Eigentlich sollte die Politik froh sein, mündige Bürger zu haben. Aber unser Herr Bürgermeister der Samtgemeinde Tostedt, Dirk Bostelmann, hat wohl genug von der Einmischung der Bürger in seine Entscheidungen und die des Samtgemeinderates. Nach einem ersten Bürgerentscheid in Tostedt 2007, in dem die Bürger gegen die zuvor getroffene Entscheidung der Politik votierte, kam der Samtgemeinderat einem weiteren Bürgerentscheid 2010 zuvor und hob einen Ratsbeschlusses zur Rathauserweiterung (Abriss und Neubau des Rathauses Tostedt) auf. In diesem Jahr durften die Bürger über den Erhalt des Freibades abstimmen. Und nun erdreisten sich Tostedter Bürger, ein Bürgerbegehren gegen den Bau eines Kindergartens in die Wege zu leiten: historisches-tostedt-erhalten.de
Hierzu einige Informationen aus der Presse in diesem Zusammenhang:
18.10.2012: Mütter wollen neue Kita verhindern – Mithilfe eines Bürgerbegehrens soll der geplante Neubau einer Kindertagesstätte an der Dieckhofstraße in Tostedt gestoppt werden. (vollständiger Text)
Quelle: (Hamburger) abendblatt.de
07.11.2012: Verschuldung in Tostedt explodiert – Die Grünen erneuern ihre Kritik an dem Neubau der Kindertagesstätte an der Dieckhofstraße (vollständiger Text)
Quelle: (Hamburger) abendblatt.de
08.11.2012: Tostedt in der Schuldenfalle? – Tostedts Grüne schlagen Alarm: Die Samtgemeinde werde bis Ende 2016 bei einem Schuldenstand von 22 Millionen Euro angelangt sein. Die Schuldenentwicklung war bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs im Finanzausschuss aufgezeigt worden. (vollständiger Text)
Quelle: han-online.de
11.11.2012: Tostedt – Kindergartenstreit spitzt sich zu – Die Samtgemeinde Tostedt wird sich in den kommenden Jahren massiv verschulden. Die Grünen, die – wie berichtet – dazu auffordern, alle Investitionen nochmals hinsichtlich ihrer Notwendigkeit zu überprüfen, finden bei den anderen Fraktionen wenig Verständnis. Insbesondere bei der Debatte um den an der Dieckhofstraße geplanten Kindergarten mit Krippe. Die Grünen sehen dafür keine Notwendigkeit, da der Kindergartenbedarfsplan des Landkreises Harburg mit weniger Kindern rechne als die Samtgemeinde. (vollständiger Text)
Quelle: han-online.de
weitere Pressemitteilungen siehe unter tostedt.de
Den Initiatoren geht es übrigens nicht darum, neue Kindergarten- und Krippenplätze zu verhindert, sondern sie halten den Standort für unglücklich und die Investitionen (2,5 Mio, Euro) für zu hoch. Das Familienservicebüro der Gemeinde versucht indessen zu suggerieren, dass sich die Initiatoren gegen den Kindergartenneubau generell aussprechen, was nicht stimmt.
„Ziel des Bürgerbegehrens ist es, den historischen Ortskern von Tostedt zu erhalten. Die Tösteniederung zwischen dem Sand, der Kirche und der Dieckhofstraße macht den besonderen Charakter von Tostedt aus und darf nicht durch eine Überbauung der weit über 100 Jahre alten Wegverbindung Stegen entwertet werden.
Der genaue Antragstext des Bürgerbegehrens lautet:
Sind Sie dafür, dass der Samtgemeinderatsbeschluss vom 11.09.2012 (Kindertagesstätten/Kinderkrippenbau am Standort Dieckhofstraße) aufgehoben wird und damit verbunden keine Kindertagesstätte/Kinderkrippe am Standort Dieckhofstraße erstellt wird?“ (Quelle: historisches-tostedt-erhalten.de)
Jetzt hat „der Bürgermeister […] Schreiben an Arztpraxen, Geschäfte und andere Stellen verschickt, wo die für das Bürgerbegehren nötigen Unterschriften gesammelt werden sollten. Er bittet darin, die Auslegung der Listen zu überdenken. Stattdessen sollen sich Ärzte und Geschäftsleute im Rathaus über die Gründe informieren, die den Gemeinderat zur Entscheidung für einen Kindergartenneubau im Ortskern bewogen haben.“ (Quelle: Kreiszeitung Nordheide Elbe&Geest Wochenblatt vom 17.11.2012)
Kreiszeitung Nordheide Elbe&Geest Wochenblatt vom 17.11.2012 – Seite 1
Herr Bostelmann „verweist auf die niedersächsische Kommunalverfassung, nach der er die Bürger über wichtige Angelegenheiten informieren müsse. ‚Wie ich das mache, steht da nicht.’“.
Herr Bostelmann, es geht Ihnen doch nicht darum die Bürger zu informieren, dann hätten Sie das lange vor dem Samtgemeinderatsbeschluss vom 11.09.2012 tun müssen. Sie wollen das Bürgerbegehren verhindern. Und dafür setzten sie auf Kosten der Bürger den Verwaltungsapparat ein. Nein, natürlich wollen sie niemanden unter Druck setzen oder gar nötigen. Komisch nur, dass das bei einigen Geschäftsleuten etwas anders aufgefasst wird. So bat ein Geschäftsmann darum, die Unterschriftslisten nicht auslegen zu lassen, weil er fürchtete, weiterhin vielleicht keine Aufträge mehr von der Gemeinde zu erhalten.
Inzwischen sind auch bereits vollgeschriebene Unterschriftslisten aus zwei Tankstellen und einem Geschäft verschwunden. Ich denke, solche ‚Unterstützung‘ wird auch Herr Bostelmann nicht mögen.

Kreiszeitung Nordheide Elbe&Geest Wochenblatt vom 17.11.2012 – Seite 8
So oder so sind es mehr als problematische Mittel, die Herr Bostelmann glaubt, anwenden zu müssen, um das Bürgerbegehren zu verhindern. Welchen politischen Schaden er damit anrichtet, ist ihm bisher leider nicht klar geworden. Dass er sich zu einer Entschuldigung gegenüber den Initiatoren des Bürgerbegehrens aufrafft, damit ist nicht zu rechnen. Es ist nur zu hoffen, dass jetzt genügend Unterschriften (rd. 2300 müssen es sein) zusammenkommen, damit ein Bürgerentscheid durchgeführt wird.