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Was ist bloß mit Ian los? Teil 19: Salvation à la mode

Hallo Wilfried,

Eddie Jobson mag ein guter Musiker gewesen sein, aber der prägende Eindruck, den er bei Tull hinterlassen hat, war sein geschminktes Gesicht und sein fast schon tuntenhaftes Auftreten. Selbst Mr. Anderson äußerte sich in der Retrospektive während der 25-Jahr-Feier etwas verwundert über Mr. Jobson, so als ob er nicht mehr verstehen könne, wie so jemand den Weg in die Tull-Reihen finden konnte. Die Galerie des Mr. Cornick kannte ich bereits, trotzdem vielen Dank für den Hinweis.

Hansen’s Eyebrows sind ein weiteres Beispiel dafür, wozu monetäre Zwänge einen Musiker treiben können. Wie der unvergessene Freddy Mercury es einmal ausdrückte: „The things you do for money…“, Das Lied ist eine bemerkenswerte Mischung aus Kinderlied, Rap, Kirmesmusik und Kavalleriemarsch. Genau das richtige für (englische) Fußballfans. Ist Dir bekannt, ob Mr. Barlow bei der Produktion auf seine ruhmreiche Vergangenheit hingewiesen hat ? Ich kann mir vorstellen, dass selbst viele Engländer ihn nicht mehr mit JT in Verbindung bringen.
Kleiner Einschub: Gerade fällt mir auf, dass die Mitglieder von JT keine sichtbaren Tätowierungen tragen; ungewöhnlich für Engländer. Ich war Ende der 70er Jahre zum ersten Mal auf der Insel, also lange, bevor der Tatoo-Wahn auf den Kontinent schwappte. Damals sah ich sogar tätowierte Polizisten. Grauenhaft, aber very british.

Ich fürchte, mir der maschinenübersetzten Version unseres Gedankenaustauschs würdest Du Mr. Anderson nur abschrecken. Jedem Laien ist klar, welche Schwierigkeiten bei automatischen Übersetzungen auftreten können. Aber wie schwer, ja fast unmöglich es tatsächlich ist, wurde mir erst klar, als ich im Radio einen Übersetzer-Profi hörte, der diese Schwierigkeiten der Reihe nach aufzählte und erläuterte. Aber lustig ist so ein Versuch allemal: „How goes it you?“ – „Thank you for the afterquestion.“

Die osteuropäischen Chöre, die haben eine eigene Qualität. Meine alte Heimatpfarre hat hin und wieder russische Mönchs- oder Kosakenchöre zu Gast. Ich gehe hin, wann immer ich Zeit finde. Aber auch mitteleuropäische sakrale Chöre haben es in sich, wie auch Deine Datei aus dem Aachener Dom beweist.

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber bei jeder bedeutungsvollen Musik, die ich höre, werden Stimmungen im Kopf erzeugt, entstehen Bilder vor dem geistigen Auge. Und bei diesen schweren geistlichen Mollchören erscheint vor mir das Bild der drei Kreuze auf Golgatha. Ich stehe auf dem Schädelberg und erlebe die ganze Tragik der Passion mit. Das sind jedes Mal sehr bewegende Momente. Selbst dann noch, wenn wie jetzt ich die Zeit der unkritischen Gläubigkeit hinter mir gelassen habe. Aber ich muss mich bremsen; wenn ich einmal über Religion anfange, höre ich nicht mehr auf.

Auf meinen Aufgabenblock schreibe ich, dass ich Dir ein Lied eines Requiems aus der Ostkirche kabele; diese Musik erweicht die härteste Seele. Wie Du schon sagtest: Das muss Musik aus dem Himmel sein. Lassen wir einmal dahingestellt, ob es einen Gott gibt oder nicht, jedenfalls haben die Menschen aller Zeiten und Religionen sich sehr kreativ gezeigt, ihn zu preisen. Habe ich das falsch in Erinnerung, oder hattest Du in Deinem Blog nicht eine Rubrik „Gott und die Welt“ oder so ?

Den ‚Man of the World‘ kannte ich von Fleetwood Mac. Von Mr. Anderson noch nicht. Die Originalversion von FM gefällt mir besser. In der Vergangenheit hatte ich schon einmal den Eindruck, dass nicht alles zwangsläufig zu Gold wird, was Mr. Anderson anpackt.

Tja, was fällt mir zu Aqualung und der zitierten Textstelle ein ? Ich verstehe den Song Aqualung als eine Kritik an der Gesellschaft einschließlich ihrer religiösen und / oder gemeinnützigen Einrichtungen.

The army’s up the road
salvation à la mode
and a cup of tea.

Ich lese aus den obigen Zeilen Folgendes:
Oben, die Straße hinauf, da hat die Heilsarmee ihr Quartier. Dort gibt es Erlösung (oder Heil), wie es zurzeit angesagt ist. Und als ob das noch nicht genug wäre, auch noch eine Tasse Tee ! Ist das nicht wunderbar ? Zu der ganzen Seelenrettung auch noch eine Tasse heißen Wassers mit Kräutergeschmack. Wann hätte je ein Mensch soviel unverdientes Glück erfahren ?

Darin besteht in meinen Augen Mr. Anderson’s Gesellschaftskritik: Einerseits ist der soziale Aufbau so strukturiert, dass Menschen, die aus welchen Gründen auch immer mit dem Tempo der Leistungsgesellschaft nicht mithalten können, ein Leben jenseits dieser Gesellschaft führen müssen. Sie existieren irgendwo zwischen Straße, Brücke und Parkbank. Vom etablierten Teil der Gesellschaft bestenfalls geduldet, aber keinesfalls akzeptiert. Aber das Establishment schaut nicht einfach untätig zu, wie die Ärmsten der Armen vor die Hunde gehen. Oh nein, wir leben schließlich in einem christlichen Land ! Wir leisten uns Institutionen, die sich um diese bedauernswerten Randgruppen kümmern ! Oh ja, das tun wir ! Wir unterhalten z.B. das stehende Heer der Heilsarmee. Diese Krieger des Herren schießen mit Gulaschkanonen auf Leute wie Aqualung. Was aber noch viel wichtiger ist als die Sorge um das leibliche Wohl: Die Armee kümmert sich um das Seelenheil der Gestrauchelten ! Oh ja, das tut sie ! Sie sorgt dafür, dass die armen Obdachlosen mit ihrem Schöpfer ins Reine kommen, bevor sie in der nächsten Frostnacht erfrieren oder an den Folgen der Unterernährung zu Grunde gehen. Eine geläuterte Seele ist sehr viel mehr wert als ein voller Bauch, denn der wird doch wieder hungrig werden. Eine reine Seele jedoch, einmal ins christliche Nirwana eingezogen, ist am Ziel ihrer Reise angekommen.

Nach meinem Verständnis des Aqualung-Textes geht es Mr. Anderson darum, die Scheinheiligkeit einiger christlich orientierter Wohlfahrtsorganisationen anzuprangern. Ich denke, er hat noch nicht einmal etwas gegen die Heilarmee als solche, sondern vielmehr klagt er die Gesellschaft an, zur Beruhigung des eigenen Gewissens Institutionen mit Alibi-Funktion zu gründen. Eben jene Einrichtungen, die das Elend der Welt nicht vermeiden, sondern nur an der Oberfläche etwas mildern können.

Falls ich damit Mr. Anderson’s Absichten korrekt erkannt haben sollte, muss ich ihn auffordern, dass er eine Gesellschaftsform aufzeigt, in der diese Missstände nicht vorkommen. „Die Qualität einer Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit ihren Schwächsten umgeht.“ So oder so ähnlich heißt es. Welche Gesellschaft ist dafür bekannt geworden, dass sie sich um ihre Schwachen angemessen kümmert ? Gute theoretische Ansätze gab es genug. Aber wo hat es geklappt ? Der Kommunismus hat versagt, das wird mittlerweile auch Senor Castro wissen.

Die urchristlichen Gemeinden fingen wenige Jahre nach Jesu Tod an, miteinander zu streiten. Naturvölker setzen ihre Alten und Schwachen zum Sterben an den Wegesrand. Es gibt natürlich Gesellschaftsformen, die ihre Alten aufnehmen und die Kranken pflegen. Es sind aber zu wenige, um mit einem zufriedenen Lächeln auf diesen Globus zu blicken. Wahrer Altruismus mag bei einzelnen Individuen vorkommen, als Kennzeichen einer ganzen Gesellschaft ist er noch nicht beobachtet worden. Der Mensch ist von Natur aus egoistisch eingestellt. Er hat immer zugesehen, dass es ihm selber und seinen Nächsten gut geht. Bisher hat ihm das sein Überleben gesichert.

Der Extrem-Darwinist Richard Dawkins geht soweit zu sagen, dass ohne das „egoistische Gen“ der Mensch nicht hätte überleben können. Mag sein, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls ist der Typ bekannt dafür, darwinistischer als Darwin zu sein. Jetzt habe ich eine Brücke zwischen Darwin und Mr. Anderson geschlagen. Ich hielte es für besser, wenn der Meister unseren Gedankenaustauschs doch nicht liest…

Also, mein lieber Wilfried, bis zum nächsten Mal !
Lockwood

27.09.2006

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Hallo Lockwood,

Zu Eddie Jobson und Hansen’ Eyebrows brauche ich wohl nichts mehr zu sagen. Mit Jethro Tull wird man das Fußballer-Stück sicherlich nicht unmittelbar in Verbindung bringen. Zu den (nicht sichtbar vorhandenen) Tätowierungen hatte ich auch schon ausgeschaut. Bei Herrn Anderson findet man in früheren Jahren Ohrringe. Und in neueren Zeiten das besagte Kopftuch 😉 Aber mit Tätowierungen ist eigentlich Fehlanzeige. Da die Tull-Jungs aus meist bürgerlichen Häusern stammen, denke ich, dass die auch mit Tatoos wenig am Hut hatten. Ich werde aber weiter Ausschau halten. Durch meinen großen Sohn Jan habe ich mich etwas mit der Musikszene u.a. in Großbritannien und den gesellschaftlichen Zusammenhängen beschäftigt. Es gibt da einen klaren Schnitt zwischen den Fans, die aus bürgerlichem Haus stammen und solchen, die in der Arbeiterklasse zu Hause sind. „The Who“ und „Tommy“ sagen Dir vielleicht in diesem Zusammenhang etwas. Ich habe den Film zwar nie gesehen, aber irgendwie spielt die Rivalität zweier Jugendgangs hier eine größere Rolle. Und so findet man insgesamt die Mods und Suedeheads aus dem bürgerlichen Lager den Rudeboys, Punks und Skinheads aus dem Arbeitermilieu gegenübergestellt.

