Archiv für den Monat: Juli 2010

Cloverfield

Der gesamte Spielfilm mit einer Handkamera aufgenommen? Wackelbilder wie bei einem Urlaubsvideo? Und das dann auch noch ein Monsterfilm?

Fünf New Yorker geben für ihren Freund Rob eine Abschiedsparty. Einer der Freunde filmt die Feier mit einer Handkamera. Da erschüttern Explosionen Manhattan, der Kopf der Freiheitsstatue kegelt durch die Straßen. Was ist nur los? Ein Monster attackiert New York! Während die Armee das Ungeheuer unter Beschuss nimmt, versuchen Rob und seine Clique zu fliehen.

Gestern lief im Fernsehen der US-amerikanische Spielfilm Cloverfield (deutsch: Kleefeld) aus dem Jahre 2008. Regie führte Matt Reeves, Cloverfield wurde im Handkamera-Stil in Form einer Mockumentary, also als fiktionaler Dokumentarfilm gedreht.


Cloverfield – deutscher Trailer

Zunächst muss man sich schon an die Wackelbilder gewöhnen. Aber dann bricht eine Action los, die durch die Bildsprache nahezu real wirkt. Das erinnert wohl auch an die Pseudo-Dokumentation Blair Witch Project, die auch dieser Tage im Fernsehen lief.

Inhaltlich unterscheidet sich der Film wenig von ‚normalen’ Monsterfilmen, auch heben sich die Charaktere nicht besonders ab. Die Story ist eher banal. Es ist eben die Kameraführung, die beim Betrachter ein Gefühl von klaustrophobischer Intensität erzeugt. Ein Bezug zu den filmischen Dokumenten vom Terroranschlag des 11. September 2001 in New York ist sicherlich gewollt. Der sichtliche Erfolg des Films ergibt sich aber auch dadurch, dass der Zuschauer zu einer Art Voyeur wird, also Gefahr läuft, wie ein sensationsgieriger Gaffer Teil des Spektakels zu werden.

Die Idee zum Film finde ich grandios. Allerdings hat sie doch einen großen Haken: Wer glaubt schon, dass der Typ, der die ganzen Ereignisse filmt, wie ein Idiot mit der Kamera umgeht und nur selten ins Bild kriegt, was er eigentlich sieht, und zum anderen auch in Momenten weiterdreht, in denen jeder normale Mensch das Ding längst hätte fallen lassen, weil er andere Sorgen hat, zum Beispiel, um sein Leben zu rennen.

Die Produktion entstand unter größter Geheimhaltung – und auch der Filmtitel klingt ziemlich geheimnisvoll. Des Rätsels Lösung: Die Macher benannten ihren Film einfach nach dem Boulevard in Santa Monica, an dem sich das Büro der Produktionsfirma „Bad Robots“ während der Dreharbeiten befand. Außerdem war „Cloverfield“ während des Kalten Krieges der Codename für New York City beim US-Militär.

13 Semester

Ja, es ist bald soweit für meinen älteren Sohn. Nach dem Abitur in diesem Sommer beabsichtigt er, in Hamburg Physik zu studieren. Es ist zwar noch nicht alles unter Dach und Fach, aber es sieht gut aus und sollte klappen. Dann wird er auch zunächst weiterhin bei uns in Tostedt wohnen bleiben. Ihm wird es dann also nicht so gehe wie in der deutschen Filmkomödie 13 Semester (Untertitel: Der frühe Vogel kann mich mal) aus dem Jahr 2009. Der Film erzählt die Geschichte der Freunde Moritz und Dirk, die aus einem kleinen Ort in Brandenburg an die Technische Universität Darmstadt kommen, um dort Wirtschaftsmathematik zu studieren. Seit einigen Wochen ist der Film auch als DVD 13 Semester im Handel erhältlich.

Bevor nun mein Sohn für zwei Wochen nach Schweden enteilt war, haben wir uns den Film 13 Semester an einem lauschigen Ferientag angeschaut. Es ist eine durchaus gelungene Coming-of-Age-Komödie, die das reale Studentenleben sehr gut wiedergibt. Manchmal ist der Film sogar eher zu sehr „authentisch“ als komisch, wenn es z.B. auf Wohnungssuche geht. Schade nur, dass im Film nicht die heutigen Bachelorstudiengänge das Thema sind. Aber dann wäre der Film wahrscheinlich auch ziemlich unlustig …

Aber auch für alle, die kein Studentenleben in absehbarer Zeit genießen werden, ist der Film eine unterhaltsame Sommerkomödie – leichte Kost bei hohen Temperaturen.


