hier nicht über das Fest herziehen; die Grundidee des Festes war gut und zu dem, was daraus geworden ist, habe ich meinen Beitrag geleistet und werde es sehr wahrscheinlich auch weiterhin tun.

Ist die Montage in Deiner letzten mail von Dir ??? Falls ja, würde ich gerne wissen, wie Du das hinbekommen hast. Sensationell !

Tja, mit dem 40jährigen Jubiläum im kommenden Jahr lag ich wohl daneben. Einige Quellen (z.B. Wikipedia) nennen 1967 als Gründungsjahr. So ist das eben mit bedeutenden Ereignissen, die lange zurück liegen; auch Christi Geburt lässt sich nicht mehr exakt datieren.

Bei „cupofwonder“ habe ich früher schon mal reingeschaut. Aber nicht oft; die englischsprachigen Beiträge sind mir zu anstrengend. Voorbij müsste sich wie „vorbei“ anhören, aber da ich kein niederländisch spreche, bin ich nicht sicher. Heute war ich auf dem Konsulat, da mein Ausweis abläuft. Glücklicherweise sprach die Dame dort deutsch.

Um ehrlich zu sein, habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, wer die einleitenden Worte auf „Minstrel“ spricht. Sie sind sehr leise, genuschelt und zum Glück schnell vorbei. Ein tolles Album übrigens. Ich konnte mich nie entscheiden, welches mein Lieblingsalbum von JT ist. „Minstrel“ gehört auf jeden Fall zur engeren Wahl. Irgendwo las ich, dass Mr. Anderson zurzeit dieses Albums Probleme hatte, deshalb klinge das Werk so finster. Weißt Du, welche Probleme das damals waren ?

Nächste Woche ist der Meister in Maria Laach. Fast auf Hörweite. Wenn ich Zeit hätte, wüsste ich, was zu tun ist …

Bis bald
Lockwood

08.12.2006

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Hallo Lockwood,

wie Du vielleicht in meinem Weblog siehst, versucht meine Frau mich und die Kinder durch entsprechende Dekoration weihnachtlich einzustimmen. Nun gestern hatten wir ja einen zwar kalten, aber dafür sonnigen Sonntag, der förmlich zum spazieren einlud, was ich mit meiner Frau dann auch gern wahrnahm. Dabei kam dann wenigstens etwas von Weihnachtsbesinnlichkeit auf.

Also das ZDF sendet ab 17 Uhr das Weihnachtskonzert des Bundespräsidenten – und wir dürfen uns auf einen hoffentlich nicht zu kurzen Auftritt des Meisters freuen. Da wir wohl erst nach 18 Uhr essen werden, werde ich mir das Ereignis also schon gleich am Fernseher angucken. Lassen wir uns überraschen.

Nein, die Montage ist nicht von mir. Ich habe sie im Internet bei cupofwonder.com gefunden. Allerdings ist das Bildchen auch ziemlich ätzend. Steht bei Aqualung an der Wand „SPEND CHRISTMAS SKIING …“ so heißt es bei dem guten Aquaclaus „SPEND CHRISTMAS SHAGGING …“. Ansonsten stimme ich Dir zu: Die Montage ist wirklich geglückt. Ich denke aber, dass der Mantel eigentlich nur in rot gefärbt wurde. Trotzdem viel Arbeit. Ich habe ein etwas größeres Bild, da steht unten rechts ein Name: F. Mahalland oder so ähnlich (die a’s könnten auch teilweise o’s sein); das dürfte der Künstler sein. Ich bin zz. mehr mit Videobearbeitung (Ulead MediaStudio Pro 8 ) beschäftigt (soweit ich Zeit finde). Damit kann man auch viele ‚schöne Sachen’ machen. Ich habe lange darüber gebrütet, wie ich einen Titel in Starwars-Manier zustande bekomme. Du weißt, vorn wird ein Text eingeblendet, der langsam zur Mitte fährt und dabei kleiner wird. Mit Hilfe meines Jüngsten (Lukas) habe ich es (fast) hinbekommen. Ansonsten bin ich mit dem Video für meine Frau zu deren Geburtstag zu ziemlich fertig.

Was die Arbeit betrifft, so lasse ich die Tage bis Weihnachten langsam ausklingen. Nach Weihnachten habe ich einige Tage frei und brauche erst am 4. Januar wieder zur Arbeit. Das diesjährige Weihnachtsprogramm sieht durch die Geburtstagsfeier meiner Frau bei uns etwas anders aus. Heiligabend feiern wir allein unter uns – wie gehabt. Dieses Jahr werden wir wohl zum Mitternachtsgottesdienst gehen, bisher waren wir immer nachmittags in unserer Johannes-Kirche. Den 1. Weihnachtstag bleiben wir zu Hause (Vorbereitungen zur Feier). Bisher waren wir an diesem Tag (fast) immer in Bremen bei meinen Eltern bzw. bei meiner Verwandtschaft. Und den 2. Feiertag ging es dann zu meinen Schwiegereltern. Das entfällt dieses Jahr auch. Man sieht sich ja abends (ab 18 Uhr geht es los). Da ich Spielchen jeder Art und auch lange Dankesreden hasse, zeige ich in einem Nebenraum das in mühevoller Arbeit zusammengebastelte Video ‚aus dem Leben’ meiner Frau. Ich habe mir vor gut zwei Jahren einmal einen Beamer zugelegt. Da lässt sich dann ein DVD-Player anschließen.

Zu den Problemen, die Ian Anderson 1975 bei Erscheinen des „Minstrel“-Albums gehabt haben soll, weiß ich leider nichts. In dem Jahr war er gewissermaßen solo. Im Februar 1970 hatte er Jennie Franks geheiratet, die ja bekanntlich den Text zu „Aqualung“ verfasste. Und laut Zeitungsartikel aus dem Jahre 1999 über Jennie Franks waren beide seit Erscheinen von „Aqualung“ bereits geschieden („Since ‚Aqualung’ came out, she ’s divorced Jethro Tull lead singer Ian Anderson …“). Die Scheibe kam in UK im März 1971 (in den Staaten im Mai 1971) heraus. Shona Jacqueline Learoyd hat Anderson 1976 geheiratet, also ein Jahr später. Vielleicht besteht hier ein Zusammenhang (Minnesänger -> Frauen und so).

Willi mit Shona und Ian Anderson
Willi mit Shona und Ian Anderson (okay, die Montage ist Mist, als hätte ich einen Genickbruch, egal – immerhin ein ziemlich neues Bild von Shona mit Gatten)

Heute einmal so gut wie nichts zu Jethro Tull und Ian Anderson. Wie sieht die Weihnachtszeit eigentlich bei Dir und Deiner Familie so aus?

Noch schöne und hoffentlich stressfreie Tage
Wilfried

11.12.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 35: Christmas Album

Hallo Wilfried,

ich hoffe, dass Ihr den Kindergeburtstag (darf man das noch sagen ?) gut überstanden habt.