Zum Layout: Hinter meinem Weblog verbirgt sich WordPress (siehe hierzu die deutsche Website: wordpress.de, wenn es Dich näher interessiert). Das ist gewissermaßen das Werkzeug. Der Aufbau der Datenbank, in dem die Beträge, Kommentare usw. gespeichert werden, und vieles andere sind dabei bereits vorgegeben und können eigentlich nicht geändert werden (könnten schon, aber dann bräuchte man „erweiterte“ Kenntnisse). Ich kann mich aber zwischen unterschiedlichsten Layouts, die man auch neudeutsch Themes nennt, entscheiden. Ich habe insgesamt drei Layouts auf dem Webserver hochgeladen, benutze aber zz. nur ein Thema namens Sirius. Innerhalb Sirius kann ich aber zwischen verschiedenen „Unterthemen“ hin- und herschalten. Dabei können z.B. Farbeinstellungen, die über sogenannte Cascading Style Sheet (CSS-Dateien) definiert werden, geändert werden. Verstanden? Die zwei anderen Layouts bzw. Themes haben übrigens ein ganz anderes Aussehen als das Sirius-Thema. Früher sah mein Weblog wie folgt aus (die Gliederung war u.a. etwas anders):

WilliZ Weblog 2005

Ich nehme Sirius, weil ich auch die Inhalte an Sirius angepasst habe (bis auch einige alte Beiträge), z.B. habe ich einige Grafiken nebeneinander platziert, die einen bestimmten Raum brauchen. Ändere ich das Layout, dann passen diese Grafiken plötzlich nicht mehr und das Ganze sieht bescheiden aus. Ist eben viel Technik dabei.

Aqualung und die Textpassage: The army’s up the road – salvation à la mode and a cup of tea: Wie ich schon andeutete, wird das ein längerer Vortrag. Ich will mich kurz fassen, aber auch keine Details auslassen. Natürlich spricht Ian Anderson hier von der Heilsarmee, einer Einrichtung, die vor über 100 Jahren in London von einem William Booth gegründet wurde. Sein Motto war: Einem leeren Magen kann man nicht predigen! Du hast dazu schon die richtigen Gedanken entwickelt. Ich muss hierzu aber ergänzen, dass die Heilsarmee neben ihrer Hauptaufgabe, den Menschen das Heil zu bringen, nicht nur Tee und Lebensmittel verteilt, sondern dass sie Heime für Obachtlose, alleinstehende Mütter usw. und auch viele Projekte in der dritten Welt unterhält, die Hilfe zur Selbsthilfe bieten.

Nun, warum schreibe ich das: ich bin gewissermaßen in die Heilsarmee hineingeboren. Meine Eltern waren das, was man Heilsarmeeoffiziere nennt, also hauptberufliche Mitarbeiter, die mehrere Korps, also Gemeinden, leiteten. So kommt es, dass ich in Kiel gezeugt, in Berlin-Schöneberg geboren, über Pforzheim mit gut vier Jahren nach Bremen kam. Hier musste mein Vater seinen Job aus gesundheitlichen Gründen an den Nagel hängen. Er hatte im 2. Weltkrieg ein Bein verloren.

Das Ganze hat natürlich eine Vorgeschichte. Meine Eltern gingen beide zur Heilsarmee und lernten sich in Köln kennen, als mein Vater als Soldat (diesmal richtiger Soldat) kurze Zeit in Köln stationiert war. Mein Vater war dabei schon früh in seinem ost-preußischen Heimatstädtchen engagiert tätig, leitete eine Bläsergruppe von Jugendlichen usw. In wie weit sich die Heilsarmee über die Nazizeit rettete, weiß ich nicht, ich denke sie war eine Zeitlang verboten, ich muss meinen Vater fragen. Am Anfang allerdings durften sie noch ihren Geschäften nachgeben. Und dabei gab es einigen Ärger: So trat wohl mein Vater mit einer Sängergruppe in der Öffentlichkeit auf mit dem vielsagenden Lied: „Du sollst mein Führer sein …!“ Adolf war damit aber nicht gemeint (das Lied geht weiter: „Jesus, nur Du allein!“). Wie auch immer. Auch mein Vater wurde eingezogen, konnte sich schussfrei als Sanitäter an der Front durchkämpfen, wurde aber so schwer verwundet, dass man ihm ein Bein amputieren musste (frag mich nicht welches). Und nach dem Krieg ging er dann mit meiner Mutter zur Kadettenschule, dort wo die späteren Offiziere, also Korps-Leiter, ausgebildet werden.

Es ist nicht so leicht, Kind eines Heilsarmeeoffiziers zu sein. Von den Hänseleien durch andere Kinder will ich gar nicht reden. Als Kind sieht man das alles zunächst nicht so. Aber wenn man älter wird, dann beschäftigt man sich mehr und mehr mit dem, was da einem passiert. Von mir wurde natürlich von Anfang an erwartet, dass ich ein frommer Christ und ein engagiertes Mitglied werde. Das war ein Sog, dem ich mich kaum entziehen konnte. Nur wenn einem das Gotteserlebnis, um es so zu nennen, fehlt, dann stört man sich zunehmend an dem, was da abläuft. Nicht das ich mich sträubte. Ich habe zu Gott gebetet, er möge mir ein Zeichen geben. Aber irgendwie war da nichts.

Ich denke, Du warst noch nie in einem Gottesdienst der Heilsarmee. Es ist nicht so, dass der Pastor, Pfarrer oder hier der Offizier eine Predigt hält, man Lieder singt, am Schluss gebetet wird und dann gehen alle brav nach Hause. Das gibt es natürlich hier auch. Aber daneben wird man (wie aus Amerika bekannt) ausdrücklich aufgefordert, Zeugnis abzulegen, was einem der Herr Gutes getan hat. Und wenn man nach Wochen nicht einmal Zeugnis abgelegt hat, dann wird man gegen Ende des Gottesdienstes ebenso ausdrücklich zur Bußbank zitiert, einer Einrichtung, die ich späterhin nur als Instrument des religiösen Psychoterrors ansehen konnte. Die Bußbank ist ein nettes Möbel, eigentlich eine sehr lange Sitzbank, vor der man niederkniet und von einem haupt- oder auch ehrenamtlichen Mitglied der Heilsarmee bearbeitet wird. Eure katholische Beichte ist nichts dagegen.

Genug! Ich empfang meine Zeit als Jugendlicher nicht allzu prickelnd. Ich durfte am Wochenende im Grunde nichts unternehmen. Alles waren Lasterhöhlen, vor denen ich mich zu hüten hatte. Striktes Alkohol- und Rauchverbot usw. Und so wurde mir ziemlich alles, was mit Christentum zu tun hatte, verleidet. Okay, ich habe mit dem inzwischen Frieden geschlossen. War auch mit meinen Jungen bei einem Gottesdienst, damit sie es kennen lernen. Und habe mich auch sonst viel mit Religion beschäftigt. Und so geht es mir eigentlich ähnlich wie Dir. Ich kann und will gar nicht bestreiten, dass es einen Gott gibt. Aber ich kann eben auch nicht an einen Gott glauben. Wenn es einen Gott gibt, dann hat es sich verdünnisiert und experimentiert an anderer Stelle.

Du könntest nun denken, die Heilsarmee wäre eine dieser dubiosen Sekten. Dem muss ich widersprechen. Es lag mit Sicherheit im Wesentlichen an mir, dass ich vieles als Psychoterror empfand. Es war eben ein sehr beengter Raum, in dem ich mich als Jugendlicher zum Erwachsenen entwickeln konnte. Die Heilsarmee, das war eben nicht nur etwas, was am Sonntag passierte. Die war jeden Tag gegenwärtig für mich als Sohn von Heilsarmeeoffizieren. Nun aber wirklich genug!

Vielen Dank für das russische Requiem. Es geht mir sicherlich nicht ganz wie Dir, dass ich einen so eindeutig religiösen Bezug herstelle. Aber es gibt eine Musik, die einen berührt und die einen aus dem alltäglichen Trott herausreißt, sodass man für sie gern das Attribut göttlich verwendet.

Genug von Gott, Ian Anderson und der Welt für heute
Ich wünsche Dir und Deinen Lieben ein schönes Wochenende

Wilfried

P.S. Im Anhang ein weiteres Lied vom „20 Years …“-Album: „Summerday Sands“. Ich hoffe, du kennst es noch nicht. Außerdem eine Coverversion von „One Brown Mouse“, eingespielt von einer amerikanischen Gruppe namens Echolyn.


Echolyn: One Brown Mouse

29.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 18: Familienmitglieder

Hallo Wilfried,

zuallererst bedanke ich mich für die beiden Sound-Dateien in Deiner letzten Anlage ! Die Studioaufnahme von Jack-a-Lynn hat ist besonders hörenswert. Sie muss aus einer Zeit stammen, in der Mr. Anderson’s Stimmbänder diese Bezeichnung noch verdienten. Mann, der konnte wirklich singen ! Der Double-Pegg-Version von Life’s a long song bekommt die Vielzahl der akustischen Instrumente sehr gut; allerdings kann ich mich mit dem Gesang nur schwer anfreunden. Das liegt (ausnahmsweise) nicht daran, dass ich der Meinung wäre, Mr. Pegg könne nicht singen, sondern an der Art, wie er das Lied interpretiert. Natürlich bin ich hierbei durch die Version des Meisters beeinflusst; ein objektives Urteil ist mir gar nicht möglich.

In YouTube werde ich mich künftig öfter aufhalten, Nachtruhe hin oder her. Dann muss ich eben hin und wieder etwas schneller schlafen. Deine letzte mail ist wieder mit Links gespickt, die diese Entwicklung nur unterstützen. Aber, wie Ihr im Norden sagt: „Wat mut, dat mut!“

Mit Deiner Vermutung, dass mich von JT nur Mr. Anderson und Mr. Barre interessieren, liegst Du fast richtig. Aus der Legion ehemaliger Bandmitglieder haben nur einige den Weg in mein Bewusstsein geschafft:

John Evan: durch die gleichnamige Band, seine lange Zugehörigkeit, die Grimassen, die Kontinuität seines Bühnenoutfits

Jeffrey Hammond: durch die lange Freundschaft mit Mr. Anderson. Möglicherweise ist er der Jeffrey aus den Liedtiteln wie A Song for Jeffrey, For Michael Collins, Jeffrey… and so on.

