Kategorie-Archiv: Jethro Tull

Ian Anderson und seine Jungs

Supporting Act: Jethro Tull

Später sollten sich andere Gruppen darum schlagen, bei Konzerten von Jethro Tull als Vorgruppe (Supporting Act) auftreten zu können. So habe ich bei meinem ersten Konzert von Jethro Tull 1972 in Hannover die (Vor-)Gruppe „Gentle Giant“ kennengelernt. Drei Jahre zuvor war Jethro Tull selbst noch Vorgruppe, wenn auch bei keinem Geringeren als Jimi Hendrix. So geschehen am 9. Januar 1969 im Konserthuset zu Stockholm (an dem Tag gab es gleich zwei Auftritte).

Überliefert sind zwei Stücke von Jethro Tull im Video:

To Be Sad Is A Mad Way To Be
Back to the Family

Weitere Stücke sind als Musik-CD (ich besitze die Bootleg-LP unter dem Titel ‚Nothing Is Easy‘) im Umlauf. Hier die gesamte Setlist von Jethro Tull:

My Sunday Feeling
Martin’s Tune
To Be Sad Is A Mad Way To Be
Back To The Family
Dharma For One
Nothing Is Easy
A Song For Jeffrey

Ergänzend zu meinem Beitrag Meine 10 größten Gitarristen der Rockmusik: Jimi Hendrix hier das Hendrix-Konzert aus Stockholm vom 9. Januar 1969; es müsste sich um das 1. Konzert des Tages handeln. Ich habe das Konzert vorliegen, bei youtube ist es bisher auch bereits (in voller Länge) vorhanden:

Was ist bloß mit Ian los? Teil 86: Kretakatze rockt …

Hallo Kretakatze, Hallo Wilfried,

mit dieser mail möchte ich mich für meine lange unentschuldigte Abwesenheit entschuldigen.

Entgegen anderslautenden Gerüchten lebe ich noch und es geht mir ganz gut.

Für mein langes Schweigen kann ich keine nachvollziehbaren Gründe anführen; wenig Zeit habe ich immer, das ist nicht der Grund. Es war vielmehr eine nie gekannte Schreibunlust, fast eine Blockade.

Dieses Unvermögen wurde durch die Tatsache verstärkt, dass ich zu Euren Betrachtungen nichts Sinnvolles mehr beitragen kann. Alles, was ich über die Herren Anderson, Fogerty und Cross sagen kann, habe ich bereits gesagt, aufgewärmt und nochmals gesagt. Kurz: Mir geht das Material aus. Ich kann mit Euch nicht mehr mithalten. Hoffentlich nehmt Ihr mir meine Abstinenz nicht allzu übel.

Viele Grüße
Lockwood

15.11.2007

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

so recht weiß ich nicht, was ich schreiben soll. Lockwoods Schreibunlust verstehe ich; vor längerer Zeit waren wir beide an gleicher Stelle angelangt. Dann brachte Kretakatze wieder etwas Leben in die Bude. Aber auch dieser neue Schwung ist irgendwie wieder verpufft.

Und irgendwo hängt uns allen drei der Herr Anderson heutigen Tags aus dem Hals heraus. Aber auch anderen Herren (und Damen) konnten wir nur kurzzeitig etwas abgewinnen, zumindest waren sie uns nicht allen drei gleich wichtig (z.B. Kretakatze musste einige Prügel wegen Al Stewart hinnehmen – das ist dann schnell frustrierend). Ich wollte das Thema eigentlich auf Cat Stevens (Yusuf Islam) bringen, da ich bei der Suche nach alten Eintrittskarten auch auf eine zu einem Cat Stevens-Konzert aus dem Jahre 1976 gestoßen bin (ich hatte völlig verdrängt, das Konzert vor nun über 30 Jahren besucht zu haben, was aber weniger an Cat Stevens liegen sollte). Ich habe von ihm zwei Videoaufnahmen vom Live Earth-Konzert aus Hamburg (das war wohl im Juli diesen Jahres). Da hätte ich noch einiges zum Thema Stimmenverlust beitragen können.

Cat Stevens-Konzert 1976 in Bremen

Wie auch immer: Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen, Lockwood. Unser Gedankenaustausch beruht (oder beruhte) auf Freiwilligkeit. Und wenn es dann eher zum Krampf wird, macht es keinen Spaß mehr. Manchmal frage ich mich auch, was der ganze Weblog-Kram soll. Und nach der Pleite mit youtube hätte ich das alles hinschmeißen mögen. Das kostet alles Zeit, die ich eigentlich für andere Dinge haben sollte. Ich kann es aber auf der anderen Seite nicht lassen (selbst der Herr Anderson lässt mich nicht los).

Wie auch immer: Ich freue mich, wenn Ihr Euch meldet. Aber tut Euch keinen Zwang an. Es wäre schön, wenn wir in Kontakt bleiben.

Ich wünsche Euch auf alle Falle weiterhin alles Gute
Euer
Wilfried

P.S. Lockwood, übrigens vielen Dank für Deinen Bestelltipp zum Songbook. Ich werde wohl erst einmal warten, ob die neue Auflage wirklich auf den Markt kommt. Denn eine solche ist in den letzten Jahren schon öfter angekündigt worden und bis heute nicht erschienen.

21.11.2007

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

heute muss ich Euch zuerst berichten, dass ich seit Neuestem stolze Besitzerin einer E-Gitarre bin. Und wie es sich für eine Kretakatze gehört, ist meine Gitarre getigert – das musste sein! Kurzer Einschub zum Thema „Intelligenzverluste“: Diese sind bei mir leider erschreckend hoch. Nachdem ich die getigerte Gitarre gesehen hatte, hatte keine andere mehr eine Chance. Den Effekt von Mustern, die sich seit frühster Kindheit ins Gehirn eingebrannt haben, hatte ich ja bereits an anderer Stelle ausführlich behandelt. Und Fogerty’s türkisfarbenen Düsenporsche (Keep On Chooglin‘ 2005 live) hätte ich mir doch nicht leisten können – es handelt sich dabei übrigens um eine MusicMan Axis, die gibt’s bei ebay gebraucht schon ab 1750 EUR. Um zu meiner Tigergitarre zurückzukommen – die Rocker-Photos vom Juni diesen Jahres sind damit natürlich überholt. Ich habe daher eine neue Bildserie erstellen lassen: Kretakatze rockt getigert vor begeisterten Katzenmusik-Fans (2007 live) (Bild 1) (Bild 2) (Bild 3).

Wie ist es dazu gekommen, dass ich dieser Tage wieder angefangen habe Gitarre zu spielen? Tatsächlich ist es fast 20 Jahre her, dass ich zuletzt halbwegs regelmäßig meine Klampfe traktiert habe. Seither habe ich alle paar Jahre das Instrument einmal von der Wand genommen, abgestaubt, ein bißchen daran herumgezupft und es dann zum weiter Verstauben wieder an den Nagel gehängt. Ich war mit meinen musikalischen Leistungen noch nie besonders zufrieden. Und wenn man jahrelang nicht übt, werden die nicht gerade besser. Das hat mich jedes Mal aufs Neue deprimiert.

Der erste Anreiz, es einmal wieder zu probieren, war sicher das Fogerty-Konzert. Aber der Anreiz war noch nicht so stark, dass ich meine Gitarre auch wirklich von der Wand genommen hätte. Der tatsächliche Auslöser war, soweit ich mich noch recht entsinne, John Lennon’s Working Class Hero. Allerdings nicht in der Version von John Lennon – die finde ich ziemlich minimalistisch und musikalisch eher langweilig. Es waren zwei Cover-Versionen, auf die ich gestoßen bin, eine von Cyndi Lauper und eine von Green Day (übrigens unterschlage ich jetzt wieder einmal zahlreiche weitere Versionen, z.B. von Marilyn Manson, Marianne Faithfull, Noir Desir und Anderen – es ist jeder selbst frei sich auf Youtube durchzuklicken).

Die Version von Green Day gefällt mir mit Abstand am besten, aber ich finde sie könnte noch ein paar der kreischenden Gitarrenriffs aus Cyndi Lauper’s Cover vertragen, vielleicht sogar ein bißchen Gekreische von Cyndi Lauper selbst. Ich bin wirklich kein Fan von ihr und ihr Stil ist nicht gerade mein Geschmack, aber zu diesem Titel passt ihr Geschrei. Und die Green Day Version ist für meine Ohren in dieser Hinsicht noch verbesserungsfähig. Während ich darüber noch sinnierte, stolperte ich über diese (zugegeben etwas langatmige) Gitarren-Lektion. Das ganze Lied mit nur zwei verschiedenen Akkorden, dazu ein einfacher hammer-on zum Üben. Hm, dachte ich, das könnte vielleicht sogar ich hinbekommen, ich sollte es mal probieren.

Und das habe ich dann tatsächlich auch getan. Es hat sogar recht passabel geklappt, nur auf meiner 35 Jahre alten akustischen Billigst-Gitarre bekomme ich natürlich die meiner Meinung nach erforderlichen kreischenden Gitarrenriffs nicht hin. Dafür – und für den satten Verzerrer-Sound der Green Day Version – braucht man eine E-Gitarre. In der Tat hatte ich schon vor 30 Jahren einmal ernsthaft darüber nachgedacht mir eine elektrische Gitarre zu kaufen. Allerdings hätte ich dazu mein Sparbuch plündern müssen, und dann war auch meine Mutter von dem Gedanken damals nicht besonders begeistert – um Himmels Willen, das ist doch so laut, und die Nachbarn beschweren sich doch jetzt schon über Deine laute Musik…

Dieser Tage sind das alles keine Argumente mehr. Ich wohne im eigenen (Reihen)Haus, die Wände zu den Nachbarn sind ziemlich dick (trotzdem hat es mein Sohn mit seiner Stereoanlage schon mehrfach geschafft den Nachbarn zur Rechten auf die Barrikaden zu treiben) und am Verstärker gibt es ja auch noch einen Kopfhörer-Anschluss. Preislich ist so eine Rocker-Ausrüstung heutzutage für ein Nasenwasser zu haben – ich habe alles bei ebay gekauft bzw. ersteigert, Gesamtkosten keine 150 EUR. Neben meiner wunderschönen Gitarre (funkelnagelneu, 70 EUR incl. Versand) und dem Mini-Verstärker (5 Watt, kann auch mit Batterie betrieben werden – ich kann also auch am Lagerfeuer rocken) ist das Herzstück der Anlage ein Effekt-Gerät, (laut Beschreibung des Herstellers ein „Ultra-flexibler Modeling-Verstärker/Multi-Effektprozessor“), das ich für 35 EUR ersteigern konnte.

Das Ding kann 16 professionelle Amps simulieren, hat 8 verschiedene Modulationen (Phaser, Flanger, Rotary, Pitch Bend und wie sie alle heißen) in jeweils 4 verschiedenen Varianten, 4 Arten von Hall, 4 Arten von Delay, Compressor und Noise Gate – jeder Effekt in mindestens 2 – 3 Kriterien regelbar (Lautstärke, Intensität, Klang, Geschwindigkeit etc.) und fast alles untereinander kombinierbar. Meine mathematischen Fähigkeiten reichen nicht aus um zu errechnen, wieviele verschiedene Klangmöglichkeiten das ergibt. Ich könnte vermutlich den Rest meines Lebens damit verbringen alle Kombinationen auszuprobieren und würde nicht fertig werden. Auf 100 Speicherplätzen kann man seine Einstellungen sichern. Ab Werk sind diese Speicherplätze mit Presets belegt, und ich habe die noch nicht einmal alle durchprobiert. Vor Kurzem habe ich erst auf Speicherplatz 32 einen Sound entdeckt, mit dem selbst meine schlichte Gitarre klingt als könne sie Glas schneiden – eine Kreissäge ist nichts dagegen. Da klingt selbst die simpelste Folge von 4 oder 5 Tönen schon gigantisch. Wirklich ein herrliches Spielzeug, wärmstens zu empfehlen.

Aber genug von meinem neuen Zeitvertreib (der mich im Übrigen auch stark vom Schreiben abgehalten hat…) und zu Euren letzten Mails. Lockwood fällt zu den Herren Anderson und Co. nichts mehr ein (dumme Frage: Wer ist denn Cross?), was ich wirklich verstehen kann – es ist auch inzwischen so ziemlich alles gesagt. Aber es gibt ja auch noch andere Themen. Lieber Lockwood, Deine „Schreib-Blockade“ ist natürlich vor allem für Wilfried und mich sehr bedauerlich, solange es Dir selbst dabei gut geht, ist sie aber wohl kein Grund zur Besorgnis. (Ich hoffe nur, dass es nicht meine unqualifizierten Psycho-Trips waren, die Dir die Lust am Schreiben verdorben haben…).

Wilfried hat sich darüber gewundert, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Jethro Tull und CCR viele gemeinsame Fans haben – schließlich wäre ich ja selbst einer. Nun, von ein oder zwei Fans bekommt man kaum eine Halle voll, und wie ich bereits erläutert hatte: 1969 war ich noch kein Jethro Tull Fan (1969 war ich eigentlich noch überhaupt kein Fan). Und ich würde sogar noch weiter gehen: Wenn Jethro Tull bei ihrem Musikstil von 1969 geblieben wären, dann wäre ich auch niemals Jethro Tull Fan geworden. Mit der Tull-Musik aus den 60ern kann ich bis heute nicht viel anfangen, mich hat vor allem die Musik aus der zweiten Hälfte der 70er Jahre zum Fan gemacht.

Einer der wenigen Jethro Tull Titel aus den 60ern, die mir gefallen, ist We Used To Know. Dieser Song soll angeblich die Eagles zu ihrem Hit Hotel California inspiriert haben. Möglich wäre das schon, aber viel Ähnlichkeit kann ich zwischen den beiden Liedern nicht entdecken. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es zwischen den beiden Songs eine Verwandtschaft geben könnte. Dagegen ist der Metallica-Hit Nothing Else Matters für mich ganz klar eine Kopie von „We Used To Know“.

Als ich das erste Mal „We Used To Know“ hörte – nein, falsch, das erste Mal habe ich diesen Song Ende der 70er Jahre gehört, als mir mein Bruder das „Stand Up“-Album geschenkt hatte. Aber ich habe ihn wohl nur einmal gehört und dann wieder völlig vergessen. Als ich dieses Jahr auf Willi’s Homepage das Video entdeckte, hätte ich geschworen, dass ich das Lied noch nie zuvor gehört hatte. Allerdings passierte etwas Seltsames. Ich schien zu dieser Melodie den Text zu kennen, aber es war ein anderer Text als der, den Mr. Anderson dazu singt. Erst als ich anstelle von „We used to know“ die Zeile „And nothing else matters“ schmettern wollte fiel mir auf, dass ich im falschen Lied war. Zu den Klängen von „We Used To Know“ war mir intuitiv der Text von „Nothing Else Matters“ in den Sinn gekommen.

