Kategorie-Archiv: Fußball: Welt- und Europameisterschaften

Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006/2010 & Europameisterschaft 2008

Südafrika, wir kommen

Neben Gastgeber Südafrika haben sich bisher 22 Mannschaften für die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden im nächsten Jahr qualifiziert:

FIFA Worldcup 2010 South Africa

Aus Europa Dänemark, die Schweiz und die Slowakei, Deutschland, Spanien, England, Serbien, Italien und die Niederlande. Als beste Gruppenzweite müssen noch in die Relegation folgende Ländermannschaften: Portugal, Griechenland, Slowenien, Russland, Bosnien-Herzegowina, die Ukraine, Frankreich und Irland.

Aus Asien: Australien, Japan, Süd- und Nordkorea. Der 5. der Qualifikation Bahrain muss in die Relegation gegen Neuseeland (für Ozeanien) antreten, das Hinspiel ist bereits gespielt und endete 0:0 in Bahrain.

Aus Nord- und Mittelamerika: die USA, Mexiko und Honduras. Der Vierte der Qualifikation muss gegen den 5. aus Südamerika antreten: Costa Rica – Uruguay.

Aus Südamerika kommen Brasilien, Chile, Paraguay und Argentinien.

Aus Afrika haben sich bisher nur Ghana und die Elfenbeinküste für die WM qualifiziert. Weitere Kandidaten sind Kamerun oder Gabun, Tunesien oder Nigeria bzw. Algerien oder Ägypten.

Im Kampf um die letzten Tickets wird in den noch ausstehenden Gruppenspielen in Afrika und in so genannten Playoffs das WM-Teilnehmerfeld komplettiert. Die Auslosung für die restlichen vier europäischen Vertreter findet am Montag, 19. Oktober, statt. Die Relegationsspiele werden am 14. und 18. November gespielt.

Frischer Wind dank echtem „Zehner“

Endlich hat es Joachim Löw, der Fußball-Bundestrainer, gewagt, den jungen Bremer Mesut Özil von Anfang an ins Spiel zu bringen, da belohnt dieser die Zuschauer mit einem ideenreichen Spiel aus dem offensiven Mittelfeld beim gestrigen 2:0-Sieg gegen Südafrika.und knüpft damit an die sehr guten Leistungen der letzten Wochen an. Als echter „Zehner“ (trotz der 22 auf dem Rücken) bestimmte Özil über lange Strecken das Spiel und steckte auch seine Mitspieler an, die zu gekonntem Kombinationsspiel zurückgefunden haben. Beleg hierfür war der mustergültige Pass von Miroslav Klose genau in die Schnittstelle zwischen den beiden gegnerischen Abwehrspielern auf Özil, der im gekonnten Abschluss sein erster Länderspiel machte.

Mesut 'Messi' Özil

Bundestrainer Löw: Mesut (Özil) hat heute gezeigt, dass er viel Kreativität ins Spiel bringt, er hat ein Auge für gut postierte Mitspieler und hat viele gefährliche Situationen eingeleitet. Er ist ein Mann für die Zukunft, muss aber auch noch lernen, etwa in der Rückwärtsbewegung.

Bezogen auf das Qualifikationsspiel zur Fußballweltmeisterschaft gegen Russland in Moskau am 10. Oktober ist diese ‚leichte’ Kritik sicherlich berechtigt. Das Spiel gegen die Russen ist das wichtigste Spiel dieses Jahres. Da muss jeder Spieler alles geben. Mit Özil als Ideengeber und, wenn er in die Spitze geht, auch als Vollstrecker kommt frischer Wind in das zuletzt eher muffige Spiel des deutschen Teams. Michael Ballack über Özil: „Hoffentlich behält er diese Unbekümmertheit, das tut der Mannschaft unheimlich gut.“ Dem SV Werder hat es in den letzten Wochen auf jeden Fall nicht geschadet.