John Glascock: leider durch seinen frühen Tod

Dave Palmer: durch seine Geschlechtsumwandlung und als Komponist von Elegy, eines Bachs würdig !

Eddie Jobson: durch sein androgynes Auftreten während der „A“ – Tour. Absolut daneben.

Clive Bunker: netter Kerl. Kumpeltyp

Glenn Cornick: durch seine Homepage und seine auffälligen Bewegungsabläufe bei Konzerten

Mick Abrahams: durch seine Gründungsmitgliedschaft, seine Kontroversen mit dem Meister

Ich hoffe, dass ich keinen vergessen habe.

Interessanterweise hörte ich eben in einem Deiner letzten zugelinkten Beiträge, dass Mr. Palmer Ian wie Eian ausspricht. Ist vielleicht auf den Inseln regional verschieden.

Dass Du mich bei lyrics.de gefunden hast, hat mich überrascht. Mir war gar nicht mehr bewusst, was ich da alles eingegeben habe bzw. eingeben musste. Durch das Netz sind wir von Orwell’s Visionen gar nicht mehr so weit entfernt. Und alle machen mit. Allerdings bin ich von Deiner Omnipräsenz im Netz noch weit entfernt.

Die Übersetzung von Too old… ist zwar in eine geläufige deutsche Sprache erfolgt, allerdings gefällt mir die Übersetzung einiger Begriffe nicht. „Light“ mit „schal“ gleichzusetzen halte ich für unzutreffend. Ich bin wie Du der Meinung, dass „wir“ zuerst das Netz nach Übersetzungen durchstöbern sollten. An die Lieder, die wir dort nicht finden, können wir uns immer noch herangeben. Eine Aufgabe für lange Winterabende.

Deine Äußerungen zu Mr. Anderson, dem Alter, dem Rocker-Image und der ganzen Too-old – Thematik habe ich einige Male gelesen. Es klingt gut, was Du schreibst. Es ist schlüssig argumentiert und beschrieben. Ich wünsche mir, dass Du mit dieser Einschätzung Recht haben mögest: Dass Mr. Anderson in seinem Alter Kopftuch und Schweißbänder nur deshalb trägt, um Jugendlichkeitswahn und Rocker-Image ad absurdum zu führen. In mancherlei Hinsicht ist er ein Eulenspiegel, der seiner Umwelt einen Spiegel vorhält und sie an der Nase herum führt. Ja, diese Möglichkeit liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Das ist wirklich sehr weise, Herr WilliZ !
Es ist wirklich ein Jammer, dass Mr. Anderson unseren Gedankenaustausch nicht verfolgen kann. Vielleicht würde er uns als Biographen autorisieren.

Zu Bob Dylan las ich irgendwann, irgendwo, dass er als Kind wegen seiner sehr auffälligen Stimme in derselben Freak-Show auftreten musste, die schon dem armen Joseph Merrick als Elefantenmensch zu trauriger Berühmtheit verholfen hat. Das halte ich allerdings für blanken Unsinn; so herzlos werden Eltern nicht sein.

Es geht mir ebenso wie Dir, dass ich für Musik in der richtigen Stimmung sein muss. Loreena McKennit, Jethro Tull, Kate Bush könnte ich mir nicht im Autoradio anhören. Dort muss es fetzen: Springsteen, BAP, Pogues, …

Blodwyn Pig kannte ich nicht.

„20 Years of JT“ hielt ich bisher für einen von vielen Samplern. Mr. Anderson hat fast so viele Sampler auf den Markt geworfen wie Abba.

Heute war ich mit Söhnen auf dem Fußballplatz, der morgige Sonntag sieht uns im Tierpark. Grundsätzlich bin ich lieber im Freien als vor dem PC.

Bis bald
Lockwood

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Hallo Lockwood,

Was die Bandmitglieder von Jethro Tull betrifft, so würde ich Eddie Jobson schon gar nicht in den engeren Kreis aufnehmen. Er gehörte zu Tull in einer Zeit, die nicht die ruhmreichste war. Allerdings muss ich ihm bescheinigen, ein guter Musiker zu sein. Für kurze Zeit brachte er ja auch die elektrisch verstärkte Geige als Instrument bei Tull unter. Bei Glen Cornick möchte ich auf dessen höchst interessante Bildergalerie hinweisen, wenn Du sie noch nicht kennst.

Zu den markanteren Gesichter würde ich noch Barrymore Barlow zählen, der übrigens auch aus der John Evan Band-Zeit stammt. Etwas unrühmlich hat er sich in diesem Jahr durch die Mitwirkung an einem Lied hervorgetan, dass die englischen Fußballspieler wohl anfeuern sollte: Hansens Eyebrows. Der Misserfolg der englischen Mannschaft dürfte aber nicht allein diesem Lied zuzuschreiben sein (wie liebe ich diese Engländer – die machen jeden Scheiß mit):

Barrymore Barlow & Hansen 's Eyebrows

Dass Herr Anderson unseren so geistreichen Gedankenaustausch nicht verfolgen kann, würde ich nicht ausschließen. Ich werde IHM eine Übersetzungshilfe anbieten, die ich bereits auf anderen Seiten zum Thema Jethro Tull installiert habe. Die Übersetzungen erfolgen natürlich maschinell, sind aber manchmal gar nicht so weit von unserem Original entfernt (d.h. sie sind urkomisch – siehe unten).

Zu „Dante’s Prayer“ von Mrs. McKennitt und den russischen Männerchören. Als alter Tull-Fan zog es mich öfters auf die Insel, wenn es meist auch nur bis London reichte. Und wenn man in London ist, dann besucht man schon das eine oder andere Sehenswerte, so auch St. Paul’s. Diese Kathedrale hat eine unglaubliche Akustik. Ich war gerade dort, als ein Knabenchor einen Choral schmetterte. Und das war wirklich unbeschreiblich. Engelsgesang kann nicht schöner sein. Aber das nur nebenbei. Mit meiner heutigen Frau war ich zum Weihnachtsfest 1984 in Rumänien auf Winterurlaub. Damals herrschte noch Nicolae Ceau?escu wie ein König über sein Reich. Wir hatten uns für Rumänien entschieden, weil die Kosten für alles samt Flug nach Bukarest unheimlich niedrig waren. Es war in mancher Hinsicht wie eine Fahrt in die Zeit vor dem 1. Weltkrieg. Aber das ist ein Thema für sich. Auf jeden Fall gab in dem wirklich sehenswerten Ort Sinaia ein Kloster, das auch noch von rumänisch-orthodoxen Mönchen betrieben wurde. Am Vorabend zum Weihnachtsfest fand in der Klosterkirche nun ein weihnachtlicher Gottesdienst statt, an dem ich mit meiner Frau (damaligen Freundin) teilnahm. Das Ganze ging über zwei Stunden, wir saßen auf völlig klapprigen Holzstühlen, sodass uns am Ende wirklich die Hintern tierisch schmerzten. Aber was uns da geboten wurde, entschädigte uns dafür um vieles. In orthodoxen Kirchen gibt es ja keine Orgeln u.ä. Dafür sang ein Männerchor weihnachtliche Choräle, am Schluss auch das bei uns obligatorische „Stille Nacht“, natürlich auf Rumänisch. Das war in etwa das, was auch Don-Kosaken nicht besser hinbekommen dürften. Eines unserer schönsten Weihnachts(vor)abende!

Im Kopf lief das bei mir bisher unter Gregorianische Choräle. Aber das ist – ich weiß – eigentlich eine katholische Einrichtung, diese Art des einstimmigen Chors. Im Anhang eine kleine MP3 mit einem Choral, der bei Dir in der Nähe (Aachener Dom) aufgenommen wurde, ein Ave Maria (sind zwar mehr Knabenstimmen, klingt aber auch sehr schön).

Für heute muss es reichen!
Halt Dich gerade

Wilfried

P.S. Zur Religions- bzw. Konfessionsfrage bin ich immer noch nicht gekommen. Es gibt hierzu im Lied Aqualung eine kurze Textpassage, die damit etwas zu tun hat (Aqualung selbst ist ja gewissermaßen ein Konzeptalbum zum Thema Kirche usw.):

The army’s up the road
salvation à la mode and
a cup of tea.

Was fällt Dir hierzu ein?

P.P.S. Und dann noch eine Coverversion – von Herrn Anderson persönlich. Es ist ein Liedchen von Peter Green, dem ehemaligen Gitarristen von Fleetwood Mac, falls der Name Dir etwas sagt. Die Aufnahme ist von 1995 und auf dem Album Peter Green Songbook First Part erschienen.


Ian Anderson: Man of the World

26.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 17: Too Old to Rock ‚n’ Roll?

Hallo Wilfried,

das Rheinische Wörterbuch kannte ich noch nicht. Sieht interessant aus. Vielen Dank ! Danach bedeutet ‚Krau‘ : Pack, Gesindel. Das ist im Grunde das, was ich meinte, wenn ich auch in meine Umschreibung mehr Nachdruck gelegt habe. Wenn Du an Sprache intensiv interessiert bist: Vor Jahren hat mir ein Sprachwissenschaftler der TU Braunschweig ein Standardwerk dazu empfohlen: Die Cambridge Enzyklopädie der Sprache von David Crystal, Campus-Verlag. Ist auch für den Laien verständlich und gar nicht so teuer.

Ich habe den ein oder anderen Anderson-Text übersetzt oder zumindest den Versuch gestartet. Auch habe ich schon vereinzelte Übersetzungen im Netz gefunden. So zum Beispiel vom alten Rocker. Die Übersetzung fand ich gar nicht so schwer; alle Begriffe fanden sich in meinem kleinen Langenscheidt. Überhaupt finde ich „Too old…“ ziemlich untypisch für Anderson. Es wirkt auf mich sehr seicht, fast schlagermäßig. Eine eingängige Melodie mit dem Zeug zum Ohrwurm. Das bedeutet aber auch, dass man sich daran schnell satt gehört hat. Ich käme nicht auf die Idee, dieses Lied so oft zu hören wie „Bohnenstroh“ oder „Passionplay“.

