Archiv für den Monat: Mai 2014

Zum Klassenerhalt gezittert

Für die abgelaufene Saison hatte sich der Hamburger SV einiges vorgenommen. Mindestens die Qualifikation zur Europa League wollte man erreichen. Am Ende zitterte sich der HSV als Tabellensechzehnter gerade noch so zum Klassenerhalt in der Relegation gegen den Tabellendritten der 2. Liga, Greuther Fürth, mit dem knappsten, engsten nur denkbaren Ergebnis (0:0 zu Hause, 1:1 in Fürth – bei Punkte- und Torgleichheit zählen auswärts geschossene Tore doppelt). Kein Sieg gegen die Fürther – und doch gewonnen. Mehr Glück als Leistung …

Die Bayern überraschten mit neuer Taktik im DFB-Pokalfinale gegen Borussia Dortmund Am Samstagabend. Pep Guardiola ließ ein 3-4-2-1 spielen – mit Arjen Robben als Spitze, also mit nur drei Abwehrspielern, dafür mit einem Übergewicht im Mittelfeld. Und seine Risikobereitschaft wurde am Ende belohnt: Die Bayern gewannen nach der Meisterschaft auch den Pokal in der Verlängerung mit 2:0. Allerdings spielte das Glück auch diesmal wieder den Bayern in die Karten. Ein regulärer Treffen der Dortmunder durch Mats Hummels in der regulären Spielzeit wurde nicht anerkannt: Dante (Bayern München) hatte den Ball parallel zum Tor geköpft. So stand Hummels nicht im Abseits, als dieser den Ball aufs Tor ebenfalls mit dem Kopf spielte. Dante eilte Richtung Torlinie und schlug den Ball wieder ins Spielfeld – allerdings klärte er den Ball ganz offensichtlich erst hinter der Torlinie.

Der FC Barcelona geht dieses Jahr ohne Titel aus. Im „Endspiel“ am Samstag zu Hause gegen Atletico Madrid hätten die Katalanen gewinnen müssen, um noch an den Madrilenen vorbeizuziehen. So wurde Atletico Madrid nach dem 1:1 Meister und steht bekanntlich gegen den Lokalrivalen Real Madrid im Finale der Champions League. Bereits im Viertelfinale scheiterte Barcelona an Atletico – und im spanischen Pokal, dem Copa del Rey, an Real.

FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien

Bevor die deutsche Nationalmannschaft zur Fußball-WM nach Brasilien reist, gibt es noch zwei Länderspiele am Sonntag, den 01.06., gegen Kamerun und am Freitag, den 06.06., gegen Armenien. Die WM in Brasilien steht unter keinem guten Zeichen. Weiterhin gibt es Proteste im Land. Die Demonstranten werfen der Regierung vor, viel Geld in Prestigeprojekte wie die WM zu stecken und notwendige Ausgaben für Bildung und Gesundheit sowie die Infrastruktur zu vernachlässigen.

Inzwischen räumt FIFA-Präsident Joseph S. Blatter ein, dass die WM-Vergabe an Katar für 2022 „sicher ein Fehler“ gewesen sei – und deutet politische Einflussnahme aus Deutschland und Frankreich bei der umstrittenen Entscheidung an (da kommt die folgende Meldung gerade recht: ‚Die Deutsche Bank will acht Milliarden Euro bei Investoren einsammeln, um sich gegen Krisen zu wappnen. Ein Großteil des Geldes soll vom Herrscherhaus des Emirats Katar kommen. Ein Scheich würde damit zum größten Aktionär des Geldkonzerns werden.‘). Mögliche Bestechung durch das Emirat an die stimmberechtigten Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees im Dezember 2010 wollte Blatter nicht kommentieren: «Nein, nein, das habe ich nie gesagt.»

Querbeet (7): ’mal so zwischendurch

Schon wieder Sonntag. Und ein Sonntag im Mai. Im Wonnemonat Mai. (Nein, ich denke nicht an morgen, wenn es heißt: Schon wieder Montag! Schon wieder die Arbeit!).

Eigentlich ist der Sonntag für mich der absolute Ruhetag; d.h. kein Sitzen am Rechner, um einen möglichst geistreichen Beitrag für mein (dieses) Blog zu schreiben (und trotzdem sitze ich jetzt hier und schreibe … so natürlich nichts Geistreiches, nur so etwas einfach ’mal für zwischendurch). Ausschlafen ist angesagt, vielleicht morgens eine Runde Joggen laufen. Dann nach dem Duschen in Ruhe frühstücken mit meinen Lieben usw. Und Lesen ist angesagt. Wenn’s draußen schön ist, die Sonne scheint und nicht zu kalt ist, dann sitzen wir draußen und lassen es uns dort bei einem Becher Tee und etwas Kuchen gut gehen.

.... querbett

So ein Sonntag geht natürlich viel zu schnell zu Ende. Nach dem Abendessen (bei uns essen wir abends zu Mittag …) geht’s auch schon an die Vorbereitungen für die nächste Woche (was da auch immer vorzubereiten ist). Abends ist Tatort-Zeit, meistens … Dann liegt man im Bett und kann nicht so richtig einschlafen, weil der Wochenendrhythmus ein anderer ist als der der Werktage. Und kaum erwacht, heißt es: Schon wieder Montag …?!

Inside Llewyn Davis

Inside Llewyn Davis ist ein US-amerikanischer Film der Coen-Brüder aus dem Jahr 2013. Wie bei früheren Filmen auch, waren Ethan und Joel Coen in mehreren Rollen an der Entstehung des Films beteiligt: Sie zeichnen für Regie, Drehbuch und Schnitt verantwortlich. Gemeinsam mit Scott Rudin sind sie außerdem die Produzenten des Films.

In der Hauptrolle ist Oscar Isaac neben Carey Mulligan, Justin Timberlake und John Goodman zu sehen. Der Film erzählt eine Woche aus dem Leben des Folkmusikers Llewyn Davis im New York der 1960er Jahre. Hierbei ließen sich die Coen-Brüder von der Lebensgeschichte und der Musik Dave Van Ronks inspirieren.

Inside Llewyn Davis feierte am 19. Mai 2013 auf dem Filmfestival in Cannes Premiere und gewann dort den Großen Preis der Jury.

    Inside Llewyn Davis

1961 in New York: Ein paar Jahre, bevor die Folk-Bewegung in Gestalt von Bob Dylan ihren neuen Messias findet, versucht der Sänger Llewyn Davis (Oscar Isaac) in Manhattans brodelnder Musikszene Fuß zu fassen. Der Tod seines Band-Kollegen bildet dabei den Auftakt für eine lange Odyssee, die den Songschreiber von einer Gäste-Couch zur nächsten führt, denn eine eigene Wohnung kann er sich längst nicht mehr leisten. Dabei kreuzen sich Davis‘ Wege immer wieder mit denen seiner ehemaligen Freundin Jean Berkey (Carey Mulligan). Die jähzornige Sängerin ist nach einer ungeplanten Schwangerschaft denkbar schlecht auf ihn zu sprechen, obwohl unklar ist, ob das Kind nicht doch von ihrem Ehemann Jim (Justin Timberlake) stammt, der ebenfalls Musiker ist und Davis gelegentlich bei sich schlafen lässt oder ihn bei Auftritten begleitet. Gelenkt von dem vagen Ziel, die Manager-Ikone Bud Grossman (F. Murray Abraham) zu treffen, spielt sich Davis durch unzählige Cafés und Kneipen und macht dabei auf dem Weg nach Chicago die Bekanntschaft von zwei Jazz-Musikern (John Goodman und Garrett Hedlund), die seinen Fähigkeiten mit süffisanter Geringschätzung begegnen.

aus: filmstarts.de


Inside Llewyn Davis – deutscher Trailer

Ja, die Coen-Brüder. Ihre Geschichten (und damit Filme) kreisen um typisch untypische US-amerikanische Anti-Helden. Dabei zeichnet sie ein ganz besonderer Humor aus, der wenigstens eine Wurzel im jüdischen Witz haben sollte. Ich (und meine Söhne) mögen diesen Humor und damit die Filme von Ethan und Joel Coen. In ihrem neuesten Werk Inside Llewyn Davis (als DVD bzw. Blu-ray erhältlich) nahmen sie sich der US-amerikanischen Folkszene der frühen 1960-er Jahre an, wobei sie sich sehr lose auf die Memoiren „The Mayor Of MacDougal Street“ beziehen, die der Folksänger Dave van Ronk 2005 veröffentlicht hat. Aber statt vom Erfolg, z.B. eines Bob Dylan, zu erzählen, nehmen sie sich (wieder einmal) eines Gescheiterten, eines Außenseiters an. Bob Dylan spielt nur beim Schlussgag eine Rolle.