13 Semester – offizieller Trailer (HQ)

50 Jahre Martin Walsers Halbzeit

Zusammen mit Günter Grass’ „Die Blechtrommel“ (1959) und Uwe Johnsons „Mutmassungen über Jakob“ (1959) gehört Martin Walsers Roman „Halbzeit“ (1960 erschienen) zu jenen drei großen Romanen, die in der Literaturgeschichte gern als eine Art „Meilensteine“ der deutschen Nachkriegsliteratur gewertet werden.

Das Erscheinen dieses Romans jährt sich in diesem Jahr zum 50. Mal. Ich habe den Roman Halbzeit zum ersten Mal zum Jahreswechsel 1981/1982 gelesen – mein erstes Buch von Martin Walser. Seitdem bin ich von diesem Autor wirklich angetan und habe im Laufe der vielen Jahre so ziemlich alles von Martin Walser gelesen, was dieser reichlich veröffentlicht hat.

Ein immer wiederkehrendes Motiv Walsers ist das Scheitern am Leben. Walsers Helden sind den Anforderungen, die ihre Mitmenschen an sie oder sie selbst an sich stellen, nicht (immer) gewachsen. Der innere Konflikt, den sie deswegen mit sich austragen, findet sich in allen großen Walser-Romanen wieder. Dass die Kämpfe nur in der Seele seiner Helden brodeln, während die äußere Handlung meist Nebensache bleibt, macht Martin Walser zu einem typischen Vertreter der deutschen Nachkriegsliteratur.

In dem Roman „Halbzeit“ geht es um die Korrumpierung des jungen Intellektuellen durch die verlockenden Angebote der Wohlstandsgesellschaft und spielt in den Jahren 1957/1958 in Stuttgart, also zu Zeiten des Wirtschaftswunders nach dem zweiten Weltkrieg. Erzählt wird die Geschichte des Vertreters und späteren Werbefachmanns Anselm Kristlein, der vor dem Hintergrund des deutschen Wirtschaftswunders den gesellschaftlichen Aufstieg schaffen will. Kristlein ist zwar zu Konzessionen bereit, doch muss er einsehen, dass er während seines Kampfs um den Aufstieg mehr fremde Erwartungen befriedigen muss als eigene Wünsche verwirklichen kann. »Halbzeit« ist der erste Teil einer Trilogie um Anselm Kristlein, die mit »Das Einhorn« (1966) und »Der Sturz« (1973) fortgesetzt wird.

Er [Anselm Kristlein] war es, der mit Pawel [Chef der deutschen Sektion der Patterson-Werbung] zusammen dem Gedanken der psychologischen Verschrottung der Produkte eine organisatorische, praktikable Fassung gab. Wie sehr beide sich als Avantgarde empfinden durften, wurde bestätigt, als der Brief aus New York kam, der Pawel empfahl, einen geeigneten Mann zu schicken, daß der am ersten Kursus für künstliche Produktalterung teilnähme. Nun war Anselm gar nicht der Prophet, für den man ihn jetzt halten könnte. Hellseherisch wach war er, Instinkt hatte er, deshalb war ihm aufgefallen, daß der rücksichtslose Kampf der Slogans die ganze Branche früher oder später ruinieren müsse. Noch schlugen die konkurrierenden Produktbilder einander befriedigend schnell tot, neue Produktbilder waren nötig, die Branche florierte. Aber die Konzentration, der kein Antikartellgesetz mehr gewachsen sein würde, mußte die Branche überflüssig machen, wenn sich die Branche nicht umstellte. Und was braucht ein Monopolist um zu produzieren? Seine Produkte müssen rasch altern. Nicht das Material. Das Material muß gut sein. Aber das Produktbild muß Runzeln und Falten schlagen, schal muß es werden, aschgrau, widerlich verbraucht, Sehnsucht weckend nach dem neuen Produkt. Und dieser Wechsel muß in jedem Tempo manipulierbar sein. Wer dafür vertrauenswürdige Methoden anzubieten hat, der wird unentbehrlich sein. Und Pawel spürte wahrscheinlich, daß Anselm die Gabe hatte, die Hinfälligkeit der schönsten Dinge kraß zu empfinden und zu propagieren, deshalb sollte Anselm der erste psychologische Verschrottungsspezialist der deutschen Filiale werden, deshalb sollte Anselm ins Stammhaus, ins Stammland reisen und bei denen lernen, die darin schon Meister waren.

aus: Martin Walser – Die Anselm Kristlein Trilogie – Erster Band: Halbzeit
suhrkamp taschenbuch 684 – erste Auflage 1981 – S. 745 f. (Suhrkamp Verlag 1960)

Der Roman ist aus heutiger Sicht eine Reise in die 50er Jahre. Es ist die Zeit des Wirtschaftswunders eines Ludwig Erhard, aber auch die Zeit eines Heinz Erhardt, der die Deutschen wieder das Lachen lehrte. Mit dem letzteren hat der Roman wenig zu tun, eher mit Menschen, die sich nach dem Nationalsozialismus in einer neuen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung wiederfinden mussten. Beeindruckend finde ich, wie Walser nicht nur seinen Helden Anselm Kristlein psychologisch seziert, ein Können, das Walser auch in seinen weiteren Romanen immer wieder bis zur Schmerzgrenze gelingt. Von daher ist „Halbzeit“ auch heute noch modern.