Deine getrübte Vorfreude auf den 26.12. kann ich nachvollziehen. Feiern im großen Kreise liegen mir auch nicht. Heute Abend haben meine Eltern ihren Hochzeitstag gefeiert. Nur im kleinen Kreis: Ihre Kinder und deren Familien. Das war ein schöner gemütlicher Abend. Mein Vater hatte seinerzeit seinen 60. Geburtstag in großer Familienrunde gefeiert. Das hat ihm so gefallen, dass er an eine Feier zum 70. Geburtstag nicht einmal gedacht hat.

Wenn Mr. Anderson sein Outfit für Maria Laach mit der selben Sorgfalt auswählt wie 2004 in Neapel, bin ich sehr zufrieden.

Zum Stichwort Barrett muss ich gestehen, dass ich nicht exakt das Gleiche erworben habe wie der Meister. Meines fällt etwas schlichter aus und der Bommel fehlt. Der Schlagzeuger aus dem Drehscheiben-Auftritt ist mir vollkommen fremd. Halt einer von ungezählten ehemaligen Bandmitgliedern.

Ich habe mir Francis‘ Playback-Auftritte angesehen. Wirklich, gar nicht mal schlecht. Ich habe Profis erlebt, die es nicht so gut hinbekamen. Auch sonst kann ich über Francis nur staunen…

Ich bestreite gar nicht, dass „Roots to Branches“ gut gemacht ist. Die Arrangements und Leistungen der Musiker sind bestimmt klasse. Aber: Es gefällt mir nicht. Auch nach mehrmaligem Hören nicht. Es kostet mich jedesmal Überwindung, diese CD einzulegen. Aber damit kann ich leben. Mittlerweile habe ich akzeptiert, dass Mr. Anderson andere musikalische Ziele hat, als nur meinen Geschmack zu bedienen. Er hat eine Handvoll Alben gemacht, die mein Leben bereichert haben und dafür danke ich ihm.

Noch einmal zur Menschheitsgeschichte: Auch bei mir gibt es eine innere Liste von Menschen, denen ich gerne begegnet wäre: Albert Einstein, Konrad Lorenz, William Wallace, Hannibal… Vielleicht ergibt sich im jenseitigen Leben eine Möglichkeit dazu, wer weiß ? Bevor Johannes Paul I. auf dem Stuhl Petri Platz nahm, hat er unter seinem bürgerlichen Namen Albino Luciani für eine italienische Zeitung eine kleine Serie geschrieben. Es waren fiktive Briefe an verstorbene Persönlichkeiten der Geschichte. Diese Briefe sind später in einem kleinen Buch zusammengefasst worden: Ihr ergebener Albino Luciani. Dieses Buch ist wirklich sehr schön zu lesen. Ich glaube, ich werde in meinem Schrank noch einmal danach suchen.

Die Weihnachtsgeschenke für die Familie besorgt meine Frau dankenswerterweise. Mir bleibt nur noch, ein Geschenk für meine Frau zu besorgen. Das ist mir heute Nachmittag gelungen. Jetzt fehlt nur noch das Geschenk für ihren Geburtstag.

Du hast also einen neuen Bildschirm. Lass‘ mich raten: Ein Samsung TFT 19″. Mein Röhrengerät ist jetzt über sechs Jahre alt. Ein No-Name – Produkt aus dem Supermarkt. Dummerweise (hätte ich fast gesagt) funktioniert er wie am ersten Tag. Ist aber ganz gut so; ein Breitwand-Bildschirm ist mit einem Schmalspur-Konto nicht kompatibel.

Falls es Dir in den nächsten Tagen und Wochen gelingen sollte, in einer besinnlichen Minute an den eigentlichen Zweck von Weihnachten zu denken, musst Du mir unbedingt verraten, wie Du das geschafft hast. Ich ärgere mich jedes Jahr über die galoppierende Säkularisierung des Festes und jedes Jahr mache ich beim Tanz um den Mammon ganz brav mit.

Eine erträgliche Woche wünscht Euch
Lockwood

03.12.2006

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Hallo Lockwood,

den Geburtstag meines großen Sohnes haben wir alle gut überstanden. Es gab keine jugendlichen Ausraster und dergleichen. Ohne Alkohol ging es leider nicht. Aber alles in Maßen, sodass auch alle heil nach Hause kamen.

Ja, überhaupt diese Familienfeiern. Ich bin froh, wenn alles hinter uns gebracht ist und ich mit meinen Lieben wieder Ruhe finde. Leider lässt sich nicht alles vermeiden. Und überhaupt Weihnachten. Ich bin noch sehr weit davon entfernt, weihnachtliche Gefühle zu entwickeln. Liegt nicht nur am Wetter.

Mein neuer Bildschirm ist zwar nicht von Samsung, sondern von Philips, aber sonst hast Du Recht. ein flacher 19-Zöller. Immerhin habe ich meinen Rechner „auf Vordermann“ gebracht. Er läuft wieder normal. Irgendwie hatte er Probleme mit einem DVD-Laufwerk, das dazu führte, dass der ganze Rechner abstürzte. Jetzt darf er gern noch ein bis zwei Jahre halten. Technisch gab es in letzter Zeit ja nicht so große Sprünge.

Weihnachten steht also vor der Tür. Hast Du eigentlich das „Christmas Album“ von Jethro Tull? Es sind ja vorwiegend ältere Lieder, die neu aufgenommen wurden. Aber es enthält auch neue. Bis auf den Instrumentaltitel „God Rest Ye Merry Gentlemen“ (klingt mir zu Oldtime-Jazz-mäßig) finde ich die Scheibe ganz okay und werde sie öfter in dieser Vorweihnachtszeit anhören.

Aqualung Aquaclaus

40 Jahre Jethro Tull – das dürfte wohl erst 2008 sein. Laut der Tull-Biographie auf der offiziellen Tull-Website heißt es dort:

In the latter months of 1967, four shaggy wannabe’s congregated in the Southern UK town of Luton, Bedfordshire. From the debris of the disillusioned and disintegrated John Evan Band and McGregor’s Engine, the naïve, untutored talents of Ian Anderson, Mick Abrahams, Glenn Cornick and Clive Bunker tentatively coalesced to form the original Jethro Tull line-up.

After fulfilling a few remaining dates under the John Evan banner, the group established themselves as Jethro Tull, new resident band at London’s famous Marquee club, albeit after a few false start identities („Navy Blue“, „Ian Henderson’s Bag ‚o Blues“, Jethro Toe“ and the certainly suicidal „Candy Coloured Rain“).

By March 1968, they had built a following as the new face of the blues-based British underground music scene. Lines stretched around the block on a Thursday night when they performed at the Marquee. Ian Anderson would typically join the line as if to buy a ticket himself wearing the shabby hand-me-down overcoat which was to become his trademark for the next few years. Often, he would be seen with a Woolworth’s carrier bag containing flute, harmonicas, alarm clock and hot water bottle, in strange precursor role of the Aqualung/tramp persona.

Also in den letzten Monaten des Jahres 1967 ‚versammelten’ sich die Gründungsmitglieder in Luton, hatten unter dem John Evan ‚Banner’ noch einige Termine zu erfüllen, um dann nach einigen Fehlstarts als Jethro Tull ab März 1968 im Marquee Club zu London erste Erfolge zu verzeichnen.

