Ausgerechnet Sibirien ist eine deutsche Filmkomödie aus dem Jahre 2012 in der Regie von Ralf Huettner (Vincent will Meer) und in der Hauptrolle mit Joachim Król.
Matthias Bleuel (Joachim Król) ist ein pedantischer Logistiker aus Leverkusen. Seit der Scheidung von seiner Frau Ilka (Katja Riemann) lebt er tumb und taub vor sich hin. Der Direktor (Michael Degen) des Modeversandhandels Fengler verpasst ihm gerade die richtige Kur: Er schickt ihn in eine Verkaufsstelle in Südsibirien. Nach einer turbulenten Reise hat Bleuel jedoch keine Chance, seine Arbeit zu machen. Dolmetscher Artjoms (Vladimir Burkalov) erste Lektion ist, dass in Russland viele Sachen anders laufen. Bei einem Konzert verliebt sich Bleuel dann auch noch Hals über Kopf in die schorische Sängerin Sajana (Yulia Men). Mit wiedererweckten Empfindungen reisen er und Artjom ihr hinterher…
Ausgerechnet Sibirien ist eine so genannte Culture-Clash-Komödie über einen mittleren Angestellten aus Deutschland, der sich während einer Dienstreise nach Sibirien in einen anderen Menschen verwandelt. Dazu trägt ohne Zweifel die uns exotisch anmutende weite Landschaft Sibiriens bei und die uns fast unbekannte Kultur der Schoren, einem kleinen indigenen Volk in Sibirien. Der Film spielt mit dem Gegensatz von schnöder Realität und magischer Imagination. Wer hätte da nicht auch Lust, aus seinem Alltag auszubrechen?
Sicherlich verbleibt der Film ziemlich an der Oberfläche, taucht nur wenig in die Kultur der Schoren ein, was ihn sicherlich noch interessanter gemacht hätte. Der Film entspricht unserer westlichen Sichtweise. Trotzdem hat er mir sehr gut gefallen. Ich kann den Film durchaus empfehlen.
Vorbild der schorischen Sängerin ist wohl Tschyltys (alias Olga Tannagaschewa), geboren 1978, die nicht nur jenen Matthias Bleuel im Film, sondern auch uns durch ihren Kehlkopfgesang (Obertongesang) verzaubert. Obertongesang ist eine Gesangstechnik, die aus dem Klangspektrum der Stimme einzelne Obertöne so herausfiltert, dass sie als getrennte Töne wahrgenommen werden und der Höreindruck einer Mehrstimmigkeit entsteht.
Ich habe natürlich nach jener Tschyltys im Internet geforscht und dabei zwei interessante Videos gefunden – zum einen ein Lied mit diesem Kehlkopfgesang – dann ein Stück mit Improvisationen auf dem Khomus, also der Maultrommel – das ähnliche Klangfarben erzeugt wie der Kehlkopfgesang:
Ihre Mutter stammte ursprünglich aus Borneo/Malaysia und ihr Vater von den Fidschi-Inseln. Die Eltern hatten sich in England kennen gelernt, bevor sie nach Deutschland übersiedelten. So wuchs sie im westfälischen Münster auf, wo ihr Vater in Diensten der britischen Armee stationiert war.
Malaysia – Fidschi-Inseln: Eine interessante Mischung. Und so ist diejenige, von der ich hier schreibe, nämlich die inzwischen 43-jährige Tanita Tikaram, eine überaus attraktive Frau mit einem unverkennbaren Hauch Exotik. Und mit einer Stimme …
Die Stimme: Ich denke, ich habe ein Faible für ‚kaputte’ Stimmen bzw. weniger glasklare Stimmen wie z.B. die von Kate Bush. So mag ich tiefe Frauenstimmen wie eben die von Joan Armatrading und weniger ‚reine’ Männerstimmen wie die von Ry Cooder und besonders Tom Waits. In diese ‚Tradition’ fällt nun auch die Stimme von Tanita Tikaram. Sie ist rau, lässt kaum Modulationen zu und klingt wie die Schwester von Tom Waits. Aber gerade daraus entsteht ein besonderes Reiz, dem ich mich auf jeden Fall kaum entziehen kann.
Ich bin in diesen Tagen durch eine Kompilation von Liedern wieder auf Tanita Tikaram aufmerksam geworden. Diese Auswahl enthielt neben Liedern von ihr auch die schönsten Lieder von Joan Armatrading: Rosie (Tanita and Joan). So wird Tanita Tikaram auch meist mit Musikerinnen und Sängerinnen wie eben Joan Armatrading, aber auch Tracy Chapman und Suzanne Vega verglichen. Unter dem Einfluss der Lieder von Joni Mitchell entschloss sie sich Ende der 80-er Jahre zu einer Karriere als Musikerin. Im Herbst 1988 erschien ihr Debütalbum „Ancient Heart“ mit dem Singlehit Twist in My Sobriety, das mit über vier Millionen verkauften Platten sehr erfolgreich war und im Alter von 19 Jahren ihren internationalen Durchbruch bedeutete:
All God’s children need travelling shoes
Drive your problems from here
All good people read good books
Now your conscience is clear
I hear you talk girl
Now your conscience is clear
In the morning I wipe my brow
Wipe the miles away
I like to think I can be so willed
And never do what you say
I’ll never hear you
And never do what you say
Look my eyes are just holograms
Look your love has drawn red from my hands
From my hands you know you’ll never be
More than twist in my sobriety
Alle Kinder Gottes brauchen Wanderschuhe.