Den Coen-Brüdern ist wieder einmal ein leises, aber wunderbares Meisterwerk gelungen. Allein die Szenen mit John Goodman als Jazzsänger und Junkie Roland Turner lohnen sich, den Film zu betrachten. Es ist einfach zu köstlich, was uns Goodman an Sprüchen ‚auftischt’. Nicht umsonst ist es wohl schon der sechste Coen-Film, in dem er mitspielt. Die Herren verstehen sich … Was ist da noch zu sagen: Der Film ist wirklich empfehlenswert.

Überwachung ohne Grenzen

Ich, ein harmloser und unpolitischer britischer Schriftsteller, der in Rom lebte, wußte recht gut, daß die CIA mein Telefon abhörte. Taten ihre Arbeit zweifellos im Namen der Freiheit, die Reisenden der Gedankenpolizei. (S. 87)

[…]

Ein Computer ist ein neutrales Gerät. Information ist eine neutrale Ware. Je mehr Informationen wir haben, desto besser. So sehe ich die Datenbanken und was es noch gibt.

Aber sobald der Staat sich der Computertechnologie bemächtigt, führt der Weg unausweichlich zur Sammlung von Informationen über die Bürger. Ich weiß nicht, ob das an sich schlecht ist, aber ich muß daran denken, was 1971 im sicheren, freien, demokratischen kleinen England geschehen ist …

Sie meinen die Volkszählung?

Sehen Sie sich nur an, was der Staat alles wissen wollte. Status des Haushaltsvorstandes, Beziehung zu anderen Mitgliedern des Haushalts, wie viele Automobile im Besitz des Haushaltes, besitzt die Küche einen Backofen, befindet sich die Toilette im Haus oder außerhalb, Herkunftsland, Herkunftsland der Eltern, frühere Anschriften, Ausbildung, Personenstand der Haushaltsmitglieder, Zahl der Kinder, und so weiter. Einige weigerten sich, das Formblatt auszufüllen, aber die überwiegende Mehrheit kam dem Ansinnen demütig nach. Achthundert Tonnen Papier, einhundertfünftausend beamtete und freiwillige Helfer, zehn Millionen Pfund Steuergelder. Aber nur fünfhundert gerichtliche Verfolgungen. Die Nichtbeantwortung der Fragen wurde mit einer Geldstrafe von maximal fünfzig Pfund geahndet. Alan Sillitoe, der Schriftsteller, gab sein Alter mit einhundertein Jahren an und wurde zu einer Geldbuße von fünfundzwanzig Pfund verurteilt. Ein Mann von dreiundsiebzig und eine Frau von sechsundsechzig waren nicht in der Lage, die mit ihrer Leidenschaft für die Geheimhaltung ihrer persönlichen Daten verknüpfte Geldstrafe zu bezahlen und gingen beide ersatzweise ins Gefängnis. Dann wurde vom Büro des Leiters des Statistischen Amtes zugegeben, daß ein Teil dieser geheimen Informationen an kommerzielle Organisationen zur Verwertung weitergegeben werde. Eine Firma brüstete sich damit, daß sie bis 1980 Einzelheiten über neunzig Prozent der gesamten Bevölkerung in ihren Datenbanken gespeichert haben würde. Die Polizei hat sowieso fast ungehinderten Zugang zu diesen gespeicherten persönlichen Daten. 152800 Menschen, die als Patienten in psychiatrischen Krankenanstalten waren, müssen sich damit abfinden, daß die intimsten Einzelheiten ihres Lebens in Dateien festgehalten sind. Intelligenzgrad, ob sie vor ihrer Einlieferung jemals im Gefängnis waren oder nicht, der Grad von Zwang, der notwendig war, um ihre Einlieferung zu bewerkstelligen, eine volle Diagnose des jeweiligen Leidens, spezielle Einzelheiten über Drogenabhängigkeit, Epilepsie, Alkoholismus …

Aber was an der Wahrheit ist so unheilvoll und finster? Und, was das angeht, an der Verletzung der Geheimhaltung? Wenn junge Leute an öffentlichen Orten ungeniert kopulieren, wer sind wir, daß wir uns gegen die Veröffentlichung unserer Biographien sträuben?

Ich weiß nicht, ich weiß nicht. Aber überlegen Sie: der Staat ist nur ein Instrument. Alles hängt davon ab, wer die Kontrolle über dieses Instrument ausübt, das sich so leicht in eine Waffe umwandeln läßt. (S. 89 f.)

Der Text oben stammt aus dem 1978 erschienenen Buch 1985 von Anthony Burgess unter dem Titel ‚Staat und Superstaat: Ein Gespräch’. Schon damals gab es eine staatlich verordnete Sammelwut von Bürgerdaten im großen Stil – wie der Text offen legt.

Volkszählungen gab es irgendwie immer schon. Bei uns sorgte die Volkszählung von 1987 für Aufregung, die von vielen boybottiert wurde, weniger wegen der Gefahr der Deanonymisierung von Erhebungsdaten (die Erhebung der Daten erfolgte weitestgehend anonym) als vielmehr wegen einer „schleichende Einschränkung von Bürgerrechten“. Die Volkszählungsgegner verstanden den Boykottaufruf als „zivilen Ungehorsam für mehr Demokratie“. Das Ergebnis dieser Volkszählung entsprachen dann auch eher einem „Daten-GAU“.

Der Burgess-Text zeigt, dass ‚der Staat’ schon lange vor dem NSA-Überwachungsskandal seine Bürger ausgehorcht hat, und zwar eben nicht nur der totalitäre Staat. Hierzu passt ein Interview des ZDF morgenmagazins mit dem früheren Technik-Chef der NSA, William Binney, der das Verhalten des US-Geheimdienstes als „nicht verfassungsgemäß“ kritisiert. Über jeden Bürger Informationen sammeln zu können – dieses sei ein Schritt in die totalitäre Richtung. Genau, in die

William Binney hat es nach dem 11. September 2001, nach dem Angriff der Al Kaida nicht mehr lange bei der NSA ausgehalten. Der damalige Technische Direktor des US-Geheimdienstes quittierte seinen Dienst. „Das Problem begann, als wir angefangen haben, auch Einzelpersonen abzuhören; nicht mehr Gruppen wie etwa terroristische Milizen oder Drogenschmuggler. Da wurde mir klar, dass sich die NSA weg bewegt vom eigentlichen Zweck der Nachrichtensammlung“.

Nun Binney ist überzeugt, dass man die NSA kontrollieren kann: „Ja, sie kann kontrolliert werden. Aber man muss im Kongress und im Weißen Haus den Willen haben, das zu machen. Da muss sich die Philosophie der Art und Weise, wie unsere Regierung arbeitet, sehr verändern.“

So aber muss Snowden sich weiterhin in Russland aufhalten, wo er nur noch bis zum Sommer politisches Asyl genießt. Die Vereinigten Staaten verlangen seine Auslieferung und wollen ihn wegen Geheimnisverrats vor Gericht stellen. Da ist es wichtig, dass gerade von den Verbündeten und ‚Freunden’ Signale ausgesendet werden, die bezeugen, dass man Snowden zur Seite steht und mit den Machenschaften der US-Geheimdienste nicht einverstanden ist.

Die Philosophische Fakultät der Uni Rostock will Edward Snowden die Ehrendoktorwürde zukommen lassen. Man kann davon halten, was man will und die Verleihung für das falsche Mittel halten. Andere gehen da aber noch weiter: Vielleicht ist doch der Friedensnobelpreis die adäquate Würdigung, damit die USA-Administration endlich begreift, dass sie mit einer Kriminalisierung Snowdens und anderer Whistleblower auf dem Holzweg ist.

Edward Snowden – als neuer ‚James Bond’?!

Sicherlich typisch ist da der Weg, den man in den USA selbst einschlägt. Ich weiß nicht, ob man es peinlich nennen soll, aber Hollywood will Snowden zum Leinwandhelden krönen. Sony plant eine Verfilmung zu Snowden und dem NSA-Skandal. Vielleicht ist aber gerade DAS ein Anstoß, Obama (er guckt ja gern spannende Filme) & Co. zu bewegen, Snowden nicht weiter zu verfolgen und dafür endlich den NSA zu kontrollieren. Wer weiß?!

Die kalte Sophie

Mit den alten, teilweise sehr alten Bauernregeln hat es so etwas. Kann man ihnen wirklich über dem Weg trauen? Nun, Bauernregeln sind meist in Reimform gefasste alte Volkssprüche über das Wetter und die Folgen für die Landwirtschaft. Und das Wetter ist auch heute immer noch ein beliebtes Thema (spätestens dann, wenn einem kein besseres Thema einfällt).