siehe auch zdf.de über Özil und Özil & das Video: Özil und Adler die Gewinner

Eine Nachbetrachtung zum WM-Qualifikationsspiel Georgien – Italien: Zwei Eigentore eines Italien-Legionärs hielten Weltmeister Italien auf WM-Kurs. Ausgerechnet Georgiens Abwehr-Routinier Kachaber Kaladse, seit 2001 in Diensten des AC Mailand, versenkte beim 0:2 gegen die Squadra Azzurra zweimal den Ball im eigenen Tor (57./67.). Dass ich kein großer Fan des italienischen Fußballs bin, werden viele schon gemerkt haben. Ich hasse diese Spielweisen, die nur streng ergebnisorientiert ausgerichtet sind wie das bekannte Catenaccio der Italiener (Spielsystem 5-4-1 bis hin zum 10-0-0). Die zweifachen Eigentore eines Spielers des AC Mailand stinken in meiner Nase auf jeden Fall gewaltig … (siehe Video bei zdf.de)!!!

Mit Multikulti zur Europameisterschaft

Für den unermüdlichen Fußballfan gab es in den letzten Tagen ja noch einmal Fußball satt im Fernsehen. Zunächst gab es die Mini-WM, den Confed Cup in Südafrika – gewissermaßen auch als Test für die im nächsten Jahr dort stattfindende Weltmeisterschaft. Nachdem die USA überraschend Spanien im Halbfinale ausschalten konnte (das Spiel erinnerte mich an viele Werder-Spiele in dieser Saison: wie Werder war Spanien zwar überlegen, konnte aber die Torchancen nicht in Tore ummünzen – und verlor so am Ende), gingen die Amerikaner auch gegen Brasilien im Endspiel 2:0 in Führung. Am Ende konnten die Brasilianer aber in einer Aufholjagd mit 3:2 siegen und den Cup-Gewinn von vor vier Jahren wiederholen.

Nachdem die Spanier in der Gruppenphase an ihre Erfolgsserie bei der Europameisterschaft 2008 und Qualifikation zur WM 2010 anknüpfen konnte, fanden sie im Halbfinale gegen die USA nach 15 Siegen in Folge wieder ihren Meister. Lässt man den Spaniern möglichst wenig Raum zum Entfalten ihrer Kombinationsspiels, dann geht auch ihnen schnell die Puste aus.

Die Überraschungsmannschaft war ohne Zweifel die USA, die auch gegen Brasilien lange Zeit mithalten konnte. Man darf gespannt sein, wie es im nächsten Jahr weitergeht. Die Brasilianer haben sich wieder in die Favoritenrolle gehievt. Spanien ist dafür wieder auf dem Boden der Tatsachen zurückgekehrt.

Neben dem Confed-Cup spielten fast zeitgleich die U21-Nationalmannschaften in Schweden um den Europameistertitel. Nachdem bereits im letzten Sommer die deutsche U19-Mannschaft Europasieger mit einem 3:1-Sieg gegen Italien in Tschechien wurden (Trainer war übrigens Horst Hrubesch) und im Mai diesen Jahres das deutsche Team als Gastgeber die U 17-EM in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gewann (im Finale in Magdeburg setzte sich das Team von DFB-Trainer Marco Pezzaiuoli gegen die Niederlande 2:1 (1:1) nach Verlängerung durch), hat es jetzt die deutsche U21-Mannschaft geschafft und mit einem 4:0-Sieg gegen England zum ersten Mal auch diesen Europameistertitel gewonnen. Trainer des Erfolgteams: Horst Hrubesch.

Bilderserie bei zdf.de: Die deutsche U21-Auswahl

Wenn man die Namen einzelner Spieler liest, dann wird einem schnell klar, dass hier Multikulti am Werk ist: Gonzalo Castro ist spanischer Abstammung, Mesut Özil ist Deutsch-Türke, Dennis Aogo hat einen nigerianischen Vater und Jerome Boateng einen ghanaischen; Änis Ben-Hatira ist tunesischer Abstammung, Fabian Johnsons Vater ist US-Amerikaner, Sami Khedira hat einen tunesischen Vater und Ashkan Dejagah ist iranischer Abstammung. Deutsche Namen besagen zudem nicht, dass die Spieler mit diesen Namen auch in Deutschland geboren wurden: Andreas Beck wurde in Kemerowo, im Westen Sibiriens geboren, Marko Marin in Bosanska Gradiška, Bosnien und Herzegowina – und Sebastian Boenisch in Gliwice, Polen.