In den FAQs auf der Tull-Site steht:

Back in February, 1968, we had many different names which usually changed every week, since we were so bad that we had to pretend to be some new band in order to get re-booked in the clubs where we aspired to find fame and fortune. Our agent, who had studied History at college, came up with the name Jethro Tull (an eighteenth century English agricultural pioneer who invented the seed drill). That was the band name during the week in which London’s famous Marquee Club offered us the Thursday night residency. So it stuck. Is it too late to change? I thought so.

Also Ende 1967 spielten Anderson, Abrahams, Cornick und Bunker bereits zusammen. Den Namen Jethro Tull hat die Gruppe ab März 1968 und brauchte ihn nicht mehr zu ändern, weil sich plötzlich lange Schlangen vor dem Marquee bildeten. Wie gut, dass die Gruppe da nicht „Navy Blue“ oder „Candy Coloured Rain” (wirklich selbstmörderisch) hieß („Marineblau“ bzw. „bonbonfarbener Regen“, na toll).

Das „20th Anniversary box set“ (bzw. die Doppel-Scheibe „20 Years of Jethro Tull“) ist 1988 und das „25th Anniversary box set“ 1993 erschienen – ausgehend vom Jahre 1968. Wir müssen uns also noch bis 2008 gedulden, um 40 Jahre Jethro Tull zu feiern. Hoffen wir nur, dass es bis dahin die Gruppe noch gibt. Ansonsten müssten wir noch ein Jahr warten, um Andersons 45. Jahrestag als Musikant zu feiern (“Ian Anderson, known throughout the world of rock music as the flute and voice behind the legendary Jethro Tull, celebrates his 41st year as a recording and concert musician in 2004.” aus: Ian Anderson Biography, Jan. 2004).

Ab und zu stöbere ich auch bei Jan Voorbij (cupofwonder.com). Seine Anmerkungen zu den Tull-Liedern sind wirklich bemerkenswert. Da kommen wir lange nicht heran. ‚Leider’ auf Englisch, da muss man schon öfter im Dictionary nachschlagen. Wir waren ja eine längere Zeit mit David resp. Dee Palmer beschäftigt. Hast Du gewusst, dass Palmer die einleitenden Worte zu „Minstrel in the Gallery“ gesprochen hat?

Bei Jan Voorbij (wie spricht sich der Name eigentlich aus? Wie das deutsche „vorbei“?) steht:

[David Palmer – spoken intro] :

‚My lord and lady, we have fortuitously happended upon these, er, strolling players, who will provide you with, er, goodly tunes while you set about your prandial delights…albeit in the lamentable absence of your guests. So, my lord and lady, for your entertainment!…..‘

Ich dachte immer, Anderson selbst spricht diese Einleitung.

Ja, der Tanz um den Mammon. Heute habe ich die letzte Order für ein Geschenk für meine Frau aufgegeben (sie ist leidenschaftliche Bärchen-Sammlerin und ich habe noch einen schönen Teddybären gefunden). Das war es dann auch. Hoffentlich bleibt noch etwas vom Weihnachtsgeld übrig, um es für den Urlaub 2007 zurückzulegen. Ich will mit meinen Lieben noch einmal nach Grainau, wenn auch nur für zwei Wochen. Morgen haben wir in der Firma Weihnachtsfeier. Eigentlich wollte ich mich da dünne machen (die Feier wird vom Betriebsrat veranstaltet), aber ich will keine Schwäche zeigen und werde mich für 1 bis 2 Stunden in unsere Kantine bequemen, mir den Magen voll schlagen und dann gen Heimat ziehen. Weihnachtliche Besinnung muss ich dann auf später verschieben.

Bereits heute Dir und Deinen Lieben einen schönen 2. Advent
Wilfried

06.12.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 33: Weihnachtliche Wallfahrt

Ich falle ins Koma !
Der Meister in Maria Laach ! Ich kenne diese Abtei, sie ist ca. 100 km von hier entfernt, wunderschön an einem Kratersee gelegen. Jetzt wird aus diesem sakralen Anziehungspunkt auch noch ein Wallfahrtsort für IA-Fans.

Danke für die Info ! Ich werde schon mal eine leere Videocassette für Heiligabend bereithalten.

Viele Grüße
Lockwood

22.11.2006

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Hallo Wilfried,

ich bin leider nicht in der Lage, die Spielweisen verschiedener Gitarristen zu unterscheiden. Dazu reicht mein Gehör bei weitem nicht aus. Unter günstigen Bedingungen kann ich eine Fender von einer Gibson unterscheiden, mehr aber nicht. (Lediglich Brian May’s „Red Special“ würde ich aus allen Anderen heraushören).

Die „Tausend Mütter“ habe ich mir in den letzten Tagen noch einige Male angehört; die 2000er Version, versteht sich. Es gefällt mir jedes Mal besser. Hier wird wirklich deutlich, dass wir über eine hervorragende Band sprechen. Dieser Auftritt gefällt mir so gut, dass ich kaum dazu komme, mich über des Meisters Stimme zu ärgern. Ich stimme Dir gerne zu: Über viele Jahre waren Jethro Tull wirklich ohne gleichen. Auch wenn ich die Musik von Queen und den Pogues in ihrer Summe mag, muss ich feststellen, dass deren Qualität nicht an die von JT heranreicht. Apropos Queen: Findest Du nicht, dass deren „Bohemian Rhapsody“ Parallelen zu „Thick as a Brick“ aufweist ? Ziemlich provokante Frage, ich weiß. Ich finde aber, es lohnt sich, ein oder zwei Gedanken daran zu verschwenden.

Clapton, Hendrix und kein Ende. Jeder Gitarrist wird an diesen beiden gemessen. Ich weiß nur sehr wenig über diese Herren; Clapton bringe ich mit Stratocaster in Verbindung. Von Jimmy Hendrix kenne ich nur seinen Auftritt in Woodstock. Und natürlich Hey Joe, das aber mehr aus persönlichen Gründen. Bei Mr. Hendrix denke ich an eine Gitarre, die mit den Zähnen, hinter dem Kopf oder sonstwie gespielt wird. Das hinterlässt zwar einen spektakulären Eindruck, aber ist das wirklich ein Ausdruck von Virtuosität ? Die Frage, ob er wirklich so herausragend war, brauche ich Dir nicht zu stellen, für Dich verkörpert er schließlich die Referenz-Klasse der Gitarristen. Aber was ist es, was ihn über andere Gitarristen erhebt ? War er besonders schnell, kannte er besonders viele Akkorde, oder was machte seine Klasse aus ? Hendrix hin, May her: Meine favorisierte Gitarrenmusik sind die akustischen Klänge des Mr. Anderson. Er ist vielleicht nicht der Welt bester Gitarrist, aber seine Kunst auf den sechs Saiten überzeugt mich.