Ein Problem vieler dieser Bauernregeln ist es, dass sie sich auf den Julianische Kalender beziehen, der z.B. noch das orthodoxe Weihnachtsfest festlegt. So hat die Einführung des Gregorianischen Kalenders viele alte Bauernregeln „aus dem Tritt gebracht“ (die Verspätung des Kalenders gegenüber den Jahreszeiten, z.B. dem Frühlingsanfang, wurde 1582 durch Auslassen von 10 Kalenderdaten – auf Donnerstag, den 4. Oktober, folgte Freitag, der 15. Oktober – korrigiert). Berücksichtige man das jedoch, seien viele regionale Regeln von erstaunlicher Zuverlässigkeit.

Viele dieser Bauernregeln kreisen um die so genannten Eisheiligen, auch gestrenge Herren genannt, da spätestens nach den Gedenktagen für diese Wetterheiligen – sie waren Bischöfe und Märtyrer im 4. oder 5. Jahrhundert – der Frühling sich vollständig durchsetzen soll. So wird das milde Frühlingswetter erst mit Ablauf der „kalten Sophie“ stabil. Zuvor ist immer noch mit Nachtfrösten zu rechnen.

Die Eisheiligen und ihre Gedenktage sind die folgenden:
1. Mamertus, Bischof von Vienne – 11. Mai
2. Pankratius, frühchristlicher Märtyrer – 12. Mai
3. Servatius, Bischof von Tongeren – 13. Mai
4. Bonifatius, frühchristlicher Märtyrer – 14. Mai
5. Sophia, frühchristliche Märtyrin und Mutter dreier geweihter Jungfrauen – 15. Mai

    Eisheilige: Mamertus – Pankratius – Servatius – Bonifatius und die ‚kalte’ Sophia

Heute ist also der Tag der „kalten’ Sophie. Allerdings gilt das oben Gesagte: Die Eisheiligen sind (wie alle anderen Heiligen auch) im Kalender ohne Datumsanpassung stehengeblieben; nach neuem Kalender finden sie elf bis zwölf Tage später statt, also vom 23. Mai bis 27. Mai. Wetterstatistisch sind die Tage mit häufiger Nord-/Nordost-Wetterlage vom 21. Mai bis 23. Mai, also neun Tage später. Während dieser Wetterlage strömt Kaltluft von Nord oder Nordost.

Also müssen wir eigentlich noch gut eine Woche warten, bis wir davon ausgehen können, dass „Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist“, d.h. Sophie plus 10.

George Orwell: 1984

    In gewisser Weise ließen sich diejenigen am leichtesten von der Parteidoktrin überzeugen, die ganz außerstande waren, sie zu verstehen. Diese Menschen konnte man leicht dazu bringen, die offenkundigsten Vergewaltigungen der Wirklichkeit hinzunehmen, da sie nie ganz die Ungeheuerlichkeit des von ihnen Geforderten begriffen und überhaupt nicht genügend an politischen Fragen interessiert waren, um zu merken, was gespielt wurde.
    (George Orwell: 1984, S. 144)

30 Jahre sind inzwischen seit dem Jahr 1984 vergangen. Und man kann sich fragen, was sich von dieser finsteren Zukunftsversion, die George Orwell in seinem Roman 1984 beschreibt, verwirklicht hat. Ich habe den Roman vorliegen als Ullstein Buch 3253 – Verlag Ullstein, Frankfurt/M – Berlin – Wien, April 1983, 900. – 11020. Tsd. – aus dem Englischen von Kurt Wagenseil (Original: Nineteen Eighty-Four).

    George Orwell: 1984

Denkt man nur an all die Überwachungskameras, die allerorten angebracht sind, und denkt man an den NSA-Abhörskandal, der Anfang Juni 2013 durch den ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden enthüllte wurde: Seit spätestens 2007 werden in großem Umfang die Telekommunikation und insbesondere das Internet durch Geheimdienste der USA und Großbritannien global und verdachtsunabhängig überwacht. Dann fragt es sich, ob wir inzwischen nicht wirklich in einem Überwachungsstaat leben. Besonders die so genannte Vorratsdatenspeicherung birgt eine Vielzahl von Gefahren für demokratische Gesellschaften. Denn dies steht im grundsätzlichen Widerspruch zu dem etwa in Deutschland höchstrichterlich festgelegten Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Außerdem baut ein solches Überwachungssystem auf der Grundannahme auf, dass jeder Mensch grundsätzlich ein potenzieller Straftäter sei und daher überwacht werden müsse.

Ist Orwells 1984 also schon Realität? Immerhin gilt der Roman als häufig zitiertes Negativ-Beispiel und als Symbol eines zur Diktatur ausgearteten Überwachungsstaats. Orwell prägte auch den Begriff Big Brother (engl. Großer Bruder): Big Brother is watching you!

Mit atemberaubender Unerbittlichkeit zeichnet der Autor in diesem visionären Roman das erschreckende Zukunftsbild einer durch und durch totalitären Gesellschaft, die bis ins letzte detail durchorganisierte Tyrannei einer absolut autoritären Staatsmacht. Dieses Buch entstand unter dem Eindruck unkontrollierter Willkürherrschaft, des Nazismus, des Faschismus, des Stalinismus, aber auch der wirtschaftsimperialistischen Tendenzen bei den Industriemächten während des Zweiten Weltkrieges. Pessimistischer und grimmiger noch als in seinen anderen Büchern bringt Orwell hier seine Überzeugung zum Ausdruck, daß die Machtstruktur einer Gesellschaft auch durch Revolution nicht grundlegend verändert werden kann und daß die Zerstörung des Menschen durch eine perfektionierte Staatsmaschinerie unaufhaltsam ist. Seine düstere Zukunftsvision gewinnt dadurch einen beklemmenden Wirklichkeitsbezug, dem sich auch der Leser von heute nur schwer entziehen kann.
(aus dem Klappentext)

„1984“ ist eigentlich nur ein Zahlendreher und bezieht auf das Jahr 1948 (der Roman erschien 1949). Laut Anthony Burgess (in den Essays zu seinem Roman 1985) beschreibt Orwell in seinem Roman ‚eigentlich’ das London der Nachkriegszeit. Auch in London gab es damals Versorgungsengpässe. Teile der Stadt waren in der Luftschlacht um England zerstört. Der ehemalige Sitz des ‚Ministry of Information’ in London entspricht der Beschreibung nach den vier Ministerien im Roman, wobei das ‚Ministry of Love’ im Buch keine Fenster enthält.

Kurz zum Inhalt: Die Welt ist in die drei verfeindeten Machtblöcke Ozeanien, Eurasien und Ostasien aufgeteilt, die sich in dauerhaftem Krieg miteinander befinden. Die Handlung des Romans spielt in Ozeanien, wo eine vom – nie wirklich sichtbaren – „Großen Bruder“ (Big Brother) geführte Parteielite („Innere Partei“) die restlichen Parteimitglieder („Äußere Partei“) und die breite Masse des Volkes (die „Proles“) unterdrückt. Die allgegenwärtige „Gedankenpolizei“ überwacht permanent die gesamte Bevölkerung. Mit nicht abschaltbaren Geräten, die zugleich alle Wohnungen visuell kontrollieren und abhören, schürt das Staatsfernsehen Hass auf einen unsichtbaren „Staatsfeind“ namens Emmanuel Goldstein, der angeblich die gegen die Partei gerichtete Untergrundorganisation der „Bruderschaft“ leitet. Dieser Hass wird den Menschen als Teil der allgegenwärtigen Propaganda täglich neu eingehämmert und dient dazu, die Bevölkerung durch das gemeinsame, allgegenwärtige und anscheinend übermächtige Feindbild zusammenzuschweißen und von ihrem entbehrungsreichen, von harter Arbeit geprägten Leben abzulenken. (Quelle und weitere Inhaltsangabe und zu den Figuren Winston Smith, Julia und O’Brien siehe de.wikipedia.org)

Nun der Superstaat Ozeanien ist nicht allein ein Überwachungsstaat. Es gibt auch andere Methoden der Machtausübung, die noch tiefere Wirkung zeigen. Da ist die Kontrolle bzw. Manipulation der Vergangenheit. Im Ministerium für Wahrheit wird ein gigantischer Aufwand betrieben, alle existierenden Dokumente der gegenwärtigen Parteilinie anzupassen. Was dem augenblicklichen Bild nicht entspricht, wird angepasst oder getilgt. Heute erleben wir diese ‚Verdammnis des Andenkens’ (Damnatio memoriae) meist darin, dass eine ‚Sache’ ausgesessen wird in der Hoffnung, dass bestimmte Fakten möglichst schnell vergessen werden. Oder es gibt ‚Manipulationen’ in der Form, dass z.B. von Politikern bestimmte Behauptungen aufgestellt werden, die schwer zu überprüfen sind oder eher noch einfach nicht überprüft werden. In Kombination mit einer Abart des Orwell’schen Zwiedenken (auch Doppeldenk), der Fähigkeit, in seinem Denken zwei widersprüchliche Überzeugungen aufrechtzuerhalten und beide zu akzeptieren, werden die Bürger getäuscht.