U21-Europameister 2009: Höwedes, Özil und Boenisch

Also viele Spieler der U21-Mannschaft haben einen Migrationshintergrund oder sind Spätaussiedler. Und der Erfolg der gesamten Mannschaft zeigt, dass gerade Fußball einen guten Beitrag zur Integration leisten kann. Unabhängig von ihrer Herkunft sind die Spieler zu einem hervorragendem Team zusammengewachsen – und mich als Werder-Fan erfreut es natürlich am meisten, dass Mesut Özil, Thronfolger von Diego beim SV Werder Bremen, besonders im Endspiel seine ganze Klasse zeigen konnte.

siehe Videos bei zdf.de: Multikulti zum SiegBärenstarker ÖzilSuperabend für Super-Özil

Video: Das Endspiel der U21 Deutschland – England in voller Länge

Den Gipfel verfehlt

„44 Tage nach dem offiziellen Start der „Bergtour 2008“ mit der Bekanntgabe des DFB-Aufgebots für die Fußball-EM auf der Zugspitze ist Joachim Löws Projekt kurz vor Erreichen des Gipfels für die Deutschen jäh zu Ende gegangen.“

Spanien ist also Fußball-Europameister 2008. Und es gibt keinen Zweifel, dass die Iberer das Turnier verdient gewonnen haben. Luis Aragonés, der fast 70-jährige Fußball-Fuchs, hat eine Reihe junger Individualisten zu einer starken Mannschaft geformt, die durch Kurzpassspiel das deutsche Mittelfeld immer wieder schlecht aussehen ließ. Und bei dem gekonnten Spiel in die Spitze hatte die deutsche Abwehr ein ums andere Mal das Nachsehen.

Deutschland - Spanien 0:1 (Tor durch Torres)

Eigentlich sollte man in Deutschland froh sein, das Endspiel erreicht zu haben. Insgesamt gab es nur wenige Höhepunkte in den Spielen mit deutscher Beteiligung. Lediglich gegen Polen konnte die Mannschaft 60 Minuten lang glänzen. Und auch gegen Portugal gelang es, taktisch diszipliniert und spielerisch gradlinig aufzutreten. In den anderen Spielen überwog Schatten dem Licht. So kann man insgesamt nicht Europameister werden.

Joachim Löw hat weiterhin viel Arbeit vor sich. In der Qualifikation zur WM 2010 geht es u.a. gegen die Russen, deren junges Team zu den Überraschungsmannschaften bei der EM 2008 gehörte. Löw selbst hat ebenfalls eine junge Mannschaft zusammengeführt, der einige Routiniers zur Seite stehen. Von Letzteren sollte sich aber der eine oder andere Gedanken machen, von der Nationalmannschaft zurückzutreten und ebenfalls jungen Spielern Platz zu machen. An aller erster Stelle denke ich da an Jens Lehmann, der nicht immer glücklich agierte. Souveränität sieht anders aus! Aus Lehmanns Worten ist allerdings zu entnehmen, dass er nicht an Rücktritt denkt:

Jens Lehmann: „Ich bin sehr enttäuscht über den Ausgang des Finales. Es war wohl meine letzte Europameisterschaft. Es kommen jetzt Gedanken auf: vielleicht hätte man etwas besser machen können. Der Konjunktiv ist der Feind des Verlierers, auch wenn wir das Maximum rausgeholt haben. Auf schlechte Spiele folgten gute, aber diesen Rhythmus haben wir diesmal nicht durchhalten können.“

siehe auch zdf.de: Die Sprüche zur EM

Vor dem Finale

Bald hat Partyotismus und Patriotismus wieder ein Ende. Dann werden die Fähnlein nach und nach eingerollt, damit sie im Tageslicht nicht gänzlich verbleichen. Denn nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Und nach der EM ist vor der EM. Aber da kommt ja erst noch die WM 2010 in Südafrika. Dann geht der ganze Spuk wieder von vorne los.