Zum Inhalt:

Der Roman beginnt mit den Überlegungen des noch halb schlafenden Ich- Erzählers Anselm Kristlein zu seinem bevorstehenden Aufwachen in dem mit „Mimikry“ überschriebenen ersten Kapitel. Erst am Vorabend nach einem längeren Krankenhausaufenthalt wieder nach Hause gekommen, scheint der Genesende nicht ganz sicher zu sein, daß er das Tageslicht und alles, was damit zusammenhängt, wieder erblicken will. Durch seine kleinen Kinder aus diesem halbschlafenden, halbwachenden Zustand herausgerissen, ergibt er sich aber endlich als, „ein Gefangener der Sonne für einen weiteren Tag“ ( S.11 ). Daß dieser auch wortwörtlich ein „weiterer“ Tag wird , bezeugt die Tatsache, daß die ersten 375 Seiten, der Erste Teil vom Roman mit seinen drei Kapiteln also, diesen einen Tag, den 18. Juni 1957, behandeln. Kristlein, der verheiratet ist, drei Kinder hat und früher sein Studium der Philologie aufgegeben hat, wurde dann Handlungsreisender. Inzwischen ist aber zum Vertreter aufgestiegen. Diese Entwicklung in seinem Leben ist wichtig aus verschiedenen Gründen: Kristlein wird durch den ganzen Roman von seinem zweiten “ich“ begleitet, dem in seiner Phantasie und vielen Selbstgesprächen auftauchenden Wissenschaftler Galileo Cleverlein; als Handlungsreisender und Vertreter arbeitet Anselm am Deutschen Wirtschaftswunder und der sich schnell wiederaufbauenden kapitalistischen Gesellschaft mit; und als Philologe und Verkäufer, Vertreter, Werbetexter und schließlich Erzähler ist Kristlein einer, der über eine enorme Sprachfähigkeit verfügt.

Nachdem er an diesem Tag aufgestanden ist, flieht Amselm so schnell wie möglich vor seiner Frau Alissa, seiner Familie und allen Erwartungen und Verpflichtungen, die von ihm als Ehemann und Vater entgegengebracht werden. Er kommt zwar am Abend sehr kurz nach Hause, aber nur um gleich darauf wieder auszugehen; worüber seine Frau sehr enttäuscht ist. Er verbringt dann den ganzen Tag und Abend außerhalb: im Büro , bei Liebhaberinnen, auf der Straße, in Cafés und Bars, bei Freunden, beim Friseur, bei der Mutter. Kristleins Erzählung von diesem Tag besteht größtenteils aus sehr detaillierten Beobachtungen und Beschreibungen des Treibens der Menschen in seinem Freundes- und Bekanntenkreis, dazu kommen Überlegungen zu seiner Wirklichkeit und seinen Träumen und Phantasien, sowie Rückblenden in die Vergangenheit.

Die weiteren zwei Teile des Romans, mit je zwei Kapiteln, erstrecken sich über weitere fünfhundert Seiten, durch die man das Leben Anselms und sämtlicher Romanpersonen fast ein Jahr verfolgen kann. Dabei wird dem Leser das Treiben einer aufsteigenden oder bereits aufgestiegenen bürgerlichen Gesellschaftsschicht in einer mittelgroßen Stadt der 50er Jahre nahegebracht.

Kristlein erlernt den Beruf des Werbetexters, leitet eine erfolgreiche Werbekampagne und wird, wegen seines Erfolgs, von der Firma zu einem mehrwöchigen Seminar in die USA gesandt.

Im zweiten Teil des Romans begleitet man Kristlein auch in seinem privaten und gesellschaftlichen Leben weiter; zum Beispiel bei verschiedenen Parties, die helfen sollen die Sichtweise Kristleins der Wirklichkeit dem Leser zu vermitteln; oder bei seinem Versuch, die ehemalige Verlobte seines Freundes Josef-Heinrich als Liebhaberin für sich zu gewinnen.
Egal wo, im Berufsleben, bei Gesellschaften oder im privaten Bereich, wird das Leben als Konkurrenzkampf dargestellt. Eine Zeitlang scheint Anselm den Kampf zu bestehen, als er durch seine Begabung als Erzähler und durch seine Schlagfertigkeit einige glänzende Auftritte hat. Wie abzusehen, war dauert sein Erfolg aber nicht lange. Seine in den U.S.A. gewonnenen Erkenntnisse, daß Werbung wichtiger ist als Produkt, Aufmachung bedeutender als Inhalt ist, bezieht er aufs gesamte Leben. Diese Erkenntnis läßt ihn alles überdenken.