Aber Orwell geht noch weiter und kreiert eine neue Sprache, die eines Tages alle Bürger des Superstaates sprechen sollen: Neusprache bzw. Neusprech. „Neusprech“ bezeichnet die vom herrschenden Regime vorgeschriebene, künstlich veränderte Sprache. Das Ziel dieser Sprachpolitik ist es, die Anzahl und das Bedeutungsspektrum der Wörter zu verringern, um die Kommunikation des Volkes in enge, kontrollierte Bahnen zu lenken. Damit sollen sogenannte Gedankenverbrechen unmöglich werden. Durch die neue Sprache bzw. Sprachregelung soll die Bevölkerung so manipuliert werden, dass sie nicht einmal an Aufstand denken kann, weil ihr die Worte dazu fehlen.

Auch in unseren Zeiten gibt es einen allmählichen Wandel der Sprache, der weniger augenfällig ist als in „1984“ mit „Neusprech“. Dieser Wandel verläuft eher unterschwellig und wird außer durch die Politik besonders auch durch Medien, Wirtschaft usw. forciert. Ich denke dabei z.B. auch Wörter, die jährlich für das Unwort des Jahres nominiert werden und oft Euphemismen für unangemessene, sogar menschenverachtende Begriffe darstellen. Ich verweise hierbei erneut auf Neil Postman und sein Buch Wir amüsieren uns zu Tode. Und: Was bestimmte Fachtermini betrifft, da nimmt unser Wortschatz sicherlich noch zu. Der Wortschatz für allgemeine Begriffe minimiert sich dagegen zusehends.

Apropos Neil Postman und sein Buch „Wir amüsieren uns zu Tode“. Dort schrieb er in einer Einleitung (ich wiederhole mich gern noch einmal):

„Orwell fürchtete diejenigen, die Bücher verbieten. Huxley befürchtete, daß es eines Tages keinen Grund mehr geben könnte, Bücher zu verbieten, weil keiner mehr da ist, der Bücher lesen will.“ „Dieses Buch handelt von der Möglichkeit, daß Huxley und nicht Orwell recht hatte.“ (aus der Einleitung, S. 7f.)

Huxleys „Schöne neue Welt“ ist eine andere Art eines dystopischen Roman (Anthony Burgess nennt solche Anti-Utopien in seinem Buch „1985“ Kakotopien, zu griech. κακός (kakós): schlecht). Natürlich kannte Orwell den aus den 1930-er Jahren stammenden Roman. Er glaubte aber nicht, dass es zu einer solchen Gesellschaft kommen könnte; wenn ja, dann hätte sie „keinen Bestand“. So schrieb er an zwei Stellen in „1984“ ( in der „Theorie und Praxis des oligarchischen Kollektivismus“):

Anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts gehörte die Vision einer zukünftigen unglaublich reichen, über Muße verfügenden, geordneten und tüchtigen Gesellschaftsordnung – einer schimmernden antiseptischen Welt aus Glas, Stahl und schneeweißem Beton – zum Vorstellungsbild nahezu jedes gebildeten Menschen. Wissenschaft und Technik entwickelten sich mit wunderbarer Geschwindigkeit, und die Annahme schien natürlich, daß sie sich immer weiterentwickeln würden. Das war jedoch nicht der Fall, teils infolge der durch eine lange Reihe von Kriegen und Revolutionen verursachten Verarmung, teils weil wissenschaftlicher und technischer Fortschritt von einem durch Erfahrung gestützten Denken abhingen, das in einer diktatorisch kontrollierten Gesellschaftsordnung keinen Bestand haben konnte. (S. 173)

Es war zweifellos möglich, sich eine Gesellschaftsordnung vorzustellen, in der Wohlstand im Sinne von persönlichen Besitz und Luxusartikeln gleichmäßig verteilt war, während die Macht in den Händen einer kleinen privilegierten Schicht lag. Aber in der Praxis würde eine solche Gesellschaftsordnung nicht lange Bestand haben […]

Noch einmal die Frage: Ist Orwells 1984 also schon Realität? Wie steht es mit Huxleys Prophezeiungen? Orwell mag vielleicht nur in Nord-Korea wirklich sein, denn sein Überwachungsstaat ist totalitär. Bei uns sind aber Tendenzen erkennbar, die sowohl Orwell wie Huxley Recht geben. Wir leben in einer Welt, in der das Vergnügen, die Unterhaltung und Ablenkung wichtige Elemente der Lebensgestaltung sind. Wir leben in einer Welt, in der wir mehr und mehr manipuliert werden, in der die Vergangenheit vielleicht nicht getilgt, aber den ‚heutigen Notwendigkeiten’ gern angepasst wird, indem uns nur Halbwahrheiten mitgeteilt werden. Und unser Privatleben wird ausgehorcht, um unser gesamtes Verhalten zu erforschen und damit Daten zu dessen Manipulation zu erhalten. Big Brother is watching you! Und Big Sister unterhält dich prächtig!

Huxleys Roman wurde mehrmals verfilmt. Die Ergebnisse waren eher bescheiden. Auch Orwells „1984“ wurde mehrmals verfilmt, einmal 1959, eher profan, und dann im Jahr 1984 selbst. Diese Verfilmung 1984 von Michael Radford mit John Hurt als Winston Smith, Suzanna Hamilton als Julia und Richard Burton als O’Brien in seiner letzten Filmrolle ist dagegen wirklich sehenswert, u.a. auch deshalb, weil sich der Film sehr eng an der Romanvorlage orientiert.


George Orwells 1984 – der Film (Trailer)

Aber das ist noch lange nicht alles. Der bereits erwähnte Roman „1985“ von Anthony Burgess (in Anspielung auf Orwells „1984“), den ich zur Zeit lese, enthält neben aufschlussreichen Essays zu Orwells „1984“ eine Art ‚Hochrechnung’ der Gegenwart (aus der Sicht von 1978, da erschien das Buch). Hauptthemen sind dabei die wachsende Macht der Gewerkschaften und der Islam. Dazu später mehr.

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand – der Film

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand ist eine Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jonas Jonasson und wurde im Jahr 2013 unter der Regie von Felix Herngren aufgenommen. Die Hauptrollen spielen der 1964 geborene Robert Gustafsson (Allan), Iwar Wiklander (Julius) und Mia Skäringer (Gunilla). Der Kinostart war am 20. März 2014.

    Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand – der Film

Nach einem langen und ereignisreichen Leben landet Allan Karlsson (Robert Gustafsson) im Altenheim – er glaubt, dass seine Tage gezählt sind und langweilt sich zu Tode. An seinem 100. Geburtstag beschließt der Senior, der sich immer noch bester Gesundheit erfreut, der Ödnis des Heims zu entfliehen und klettert kurzerhand aus dem Fenster. Es folgt eine Reihe unerwarteter Ereignisse, die ihn auf eine lange Reise führen. Auf dieser trifft er eine Gruppe Schwerkrimineller, findet einen Koffer voll Geld, begegnet einem Elefanten, macht Bekanntschaft mit einem inkompetenten Polizisten und findet neue Freunde. Für Allan ist all dies jedoch nichts wirklich Außergewöhnliches, denn es stellt sich heraus, dass er an einem Großteil der bedeutendsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts beteiligt war – mal mehr und mal weniger direkt…

aus: filmstarts.de


Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand – Trailer und Filmclip

Im Herbst letzten Jahres las ich den Roman von Jonas Jonasson. Und da auch meine Frau und meine Söhne in den Genuss dieser Lektüre kamen, war es unumgänglich, die Verfilmung des Romans anzuschauen. Mit Literaturverfilmungen ist das immer so eine Sache. Aber Jonassons’ Roman biete sich natürlich geradezu an, als laufende Bilder auf die Leinwand zu kommen. Einziges Manko: Die Geschichte des Hundertjährigen ist etwas lang geraten. Und so muss man es hinnehmen, wenn besonders zum Ende zu einiges der streichenden Feder zum Opfer fiel.