Aber noch erwartet uns heute Abend das Finale der Fußball-Europameisterschaft 2008: Deutschland gegen Spanien! Und wenn das Spiel hält, was uns verheißen ist, dann sollte es ein großes Finale werden. Wer da wohl am Ende die Nase vorn hat? Ich meine: Der Bessere soll gewinnen. Wenn das das deutsche Team sein sollte, okay. Wenn die Spanier, dann eben die …

Als ich mit meinen Lieben 1998 in Spanien Urlaub machte, da war gerade die Fußball-WM in Frankreich, die die Gastgeber dann ja auch gewannen. Und überall konnte man die Trikots der teilnehmenden Mannschaft kaufen. Natürlich wollten auch meine Jungs jeder ein Trikot. Lukas, der Jüngere, entschied sich für Brasilien. Und Jan für ein spanisches Trikot, gewissermaßen als Reverenz an das Urlaubsland. Dieses Trikot haben wir nun wieder ausgegraben. Und es hängt jetzt in Lukas’ Fenster … sozusagen als Kompensation zu all den vielen schwarz-rot-goldenen Fähnchen in unserem Land:

Spanien packt Deutschland in den Sack

Ich denke, Spanien gewinnt 3:1!

Wenn das Glück die Seite wechselt

Dreimal ist Bremer Recht, viermal ist auch nicht schlecht, sagt man in Bremen, ist klar, wo sonst. Dreimal haben die Türken bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 in den letzten Minuten ein Spiel noch mit Last-Minute-Toren zu ihren Gunsten gekippt. Und auch wieder im Halbfinale gegen Deutschland schafften sie in der 86. Minute den Ausgleich (Lahm und besonders Lehmann sei Dank). Aber dann war des Glückes genug für die Türken. Es wechselte klammheimlich die Seite und Lahm durfte einige seiner Fehler wieder gut machen, indem er den 3:2-Siegtreffer erzielte – in der 90. Spielminute!

Lehmann und der Kullerball
Lehmann: Ei, da kommt der Kullerball …!
Lehmann und der 2:2-Ausgleich der Türken
Lehmann: Böser Türke, was machst du denn da?!

Fußball zum Abgewöhnen

Bot die Vorrunde noch wirklich ansehnlichen Fußball, so beherrschte taktisches Geplänkel das Viertelfinale bei der Fußball-Europameisterschaft 2008. Die größte Enttäuschung: Der „Europameister der Vorrunde“, die Niederlande. Der Mannschaft war über Nacht jeder Mut zum Risiko, jeder Spielwitz und jegliches Selbstvertrauen abhanden gekommen. So gewann ein junges, unbekümmert aufspielendes russisches Team völlig verdient gegen die Holländer.

EM 2008: Russland - Niederlande 3:1 n.V.

Und mit einer taktischen Meisterleistung, allerdings auch mit einer spielerisch guten Vorstellung, konnte eine deutsche Elf den Mitfavoriten Portugal schlagen, der ebenfalls nicht an die Leistung der Vorrunde anknüpfen konnte.

Fußball zum Abgewöhnen boten dagegen Kroatien gegen die Türkei. Sicherlich muss man den Türken zugute halten, bis zuletzt gekämpft zu haben, wenn es auch mehr Krampf als Kampf war, was da geboten wurde. Dieses Hin- und Hergeschiebe des runden Spielgeräts im Mittelfeld konnte keinen aus dem Sessel reißen. Nach 90 Minuten habe ich das Fernsehgerät ausgeschaltet. Mir fielen die Augen zu. Mein jüngerer Sohn war bereits eingeschlafen …. Ähnliches dann auch beim Spiel Spanien gegen Italien. Als hätte ich es geahnt, habe ich es mir geschenkt, das Spiel anzuschauen (ich schlafe lieber in meinem Bett als auf der Couch vor dem Fernseher).