Deine Idee mit den Übersetzungen finde ich gut. Vorschlag: Sollen wir diese „Arbeit“ aufteilen, um Doppelarbeit zu vermeiden ? Man könnte z.B. nach Alben sortiert vorgehen. Beispielsweise würde ich mir „Heavy Horses“ vornehmen und Du Dir die paar restlichen Alben. Über eine genaue Aufteilung können wir uns noch austauschen. Auch sollten wir uns vorher über die Standards der Übersetzung einig werden; übersetzen wir so, dass der englische Text bestmöglich in eine geläufige deutsche Sprache transferiert wird, oder so, dass der Sinn (speach intention, wie die Anglikaner sagen) des Originaltextes so gut wie möglich erhalten wird ? Dass das zwei Paar Schuhe sind, wird klar, wenn man sich die Übersetzung von Lokomotiven-Atem anschaut. Hier wurde das Schwergewicht auf den Erhalt des Sinns gelegt. Beides unter einen Hut zu bekommen, schaffen nur Experten. Wenn überhaupt. Auf das Songbook von Karl Schramm warte ich seit drei Jahren. Einmal jährlich sendet der Verlag eine Nachricht an meine Buchhandlung, dass sich die Neuauflage verzögert. Langsam glaube ich nicht mehr daran.

Zur Konfession:
Soweit sich meine Ahnenreihe zurückverfolgen lässt, sind hier nur Katholiken zu finden. Mein Bruder war der Erste, der damit gebrochen hat; er hat eine Protestantin geheiratet. Der Westen unserer Republik ist überwiegend katholisch (fast hätte ich geschrieben: Lebt unter dem Römischen Joch); die Familie meiner Schwägerin stammt väterlicherseits aus Ostpreußen. Die Töchter meines Bruders und meine Kinder werden katholisch erzogen und haben die für ihr Alter vorgesehenen Sakramente erhalten.

Über das Verhältnis zu Gott, Religion, Konfession können wir bei entsprechender Interessenlage Deinerseits in einigen Jahren einen gesonderten Mail-Zyklus starten. Vorab nur soviel: Obwohl ich in und mit den kath. Traditionen lebe, sehe ich mich als Agnostiker.

Zu Mr. Anderson, Gewichtsproblemen und Malern aus Braunau: Die Welt versteht mich nicht. Ich wollte Mr. Anderson keinen Strick daraus drehen, dass er nicht mehr so schlank ist wie früher. Ich selber wiege etwa 110 kg und zähle damit nicht zu den Schlanken im Lande. Wie sollte ich da mit Steinen schmeißen ? Dass Mr. Anderson die Aftershow-Party früh verlassen hat, um am nächsten Morgen joggen zu können, halte ich für genau so glaubwürdig wie die Story mit der kneifenden Unterhose, die ihn dazu bewogen hat, auf einem Bein zu stehen. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass Mr. Anderson sich in der Gesellschaft von größeren Menschenansammlungen nicht wohlfühlt und deshalb nach einem Vorwand gesucht hat, sich zu verdrücken. Denk‘ mal an die Zugfahrt, auf der Du ihn in einem Einzel-Abteil gesehen hast. Er hält es nicht einmal mit seinen Kollegen aus. (Was wäre wohl passiert, wenn Du Dich zu ihm gesetzt hättest ???)

Unbestritten ist, dass Alfred Tetzlaff eine Kopie des österreichischen Gefreiten sein soll. Aber ich habe in meiner mail den Begriff „Ekel Alfred“ nur gewählt, um Dir den Schauspieler Heinz Schubert in Erinnerung zu rufen. Es war nun mal seine bekannteste Rolle. Aber nicht in allen Rollen sah er aus wie Hitler. Das Bild soll verdeutlichen, was ich meine. Herr Schubert auf Plateausohlen, den Bart um das Kinn herum wachsen lassen, 10 kg weniger auf den Rippen und schon wird klar, was ich sagen wollte. Herr Schubert war in geschmacklichen Dingen übrigens sehr sicher: Nie sah man ihn mit Kopftuch. Bruno Ganz sah im „Untergang“ auch aus wie Hitler, jenseits der Rolle war aber überhaupt keine Ähnlichkeit zwischen beiden festzustellen. Noch einmal zur Sicherheit: Ich wollte Mr. Anderson nie in die Nähe von Hitler rücken. Diesen Vergleich hast Du mir in den Mund bzw. in die Tastatur gelegt. Davon distanziere ich mich entschieden !

Der kleine Finger ist also nun geklärt. Bleibt uns noch herauszufinden, wie es zu dem steifen Gelenk gekommen ist. Unfall, Geburtsfehler oder sonst was. Hat in meinen Augen aber keine Eile. Es würde mich nicht wundern, wenn die Laufi-Gemeinde die Antwort schon kennt.

In einem Punkt muss ich Dir Recht geben: Mr. Anderson gefällt mir nicht mehr mit und ohne Kopftuch. Das ist aber nicht seine Schuld. Für mich ist er ein Rockstar. Und es ist verdammt schwer, mit Ende 50 als Rockstar durchzugehen. Das hat, glaube ich, noch niemand geschafft. Kein Francis Rossi, kein Brian May, kein Bruce Springsteen. In den Köpfen der Menschheit hat ein glaubwürdiger Rocker jung, arm und schmutzig zu sein. Rock’n’Roll wurde auf der Straße geboren. Wird der Rocker älter und / oder wohlhabend, kommt es zwangsläufig zu Imageproblemen. Ganz krass in diesem Zusammenhang finde ich die Vita von Garry Glitter: In seinen Songs ist er der Macher, der Macho, der Leader of the Gang, und in der Realität vergeht er sich an kleinen Kindern. Aber das nur nebenbei.

Ich werde verrückt ! Ein Video von Wuthering Heights !! Das habe ich noch nie gesehen ! Wenn ich das Video 1978 schon gekannt hätte, wäre meine Pubertät ganz anders verlaufen. Auf der gelinkten Seite finden sich noch mehr Videos der Meisterin. Ich stehe tief in Deiner Schuld !

Zu Loreena McKennit werde ich Dir in den nächsten Tagen ihr „Dante’s Prayer“ rüberkabeln. Es ist vielleicht nicht ihr typischster Song, aber besonders schön durch den geschickt eingeflochtenen Chorgesang. Wenn Du in melancholischer Stimmung bist und dann noch dieses Lied hörst, schießt Dir unweigerlich das Wasser in die Augen.

Ich kenne Cover-Versionen (nicht von JT), die besser als das Original sind. Aber ob das bei JT auch funktioniert ? In meinen Ohren klingt es nicht einmal gut, wenn Mr. Anderson sich selber covert, wie bei den Orchestral-Tull – Projekten. Vor Monaten sah ich im Netz ein Tull-Cover, dargeboten von einer Reihe von Stümpern. Es war grauenhaft. Aber es machte deutlich, wie handwerklich gut die Tull-Musiker sind und wie schwer es ist, eine ansprechende Bühnenshow auf die Beine zu stellen. Das schafft(e) eben nur der Meister !

Das Nasenrätsel habe ich lösen können. Nette Idee übrigens. Meine Nase habe ich zuerst erkannt, weil wir sehr aneinander hängen. Deine Nase habe ich erkannt, weil der untere Teil Deiner Brille zu sehen ist. Bei Branduardi sind die Augen zu sehen. Mr. Anderson’s Nase war dann leicht im Ausschlussverfahren zu bestimmen.

Bis die Tage
Lockwood

19.09.2006

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Hallo Wilfried,

als Anlage erhältst Du „Dante’s Prayer“ von Mrs. McKennitt. Du kannst die Lautstärke ein wenig aufdrehen, das Stück beginnt recht leise. Es ist möglich, dass die Datei nicht an jeder Stelle 100% läuft; sie ist von einer gebrannten CD kopiert. Den Männergesang im Stil russischer Mönchschöre zu Beginn und zum Schluss des Liedes finde ich einfach phänomenal. Männerchöre à la Sergej Jaroff halte ich für die Krönung menschlicher Sangeskunst. In meiner Plattensammlung findet sich ein Sammelalbum der Don-Kosaken. Der Original Don-Kosaken, versteht sich. Der Titel ist nicht geschützt, jeder Kegelclub darf sich so nennen.

Kurz zu Mr. Anderson, nur so zwischendurch: Mir ist aufgefallen, dass er bei jedem Konzert eine Armbanduhr trägt. So, als müsste er fürchten, den Bus zu verpassen. Dabei habe ich nie beobachtet, dass er einmal draufschaut. Hauptsache, er hat sie am Arm. Ohne sie fühlt er sich bestimmt nackt. Er achtet eben sehr auf sein Äußeres.

Noch was:
Dem Experten für Popmusik fällt auf, dass ABBA (welch ein Sprung!) viele ihrer Lieder im Baukastenprinzip komponieren. D.h., es gibt Melodiesequenzen, die in mehreren Songs nahezu unverändert übernommen worden sind. Das geben die Herren Komponisten unumwunden zu. Ich denke, Mr. Anderson arbeitet hin und wieder ähnlich. Auch bei JT – Liedern sind mir identische „Bausteine“ aufgefallen. Genau wie im Fall von ABBA muss das nicht schlecht sein; entscheidend ist, dass sich der Baustein nahtlos in den Song einfügt. Und das gelingt beiden. Einen besonders deutlichen Baustein entdeckt man bei „Salamander“ und „Cold Wind to Valhalla“ in Form der akustischen Gitarre zu Beginn.

Just in diesem Moment kommt mir die Idee zum Musikprojekt des Jahrhunderts: Mr. Anderson besinnt sich auf seine Fähigkeiten und komponiert ein Folk-Album unter Mitwirkung eines russischen Mönchschores ! Mit diesem Gedanken lasse ich Dich jetzt allein.

Bis bald
Lockwood

20.09.2006

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Hallo Lockwood,

hoffentlich bringe ich dich jetzt nicht zunehmend um Deinen Schlaf. Aber es ist schon erstaunlich, was man so im Internet findet und youtube.com ist wirklich nicht übel. Dass nun Deine Pubertät anders verlaufen wäre, wenn Du bereits 1978 Kate Bushs Wuthering Heights gesehen hättest, bezweifle ich dann doch. Immerhin: Solche Freude-Attacken kenne ich natürlich auch. Ich bin schon oft genug an die Decke gesprungen (Ausruf der Begeisterung: „Meine Fresse!“).