Der Kreis der Handlung schließt sich für Kristlein: Als er sich am Morgen des 21. März 1958 wieder zu Hause im Bett befindet, wo er nach einer zweiten schweren Operation, umringt von seinen Kindern und seiner Frau Alissa, erholt. Nur langsam und etwas wiederwillig aufwachend, ergibt er sich „dem Leben“ ein zweites Mal.

Aus: Referat über Halbzeit von Martin Walser

OSS 117 – Er selbst ist sich genug

Vier Jahre bevor Ian Fleming 1953 seinen ersten 007-Roman verfasste, erfand der Franzose Jean Bruce den Geheimagenten Hubert Bonisseur de la Bath. OSS 117, so lautet sein Deckname, kam in insgesamt über 250 Romanen zum Einsatz. Zwischen 1956 und 1970 entstanden sieben Verfilmungen; inzwischen sind mit Jean Dujardin in der Hauptrolle seit 2006 zwei neue Folgen verfilmt worden.

Frage: „Wie heißen die Chinesen, die mit den Nazis verbündet waren?“ Antwort: „Japaner!“ Top-Agent =SS 117 stellt selten die richtige Frage, und mit seinen Antworten liegt er auch meist falsch. Der Franzose verfügt über nur geringe geografische Kenntnisse jenseits französischer Landesgrenzen, ist mit den Sitten und Gebräuchen anderer Kulturen nicht vertraut. In OSS 117 – Der Spion, der sich liebte (2006) hatte der Mann mit der Kolonialherren-Mentalität seinen ersten grandiosen Filmauftritt seit 1970. Die Fortsetzung „Er selbst ist sich genug“ sahen in Frankreich 2,5 Millionen Kinobesucher – bei uns ist jetzt der im Sixties-Stil (inklusive Split-Screen) gedrehte Film als DVD: OSS 117 – Er selbst ist sich genug erschienen. Wieder mit Jean Dujardin in der Rolle des charmanten Sexisten (und Oliver Kalkofe als dessen deutsche Stimme), muss OSS 117 diesmal gegen mordlüsterne Chinesen, Altnazis mit Allmachtsfantasien und die Tücken der freien Liebe kämpfen. Bei seinen absurden Abenteuern in Rio kriegen aber längst nicht nur „Ausländer“ ihr Fett weg. Gefragt, wie er denn ein Land nennen würde, das militärisch regiert wird, in dem Zensur ausgeübt wird und es nur einen Fernsehsender gibt, antwortet OSS 117 stolz: „Frankreich.“


OSS 117: Der Spion, der sich liebte

Bei den zurzeit vorherrschenden subtropischen Temperaturen bevorzugt man gern leichte Kost. Das gilt dann auch für den kinematographischen Bereich. OSS 117 ist ein liebenswerter Trottel, der ähnlich dem Inspektor Clouseau (siehe: Kintopp – Teil 5: James Bond und Inspektor Clouseau) seine Fälle mit großem Erfolg löst. Zunächst muss man sich aber erst einmal an diesen neuen ‚alten’ Geheimagenten französischer Herkunft gewöhnen. Das dabei mit sehr viel Selbstironie gearbeitet wird, macht die neuen OSS 117-Filme dann doch sehr sympathisch. Auch überzeugt der 60er-Jahre-Stil (ich fühle mich an Filme meiner Kindheit erinnert). Highlights der neusten Abenteuer mit OSS 117 sind die fachgerechte Zubereitung eines Krokodils, eine zwerchfellerschütternde Hochgeschwindigkeitsjagd (!) im Krankenhaus und eine Reverenz an Hitchcocks Mount-Rushmore-Finale aus DER UNSICHTBARE DRITTE (sogar mit entsprechender musikalischer Anspielung) zum Showdown.