Du musst das Problem von hier aus anpacken.
Alle guten Menschen lesen gute Bücher.
Jetzt ist dein Gewissen rein.
Morgens wische ich mir den Schlaf aus den Augen,
morgens will ich alles wegwischen,
morgens wäre ich gerne stark genug,
euch nicht zuzuhören.
Meine Augen sind Hologramme.
Eure Liebe hat mir das Blut
aus den Händen gesaugt.
Ihr könnt mir nichts tun,
ihr verwirrt mir nur den Verstand.
Zum Debütalbum hier ein Livekonzertmitschnitt von der Insel Bømlo, Norwegen 1990 mit Liedern von dem Album:
Tanita Tikaram: Ancient Heart live
Ein sehr schönes Lied ist auch Wonderful Shadow aus dem Jahr 1995:
Tanita Tikaram – Wonderful Shadow (2. Single vom Album „Lovers in the City“ (1995))
Nun nach längerer Pause erschien von Tanita Tikaram in diesem Jahr das neue Album „Can’t Go Back“ (empfehlen möchte ich die Special Edition mit zwei CDs – besonders die zweite mit den akustischen Stücken ….) mit der Single-Auskopplung „Dust On My Shoes“:
Tikarams traurige Lieder über Verlust haben auf „Can’t Go Back“ etwas Tröstliches. „Es geht darum, die eigene Identität gefunden zu haben“, sagt die 42-Jährige, „man muss sich von den Meinungen der anderen frei machen.“ Insbesondere von denen, die immer nur an „Twist In My Sobriety“ denken. (Quelle: rollingstone.de) – siehe hierzu auch: Tanita Tikaram „Can’t Go Back“ Album Track by Track Interview 2012
Mit dem Film Magnolia aus dem Jahre 1999 gelang Aimee Mann der große Durchbruch als Songwriterin. So wurde sie auch in Deutschland bekannt. Hollywood-Regisseur Paul Thomas Anderson, Aimee Mann „und ihr Ehemann Michael Penn sind alle in der lebendigen Kreativ-Szene des alten jüdischen Viertels von West-Hollywood zu Hause und seit Jahren befreundet; Penn […] schrieb bereits die Soundtracks zu Andersons ersten Filmen ‚Hard Eight’ und ‚Boogie Nights’. Eines Tages bat Anderson Aimee, ihm doch eine Kassette mit ihrer Musik fürs Auto aufzunehmen. Das war die Geburtsstunde von ‚Magnolia’, denn wie Anderson in seinem Kommentar zum Album klarstellt, entstand der Film auf der Basis der Songs. Das geht so weit, daß er seine Figuren Sätze aus Aimees Texten nachsprechen läßt, die ihn besonders beeindruckten. Etwa diesen: ‚Jetzt, wo wir uns getroffen haben, wärst du einverstanden, daß wir uns nie wiedersehen?’“ (Quelle: michaelsailer.de)
Außerdem bietet der Film weitere sieben Lieder von Aimee Mann. Sicherlich ein Höhepunkt ist „Wise Up“, das Lied, das plötzlich im Film zeitgleich alle vor sich her singen:
Magnolia – Aimee Mann – Wise Up
Der eigentliche Titelsong ist aber „Save me“: „Errette mich aus den Reihen der Freaks, die denken, sie könnten niemals jemanden lieben …“ ( But can you save me, come on and save me; if you could save me from the ranks of the freaks who suspect they could never love anyone). Das Lied ist Ausgangspunkt eines geradezu klassischen Dramas, und wurde u.a. für den Oscar nominiert:
Magnolia – Aimee Mann – Save me
Zum Film selbst: „’Magnolia’ bietet keine Handlung im üblichen Sinn. Anderson verknüpft die Lebensgeschichten seiner Figuren in einer Art zirkulären Erzählung, die keinen sichtbaren Anfang und kein sichtbares Ende hat, aber winzige Chancen, dem Kreislauf von Geburt und Tod und dem, was dazwischen geschieht, eine andere Bedeutung zu geben. Reinigung und Erlösung sind die unmittelbaren Ziele, das Eingeständnis der eigenen Schuld die unbedingte Voraussetzung, um diese Ziele zu erreichen. Wir treffen auf den todkranken, an Krebs leidenden TV-Produzenten Earl Partridge (Jason Robards), der von Phil Pharma (Philip Seymour Hoffman) gepflegt wird und ihm seine Sünden beichtet. Er liebte seine Frau, aber er betrog sie. Seine Frau heißt Linda (Julianne Moore) und ist angesichts des bevorstehenden Todes von Earl völlig verzweifelt und selbstmordgefährdet; sie steht unter Drogen. Erst jetzt, als Earl dem Tode nahe ist, wird ihr bewusst, dass sie ihn geliebt hat, sie, die ihn jahrelang mit anderen Männern betrogen und ihn nur wegen seines Geldes geheiratet hatte. Earl bittet Phil, seinen Sohn zu suchen, den er vor seinem Tod noch einmal sehen will. Wir treffen auf Earls Sohn Frank Mackey (Tom Cruise, in einer seiner besten Rollen), der eine Macho-TV-Show unter dem Motto ‚Alle Macht den Schwänzen’ mit großem Erfolg (unter Männern) leitet. Frank will von Earl nichts wissen, er hasst Earl, weil der Franks Mutter verlassen und auch in der Zeit, als sie todkrank war, nicht einmal angerufen hatte. Als die Fernsehreporterin Gwenovier (April Grace) ihn interviewt, kommen allerlei Lügen über sein Leben ans Tageslicht, die Frank sich zurechtgelegt hatte, um seinem Leben eine Art positive (fast über-männliche) Logik zu geben.