Ungewöhnlich dabei das Ausscheiden der hoch gehandelten Favoriten. Es mag ja sein, dass die OK-Runde andere Gesetzen hat als die Vorrunde. Aber wer seine Spielweise auf taktische Mätzchen reduziert, muss fürchten, auf der Verliererstraße zu landen.

Deutschland spielt jetzt also im Halbfinale gegen die Türkei. Sicherlich hat der deutsche Bundestrainer Recht, wenn er meint, die Türken wären unberechenbar und gefährlich. Wer aber nichts wagt, der kann auch nichts gewinnen. Ähnlich wie gegen Portugal muss die deutsche Mannschaft daher couragiert auftreten, das Heft in die Hand nehmen und nach vorn spielen. Angriff ist bekanntlich die beste Verteidigung. Also, Herr Löw, keine taktisches Sperenzien. Wohin das führt, haben wir im Viertelfinale zuhauf gesehen. Und aufgepasst bis zur letzten Spielsekunde: Die Türken (bei deren Glück) sind immer noch für ein Tor kurz vor Toresschluss gut!

Im 2. Halbfinale trifft Russland erneut auf Spanien. Das Spiel dürfte anders als in der Vorrunde (4:1 für Spanien) ausgehen. Die jungen Russen haben Mut gefasst und werden es den Spaniern nicht noch einmal so einfach machen.

Da meine Viertelfinal-Tipps völlig in die Hose gegangen sind, verzichte ich auf weitere Tipps fürs Halbfinale und das Endspiel. Wer hätte schon 2004 auf Griechenland getippt (außer einige Griechen). Wahrscheinlich gewinnt am Ende die Türkei. Auf jeden Fall nicht die Italiener!

Das Wunder von Basel

Die Augen musste man sich reiben: War das Wirklichkeit oder Traum? Nach dem Schlafwagenfußball in der Vorrunde, hatte jemand die deutsche Mannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 aus dem Wachkoma geweckt. Wie Phoenix entstiegen die Fußballhelden der Asche. Auferstanden aus Ruinen: Die deutsche Mannschaft gewinnt das erste Viertelfinale gegen Portugal für viele überraschend mit 3:2.

Aber was war geschehen? Sicherlich war es ein geschickter taktischer Schachzug, das Mittelfeld stärker zu besetzen. Vielleicht kam da der Ausfall von Frings (Rippenbruch) gerade recht, um endlich auch personelle Veränderungen vorzunehmen. Aber es war etwas anderes: Die Verbannung des Bundestrainers Löw auf die Tribüne wirkte wie der schrille Wachruf eines Weckers, der alle Beteiligten aus dem Schlaf riss. Die hehren Ziele vergangene Tage (für Vaterland und Merkel – for Queen and Country) ziehen nicht mehr. Selbst Kohle haben die Jungs genug. Aber für Löw ist man bereit zu sterben siegen. Hoffentlich hält dieser Wachzustand noch ein, zwei Spiele länger an.

Auch Klose triff wieder - Ronaldo darf zugucken

Aber Deutschland ist nicht alles. Es warten noch drei weitere spannende Paarungen im Viertelfinale auf uns. In meinen wagemutigen Tipps zu dieser Fußball-EM habe ich immerhin sechs der acht Viertelfinalteilnehmer richtig getippt. Lediglich (wenn auch entscheidend) bei der Niederlande und der Türkei habe ich mich getäuscht. Okay, tauschen wir einfach Frankreich gegen die Niederlande und Tschechien (die es ja selbst vermasselt haben) gegen die Türkei. Dafür habe ich die Russen ins Viertelfinale einziehen lassen – und mit Arschawin, der die ersten beiden Spiele der Vorrunde gesperrt war, gegen Schweden aber groß aufspielte, muss man den Russen einiges zutrauen – auch wenn es gegen die Niederlande geht. Es verspricht, ein interessantes Spiel zu werden.