OSS 117 – Er selbst ist sich genug (Auto-Szene)

Hitze und Tornados

Vor knapp zwei Wochen machte ich mit meinen Söhnen einen Ausflug nach Düsseldorf mit Abstecher an den Rhein bei Königswinter. Und bereits da ließ uns die Hitze von über 35 ° C tagsüber reichlich schwitzen und in den tropischen Nächten kaum schlafen. Auf der Rückfahrt von Königswinter nach Köln und weiter nach Düsseldorf erlebten wir in den Doppeldeckerzügen der Deutschen Bahn Ähnliches wie Schüler, die sich auf dem Rückweg von einer Klassenfahrt nach Berlin befanden und in einem ICE, dessen Klimaanlage ausgefallen war, eine dramatische Hitzeschlacht bestreiten durften. Okay, die Klimaanlage funktioniert wohl noch in den Regionalexpress-Zügen, kam aber gegen die Hitze in den Zügen nur unzurechend an, sodass man im eigenen Saft schmorte. Diese Doppeldeckerzüge haben wohl insgesamt bei großer Hitze ihre Schwierigkeiten. Auch im Metronom, der u.a. zwischen Hamburg und Bremen verkehrt, ist schon öfter in einigen Wagen die Klimaanlage ausgefallen – zweimal habe ich das kurzzeitig miterleben dürfen: Eine Sauna ist nichts dagegen.

Nach der großen Hitze sind es dann meist kurze, aber heftige Unwetter, die zz. Deutschland heimsuchen. Wir hier in Tostedt zwischen Hamburg und Bremen hatten bisher Glück im Unglück – bis auf kurze Regenschauer, die mit Sturmböen einhergingen, wurden wir bisher verschont. Anders z.B. auf Helgoland, wo ein Tornado große Schäden auf der Helgoländer Düne anrichtete. Der Campingplatz auf Deutschlands einziger Hochseeinsel wurde verwüstet, 85 Prozent der Zelte mitgerissen. Es gab elf Verletzte, wie ein Sprecher der Feuerwehr sagte. Die meisten von ihnen hätten Knochenbrüche davongetragen. Zwei Schwerverletzte wurden per Rettungshubschrauber in Kliniken auf dem Festland geflogen. Etwa 100 Menschen hatten sich auf dem Campingplatz aufgehalten. Die Hauptinsel blieb vom Sturm verschont. Nachdem der Tornado abgeklungen war, wurden die Camper mit Booten dorthin gebracht. 40 von ihnen verbrachten die Nacht in einer Schule.

Tornado über Helgoland (Düne) 12.06.2010

Tornado über Helgoland (Düne) 12.06.2010

Tornado über Helgoland 12.06.2010 (Zerstörung des Campingplatzes auf Düne)

Tornado über Helgoland (Düne) 12.06.2010

Tornado über Helgoland (Düne) 12.06.2010

Es gibt inzwischen auch schon einige Tote zu beklagen, die meist von umstürzenden Bäumen erschlagen wurden. Hier weitere Berichte zu den Unwettern in Norddeutschland auf ndr.de.

Übrigens: Schlechte Nachrichten sollte man sich hier bei uns am besten auf Plattdeutsch mitteilen lassen, da klingt alles nur noch halb so schlimm: Norichten op platt vom 13.07.2010 – 08:30 Uhr:

Na dat Unwedder öber Norddüütschland, sünd se an vele Steen in Gang un rüümt op. Bi dulle Gewidder hebbt in Neddersassen ümfallen Bööm twee Froonslüüd dootslaan. In Köln is en Fro dootbleben, ehr hett en LKW faatkregen, as se sik jüst mit ehren Roller in en Ünnerföhrung schulen wull. Op Helgoland geev´t en Fallböe. En Campingplatz is nu komplett toschannen. Ölben Minschen sünd dorbi to Schaden kamen.

Der erste Stern für Spanien

Gratulation an die Niederlande (warum assoziiere ich das immer mit Niederlage?) zum dritten halben Stern. Schon zum dritten Mal sind sie Vize-Weltmeister, ist doch auch etwas. Und da die Schiedsrichter bei dieser Fußball-WM in Südafrika oft so schlecht waren, warum sollte es da beim Endspiel gegen Spanien besser sein? Spanien ist Weltmeister, zum ersten Mal, und für die Niederländer (oder sagt man doch eher Holländer) ist der Sündenbock schnell gefunden. Die Elftal fühlt sich von Finalschiedsrichter betrogen: Kurz vor dem Tor durch Andres Iniesta verweigerte der 38-Jährige den Holländern einen klaren Eckball, ein angebliches Foul an Eljero Elia blieb ungeahndet. Das der Spiel ab der 30. Minute anders verlaufen wäre, wenn der Schiedsrichter nicht so viel Erbarmen mit dem Kung-Fu-Treter Nigel de Jong gehabt hätte (ein klareres Rot gibt es nicht), davon schweigen unsere Nachbarn in Orange natürlich.

So wie die FIFA zunächst zu den vielen Fehlentscheidungen bei dieser WM schwieg. Inzwischen hat wohl FIFA-Chef Blatter begonnen, umzudenken: Videobeweis und Co. sind zurück auf der Agenda. Lassen wir uns überraschen.