Irgendwie hat es mich gewundert, dass es vor mir noch niemandem aufgefallen sein soll, dass beide Lieder die gleiche Melodie haben. Vielleicht bilde ich mir das nur ein. Also rief ich meinen 20-jährigen Sohn, der den Metallica-Hit natürlich kennt, den Tull-Song aber bestimmt wirklich noch nie gehört hatte. Ich spielte ihm „We Used To Know“ vor und fragte ihn, ob ihn das Lied an irgend etwas erinnert. Der Herr Anderson war noch nicht mit der ersten Strophe fertig, als mein Junior schon wie aus der Pistole geschossen sagte: „Nothing Else Matters“. Nein, das bilde ich mir nicht ein! Zugegebenermaßen enthält der Song von Metallica außer dem We-Used-To-Know-Thema noch eine zweite Melodie, er wird langsamer vorgetragen und er ist wesentlich ausgefeilter arrangiert als das alte Tull-Stück, aber die Basis ist die selbe. Man könnte sagen es ist eine Variation zum gleichen Thema. Das Brisante an der Sache ist, dass Metallica ihren Hit veröffentlicht haben nicht lange nach dieser unseligen „Jethro-Tull-haben-unseren-Grammy-bekommen“ Geschichte. Da kann man sich kaum vorstellen, dass sie den Tull-Song nicht gekannt haben sollen.

Zum Thema „Intelligenz“ habe ich mich bereits so weitschweifig ausgelassen, dass ich dem eigentlich nichts mehr hinzufügen möchte. Nur soviel zu Wilfried’s Geschichte von der seiner Meinung nach falsch besetztzen Vorgesetzten-Stelle. In dem von Dir geschilderten Fall hast Du vielleicht wirklich recht, das kann ich nicht beurteilen, aber längst nicht immer ist derjenige für eine leitende Stelle am besten geeignet, der die größte Fachkompetenz hat. Für eine leitende Tätigkeit sind evt. ganz andere Dinge wesentlich: eben Kontaktfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit, Menschenkenntnis, die Fähigkeit zu motivieren, zu schlichten und auszugleichen, Organisationstalent, Übersicht, strategisches Denken, Entscheidungsfreudigkeit, Durchsetzungsvermögen usw… Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Das Fachwissen, das man benötigt um die richtigen Entscheidungen zu treffen, kann man sich ggf. von seinen hoffentlich kompetenten Mitarbeitern besorgen.

Auch einen anderen Aspekt sollte man dabei nicht ganz außer Acht lassen. Als ich Anfang der 90er Jahre von meinem damaligen Chef auf den wohlklingenden Posten einer „Programmierleiterin“ befördert wurde (d.h. ich war Mädchen für alles und Depp vom Dienst), hat das eine Kollegin von mir wie folgt lapidar kommentiert: „Das ist doch eigentlich auch Schwachsinn, wer programmieren kann wird befördert und dann mit Verwaltungskram zugemüllt, so dass er nicht mehr zum Programmieren kommt, und zum Programmieren bleiben dann noch die übrig, die es nicht können.“ So kann man das auch sehen…

Zu meiner großen Freude hat der Wilfried nun noch den Mr. Cat Stevens ins Spiel gebracht, über den könnte ich auch Romane schreiben. Schon seit längerem warte ich nur auf die passende Gelegenheit Euch mein Leid über ihn zu klagen – vielleicht sollte ich kurz am Rande erwähnen, dass es sich bei ihm um den Mann handelt, der jahrzehntelang der Traum meiner schlaflosen Nächte war. Und natürlich habe auch ich ein Ticket von 1976:

Deine Karte war aber vergleichsweise ziemlich schweineteuer, lieber Wilfried, allerdings saß ich auch nicht in der ersten Reihe. Und verglichen zu den Preisen von heute… – gerade erst habe ich 75 EUR für Mark Knopfler gelöhnt (diesmal wollte ich doch lieber nicht auf eine Abendkasse hoffen). Aber wie Du ja auch bereits mit Deinem Beispiel von Madonna angedeutet hast – heutzutage ist mit dem Verkauf von Platten/CDs etc. kaum noch Geld zu verdienen. Das Geld muss bei den Konzerten hereinkommen.

Die Stimmprobleme des Mr. Stevens würde ich nun allerdings nicht Stimmverlust nennen, eher ist er ein Beispiel dafür, wie eine Stimme durch Nichtgebrauch regelrecht einrosten kann. Auch Singen braucht eben Übung, und wenn die Stimmbänder nicht trainiert werden, dann schrumpft der Stimmumfang und man trifft die Töne nicht mehr sicher. Selbst Mr. Fogerty hat in einem Interview erklärt, dass er – nachdem er von Ende der 80er bis Ende der 90er Jahre fast 10 Jahre lang nicht mehr aufgetreten war – erst wieder singen üben und seine Stimme trainieren musste. Ihm ist es allerdings recht gut gelungen seine Stimmbänder wieder auf Vordermann zu bringen, ich habe noch in keiner seiner Aufnahmen etwas von Rost oder falschen Tönen bemerkt. Vielleicht hätte Mr. Stevens auch ein bißchen üben sollen, bevor er I Think I See The Light (Original-Aufnahme von 1970 als Soundtrack zu Harold and Maude) neu aufgenommen hat. Herausgekommen ist das Folgende (nein, ich erspare es Euch nicht, mir ist es auch nicht erspart geblieben): I Think I See The Light. Yusuf Islam 2007: Die Stimme klingt schwach und unsicher, in den tiefen Lagen zu leise und in den hohen trifft er die Töne nicht. Das ganze Lied swingt oberflächlich vor sich hin und schwimmt dabei in süßlich-schwülstiger Instrumental-Soße. Auch der Text wurde, ebenso wie bei einigen seiner anderen Songs, etwas „überarbeitet“. Girls wurden grundsätzlich gestrichen – girls gibt’s bei Mr. Islam nicht mehr. Das kann ich ja noch irgendwie komisch finden – eigentlich eher lächerlich. Aber wie er dieser Tage seine eigenen Meisterwerke aus den 70ern musikalisch zu Mittelmaß und Banalität herabwürdigt, das tut mir wirklich in der Seele weh.

Einziger Lichtblick in dieser Aufnahme: Die Gitarre. Lieber Lockwood, ich weiß nicht, ob Du sie wiedererkennst, es ist der Fichtensarg, zu dem Dir bereits einmal im Zusammenhang mit dem Song „Tuesdays Dead“ (wurde inzwischen von Youtube gestrichen) ein paar launige Bemerkungen eingefallen waren. Natürlich ist es nicht mehr exakt dieselbe Gitarre wie 1971 – als sich Mr. Stevens 1978 in den vorgezogenen Ruhestand verabschiedete, hat er alle seine Instrumente versteigern lassen. Aber offensichtlich hielt er es für angebacht sich dasselbe Modell wieder zuzulegen. Es ist eine Gibson SJ-200, die schon seit Jahrzehnten zur Standard-Ausstattung jedes halbwegs erwähnenswerten Spielers akustischer Gitarren gehört, von den Beatles bis zu Elvis Presley, auch bei Mr. Fogerty ist eine im Einsatz. Nur bei Mr. Anderson habe ich sie bemerkenswerter Weise noch nie gesehen.
Aber er bevorzugt wohl eher kleinwüchsige Gitarren. Meiner Meinung nach ist die Gibson SJ-200 auf jeden Fall die schönste akustische Gitarre überhaupt.

Soweit vorerst zu Mr. Stevens-Islam. Kommen wir zu den nächsten Kandidaten. Heute bekommt hier jeder sein Fett ab.

Der Herbst ist gekommen, die Blätter fallen von den Bäumen und die Altmeister der Rockmusik bringen ihre neuen Werke auf den Markt. Da ist so ziemlich jeder vertreten, der hier in Willi’s Weblog schon einmal Erwähnung fand (außer Jethro Tull natürlich…). Den Anfang machte Mark Knopfler Mitte September mit seinem Album „Kill To Get Crimson“ gefolgt Ende September von Joni Mitchell („Shine“). Gleichzeitig am 2. Oktober kamen dann Bruce Springsteen („Magic“), John Fogerty („Revival“) und Annie Lennox („Songs of Mass Destruction“) heraus. Am 9. Oktober gab’s den neuen Sampler von Eric Clapton („Complete Clapton“) und für Ende Oktober standen Robert Plant („Raising Sand“) und Neil Young („Chrome Dreams II“) auf dem Programm
(Anmerkung: Erscheinungsdatum US-Markt laut amazon.com). Ich weiß nicht wie diese Scheiben in offiziellen Charts derzeit platziert sind, aber dieser Tage bieten die Verkaufszahlen bei amazon.com schon einen ganz guten Anhaltspunkt. Am 17. Oktober z.B. sah die Rangfolge (Verkaufsrang Musik) so aus: 1. Bruce Springsteen, 3. Eric Clapton, 4. Robert Plant, 5. Annie Lennox, 6. John Fogerty, 7. Mark Knopfler, 16. Joni Mitchell, 22. Neil Young – die Altrocker haben derzeit Amazon fest im Griff. (Verkaufsrang bei amazon.de am gleichen Tag: 4. Bruce Springsteen, 21. Mark Knopfler, 48. John Fogerty – das Album erschien in Deutschland erst am 19.10.)

In die Alben von Mark Knopfler und John Fogerty habe ich, soweit das möglich ist, schon hineingehört, und ich muss sagen, es hat mich nicht vom Hocker gerissen. Allerdings kenne ich von einigen Titeln bislang nur die Hörbeispiele bei Amazon, und es ist kaum möglich einen Song anhand dieser 30-Sekunden-Schnipsel zu beurteilen. Aber es gibt ja noch YouTube, und bei beiden Herren kann man sich auch auf Ihren Websites zum Teil die neuen Titel anhören. Bei Fogerty gibt’s außerdem noch kostenlos ein Video zum Herunterladen (das inzwischen natürlich auch bei Youtube mehrfach zu finden ist). Eigentlich wollte ich Euch dieses Video ja ersparen – ich finde es einfach furchtbar. Nicht nur, dass der Song absolut nicht meinem Geschmack entspricht. Fogerty verwechselt schon seit Jahren ständig Musik-Videos mit Familien-Videos. Seine Söhne sind übrigens leicht an den karierten Hemden zu erkennen und sein blondes Töchterchen ist unübersehbar. Aber kommen wir auf den Punkt, ich brauche Eure Hilfe. Schon beim Konzert in Abenberg, wo dieser Song auch gespielt wurde, hatte ich das Gefühl diese Melodie bereits zu kennen. Ein Hit aus den 60ern oder 70ern? Vielleicht ein deutscher Schlager oder ein Volkslied? Ich komme einfach nicht darauf, aber ich bin mir sicher, dass ich das Lied schon gehört habe. Kommt es Euch vielleicht auch bekannt vor: Don’t You Wish It Was True.

Aber mit einem Video-Clip allein ist es natürlich nicht getan (zumal dieser wohl kaum auf MTV für Furore sorgen wird), so eine neue Scheibe muss „promotet“ werden (schreibt man das so?). Dazu gehören im Vorfeld der Veröffentlichung erst einmal ein halbes Dutzend Interviews für gängige Zeitungen und Zeitschriften, dann folgen die Fernsehauftritte. Mr. Fogerty hat es geschafft gleich für den Abend der Veröffentlichung seines Albums bei David Letterman in der „Tonight Show“ einen Termin zu bekommen. Und da hat er gezeigt, dass er auch noch Anderes auf Lager hat als nur „Friede, Freude, Trallalla“ (ich meinte „Don’t You Wish…“). In „Long Dark Night“ und „I Can’t Take It No More“ greift er Präsident Bush an, und zwar persönlich und namentlich. „Georgie’s in the jungle…wants to have a war…Georgie’s got religion, and you know he can afford more…I can’t take it no more, your dirty little war…I bet you never saw the old schoolyard…your Daddy wrote a check and here you are, another fortunate son“ (kurze Auszüge aus den Songtexten). Es gibt auch noch mehrere Textzeilen, in denen er Präsident Bush direkt der Lüge bezichtigt – „You lied to us about…“ (ich habe nicht alles verstanden, den ganzen Song und noch 4 weitere kann man sich auch auf seiner myspace-Seite anhören) – die er bei Letterman aber vorsichtshalber mal weggelassen hat.

Jedenfalls alles ziemlich starker Tobak, ich muss schon sagen, Johnny hat Nerven. Es ist ja auch schon über 20 Jahre her, dass er das letzte Mal wegen Verleumdung verklagt wurde und nach dem verlorenen Prozess einen Song umschreiben musste. Damals hatte er sich mit einem Musik- und Filmproduzenten angelegt, diesmal ist es der Präsident der Vereinigten Staaten persönlich. Und der Stil dieser „Protestsongs“ hat für mich auch nichts mit sachlicher Kritik zu tun, das ist respektloses Wutgeschrei an der Grenze zur Beleidigung und disqualifiziert sich dadurch selbst. Kein Vergleich mit dem Niveau von Deja Vu (All Over Again). Wenn ein 16-jähriger Rapper solche Texte ins Mikrophon kreischen würde, dann würde ich sagen „Die Jugend von heute hat halt kein Benehmen mehr“. Aber die ewige Jugend von vorgestern scheint auch nicht besser zu sein.

Dabei ist Fogerty in anderer Hinsicht bestimmt der biederste und erzkonservativste Rocker, den man sich denken kann, und seine Musik ist daher nicht zuletzt in konservativen Kreisen beliebt. Bei Wikipedia kann man z.B. nachlesen, das Lieblingslied von George Bush sei John Fogerty’s Centerfield, das habe er auch auf dem iPod gespeichert, den er ständig bei sich trägt. Man könnte also sagen George Bush ist John Fogerty Fan. Dass das nicht auf Gegenseitigkeit beruht, wird Mr. Bush schon länger klar gewesen sein. Fogerty’s neuste musikalische Darbietungen sind dann aber doch dazu angetan die Begeisterung seines prominenten Fans ganz erheblich zu beeinträchtigen.

Bei Mark Knopfler kann man auf der Website die aktuellen Chart-Positionen seines Albums nachlesen, außerdem gibt’s hier zwar kein Video, aber einen kostenlosen Song zum Anhören. Und auf YouTube findet sich natürlich auch ein Video seiner ersten Single-Auskopplung: True Love Will Never Fade. Das Lied klingt meiner Meinung nach so wie es heißt – ziemlich fade, mit einer Melodie wie hundert andere auch. Warum das als Single veröffentlicht wird, kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Da hat doch Mr. Knopfler noch jede Menge bessere Songs auf Lager, und ich hoffe ich bekomme möglichst viele davon zu hören, wenn er am 7. Mai nächsten Jahres nach Stuttgart kommt.