Auf dem Thema der synthetisch erzeugten Flötenstimme werde ich nicht länger herumreiten. Entscheidend ist, dass das Gesamtergebnis einer Besetzung stimmt, und das ist bei JT bekanntlich stets der Fall. Darüber hinaus haben die Mannen hinreichend bewiesen, dass sie alles beherrschen, was eine sehr gute Live-Band können muss. Ein kleiner technischer Trick hin und wieder ist da durchaus hinzunehmen.

Vielen Dank für die mp3 – Datei des Auftritts in Japan ! Aus 1972; da hört man noch den hakligen Sound der frühen Jahre, bevor Dynamik und Drive bei den Liveaufnahmen Einzug gehalten haben. Ich habe (nicht zuletzt durch Deine Unterstützung) einige Tull-Konzerte auszugsweise oder komplett auf Video gesehen. Meine Nummer eins darunter ist nach wie vor das Konzert von 1977 aus dem Hippodrom.

In der Geschichte der Menschheit gibt es einige Ereignisse, bei denen ich gerne dabei gewesen wäre: Golgatha, Schlacht von Hastings, Prozess gegen Georges Danton, Fall der Berliner Mauer. Und: Hippodrom am 10.02.1977.

End game – Jethro Tull im Halbschatten:
Das ist wirklich ein hervorragender Beitrag zum Thema Jethro Tull. Auch wenn ich mit dem Autor Ralph Weber inhaltlich nicht in jedem Punkt übereinstimme, so ist dieser Beitrag eine Pflichtlektüre für jeden Tull – Fan. Der Autor scheint die Band schon eine ganze Weile zu beobachten und bündelt seine Wahrnehmungen in einem sehr fundierten Resümee zu Mr. Anderson’s Wirken. Er weiß um die Schwächen der Band, versucht aber nicht, sie zu kaschieren oder zu verharmlosen. Ralph Weber führt mir und allen, die an JT etwas auszusetzen haben, sehr deutlich vor Augen, dass die Stärken der Gruppe ihre Schwächen bei weitem überwiegen. Das war uns zwar schon klar, aber es tut gut, wenn diese Tatsache anhand konkreter Beispiele bewiesen und dokumentiert wird.

Ich werde mir „Roots to Branches“ noch einmal anhören, diesmal unter anderen Vorzeichen. Ich werde versuchen, bei diesem Album das von Ralph Weber diagnostizierte Genie des Meisters herauszuhören. Bisher mochte ich dieses Album überhaupt nicht, da es musikalisch zu weit von dem entfernt ist, was ich an der Anderson’schen Musik schätze (Folk, you know). Aber ich werde mich bemühen, das Album so unvoreingenommen wie möglich wahrzunehmen. An dieser Stelle mein besonderer Dank an Ralph für seine sehr gelungene Expertise ! Ein wahrer Meilenstein in der Tull-Kritik.

Ich habe gerade ein wenig bei Laufi reingeschaut. Die wissen natürlich schon von dem Konzert aus Maria Laach. Überraschenderweise scheint die halbe Laufi-Gemeinde, Laufi eingeschlossen, in räumlicher Nähe der Abtei zu wohnen. Wie ich gelesen habe, findet das Konzert am 16.12. unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass die Abtei an diesem Tag einen ungewohnten Besucherandrang erleben wird. Vielleicht erfahren wir bis dahin noch einige Details.

Wie kommt es eigentlich, dass Du kein Mitglied im Laufi-Forum bist ?

Mach’s gut !
Lockwood

25.11.2006

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Hallo Lockwood,

Was die Teilnahme von Ian Anderson am Weihnachtskonzert des Bundespräsidenten betrifft, würde es mich sehr interessieren, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Sollte Herr Köhler vielleicht ein verkappter Tull-Fan sein (ich stelle ihn mir gerade mit Kopftuch bzw. Käppi vor)?

Ian Anderson und Fan Horst Köhler, Bundespräsident

Ja, das Konzert selbst findet bereits am Samstag, den 16. Dezember, statt und wird dann am Heiligabend vom ZDF ausgestrahlt. Ich denke, der Meister wird einiges aus dem „Christmas Album“ zum Besten geben. Aber lassen wir uns überraschen.

Überraschend sind auch schon die Ankündigungen zur Tull live on Tour 2007 in Deutschland, die im Juni/Juli 2007 stattfinden soll (zu sehen im Laufi-Forum). Auf der offziellen Tull-Website findet sich da bisher nichts, außer Termine bis April 2007 als Acoustic Tull-Tour. Also eine Fortsetzung auf deutschem Boden?

Und eine Acoustic Tull-CD ist auch in Planung mit einigen Live-Aufnahmen. Ich fürchte, es wird nichts Neues geben, wieder nur eine „Best of …“, wenn auch der Akustik-Titel. Gern lasse ich mich eines Besseren belehren.

Da wir gerade bei laufi.de sind: Es gibt wieder neue Videos dort zum Herunterladen. Zunächst ein Promo-Clip von „Moths“. Und dann wohl ein Beitrag aus der ZDF-Drehscheibe von 1982. Es hat beides seinen besonderen Reiz. Merkwürdig, wie oft Jethro Tull im deutschen Fernsehen zu sehen war (und weiterhin zu sehen ist).

Warum ich nicht Mitglied im Laufi-Forum bin? Zum Mitglied hat es nie gereicht. Ich weiß auch nicht. Man kann ja auch ohne Anmeldung die Beiträge lesen. Und wenn man seinen Senf dazu geben möchte, konnte man das zumindest früher auch ohne Anmeldung. Ich habe dort also durchaus meine Spuren hinterlassen und einige Kommentare verfasst. Neuerdings muss man sich dazu aber wohl anmelden. Da ich in letzter Zeit nichts zum Kommentieren auf dem Herzen hatte (okay zum Beitrag „End game – Jethro Tull im Halbschatten“ hätte ich etwas schreiben mögen – aber hatte dann keine Lust, mich anzumelden), so bin ich bis heute eben noch kein Mitglied. Dafür habe ich mich beim TullChat angemeldet – und bin dort seit langer Zeit nicht mehr gewesen. Es genügt mir, wenn ich mich hier äußere. Ich muss nicht allgegenwärtig sein.

Aber zurück zu Dir: Brian May und Queen sind mir nicht so geläufig. Ich hatte, als ich in Bremen lebte, einen Kumpel, der Queen-Fan war. Aber er konnte mich mit seiner Begeisterung nicht anstecken. youtube.com sei dank: ich habe mir „Bohemian Rhapsody“ angesehen und –gehört, Brian May spielt da ja wohl auch seine „Red Special“. Soviel habe ich zuvor gelesen, dass es sich dabei um einen Eigenbau handelt und die Gitarre wohl einen speziellen Klang hat. Nun, die Gitarre klingt weicher und erinnert mich irgendwie an die Gitarre (Steve Howe) von der Gruppe „Yes“ (z.B. in „Close to the Edge“).