Wir treffen weiter auf den Showmaster Jimmy Gator (Philip Baker Hall), ebenfalls krebskrank, der nur noch zwei Monate zu leben hat. Er leitet Earls beste Show ‚What did kids know?’, in der drei Kinder gegen drei Erwachsene in einem Quiz antreten. Gator versucht angesichts seines bevorstehenden Todes, sich mit seiner Tochter Claudia (Melora Walters, mit einer phantastischen Leistung) auszusprechen. Er gesteht seiner Frau Rose (Melinda Dillon), dass er sie betrogen habe. Anderes kann er dagegen nicht aussprechen. Claudia, die ständig Drogen nimmt, flüchtige Männerbekanntschaften hat und völlig am Ende scheint, schmeißt ihren Vater wütend hinaus. Claudia ist ein missbrauchtes Kind, missbraucht durch ihren eigenen Vater. Eines Tages klopft Officer Jim Kurring (John C. Reilly) wegen einer Beschwerde an ihre Tür. Kurring ist von Claudia begeistert, sucht sie ein zweites Mal, ein drittes Mal auf, bis sich beide nach Jims Dienstschluss verabreden.
An Gators Show nimmt Stanley Spector (Jeremy Blackman) teil, ein Superkind, das alles zu wissen scheint, angetrieben von einem ehrgeizigen Vater (Michael Bowen). Doch in einer Quizsendung weigert sich Stanley plötzlich, die Fragen Gators zu beantworten. Er will nicht mehr. Und dann ist da noch Donnie Smith (William H. Macy), früher ‚Quiz Kid Donnie Smith’, wie Stanley war er als Kind gefeierter Showstar. Jetzt ist Donnie am Ende, entlassen von seinem Chef Solomon Solomon (Alfred Molina), unglücklich verliebt in einen Barkeeper, verzweifelt …“
Ein Jahr vor „Magnolia“ kam „The Big Lebowski“ von den Coen-Brüdern in die Kinos mit Jeff Bridges als Jeffrey Lebowski, dem ‚Dude’. In einer Minirolle sehen wir hier Aimee Mann als deutsche Nihilistin sogar auf der Leinwand; in einer Szene bestellt sie Pfannkuchen. Ihr kleiner rechte Zeh spielt in dem Film dagegen eine etwas größere Rolle. In den Credits im Abspann des Films wird ihr Name immerhin vor Saddam aufgeführt, ja genau dem.
Mit dem Album ‚Whatever’ begann Aimee Mann 1993 ihre Solo-Karriere, nachdem sie zunächst jeweils als Gründungsmitglied bei der Punk-Band Young Snakes und anschließend bei der New Wave-Gruppe ’Til Tuesday (bis 1990) Bass spielte und sang. Mit den Jahren ist ihre Stimme deutlich gereift, das Timbre und ein leichtes Vibrato der Stimme macht sie unverwechselbar. Auch hat Aimee Mann ihren Stil geändert.
Aimee Mann gibt uns ein gutes (oder eher schlechtes) Beispiel dafür, was man von der Musikindustrie halten kann. Da sie von ihrem Plattenlabel die Nase voll hatte, sich von diesem ungenügend unterstützt, ja durch der Einmischung in ihre Arbeit enttäuscht sah (dokumentiert in Liedern wie „Calling it Quits“ und „Nothing is Good Enough“), gründete sie 1999 ihr eigenes Label SuperEgo Records (siehe den Youtube-Kanal) und veröffentlichte ihr Album „Bachelor No. 2“ in Eigenregie. So ist es kein Wunder, dass Aimee Mann Gründungsmitglied von United Musicians wurde, einem Zusammenschluss von Musikern, die sich dafür einsetzen, dass jeder Künstler im Besitz der Urheberrechte an seinen Werken bleiben soll (im Unterschied z.B. zum deutschen Urheberrecht werden die Entscheidungs- und Verwertungsrechte über ein Werk in den USA oft nicht dem Urheber, also Künstler, zugestanden, sondern den wirtschaftlichen Rechteverwertern, z.B. der Plattenfirma).
Wie gesagt: Ihr Stil wandelte sich mit den Jahren und wurde jetzt gern auch unter Berücksichtigung ihres Kampfes um mehr Unabhängigkeit für Musiker als ‚more Indie than Indie’ bezeichnet. Mit Aimee Mann, ihrem Ehemann Michael Penn, dem Bruder des Schauspielers Sean Penn (1997 haben beide geheiratet), und weiteren Musikern entwickelte sich eine eigene Musikszene rund um den Largo Nightclub in L.A., deren Stil man auch ‚Acoustic Vaudeville’ nannte. Spätestens mit dem Album „Bachelor No. 2“ (2000) wurde Aimee Mann auch in Deutschland – auf die Singer/Songwriter-Schiene gesetzt – bekannt und erfolgreich. Für mich ist sie, ähnlich wie Ry Cooder, eine markante Vertreterin US-amerikanischer Musik, einer Musik, die neben europäischen auch anderen Einflüssen als unsere Musik unterliegt.