Entschuldige, wenn ich mich erst nach einigen Tage Pause melde. Was ich Dir hier schreibe, ist so nach und nach in diesen Tagen zu Papier (dem elektronischen) gebracht worden. Es kommen dann immer wieder Unterbrechungen …

Apropos youtube! Ich habe einmal wieder Im Forum von laufi.de gestöbert und bin dabei über diverse Links auf Material gestoßen. Hier das Gefundene in aller Kürze:

Tull im Net -> Auf der Seite www.upthedownstair.net findet man unter „Show 35“ und „Show 50“ ein komplettes Tull-Konzert, leider in eher bescheidener Tonqualität. Trotzdem interessant !!! -> als MP3 (hab ich selbst noch nicht hineingehört)

Dark Ages – ZDF Musikkanal…… -> hierzu bei youtube.com

Ich habe hierzu die DVD – es handelt sich um eine Sendung der BBC mit dem Titel „LIVELY ARTS“ und dokumentiert u.a. die U.S. Tour von JT aus dem Jahre 1979 (etwa 57 Min. Sendezeit), die auch über den Digitalsender ZDF Musikkanal ausgestrahlt wurde – interessant auch die privaten Bilder (das müsste Dich doch interessieren), u.a. von Klein-James Duncan.

Noch etwas zum weinen ausgegraben: nette Homestories und Sweet Dreams live

List every concert that could easily be put on DVD here

Hier gibt es eine Zusammenstellung aller bekannten Videomitschnitte, u.a. auch, wer diese besitzt Also auch wieder youtube.

Außerdem bin ich dort auf ein Interview vom August 2006 mit Ian Anderson gestoßen; u.a. steht dort::

Our drummer, Doane Perry, has been with us for twenty years but may never play again because of two pieces of surgery he had in a last few months – at least for now he’s unable to even think about playing drums.

Siehe bei laufi.de

Okay, außer Ian und auch Martin interessiert Dich wohl keiner sonderlich von den heutigen Tull-Musikanten. Aber Doane Perry ist immerhin 20 Jahre bei der Truppe und damit nach Martin das dienstälteste Mitglied. Dabei ist eigentlich interessant, dass Anderson für den jetzt beginnenden Herbst eine Art 2. „A little light Music“-Tour (bezieht sich auf Mozarts „kleine Nachtmusik“ -> light ~ night) plant. Neben dem Drummer nimmt wohl auch Andrew Giddings nicht daran teil, das Ganze soll aber unter dem Bandnamen „Jethro Tull“ laufen. Wie wird dann also die Besetzung aussehen? Die Laufi.de-Leute spekulieren bereits und geben alten Tull-Größen (z.B. Clive Bunker) gewisse Chancen. Auf der anderen Seite sehen einige im möglichen „Abgang“ von Doane Perry weitere Auflösungserscheinungen der Gruppe. Weshalb ich das hier erwähne: Irgendwie könnte sich der Herbst spannend entwickelt! Gucken wir also, wie es weitergeht. Auch mehren sich die Gerüchte, Anderson & Co. (wer auch immer das ist) hätten nach dem Weg ins nächste Musikstudio gefragt.

Noch eine Anmerkung zur kleinen Gitarre, die Ian jetzt meist spielt. Auf einer Seite (ich hatte bereits darauf in einer früheren Mail verwiesen) schreibt der Meister sehr ausführlich von dieser (hatte ich wohl in der Eile überlesen):

During the eighties, I switched to guitars from Andrew Manson, an English luthier, who works in Devon producing hand-made guitars for aficionados of acoustic instruments. Based on traditional designs by the Martin Company as well as on the ideas of Andy and myself, we have come up with modern variations on the theme, giving a compact guitar with the resonance and playability associated previously with the big „jumbo“ style guitars favoured by Country artists. The sexy little parlour guitars are not at all common in pop and rock music: indeed, I am probably one of the very few to use them. The instrument currently on tour with me is the smallest ever! It is a 3/4 size parlour guitar based on a French design of 150 years ago. I sent Andrew Manson the drawings and measurements and even he was surprised at how well it played and sounded, especially fitted with one of the Fishman transducer pick-ups which I have been using since the late eighties.

Zu der Meisters Texten und einer Übertragung in die deutsche Sprache: Unter lyric.de bin ich nicht nur auf Dich als Mitglied gestoßen (Du treibst Dich auch überall herum), sondern auch auf Übersetzungen von drei weiteren Tull-Texten. Hier zunächst der erste Text:

Jethro Tull – Too old to Rock“n“Roll: Too young to die

The old Rocker wore his hair too long, wore his trouser cuffs too tight.
Unfashionable to the end drank his ale too light.
Death’s head belt buckle yesterday’s dreams the transport caf‘ prophet of doom. Ringing no change in his double-sewn
seams in his post-war-babe gloom.

Now he’s too old to Rock’n’Roll but he’s too young to die.

Seine Haare waren einfach einen Tick zu lang.
Und die Hosen einen Tick zu eng.
Und das Bier einen Tick zu schal.
Halt einen Tick zu alt, der ganze Typ.
Hatte so einen Totenschädel auf seiner Gürtelschnalle.
Hatte dauernd was vom Weltuntergang gefaselt mit seinen uralt-Jeans, so mit gedoppelten Nähten.
Lebte irgendwie noch in der Nachkriegszeit.
He once owned a Harley Davidson and a Triumph Bonneville.
Counted his friends in burned-out spark plugs and prays that he always will.
But he’s the last of the blue blood greaser boys
all of his mates are doing time: married with three kids up by
the ring road sold their souls straight down the line.
And some of them own little sports cars and meet at the tennis club do’s.
For drinks on a Sunday work on Monday. They’ve thrown away their blue suede shoes.

Now they’re too old to Rock’n’Roll and they’re too young to die.

Er sagte, daß er mal ne Harley gehabt hat und nen Triumph Bonneville.
Freunde hatte er angeblich soviel gehabt,
wie er Zündkerzen runtergefahren hat in seinem Leben.
Und das sollte auch so bleiben, sagt er.
Aber er war irgendwie der letzte von seiner Schmiernippel-Gang.
Seine alten Kumpel sind irgendwie weggegangen.
Verheiratet, drei Kinder, Häuschen.
Die haben halt ihre Seele verkauft, sagte er.
Und manche von denen fahren keine Harley mehr,
sondern irgend so ein kleines Cabrio,
und sie treffen sich manchmal im Tennisclub.
Und ihr Leben heißt:
– Sonntags saufen, Montags malochen.
Haben halt ihre „Blue Suede Shoes“ an den Nagel gehängt.
So the old Rocker gets out his bike to make a ton before he takes his leave.
Up on the A1 by Scotch Corner just like it used to be.
And as he flies tears in his eyes his wind-whipped
words echo the final take and he hits the trunk road doing around 120
with no room left to brake.
 

And he was too old to Rock’n’Roll but he was too young to die.
No, you’re never too old to Rock’n’Roll if you’re too young to die.

Gestern hat er seine alte Harley nochmal rausgeholt.
Wollte wohl noch mal ne letzte Runde drehen,
die alte Tour, die A 1 rauf nach Scotch Corner.
Und dann isser losgedonnert, die Haare im Wind und Tränen in den Augen.
Mit 120 in die Sackgasse.
Zum Bremsen war da kein Platz mehr.

Er war einen Tick zu alt für Rock „n Roll.

Die vorliegenden Übersetzungen sind in einer bewusst geläufigen Sprache gehalten. Das hat natürlich den Vorteil, dass man ohne Umschweife erfährt, um was es sich im Text handelt. Die sprachlichen Feinheiten gehen dabei aber völlig und ganz verloren. Und das sollte nicht geschehen. Wie auf cupofwonder.com könnte man vielleicht mit Anmerkungen arbeiten (und auch die dort vorhandenen Erklärungen nutzen). Aber ich sehe bereits, dass hier viel Arbeit auf uns wartet. Die hierfür nötige Zeit habe ich vorerst wirklich nicht. Das Ganze kann dann aber vielleicht peu a peu über die Bühne gehen. Und die vorhandenen Texte (siehe oben) können für den Anfang als Ausgangsmaterial dienen.

“Roll us both down a mountain and I’m sure the Lockwood would win.” Du bist ja ein richtiger Brecher! Da würde ich schon wissen wollen, wie groß Du eigentlich bist. Irgendwie muss sich die Masse doch verteilen. Und so einer lästert über Anderson! Da bin ich mit meinen knapp 85 kg (bei 1 Meter 82, wenn das noch stimmt, man schrumpft ja im Alter) richtig schlank und rank, obwohl ich mich manchmal wie das Gegenteil davon fühle.

Wegen der Aftershow-Party (nach der RTL-Chartshow) gebe ich Dir natürlich Recht. Der Meister hatte keinen Bock auf längeres Small Talk. Und Milch gab es sowieso nicht. Trotzdem glaube ich schon, dass er morgens ganz gern eine Runde irgendwo im Park oder so dreht. Altersmäßig fühle ich mich ihm ziemlich verbunden, habe auch einen Bauchansatz, der auch durch Fasten nicht mehr weg zu bekommen ist. Da nutze ich schon gern die Gelegenheit, wenn das Wetter mitspielt, eine Runde zu joggen. Als wir z.B. im letzten Jahr in Edinburgh waren, dort im Süden der Stadt in der Pinto Street eine Bed&Breakfast-Unterkunft fanden, bin ich morgens vor dem Frühstück über Newington Road und Hope Park Terrace losgelaufen, um im Park „The Meadows“ (Die Wiesen) meine Runden zu drehen.

Und damals im Einzelabteil Anfang 1981, als ich im gleichen Zug mit Herrn Anderson fuhr, da war der Meister ziemlich beschäftigt, wenn ich mich richtig erinnere, während die anderen Tull-Brüder eher ausgelassen bis gelangweilt im Abteil nebenan saßen. Dass es Anderson selbst mit seinen Kollegen nicht aushält, wie Du schreibst, würde ich nicht behaupten.

Das mit den kleinen Finger vom Meister werde ich weiterhin beobachten. Ich habe ja noch ältere Videos und da gibt es auch noch Fotos aus Jugendjahren auf der Website einer alten Freundin (nicht meiner, sondern die von Anderson) oder aus alten Zeiten der John Evans Band. Auf einem Bild aus Jugendzeiten ist seine rechte Hand zu sehen, allerdings hält er da einen Regenschirm. Bei Tullpress habe ich ein Foto aus der Anfangszeit von Tull gefunden (1968), da umklammert Ian Anderson seine Flöte, aber auch schon damals hatte er den krummen kleinen Finger. Später mehr:

Ians kleiner Finger 1968

Ich will hier keine Widersprüche bei Dir aufdecken. Aber irgendwie fühle ich mich wie bereits erwähnt Ian Anderson altersmäßig verbunden. Nun Du schreibst, er wäre für Dich ein Rockstar und als glaubwürdiger Rocker geht man nur als jung, arm und schmutzig durch. Geht das nicht in Richtung Typ a la Too Old to Rock ’n’ Roll? Ich glaube zwar nicht, dass Anderson unbedingt ein Rockstar sein wollte. Er hatte Lust auf Musik und wollte immer als Musiker auch ernst genommen werden. So hat er sich öfter geäußert. Zum Rockstar wurde er durch andere, z.B. durchs Management, auch durch seine Fans. Er hat das Spiel mitgespielt, hat Gefallen daran gefunden. Wenn Du jetzt meinst, dass eben jenes Too Old to Rock ’n’ Roll nicht typisch Anderson und Tull ist, dann denke ich eher: Anderson hat schon früh erkannt, wohin der Weg eines alten Rockers führt. Ab mit 180 Sachen in den Tod – oder in die Lächerlichkeit. Und da er nicht sterben wollte, blieb ihn kein anderer Ausweg. Er weiß also längst, dass er lächerlich wirkt. Und macht sich daraus einen Spaß. Und wenn er lesen würde, wie Du über ihn denkst, dann könntest Du ihn lächeln sehen (und würde beim nächsten Auftritt auch noch mit Augenklappe erscheinen).