Wer den Roman mochte, dem wird dieser Film auch gefallen. Die Protagonisten des Films decken sich durchaus mit den Charakteren des Romans. Wie im Roman so bewahrt uns der Film vor zu herzhaften Schenkelklopfern und besticht im Gegenteil durch ironische Bosheiten und amüsant-fiese Seitenhiebe. Auch wenn der Film einige Längen enthält, so ist er doch witzig und lohnt sich, betrachtet zu werden.

Endspurt Fußballsaison 2013/2014 (und auf zur WM)

Am Wochenende ging die 51. Fußball-Bundesliga-Saison zu Ende. Bayern stand ja schon längere Zeit als (alter und) neuer Deutscher Meister fest und wird von Borussia Dortmund und Schalke 04 in die Champions League begleitet, für die sich Leverkusen als 4. deutscher Teilnehmer noch qualifizieren muss. Der VfL Wolfsburg, Borussia Mönchengladbach und der 1. FSV Mainz 05 vertreten die deutschen Farben in der Europa League.

In die 2. Liga steigen nun endgültig der 1. FC Nürnberg und Eintracht Braunschweig ab. Dafür spielen in der nächsten Saison wieder der 1. FC Köln und als Neuling in der Liga der SC Paderborn 07. Der Hamburger SV hat sich gerade noch auf den 16. und damit Relegationsplatz gerettet und spielt am Donnerstag (in Hamburg) und am Sonntag, den 18. Mai, gegen den Dritter der 2. Liga, die SpVgg Greuther Fürth, um den Verbleib in der Bundesliga. So nah stand der HSV bisher noch nie vor dem Abstieg.

Aber nicht nur in Deutschland endeten die Liga-Spiele. In England wurde Manchester City Meister vor dem FC Liverpool, dem FC Chelsea und dem FC Arsenal London. Vorjahresmeister, Manchester United, landet nur auf Platz 7 und wird in der nächsten Saison international nicht mehr vertreten sein. In Frankreich gibt es zwar noch einen Spieltag, aber mit Paris St. Germain als Meister und dem AS Monaco, Neuling und gleich im ersten Jahr Vizemeister, stehen die französischen Teilnehmer in der Champions League bereits fest.

Auch in Italien gibt es noch einen Spieltag. Juventus Turin ist aber bereits erneut Meister. In der Niederlande ist Ajax Amsterdam ebenfalls erneut Meister (vor Feyenoord Rotterdam – das erweckt Erinnerungen an alte Zeiten, als diese beiden Mannschaften auch in Europa zur absoluten Spitze gehörten). Und als Schottland-Fan darf ich vermelden, dass Celtic Glasgow erneut schottischer Meister wurde (Glasgow Rangers kämpft sich nach einem Insolvenzverfahren und der Rückstufung in die 4. Liga langsam wieder nach oben und wurde Meister der Scottish League One, der dritthöchsten Liga im Norden der britischen Insel).

Offen ist dagegen die Primera División in Spanien. Zwar führt Atletico Madrid vor dem letzten Spieltag mit drei Punkten vor dem FC Barcelona (der den spanischen Pokal, den Copa del Rey, im Endspiel gegen Real Madrid 1:2 verlor). Aber am kommenden Sonntag kommt es zu einem echten Endspiel in Barcelona eben zwischen diesen beiden Teams. Sollte der FC Barça gewinnen, so ziehen sie im Zielspurt doch noch an Atletico Madrid vorbei, die eine Woche darauf im Endspiel bekanntlich gegen den Lokalrivalen Real Madrid (Real ist ohne Chance auf die spanische Meisterschaft) um Europas Krone (Champions League) in Lissabon spielen. Apropos Lissabon: Benfica Lissabon spielt bereits am Mittwoch im Finale der Europa League in Turin gegen den FC Sevilla.

Neben den Relegationsspielen zur Bundesliga und 2. Liga ist nur noch das DFB-Pokal-Finale am Samstag (17. Mai) zwischen Meister Bayern München und Vizemeister Borussia Dortmund offen. Dann beginnt endgültig die Vorbereitung auf die Fußball-Weltmeisterschaft von 12. Juni bis zum 13. Juli 2014 in Brasilien.

FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien

Letzten Freitag gab ja Bundestrainer Joachim Löw der vorläufige, 30-köpfige Aufgebot der deutschen Mannschaft bekannt, von dem aber noch sieben Namen gestrichen werden müssen, denn Löw muss am 2. Juni dem Weltverband FIFA seinen endgültigen 23-Mann-Kader melden. Hier die 30 genannten Spieler:

Tor (3): Manuel Neuer (FC Bayern München), Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund), Ron-Robert Zieler (Hannover 96)

Abwehr (11): Jérôme Boateng, Philipp Lahm (beide FC Bayern München), Erik Durm, Kevin Großkreutz, Mats Hummels, Marcel Schmelzer (alle Borussia Dortmund), Matthias Ginter (SC Freiburg), Benedikt Höwedes (Schalke 04), Marcell Jansen (Hamburger SV), Per Mertesacker (FC Arsenal), Shkodran Mustafi (Sampdoria Genua)

Mittelfeld (14): Lars Bender (Bayer Leverkusen), Julian Draxler, Leon Goretzka, Max Meyer (alle Schalke 04), Mario Götze, Toni Kroos, Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger (alle FC Bayern München), André Hahn (FC Augsburg), Sami Khedira (Real Madrid), Mesut Özil, Lukas Podolski (beide FC Arsenal), Marco Reus (Borussia Dortmund), André Schürrle (FC Chelsea)

Angriff (2): Miroslav Klose (Lazio Rom), Kevin Volland (1899 Hoffenheim).

Erstmals überhaupt nominiert für das A-Team wurden der Dortmunder Außenverteidiger Erik Durm, die Schalker Mittelfeldspieler Max Meyer und Leon Goretzka sowie der Hoffenheimer Angreifer Kevin Volland. Ohne Länderspielerfahrung sind zudem der Augsburger Offensivspieler André Hahn und Verteidiger Shkodran Mustafi von Sampdoria Genua.

Nicht dabei: Max Kruse, ter Stegen, Gomez, Adler, Sidney Sam, Westermann und Sven Bender.

Sicherlich hat Joachim Löw für einige Überraschungen mit seiner Nominierung gesorgt, z.B. hätten sich viele statt Zieler eher Bernd Leno (Leverkusen) als 3. Torhüter gewünscht. Von den neuen Namen (von Durm bis Volland) werden aber sicherlich noch einige gestrichen werden. Dass Löw zwar auf Sami Khedira, nicht aber auf Mario Gomez setzt, verwundert dann aber schon nicht mehr, obwohl neben Volland nur noch der 35-jährige Miroslav Klose als echte Stürmer benannt wurde. Der Mangel an Stürmern, so denke nicht nur ich, wird sicherlich aus dem Mittelfeld kompensiert werden müssen (Götze, Reus, Schürrle, auch Podolski).

Nun, heute in einem Monat geht es also los. Die deutsche Mannschaft nimmt in Gruppe G am Montag, den 16. Juni, mit dem Spiel gegen Portugal (Beginn 18 Uhr MESZ) in Salvador den Spielbetrieb auf. Sicherlich zählt die deutsche Mannschaft zu den Favoriten. Aber so ein Turnier, besonders unten diesen klimatischen Verhältnissen, bürgt mit Sicherheit manche Überraschung.

Siehe auch: Ewige Tabelle nach 51. Jahren Bundesliga

Heute Ruhetag (49): Charles Baudelaire – Die Blumen des Bösen (2)

Gedichte sind nicht jedermanns Sache. Schon Romane, also Prosa, liegt manchem schwer im Magen. Wie anders sollte es da mit Lyrik sein. Wenn Romane in der Regel auch fassbare Handlung wiedergeben, so ist ein Gedicht … ja, was eigentlich?

Romane kann man vielleicht mit einem Film vergleichen. Nicht umsonst müht sich mancher Regisseur, einen Roman in bewegte Bilder umzusetzen. Ein Gedicht ist dagegen eher ein Standbild, eine Momentaufnahme – ganz auf die Sicht eines Dichters bezogen. Es kann ein Blick nach außen sein oder eher noch nach innen. Es gibt Empfindungen preis. Und wenn ein Gedicht in uns nicht ähnliche Gefühle weckt, dann können wir meist mit dem Gedicht nichts anfangen.

Gedichte sind eine besondere Kunstform. Es hat etwas mit Musik zu tun, denn viele Verse haben einen ganz gestimmten Rhythmus (Versfuß und Versmaß). Und da gibt es auch den Reim, der übrigens nicht immer am Ende von Zeilen stehen muss.