Parallelen von „Bohemian Rhapsody“ zu „Thick as a Brick“ vermag ich nicht erkennen. Das Queen-Stück ist (oh, mamma mia) weitaus eingängiger als TAAB, das sich erst nach mehrmaligem Hören richtig erschließt. Allein die Gesangsstimmen von Freddie Mercury und Ian Anderson sind so unterschiedlich. TAAB ist zwar ein Konzeptalbum und solche werden oft wie Opern gehandelt. Wenn aber etwas opernmäßig ist, dann „Bohemian Rhapsody“. Nichts gegen Queen, irgendwie liegen die bei mir auf einer Linie mit „Who“ (und die haben ja auch Rockopern verfasst), was nicht abwertend ist. Aber so richtig erwärmen kann ich mich nicht für die. Ich gestehe aber, dass ich das Gitarrenspiel von Brian May nicht übel finde.

Zu Gitarrenheroen: Ich denke schon, dass Eric Clapton und auch Jimi Hendrix zu den ganz großen Gitarristen zu zählen sind. Clapton zeichnet sich durch einen gewissen Minimalismus aus. Nicht umsonst nennt man ihn auch „Slowhand“, was etwas irreführend ist. Er kann durchaus mit „schneller Hand“ spielen. Aber er spielt keine unnötige Note und hat den richtigen Drive, das richtige Rhythmusgefühl, das genaue Gefühl, den Blues … Auch versteht er es zu improvisieren. Angeblich hat er noch nie eine falsche Note gespielt (wobei man ‚falsche’ oder ‚richtige’ Noten immer im Kontext sehen muss; ich denke, dass er auch schon mal daneben gegriffen hat, aber die nächsten Noten so gespielt hat, dass sich die anscheinend falsche Note im Umfeld dieser nächsten Noten wieder als ‚richtig’ erwies). Ein ähnliches Improvisationstalent war Hendrix. Leider war er zu oft zu sehr vollgedröhnt, sodass manches dann doch eher unerträglich fürs Ohr war. In früheren Zeiten gab es ja das berühmte Schlagzeugsolo, ich erwähnte es bereits. Die richtige Zeit, um aufs Klo zu gehen. Ähnlich verhielt es sich mit schier endlosen Gitarrensoli. Die kamen manchmal einer in aller Öffentlichkeit vollzogenen Selbstbefriedigung gleich. Ein solcher Onanist war Hendrix.

Kommen wir mit frisch gewaschenen Händen von der Toilette zurück. Andersons Technik auf der akustischen Gitarre ist eine ganz besondere und vor allem individuelle. Ich weiß nicht, wie er sie entwickelt hat. Ich kenne auf jeden Fall keinen, der diesen Anschlag hat (es sei denn, dieser imitiert Herrn Anderson). Und mir ist diese Spieltechnik weitaus lieber als alle diese superschnellen Riffs, die mehr Demonstration darstellen als wirklich gefühlvolle Musik (John McLaughlin ist ein solches Beispiel – höre hierzu: Mahavishnu Orchestra: Open Country Joy – dieses Stück finde ich noch sehr schön; später wurde es dann aber richtig ätzend, es war so, als wolle die gute John einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellen). Ein Solo auf der elektrischen Gitarre wie das von Martin Barre in „Aqualung“ hat natürlich auch etwas.

Ja das Hippodrom-Konzert aus 1977 gefällt mir auch sehr gut. Da hatten Anderson und Co. den richtigen Drive gefunden. Witzig auch, wie Barriemore Barlow sein Mini-Schlagzeug auf die Bühne zieht. Natürlich ist allein die Setlist vom feinsten. Sehr schön finde ich aber auch das Konzert von 1978 in Madison Square Garden, das damals über Satellit nach Europa übertragen wurde. Aber kein Wunder, beide Konzerte liegen zeitlich sehr eng beieinander. Allerdings würde ich schon einiges dafür geben, aus den Jahren 1972 und danach etwas in bewegten Bildern (und entsprechender Qualität) nachvollziehen zu können.

Was die besonderen Ereignisse in der Menschheitsgeschichte anbelangt, da würde mir das Hippodrom-Konzert vollständig ausreichen. Den Fall der Berliner Mauer habe ich zumindest indirekt miterlebt. Zum einen reichte die Trabi-Kolonne am besagten Tag im November 1989 bis zu uns nach Tostedt. Zum anderen war ich zum Jahreswechsel 1989/90 in Dresden und Umgebung (mit Interflug angeflogen) und habe etwas von der Stimmung dort mitbekommen. Golgatha, Schlacht von Hastings, Prozess gegen Georges Danton? Da genügt mir, was der Chronist überliefert hat. Alles etwas zu blutig für mich.

Für heute genug. Zum Beitrag End game – Jethro Tull im Halbschatten im Laufi-Forum später etwas mehr (aber der spricht ja eigentlich für sich selbst – da wundert es mich auch nicht, dass so wenige mit so wenigen Worten darauf geantwortet haben. Scham? Unverständnis?)

Bis bald
Wilfried

27.11.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 32: Von Tricks und Passionen

Hallo Wilfried,

Dein Mp3 – Quiz hätte ich nicht beantworten können. Ich hätte irgendetwas in Richtung Richie Blackmore getippt.

In der abgelaufenen Woche hattest Du einige bemerkenswerte Beiträge in Deinem Weblog. Das hast Du zwar immer, aber mir sind in den letzten Tage einige ganz besonders ins Auge gesprungen. Zuerst das mehrteilige Konzert des „Passion Play“. Ganz große Klasse ! Ich verstehe nicht, dass dieses Opus so zerrissen worden ist. Es ist vielleicht nicht das allergrößte Tull-Album, aber zumindest das, das ich am häufigsten gehört habe. Mir gefällt, wie bei allen Konzept-Alben, seine Durchgängigkeit. Fast schon eine Oper. Bei dem Konzert 1973 zeigte Mr. Anderson, warum und womit er sich den Titel eines Meisters verdient hat. Diese Kraft, dieses Genie, diese Stimme !

Das zweite Highlight der letzten Woche war Dein Beitrag zum 60. Geburtstag von Mr. Barre. Es erstaunt mich immer wieder, wie Du die Informationen und Bilder an Land ziehst. Jedenfalls ist daraus ein Würdigung entstanden, die der guten Seele von JT gerecht wird. Seine Solo-Musik (das wenige, was ich davon kenne) gefällt mir zwar nicht, aber ich bin mir bewusst, dass er einen großen Anteil daran hatte, aus Jethro Tull das zu machen, was wir heute kennen und schätzen. An dieser Stelle ein großes Lob an ihn, dass er soviel innere Stärke zeigt, seinen breiten Scheitel mit Würde zu tragen.

Zum parallelen Flötenspiel bei Anderson’s Gesang:
Deiner Erklärung, dass die zweite Flöte auf den Keyboards erzeugt wird, stand ich erst skeptisch gegenüber. Es klang einfach zu sehr nach Flöte. Aber ein aufmerksames Studium des Videos von „For a thousend Mothers“ brachte Gewissheit: Mr. Giddings spielt die Flötenstimme auf dem obersten Manual seiner Tasten-Batterie. Das wirft ein neues Problem auf: Wer sagt uns, dass er lediglich die zweite Stimme spielt ? Wird hier noch mit weiteren Tricks gearbeitet ? Was ist noch echt, was kommt von Synthi oder gar Tonband ? Lediglich der Gesang von Mr. Anderson ist unverkennbar echt.