Als mehr oder weniger Fußballbegeisterter lässt man sich vor einem Turnier wie diesem natürlich hinreißen, gibt Tipps für die einzelnen Spiele ab und tippt auch, wer Weltmeister werden könnte. Mein Tipp war natürlich Spanien, ehrlich! Aber da viele meiner Tipps mit den tatsächlichen Resultaten nur selten übereinstimmen wollten, Spanien zudem gegen die biederen Eidgenossen das Auftaktspiel verlor, wurde ich wie die vielen anderen Fußballexperten in unserem Land schnell kleinlaut.

Aber jetzt ist alles vorbei, die WM 2010 ist Geschichte und Spanien (dank Schiedsrichter, aber auch dank der eigenen Leistung) verdienter Weltmeister – und auch Deutschland, trotz nationaler Trauer nach der Halbfinalniederlage (eben gegen jene Spanier, die jetzt Weltmeister wurden), hat ein hervorragendes Turnier gespielt. Nicht umsonst wurden mit Özil und Schweinsteiger zwei deutsche Spieler für den Goldenen Ball als bester Fußballspieler des Turniers nominiert – es gewann dann überraschend oder nicht unverdient der Uruguayer Diego Forlán, übrigens ein Mann mit Fuß und Köpfchen. Von Wayne Rooney, Cristiano Ronaldo, Kaká und auch von Lionel Messi wurde in diesem Zusammenhang nicht gesprochen.

Gleich zwei Auszeichnungen sahnte Thomas Müller ab, der zu Recht die Nummer 13 auf dem Rücken trug (Namensvetter Gerd Müller lässt grüßen): Er wurde nicht nur bester Nachwuchsspieler dieses Turniers sondern auch Torschützenkönig. Gratulation an ihn – und nochmals an die gesamte deutsche Mannschaft. Im Spiel gegen Spanien habt ihr zwar euren Meister gefunden, aber gegen England und Argentinien habt ihr gezeigt, welches Potential in euch steckt – für die Zukunft (z.B. die Europameisterschaft 2012) darf man auf mehr hoffen.

In die allgemeine Begeisterung für den Bundestrainer Joachim Löw kann ich leider nicht so ohne Weiteres einstimmen. Ich verstehe auch nicht den Zirkus, den er um seine Vertragsverlängerung macht. Sicherlich sei ihm eine Denkpause vergönnt. Aber das sieht mir bei ihm eher nach einer „Bittet-mich-und dankt-mir!“-Aktion aus, die sicherlich seinem Ego gut tun mag, aber eigentlich nur lächerlich ist. Auch etwas peinlich darf man berührt sein, wenn man folgendes Video sieht: Löw schnüffelt und popelt. Löws Einwechselungen konnte ich leider nicht immer nachvollziehen. Ich hoffe, Mario Gomez ist endlich zu den Akten gelegt – und Marko Marin bekommt seine längst fällige Chance. Und Michael Ballack – auch ein Fall für die Akten!

Invictus – unbezwungen

Von 1962 bis 1990 sitzt Nelson Mandela (Morgan Freeman) wegen politischer Aktivitäten in Südafrika im Gefängnis. Diese lange Zeit hinter Gittern haben ihn jedoch nicht verbittern lassen – ganz im Gegenteil: Mandela spricht am Tage seiner Entlassung im Stadion von Soweto vor 120.000 Zuschauern und wirbt für die Versöhnung der schwarzen und weißen Bevölkerung Südafrikas. 1994 wird er in freien Wahlen zum Präsident gewählt. Doch die Kluft zwischen den Schichten und Rassen des sich nur langsam verändernden Landes am Kap ist immer noch groß. Mandela greift zu einer politischen Raffinesse. Die schwarze Bewegung will die von ihnen verhassten Springboks, die Rugby-Nationalmannschaft und das nationale Symbol der Weißen, unbedingt zerstören. Doch Mandela sieht hier seine Chance. Er verhindert nicht nur die Demontage des Teams, in dessen Reihen nur ein einziger Schwarzer aufläuft, sondern bringt auch noch Teamkapitän Francois Pienaar (Matt Damon) hinter sich. Die Mannschaft soll während der Rugby-WM in Südafrika die Herzen des ganzen Landes erobern und Schwarz und Weiß vereinen. Der Kampf scheint so aussichtslos wie die Chancen der Springboks auf den WM-Titel. Mandela rückt immer näher an das Team heran und will so die Einigkeit trotz aller Vorbehalte erzwingen…