Wie befürchtet (Ein Traum in oranje), haben es die Italiener doch noch eine Runde weiter geschafft. Immerhin konnte so der kollektive Suizid der Italiener verhindert werden. Und fast befürchte ich, dass die Italiener in einer harten Gangart die eleganten Ballzauberer aus Spanien entzaubern. Bleibt noch Kroatien gegen die Türkei. Die Türken dürften ihr Maximum erreicht haben (und mein jüngerer Sohn das richtige Näschen besitzen – immerhin tippte er auf Kroatien als neuen Europameister).

Für mich sieht es so aus, als würden folgende Mannschaften die Halbfinals bestreiten:

Deutschland – Kroatien
Niederlande – Italien

Die erstgenannten Mannschaften kommen dann (laut meiner bescheidenen Meinung) ins Endspiel. Und da mein Tipp, Portugal wird Europameister 2008, bereits in die Hose gegangen ist, könnte doch glatt das deutsche Team Europameister werden. Na, Franzl, da schaun mer mal! (Nein, ich tippe auf die Niederlande – aber Hauptsache ist, die Italiener gewinnen nicht!).

Högschde Disziplin?

Nach dem grottenschlechten Spiel gegen Kroatien gelobte der Bundestrainer Besserung. Nun schlechter ging nicht mehr, aber viel besser war es dann auch nicht: Deutschland gewann durch ein Freistoßtor von Ballack mit Hängen und Würgen 1:0 gegen den Gastgeber Österreich und zieht damit ins Viertelfinale gegen Portugal ein. Wie gut, dass die Österreicher im Abschluss vor dem Tor nicht nur während der ersten Spiele, sondern auch in der Partie gestern ohne Wirkung blieben und der Schiedsrichter in einer umstrittenen Situation Österreich keinen Strafstoß gab. So kann das Spiel als Arbeitssieg abgehakt werden.

Wurden die Prinzipien, die der Bundestrainer Joachim Löw ausgegeben hat, im ersten Spiel gegen Polen noch halbwegs beherzigt, so war in den Spielen gegen die Kroaten und auch gegen Österreich wenig von Agieren statt reagieren, Tempo machen und Eigeninitiative zu sehen. Selbst der Teamgeist lag brach. Nichts von „högschder Disziplin“. Sollte die Mannschaft irgendwie nicht gegriffen haben, was Herrn Löw da vorschwebte? Haben die Spieler Herrn Löw überhaupt „verstanden“ (bekanntlich kann man auch im Landkreis Lörrach alles außer hochdeutsch)?

Neben dem Freistoßtor war der eigentliche Höhepunkt die Strafversetzung der beiden Trainer (Löw und Hickersberger, Teamchef der Österreicher) von der Trainerbank auf die Tribüne, nachdem sich die beiden Herren fast in den Haaren gelegen hatten. So konnte Herr Löw mit unserer Bundeskanzlerin, Frau Merkel, einen kleinen Plausch halten, den diese bereits zuvor mit Schweini (Bastian Schweinsteiger, ihrem Lieblingsspieler) halten durfte. Die Kanzlerin war mit großen Tross angereist (5 , 6 Minister im Gepäck), u.a. auch die „Stones“ (Steinbrück und Steinmeier), von denen sich besonders Herrn Steinmeier unendlich gelangweilt haben muss (mit müden Augen blätterte er im Regelwerk des Fußballs):

Steinmeier zu Merkel: „Wenn ich das richtig verstanden habe, dann war das eben ein Abseits, Angie!“ – Merkel: „Mann, Frank-Walter, jetzt ist doch Halbzeitpause, wo soll da ein Abseits sein?“ – Steinmeier: „Ich meine ja nur theoretisch! Und warum bekommt nicht jeder Spieler einen Ball, davon steht hier nichts drin, dass die nur einen Ball haben!“ – Merkel: „Frank-Walter, jetzt reicht ’s! Lies das etwas genauer durch …Und lass mich in Ruhe mit Deinen sozialdemokratischen Spitzfindigkeiten!“

Angie trägt oranje
Übrigens Frau Merkel: Ihr oranjes Jäckchen steht ihnen wirklich ausgezeichnet. Sollten Sie etwa den Niederländern ob ihres schönen Spiels geneigt sein?