Lieber Wilfried, wie Du siehst fällt mir durchaus noch Einiges ein, und ich habe auch noch weitere Themen auf Lager. Ich brauche nur immer ewig, bis ich mit etwas fertig werde. Wie Euch sicher schon aufgefallen ist, schreibe ich solche Beiträge nicht an einem Abend, sondern über Wochen verteilt. Manchmal schreibe ich auch eine Woche garnichts – zuletzt war ich eben sehr mit meiner neuen Gitarre beschäftigt. Sicher frage ich mich auch manchmal, ob es nicht Wichtigeres gibt als Musik, die Herren – Ihr wisst schon – und Weblogs. Aber solange es Spaß macht und ich zumindest in Abständen dieses unbezwingbare Mitteilungsbedürfnis verspüre, werde ich wohl weiterhin meine Beiträge einreichen – wenn auch vielleicht in etwas größeren Abständen.

Also dann bis demnächst!

Liebe Grüße an Euch beide
Kretakatze

PS.: Als Nachschlag zum Thema John Fogerty und Mark Knopfler jetzt noch der gemeinsame Song: Nobody’s Here Anymore von Fogerty’s Album „Deja Vu“ 2004. Durch Knopfler’s Gitarre klingt er mehr nach Dire Straits als nach John Fogerty, und man erwartet eigentlich eine andere Stimme. Trotzdem meiner Meinung nach ein gelungener Titel. Soweit ich das bislang beurteilen kann, ist er besser als alles was die beiden Herren dieses Jahr auf ihren Solo-Alben abgeliefert haben. Leider ist das Video falsch beschriftet und die Bilder passen überhaupt nicht – CCR live 1970 bzw. gegen Ende Ausschnitte aus Fogerty’s DVD Premonition.

PPS.: Übrigens bin ich nicht der Meinung, dass ich wegen Al Stewart „Prügel einstecken“ musste – da hat sich der arme Lockwood wegen Queen doch noch ganz andere Sachen anhören müssen, und auch meine anfänglichen Versuche Euch für griechische Musik zu begeistern sind doch ziemlich in die Hose gegangen… Aber das hat mich ja auch nicht abgeschreckt.

23.11.2007

English Translation for Ian Anderson

Jethro Tull live at Lugano Estival Jazz 2005 – das ganze Konzert

Vom Konzert der Gruppe Jethro Tull beim Lugano Estival Jazz am 09.07.2005 auf der Piazza della Riforma in der Stadtmitte von Lugano gibt es bekanntlich einen TV-Mitschnitt von rund einer Stunde und 45 Minuten. Einige der Stücke hatte ich bereits bei youtube bereitgestellt. Jetzt habe ich es geschafft, alle Lieder entsprechend zu überarbeiten, sodass jetzt das ganze Konzert im Netz zur Verfügung steht.

Hier die gesamte Setlist des Konzertes:
Intro/AquaIntro/For A Thousand Mothers
Nothing Is Easy
Jack-In-The-Green
Serenade To A Cuckoo
Beggar’s Farm
Boris Dancing
Weathercock
We Five Kings
Up To Me
Bourée
Mother Goose
Empty Café
Farm On The Freeway
Hymn 43
A New Day Yesterday
Budapest
Aqualung
Locomotive Breath (mit Preisverleihung)
Protect And Survive/Cheerio

Jethro Tull 1985 live at Bach Rock Berlin

Ergänzend zu den bisher verfügbaren Videos vom Auftritt der Gruppe Jethro Tull anlässlich des 300. Geburtstag von Johann Sebastian Bach im International Congress Centrum zu Berlin am 16.03.1985 hier nun auch die restlichen fünf Stücke im Video: “Bach Rock”. Ian Anderson und seine Mannen hatten ein Viertel Jahr kein Konzert gegeben und sollten auch ein weiteres Jahr nach diesem Auftritt den Musikbühnen fernbleiben. Für diesen Auftritt war Ian Anderson der Einladung von Eberhard Schöner gefolgt, der sich im Laufe der Jahre besonders um die Verbindung von Klassik, Rock- und Popmusik verdient machte (und u.a. durch Filmmusikkompositionen für deutsche Fernsehserien wie „Der Alte“ und „Derrick“ bekannt wurde). Bereits 1983 waren sich beide bei der 4. Klassik-Rock-Nacht, einer Live-Eurovisions-Übertragung aus dem Zirkuszelt des Circus Atlas im München, begegnet.

Ian Anderson: Torte für Bach

Anstatt Peter Vettese, der noch bei der “Under Wraps”-Tour dabei war, spielte Eddie Jobson die Keyboards und auch die elektrisch verstärkte Geige. Neben eigenen Titel (Living in the Past, Hunting Girl und Locomotive Breath sowie Serenade to a Cuckoo) spielte man Bach’s Double Violin Concerto und David Palmers Elegy (a piece in a Bachian Style, wie es Ian Anderson nannte).

Setlist vom 16.03.1985:

Black Sunday
Hunting Girl
Elegy
Living in the Past
Serenade to a Cuckoo with Champagne
Too Old to Rock ’n‘ Roll
Wond*ring Aloud
Bourree
Bach’s Double Violin Concerto
Aqualung
Locomotive Breath/TAAB Reprise

Auf Wunsch eines einzelnen Herrn …

Als ich vor vielen, vielen Jahren in einer Band die Bass-Gitarre spielte und es auch wagte, das eine oder andere Lied zu singen, gab es bei öffentlichen Auftritten immer wieder den Wunsch einzelner Damen oder Herren, ein bestimmte Lied zu spielen („Könnt‘ Ihr Angie von den Stones?“). Selten genug konnten wir die Wünsche erfüllen. Aber wenn, dann erfolgte natürlich auch die entsprechende Ansage zu diesem Lied: „Auf Wunsch eines einzelnen Herrn spielen wir nun …!“.

Umso mehr freue ich mich, nun den einsamen Wunsch eines 40-jährigen Herren aus den Staaten („Hi, Frank …“) zu erfüllen, der bei youtube vergeblich nach einem ansehnlichen Video von Jethro Tulls „Black Sunday“ fahndete (da gibt es nur ein Video mit grießigem Bild und armseligem Ton) – und das (die Wunscherfüllung) gleich in doppelter Ausführung. Zum einen gibt es einen Live-Mitschnitt von der ‚A‘-Tour 1980 (hierzu gehört ja auch das Stück) und Jahre später der Auftritt von Jethro Tull in Berlin anlässlich von Johann Sebastian Bachs 300. Geburtstag beim Bach Rock-Konzert.

Der Vollständigkeit halber hier also die beiden Videos:


Jethro Tull: Black Sunday (Nov. 1980)


Jethro Tull: Black Sunday (10.03.1985)

Soulmates feat. Ian Anderson im Tränenpalast/Berlin 03.02.2003

Am 03.02.2003 brachte der deutsch-französische Sender Arte im Rahmen der Reihe Music Planet 2Nite einen Auftritt von Leslie Mandoki’s All-Star-Projekt „Soulmates“ ins Programm, live im Tränenpalast zu Berlin aufgezeichnet.

Die Besetzung:
Ian Anderson (Jethro Tull – Flöte), Al Di Meola (Akustikgitarre), Chris Thompson (Manfred Mann’s Earthband – Vocals), Bill Evans (Saxophon), Leslie Mandoki (Percussion), Laszlo Bencker (Grand Piano), George Kopecsni (Akustikgitarre), Streicherquartett „Sturcz-Quartett“, Masha Curly (Tochter vom TV-Show-Moderator Frank Elstner).

Leslie Mandoki kennen die meisten wahrscheinlich aus seiner eher unrühmlichen Zeit als Sänger der Gruppe „Dschinghis Khan“. Heute arbeitet er hauptsächlich als Musikproduzent und hat sich mit dem „Soulmates“-Projekt gewissermaßen einen Jugendtraum erfüllt. „Soulmates“ wurden 2004 einem größeren Publikum als Hausband in Thomas Gottschalks ZDF-Zweiteiler „50 Jahre Rock“ bekannt.

Hier nun ein Auftritt der All-Star-Band aus dem Tränenpalast in Berlin. Nach der Einleitung drei Stücke aus Mandokis Hand (Room No. 8 – Last Day of Summer – Look up to the Sky) und Jethro Tulls „Locomotive Breath“. Am Ende noch ein Interview mit Ian Anderson u.a. zu der Frage, wie er zu dem Projekt kam.

Nun, um ehrlich zu sein: Berauschend finde ich die Stücke nicht. Auch die ‚Interpretation‘ des Tull-Titels „Locomotive Breath“ kann mich nicht überzeugen. Sicherlich ist es für einen Rockstar schmeichelhaft, einmal mit Größen anderer Bands gemeinsam aufzutreten. Aber das ist mir hier zuviel Mandoki und zuwenig von dem anderen (z.B. Jethro Tull). Unter den Tisch kehren wollte ich die Aufnahmen dann aber auch nicht. Ein Zeitdokument eben:

Jethro Tull: Blues For The 18th

Die erste Plattenveröffentlichung von Jethro Tull war die Single „Sunshine Day / Aeroplane“ im Jahre 1968. Interessant daran war, dass beim UK-Release der Name der Gruppe als „Jethro Toe“ aufgeführt wurde. Bei der US-Veröffentlichung wurde der Gruppenname dann richtig mit „Jethro Tull“ angegeben. Ähnlich wie bei Fehldrucken von Briefmarken kamen einige Findige darauf, Fälschungen dieser ersten Tull-Single (mit dem „Jethro Toe“-Namenszug) auf den Markt zu bringen.

Jethro Tull: Sunshine Day (1. Single 1968)

Beide Lieder sind übrigens noch einmal auf dem „20th Anniversary Box Set“ von 1988 veröffentlicht worden. Aber jetzt kommt es: Statt des Stückes „Sunshine Day“ sollte ursprünglich wohl das Lied „Blues For The 18th“ auf die A-Seite kommen. Zusammen mit „Aeroplane“ wurde das Stück am 22. Oktober 1967 in den „EMI Studios, Abbey Road“ aufgenommen. Ja, richtig, das dürften die berühmten Abbey Road Studios sein, in den auch die Beatles ihre Scheiben aufnahmen. Und: Bisher war mir die Existenz dieses Stückes nicht bekannt. Wieder einmal war es der Zufall, der mich im Internet dieses Lied finden ließ.

Nun gibt es zwar keine offizielle Veröffentlichung des Liedes „Blues For The 18th“, aber es wurde damals auf eine Emidisc-7-Zoll-Single gepresst. Und inzwischen ist es mit anderen „25 Very Rare Masters from the Sixties“ auch käuflich erhältlich.

„Blues For The 18th“ fällt in eine Zeit zwischen John Evan Band (u.a. auch als ‚John Evan Smash‘ bekannt) und den späteren Jethro Tull, als Ian Anderson und Co. öfter einmal den Gruppennamen änderten, u.a. ‚Ian Henderson’s Bag O‘ Blues‘, ‚Candy-Coloured Rain‘ (ging wohl über einen Namensvorschlag nicht hinaus), ‚Navy Blue‘ – und auch der Name ‚Jethro Tull‘ wurde bereits zeitweise benutzt. Weitere interessante Infos aus der Prä-Tull-Zeit sind bei ministry-of-information.co.uk zu finden.

Hier aber nun das für mich bisher unbekannte Lied von Jethro Tull: Blues For The 18th. Interessant ist dabei der Gesang von Ian Anderson. Außerdem dürfte hier der Meister zum ersten Mal die Flöte spielen. Die Gitarre kommt noch nicht von Mick Abrahams, sondern wird von Neil „Chick Murray“ Smith gespielt, der mit Anderson bereits mit ‚John Evan Smash‘ aufgetreten war. John Evan(s) dürfte die Orgel spielen.


(Prä-)Jethro Tull: Blues For The 18th (1967)

Was ist bloß mit Ian los? Teil 85: Intelligenz & Plagiate

Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

zuerst einmal ein dickes Lob an Wilfried! Detailgenaue Recherche, harte Fakten (also das exakte Gegenteil von dem, was man von mir üblicherweise geliefert bekommt) und Links zu wahren Schatzkästchen – Du hast es wirklich drauf! Während ich das schreibe, läuft im Hintergrund gerade das top-gewertete Dire Straits Konzert aus Wolfgang’s Vault. Vielen Dank für die wertvollen Infos (und Danke auch für den Link zu meiner Homepage – meine Kätzchen möchte dieses Jahr einfach niemand haben, es ist wie verhext)!

Interessant auch Dein Hinweis auf den „gemeinsamen Auftritt“ von CCR und Jethro Tull 1969 im Fillmore West. Eigentlich eine seltsame Zusammenstellung für ein Abend-Programm. Die Musik der beiden Bands war (und ist) doch so unterschiedlich – da ist es kaum vorstellbar, dass es viele Rockfans gibt, denen beide Gruppen gefallen (obwohl ich hier doch einen gefunden habe, der als Top-Sound eine Mischung aus Fogerty’s „Long Road Home“ und Jethro Tull’s „Benefit“ empfiehlt – erstaunlich). Bei CCR müssten damals „I Put A Spell On You“, „Suzie Q“, „Born On The Bayou“ und „Proud Mary“ auf der Setlist gestanden haben. Ich muss zugeben, lieber Wilfried, dass ich ganz im Gegensatz zu Dir bis heute mit der Musik von Jethro Tull aus den 60ern wenig anfangen kann. Es gibt da ein paar Songs, die ich ganz gut finde, aber auch nicht gerade überragend. Von der damaligen Setlist hätte mich höchstens „Fat Man“ interessiert. Vermutlich hätte ich mir CCR mit Begeisterung angehört und wäre bei Jethro Tull gegangen (wobei CCR als Headliner bestimmt zum Schluss kamen, da hätte ich durchhalten müssen…). Und was die Begegnung der beiden Herren anbelangt – auch wenn man sich, wie Du schreibst, 4 Tage lang kaum aus dem Weg gehen kann, kann ich mir doch nicht vorstellen, dass der Kontakt zwischen Ian Anderson und John Fogerty besonders intensiv ausgefallen ist. Anderson fand Fogerty’s Musik (und ihn selbst vermutlich auch) bestimmt zu primitiv, während dem biederen Fogerty der extravagante Anderson sicher zu ausgeflippt war.

Ein kleiner Fehler ist Dir dann bei Deinen Recherchen aber doch unterlaufen. Hast Du bei dem Metallica-Video einmal die Kommentare angeschaut? Dieses Video ist ein Fake, Bilder von Metallica beim Rock am Ring wurden mit einem „Cross Eyed Mary“ Cover von Iron Maiden unterlegt. Deshalb hat das Video auch eine so schlechte Bewertung – die Metallica-Fans fanden das offensichtlich nicht besonders komisch. Übrigens: Unter den Kommentaren befindet sich auch ein bitterböser von mir (für den musst Du allerdings 18 Seiten zurückblättern, das war schon vor 5 Monaten).