Natürlich ist es nicht nur die Musik, die für Aimee Mann spricht. Fast mehr noch sind es ihre Texte. So ist das Album „The Forgotten Arm“ ein Konzept-Album, in dem die Geschichte zweier Charaktere erzählt wird, die miteinander davonlaufen, um ihren Probleme zu entkommen, aber die mit mehr Problemen enden, als sich das jeder von ihnen hätte vorstellen können.
„Die fundamentale Einsamkeit und Beziehungsunfähigkeit, die aus solchen Zeilen spricht, ist ein Leitmotiv in Aimee Manns Songs. Dahinter steht eine tiefe Skepsis gegenüber der modernen Ideologie von Bindungslosigkeit und Selbstverwirklichung, aber auch der verletzliche, ehrliche Stolz der Außenseiterin, die beschlossen hat, ihren ganz eigenen Weg zu gehen: ‚Als ich sehr jung war, war ich ein großer Elton-John-Fan. Ich versuchte damals schon Songs zu schreiben, aber sie waren richtig schlecht, weil ich es nicht schaffte, meine eigenen Gedanken in den Songs unterzubringen. Viele junge Leute verbergen das, was sie denken, weil sie nicht wirklich daran glauben, und dann verbirgst du es irgendwann vor dir selbst und fängst an, Rollen zu spielen. Ich habe mich entschieden, es anders zu versuchen. Der beste Weg, mit einer schwierigen Situation umzugehen, ist manchmal, nicht daran teilzunehmen. Das gilt auch fürs Musikgeschäft. Du entscheidest dich, was du wirklich willst, und dann solltest du es einfach tun.’“ (Quelle: michaelsailer.de)
Aber genug erzählt. Lassen wir Aimee Mann sehen und hören. Hier als kleiner Querschnitt einige Videos mit ihrer Musik aus den Solo-Alben:
Aimee Mann: Mr. Harris (Whatever)
Aimee Mann: Long Shot (I’m With Stupid)
Aimee Mann: Save Me (Magnolia-Soundtrack und Bachelor No. 2)
Aimee Mann: How Am I Different (Bachelor No. 2 …)
Aimee Mann: Pavlov’s Bell (Lost in Space)
Aimee Mann: 4th of July (live at St. Ann’s Warehouse)
Aimee Mann: Video (The Forgotten Arm)
Aimee Mann: Freeway (@#%&*! Smilers)
Aimee Mann: 31 Today (@#%&*! Smilers) mit Morgan Murphy
Seit 1997 ist Aimee Mann – wie erwähnt – mit Michael Penn verheiratet, der ebenfalls als Singer/Songwriter in den USA erfolgreich ist (hier das Video zu This & That, in dem Michael Penn von seinem Bruder Sean vorgestellt wird). Zudem hat Aimee Mann eine fünf Jahre jüngere Schwester (Halbschwester, um genau zu sein), die in Minnesota lebt, namens Gretchen Seichrist (what a name!). Diese ist wohl in erster Linie Malerin, hat aber auch schon zwei Musikalben unter dem Namen Patches & Gretchen herausgebracht (hier zwei Hörproben und der Youtube-Kanal). Übrigens: Das Lied „Medicine Wheel“ (auf Aimee Manns Album „@#%&*! Smilers“) ist eine Komposition von Aimee Mann zu einem Gedicht von Gretchen Seichrist, das ihr diese einmal per eMail zugesandt hatte (normalerweise schreibt Aimee Mann erst die Musik und dann den Test dazu – Quelle: www.aimeemann.com/messageboard).
Gretchen Seichrists Stimme ist weniger ausgebildet als die von Aimee Mann. Manchmal klingt sie wie ein weiblicher Lou Reed, so wie in der folgenden Aufnahme:
Sugar Head Pie – Patches and Gretchen
Sie hat sich auch an Coverversionen von Bob Dylan gewagt, recht eigenwillig, skurril und rau vorgetragen, ohne Zweifel aber sehr aufschlussreich und jenseits des Mainstreams. Als hauptsächlichen Einfluss nennt Gretchen Seichrist übrigens neben Dylan Patti Smith und „sister Golden Hair” Aimee Mann. Eine schwesterliche Liebe.
Dirge – Patches & Gretchen w/Scarlet Rivera Live at the Dakota, 9-14-2010
Aimee Manns erste Gruppe war also die Punk-Rock-Band „The Young Snakes“, bei der sie Sängerin war und den Bass spielte. 1983 wurde sie Mitbegründerin der New-Wave-Band „’Til Tuesday“, die 1985 mit ihrem ersten Album „Voices Carry“ einen Achtungserfolg erzielte: Platz acht in den U.S. Billboard Hot 100. Außerdem gewann die Band 1985 den MTV Video Music Award als beste Newcomerband („Best New Artist“). 1990 löste sich die Band auf. Seitdem arbeitet Aimee Mann solo.