Kleiner Nachtrag: Fußball-Österreichisch für Deutsche:

Fußball: Bemmerl
Fußball spielen: ballestern
Tor – Goal
Elfmeter: Öfa
Eckball: Korner
Eine hohe Niederlage erleiden: an Schraufn kriang (eine Schraube kriegen)
Kopfball: Köpfler
Strafstoß: Penalty
Torwart: Goalmann
Ein Tor infolge eines unglücklichen Torwartfehlers: Steirertor
Abziehen: anreißen
„Wembley-Tor“: Lattenpendler
Schiri-Assi: Out-Wachler
Fußballschuhe: Bakla
Spannendes Spiel: Wödpartie

Fußballersprüche

Ja, wenn unsere Herren Profifußballer (und Trainer) den Mund aufmachen, dann kommt schon merkwürdig krauses Zeug heraus. Dabei sind nicht alle eigentlich Döspaddel, wie man hier in Norddeutschland sagt. Von den im EM-Aufgebot stehenden Spielern haben viele Abitur (Metzelder sogar mit einem Notendurchschnitt von 1,8) oder mindestens mittlere Reife (sogar Frings, Schweinsteiger und Podolski), nur Miroslav Klose hat lediglich einen Hauptschulabschluss, dafür aber eine abgeschlossene Zimmermannsausbildung (mit der Note sehr gut).

Natürlich können jedem Versprecher unterlaufen, aber wer schon so mit vor Stolz geschwollener Brust meint, auch noch geschwollen reden zu müssen, muss sich solche verbalen Ausrutscher immer wieder aufs Brot schmieren lassen. Übrigens: auf Sprüche von Herrn Thomas Doll, zz. arbeitsloser Fußballtrainer, habe ich hier verzichtet. Denn meist redet er in einem solchen Wortschwall und hochtrabend-unsinnig, sodass jeder Normalmensch spätestens nach 5 Minuten die Ohrläppchen hochklappt. Und auch von Herrn Andreas Möller habe ich nur einen Spruch ausgraben können; alles andere von ihm Gesagte ist fast immer in Tränen aufgelöst unverständlich geblieben.

Besonders schön sind Sprüche mit Drehern, d.h. „geflügelte Worte“ bzw. Zitate, in denen Begriffe verdreht wurden:

Wie so oft, liegt auch hier die Mitte in der Wahrheit. (Rudi Völler)
Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken. (Lothar Matthäus)

Die nackte Wahrheit: Pele & Beckenbauer
Die nackte Wahrheit

Schwer tun sich die Jungs auch dann, wenn Fremdwörter ins Spiel kommen:
Ich habe ihn nur ganz leicht retuschiert. (Olaf Thon)
Wir können sowas nicht trainieren, sondern nur üben. (Michael Ballack)

Auch bei den geografischen Kenntnissen hapert es leider oft, obwohl die Herren Fußballer doch eigentlich weit in der Weltgeschichte herumkommen:

Ich fliege irgendwo in den Süden. Vielleicht nach Kanada oder so. (Mehmet Scholl)
Mailand oder Madrid? Hauptsache Italien! (Andreas Möller)
Die Schweden sind keine Holländer – das hat man ganz genau gesehen. (Franz Beckenbauer)

Ansonsten ist Fußball nicht nur die schönste Nebensache der Welt, sondern auch die einfachste, oder? Poldi: Fußball ist einfach: Rein das Ding – und ab nach Hause (Lukas Podolski).

Spitzfindig wird es bei Vogts: Die Breite an der Spitze ist dichter geworden (Berti Vogts). Und selbst der frühere Fußballbundestrainer wusste: Fußball ist deshalb spannend, weil niemand weiß, wie das Spiel ausgeht (Sepp Herberger).