Das Sport-Wunder der Deutschen fand 1954 in Bern statt, die Südafrikaner erlebten ihres 1995 im Ellis Park von Johannesburg. Die Rugby-Nationalmannschaft des damals frisch aus der Apartheid entlassenen Landes gewann sensationell den WM-Titel durch einen 15:12-Sieg nach Verlängerung gegen den haushohen Favoriten Neuseeland. Und das mit einer Mannschaft, der Experten maximal das Erreichen des Viertelfinales zugetraut hatten. Welche unglaubliche Dynamik ein solches Großereignis innerhalb der eigenen Landesgrenzen entwickeln kann, sollte jedem noch mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland präsent sein. Ein ganzes Volk versank im kollektiven Freudentummel über ein friedliches Weltfest der Superlative. Diesen Hintergrund der Rugby-WM 1995 in Südafrika nutzt Regisseur Clint Eastwood (Gran Torino, Million Dollar Baby, Erbarmungslos) als Fundament für sein Mandela-Biopic. Obwohl er nur einen sehr begrenzten Zeitraum im Leben des Friedensaktivisten beleuchtet, ist die Auswahl des Themas wirkungsvoll, weil Eastwood anhand dieses Ereignisses Mandelas politisches Wirken anschaulich demonstriert.

Was sich Eastwood aber vorwerfen lassen muss, ist die Milde seiner monothematischen Umsetzung. Die ganze Wucht der Wut und des Hasses, den die Apartheid über die Jahrzehnte aufgestaut hat, bringt er nur ansatzweise zur Sprache. Hier tobt kein rasender Mob, allenfalls in ein paar Buhrufen für die Springboks zu Beginn des Films entladen sich negative Energien. Die Art und Weise, mit der die Versöhnung illustriert wird, offenbart zudem eine gewisse Naivität. Warum sich Schwarz und Weiß plötzlich so schnell annähern, macht „Invictus“ nicht immer nachvollziehbar. Es muss einfach als gegeben hingenommen werden. Ferner findet der Widerstand, der Mandela innerhalb dieses Prozesses durchaus entgegen schlug, nur sehr moderat Anklang. Und auch der größte Makel am WM-Triumpf der Südafrikaner wird mit keiner Silbe erwähnt. Das neuseeländische Team litt vor dem Spiel unter den Beschwerden einer Lebensmittelvergiftung, deren Verursacher nie ermittelt werden konnten. Es gab zahlreiche Gerüchte und Vermutungen über den Urheber, der aus dem Umfeld des südafrikanischen Teams stammen sollte. Beweise dafür konnte allerdings niemand vorlegen. Doch Fakt bleibt: Selbst wenn die Vergiftung eine natürliche Ursache gehabt hätte, wäre es der Chronistenpflicht Eastwoods geschuldet gewesen, dies unterzubringen, weil Neuseeland im Vollbesitz seiner Kräfte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht so knapp verloren hätte. Aber das passt eben nicht in ein Heldenepos, wie auch „Invictus“ eines ist.

aus: filmstart.de


Invictus – unbezwungen (dt. Trailer)

Invictus – unbezwungen, jetzt auch als DVD Invictus – Unbezwungen im Handel, ist ein amerikanischer Film. Sportfilm, politischer Film, Biografie – Eastwood, inzwischen 80 Jahre alt, mischt verschiedene Genres zu einem Heldenepos, wie es wohl nur US-Amerikaner können. Alles was sich als sperrig erweist, bleibt dann natürlich außen vor. Ein solcher Film entwickelt eine eigene Logik. Trotzdem finde ich den Film sehenswert, weil er zumindest ansatzweise zeigt, was in Südafrika vor sich gegangen ist und welch beeindruckender Mensch dieser Nelson Mandela war und ist, der neben Martin Luther King und Malcolm X als wichtigster Vertreter im Kampf gegen die weltweite Unterdrückung der Schwarzen sowie als Wegbereiter des versöhnlichen Übergangs von der Apartheid zu einem gleichheitsorientierten, demokratischen Südafrika gilt und dafür 1993 den Friedensnobelpreis erhielt.

Die drei Herren ohne Kontrabass …

Ich weiß, es heißt: Drei Chinesen MIT dem Kontrabass. Wir sind zwar drei, auch männlichen Geschlechts, wenn auch keine Chinesen und OHNE Kontrabass, wie auch ohne Geigen, Trommeln oder Gitarren …

Willi, Jan & Manni
Foto: Sunat Mustafov

Das Foto wurde beim Abschlussball des Jahrgangs 2010 am Gymnasium Tostedt während eines Fotoshootings aufgenommen. Es zeigt mich, unseren erfolgreichen Sohn Jan und Onkel/Patenonkel Manfred, da meine Frau gleichzeitig beim Abschlussball der Realschule (für unseren Sohn Lukas) weilte.

Wie viele neue Rathäuser braucht das Land?