Aber ich verlaufe mich da geradezu. Ich will hier keine Verslehre betreiben. Geht man bei Gedichten von einem bestimmten Versmaß aus und reimen sich diese Gedichte, dann kann man sich denken, welche Schwierigkeit die Übersetzung in eine andere Sprache bereitet. Ich will nicht behaupten, dass z.B. die Sonette eines William Shakespeare nur im Original gelesen werden sollten. Es gibt wohl kaum einen Verszyklus, der öfter aus einer anderen Sprache ins Deutsche übersetzt wurde, als Shakespeares Sonette.

Einen Roman mag man ja Satz für Satz übersetzen (Wort für Wort macht natürlich keinen Sinn, das kann schon der Google Übersetzer besser). Aber ein Gedicht mit Maß und Reim?

Aber auch da verlaufe ich mich … Vor anderthalb Jahren hatte ich mich hier bereits schon einmal mit Charles Baudelaires „Les Fleurs du Mal“ befasst: „Die Blumen des Bösen“. Wenn ich heute noch einmal auf diesen Gedichtsband zurückkomme, so unter dem Aspekt der Übersetzbarkeit ins Deutsche. Denn auch Baudalaires Gedichten wurden von vielen, teilweise wirklich namhaften Schriftstellern, ins Deutsche übertragen (neben den unten Genannten u.a. auch noch Walter Benjamin, Rainer Maria Rilke und Stefan Zweig)

Hierzu habe ich ein Gedicht gewählt, Der Mensch und das Meer, das den Menschen mit dem Meer vergleicht, beide mit ‚tiefsten Gründen’ ausgestattet. Zunächst aber das Original und dann einige Beispiele der deutschen Übersetzung:

Heute Ruhetag = Lesetag!

L’HOMME ET LA MER

Homme libre, toujours tu chériras la mer!
La mer est ton miroir; tu contemples ton âme
Dans le déroulement infini de sa lame,
Et ton esprit n’est pas un gouffre moins amer.

Tu te plais à plonger au sein de ton image;
Tu l’embrasses des yeux et des bras, et ton cœur
Se distrait quelquefois de sa propre rumeur
Au bruit de cette plainte indomptable et sauvage.

Vous êtes tous les deux ténébreux et discrets,
Homme, nul n’a sondé le fond de tes abîmes;
O mer, nul ne connaît tes richesses intimes,
Tant vous êtes jaloux de garder vos secrets!

Et cependant voilà des siècles innombrables
Que vous vous combattez sans pitié ni remord,
Tellement vous aimez le carnage et la mort,
O lutteurs éternels, ô frères implacables!

Der Mensch und das Meer

Du freier Mensch, du liebst das Meer voll Kraft,
Dein Spiegel ist’s. In seiner Wellen Mauer,
Die hoch sich türmt, wogt deiner Seele Schauer,
In dir und ihm der gleiche Abgrund klafft.

Du liebst es, zu versinken in dein Bild,
Mit Aug‘ und Armen willst du es umfassen,
Der eignen Seele Sturm verrinnen lassen
In seinem Klageschrei, unzähmbar wild.

Ihr beide seid von heimlich finstrer Art.
Wer taucht, o Mensch, in deine letzten Tiefen,
Wer kennt die Perlen, die verborgen schliefen,
Die Schätze, die das neidische Meer bewahrt?

Und doch bekämpft ihr euch ohn‘ Unterlass
Jahrtausende in mitleidlosem Streiten,
Denn ihr liebt Blut und Tod und Grausamkeiten,
O wilde Ringer, ewiger Bruderhass!

Original und Übersetzung von Terese Robinson, 1925

DER MENSCH UND DAS MEER

Auf immer, freier Mensch, wirst lieben du das Meer,
Dein Spiegel ist das Meer. Du schaust der Seele Bildnis
Im weiten Wellenspiel der ungeheuren Wildnis,
Gleich ihm ist deine Brust von Bitternissen schwer.

Gern schaust dein Bild du, das die Wellen dir enthüllen,
Mit Auge und mit Arm faßt du es, und dein Herz
Vergißt wie trunken oft den eignen lauten Schmerz
Bei dieses Klagesangs unzähmbar wildem Brüllen.

Schweigsam und dunkel seid ihr beide allezeit:
Mensch, noch drang keiner je in deine tiefsten Gründe,
Meer, noch fand keiner je den Reichtum deiner Schlünde,
So bergt ihr euren Hort in finstrer Heimlichkeit.

Jahrtausende hindurch rollt euer nimmermüder
Und mitleidsloser Kampf bar jeder Reue fort.
So sehr liebt beide ihr die Schlachten und den Mord,
O ewges Kämpferpaar, o nie versöhnte Brüder!

Übersetzung von Graf Wolf von Kalckreuth, 1907

Der Mensch und das Meer

Freier mensch! das meer ist dir teuer allzeit ·
Es ist dein spiegel · das meer · du kannst dich beschauen
In seiner wellen unendlichem rollendem grauen ·
In deinem geist ist ein abgrund nicht minder weit.

Gerne versenkest du dich tief in dein bild ·
Ziehst es an dich mit auge und hand – deine sinne
Halten manchmal im eigenen tosen inne
Bei dem geräusch dieser klage unzähmbar und wild.

Beide lebt ihr in finstrer und heimlicher flucht.
Mensch noch sind unerforscht deine innersten gründe!
Meer noch sind unentdeckt deine kostbarsten schlünde!
Euer geheimnis bewahrt ihr mit eifersucht.

Und seit unzähligen jahren rollet ihr weiter
Ohne mitleid ohne reuegefühl ·
So sehr liebet ihr blut und totengewühl –
Unversöhnliche brüder! ewige Streiter!

Umdichtung von Stefan George

    Signatur: Charles Baudelaire

Charles Baudelaire: Die Blumen des Bösen/Les fleurs du mal

Aldous Huxley: Schöne neue Welt – Ein Roman der Zukunft

Neil Postman beruft sich in seiner Kritik am Medium Fernsehen Wir amüsieren uns zu Tode auf Aldous Huxley und seinen Roman Schöne neue Welt und schreibt in der Einleitung zu seinem Buch:

Orwell fürchtete diejenigen, die Bücher verbieten. Huxley befürchtete, daß es eines Tages keinen Grund mehr geben könnte, Bücher zu verbieten, weil keiner mehr da ist, der Bücher lesen will.“ „Dieses Buch handelt von der Möglichkeit, daß Huxley und nicht Orwell recht hatte.“ (aus der Einleitung, S. 7f.)

Neben George Orwells finsterer Zukunftsversion „1984“ ist Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ eines der bekanntesten dystopischen Romane (Anthony Burgess nennt solche Anti-Utopien in seinem Buch „1985“ Kakotopien, zu griech. κακός (kakós): schlecht).

    Aldous Huxley: Schöne neue Welt - Ein Roman der Zukunft

Ich habe das Buch in einer Taschenbuchausgabe des Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main – Band 26 – 1321. – 1350. Tausend: August 1987 (Original: Brave new World, 1932) vorliegen und jetzt nach 26 Jahren zum 2. Mal gelesen (gewissermaßen als Ergänzung zu Postmans TV-Kritik). Die erste deutsche Ausgabe kam ebenfalls 1932 unter dem Titel „Welt – wohin?“ (Download dieser Erstveröffentlichung u.a. als PDF) heraus, die zweite 1950 unter dem geänderten Titel „Wackere neue Welt“ in der Übersetzung von Herberth E. Herlitschka. In dieser vom Verfasser autorisierten Fassung ist die Handlung nach Berlin und Norddeutschland verlegt. Auch einige Namen von Figuren der Handlung wurden verändert: Im Original sind viele Personen nach bekannten britischen Kapitalisten benannt, in der deutschen Ausgabe entsprechend nach deutschen Kapitalisten. 1978 erschien eine deutsche Übersetzung von Eva Walch, die wieder die originalen Orte und Namen verwendet. Inzwischen erschien im S. Fischer-Verlag eine neue Übersetzung von Uda Strätling, die auch die Eigennamen des Originals unverändert lässt.

„Die ‚schöne neue Welt’, die Huxley in diesem Roman beschreibt, ist die Welt einer konsequent verwirklichten Wohlstandsgesellschaft ‚im Jahre 632 nach Ford’, einer Wohnstandsgesellschaft, in der alle Menschen am Luxus teilhaben, in der Unruhe, Elend und Krankheit überwunden, in der aber auch Freiheit, Religion, Kunst und Humanität auf der Strecke geblieben sind. Eine totale Herrschaft garantiert ein genormtes Glück. In dieser vollkommen ‚formierten’ Gesellschaft erscheint jede Art von Individualismus als ‚asozial’, wird als ‚Wilder’ betrachtet, wer – wie einer der rebellischen Außenseiter dieses Romans – für sich fordert: ‚Ich brauche keine Bequemlichkeit. Ich will Gott, ich will Poesie, ich will wirkliche Gefahren und Freiheit und Tugend! Ich will Sünde!’