Überhaupt zu den alten Rockopis. Ich habe dieser Tage die neueste Scheibe von Bob Dylan angehört. Der ist inzwischen 65. Und wenn dessen Stimme schon auf Scheibe so kaputt klingt, dann möchte ich nicht hören, wie die sich live anhört. Dagegen ist Andersons Stimme die eines Chorknaben.

Aber genug: Solange Anderson sich nicht an kleinen Kindern vergeht, sondern nur auf geigende junge Damen zu stehen scheint, ist es mir egal. Wünschen würde ich mir schon ein neues schönes Album von ihm, klar, mit viel Folk und so. Aber wir müssen es eben akzeptieren, dass der gute Mann älter geworden ist und das nicht mehr so viel von ihm kommen wird. Gern lassen wir uns eines Besseren belehren.

Ich habe deine Mail mit dem Lied von Loreena McKennit erhalten. Vielen Dank dafür. Von deren Website hatte ich mir schon einiges angehört. Es klingt alles sehr schön. Besonders die Harfe ist wirklich ein Instrument, das zu Musik mit keltischen Wurzeln passt. Zu den Gesängen im Hintergrund komme ich wohl später einmal zurück (sonst werde ich mit dieser Mail nie fertig, denn es ist eine längere Geschichte). Die Stücke von Loreena McKennit sind allerdings eine Musik, die nicht zu ‚allen Anlässen’ passt. Ich bin sehr ‚wetterfühlig’, um es einmal so auszudrücken. Gerade der jetzt beginnende Herbst hat z.B. so seine melancholische Seite. Da passt die Musik sicherlich sehr gut. Aber manchmal darf und muss es auch dröhnend und schmetternd sein. Da wir hier über Jethro Tull und Co. schreiben, denke ich z.B. an Blodwyn Pig, einen Ableger von Tull (übrigens noch ein weiteres Thema). Davon schon etwas gehört? Ich meine Musik!

Cover-Versionen: Ich habe Dir eine Version von „Life is a Long Song“ beigelegt. Einige der Cover-Versionen wurden mit alten Tull-Mitgliedern aus der Anfangszeit eingespielt (Mick Abrahams, Clive Bunker und Glenn Cornick). Man könnte denken, dass die Herren den alten Zeiten nachtrauern. Besonders Mick Abrahams hatte da wohl auch schon seine Probleme mit Ian Anderson, weil der gute Mick auf den Plakaten zu einer Tournee den Namen Jethro Tull (wahrscheinlich mit einem Ex- vorneweg) größer geschrieben hatte als den eigenen. Das Stück, das ich Dir mitsende, ist von Dave Pegg, dem Ex-Bassisten von Tull und Hauptagitator von Fairport Convention, und seinem Sohn Matt eingespielt worden. Daves Stimme … na ja, irgendwie kommt mir das Thema bekannt vor (von alten Herren, die den Bühnenausgang nicht finden).


Matt & Dave Pegg: Life ia a Long Song

Auch zu Konfession und Religion später mehr.

Dir und Deinen Lieben ein schönes Wochenende (und genieße einmal wieder die frische Luft).

Bis später
Wilfried

P.S. Als Anhang neben dem Doppel-Pegg auch noch eine Studioversion von „Jack-a-Lynn“, die mit dem Doppelalbum „20 Years of …“ erschienen war. Kennst Du die Scheiben? Da gibt es auch noch einige andere Stücke, die Dich interessieren müssten.

22.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 16: Ians kleiner Finger

Hallo Wilfried,

ein kleines Erfolgserlebnis in Sachen EDV habe ich dringend gebraucht.

Das Wetter bei uns ist wirklich nicht toll; es sah den ganzen Tag so aus, als würde jeden Moment Regen einsetzen.

Als Anlage erhältst Du „Il regno millenario“. Wenn ich die Internet-Übersetzungen richtig interpretiert habe, bedeutet das soviel wie ‚Tausendjähriges Reich‘. Ob damit Nazi-Deutschland gemeint ist, kann ich nicht sagen. Jedenfalls ist die Melodie wunderschön und lädt zum Träumen ein.

Kennst Du das musikalische Schaffen von Loreena McKennitt ? Der gute Francis hat sie mal erwähnt. Sie hat auch einige Lieder auf Lager, die tief, tief unter die Haut gehen. Von ihr würde ich im Bedarfsfalle das ein oder andere Lied auf die Datenautobahn in Richtung Tostedt bringen.

Auf Wiederlesen
Lockwood

17.09.2006

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Hallo Lockwood,

Deine Anmerkungen zum Krau bzw. Krauvogel haben mich darauf gebracht, im Internet nach diesen Begriffen zu suchen. Dabei bin ich auf ein Rheinisches Wörterbuch gestoßen. Ist vielleicht auch für Dich nicht uninteressant. Ich habe ein Faible für Sprache und allem, was dazu gehört.

Was hat das mit Jethro Tull und Ian Anderson zu tun? Ich denke, sehr viel. Denn wie Du bereits anmerkest, ist es nicht leicht, mit unserem Schulenglisch die Texte aus Andersons Feder zu übersetzen. Was „Thick as a Brick“ bedeutet, wissen wir inzwischen: Dumm wie Bohnenstroh. Aber so gibt es sicherlich noch viele Begriffe, die sich nur im Zusammenhang mit der Herkunft von Anderson erklären lassen bzw. mit den unterschiedlichen Wohnorten. Mich würde interessieren, ob Du schon den einen oder anderen Text übersetzt hast. Nicht das wir hier alle Texte in möglichst korrektes Deutsch übertragen wollen. Aber ich sehe hier durchaus die Plattform, den einen oder anderen Liedertext zur Diskussion zu stellen. Im Internet gibt es sicherlich einige Übersetzungen. Notfalls könnten wir die als Ausgangspunkt nehmen.

Und es gibt wohl auch ein Buch (Jethro Tull 25th Songbook von Karl Schramm), das neben den Originaltexten, Bildern usw. auch die deutschen Übersetzungen haben soll. Eine erweiterte Neuauflage ist aber lt. Amazon erst für September 2007 vorgesehen.

Aufruf: Alle Tull-Fans, die sich irgendwann einmal daran gemacht haben, einen Text von Ian Anderson zu übersetzen: Her mit Eurer deutschen Übersetzung! Keine falsche Scheu! Wir sind hier unter uns (mehr oder weniger).

Mit dem EDV-technischen Wunderkind ist es etwas zu viel der Ehre. Ich kämpfe mich halt so durch und habe natürlich auch durch meinen Job einige Erfahrung sammeln können. Da ich schon immer viel mit Videos gearbeitet habe, so möchte ich das auch im digitalen Bereich umsetzen können. Und die heutige Technik bietet schon einiges. Aber das ist nicht von heute auf morgen gekommen. Und wenn man mit Videos am Rechner arbeitet, so beschäftigt man sich notgedrungen auch mit dem Audiokram. Soviel hierzu.

Zu meiner Herkunft und meiner Konfession. Meine Mutter ist zwar in Köln geboren und aufgewachsen. Aus ihrer Familie leben noch zwei Brüder mit deren Nachkommen, alle in Köln. Aber die Vorfahren stammen aus Berlin. Und so ist meine Mutter wie mein Vater evangelisch – somit auch ich. Obwohl ich mit Kirche nicht sehr viel am Hut habe, so bin ich mit meinen Lieben nach wie vor Mitglied der evangelischen Kirche. Viele meiner Bekannten und Verwandten sind schon lange ausgetreten, meistens um Kirchensteuer zu sparen. Unsere Kinder sind getauft und Jan ist inzwischen auch konfirmiert. Wir hatten es ihm überlassen, ob er sich konfirmieren lassen will oder nicht. Es hat sich am Ende dafür entschieden – und ist nun das aktivste Mitglied unserer Familie in der hiesigen Kirchengemeinde. Jeden Donnerstag hilft er beim Jugendtreff, dem Cafe Lucas. Und dienstags trifft sich die evangelische Jugend in einem unserer Altenheime, um den alten Leutchen zu zeigen, wie man im Internet kommuniziert (Senioren im Web). Er hat auch als Betreuer (Teamer) an Zeltlagern und Wochenendfreizeiten für Kinder teilgenommen. Wenn man sein Äußeres sieht, würde man ihm dieses Engagement kaum zutrauen.

Anderson und die indische Küche. Ich hatte vor vielen Jahren eine indische Kochphase. Das war, als ich nach Hamburg kam. Irgendwie bin ich über ein indisches Kochbuch gestolpert und habe mich in der Zubereitung von einigen Gerichten versucht. Ich gebe es zu, indisch ist recht exotisch und daher für unsere Gaumen gewöhnungsbedürftig. Aber einiges ist auch ganz lecker. Bei einen der vielen dann folgenden Umzüge muss das Kochbuch verloren gegangen sein (oder liegt in einen der Pappkartons mit alten Büchern im Keller). Auf jeden Fall habe ich schon lange nicht mehr indisch gekocht. Ansonsten geht es mir ähnlich wie Dir: gute Hausmannskost, Pasta in den verschiedensten Variationen. Und da Lukas gern Chinesisches mag, gehen wir zu gegebenen Anlässen zu unserem Chinesen, der eigentlich ein Vietnamese ist und nebenbei auch Thailändisches serviert.