Das Thema „Al Stewart“ können wir nun wohl abhaken, immerhin konnte jedem von Euch zumindest ein Song von ihm ein bißchen gefallen – da muss man schon zufrieden sein. Von den diversen „Hallelujah“-Versionen habe ich Euch mit Absicht einige „verheimlicht“ (wie Wilfried geruhte es auszudrücken). Es gibt so viele, z.B. auch noch eine von Bon Jovi, und ich wollte Euch nicht zu sehr ermüden. Die Version von John Cale fand ich vergleichsweise uninteressant – einfach durchschnittlich und ohne Höhen oder Tiefen.

Was k.d. lang betrifft, lieber Lockwood, halte ich sie anders als Du in gewisser Weise für das genaue Gegenteil von Patti Smith. Nicht nur, dass Mrs. Smith auf jeden Fall der Rockmusik zuzuordnen ist, während Mrs. lang eher in den Bereich Singer-Songwriter gehört (sie hat auch zahlreiche Lieder selbst geschrieben, wie etwa Constant Craving). Patti Smith hat zwar Gesichtszüge wie ein Mann, versucht aber trotzdem so gut es geht wie eine Frau auszusehen, indem sie lange Haare und teilweise auch Kleider trägt (hier Bilder zu ihrem Song Frederick). Offensichtlich fühlt sie sich als Frau und möchte auch eine Frau sein. Mrs. lang dagegen sieht eigentlich wie eine Frau aus, tut aber was sie nur kann um wie ein Mann zu wirken (hier die zahlreichen Gesichter der k.d. lang als Slide-Show zu ihrem Song Miss Chatelaine) – Kurzhaarschnitt, Herren-Anzug und evt. sogar noch mehr. Der Eindruck, dass ihre Stimme vor 20 Jahren (Pullin‘ Back The Reins) noch deutlich höher klang als heute (One Day I Walk – sieht der Akkordeon-Spieler nicht aus wie John O’Hara? – Das Akkordeon finde ich allerdings entnervend laut…) lässt mich vermuten, dass sie auch etwas mit Hormonen nachgeholfen haben könnte (was natürlich auch nicht ohne Auswirkungen auf die Gesichtszüge bleibt). Sie fühlt sich offensichtlich als Mann, ich glaube von der endgültigen Geschlechtsumwandlung ist sie nicht mehr weit entfernt.

Zum Abschluss des Themas k.d. lang möchte ich Euch noch 2 Videos (Teil 1 und Teil 2) aus einer australischen Fernseh-Show nicht vorenthalten, bei denen ich Tränen gelacht habe (und Mrs. lang – wie man sieht – auch). Mrs. lang hat die Eigenheit ihre Interviewer immer wieder damit zu verblüffen, dass sie Fragen einfach mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet – kurz, prägnant, unzweideutig. Offensichtlich ist sie kein Mensch vieler Worte, ihr spöder Charme ist umwerfend. Manche mögen den Ausdruck für unpassend halten, aber ich finde sie irgendwie süß!

Zum Thema Bartwuchs, lieber Lockwood, kann ich naturgemäß nur wenig beisteuern – ich hatte noch nie einen. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass ich so ein Gestrüpp im Gesicht doch auch etwas lästig fände, da kann ich Dich gut verstehen. Bestimmt ist das aber auch Gewohnheitssache. Vielleicht könnte k.d. lang noch interessante neue Aspekte in dieses Thema einbringen, zumindest hat sie ja wohl schon Erfahrungen in der Naßrasur sammeln können…

Der Stimmverlust des Mr. Anderson scheint dagegen ein schier unerschöpfliches Thema zu sein. Die von Wilfried aufgeführten Stimmprobleme um 1971 kann ich allerdings nicht nachvollziehen oder besser gesagt nicht heraushören. Wahrscheinlich ist dafür mein Gehör nicht empfindlich genug. Unter „mickymaus-ähnlicher“ Stimme verstehe ich im Übrigen einen quäkenden, leicht nasalen Klang, dem die Tiefen fehlen und dem es deshalb an Druck und Resonanz mangelt. Ich würde jetzt auch nicht behaupten, dass mich dieser Klang beim Konzert 1978 im Madison Square Garden sehr stören würde. Von einem Rockmusiker erwarte ich keine perfekte Stimme, und Mr. Anderson habe ich auch in diesem Sinne noch nie für einen Sänger gehalten. Eher war er für mich immer ein Musiker, der halt auch singt. Mir ist dieses „Schwächeln“ seiner Stimme nur eben bei diesen Aufnahmen zum ersten Mal aufgefallen. Interessant fand ich dann aber Wilfried’s weitere Ausführungen zu diesem Thema. Auf einen Zusammenhang zwischen Stimmproblemen und Flötenspiel wäre ich nie gekommen, und auch von den diversen Stimmband-Operationen des Mr. Anderson wusste ich noch nichts. Weißt Du, wann das war? Ich denke mir nach so einer Operation kann man bestimmt monatelang überhaupt nicht singen, und er war doch eigentlich ständig auf Tournee.

Stimme hin oder her, jetzt möchte ich Euch aber doch noch ein paar Videos verlinken, bevor die auch wieder aus YouTube verschwinden (ich glaube die Hälfte aller bislang von mir verlinkten Videos wurden inzwischen aus dem Verkehr gezogen…). Vielleicht habt Ihr ja die folgenden Aufnahmen von nicht ganz so häufig gespielten Songs noch nicht entdeckt: Moths & Mouse Police Never Sleeps – 1978 und North Sea Oil & Old Ghosts – 1980 – miserable Bildqualität und alles Playback aus dem deutschen Fernsehen. Aber Mr. Anderson ist trotzdem immer eine Show. Und dann noch dieses – vom Fernsehbildschirm abgefilmt, aber was schaut man sich nicht alles an, wenn es nichts besseres gibt: Home & Orion – Stormwatch tour 1980. Vielleicht kommt ja doch einmal so etwas in besserer Bild- und T
onqualität als DVD heraus. Die Aufnahmen vom Montreux Jazz Festival 2003 reizen mich nicht besonders, auch wenn die Anderson’schen Stimmprobleme zu dieser Zeit nicht so gravierend waren. Es ist einfach nicht der Anderson, den ich sehen möchte.

Zu guter Letzt hat Wilfried dann noch sich selbst übertroffen und in einem P.S.-Nachtrag, der alles von mir bislang Dargebotene weit in den Schatten stellt, minutiös Mr. Anderson’s Rollstuhl-Karriere durchleuchtet – für jemanden, dem Anderson nach eigenen Angaben „kilometerlang aus dem Hals hängt“, wirklich eine beachtliche Leistung! Das Rollstuhl-Bild finde ich trotzdem immernoch dubios. Was tuen denn ein Arzt und eine Krankenschwester zusammen mit Anderson auf der Bühne? Haben die ihn etwa während der Vorstellung vor versammeltem Publikum behandelt? Aber lassen wir das…

Kommen wir nun zum eigentlichen Thema meines heutigen Beitrags (bis hierher war alles nur meine in knappen Worten zusammengefasste Einleitung). Wilfried hatte im Rahmen der Rollstuhl-Dokumentation unter anderem ein interessantes Interview mit Mr Anderson verlinkt. Zu einer Passage davon möchte ich dann doch ein paar Worte verlieren. Hier das Zitat:

Frage: Ich bin stets beeindruckt vom geistigen Tiefgang Deiner Aussagen. (Das muss ihm ja runtergelaufen sein wie Öl…) Ist es im Rockgeschäft eigentlich vom Vorteil, …intelligenter als andere zu sein?

Anderson: Das ist eher vom Nachteil… etwa so, als wärst Du ein Fußballspieler mit einem akademischen Grad. Es paßt irgendwie nicht dazu. Das dürfte kein Problem sein, aber es ist eins. Für mich stellt es ein Problem dar, weil… – Nicht, daß alle Musiker dumm wären…, aber die meisten von ihnen sind es schon. Wenn die Spice Girls Grips hätten, wären sie nicht die Spice Girls und wenn die Journalisten der Sun oder der News Of The World etwas Geist hätten, würden sie nicht über die Spice Girls schreiben. Und dann gäbe es keine Spice Girls! Es ist wichtig, daß es Leute gibt, deren Interessen und Empfindungen eher schlicht, unentwickelt sind, weil das die Voraussetzung für unterschiedliche Ebenen von Unterhaltung und Kunst ist. Wichtig daran ist, daß es Musik sowohl für Leute ‚ohne‘ Verstand gibt, gemacht von Leuten ohne Verstand, genauso wie Musik für Menschen mit höherem Intellekt. Und schließlich gibt es halt Musik für den Rest von uns, für Menschen mit etwas Geist, die es einfach und geradeaus mögen. Jethro Tull ist irgendwo zwischen den Extremen angesiedelt… In meiner Musik gibt es zuweilen so was wie einen intellektuellen Verlauf, aber nicht immer. Und ich möchte auch nicht, daß immer etwas davon vorhanden ist. Hin und wieder möchte ich auch Musik für Fußballspieler machen. Ich sehe schon, worauf das hinausläuft…

Mr. Anderson lässt sich hier von einer zugegebenermaßen verfänglichen Suggestiv-Frage dazu verleiten in der Euphorie über seine vermeintliche intellektuelle Überlegenheit gleich eine ganze Branche für dumm zu erklären (eigentlich gleich zwei, die Fußballspieler mit dazu). Dabei vermengt er Dinge, die nichts miteinander zu tun haben und offenbart gleich mehrere Denkfehler. Dazu kommt: Im Prinzip beantwortet er die Frage nicht – worin nun eigentlich sein Nachteil besteht geht aus seinen Worten nicht hervor. Seinen Ansatz „Für mich stellt es ein Problem dar, weil…“ führt er nicht zuende. Dann schweift er völlig ab und kommt auf die Spice Girls – warum bleibt unklar. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er beruflich viel mit ihnen zu tun hat. Die Frage bezog sich auch „auf das Rockgeschäft“, und die Spice Girls sind wohl kaum der Rockmusik zuzuordnen. Insgesamt macht seine Antwort nicht den Eindruck, als ob er jemals über das Thema und seine gefühlten „Probleme“ nachgedacht hätte, seine Ausführungen bestehen aus einer Aneinanderreihung von Klischees. Für mich ist das alles kein Zeichen von Intelligenz. Und „Kollegen“ wie die Spice Girls öffentlich als dumm zu bezeichnen ist gelinde gesagt eine Stillosigkeit.

Aber mit seinen Denkfehlern, Klischees und Stillosigkeiten steht Mr. Anderson nicht alleine da. Auch z.B. im Laufi-Forum kann man sie zahlreich finden: Die „Intellektuellen“, die ihren Musikgeschmack für ein Zeichen von Intelligenz halten und meinen „objektiv“ beurteilen zu können, welche Musik primitiv und minderwertig ist. Wer solche Musik mag, ist in Folge dumm, hirnamputiert, ohne Verstand, geistlos, hat keinen Grips etc.. Was diesen Intelligenzlern offenbar völlig entgangen ist: Intelligenz und Geschmack haben überhaupt nichts miteinander zu tun.

Welche Art von Musik einem gefällt, ob man gerne Fußball spielt oder einen anderen Sport treibt oder unsportlich ist, ob man lieber Heinrich Böll oder Micky-Maus liest, ist eine Frage der Persönlichkeitsstruktur und steht in keiner Beziehung zur Intelligenz. Ich persönlich lese z.B. lieber Micky-Maus als Böll, und ich würde mich dagegen verwahren deshalb als zurückgeliebener Idiot eingestuft zu werden (zurückgeblieben vielleicht schon, aber ich bin kein Idiot!). Bekanntlich geben Kühe bei Musik von Mozart mehr Milch, während bei lauter Rock-Musik die Milchleistung zurückgeht. Ist das nun ein Zeichen von Intelligenz? Irgendwo habe ich gelesen, das Lieblingslied von Willy Brand wäre „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ gewesen. Wollte davon nun wirklich jemand auf seine Intelligenz schliessen?

Welchen weitverbreiteten Denkfehlern ist Mr. Anderson nun also aufgesessen?

Irrtum Nr. 1: „Wer sich für Dinge interessiert, die mich langweilen, muss dumm sein“. Für mich gibt es z.B. kaum etwas öderes als Fußball (außer vielleicht Kochrezepte, Kosmetik, Mode, Jammern, wie furchtbar alles ist – na ja, es gibt schon einige ziemlich öde Themen). Inzwischen kenne ich gleich mehrere hochintelligente und von mir sehr geschätzte Menschen, die fußballbegeistert sind. Seitdem habe ich diese These verworfen. Nur weil jemand Freude an etwas hat, das einen selbst nicht interessiert, muss er noch lange nicht dumm sein.

Irrtum Nr. 2: „Naivität, Schlichtheit, Gutgläubigkeit = Dummheit“. Das kann zwar so sein, muss es aber nicht notgedrungen. Eventuell handelt es sich nur um eine andere Gewichtung von Werten und Zielen. Besonders Menschen, bei denen die Verfolgung ihrer Eigeninteressen einen hohen Stellenwert einnimmt – und dazu würde ich Mr. Anderson zählen – neigen dazu Idealisten, die ihre Eigeninteressen für ein „höheres Ziel“ zurückstellen oder vernachlässigen, für dumm zu halten. Im Gegenzug werden Puristen oder Perfektionisten, die vor allem nach der Erreichung einer optimalen Leistung streben, Menschen mit eher kommerziellen Zielen als primitiv erachten. Das liegt aber nur daran, dass der Eine die Motive des Anderen nicht nachvollziehen kann.

Irrtum Nr. 3: „Schlechter Geschmack = Dummheit“. Das hatten wir schon. Geschmack und Intelligenz haben nichts miteinander zu tun.

Irrtum Nr. 4: „Wer sich mit Leuten abgibt, die ich für dumm halte, muss auch dumm sein“. Selbst wenn die Spice Girls dumm wären, gilt das noch lange nicht auch für alle Journalisten, die über sie schreiben. Es ist der Job eines Journalisten, über das zu schreiben, was die Leser interessiert und was sie lesen wollen. Ein Journalist, der den Geschmack seiner Leser trifft, ist ein guter Journalist (vorausgesetzt er bleibt bei der Wahrheit und hält sich auch sonst an ein paar Anstandsregeln). Unter Umständen erfordert es sogar besonders viel Intelligenz, aus einem drögen Thema oder dürftigem Material noch eine lesbare Story zu machen.