Vor genau einer Woche weilte ich mit meinen beiden Söhnen auf einer kurzen Rheinreise in Königswinter. Was wir dort in einem Fenster in der Altstadt von Königswinter erblickten, brauchte uns dann wahrlich zum Lachen:

Initiative: KEIN Rathausneubau in Königswinter!
Wenn’s dem Esel zu gut geht …
… will er ein neues Rathaus bauen.

Also nicht nur in der Samtgemeinde Tostedt (Erweiterungsbau Rathaus Tostedt) kämpft eine Bürgerinitiative gegen einen kostspieligen Rathausneubau. Übrigens: Wahrscheinlich im Herbst wird es zu dem Bürgerbegehren in Tostedt kommen, da der Samtgemeinderat nicht gewillt ist, seinen Beschluss vom 09.03.2010 zurückzunehmen. Die Politiker hoffen insgeheim darauf, dass das Bürgerbegehren scheitert, da mindestens 25 % der wahlberechtigten Bürger für das Begehren stimmen müssen. Wir werden sehen!

Das Ende vom großen Traum

Der Respekt war zu groß vor dem spanischen Team. So fehlte der Mut, der die deutsche Mannschaft gegen England und Argentinien bis ins Halbfinale gebracht hatte. Orakeltintenfisch Paul aus dem Sealife in Oberhausen hatte also Recht: Nicht Deutschland, Spanien zog nach einem knappen 1:0-Sieg ins Finale um die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika.

Dass die Enttäuschung für die vielen jungen deutschen Spieler groß ist, ist nachvollziehbar. Aber der Anspruch war auch groß und wuchs mit jedem gelungenem Spiel in der OK-Runde (4:1 gegen England, dann auch für mich sehr überraschend 4:0 gegen Argentinien, zuvor noch als einer der Anwärter auf den Titel gehandelt): Wer hoch steigt, kann auch tief fallen! In Spanien nun, das schnell zu seinem gewohnten Kurzpassspiel fand und den deutschen Spielern wenig Raum zur Entfaltung ließ, fand die deutsche Mannschaft ihren Meister.

Man mag nach den Ursachen dieser Niederlage suchen. Sicherlich fehlte der gesperrte Thomas Müller, der in den bisherigen Spielen fast schon zum Superstar avancierte und durch den Hamburger Trochowski nur unzureichend ersetzt wurde. Seine Auswechslung kam dann nach meiner Meinung auch etwas spät.

Miroslav Klose hat mit seinen vier Toren das Vertrauen, das der Bundestrainer Joachim Löw in ihn gesetzt hat, gerechtfertigt, was man von Mario Gomez leider nicht behaupten kann. Warum Löw den Münchner Gomez auch in diesem Spiel, wenn auch spät, eingewechselt hat, bleibt sein Geheimnis. Und warum Löw gerade auch gegen die Spanier auf Marko Marin verzichtete, kann ich nicht nachvollziehen. Okay, Marin spielt auf links, Müller, der ersetzt werden musste, spielt im rechten offensiven Mittelfeld. Mit Marin wäre auf jeden Fall „mehr Leben“ ins deutsche Angriffspiel gekommen.

Ausschlaggebend war aber, dass die Zielsetzung der deutschen Mannschaft einfach zu hoch gesteckt war, sodass man den eigenen Ansprüchen nicht gerecht wurde. Urplötzlich war die eigene Courage gemindert, das aufgebaute Selbstvertrauen geschmälert – die Nerven begannen zu zittern. Und kleinste technische Fehler rächen sich gegen eine eingespielte spanische Mannschaft, die für mich von Anfang an (auch nach der Auftaktniederlage gegen die Schweiz) Favorit auf den Weltmeistertitel war.

Nun, die junge deutsche Mannschaft hat nach meiner Meinung mehr erreicht, als man aufgrund der Testspiele zuvor vermuten konnte. Und sie hat die Zukunft noch vor sich. Özil, Khedira, Marin und Müller, um nur einige Namen zu nennen, haben eine große Zukunft vor sich. Der FC Barcelona hat inzwischen nicht nur auf Özil, sondern auch auf Marin ein Auge geworfen. Ein Wechsel Özils wird bereits für die neue Saison erwogen, wobei man ihn evtl. noch für ein Jahr an Werder Bremen ausleihen würde.

Nicht so ganz nachvollziehen kann ich die Entscheidung der Mannschaft, nach ihrer Rückkehr keinen Empfang zu geben. Es wird keinen „großen Bahnhof“ in Berlin geben. Also schlechte Verlierer? Gegenüber den Fans ist das ziemlich ungerecht.

Ach ja, hier ein kleines Video von den deutschen und spanischen Fans, gestern aufgenommen in der Düsseldorfer Altstadt, wo ich mit meinen Söhnen vor einer knappen Woche selbst noch einige kühle Altbier getrunken habe: Spanische Fans in Düsseldorf