‚Til Tuesday wurde in Boston gegründet und bestand neben Aimee Mann als Sängerin und Bassistin (sie spielte auch akustische Gitarre) aus dem Sänger und Gitarristen Robert Holmes, dem Keyboarder Joey Pesce und dem Schlagzeuger Michael Hausman.
Obwohl die Band von den Kritikern immer wieder gelobt wurde, blieb der Erfolg beim Publikum aus. Nach und nach verließen die Gründungsmitglieder die Band. So tourte Aimee Mann mit verschiedenen Session-Musikern weiterhin unter dem Namen „’Til Tuesday“, bis sie sich 1992 dazu entschied, ihr erstes Solo-Album aufzunehmen. Der Schlagzeuger Hausman wurde ihr Manager, was er wohl bis heute noch ist.
Aimee Mann zu ihrer Gruppe: „’Til Tuesday was a rebellion against that [ihre erste Band Young Snakes, eine Punk-Gruppe] because after a while I realized that not following the rules was a rule in itself and more limiting than anything else. I wanted to hear some sweetness and some melody.“
Aimee Mann erkannte also, dass Ihre Punk-Phase, in der sie keiner [musikalischen] Regel folgen wollte, selbst eine Regel beinhaltete, die sie einengte. Es sollte also mehr ‚Melodie’ sein. Wenn ich Aimee Mann in den 80er Jahren kennen gelernt hätte, dann wäre sie wohl an mir ‚vorbeigerauscht’. New Wave (z.B. Talking Heads) lag mir nicht besonders, oft mit eintönig daher geklampften Gitarren und Synthies. Im Nachhinein entpuppte sich New Wave ja auch als Ausverkauf des Punk. Viele Bands ließen sich durch die großen Schallplattenfirmen korrumpieren. New Wave war zudem vor allem ein angelsächsisches Phänomen. Viele Gruppen, so auch ’Til Tuesday, blieben bei uns fast völlig unbekannt (dafür gab es als Ersatz die ‚Neue Deutsche Welle’). Erst die auf Solofüßen wandelnde Aimee Mann wurde auch in Deutschland bekannt – und fand so mein Interesse. Dazu später mehr.
Hier einige Live-Aufnahmen von ’Til Tuesday. Zunächst vom Debütalbum „Voices Carry“ der Titelsong, zu dem es einige ‚Aufregung’ gab, und ein weiteres Lied. Die Lieder wurden 1986 beim MTV Spring Break aufgenommen (weitere Lieder siehe unter youtube/TwinPeaksReader). Der Titelsong „Voices carry“ wurde übrigens öfter gecovert, u.a. von Tiffany, Carrie Underwood und Courtney Love:
Til Tuesday -Voices Carry Live 1986
Til Tuesday 1986 „Love In A Vacuum“
Weitere Lieder der Band live at The Ritz in New York, NY 1985:
Til Tuesday – I’ll Wait For You
Til Tuesday – Enough To Save You
Und hier noch zwei Aufnahmen von einem Konzert 1987 während der „Welcome Home“-Tour (zur 2. Scheibe der Band) aus Detroit:
Aimee Mann / Til Tuesday – „Yesterday“ live 1987
Til Tuesday – Looking Over My Shoulder / Sleeping And Waking live 1987
Sie ist 1960 in Richmond, Virginia, USA geboren. Zunächst versuchte sie sich als Sängerin und Bassisten mit ihrer ersten Punk-Rock-Band „The Young Snakes“, war dann 1983 Mitbegründerin der New-Wave-Band „’Til Tuesday“, die 1985 mit ihrem ersten Album „Voices Carry“ einen bescheidenen Erfolg erzielte und in der Kategorie „Best New Artist“ den MTV Video Music Award gewann. 1990 löste sich die Band auf. Seitdem arbeitet sie solo. Die Rede ist von Aimee Mann, von der ich hier bereits mehrmals berichtet habe.
Heute ist Aimee Mann als Songwriterin und Sängerin ihrer eigenen Lieder bekannt. So habe ich sie auch mit dem Album „Bachelor No. 2 or The Last Remains of the Dodo“ im Jahre 2000 zum ersten Mal gehört. Ihre ersten Soloalben „Whatever“ (1993) und „I’m With Stupid“ (1995) habe ich erst jetzt in diesen Tagen kennen gelernt. Ihr letztes Album „@#%&*! Smilers“ stammt aus dem Jahr 2008. Die Arbeiten zu einem neuen Album sind angeblich im Dezember 2011 fertig geworden. Bekannt wurde Aimee Mann auch durch den Original-Soundtrack zum Film Magnolia (1999). Das Lied „Save Me“ (hier im Weißen Haus vorgetragen) war Oscar-nominiert. Übrigens hatte Aimee Mann 1998 einen Kurzauftritt als deutsche Nihilistin in dem Film The Big Lebowski von den Coen-Brüdern.
Die Aimee Mann vor ihrer Solokarriere war mir bisher völlig unbekannt. Aber dem Netz sei dank (besonders dank Youtube) gibt es doch das eine und andere Lied zu bewundern. Zunächst zu Aimee Manns erster Band, The Young Snakes, die in Boston gegründet wurde. Neben Aimee Mann (Gesang und Bass) spielten Doug Vargas Gitarre und Mike Evens (der Dave Bass ersetzt hatte) Schlagzeug. Von dieser Band erschien zunächst 1982 eine EP mit fünf Liedern Bark Along with the Young Snakes und 2004 das SammelwerkThe Young Snakes Featuring Aimee Mann, nachdem Aimee Mann solistisch erfolgreich wurde.