Aber was ist nun eigentlich Intelligenz? Üblicherweise versteht man darunter die Fähigkeit logisch zu denken, d.h. Zusammenhänge richtig zu erkennen und daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies ist die Art von Intelligenz, die man mit den allseits bekannten IQ-Tests (mehr oder minder treffsicher) messen kann. Meist schlägt sich diese Art von Intelligenz auch in entsprechenden Schulzeugnissen nieder. So kann man z.B. bei Wikipedia folgendes nachlesen: Madonna war eine sehr gute Schülerin. Bei einem Intelligenztest an der High School gehörte sie zu den besten zwei Prozent mit einem IQ von 140. Na also, Mr. Anderson, es gibt doch auch ein paar intelligente Kolleginnen, versuchen Sie’s doch mal bei Madonna!

Aber an der hat ihm ja, wie wir bereits wissen, alles mögliche andere wieder nicht gepasst. Wir erinnern uns: alte Dame – dürr – Stimmchen – junge Kerle, um von ihren Mängeln abzulenken. Zur Anschauung ein Video (Hung Up live 2005), das zeigt wie es aussieht und klingt, wenn die Hochintelligenz musiziert. Es wird dies die Art von Musik sein, für die Mr. Anderson die Bezeichnung „von Leuten ohne Verstand für Leute ohne Verstand“ kreiert hat. Im Prinzip verstehe ich durchaus, was er meint, nur dass das alles überhaupt nichts mit Intelligenz oder Verstand zu tun hat. Musik ist Ausdruck der Persönlichkeit, sie basiert auf emotionalen Bedürfnissen. Nun neigt eigentlich jeder dazu seine eigenen emotionalen Bedürfnisse für besonders hochwertig zu halten, oder anders ausgedrückt seinen eigenen Geschmack für für den einzig wahren. Auch ich bin nicht frei davon, und ich schreibe das hier nicht zuletzt um mich selbst daran zu erinnern (wenn ich es in Zukunft einmal wieder vergesse, weiß ich jetzt wenigstens, wo ich es nachlesen kann):

Geschmack mit Intelligenz zu verwechseln ist kein Zeichen von Intelligenz. Wirklich intelligente Menschen können begreifen, dass Andere eben andere Bedürfnisse und einen anderen Geschmack haben, und dass sie deswegen nicht besser oder schlechter und auch nicht dümmer oder intelligenter sein müssen, sie sind eben einfach nur anders. Und solange sie sich nicht furchtbar daneben benehmen, haben sie den gleichen Anspruch auf Respekt wie man selbst. Aber jetzt komme ich mit meiner Moralpredigt langsam vom Thema ab…

Zurück zur IQ-Test-Intelligenz – sie ist eine eher theoretische Größe. Im täglichen Leben wird man von seinen Mitmenschen vor allem danach beurteilt wie intelligent man wirkt. Und jemand mit einem selbstsicheren, gewandten Auftreten, der sich in gepflegter Sprache flüssig und präzise ausdrücken kann, wird immer intelligenter erscheinen als jemand, der unsicher und unbeholfen daherkommt, undeutlich oder mit Akzent eine breite Umgangssprache spricht und dabei stammelt, stottert oder vergeblich nach den passenden Formulierungen sucht. Dabei muss der Erste nicht unbedingt wirklich intelligenter sein als der Zweite. Nur zur Erläuterung: Der Erste ist eher Mr. Anderson, der Zweite bin eher ich (ein bißchen übertrieben vielleicht…). Diese Kommunikationsfähigkeit ist eine „Schlüsselkompetenz“, die nicht nur darüber entscheidet wie intelligent man wirkt, sondern auch darüber in wieweit es einem gelingt seine Intelligenz und seine sonstigen Fähigkeiten umzusetzen und nutzbringend anzuwenden.

Aber das ist immer noch nicht alles, da sind noch die Unwegsamkeiten der Gefühlswelt. Was nützt einem die schönste Intelligenz, wenn letztendlich Wut, Trotz, Stolz, Eitelkeit oder sonstige irrationale Emotionen ausschlaggebend für die eigenen Entscheidungen und Handlungen sind. Hass oder Liebe, Sympathie oder Antipathie, Faulheit und Bequemlichkeit, Euphorie oder einfach „null Bock“ – die Zahl der Einflussfaktoren, die einen dazu bringen können etwas anderes zu tun als der Verstand einem sagt, sind nahezu unerschöpflich. Und ihr Einfluss lässt sich in keinem Intelligenztest messen. IQ-Tests sind emotionsfrei. Im „wahren Leben“ kommt aber nur die Intelligenz zum Tragen, die sich im Dickicht der Emotionen behaupten kann. Damit sind klar Menschen im Vorteil, die ihre Emotionen kontrollieren und Selbstdisziplin üben können.

Vereinfachend könnte man ganz grob folgende Formel aufstellen: Im Test messbare „Rohintelligenz“ minus Verluste durch Kommunikation minus Verluste durch Emotionen = real nutzbare Intelligenz. Bei Mr. Anderson würde ich diese Verluste für gering halten. In der Kommunikation treten bei ihm überhaupt keine auf – ganz im Gegenteil. Er beherrscht die Selbstdarstellung und das Jonglieren mit Worten so brillant, dass er dadurch eher nach mehr erscheint, als er ist. Und den Eindruck, dass er sich in seinen Entscheidungen stark von Gefühlen leiten lässt, hatte ich bislang auch noch nicht. In seinen diversen Unternehmungen – ob nun Jethro Tull oder Lachsfarm – scheint er eher reichlich unsentimental nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu planen und zu agieren.

Bei obigem Interview wurde er aber einmal wieder an seinem wunden Punkt erwischt – seiner Anerkennungssucht und seiner Manie sich ständig mit Anderen zu seinem eigenen Vorteil vergleichen zu müssen. Als Folge einer Frage nach dem Motto „Ach, Mr. Anderson, Sie sind ja so intelligent, wie halten Sie es nur mit Ihren minderbemittelten Kollegen aus?“ hat er abgehoben und eine Menge unintelligentes Zeug gebrabbelt. Nach meiner Meinung hätte die „richtige“ Antwort auf die gestellte Frage etwa wie folgt lauten können: „Ob ich wirklich intelligenter bin als die Anderen weiß ich nicht, das kann man schwer messen, und darum geht es eigentlich auch garnicht. Es ist immer von Nachteil in einer Gruppe anders zu sein als die Mehrheit, z.B. weil man andere Interessen, andere Wertvorstellungen, andere Ziele oder einfach einen anderen Geschmack hat. Man wird dann leicht zum Außenseiter.“ Etwas in dieser Art hat Mr. Anderson vermutlich auch gemeint, mit dem kleinen Unterschied, dass er sich nicht einfach für einen Außenseiter sondern vielmehr für „etwas Besseres“ hält. Das tun andere, „echte“ Intellektuelle in der Musikbranche (und dazu würde ich z.B. Mark Knopfler zählen, aber auch David Palmer und sicher auch Brian May) vielleicht auch, aber wer ein bißchen Niveau hat, zeigt das nicht so deutlich. Und dass er ein bißchen Niveau hat, gehört für mich zu einem Intellektuellen dazu. Und so hat es Mr. Anderson inzwischen durch seine zahlreichen Denkfehler und Stillosigkeiten geschafft, dass seine intellektuelle Fassade vor meinen Augen weitgehend abgebröckelt ist.

So, jetzt habe ich einmal mehr unseren guten Mr. Anderson in Grund und Boden gestampft und bin dabei – wie Wilfried es neulich so treffend ausgedrückt hat – in Romanhafte abgeschweift. Eigentlich würde ich ja viel lieber einmal etwas Positives über ihn schreiben…

Seid gegrüßt, ihr Beiden
Kretakatze

PS.: Hier noch ein kleiner Nachtrag passend zum Thema „Musik und Intelligenz“: Kurz vor Wilfrieds Hinweis auf Mr. Anderson’s denkwürdiges Interview bin ich bei YouTube auf das nachfolgende Video gestoßen.Ich gehöre eigentlich nicht zu denen, die zu jedem Video ihren Senf abgeben müssen – die bislang von mir verfassten Kommentare kann man noch an den Fingern einer Hand abzählen. Bei Sugar Sugar konnte ich mich dann aber doch nicht davon zurückhalten eine Kostprobe meines feinsinnigen Humors zu hinterlassen. Mr. Fogerty schafft es irgendwie immer wieder Songs zu schreiben, bei deren erstem Hören ich spontan denke „Mein Gott, ist das primitiv!“. Eine halbe Stunde später stelle ich dann fest, dass ich ständig dieses Lied vor mich hin summe. Es sind Melodien, die ungebremst durch sämtliche Schichten der Großhirnrinde hindurch sofort zu den Basiszellen des Stammhirns vordringen, um sich dort – dem Zugriff des freien Willens entzogen – für immer festzusetzen. Das ging mir schon mit Green River so, wobei bei Green River zumindest der Text nicht primitiv ist. Das kann man von Sugar Sugar nicht behaupten. Es ist wirklich schon fast peinlich… Aber wie wir gerade gelernt haben: Intelligenz und Geschmack haben ja nichts miteinander zu tun.

PPS.: Für Diejenigen, die es interessiert: Mark Knopfler kommt im April und Mai 2008 nach Deutschland, der Kartenvorverkauf hat am 12.10.2007 begonnen!

12.10.2007

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

etwas erstaunt bin ich schon, wenn Kretakatze schreibt, dass es bei der Unterschiedlichkeit der Musik von CCR und Jethro Tull nur wenige Fans gibt, die an beiden Gruppen Gefallen finden (der, den Du da gefunden hast, sticht ja noch dadurch hervor, dass er wohl Kraftwerk mag, wirklich eine außergewöhnliche Mischung). Ich kenne wenigstens noch einen Fan (oder habe ich da etwas falsch verstanden?): Dich, Kretakatze!

Ja, beim Metallica-Video habe ich wirklich geschlafen. Aber die Kommentare haben mich wahrscheinlich nicht interessiert oder in meiner Euphorie, dass Metallica einen Tull-Titel spielt, habe ich gar nicht darauf geachtet. Dabei ist mir „Cross Eyed Mary“ in der Version von Iron Maiden durchaus bekannt. Vor schon vielen Jahren bin ich im Internet (wo sonst) darauf gestoßen, habe es mir sogar mit anderen Cover-Versionen damals als Audio-CD gebrannt. Auf der anderen Seite wirkt das Video aber auch täuschend echt – z.B. mit den Hintergrundgeräuschen des Publikums. Wem kann man da heute noch trauen …

Deinen Kommentar zu dem Video habe ich gelesen. Damit andere nicht suchen müssen, hier der Wortlaut:

Hey globetrottertroll, couldn’t you make another video of that kind with Metallica covering Tull’s „We used to know“? They did that anyway, just that they called it „Nothing else matters“. Everyone with half an ear can hear that it’s the same tune, they stole the song from Tull – maybe as a revenge? I wonder why Ian Anderson didn’t sue them, maybe they are secretly paying royalties?

Ich staune immer mehr über Dich, Kretakatze. Das sind ja schwerste Vorwürfe gegen Metallica. Da haben die einen Riesenhit mit „Nothing Else Matters“ und dabei soll das nichts anderes sein als ein Plagiat?! Nun, ich habe nicht nur ein halbes, sondern zwei Ohren und habe auch bisschen weitergeforscht, wie es meiner Natur entspricht. Beide Stücke sind in e-moll. Der Tull-Titel ist im ¾-Takt, der von Metallica im 6/8-Takt notiert (was einem ¾-Takt gleichkommt). Aber bei aller Liebe und allen Ähnlichkeiten: Ein Plagiat im engerem Sinne würde ich das nicht nennen, dafür sind beide Stücke doch zu verschieden.

Es gibt da übrigens einen weiteren Vorwurf des Plagiats, ebenfalls im Zusammenhang mit “We Used to Know” und auch ein Lied betreffend, dass sogar in ‚meinen’ Top 100 der besten Gitarrensolos der Rockmusik zu finden ist: Eagles – Hotel California (immerhin auf Platz 8!). Okay, in den Anmerkungen zum youtube-Video steht etwas von ‚sehr ähnlich’ (und Absicht wird auch nicht unterstellt). Und ähnlich bzw. sehr ähnlich sind manche Lieder. Aber hier stimmt schon der Takt nicht: Der Eagle-Titel ist eindeutig im 4/4-Takt:

The Eagles was the support band of Jethro Tull when they played „We used to Know“ (1970). In 1976 the Eagles composed Hotel California. Intentional or not, the vocal melody and the harmony is very similar.


The origin of „Hotel california“: We used to know

Ich habe vor vielen Jahren einmal mit einem Kollegen zusammengearbeitet, der ein wirklicher Kenner der klassischen Musik war. Er behauptete, dass „Yesterday“ von den Beatles auch nichts anderes als ein Plagiat wäre. Der wirkliche Komponist soll wohl Felix Mendelssohn Bartholdy sein, wenn ich mich recht erinnere. Auch Herrn Anderson selbst hätte man jahrelang des Plagiats beschuldigen können, steht bei Bourree auf früheren Scheiben immer der Name Ian Anderson allein; erst sehr spät finden wir neben seinem Namen auch den von J.S. Bach. Aber da habe ich noch ein weiteres Beispiel: „By kind permission of“, das Klaviersolo von John Evan (meist mit „With you there to help me“ gespielt so wie bei dieser Live-Aufnahme im altehrwürdigen Beatclub). Mit wessen freundlicher Genehmigung spielt er denn da wohl. Ich bin kein großer Klassikkenner, aber angeblich soll das Rachmaninov sein, dessen Prélude in Cis-moll opus 32 oder so. Und dank youtube, was finde ich da, genau Rachmaninov, wenn es auch Opus 3 Nr. 2 ist. Evan hat eindeutig bei Rachmaninov geklaut (da kommt mir Marilyn Monroe in den Sinn und der Film „Das verflixte 7. Jahr“, kennt Ihr den Film? „Rachhhhmaninovvvvv’ haucht da die Monroe schwülstig-frivol im drückend-heißen New York, während der Nachbar in die Tasten haut).

Themenwechsel: Beim Bartwuchs kann ich natürlich mitreden. Nun in jungen Jahren hatte ich eine ziemlich lange Matte auf dem Kopf, vielleicht nicht ganz so lang wie in den 70-er Jahren der Herr Anderson. Die Haare wurden dann kürzer und dafür sprossen die Haare unmittelbar im Gesicht. Und so laufe ich seit nunmehr 30 Jahren herum. Man gewöhnt sich daran. Ob nun länger oder manchmal auch ziemlich kurz gehalten – mir ist es gleich. Wenn das Gestrüpp zu dicht wird und ich wie Aqualung (also wie ein Penner) aussehe, dann stutze ich ihn zwangsläufig. Um den Menschen in meinem Umfeld nicht zu sehr befremdlich zu sein.