Was Herr Kahn nur meint, wenn er sagt: Wir brauchen Eier! (Oliver Kahn). Ansonsten hat er den vollen Durchblick: Es ist eigentlich wie es immer im Leben ist, die Vergangenheit ist vorbei (Oliver Kahn). Und wer Eier braucht, der ist auch hart gegen sich selbst: Bei einer Weltmeisterschaft gibt es keine Schmerzen (Oliver Kahn). Immerhin: Die Fans müssen wissen, dass ich kein Clown bin (Oliver Kahn) und: Es ist schon verrückt, was der Fußball aus mir macht (Oliver Kahn).

Bei der Berufswahl tat sich der Loddar etwas schwer, nachdem er die eigenen Fußballstiefel an den Nägel hängte: Schiedsrichter kommt für mich nicht in Frage, schon eher etwas, was mit Fußball zu tun hat (Lothar Matthäus).

Hier noch weitere schöne Sprüche: Ich habe mehr Körper als alle anderen. Nur den habe ich eingesetzt (Karsten Jancker) – Was meine Frisur betrifft, da bin ich Realist (Rudi Völler) – In der Schule gab es für mich Höhen und Tiefen. Die Höhen war der Fußball (Olaf Thon) – Ich habe in einem Jahr sechzehn Monate durchgespielt (Franz Beckenbauer) – Wir haben alle Möglichkeiten das Achtelfinale nicht zu erreichen (Franz Beckenbauer) – Dann kam das Elfmeterschiessen. Wir hatten alle die Hosen voll, aber bei mir lief `s ganz flüssig (Paul Breitner).

Frau Vogts möchte ich übrigens nicht sein, denn: Hass gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle sollte man mit seiner Frau im Wohnzimmer ausleben (Berti Vogts).

Nun, gut! Es soll nicht übertrieben werden, daher zum Schluss der gute Andie: Ich sage nur ein Wort: Vielen Dank! (Andreas Brehme) – Bitte, Herr Brehme!

Die Fußball-Philosophen

Grundlegende Weisheiten wie „Der Ball ist rund!“ und „Ein Spiel dauert 90 Minuten!“ haben unser Weltbild entscheidend geprägt. Dass „das Runde ins Eckige muss“, ist eine Erkenntnis, die uns mit der Muttermilch eingeflößt wurde. Und „nach dem Spiel ist bekanntlich vor dem Spiel!“: Emanuel Kant hätte es nicht besser ausdrücken können, denn hiermit bildet sich prägnant die Apperzeption des sukzessiven Fortstreitens heraus: Das Leben geht weiter!

Gerade das Begreifen zeitlicher („90 Minuten“, „vor bzw. nach dem Spiel“) wie räumlicher („rund“, „eckig“) Attribute des Seins kommuniziert mit einem autochthonen Grundwesen. Eine Erkenntnis wie „Der Ball ist rund!“ assoziiert unausgesprochene Begrifflichkeiten wie „grüner Rasen“, „der Schiedsrichter ist eine Pfeife“ und „am Ende gewinnen doch wieder die Deutschen!“, obwohl gerade Letzteres (aus England stammend) in der heutigen Lehre wieder arg bestritten wird.

Besonders bemerkenswert ist, dass Fragen der Selbstkritik und der Wirklichkeiten dabei nicht ausgelassen werden. Beeindruckend hierzu die Aussage des Ex-Fußballprofis Andreas Möller (die Heulsuse aus Ex-Dortmund), der den Ball auf den Punkt brachte: „Ich bin immer sehr selbstkritisch, auch mir selbst gegenüber.“ Ein wahrer Sokrates ist besonders unser Fußballphilosoph Berti Vogts, der immer schon wusste: „Die Realität ist anders als die Wirklichkeit“. Sechs Worte, ein Satz, kein Sinn! Bravo dem „Terrier“ Vogts!

Deutschlands Fußball-Philosophen

Aber da lächelt der Weise, der alles längst schon weiß, und trotzdem ohne erhobenem Zeigefinger mit landesüblicher Nonchalance zu uns spricht: „Schaun mer mal!“ (Franzl Beckenbauer). Welch futuristischer Weitblick guckt uns da an.