Ich glaube schon, dass Ian Anderson viel Milch trinkt. Und wenn Du ihn für ein Pummelchen hältst, so denke ich doch, dass er neben dem Bühnensport auch ab und zu seine Runden dreht. In einem Zeitungsartikel zu der RTL-Chartshow stand, dass er zwar kurzzeitig an dem After-Show-Treffen teilnahm, sich dann aber verabschiedete, weil er noch am nächsten frühen Morgen joggen wollte. Shona wird schon darauf achten, dass ihr Göttergatte nicht zu fett wird. Allerdings hält man bei vorhandener Veranlagung mit zunehmendem Alter seine Gewichtsprobleme nur unzureichend unter Kontrolle. Jede kulinarische Sünde lässt sich als weiterer Rettungsring auf den Rippen nieder. – Meine Familie und ich trinken auch viel Milch. Zweimal die Woche werden wir von einem hiesigen Milchbauern mit Frischmilch versorgt. Ansonsten leben wir mehr oder weniger gesund, nicht völlig bio aber auch nicht alles aus dem Supermarkt. Der eigene Gartenanbau beschränkt sich im Wesentlichen auf Kräuter und einen Kirschbaum. Ein Apfelbaum wurde Opfer einer Sippe Wühlmäuse. Allerdings werden wir jahreszeitgemäß von Schwiegereltern und Freunden beliefert (Äpfel, Pflaumen, Kirschen, Gurken, Zucchini bis zum Überfluss, Tomaten usw.).

Was Alkohol betrifft, so sind zwar meine Frau und ich nicht völlig enthaltsam. Aber unser Verbrauch ist sicherlich weit unterdurchschnittlich. Meine Frau gönnt sich abends ab und zu ein Glas Wein, das dann nach und nach bis zur völligen Transparenz mit Wasser aufgefüllt wird. Und ich trinke schon ’mal gern ein Bier. Aber wirklich nur eins. Ist der Durst größer, so tun es Mineralwasser und Saft auch. Und statt Kaffee trinken wir zum Frühstück und zum ‚Kaffee’ Tee, morgens schwarz, nachmittags grün bis rot.

Also Anderson mit Kopftuch passt Dir nicht – und jetzt passt Dir auch Anderson ohne besagtes Kleidungsstück nicht. Dein Vergleich ist nun aber wirklich aus der untersten Kiste gezogen. Wem das Ekel Alfred ähnlich sehen soll, ist Dir hoffentlich klar. Dann hätte Anderson auch Ähnlichkeit mit ‚ihm’? Also guckt jetzt ganz genau hin. Adolf und Alfred tragen ihre Scheitel rechts (Ian in der Mittel). Die beiden ersten haben lediglich einen Operlippenbart. Ians Bart ist zwar nicht mehr so rauschend wie früher, aber bedeckt immer noch das Kinn. Und überhaupt!

Adolf - Alfred - Ian

Also mit Ians kleinem Finger (der rechten Hand, richtig?) hast Du wirklich recht, besonders wenn man diesen mit dem kleinen Finger der linken Hand vergleicht. Der ist nämlich auch beim Flötenspiel öfter gestreckt. Weitere Aufschlüsse zu dieser Frage bietet auch die Aufnahme von der RTL-Chartshow. Da sitzt Anderson, klammert sich zwar längere Zeit an seine Flöte, wechselt sie dann aber in die andere Hand und fuchtelt auch kurz mit der rechten Hand herum – und siehe da: der kleine Finger streckt sich einfach nicht, er bleibt krumm!

Ians kleiner Finger 1978

Ians kleiner Finger 2006

Ians kleiner Finger 2006

Nochmals vielen Dank für die zwei Lieder von Angelo Branduardi. Gerade auch das zweite Lied ist sehr schön. Unsere gemeinsame Schnittstelle ist doch größer als von Dir zunächst vermutet. Woher ich Branduardi kenne, kann ich Dir gar nicht sagen. Bio’s Bahnhof kenne ich natürlich auch und habe die Sendung oft genug gesehen. Aber ich muss vom guten Angelo schon früher gehört haben. Wahrscheinlich auch im Fernsehen. Kate Bush mag zwar auch bei Biolek aufgetreten sein, aber sie war eine Zeitlang mit mehreren Stücken in den Charts vertreten (z.B. Wuthering Heights), somit auch in Deutschland einem größeren Publikum bekannt.

Wegen der Deutschen Übersetzung Anderson’scher Texte bin ich nun doch fündig geworden. Locomotive Breath ist vielleicht nicht gerade repräsentativ, aber immerhin ein Anfang.

Locomotive Breath

Im pulsierenden Wahnsinn der dampfenden Lok
befindet sich der ewige Verlierer
kopfüber auf dem Weg in den Tod
Er fühlt, wie die Kolben knirschen,
ihm dampft der Schweiß von der Stirn
Der alte Charlie hat die Bremse geklaut
und der Zug rast weiter
keine Chance langsamer zu fahren

Er sieht wie seine Kinder,
eins nach dem anderen,
an den Bahnhöfen abspringen
Seine Frau liegt mit seinem besten Freund im Bett
Und sie haben ihren Spaß
Auf allen Vieren kriecht er den Korridor entlang
Den Griff hat der alte Charlie gestohlen
und der Zug fährt immer weiter
keine Chance abzubremsen

Er hört wie die Stille heult,
fängt Engel beim Fallen auf
und der ewige Gewinner hat ihn am Kragen
Er schlägt eine Gideon Bibel auf – Seite 1
aber Gott hat den Griff gestohlen
und der Zug rast unaufhörlich weiter
keine Chance abzubremsen

Link: SWR1 Abgehört

Klingt ziemlich holprig. Müsste man schon noch etwas daran feilen. Den Link zu „Too Old to Rock ‚n’ Roll“ finde ich leider nicht mehr. Ich müsste aber den deutschen Text irgendwo auf meinem Rechner gespeichert haben. Ich werde gucken. Die Originaltexte mit sehr interessanten Anmerkungen findest Du auf einer holländischen Site (allerdings in Englisch); wahrscheinlich kennst Du diese längst: www.cupofwonder.com.

Ansonsten geruhsame Tage und bis bald
Wilfried

P.S. Ich muss gestehen, Loreena McKennitt nicht zu kennen. Ihre offizielle Website gibt es sogar auf deutsch. Ich werde mal schauen und hören, was es da Schönes zu entdecken gibt.

P.P.S. Auflösung meines Bild-Rätsels: Der genießende Willi (habe endlich die Scheibe mit der Aufnahme gefunden – hier in etwas kalorienreduzierter, d.h. speichersparender Ausfertigung):

WilliZ 2002

Willi genießt
Eiscafe in Grainau/Bayern 2002 (auch wieder vier Jahre her)

P.P.P.S. Sicherlich auch ein interessante Thema: Cover-Versionen von Tull-Titeln. Ich bin gerade über eine Seite gestolpert, die hierzu einiges aussagt. Ich selbst habe einige Cover-Versionen vorliegen. Sind teilweise wirklich hörenswert.

… und zu allerletzt:

Zu den Schlupflidern der Herren Anderson und Branduardi möchte ich mich nicht äußern. Zu den Nasen ein weiteres Bildrätsel; ich habe mir erlaubt, auch unsere preisgekrönten Riecher einzubeziehen (und die Auflösung auch gleich dabei – einfach den Bildschirm auf den Kopf stellen oder einen Handstand vor diesem machen. Renk’ Dir nur nicht einen Halswirbel dabei aus):

Wie die Nasen des Mannes, ...

… und hier die Auflösung:

Auflösung Nasenrätsel

18.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 15: Ian & Alfred Tetzlaff

Hallo Wilfried,

Die Begriffe „Krau“ oder auch „Krauvogel“ sind im Rheinland geläufige niederdeutsche Begriffe; Deine Mutter wird sie kennen. Es sind mundartliche Synonyme für Pack, Underdogs, sozial Benachteiligte, Milieugeschädigte… Sie bezeichnen auf abfällige (aber manchmal zutreffende Weise) Angehörige der sozialen Unterschichten. Der typische Krauvogel ist ungebildet, seit Generationen arbeitslos und von der Wohlfahrt abhängig, Alkoholiker, Kettenraucher, ungepflegt, vorbestraft, inzestuös ambitioniert, ausfallend, gewaltbereit, egozentrisch. Das ganze in Verbindung mit einem enormen Selbstbewusstsein. Es müssen allerdings nicht alle diese Kriterien gegeben sein, um als Krau anerkannt zu werden. Sollte ein Faktor fehlen, kann das durch Verstärkung einer anderen dieser Eigenschaften durchaus kompensiert werden.

Dein Gen-Cocktail aus rheinischen und ostpreußischen Einflüssen ist in der Tat bemerkenswert. Ich denke, es braucht schon ein solch exklusive Mischung, um einen EDV-technischen Wunderknaben hervorzubringen. Mutter aus Köln, Vater aus Masuren; darf ich fragen, welcher Konfession Du angehörst ? Es ist reine Neugier; Köln klingt katholisch und Masuren und Preußen verbinde ich mit dem Protestantismus. In unserer Gegend bestimmt in gemischt-konfessionellen Ehen die Mutter das Bekenntnis der Kinder, da sie in der Regel stärker mit der Erziehung befasst ist als der Vater. Nach allem, was ich von Dir gelesen habe, machst Du allerdings keinen „katholischen“ Eindruck. Das kannst Du als Kompliment auffassen.

„Ein Prachtkerl dank Chappi !“ Das ist eine prima Überleitung zu Mr. Anderson’s Essgewohnheiten. Dass das ganze Curry seinem Hirn nicht schadet, hat er zumindest in der Vergangenheit bewiesen. Die indischen Küche mag ich nicht. Ich bevorzuge deutsche Hausmannskost, Pasta in allen Variationen und hin und wieder etwas Chinesisches oder Arabisches. Mein freiwilliger Verzicht auf Bier und Feuerwasser aller Art kann den Leser schnell auf die falsche Fährte führen; dieser Verzicht hat weder moralische, religiöse noch philosophische Gründe. Die schlichte Wahrheit ist, dass mir das Zeug weder schmeckt noch bekommt. Hin und wieder trinke ich ein alkoholfreies Bier zum Essen, aber nur selten.Auch beim Kaffeegenuss halte ich mich zurück; vielleicht 3 – 4 Tassen pro Woche. Kaffee schmeckt mir zwar, aber hin und wieder zeige ich Verantwortungsgefühl für meine Pumpe.