Trotz allem: Die 2000er Version der tausend Mütter gefällt mir besser als die 1973er Version. Die jüngere Variante wirkt kraftvoller, dynamischer, druckvoller und gleichzeitig melodischer. Das ist vielleicht der Verdienst der zweiten Flötenstimme.

Deinem Hinweis, dass Mr. Giddings in Fragen „technischer Unterstützungen“ möglicherweise einen schlechten Einfluss auf den Meister hatte, kann ich nicht ganz folgen. Mr. Anderson hat auf mich nie den Eindruck gemacht, dass er leicht zu beeinflussen sei. Im Gegenteil: Er ist dafür bekannt, dass er innerhalb seiner Band ein hartes Regiment führt und das geschwungene Zepter auch mal auf Schädel niedersausen lässt. Wenn jetzt also ein wahrscheinlich nicht unersetzbarer Tastenmann daherkommt und einige Tricks vorschlägt, die dem Meister nicht zusagen, wird Mr. Anderson dem kaum um des lieben Friedens willen zustimmen.

Zum Schluss ein kurzer Themenwechsel:
Es gibt auch jenseits der anspruchsvollen Rockmusik Melodien, die einem gewissen Anspruch gerecht werden und / oder die man einfach gerne hört. Das wurde mir heute Morgen wieder deutlich vor Ohren geführt: Im Radio lief „If you don’t want my love“ von Elaine Paige. Tolle Melodie, großartige Stimme ! Diese Stimme erinnert ein wenig an Marti Webb, ebenfalls eine erstklassige Sängerin. Solche Stimmen vermisse ich heutzutage.

Ich wünsche Dir ein schönes Restwochenende und eine entspannte Woche

Lockwood

18.11.2006

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Hallo Lockwood,

erst macht mein Bildschirm schlapp (war auch schon eine alte Krücke) und jetzt zickt auch noch mein PC. Ich hoffe er hält noch eine kurze Zeit.

Also ich will ehrlich sein: Die Gruppe Mountain ist mir so gut wie unbekannt. Irgendwann hatte ich zwar schon einmal das Lied „Mississippi Queen“ gehört – und gleich wieder vergessen. Das war es dann auch schon. Wenn man aber die kurzen Gitarren-Passagen der drei Stücke hört, dann erkennt man durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit der Spielweise von Martin Barre. Also Leslie West von der Gruppe Mountain ist so etwas ähnliches wie das Vorbild unseres Tull-Gitarristen. Wäre ich nie drauf gekommen.

Zum youtube-com-Video Jethro Tull: “For a Thousand Mothers (11/28/2000)” haben einige Leutchen ihre Kommentare abgegeben. Finde ich ganz interessant, z.B. „Jethro Tull are just the best damn live act ever!!!! Stick that in your pipe and smoke it!!!!”.

Ich pflichte Dir bei, dass Andersons Stimme nicht mehr die allerbeste ist. Aber instrumental sind Anderson und Barre wirklich eine Klasse für sich. Das siehst Du ja kaum anders, wenn Du die 2000-er Version von „For a 1000 Mothers“ für ‚kraftvoller, dynamischer, druckvoller und gleichzeitig melodischer’ hältst als die Versionen früherer Jahre. Besonders in den ersten Jahren fehlte es an der richtigen Dynamik, da klang alles noch sehr statisch und auch technisch (ich meine spieltechnisch) ziemlich unsauber und schlecht aufeinander abgestimmt.

Und deshalb haben Anderson und Co. auch heute noch diesen relativ großen Erfolg, wenn es um Live-Auftritte geht. Man weiß zwar, dass Andersons Gesang nicht mehr so toll ist, aber man weiß auch, dass man ansonsten, wenn man in eines der Konzerte geht, gut bedient wird. In diesem Sinne hatte ich mich ja auch zu meinem letzten Konzertbesuch im Juni 2005 geäußert.

Aber selbst die Tulls früherer Jahre hatten meiner Meinung nach schon mehr drauf als ihre Kollegen (ich will keine Namen nennen). Ich habe dieser Tage diverse Stücke anderer Bands aus den 70-er Jahren gehört. Besonders die Gitarrensoli waren für mich kläglich: bisschen Wischi-waschi mit viel Verzerrer! Mehr nicht. Da klingt Martin Barre bereits damals wie ein Gitarrengott und ließe sich höchstens von Clapton und Hendrix einholen.

Aber auch Gruppen aus dem letzten Jahrzehnt haben rein musikalisch gesehen viel weniger drauf als unsere lieben Tull-Brüder (ich habe mir in der vergangenen Woche geduldig Scheiben von ‚Nirvana’, ‚Placebo’ und ‚Panic in the Disco’ angehört, besonders Placebo war vor kurzem groß gefeiert). Nicht viel, was mich da vom Hocker riss. Und dabei bin ich durchaus aufgeschlossen für Neues.

Warum ich das eigentlich schreibe: ich habe ja selbst einmal in einer Gruppe blutiger Amateure gespielt. Und ich erinnere mich heute noch, dass wir uns bemüht haben, eine gewisse Dynamik in unsere Stücke hineinzubekommen (‚Drive’ nennt man das wohl auch). Aber es war nichts zu wollen. Bei Anderson, Barre und Co. klingt manches so leicht und locker. Aber damit es so klingt, muss man viele Jahre gespielt haben, um dieses Können und diese Routine zu erlangen. Wenn dann die Jungs auch noch richtig Spaß daran haben, dann klingt es noch etwas besser. Und den Spaß haben Anderson und Co. größtenteils noch, davon gehe ich aus. Gut, manche Abende ist man vielleicht nicht ganz so gut drauf (irgendwie klingt der Lugano-Auftritt so). Aber dafür sind es ja auch nur Menschen.

Ja, ob nun aus der Konserve oder wirklich live … Wie ich schon sagte, irgendwann hatte ich dazu in einem Interview gelesen, dass Jethro Tull auch auf Tricks zurückgreift (Wer würde das aber bei einem so komplexen Sound nicht tun). Der Original-Beginn von „Thick as a Brick“ lässt sich live nun einmal nicht so wiedergeben, dann brächten wir Ian Anderson zweimal (einmal den Sänger und gleichzeitig den Flötisten). Das Flötenspiel lässt sich also vom ‚Band’ abrufen (ist natürlich digital gespeichert – meist auch auf einem Keyboard) oder am Keyboard durch entsprechende Klangeinstellungen (MIDI, das Thema hatten wir in einem anderen Zusammenhang) bewerkstelligen. Ich denke, bei Jethro Tull halten sich diese Tricks im Rahmen und werden wirklich nur da verwendet, wo es nicht anders geht. In diesem Zusammenhang fällt mir die goldene Hochzeit meiner Schwiegereltern vor gut einem Jahr ein. Da spielte ein so genannter Alleinunterhalter … und der klang wie ein ganzes Orchester mit seinem Keyboard. Und obwohl er wirklich nicht singen konnte, vertuschte er dieses sehr geschickt, indem er seiner Stimme einen Chor beimischte. Also technisch ist heute selbst im Amateurbereich vieles möglich.