The Young Snakes – featuring Aimee Mann
Aimee Mann äußerte sich wie folgt zu ihrer ersten Band: „… a little punk noise-art outfit called the Young Snakes, which was reasonably unlistenable. … Which meant no melody, no chord progression, no sweetness, nothing that sounded good. And the material had to be really avant-garde–no songs about relationships.”
Keine Lieder über Beziehungen, aber avantgardistisch hatte es zu sein. Ist es irgendwie auch, ziemlich außergewöhnlich. Wenn ich das höre, werde ich an Captain Beefheart erinnert. Und bei Aimee Manns Stimme denke ich an die gute Nina Hagen.
Hier zwei Lieder – zunächst eines der fünf von der EP (anschließend das erste Lied von dem 2004 erschienen Sammelwerk der Gruppe):
Natürlich lässt sich das kaum noch mit der Aimee Mann von heute vergleichen. Aber ich finde es schon interessant, welchen musikalischen (und auch stimmlichen) Weg sie vor ihrer Solo-Karriere bestritten hat.
Man soll nicht schlecht über Verstorbene sprechen resp. schreiben. Es ist schon einige Zeit her, da las ich einen Artikel mit der Überschrift Whitney Houston kann nicht ohne Bühne:
„Sie kann es nicht mehr wirklich auf der Bühne – aber noch weniger kann sie ohne. Das habe Whitney Houston mit vielen Promis gemeinsam, wie Borwin Bandelow, Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Göttingen, sagt. Viele Stars treibe Narzissmus, gepaart mit mangelnder Selbstkritik an. Bei Marilyn Monroe, Elvis Presley und Michael Jackson sei es genauso gewesen, sagt der Autor des Buchs Celebrities: Vom schwierigen Glück, berühmt zu sein. Allerdings: ‚Wer selbst Probleme hat, kann Gefühle authentischer rüberbringen.’“
Mich interessierte damals weniger Whitney Houston, dafür mehr das Problem als solches. Hintergrund war eine Diskussion zu Ian Anderson, der ebenfalls nicht ohne Bühne auszukommen scheint. Jetzt ist Whitney Houston im Alter von 48 Jahren gestorben. Die Todesursache ist noch unbekannt. Die Autopsie-Resultate werden erst in Wochen vorliegen. Ein Selbstmord kann nicht ausgeschlossen werden.
Es überrascht schon zu sehen und zu hören, dass die spröde Blonde Aimee Mann ein Weihnachtsalbum herausgebracht hat. Das ist inzwischen allerdings auch schon wieder fünf Jahre her. Da ich schon dabei bin, diverse Musiker, die meinem Gusto (halbwegs) entsprechen und die uns mit Weihnachtsalben, einzelnen Weihnachts- oder winterlichen Liedern überrascht haben (Jethro Tull, Frank Zappa, Blackmore’s Night und zuletzt Ry Cooder), hier Gehör zu verschaffen, so möchte ich hier auch auf das Album One More Drifter in the Snow von Aimee Mann zu sprechen kommen.
Entsprechend amerikanischer Tradition bummelt nun also auch Aimee Mann durch den weihnachtlichen Schnee. Es handelt sich hierbei um eine Sammlung ihrer liebsten Weihnachtslieder, die sie betont ruhig und sparsam instrumentiert. Bis auf „Calling on Mary“, von Paul Bryan und ihr komponiert, gibt es eine Auswahl an Wehnachtsklassikern wie z.B. „White Christmas“ und „God Rest Ye Merry Gentlemen“, das wir auch instrumental von Ian Anderson & Band kennen.
Es mag sicherlich an den Liedern selbst liegen, dass ich mich für viele nicht begeistern kann, vielleicht weil sie zu hollywood-mäßig sind (die begleitende Hawaii-Gitarre finde ich fast schon kitschig). Aber zwei, drei Lieder sind schon ganz okay so. Besonders die Bläser (und das schmetternde Becken) auf „God Rest Ye Merry Gentlemen“ ist sehr reizvoll und natürlich die Eigenkomposition. Aimee Mann sollte bei ihren eigenen Liedern bleiben. Immerhin ein Versuch, einen eigenen Beitrag zum Fest der Liebe zu leisten. Nicht ganz gelungen zwar, aber es gibt Schlimmeres.
Hier die gesamte Playlist:
1. Whatever Happened To Christmas
2. The Christmas Song
3. Christmastime
4. I’ll Be Home For Christmas
5. You’re A Mean One Mr. Grinch
6. Winter Wonderland
7. God Rest Ye Merry Gentlemen
8. Have Yourself A Merry Little Christmas
9. White Christmas
10. Calling On Mary
Aimee Mann: „One More Drifter in the Snow“ (Samples)
Aimee Mann: Whatever Happened To Christmas
Calling on Mary
I heard the sidewalk Santa say:
Merry Christmas, Merry Christmas
Salvation’s coming cheap today
Merry Christmas, Merry Christmas
I searched the skyline for a star
Merry Christmas, Merry Christmas
And baby I wondered where you are
Merry Christmas, Merry Christmas
‚Cause comfort’s not possible when
You look past the joy to the end
Calling on Mary is voluntary
Unless you’re alone like me
If there’s a star above, then it can look like love
When they light up the Christmas tree
When I was young I couldn’t see
Merry Christmas, Merry Christmas
All that my true love gave to me
Merry Christmas, Merry Christmas
She offered sight to the blind
But I’m not the miracle kind
Calling on Mary is voluntary
Unless you’re alone like me
If there’s a star above, then it can look like love
When they light up the Christmas tree
And to all the lost souls down below:
Merry Christmas, Merry Christmas
What’s one more drifter in the snow?