Aber komme ich zum eigentlichen Anliegen Deiner letzten Mail, Kretakatze: Herr Anderson und die Themen Intelligenz, Geschmack und Persönlichkeit. Was soll und kann ich dazu schreiben? Du hast in vielem Recht. Und doch müsste ich Dir eigentlich bei manchem widersprechen. Lass ich Ian Anderson erst einmal links liegen und erzähle etwas aus meinem Leben. Auf der Arbeit sind wir eine kleine Gruppe, Abteilung kann man das nicht nennen, so nennt es sich Stabsstelle. Und auch die braucht eine Leitung. Als nun vor 7 Jahren unser Leiter in Rente ging, gab es ein Hauen und Stechen um diese Stelle. Und Siegerin wurde eine Frau, die es im Vorfeld verstanden hatte, an den richtigen Türen zu kratzen. Besondere Fähigkeiten: Sie kann alles (und nichts) in feine Worte kleiden. Der im Fachlichen eigentlich Kompetente guckte in die Röhre (ich spreche nicht von mir). Schlage ich den Bogen zu Herrn Anderson: Wie er so versteht es die gute Frau, sich in wohlfeilen Worten auszudrücken. Im Gegensatz zu Herrn Anderson hat sie aber nichts wirklich Konkretes vorzuweisen, kein künstlerisches Werk oder dergleichen, das ihre Stellung rechtfertigen würde. Das bisschen Intelligenz, die sie aufzuweisen hat, wird (nach Deiner Rechnung) nicht durch Verluste in der Kommunikation gemindert. Der eigentlich kompetente Anwärter auf die damals frei werdende Stelle hatte diese Verluste.

In dem, was Du schreibst, liebe Kretakatze, zeigst Du, so denke ich, viel von Dir und gibst einiges von Dir preis. Auch mich entsetzt es, wenn Hohlköpfe es schaffen, durch Schein zu wirken. Nicht jede Führungspersönlichkeit ist wirklich eine Persönlichkeit. Und intelligent wahrscheinlich auch nicht allzu sehr. Der Schein trügt bekanntlich, aber die Menschen wollen betrogen sein.

Was Herr Anderson da alles sagt, würde ich nicht auf die Goldwaage legen. Es ist viel Bla-Bla und vieles ist auch gedankenlos geäußert. Was man halt so in einem Interview von sich gibt. Dass er auf die armen Spice Girls einschlägt, dass an anderer Stelle Madonna ihr Fett abbekommt, ich finde das eher lustig (und entlarvend).

Ich will und kann nicht auf alles eingeben, was Du schreibst. Vielleicht etwas zu den Journalisten der Regenbogenpresse: Es geht hierbei nicht um Intelligenz. Sicherlich gehört einiges dazu, ein Massenpublikum zu unterhalten. Bei aller Intelligenz sind diese Menschen (die ihr Geld mit der Unterhaltung eines breiten Publikums verdienen) menschlich dumm. Und ausbeuterisch. Sie beuten die Dummheit anderer aus.

Und Madonna: Ob sie nun intelligent ist oder nicht. Ich kann und werde mich nie für sie begeistern können. Intelligent ist sie ohne Frage, denn auf der Suche nach neuen Einnahmequellen ist sie fündig geworden. Da steht sie Herrn Anderson in nichts nach.

Ich stimme Dir zu, wenn es um den Respekt vor anders Denkenden, anders Fühlenden bzw. geschmacklich anders Ausgerichteten geht. Was ich mag, werden andere nicht unbedingt auch mögen. Ist auch okay so. Wenn Herrn Anderson im weitesten Sinne von Dummheit spricht (keinen Grips haben, schlicht, unentwickelt sein usw.), dann meint er da bestimmt auch etwas anderes. Es gibt nun einmal die Unterhaltung ‚fürs gemeine Volk’. Rockmusik gehört sicherlich auch dazu, aber eben nicht alle Rockmusik. Es gibt die Rockmusik für anspruchsvollere Geister und den Hau-Ruck-Rock für einfachere. Das heißt aber nicht unbedingt, dass Hau-Ruck-Musiker dumm sein müssen. Und sicherlich gibt es auch Intellektuelle, die ganz gern einmal Hau-Ruck-Rock hören. Warum nicht? Da ist Andersons Aussage sicherlich viel zu pauschal.

Aber vor allem eines: Ian Anderson sieht sich und Jethro Tull ‚irgendwo zwischen den Extremen angesiedelt’, wie er sagt. So hohe Ansprüche stellt er also gar nicht. Aber genug. Irgendwie drehe ich mich im Kreise. Was Du, Kretakatze geschrieben hast, hat nicht nur etwas mit Herrn Anderson zu tun. Es ist eine grundsätzliche Beurteilung und als solches völlig in Ordnung. Lassen ich es für heute dabei bewenden.

Eigentlich habe ich noch etwas auf dem Zettel. Aber für heute muss es genügend (und später mehr).

Ich hoffe, der gute Lockwood geht uns nicht ganz verloren. Ich verliere mich auf jeden Fall für die nächsten zwei Wochen. Bei uns sind Ferien und ich habe ebenfalls frei. Da möchte ich schon einmal andere Dinge aufarbeiten (als das Gequassele eines Herrn Anderson).

Gruß und Schluss
Euer Willi

19.10.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 84: Spot the Tune

Liebe Kretakatze, lieber Wilfried,

da bin ich wieder. Mailprobleme habe ich nach wie vor, aber es wird schon gehen.

Es würde mich freuen, wenn ich einen Musiker entdecken würde, dem ich soviel Begeisterung entgegenbringen kann wie Mr. Anderson. Ich suche zwar nicht gezielt danach, aber wenn ich einem solchen Musiker begegnen würde, würde ich ihn erkennen. Al Stewart ist es leider nicht. Seine Melodien sprechen mich nicht an und seiner Stimme kann ich nichts abgewinnen. Zu seiner Stimme sind Begriffe gefallen wie schmalzig oder knabenhaft. Das ist aus meiner Sicht zutreffend. Hinzu kommt, dass sie in meinen Ohren irgendwie steril klingt. Mr. Stewart hört sich an wie ein Nachrichtensprecher im Praktikum.

Zu Hallelujah: Alle von Kretakatze gelinkten Versionen dieses Songs klingen besser als die von Mr. Cohen. Zu einigen Liedern klingt sein sonorer Sprechgesang sehr passend, aber ich habe das sehr schnell über. Ein ganzes Album könnte ich mir von ihm nicht anhören.

Die beste Interpretation aus der Linkauswahl kommt unbestritten von k.d. Lang. Ich kannte die Dame bis heute nicht. Sie wirkt in der Tat ein wenig herb, fast wie eine Schwester von Patti Smith.

Aber egal, für einen Shane McGowan – Fan sind Äußerlichkeiten bestenfalls sekundär.

Zwar sehe ich gerne gut aussehende Sängerinnen wie Kate Bush, Stevie Nicks oder Alice, aber gutes Aussehen allein reicht nicht aus. Das mögen Jennifer Lopez – Fans anders sehen, aber bei mir ist das nun mal so. Auf mich üben weniger blendend aussehende Musiker einen ganz eigenen Reiz aus. Jedenfalls ist die Stimme von Mrs. Lang über jede Kritik erhaben.

Zu Mr. Anderson: Der von Euch diskutierte Beginn seiner Stimmprobleme überrascht mich. Ich siedle den Anfang seiner Probleme in den 80er Jahren an. Vorher, auch 1978 im Madison Square Garden, klang er so, wie ich ihn hören wollte und will.

Auch ich habe die letzten Wochen nicht ganz Anderson-frei verbracht. Ich habe sogar in eine CD investiert. Allerdings in ein Album aus der guten alten Zeit. „Minstrel in the Gallery“ hatte ich bereits auf Vinyl, aber da der Plattenspieler nicht immer einsatzbereit ist… Ich denke, wir alle kennen das Problem.

Inspiriert durch die Barttracht des Meisters in den 70er Jahren habe ich versucht, meine Gesichtsbehaarung auch auf diese Länge wachsen zu lassen. Das ging gründlich schief: Sobald die Haare eine gewisse Länge erreichen, habe ich das Gefühl, in einer Hecke zu stehen. Bevor mich dieses Gefühl in den Wahnsinn treiben konnte, habe ich die Pracht auf gewohnte Länge gestutzt. Es will mir einfach nicht gelingen, mich dem Meister äußerlich anzugleichen; das Barett steht mir nicht so gut wie ihm und mit dem Bart war auch nichts. Glücklicherweise ist meine Persönlichkeit so weit gereift, dass mir das nichts ausmacht.

Lieber Wilfried, erlaube mir einen Gedanken zu Deinem Blog-Beitrag über das letzte Werk von John Irving. Skurrile Charaktere und sexuell sehr aktive Menschen ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Romane. Das ist eine seiner Konstanten, da gibt es keine Überraschungen. Was mich hingegen geradezu erschüttert hat war das Lügengespinst, auf dem die Mutter des Protagonisten ihr und sein Leben aufgebaut hat. Eine so plötzliche Wendung habe ich bisher in keinem Irvingroman feststellen können. Wie dem auch sei: Wieder einmal ein toller Roman !

Nach dem heißen Sommer freue ich mich auf einen erfrischenden Herbst. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber immer, wenn mich die Herbstwinde umwehen, denke ich an die frühen Werke von Jethro Tull. Der Herbst ist für mich die schönste Jahreszeit.

Bis bald
Lockwood

26.09.2007

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

gleich zu Lockwoods letztem Schreiben und da zu den Stimmproblemen von Ian Anderson. Ich denke schon, dass Anderson weit vor 1980 erste Probleme mit dem Gesang bekam. Vielleicht war das leicht Heisere in seiner Stimme auf „Aqualung“ wirklich nur eine Erkältung (also z.B. auf Cross Eyed Mary klingt er verschnupft). Nur muss man mit einem Schnupfen unbedingt eine Scheibe aufnehmen? Wenn es die Studiobosse aus Zeitgründen so wollen, sicherlich … Ich gebe Dir, Lockwood, aber Recht: 1978 im Madison Square Garden, mag Andersons Stimme nach Kretakatzes Meinung auch leicht mickymaus-ähnlich klingen, so gefällt sie mir wie Dir. Von Sängern in der Rockmusikszene erwarten wir eben nicht, dass sie wie irgendwelche Sängerknaben klingen. Auf der anderen Seite stimme ich Kretakatze zu: So ein Stimmproblem kommt nicht von heute auf morgen. Aber lassen wir das.

Apropos Madison Square Garden: Ian Anderson beginnt das Konzert (Thick as a Brick) gewissermaßen mit einem Ratespiel: Spot the Tune! (Ist aus Zeitgründen nicht auf dem youtube-Video mit drauf). Und so frage ich auch Euch: Spot the tune! Errate die Melodie?

Es ist ein Stück von Jethro Tull, aber ohne den Meister (eigentlich sogar solo von ???) und von einem Album, das wir alle drei nicht sonderlich mögen. So schlecht hört es sich in dieser Interpretation nach meiner Meinung nicht an (da ich akustische Gitarren mag, klingt es für mich sogar ausgesprochen gut). Nun wie heißt das Stück? Ich will nicht, dass Ihr Euch blamiert (ich hätte mich mit Sicherheit auch blamiert), deshalb unten am Schluss die Auflösung. Übrigens ist das Stück auf dem schon erwähnten „25th Anniversary Box Set“ auf CD3 mit unveröffentlichten Aufnahmen (The Beacons Bottoms Tapes aus dem Jahre 1992) zu finden:


Wie heißt das Stück: Spot the Tune!

Zum Thema Plattenspieler: Als feststand, dass die alten Vinyl-Scheiben keine Zukunft mehr haben werden (ist nicht ganz richtig, denn es gibt immer noch die guten alten LPs im Angebot – gewissermaßen für solche, die ich, wenn auch politisch nicht ganz korrekt, Puristen nenne), da habe ich mir noch einmal einen ordentlichen Plattenspieler gekauft. Der steht zz. ganz in der Nähe meines Rechners, weil ich ja immer noch dabei bin, meine alten LPs (soweit ich diese nicht als CDs oder in anderer digitaler Form habe) auf dem PC zu speichern. Bei einigen Scheiben habe ich das ja bereits geschafft, aber in den letzten Wochen staubt der Plattenspieler nur noch ein, weil ich keine Zeit zum weiteren Digitalisieren finde.

Hier etwas für Kretakatze:

Fillmore West in San Francisco 13. bis 16.03.1969: Jethro Tull & Creedence Clearwater Revival

Es ist ein Plakat vom Fillmore West in San Francisco mit Konzertankündigungen für die Tage vom 13. bis 16.03.1969. An allen vier Tagen sind neben Jethro Tull auch Creedence Clearwater Revival im Fillmore West aufgetreten. So müssten sich Ian Anderson und John Fogerty doch eigentlich kennen (vier Tage lang kann man sich nicht aus dem Weg gehen).

Hierzu noch die Setlist lt. ministry-of-information.co.uk (am 17.03. wurde dann in L.A. noch schnell ein Stück aufgenommen):

13/3/69 Fillmore West San Francisco, Ca. USA
  A New Day Yesterday, To Be Sad Is A Mad Way To Be, Blues Jam, Fat Man, Dharma For OneAlso appearing, for all these Fillmore West shows: Creedence Clearwater Revival, Sanpaku.’Blues Jam‘ (not a jam) was introduced as ‚Martin’s Tune Again‘, to differentiate it from the „terrible“ ‚Martin’s Tune‘.
14/3/69 Fillmore West San Francisco, Ca. USA
15/3/69 Fillmore West San Francisco, Ca. USA
16/3/69 Fillmore West San Francisco, Ca. USA
18/3/69 Western Recording Studio LA, Ca. USA
  Recording ‚Driving Song‘  

Auch ich habe mir dieser Tage etwas von Tull gegönnt – die DVD von dem Konzert in Montreux 2003 (die Doppel-CD habe ich mir aber erspart). Die Qualität von Bild und Ton ist wirklich bestens (Ton sogar 5.1 – werde mir beizeiten die Scheibe über Beamer in unserem Keller anschauen). Die Stimmprobleme von Herrn Anderson sind natürlich nicht zu leugnen, halten sich aber in Grenzen (bei einigen Stücken mit weniger hoher Stimmlage würde man sie sogar kaum bemerken). Ich will Euch die DVD nicht unbedingt aufschwatzen. Aber ich als alter Tull-Fan kam nicht umhin, sie mir zu kaufen (zumal ich die Aufnahmen in bescheidener Qualität bereits kannte). Ich bin auf jeden Fall gespannt, was uns videomäßig zum 40. Tagestag von Jethro Tull erwartet. Alte Aufnahmen (besonders in Archiven deutscher TV-Sender, aber auch Wolfgang’s Schatzkammer müsste z.B. aus dem Fillmore West &/oder East neben Ton- auch über Filmmaterial – siehe unten – verfügen) gibt es reichlich, wie ich auch jetzt wieder bei youtube sehen konnte. Hier nur wenige Beispiele:


Jethro Tull Nothing is Easy 1970 (Anderson und Jungs beim Proben)


Jethro Tull – For A Thousand Mothers – Fillmore East 1969


Jethro Tull – A New Day Yesterday – Fillmore East 1969

Sehr interessant ist auch das Video zur Grammy-Verleihung 1988. Die Kommentare dazu sind auch ganz witzig (von: Wer ist Jethro Tull? über Gut, Jethro Tull sind ja gute Musiker, aber … bis zu Habt Respekt vor Jethro Tull …). Nur noch einmal zur Erinnerung: Gewissermaßen zum 25. Jahrestag des Aqualung-Albums 2006 spielte ja Metallica Jethro Tulls „Cross Eyed Mary“ beim Rock am Ring.