Okay, Herr Anderson wird sich schon nicht von Herrn Giddings in diesen Dingen unkritisch beeinflussen lassen. Aber ich traue Andrew Giddings mehr technisches Verständnis zu als dem Meister. Und wenn man die richtigen Argumente hat, dann wird sich auch Ian Anderson in bestimmten Dingen überzeugen lassen. Wie weit das geht, davon habe ich keine Ahnung. Vielleicht fragt er ja auch Herrn Giddings: „Hey, Andy, hier würde ich ganz gern die Flöte hören. Aber wer singt dann den Part? Und Martin kann zwar Flöte spielen, aber an dieser Stelle ist er noch mit den Ausläufern seines Solos beschäftigt. Also?“

Apropos Highlights! Nun die „A Passion Play“-Zusammenschnitte sind ja nicht auf meinem Mist gewachsen. Also Dank an den Bastler TullTapes. Aber wenn man sucht, dann wird man auch fündig (gilt im weitesten Sinne fürs Internet). Hierbei war dann doch eher der Zufall Herr des Geschehens: Von „Thick as a Brick“ gibt es aus dem Jahre 1972 Aufnahmen eines Konzertes in Japan. Nicht diese üblichen 10-12 Minuten, nein, ich habe es nicht zusammengerechnet, aber weit über 60 Minuten! Ich spreche von Audio-Aufnahmen. Natürlich ergibt sich diese lange Zeit durch Flöten-, Schlagzeug- und sonstige Soli, die eingebaut wurden. Das Schlagzeugsolo kann man getrost vergessen (war in den 70-er Jahren wohl so üblich, sich auch den Drummer einmal richtig austoben zu lassen). Ich habe bisher nur einmal quer hineingehört. Ist natürlich keine professionelle Aufnahme, aber immerhin mehr als ein Zeitdokument. Ich habe die Aufnahmen im so genannte FLAC-Format (steht für „Free Lossless Audio Codec“), dass sich u.a. mit WinAmp abspielen lässt, wenn man den entsprechenden Audio-Codec heruntergeladen hat. Die Größe der Dateien: ca. 500 Megabyte. Ich habe aber auch schon ein Progrämmelchen gefunden, das FLAC-Dateien in MP3 umwandelt. Hier eine kleine Kostprobe.

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich auch an eine Diskussion im Laufi-Forum (auf die Schnelle finde ich nicht, wo), in der es um alte Videoaufnahmen (z.B. von „Thick as a Brick“ aus dem Jahre 1972) geht. Anscheinend lagern diese auf dem (schon legendären) Dachboden von Herrn Anderson (gleich neben dem Soprano-Saxophon) und liegen dort offentlich trocken und wohltemperiert. Einer der Mitstreiter alter Tage (ich glaube, es soll Jeffrey Hammond sein) verlangt bei Veröffentlichung eine Menge Knete, die der Meister aber nicht herausrücken will. Wie auch immer: Es muss noch einige alte Aufnahmen geben, die bisher den Weg in die Öffentlichkeit nicht gefunden haben (ähnlich dem Isle of Wight-Konzert von 1970, das dann endlich als CD bzw. DVD erschien). Ich bin nun nicht der Typ, der sein Geld aus dem Fenster wirft. Aber für eine ‚remastered’ Videoaufnahme von „Thick as a Brick“ aus dem Jahre 1972 (vielleicht noch in voller Länge – mit dem geigenden Damentrio – oder waren es vier Damen?) würde ich schon einige Euro locker machen wollen (lieber PC halte bitte noch ein Jährchen).

Und apropos Laufi-Forum: Ich bin da gerade über einen Beitrag gestolpert, den ich Dir wärmstens ans Herz legen möchte (und Dich damit sicherlich auch etwas ärgere): end game – Jethro Tull im Halbschatten. Da hat sich einer wirklich Gedanken gemacht um unseren Meister. Wir sollten darauf zu sprechen kommen. Lies es aber erst einmal in Ruhe. Werde mir „Roots to Branches“ einmal wieder in Ruhe anhören müssen.

Lass Dich nicht stressen.
Eine gute Woche
Wünscht Dir
Wilfried

P.S. Deine Anmerkung zu Elaine Paige (sie ist wie Marti Webb durch Musicals bekannt geworden) betreffend: Sicherlich gibt es schöne Frauenstimmen nicht gerade wie Sand am Meer, aber es gibt sie doch in unerwarteter Fülle. Bei meinen Anmerkungen zu den Reisevorbereitungen zu unserer Schottland-Tour vor einem Jahr hatte ich wegen des Tull-Lieder „Kelpie“ im Internet recherchiert und war dabei auf ein Duo gleichen Namens stoßen, die u.a. auch den Tull-Titel in ihrem Programm haben. Das Duo bildet der schottische Gitarrist Ian Melrose und die Deutsche Kerstin Blodig, die auch Gitarre spielt, aber gleichzeitig die Sängerin der Gruppe ist – auch mit einer sehr schönen Stimme, wie ich finde.

21.11.2006

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Hallo Lockwood,

manchmal sollte man doch wieder einen Blick auf die offizielle Tull-Site werfen:

German TV Christmas Eve Performance

Ian will be performing for the German President’s Christmas TV concert and service from the beautiful monastery, Mariah Laach, Germany, to be broadcast on Christmas Eve. Details soon.

Also Heiligabend vor der Glotze? Lässt sich ja aufzeichnen.

Gruß
Wilfried

21.11.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 31: Dumm wie Bohnenstroh

Hallo Wilfried,

der Meister spielt neben Saiten- und Holzblasinstrumenten noch ein klein wenig Keyboards. Oder zumindest tut er so: Bei einem Auftritt während der „A“ – Tour stellte er sich an die Tasten, ebenso wie beim Konzert 1977 im Hippodrom. Aus der komplexen Klangfülle der Konzerte kann ich leider nicht heraushören, was er den Keyboards entlockt.

In Deiner letzten mail schriebst Du, dass derjenige, der über keinerlei Qualitäten verfügt, im Showbusiness schnell weg vom Fenster sei. Schön wär’s. Leider erlebe ich es immer wieder anders, sobald ich Fernseher oder Radio anmache. Aber ich habe mir vorgenommen, heute nicht zu lästern und niemanden zu schmähen.

Was Musik und Bühnenoutfit des Mr. Anderson betrifft, bin ich absolut Deiner Meinung:
Die Musik steht an erster Stelle, nicht die Klamotten. So sollte es bei einem Musiker nun mal sein. Die ausgefallenen Kostüme des Meisters haben lediglich dazu beigetragen, seinen Wiedererkennungswert zu erhöhen. Jemand wie er hat es nicht nötig, durch Randale und Exzesse aufzufallen. Er besticht ganz einfach durch Leistung; das ist die sicherste Methode, um anerkannt zu werden.