Huxley schrieb dieses Buch Anfang der dreißiger Jahre (des vorigen Jahrhunderts). In seinem Essayband ‚Dreißig Jahre danach’ (‚Brave New World Revisited’) konnte er seine Anti-Utopien an der inzwischen veränderten Welt messen. Er kommt darin zu dem Schluß: sozialer und technischer Fortschritt und verfeinerte Methoden der psychologischen Manipulation lassen erwarten, daß diese grausige Voraussage sich in einem Bruchteil der veranschlagten Zeitspanne verwirklichen werde.“
(aus dem Klappentext)

„Alles in allem sieht es ganz so aus, als wäre uns Utopia viel näher, als irgend jemand es sich vor nur fünfzehn Jahren hätte vorstellen können. Damals verlegte ich diese Utopie sechshundert Jahre in die Zukunft. Heute scheint es durchaus möglich, daß uns dieser Schrecken binnen eines einzigen Jahrhunderts auf den Hals kommt; das heißt, wenn wir in der Zwischenzeit davon absehen, einander zu Staub zu zersprengen.“ (Aldous Huxley)

Aldous Huxley wurde am 26. Juli 1894 in Godalming/Surrey geboren. Er stammt aus einer angesehenen Gelehrtenfamilie, wurde in Eton erzogen und studierte in Oxford. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete er als Journalist und Kunstkritiker. Unter dem Einfluß der buddhistischen Lehre und der politischen Ereignisse in Europa entwickelte er sich in den dreißiger Jahren vom amüsiert beobachtenden Satiriker zum leidenschaftlichen Reformator, der die Welt durch eine universale mystische Religion zu heilen versucht. Huyley starb im Jahre 1963.

Der Titel des Buchs bezieht sich auf einen Dialog im 8. Kapitel des Romans, in dem aus Shakespeares Drama Der Sturm zitiert wird (5. Akt, Vers 181-183): „O, wonder! How many goodly creatures are there here! How beauteous mankind is! O brave new world, that has such people in’t!“ (O Wunder! Was gibt’s für herrliche Geschöpfe hier! Wie schön der Mensch ist! O Schöne neue Welt, die solche Bürger trägt!)

Zum Inhalt: Der Roman spielt um das Jahr 632 A.F., was dem Jahr 2540 traditioneller Zeitrechnung entspricht. Nach dem Ende des Neun-Jahre-Kriegs im Jahre 150 A.F. (2058 A.D.) wurde der überwiegende Teil der Menschheit in einem einzigen Weltstaat unter einer Weltregierung zusammengefasst. Zu diesem Zeitpunkt begann die „moderne Zivilisation“, in der sich Menschen nicht mehr auf natürliche Weise vermehren und von Eltern erzogen heranwachsen, sondern in staatlichen Brut- und Aufzuchtszentren geschaffen werden.

Dabei werden die Menschen in verschiedene Kasten eingeteilt: Die Alphas bilden die höchste Kaste und übernehmen die wichtigsten und verantwortungsvollsten Aufgaben. Die Epsilons hingegen, die niedrigste Kaste, entstehen, indem man den Embryos Sauerstoff entzieht und sie so zu geistig beschränkten Menschen heranzüchtet, die dementsprechend untergeordnete Aufgaben übernehmen. Die Anzahl der jeweiligen Kastenmitglieder richtet sich dabei nach den aktuellen staatlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen.

Zu Beginn macht der Direktor des „Central London Hatchery and Conditioning Centre“ (in der deutschen Übersetzung die „Brut- und Normzentrale Berlin-Dahlem“) eine Gruppe Studenten als neue Mitarbeiter mit dem Ablauf des Betriebs vertraut: Menschliche Embryonen und Föten entwickeln sich in künstlichen Gebärmuttern, genannt „Flaschen“. Weitere Stationen der Führung sind der Kindergarten, in dem Babys durch Lärm und Stromschläge konditioniert werden, Bücher und Blumen zu fürchten, ein Schlafsaal, in dem die Kinder durch „Schlaflernen“ mit moralischen Vorstellungen indoktriniert werden, und der Garten, wo Kinder angehalten werden, sich mit sexuellen Spielen zu vergnügen. Dort trifft die Gruppe auf Mustapha Mond (dt. Mustafa Mannesmann), den Weltaufsichtsrat für Westeuropa. Dieser erklärt den Studenten die Geschichte des Weltstaates und preist dessen Erfolge, wie etwa das Auslöschen starker Gefühle und die sofortige Befriedigung jedes Wunsches.

Lenina Crowne (dt. Lenina Braun), eine Beta und Mitarbeiterin des Zentrums, wird von ihrer Freundin Fanny (dt. Stinni) kritisiert: Lenina treffe sich zu oft und ausschließlich mit Henry Foster (dt. Henry Päppler), dies widerspreche der staatlich gewünschten Promiskuität. Lenina gibt zu, sich von dem eigenbrötlerischen, extrem intelligenten, aber wegen eines „Fabrikationsfehlers“ körperlich unterentwickelten Alpha-Mann Bernard Marx (dt. Sigmund Marx) angezogen zu fühlen. Bernard leidet unter seiner relativen Kleinwüchsigkeit und kompensiert seinen Minderwertigkeitskomplex durch nonkonformistische Ansichten und aufrührerische Bemerkungen. Sein einziger Freund ist der gutmütige Alpha Helmholtz Watson (dt. Helmholtz Holmes-Watson), der Bernards rebellische Attitüde toleriert. In seiner Freizeit ist Bernard verpflichtet, an einer Orgy-Porgy-Gruppe teilzunehmen, die sich regelmäßig zu gemeinsamem Singen und Tanzen und anschließendem Gruppensex trifft, wobei sie die Droge „Soma“ konsumieren. (Quelle: de.wikipedia.org)

1998 wurde der Stoff als Geklonte Zukunft (Originaltitel erneut Brave New World) von Dan Wigutow Productions für das Fernsehen nach 1980 ein weiteres Mal verfilmt. In tragenden Rollen waren u. a. Peter Gallagher (Bernard Marx), Rya Kihlstedt (Lenina Crowne), Tim Guinee (John), Sally Kirkland (Linda), Miguel Ferrer (DHC) und Leonard Nimoy (Mustapha Mond) zu sehen. Ich habe den Film im englischen Original gesehen. Wie so oft in US-amerikanischen Verfilmungen endet diese mit einer Art Happy End (Bernard/Sigmund und Lenina werden Eltern und flüchten in ein so genanntes Reservat) und führt damit die Romanvorlage ad absurdum (Download des Films im engl. Original).

Ich habe die in Berlin und Norddeutschland spielende Übersetzung. Als Vorbemerkung schrieb der Übersetzer zur Ausgabe von 1932:

„Da die Handlung dieses utopischen Romans nicht an den Ort gebunden ist, erschien es dem Übersetzer ratsam, sie vom englischen auf deutschen Boden zu verpflanzen. Denn es ist ganz einerlei, ob einer seinen Somarausch in London oder in Berlin mit einer in Dahlem oder Blommsbury aufgenormten Beta erlebt. Die Wonnen, die den braven Weltstaatsbürger Päppler in der Dom-Diele erwarten, werden vermutlich denen, die Kollege Foster im Westminister Abbey Cabaret mit seiner Lenina genießt, zum Verwechseln ähnlich sein, und Unzufriedene, die normwidriger geistiger Überschuß keinen Gefallen an ihnen finden lässt, werden als gemeingefährliche Revoluzzer verbannt werden müssen, ob sie nun Sigmund oder, nach anderem berühmten Muster, Bernard heißen. Einen simplen John oder Michel aber wird hier wie dort nichts anderes übrigbleiben, als sich aufzuhängen.“ H.E.H.

Im Roman (entgegen der Verfilmung) endet die Geschichte mit dem Freitod von John (dt. Michel), genannt der „Wilde“. Zuvor war er in die Verbannung geschickt worden und suchte sich zum Leben einen verlassenen Leuchtturm aus. Witzigerweise befindet sich dieser Leuchtturm in der Nähe meines Wohnsitzes:

„Der Wilde hatte sich den alten Leuchtturm auf dem Hügelrücken zwischen Schneverdingen und Amelinghausen zur Einsiedelei erwählt. Das Gebäude war aus Eisenbeton und vorzüglich erhalten, fast zu komfortabel, wie der Wilde bei der ersten Besichtigung fand, fast mit zu viel Luxus ausgestattet.“ (S. 210 f.)