Wenn ich abends von der Arbeit mit der Bahn nach Hause fahre, habe ich meinen MP3-Player dabei, um mich bei guter Musik zu entspannen (morgens mache ich meist noch ein kleines Nickerchen, weil ich schon früh unterwegs bin; da mag ich mich nicht schon mit Musik berieseln lassen). Neben dem angesprochenen „25th Anniversary Box Set“ habe ich mir in den letzten Tagen u.a. das alte „Stand Up“-Album angehört. Das war die erste Scheibe, die ich mir in meiner Jugend gekauft hatte. Und ich weiß nun auch ganz sicher, weshalb es die erste Platte war, die ich mir angeschafft habe: Die Musik entspricht ganz dem, was ich mag. Natürlich spielen Anderson und Co. auch heute immer noch Stücke von dieser Scheibe („A New Day Yesterday“ oder „Nothing is Easy“). Abgesehen von den Anderson’schen Stimmproblemen gefallen wir die heutigen Interpretationen aber nicht wirklich. Es ist mir dabei zu viel Gedudele, es sind zu viele Schnörkel, die Anderson auf seiner Flöte zaubert. Vielleicht bin ich (selbst auch) zu sehr Purist. Aber mir gefallen die eher schnörkellosen (na ja, so schnörkellos sind sie auch wieder nicht …) Stücke alter Tage um einiges besser, auch wenn sie technisch (aufnahme- und spieltechnisch) nicht so ausgereift waren. Und das ist auch das, was mir an den heutigen Konzerten nicht allzu sehr gefällt. Nichts gegen Improvisation. Aber zuviel des Guten ist für mich nicht mehr gut. Der Meister muss eben zeigen, was er drauf hat (und will damit auch von seinen Stimmproblemen ablenken).

Den Herbst halte ich auch für eine sehr schöne Jahreszeit. Allerdings sind die letzten tage eher bescheiden (im Aachener Raum soll es ja auch wie aus Kübeln geschüttet haben. Wir hatten gestern fast den ganzen Tag Regen). Hoffen wir auf „goldenen“ Oktober. Ende Oktober habe ich (während der Herbstferien) noch zwei Wochen Urlaub. Da wäre etwas Sonnenschein schon nicht schlecht.

Soviel für heute. Man liest sich weiterhin.
Bis dahin
Wilfried

Spot the Tune: Das Stück heißt „Protect and Survive“ und ist vom Album „A“ (wie Anderson) aus dem Jahre 1980 – als alles begann, den Berg hinunterzugehen. Natürlich spielt Martin Lancelot Barre – solo. Aufgenommen wurde das Stück in seinem ureigenen Studio Presshouse Studio im Dezember 1992.

30.09.2007

English Translation for Ian Anderson

Meine 10 größten Gitarristen der Rockmusik: Martin Barre

Wie bereits angekündigt, werde ich mich nach und nach den Gitarrenheroen der Rockmusik zuwenden, und zwar meinen Helden, also denen, die mir gefallen. Nach den 100 größten Gitarrensolos der Rockmusik, die dem Votum der Leser des Guitar World Magazine entsprachen, also hier der erste der Gitarristen, die ich ganz persönlich für die größten halte. Es soll keine Top Ten werden, eine ‚Reihenfolge‘ ist mir nicht wichtig, dafür ist jeder der genannten Musiker für sich ein Meister seines Faches. Vielleicht werden es am Ende auch mehr als 10 Gitarristen sein, die mir zusagen. Ich werde sehen. Fange ich als alter Fan der Gruppe Jethro Tull mit dessen Gitarristen, Martin ‚Lancelot‘ Barre an. Gegründet wurde Jethro Tull u.a. von Ian Anderson, der auch heute noch der Kopf der Band ist, und Mick Abrahams. Schon bald gab es Differenzen zwischen beiden – musikalischer Art. Abrahams gründete daraufhin die Gruppe Blodwyn Pig,

Martin Barre (Jethro Tull)

1969 kam so Martin Barre als Nachfolger von Mick Abrahams zu Jethro Tull und ist bis zum heutigen Tag Mitglied der Band. Sein Gitarrenspiel prägte neben dem Gesang und der Flöte von Ian Anderson den Stil von Jethro Tull. So finden wir sein Gitarrensolo in dem Stück „Aqualung“ auch bei den 100 größten Gitarrensolos der Rockmusik.

Ich habe in den letzten Tagen etwas in meiner Plattensammlung gestöbert und bin dabei auf ein Stück gestoßen, das auf dem 1993 erschienenen „25th Anniversary Box Set“ (3. CD: The Beacons Bottoms Tapes – aufgenommen Ende 1992) von Jethro Tull zu finden ist: The Whistler. Es ist ein Instrumentaltitel (natürlich mit Gitarrensolo), das Martin Barre zusammen mit den weiteren Tull-Mitgliedern Dave Pegg (Bass), Doane Perry (Drums) & Andy Giddings (Keyboards) aufgenommen hat – also ohne Ian Anderson, und es ist eine von Martin Barre geprägte Version.


Barre/Pegg/Perry/Giddings: The Whistler (1992)

Das Original ist übrigens als Video bei youtube.com zu finden: Jethro Tull – The Whistler 1977

siehe auch meinen Beitrag: Happy birthday, Martin: Martin Lancelot Barre wird 60

Was ist bloß mit Ian los? Teil 83: Hallelujah & Stimmprobleme & Lebenskämpfe

Liebe Freunde,

Meine Antwort auf Eure letzten mails habe ich bewusst bis heute zurückgehalten, um etwas Aktuelles zum Thema intellektueller Musiker berichten zu können:
Seit gestern ist Jet-Gitarrist Brian May Doktor der Astrophysik. Zwar hätte Dr. May bei der Wahl seiner Garderobe etwas mehr Sorgfalt walten lassen können, aber ich freue mich trotzdem für den Langen !

Viele Grüße
Lockwood

24.08.2007

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

heute fange ich gleich einmal mit jeder Menge Musik an, die man ja vielleicht auch im Hintergrund hören kann, während man liest (oder sonst etwas tut). Es ist mir doch noch gelungen im Internet ein paar der besserern Titel von Al Stewart zu finden – ohne Video. Aber wie Ihr Euch ja schon selbst überzeugen konntet, ist Mr. Stewart nicht so photogen und dekorativ, dass man ihn zu seiner Musik unbedingt auch noch sehen muss. Unter Umständen könnte sich sein Anblick auf den Hörgenuss sogar eher störend auswirken. Daher hier jetzt die völlig bildlosen Links zu Merlin’s Time und One Stage Before (zu denen ich ja schon einmal die Texte verlinkt hatte, was ich mir aber keinesfalls nochmals erlauben würde) sowie If It Doesn’t Come Naturally, Leave It und The Dark And The Rolling Sea. Abgesehen von „Merlin’s Time“, das rein akustisch ist, enthalten die anderen Titel alle Gitarrensolos, die so klingen wie Gitarrensolos meiner Meinung nach klingen sollten.

Übrigens bin ich dieser Tage zu dem Schluss gekommen, dass sich Mr. Stewart’s Stimme nachteilig auf seine Karriere ausgewirkt haben könnte. Sie klingt einfach immer gleich sanft, weich und ruhig, ganz gleich was er singt, und nicht zu jedem Song passt das. Erstmals ist es mir neulich aufgefallen, als ich nach längerer Zeit einmal wieder den Titel „Constantinople“ (den ich leider nirgendwo im Net finden konnte) gehört habe – das geht so richtig rockig los, und man denkt jetzt geht die Post ab, und wenn er dann zu singen beginnt erscheint es wie ein Stilbruch. Immerhin geht es in dem Lied darum, dass die Türken Europa überfallen, das sollte schon ein bißchen verzweifelt klingen. Aber das bekommt er irgendwie nicht hin. Ich mag seine Stimme und diese Art zu singen, aber ich könnte mir vorstellen, dass es manch Anderen stört. Vielleicht war es auch das, was Wilfried meinte als er etwas bezüglich „schmalzig“ schrieb, ich wüßte sonst wirklich nicht, was an Al Stewart schmalzig sein sollte. Und auf Schmalz reagiere ich üblicherweise selbst ziemlich empfindlich.

Wenden wir uns übergangslos Dr. Brian May zu, dem ich natürlich auch ganz herzlich zu seinen akademischen Weihen gratulieren möchte. Astrophysik ist ein wirklich interessantes Thema, mit dem ich mich vor ca. 35 Jahren – also ungefähr als Mr. May seine Dissertation begann – auch schon einmal beschäftigt habe, allerdings natürlich sehr amateurhaft. Immerhin beabsichtigte ich damals Astronautin zu werden, daraus wird jetzt wohl nichts mehr. Dr. May dagegen ist es gelungen seine Ziele und Träume noch zu verwirklichen – Bravo!

Ich war in den vergangenen Tagen und Wochen viel auf YouTube unterwegs und bin dabei auch auf einige bemerkenswerte Musiker(innen) und Songs gestoßen, von denen ich noch nie zuvor gehört hatte. Es waren nicht zuletzt diese Streifzüge, die mich in letzter Zeit von meinen schriftstellerischen Aktivitäten abgehalten haben. Ein paar meiner Entdeckungen möchte ich Euch dabei nicht vorenthalten.

Zum Beispiel bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Cover-Versionen ein interessantes Thema sind. Manche beliebten Titel sind gleich von einer ganzen Reihe von Musikern gecovert worden, und die Versionen unterscheiden sich zum Teil erheblich. Da ist es wirklich manchmal erstaunlich wie unterschiedlich eine Melodie interpretiert werden kann, oder wie ein anderes Arrangement einem Song eine völlig andere Bedeutung verleiht.

So bin ich auf YouTube auf ein Lied gestoßen, dass sehr bekannt zu sein scheint, von dem ich aber noch nie zuvor gehört hatte – es ist Leonard Cohen’s Hallelujah (Originalversion live aus einer bekannten deutschen Fernsehsendung…). Nun tut Mr. Cohen seine Lieder nicht singen sondern sprechen, und das schreit geradezu danach sie noch einmal so aufzunehmen, dass sie wie Musik klingen – da ist eigentlich jede Cover-Version besser als das Original. Daran haben sich in Folge auch zahlreiche Musiker versucht, und ich möchte hier nur ein paar der interessantesten Versionen aufführen – übrigens allesamt von Musikern, die mir bis dato völlig unbekannt waren.

Da wäre zuerst die Version von Rufus Wainwright, die ich für die schlechteste halte. Er singt mit nasaler Stimme ohne Akzentuierung in schleppendem Tempo und weinerlich klagendem Tonfall – das Ganze zu eintöniger Klavierbegleitung. Bei ihm klingt das Lied wie ein Trauermarsch für eine Beerdigung.

Besser ist da schon die Version von Jeff Buckley – schöne akustische Gitarre im Folk-Stil, aber sein Gesang klingt irgendwie ein bißchen verloren. Außerdem sind meiner Meinung nach hier die Instrumentalpassagen etwas zu lang ausgefallen.

Auch Allison Crowe singt zu Klavier, aber im Gegensatz zu Mr. Wainwright klingt das Lied bei ihr nach purer Freude und Glückseligkeit. Vielleicht sind es auch ihr stahlendes Lächeln und ihre großen blauen Kinderaugen, die diesen Eindruck vermitteln. Auf jeden Fall kommt ihre Interpretation des Songs seiner Bedeutung für mein Gefühl doch schon recht nahe.

Wirklich überzeugt hat mich dann aber doch erst k.d. lang. In ihrer Version ist wirklich alles drin, nicht nur Klavier und Gitarre, sondern wohl auch so ziemlich jede Emotion, die zwischen Himmel und Erde vorstellbar ist. Bei Mrs lang (sie legt wohl Wert darauf, dass ihr Name kleingeschrieben wird…) bin ich denn auch hängengeblieben. Deshalb hier – auch auf die Gefahr hin, dass Ihr meine neugewonnene Begeisterung für Mrs lang nicht teilen könnt – gleich noch eine zweite Kostprobe: Helpless. (Auch Bird On The Wire und Pullin‘ Back The Reins sind übrigens empfehlenswert)

Beim Namen k.d. lang hatte ich eigentlich einen Mann erwartet, und der erste optische Eindruck sah auch stark danach aus. Folglich war ich etwas überrascht wie es klang, als sie schließlich zu singen begann… Ihr Äußeres ist zugegebenermaßen etwas gewöhnungsbedürftig: Die Natur muss bei ihr das Geschlecht verwechselt haben, sie hat mindestens 40 kg zuviel auf den Rippen und einen Haarschnitt wie eine unter den Rasenmäher geratene Maus. Dazu kommt, dass sie üblicherweise barfuß über die Bühne stolpert und dazu Schlafanzug- oder Morgenrock-ähnliche Garderobe trägt. Aber wen stört’s noch, sobald sie singt? Mich jedenfalls nicht. Ich finde sie einfach faszinierend.

Und damit wäre ich wieder bei Mr. Anderson angekommen. OK, der Zusammenhang ist jetzt vermutlich nicht sofort erkennbar. Der Schlafanzug könnte als Gemeinsamkeit herhalten, wobei Mr. Anderson immerhin noch Schuhe dazu getragen hat. Auf jeden Fall ist auch Mrs lang eine ziemlich exzentrisch wirkende Erscheinung. Außerdem neigt sie, ähnlich wie Mr. Anderson, zu einem mimik- und gestenreichen Vortragsstil. Wenn sie von „big birds flying…“ singt, sieht man sie schon fast zum Tiefflug übers Publikum abheben…

Ich habe Mr. Anderson in den letzten Wochen und Monaten mit anderen Musikern verglichen und bin dabei zu dem Schluss gekommen, dass er im Gegensatz zu diesen auf der Bühne einen ernsten oder gar finsteren Eindruck macht, sein Vortragsstil aufgesetzt und einstudiert erscheint, sein Outfit unpassend ist, seine Aufführungen teilweise lächerlich oder gar peinlich wirken usw. – dass bei ihm einfach nichts mehr zusammenpasst. In igendeinem Nebensatz habe ich dann immer noch erwähnt, dass diese anderen Musiker im Gegensatz zu Mr. Anderson allerdings noch eine Stimme haben. Als ob es für einen Sänger eine Nebensächlichkeit wäre, ob er singen kann oder nicht.