Vielen Dank für die Barre – Dateien. „A Trick of Memory” gefällt mir nicht. “The Dreamer“ schon eher. Wegen der akustischen Gitarren. 12saitig, wenn ich mich nicht irre. Der gute Martin. Einer der wenigen, der in unseren Fender-dominierten Zeiten seine Gibson in Ehren hält.

Ich habe einen Blick in Dein neues YouTube – Depot geworfen und mir hier u.a. das Video aus 2001 „For a Thousand Mothers“ angesehen. Dabei fiel mir auf, dass eine Flöte zu hören ist, obwohl der Meister gerade singt. Mr. Barre kommt als Flötist nicht in Frage, der ist mit der Gitarre beschäftigt. Es ist kein anderer Flötenspieler auf der Bühne, obwohl sie eindeutig zu hören ist. Was geht da vor ? Ein Fake ? Teilplayback ? Eine Karaoke-Veranstaltung ? Kannst Du das aufklären ?

Weißt Du, was es mit den Riesen-Ballons auf sich hat, die der Meister ins Publikum wirft ? Steckt eine Symbolik dahinter ?

Ich begreife nicht, warum sich noch niemand daran gemacht hat, eine deutschsprachige Biografie über Mr. Anderson herauszubringen. Man muss doch nur einige gezielte Blicke ins Internet werfen, um festzustellen, dass Mr. Anderson immer noch seine Anhängerschaft hat. Das Buch würde sich bestimmt gut verkaufen. Ich kenne schon zwei Menschen namentlich, die es kaufen würden. Dazu die gesamte Laufi-Gemeinde. Damit wäre die erste Auflage schon vergriffen. Im zweiten Schritt könnte man über die Verfilmung seines Lebens nachdenken. Obwohl, das ist vielleicht nicht in seinem Sinne.

Mach’s gut und bis bald

Lockwood

10.11.2006

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Hallo Lockwood,

ja der Meister haut auch in die Tasten. Bei der Zugabe zum Konzert 1977 im Hippodrom spielte er einige Akkorde. Auch hörbar, wie ich finde, denn weder John Evan noch David Palmer sitzen an ihren Plätzen. Nun wer täglich mit Musik zu tun hat, dabei zwei Keyboarder um sich geschart hielt, der wird auch einmal selbst versuchen, einem Klavier halbwegs Wohlklingendes zu entlocken. Selbst ich als Amateur werde versuchen, ‚Hänschen klein …’ auf den Tasten zu klimpern, wenn ich irgendwo ein Klavier stehen sehe.

Ja das Showbusiness treibt seltsame Blüten. Wir dürfen dabei nicht von uns ausgehen: Musik ist Geschmackssache (selbst wir kommen da kaum auf einem gemeinsamen Nenner – auch bei Herrn Andersons Musik nicht) und da gibt es vieles, was wir scheußlich finden, das aber trotzdem seine „Abnehmer“ findet. Aber selbst da ist ein Mindestmaß an Qualität oder Können notwendig, um nicht schnell in der Versenkung zu verschwinden.

Zum Wiedererkennungswert von Ian Anderson (seine Mitstreiter sind dabei leider zu vernachlässigen): Das ist zunächst die Flöte! Und dann auf einem Bein gespielt. Wenn es dann noch zerrissene Klamotten oder dergl. sind, dann erhöht das den Wiedererkennungswert. Wem die Musik aber nicht anspricht, dem ist dann auch dieses schnell aufnehmbare Äußere von geringem Interesse. Immerhin erinnert man sich beizeiten an diesen flötenden Gnom. Man kann dann gewissermaßen mitreden, wenn einmal zufällig das Gespräch auf Jethro Tull kommen sollte.

Zum parallelen Flötenspiel bei Andersons Gesang: Du meinst das 2000er Konzert in Sao Paulo. Also Karaoke ist nun doch eine Schmähung. Ich habe noch einmal hineingeblickt und kenne es von „Thick as a Brick“ her: Andrew Giddings spielt die Flöte zu „1000 Mothers“ auf seinem Keyboard. Besonders bei TAAB finde ich es scheußlich, denn was wie eine Flöte klingen soll, klingt eben leider nicht so. Früher hat man dafür das „Glockenspiel“, vom Drummer gespielt, eingesetzt, was weitaus besser, da natürlich klang.

Ich habe hinsichtlich „Thick as a Brick“ noch einmal weiter geforscht:

Original: Querflöte

Konzerte 1972 USA Buffalo & Rochester NY +Toronto: Keyboards (wie 1977) und Glockenspiel

Live at Tampa stadium, 1976 (Tullavision): Glockenspiel

Konzert 1977 Hippodrome: eigentlich nichts, dann Keyboards, die wie Keyboards klingen

Konzert 1978 Madison Square Garden NY: Glockenspiel

DVD „Living with the Past“: Glockenspiel und Andrew Giddings’ undefinierbarer Sound

Konzert 2001 Wildhorse Saloon, Nashville, TN: Glockenspiel und von Andrew Giddings’ ebenso einen undefinierbaren Sound an den Keyboards, der nicht nach Flöte klingt

Besonders das 2000er Konzert in Sao Paulo hat es in sich. Ich muss nochmals nachhören, aber es gibt da Stellen, da wird der Gesang von Ian Anderson durch einen Chor unterlegt, der wiederum an den Keyboards von Herrn Giddings erzeugt wird.

Irgendwo habe ich gelesen, dass gerade in den letzten Jahren einiges auch vom Band wiedergegeben wird, aufgerufen von … na, von wem wohl: Andy Giddings. Ich will es einmal so sagen: Herr Giddings hat in solch technischen Spielereien einen schlechten Einfluss auf unseren Meister. Du kennst wahrscheinlich das Mini-Video, wo Herr Giddings sogar offensichtlich schummelt, in dem er so tut als ob …

Zur Anderson-Biografie: Das Buch vom „A New Day“-Herausgeber, Dave Rees, mit dem Titel „Minstrel in the Gallery“ ist doch wohl ins Deutsche übersetzt worden. Also gleich eines: da schreibe ich lieber einen Roman, als eine entsprechende Biografie. Vielleicht brauchst Du mich ja als kostenpflichtigen Berater?!

Noch kurz zu Martin Barre: Im Anhang eine kleine MP3 mit den Beginn zu insgesamt drei Liedern. Kennst Du rein zufällig die Gruppe, die das spielt? Kommen wohl aus den USA. „Mississippi Queen“ habe ich irgendwann vor vielen Jahren einmal gehört. Wie auch immer. Die Auflösung ist dann spätestens am 17. in meinem Geburtstagsbeitrag zu Martins 60. zu finden.

WilliZ Audio-Rätsel: Welche Gruppe aus den USA spielt diese drei Titel

Ach so: Die Ballons am Schluss. Beim 77-er Hippodrom-Konzert waren diese mit dem Pfund-Zeichen bemalt. Ansonsten weiß ich aber auch nichts zur Bedeutung. Werde beizeiten recherchieren. Bin gespannt, ob ich etwas Aussagekräftiges finde, außer diesem hier.

Guten Start in die neue Woche
Wünscht Dir
Wilfried

12.11.2006

English Translation for Ian Anderson