    Verbannung von John/Michel: Leuchtturm zwischen Schneverdingen und Amelinghausen

Ian Anderson: Homo Erraticus (2014)

Bisschen hatte ich ja schon gehört von Ian Andersons neuer Scheibe Homo Erraticus, die bereits seit dem 11. April (also morgen seit vier Wochen) auf dem Markt ist. Und natürlich an diesem Tag hatte ich die Scheibe auch auf dem Schreibtisch. Warum ist also bisher von mir als alter Jethro Tull– und damit geradezu zwangsläufig auch Ian Anderson-Fan kein Sterbenswörtchen zur neuen CD (samt DVD mit 5.1-Ton) zu lesen gewesen?

    Ian Anderson: Homo Erraticus (2014)

Nun die vier bereits bekannten Stücke hatten mich nicht vom Hocker gerissen. Außerdem hatte ich mir eine österliche Auszeit gegönnt und mich vor allem mit Literatur (und einigen Filmen) beschäftigt. Zudem hatte ich den fatalen Fehler begannen und meiner Frau die neue CD übergeben („Wenn du nichts Besseres hast, dann kannst du mir ja Andersons neue Scheibe zu Ostern schenken!“ – natürlich hatte meine Frau etwas Besseres, die Graphic Novel zu Kafkas Der Process, die ich schon gar nicht mehr auf dem Zettel hatte – so muss ich mich noch etwas gedulden, bis meine Frau mir die CD samt 5.1-DVD herausrückt …).

Natürlich habe ich inzwischen die Scheibe mehrmals via MP3-Player gehört. Und um es gleich zu sagen: ich war dann doch eher positiv überrascht. Als Gesamtwerk – und das ist die Scheibe ja nun mal: ein Konzeptalbum – hört sich das Ganze ganz ordentlich an und gefällt mir um einiges besser als das vor fast genau zwei Jahren erschienene Album Thick as a Brick II (vielleicht täuscht mein Eindruck aber auch, weil ich TAAB2 lange nicht mehr gehört habe …).

Nun zu den Texten kann ich mich nur bedingt äußern, ich habe ja die Texte nicht vorliegen. Zum Hintergrund der Texte habe ich mich aber schon einmal an anderer Stelle geäußert. Näheres findet sich auch im Review bei rocktimes.de. Es ist eine Art Geschichtsunterricht a la Oberschulrat Anderson mit Altersweisheiten gespickt und am Ende mit Science Fiction angereichert. Anderson legt offensichtlich einigen Wert auf seine ‚Botschaften’. Durchaus interessant ist auch das Interview mit Anderson bei Rocktimes. Der Meister entpuppt sich wieder einmal als redselige Plaudertasche mit einigen Macken.


Ian Anderson / Homo Erraticus deluxe book edition

Nun positiv überrascht bin ich allein schon von Ian Andersons Gesang. Nicht nur, dass er die Töne (fast) alle sauber trifft, auch singt er ‚in der Zeit’, was bei Live-Auftritten leider nicht der Fall ist (dazu unten etwas mehr). Gut, die Stimme ist meist etwas ‚dünn’ und natürlich hört man heraus, dass hier technisch oft genug nachgebessert wurde. Aber das soll mir egal sein, solange Ian Anderson selbst noch singen kann und das Charakteristische seiner Stimme erhalten bleibt. Ryan O’Donnell, der einige wenige Gesangparts übernommen hat, wirkt dagegen etwas fehl am Platze.

Part 1: Chronicles
1. Doggerland 4:20
2. Heavy Metals 1:29
3. Enter The Uninvited 4:12
4. Puer Ferox Adventus 7:11
5. Meliora Sequamur 3:32
6. The Turnpike Inn 3:08
7. The Engineer 3:12
8. The Pax Britannica 3:05

2. Part 2: Prophecies
1. Tripudium Ad Bellum 2:48
2. After These Wars 4:28
3. New Blood, Old Veins 2:31

3. Part 3: Revelations
1. In For A Pound 0:36
2. The Browning Of The Green 4:05
3. Per Errationes Ad Astra 1:33
4. Cold Dead Reckoning 5:28

Insgesamt ist das Album durchaus ‚schlüssig’, kommt aber über Tull’sche Alltagskost nicht wirklich hinaus (irgendwo las ich von „Tull von der Stange, gute Qualität, aber nicht herausragend“). Was wirklich fehlt, ist die zündende musikalische Idee, etwas wirklich Innovatives, das das Ganze aus dem Trott längst bekannter Prog-Rock-Musik heraushebt. Oder wie ich las: „Allzu oft wird mir hier Rockmusik-Zwirn gesponnen, wird Text ‚abgearbeitet’, wobei diese ‚Flucht ins Narrative’ wohl daher rühren mag, dass ihm der Text hier in der Tat besonders wichtig ist.“

Natürlich gibt es auch reichlich Selbst-Zitate („Viele Anderson-typische Einfälle geraten so ein weiteres Mal in die künstlerische und kommerzielle Verwertungskette.“), was durchaus legitim ist. So klingt „Puer Ferox Adventus“ (Ankunft des wilden Kindes) im 2. Teil wie „Budapest“ und „Tripudium Ad Bellum“ (Tanz in den Krieg), ein Instrumentalstück, wie „Living in the Past“ (auch ein 5/4-Takt?). Bei „The Turnpike Inn“ höre ich „War Child“ heraus. Auch arbeitet Anderson wieder oft mit musikalischen Versatzstücken, von Rhythmus geprägter Bausteine; die melodischen Bogen, die über mehr als nur wenige Takte gehen, findet sich zwar, sind nach meinem Geschmack aber nicht immer zu Ende ‚gedacht’ (komponiert). Und so stellt sich leider auch immer wieder eine gepflegte Langeweile ein. Stilistisch ist Unterschiedlichstes vorhanden. Vom Folkrock über Anleihen beim Hardrock über Shuffle-Rhythmen, Funkigem, ja gar Jazzigem findet sich bis hin zu sakralen Renaissance-Klängen, Kinderlied und eher atypischen Tull-Teilen mit Sprechgesang so einiges (‚Verwurschteln’ sollte man das aber nicht ungedingt nennen).


Playlist mit zz. 7 Stücken – Ian Anderson: Homo Erraticus

Aber ich will nicht zu streng sein. Eigentlich freue ich mich darüber, etwas halbwegs ‚hörbar’ Neues aus der Feder von Ian Anderson zu hören. Musikalische Beispiele habe ich nicht gerade zur Hand, erinnere aber an literarische Alterswerke wie die Erzählung Der Mensch erscheint im Holozän von Max Frisch (Frisch war damals in etwa so alt wie es Ian Anderson heute ist), die durch den sehr lakonischen Stil besticht. Nun, Anderson ist da eher die große Plaudertasche, ein Plappermaul. Wirklich Neues, Innovatives kann und darf man in dem Alter nicht erwarten. Und mit Rockmusik hat das Ganze auch nicht mehr all viel zu tun. Was mich aber an dem Album dann doch erfreut, ist Andersons Stimme. Die hat zwar nicht mehr das ‚Format’ früherer Jahre. Aber, ich wiederhole mich, der Charakter dieser Stimme ist noch vorhanden. Und dank technischer Tricks bekommen wir mit ‚Homo Erraticus’ einen Anderson geliefert, der dann doch viel Spaß bereitet. Leider gilt das allein für die CD. Live-Auftritte offenbaren (man ist es ja längst gewohnt) einen gesangliche Anderson, der leider zu oft ‚daneben’ liegt, sowohl in der Tonhöhe als auch im Timing (nachzuhören beim Auftritt in Brighton am 28. April d.J. – hier zum Herunterladen bei www.guitars101.com). Neben der gesamten „Homo Erraticus“-Session gibt es auf der vor einer guten Woche gerade frisch begonnenen Tournee wieder ein Best-of-Jethro-Tull-Special (mit den Stücken Living In The Past, Bouree, With You The To Help Me, Sweet Dream, Teacher, Critique Oblique, To Old To Rock & Roll To Your To Die, Songs From The Wood, Farm On The Freeway, My God, Aqualung und Locomotive Breath). Seinem Alter entsprechend ist Ian Anderson da grauhaarig, mit Brille und ohne Piratenlook (also kahlköpfig) zu sehen. Hier einige Handy-Aufnahmen aus Liverpool:


Ian Anderson: Living In The Past – live Liverpool Philharmonic Hall 2nd May 2014


Ian Anderson: My God – live Liverpool Philharmonic Hall 2nd May 2014

außerdem: Sweet Dream und Songs from the Wood