Der Verlust der Stimme ist für einen Sänger eigentlich das Aus, das Ende, der Tod. Mr. Anderson hat versucht diesen Tod zu überleben, da er offensichtlich nicht mit ihm leben konnte. Da nicht sein kann was nicht sein darf, bemüht er sich seither seinen Stimmausfall zu ignorieren, so zu tun als existiere er nicht oder als wäre er eine unbedeutende Lappalie. Aber ist es wirklich vorstellbar, dass er nicht selbst hört wie er klingt? Ganz abgesehen davon, dass er durch seine lieben Mitmenschen in Form von Konzertkritiken, Interviews, Fanpost, Internet-Foren etc. auch ständig wieder daran erinnert wird.

Fällt nicht der Zeitraum, in dem er „sich selbst verloren hat“ (wie ich es schon einmal ausgedrückt habe) zusammen mit dem Zeitraum, in dem er seine Stimme verloren hat? Und das ist nicht über Nacht passiert, das fing schon Ende der 70er Jahre an. Mir ist erstmals bei den Aufnahmen aus dem Madison Square Garden 1978 (Thick As A Brick) aufgefallen, dass er anfing immer mickymaus-ähnlicher zu klingen.

Es ist leicht freudestrahlend Hallelujah zu singen, wenn man eine Stimme hat wie k.d. lang. Mit einer Stimme wie Mr. Anderson würde sich Mrs lang sicher auf keine Bühne mehr wagen, und die Herren Fogerty, Diamond und wie sie alle heißen vermutlich genauso wenig. Warum wundert mich also, dass sich Mr. Anderson nicht mehr so recht unbeschwert über seine eigenen musikalischen Darbietungen freuen zu können scheint? Ist es verwunderlich, wenn er seit seinem Stimm-Tod als Zoombie über die Bühnen der Welt geistert? Etwas anderes ist eigentlich nicht zu erwarten. Erstaunlich nur, dass ich so lange gebraucht habe darauf zu kommen.

Da wird auch verständlich, warum er kaum noch neue Musik produziert. Was macht es schon für einen Sinn ein neues Lied zu schreiben, wenn man es nicht singen kann? Oder wenn es einfach nur scheußlich klingt. Und nur Instrumentalstücke möchte doch auch niemand. Da ist guter Rat wirklich teuer…

Und da ich mit meinem Latein nun auch am Ende bin, mache ich hier Schluss für heute.

Liebe Grüße an Euch beide
Kretakatze

PS.: Lieber Wilfried, natürlich hast Du keinen Blödsinn geschrieben – dafür bin eher ich zuständig. Wenn ich heute manches nochmals lese, was ich vor einigen Wochen oder Monaten hier verbrochen habe, dann denke ich auch immer wieder es wäre wohl doch besser gewesen, ich hätte mich ganz still in eine Ecke gesetzt und gewartet bis der Anfall vorbei ist. Naja, Schwamm drüber… Wenn Du anderer Meinung bist als ich, ist das jedenfalls Dein gutes Recht, und in vielen Punkten stimmen wir ja auch völlig überein.

Was das Bild von Mr. Anderson im Rollstuhl betrifft, kann ich garnicht recht glauben, dass es echt sein soll. Dass er schon einmal nach einem Sturz von der Bühne den Rest der Vorstellung im Rollstuhl absolviert hat, habe ich auch schon gehört, aber gleich zusammen mit 2 Krankenschwestern? Das Photo sieht auch schon so montiert aus, die Größenverhältnisse scheinen mir nicht zu stimmen, auch das Licht – besonders auf den beiden Nursies – wirkt so unecht…

10.09.2007

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

Ihr habt Euch ja lange nicht mehr gemeldet. Und, um ehrlich zu sein, ich habe die anderson-freie Zeit genossen und genutzt, um mich einmal wieder mit anderen Dingen zu beschäftigen. So habe ich auch einen Großteil meiner Urlaubsbilder und -videos überarbeitet, die ansonsten lange brach gelegen hätten. Und Herr Anderson hängt/hing mir auch so langsam kilometerlang aus dem Hals.

Aber auch Kretakatze hat ja wohl die Zeit genutzt, um ihren keinen Kätzlein ein Zuhause zu verschaffen. Herr Anderson und all die anderen Damen und Herren Musiker können einem schon ganz schön die Zeit stehlen.

Ja, Lockwood, Queen-Gitarrist Brian May greift als Doktor nach den Sternen bzw. in nebulöse Staubwolken im All. Gratulation auch von meiner Seite! Da fegt ja nun geradezu eine akademische Elite von Rockmusikern über die Bühnen der Welt.

Kretakatze kehrt so langsam in die Tage ihrer Jugend zurück (nicht nur sie). Nach John Fogerty willst Du uns jetzt doch noch einmal Al Stewart schmackhaft machen. Vielen Dank für die Lieder. „The Dark And The Rolling Sea“ gefällt mir sogar ausgesprochen und wirklich gut. Was allerdings den Gesang von Al Stewart betrifft, hast Du wohl Recht: Dieser ist für mich einfach zu brav und klingt reichlich knabenhaft. „Schmalzig“ ist sicherlich nicht das richtige Wort, aber ich mag es wahrscheinlich etwas kraftvoller.

Ausgehend von Cohens „Hallelujah“ hast Du, Kretakatze, uns wieder reichlich mit Musikvideos eingedeckt. Mindestens eine Version hast Du uns dabei verheimlicht: John Cale – Hallelujah. k.d. lang ist mir zwar ein Begriff, aber wohl eher als Aktivistin (Tierschutz) und wegen ihrer anscheinend lesbischen Umtriebe. Irgendwie dachte ich immer, sie wäre Holländerin (ich weiß auch nicht warum; vielleicht hatte sie vor Jahren einen gemeinsamen Auftritt mit Herman van Veen?!). Jetzt habe ich sie also auch musikalisch etwas kennen gelernt.

Es mag vielleicht Zufall sein, dass Kretakatze von Al Stewart über die Cohen-Coverversionen zu k.d. lang gelangt ist. Musikalisch finde ich aber, dass hier viel Ähnliches zusammenkommt. Es ist weniger Rock, mehr Pop (um mich dieser Schublädchen wieder zu bedienen), durchaus hörenswert, wenn es auch nicht so ganz „meinen Geschmack“ trifft. Ich habe in diesem Zusammenhang noch einmal überlegt, wie ich zu Jethro Tull gekommen bin. Es war ähnlich wie mit der Liebe auf dem ersten Blick. Als ich Herrn Anderson mit seinen Jungs Anfang 1969 (oder war es doch schon Ende 1968) zum ersten Mal hörte, da war es um mich geschehen. Und ähnlich (oder gleich) ging es mir mit anderen Gruppen bzw. Musikern. Ich denke da z.B. an Joan Armatrading, mit der Ihr nur wenig etwas anfangen könnt. Und da ich meiner ersten Liebe bis zum Ende meines Lebens treu zu sein gedenke, kann ich nicht von Herrn Anderson lassen. Bei Al Stewart und k.d. lang geht es mir eher so: Ja, ganz nett, aber die große Liebe wird das nie werden.

So ganz bin ich natürlich auch die letzten Wochen nicht ohne Anderson & Co. ausgekommen. Ich habe mir u.a. nach sehr langer Zeit aus dem „25th Anniversary Box Set“ einige bis dahin (1993) unveröffentlichte Aufnahmen (The Beacons Bottoms Tapes aus dem November 1992) angehört und war ‚erschüttert’. Aber alles der Reihe nach:

Kretakatze schreibt zum Stimmverlust von Ian Anderson: „… das fing schon Ende der 70er Jahre an. Mir ist erstmals bei den Aufnahmen aus dem Madison Square Garden 1978 (Thick As A Brick) aufgefallen, dass er anfing immer mickymaus-ähnlicher zu klingen.“

Nun über das Mickymaus-Ähnliche kann man sich streiten. Nur als kleine Randnotiz: Die Singstimme des Meisters liegt weit höher als seine Sprechstimme, höher, als es sonst „üblich“ ist.

Ich würde den Zeitpunkt seines beginnenden Stimmverlustes auf einen noch viel früheren Zeitpunkt datieren, auf 1971 (!) mit Erscheinen des „Aqualung“-Albums. Bereits da klingt sein Gesang oft sehr heiser, als wäre er zum Zeitpunkt der Aufnahmen erkältet gewesen. Das ist mir, ob Ihr das glaubt oder nicht, bereits damals beim Erscheinen der Scheibe aufgefallen. Nur hatte ich es damals auf eine entsprechend kurzzeitige Unpässlichkeit geschoben.

Irgendwo, ich denke bei laufi.de, hatte ich einmal gelesen, dass Ian Anderson seine Gesangsprobleme hauptsächlich in der Kontraproduktivität zwischen Flötenspiel und eigentlichem Singen sieht, d.h. beim Flötenspiel werden die Stimmbänder in anderer Weise beansprucht als beim Gesang, was am Ende Probleme beim Singen verursacht. Daher legt Anderson bei Studioaufnahmen mit dem Flötespielen oft mehrere Tage Pause ein, um sich ganz aufs Singen zu konzentrieren.

Und wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist Ian Anderson während seines Musikerlebens schon öfter an den Stimmbändern operiert worden. Von daher erklärt es sich, dass seine Stimme manchmal völlig kaputt klingt, dann, Jahre später, wieder ziemlich okay zu sein scheint.

Nun, während der besagten Neuaufnahmen 1992 zu den Beacons Bottoms Tapes war seine Stimme wohl ziemlich im Keller. Ich gehe einmal davon aus, dass Ihr das 4-er Box Set zum 25. Jahrestag der Band nicht besitzt. Da gibt es zwei Aufnahmen, von denen ich Euch jeweils den Anfang zusammen geschnipselt habe: „Living in the Past“ und „With You There to Help Me“.

Niemand wird mir weismachen können, dass Anderson nicht um seine Stimmprobleme weiß. Wie sonst hätte er sich so oft operieren lassen. Aber es ist natürlich verständlich, dass er sein Problem nicht in aller Öffentlichkeit auswalzt und eher bemüht ist, es klein zu halten. Aber das ihn sein Stimmproblem sehr beschäftigt, zeigen u.a. auch die beiden zusammengemischten Aufnahmen aus 1992. Da versucht der gute Mann nämlich sein Problem zu kaschieren. Bei „Living in the Past“ dudelt eine Mundharmonika beim Gesang mit, und in „WYTTHM“ ist es sogar eine Mandoline (Oh, Caprisonne scheine über uns), die den kaputten Gesang übertünchen soll. Aber da wird nicht bemäntelt, da wird aufgedeckt!

Nun, ich weiß, Euch kann nichts wirklich erschüttern. So auch dieses Ton-Dokument nicht. Seid höchstens erschüttert zu erfahren, dass es mir für heute reicht.

Ein herbstliches Wochenende winkt bereits. Haltet Euch gerade und macht keinen Mist.
Cheerio, Tschüss und Good bye

Euer Willibald

P.S. Noch einmal etwas zu dem Anderson im Rollstuhl. Es war sicher nicht ‚der Rest einer Vorstellung’. Also ich habe noch einmal recherchiert. Angeblich ist die Aufnahme aus dem Jahre 1988 (wenn ich nur wüsste, woher ich sie habe). Aber da gab es keinen ‚Unfall’, wenigstens nicht laut www.ministry-of-information.co.uk, lediglich am 16.06. in Atlanta, USA, zu Doanes Geburtstag faules Obst (im Gegenzug keine Zugabe).

16/6/88 – Chastain Memorial Park Amphitheater – Atlanta, Ga. USA
Doane’s birthday – An audience member threw food on the stage , so Ian stopped the show at the end of Aqualung. No encore.

Ian Anderson im Rollstuhl

Bei laufi.de fand ich dann in einem Interview (zwischen Soundcheck und Konzert in der Berliner Arena am 4. Juli 1997 aufgenommen) folgende Zeilen:

Du giltst als sehr willensstark und hast nach der Verletzung in Südamerika im letzten Jahr (also 1996) sogar Konzerte im Rollstuhl absolviert.

I.A. Nun, das würde ich nicht wieder tun. Ich war mir nicht bewußt, was ich tat. Denn für einige Zeit im Rollstuhl weiterzumachen, verursachte ein Blutgerinsel in meinem Bein, was mir beinahe das Leben gekostet hätte. So hat sich das als sehr gefährlicher Entschluß herausgestellt – es war wirklich keine gute Idee.

Also war der Unfall 1996. Und bei www.ministry-of-information.co.uk finde ich dann auch:

19/3/96 – Meulle Uno – Lima, Perú
Ian fell during a jump on a poor-quality stage, badly injuring his knee.

Und weiter:

25/3/96 – Electric Factory – Philadelphia, Pa. USA
Ian in wheelchair

Insgesamt spielte Ian Anderson 10x im Rollstuhl, bis dann folgende Nachricht veröffentlicht wurde:

JETHRO TULL STAR IN HOSPITAL
Anderson in fight for his life

Ich habe mich dann am Äußeren des Meisters zu orientieren versucht (da würde die Fotoaufnahme wirklich eher zu 1988 passen), aber sicher bin ich mir nicht. Sollte die Aufnahme wirklich aus 1988 stammen, so ist das einer der vielen Jokes, die der Meister auf die Bühne gebracht hat. Übrigens ist es nur eine Krankenschwester (Nursie). Das andere ist ein Arzt (Dr. Bogenbroom?).

Sollte die Aufnahme tatsächlich aus dem Unfalljahr 1996 stammen, dann ist es wirklich ein schlechter Scherz (und vielleicht ist Herr Anderson seitdem mit solchen Scherzen auch etwas zurückhaltender).

Wie auch immer: Die Größen- und Lichtverhältnisse halte ich trotz Kretakatzes Bedenken für okay. Die Lichtverschiebungen ergeben sich aus der unterschiedlichen Anordnung der Scheinwerfer. Und der Unterschied in der Größe der Krankenschwestern, ist dadurch zu erklären, das es sich bei der einen Person um einen Mann (Arzt) handelt. Ich halte die Aufnahme also weiterhin für echt.

12.09.2007

English Translation for Ian Anderson