Merry Christmas, Merry Christmas
Merry Christmas! Merry Christmas!
If there’s a star above, then it can look like love
When they light up the Christmas tree
If there’s a star above, then it can look like love
When they light up the Christmas tree
Ruf Records ist ein deutsches Blues-Labels, das 1994 in Lindewerra von Thomas Ruf gegründet wurde und inzwischen ein weltweites Renommee genießt. 2007 wurde Ruf von der ehrwürdigen, amerikanischen Blues Foundation mit „einem der wichtigsten Preise der Blues-Musik-Szene“ (Berliner Zeitung), dem „Keeping the Blues alive Award“, ausgezeichnet. Ruf Records war damit einer der ersten europäischen Preisträger überhaupt. Die musikalische Ausrichtung der Plattenfirma war entscheidend: „Geografische oder enge stilistische Grenzen sind Firmengründer Thomas Ruf fremd“, lobte die Blues Foundation. Getreu dem Firmenmotto „Where Blues crosses over“; erscheinen bei Ruf Records Alben von traditionellem Blues bis bin zu Bluesrock und modernem Blues.
Namhafte Musiker haben sich unter der Obhut dieses Blues-Labels gefunden, die zudem nicht nur für sich Musik machen, sondern sich auch ‚cross over’ zusammenfinden, teilweise bei Produktionen oder jährlich im Rahmen des Blues Caravan-Projekts, um gemeinsam auf Tour zu gehen. Bemerkenswert finde ich den Anteil von Frauen, die bei Ruf Records veröffentlichen.
Bei den Frauen handelt es sich dabei nicht nur um Sängerinnen, sondern auch um Gitarristinnen, die außergewöhnliches Talent zeigen. Ich habe einmal im Netz etwas weiter recherchiert und dabei eine Handvoll ‚Blues Guitar Women’ zusammengetragen, die ich Euch hiermit näher vorstellen möchte. Zur jeweiligen Biografie gibt es nicht allzu viel zu berichten. Ich denke, die jungen Damen überzeugen durch ihr Können.
Zunächst Sue Foley (eigene Website: suefoley.com), die 1968 in Ottawa, Ontario, Kanada) geborene kanadische Bluessängerin, Gitarristin und Songschreiberin.
Aus Helsinki, Finnland, stammt Erja Lyytinen und zeigt, dass nicht alle Finnen Tango tanzen, sondern durchaus auch dem Blues zugetan sind (Erja Lyytinen – Voracious Love PROMO zu letzten CD):
Ebenfalls aus Kanada stammt Roxanne Potvin (eigene Website: roxannepotvin.com), die 1982 in Regina, Saskatchewan geboren wurde und zweisprachig aufwuchs.
Soviel zu der Handvoll “Blues Guitar Women“. Eine außergewöhnliche Sängerin scheint in Wien, Österreich, zu Hause zu sein. Meena Cryle, auch nur kurz Meena genannt, erinnert mich sehr stark an Janis Joplin und könnte sehr gut als deren Reinkarnation durchgehen:
MEENA – Rather Be Blind (Video Clip mit Erja Lyytinen)
Zuletzt, damit die Herren nicht ganz so blöde dasteht, hier einen Sänger und Gitarristen, der in der kleinen Stadt Centralia, Illinois/USA, geboren wurde: Corey Stevens (eigene Website: coreystevens.com) erinnert mich sehr stark in Gesang und Gitarrenspiel an keinen Geringeren als Eric Clapton:
Auf diesem Album trifft Norah Jones auf Künstlerkollegen jeglicher Couleur von Country und Jazz bis HipHop und Rock. Zu den 18 Songs dieses stilistisch entsprechend breit gefächerten Blue-Note-Albums zählen Duette mit Legenden wie Ray Charles, Willie Nelson und Dolly Parton ebenso wie Aufnahmen mit angesagten Acts unserer Zeit wie Ryan Adams, OutKast und den Foo Fighters.
… Featuring reicht von einer ihrer frühesten Aufnahmesessions überhaupt (eine Coverversion von Roxy Musics „More Than This“ mit dem Jazzgitarristen Charlie Hunter aus dem Jahr 2001) bis hin zu den jüngsten Zusammenarbeiten, „Little Lou, Ugly Jack, Prophet John“, aufgenommen mit der britischen Indie-Pop-Band Belle and Sebastian, die den Song auch auf ihr aktuelles Album „Write About Love“ genommen hat.
Drei Songs auf „…Featuring“ erschienen ursprünglich auf mit einem jeweils mit dem Grammy ausgezeichneten Album des Jahres (Ray Charles’ Genius Loves Company, Herbie Hancocks River: The Joni Letters und OutKasts Speakerboxxx/The Love Below). Das Album enthält zudem einige Beispiele von Norah Jones‘ weiteren Bands und Seitenprojekten (The Little Willies und El Madmo) sowie Aufnahmen mit Künstlern, mit denen sie auf Tour war, darunter M. Ward, Sasha Dobson, Gillian Welch und David Rawlings. Neben Klassikern von Elvis Presley, Johnny Cash, Joni Mitchell und Roy Orbison kann man hier auch Songs von Ryan Adams und Q-Tip entdecken. Natürlich gibt es auch Lieder von Norah Jones selbst, die wir aber schon kennen.
18 Lieder aus 10 Jahren Musikschaffen mit viel Prominenz. Und trotzdem bin ich eher enttäuscht. Natürlich gibt es einige schöne Lieder. Aber insgesamt ist es nicht ‚meine’ Musik. Manches passt einfach nicht: Als Hip-Hopperin wirkt Norah Jones wie ein Fremdkörper. Im Duett mit Willie Nelson ist eher dieser fremd am Platze. Es ist des Guten einfach zu viel. Da mag Preisgekröntes vorgetragen sein, aber es fehlt mir am Ende doch etwas das Rockige. Als Hintergrundmusik zur Dämmerstunde in Cafés und Lounges mag es passend sein – eigentlich auch wieder schade dazu -, aber auf Dauer wirkt es auf mich einschläfernd. Tut mir Leid.
Erst vor gut drei Jahren erhilft Joan Armatrading mit dem (für ihre Verhältnisse) immens erfolgreichen „Into The Blues“ die verdiente weltweite Anerkennung als Multi-Instrumentalistin und –Talent: die CD wurde für den Grammy nominiert und als erste britische Künstlerin kam sie auf Platz 1 der Billboard-Blues-Charts. Mit diesem Meilenstein im Rücken kehrt die Britin nun selbstbewusster denn je zurück und spielte ihr mittlerweile 17. Studiowerk (fast) This Charming Life komplett im Alleingang ein.
Alleine die Schlagzeugarbeit überließ sie dem erfahrenen Miles Bould, alles andere bettete Armatrading überaus souverän in ihr opulentes Korsett aus hocheffizientem Rock, der mit vielen Folk-, Soul- und Singer-Songwriter/Elementen verwoben ist. Im Titelsong bedankt sie sich beinahe schüchtern bei allen, die ihr „This Charming Life“ ermöglicht haben – ein Leben, das das Schaffen von Musik und den dazugehörigen Geschichten ermöglicht. Und die drehen sich hauptsächlich um Liebe, Beziehungen, um den persönlichen Ursprung und um das „Wohin?“.
Die Instrumentierungen sind wie gewohnt allererste handwerkliche Sahne: Neben dezenten Keyboardflächen, die in koketten Rhythmen münden („Love Love Love“), gibt es sehr schöne sphärische Momente („People Who Win“), groovenden Rock („Heading Back To New York City“) und fein ausgearbeitete mehrstimmige Vokalarbeit („Cry“). Joan Armatrading ist vielseitig, die Gitarre darf aufjaulen („Two Tears“), ja sogar ein ausschweifendes psychedelisches Gitarrensolo gibt es („Best Dress On“). Trotz all der Klasse, die sich die fast 60-Jährige über die Jahre völlig zu Recht erspielt hat, bleiben die ganz großen Momente auf „This Charming Life“ aber dann doch eher die Ausnahme. Deshalb wird diese Platte kaum den bleibenden Eindruck des bereits erwähnten Vorgängers hinterlassen.
„Obgleich sich mein aktuelles Album ausschließlich einem übergeordneten Genre widmet und dadurch von seinen Vorläufern unterscheidet“, betont Joan Armatrading, „bedeutet das keine radikale Veränderung meiner Musik. Alles geschieht stets in der für mich typischen Art! Ich will mich doch nicht wiederholen oder in der Vergangenheit stehen bleiben. Mir ist es wichtig, auf der Höhe der Zeit zu sein, ohne mich den jeweiligen Trends anzubiedern, schließlich möchte ich mir stets selber treu bleiben und das genießen, was ich tue!“
Als Inspiration für ihre Kompositionen dienen Joan Armatrading eigene Beobachtungen: „Ich schaue mir meine Mitmenschen an, wie sie aufeinander reagieren und welche Folgen das hat. Oder ich bin Zeuge einer interessanten Unterhaltung beziehungsweise sehe etwas, das mich bewegt. Dazu kommen dann Werke über Denkanstöße rein persönlicher Natur.“ Stets sind es Gefühle, die ihr einen Anlass geben, daraus ein Lied zu entwickeln. „Manchmal habe ich dann den Text als Erstes, mal indes eine musikalische Idee. Generell komponiere ich entweder an der Gitarre oder dem Klavier, wobei die Songs vorgeben, an welchem Instrument sie entstehen wollen“. Dass Joan Armatrading samt Band auf Tour einige Tracks von „This Charming Life“ neben den bekannten Titeln und einem Querschnitt ihres Schaffens wird live präsentieren können, darauf freut sie sich: „Diese Mixtur aus Alt und Neu zeigt, dass es mir wichtig ist, mich konstant weiterzuentwickeln!“