Aber zurück zu den Anderson’schen Ernährungsgewohnheiten: Irgendwo las ich, dass er statt Bier lieber Milch trinke. Da es mir genau so geht, war ich leichtfertig bereit, dieser Aussage Glauben zu schenken. In der Zwischenzeit habe ich aber Einiges von seiner zynischen Ader mitbekommen, so dass ich mich fragen muss, wie ernst diese Aussage zu nehmen ist. Dem Kerl kann man gar nichts mehr glauben.

Seit einiger Zeit überlege ich, an wen das Äußere des aktuellen Mr. Anderson mich erinnert, wenn er kein Kopftuch trägt. Gerade wird es mir klar ! Kennst Du den Schauspieler Heinz Schubert ? Den Menschen im Sendegebiet des WDR ist er vor allem durch die Rolle des Alfred Tezlaff (Ekel Alfred) bekannt. Mr. Anderson ist zwar etwas höher gewachsen als Herr Schubert, aber nicht wesentlich.

Zum Schluss zu seinem geheimnisvollen kleinen Finger: In der Videosammlung auf Deiner Tull-Seite ist u.a. ein Video, das Mr. Anderson 1978 im Madison Square Garden zeigt, das „Flute Solo“. Hier gibt es einige Großaufnahmen seiner Hände beim Flötenspiel. Es ist zu sehen, dass der kleine Finger stets gekrümmt, aber nicht unbeweglich ist. Halt ! Ich weiß, was Du jetzt denkst: „Ein gekrümmter Finger ist beim Flötenspiel nicht nur normal, sondern unerlässlich !“ Schau‘ Dir das Video an, dann wirst Du sehen, dass der Finger auf eine Art und Weise gekrümmt ist, die mit dem Flötenspiel nicht zu erklären ist. Auf mich als anatomisch interessierten Laien wirkt es, als sein eine Sehne beschädigt. Warum schreibt der Kerl auch keine Biografie ? Er ist doch sonst unternehmerisch sehr aktiv ! Aber vielleicht fühlt er sich für seine Memoiren noch zu jung…

Kurz zu Angelo Branduardi und Kate Bush. Sie haben eine Gemeinsamkeit: Beide wurden einem breiteren deutschen Publikum erst durch ihre Auftritte bei ‚Bio’s Bahnhof‘ bekannt. Ich kann mich an diese Auftritte ganz dunkel erinnern. Kate Bush kannte ich bereits aus dem Radio, aber Branduardi war mir neu. Aber den Namen habe ich mir gemerkt. Herr Biolek macht jetzt nur noch durch seine fürchterlichen Koch-Sendungen von sich reden, aber seinen Bahnhof und seine Talkshows haben mich begeistert. Dafür verziehe ich ihm sogar seine Melissengeist-Werbung.

Der Tisch des Wortes ist wieder reichlich gedeckt.
Bis bald
Lockwood

16.09.2006

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Hallo Lockwood,

Es tut mir Leid, wenn Du so viel Zeit investiert hast. Die Datei, die du mir geschickt hast, ist zwar eine MP3, aber nur im Nirvana ist es stiller. Ich habe versucht, den Grund hierfür bei mir zu rekonstruieren. Aber ich muss gestehen, selbst (fast) sprachlos zu sein. Wir können das jetzt alles vergessen oder aber: ausgeschlafen und nach drei guten Mahlzeiten solltest du dich mit gutem Mut wieder ans Werk machen. Könntest Du es vielleicht einmal mit dem Konvertieren in WMA (Windows Media Audio) probieren? Ich wäre auch mit WMAs zufrieden.

Ich hoffe, dass es klappt. Viel Glück dabei.
Soviel für heute.

Bis bald
Wilfried

17.09.2006

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Hallo Wilfried,

über geraubte, investierte oder sonstwie verwendetet Zeit sollten Du und ich uns keine Gedanken mehr machen. Fehlendes Durchhaltevermögen ist eine große Charakterschwäche von mir, aber in diesem Fall bin ich zäh. Die WMA-Datei scheint geklappt zu haben. Sie läuft nicht nur hörbar ab, sondern auch ohne Einbußen in der Tonqualität.

Probier‘ sie aus und gib mir Bescheid.

Einen gesegneten Sonntag wünscht
Lockwood

17.09.2006

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Hallo Lockwood,

was machst Du an einem Sonntagnachmittag am Rechner? Oder habt Ihr schon dicke Wolken und Regen? Bei uns scheint die Sonne und ich schäme mich dafür, jetzt doch wieder den PC angemacht zu haben: Aber es hat sich ja gelohnt, ihn einzuschalten. Vielen Dank für das Lied. Es ist bestens und hat auch schon meine Seele erfreut.

Technisch heißt das: An Lautstärkeregelung und dergl. kann es nicht liegen (hätte mich auch stark gewundert). ich weiß ja nicht, ob Du weiterhin daran interessiert bist, MP3-Dateien zu erstellen. Ich lasse Dir das MusicMatch-Programm vorerst im Web verfügbar. Aber jetzt will ich diese Mail schnell abschicken – und noch ein wenig hinaus in den Garten.

War da nicht noch ein 2. Lied von Angelo? Ich freue mich darauf (und werde mir auch einmal wieder die eigene Branduardi-Scheibe anhören – ist leider eine LP und lässt sich nicht so einfach in ein Laufwerk hineinschieben).

Dir und Deinen Lieben noch einen schönen Sonntag.
Wilfried

17.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 14: Was für ein Kerl

Hallo Wilfried,

dass mit dem Internet-Explorer war der entscheidende Hinweis ! Damit funktioniert alles ! Ich werde Deine Seiten zukünftig nur noch damit besuchen.

Auf die Konvertierung von CD auf MP3 bin ich gespannt. Das eröffnet ganz neue Perspektiven im Musik-Transfer.

Branduardi hat genau wie Mr. Anderson Schlupflider und eine ausgeprägte Nase. Aber das ist sicher Zufall. Ich denke nicht, dass das der Grund dafür sein wird, warum ich von beiden Herren Platten im Schrank habe.

Die Flodders sind das niederländische Pendant zu den Nachbarn, die seinerzeit den Neubau neben Euch bezogen haben. Die so herrlich bierselig im Garten grölen. Ich weiß nicht, ob man in Norddeutschland den mundartlichen Begriff ‚Krau‘ kennt. Jedenfalls sind die Flodders Archetypen dieser Daseinsform.

John Evan. Das mit Abstand auffälligste Gesicht unter den Tulls, um es vorsichtig auszudrücken. Aber da die ‚John Evans Band‘ eine Keimzelle von JT war, hat die Musikwelt ihm viel zu verdanken. Wenn ich es auf der DVD zum 25jährigen Bestehen richtig verstanden habe, ist er jetzt im Immobiliengeschäft. Seltsame Karriere. Jedenfalls kann man dort ohne Kopftuch arbeiten.

Du bist viel herumgekommen: Berlin, Hamburg, Bremen, Tostedt. Ich und meine Familie sind fest verwurzelt. Mit Ausnahme des Holland-Ahnen haben wir die Stätten unserer Kindheit nie weitläufig verlassen.

Wichtig: „Die Entdeckung des Himmels“ ist kein Buch für Kinder !!

Das Zeitproblem ist ein Problem. Melde Dich einfach, sobald Du wieder Land siehst. In der Zwischenzeit werde ich Deine Geschicke und Ansichten im Weblog verfolgen.

Adieu

Lockwood

13.09.2006

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Hallo Lockwood,

Zur Konvertierung von Audio-CDs nach MP3: Wie schon gesagt, es gibt viele Programme. Ich habe mir zunächst den Windows Media Player auf meinem Rechner angeguckt. Damit kann man nämlich auch Audio-CDs entsprechend konvertieren. Und er macht es bei mir auch in MP3 (ansonsten als WMA – Windows Media Audio). Leider dürfte das bei Dir nicht gehen, denn Dir fehlt mit Sicherheit ein MP3-Plug-In (schon wieder diese verdammten Plug-Ins). Ich habe das Plug-In wohl über andere Audio-Software installiert.

Die Dateien werden übrigens im Verzeichnis „Eigene Dateien“ – „Eigene Musik“ in einem weiteren Unterorder abgelegt.

Also mit dem Internet-Explorer klappt nun alles bestens?! Sehr schön. Gewissermaßen sind meine Webseiten für den Internet-Explorer ‚optimiert’, wie man so schön sagt. Es ist schon ein Problem für alle möglichen Webbrowser, Betriebssysteme usw. eine Website zu stricken, die alle zufrieden stellt.

Genug des technischen Gedöns (ist manchmal nervtötend, aber wie heißt es so schön: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!).

Zu unseren deutschen nachbarlichen Flodders (wie schon geschrieben) kein Kommentar. Den Begriff „Krau“ kenne ich nicht. Muss meine Mutter fragen, ob sie diesen Ausdruck kennt, denn die stammt aus Köln. Womit wir bei dem Thema des viel Herumkommens sind: Wie gesagt bin ich in Berlin geboren. Gezeugt wurde ich aber in Kiel (erster Kontakt mit den norddeutschen Fischköpfen). Und kaum konnte ich laufen, zogen meine Eltern aus beruflichen Gründen nach Pforzheim, der Pforte zum Schwarzwald. Als ich dann gerade einmal vier Jahre alt war, zogen meine Eltern wieder Richtung Norden nach Bremen. Als wir dort ankamen, verstand mich kein Schwein, da ich mir in Pforzheim das Schwäbeln angeeignet hatte und jeden 2. Satz mit „gell“ beendete. Dafür blieb ich dann in Bremen mein bisheriges halbe Leben.

Meine Mutter kommt also aus Köln. Mein Vater stammt dagegen aus der „kalten Heimat“, aus Ostpreußen, einem Ort in Masuren (gleich nebenan kam Siegfried Lenz zur Welt – wenn du wissen willst, wie die Ostpreußen sind, dann lese „So zärtlich war Suleyken“). Ich bin also ein Konglomerat aus den vielen Völkergruppen, die Deutschland hervorgebracht hat (nur der bajuwarische Einschlag blieb nur verschont).

Komme ich noch einmal kurz zu Ian Anderson zurück (bevor ich mich in die Küche aufmache und die Soßen für unser freitägliches Spaghetti-Essen vorbereite. Freitag ist bei uns Spaghetti-Tag! Da müsste uns schon der Himmel auf den Kopf fallen, wenn es was anderes gäbe):

Ich hatte heute Morgen spaßeshalber bei Google News nachgeguckt, ob es zum Stichwort „Ian Anderson“ Einträge gibt und siehe da:

Was für ein Kerl, mit seinen 59 Jahren

Freie Presse – 27. Aug. 2006
Der berühmteste Querflötist der Rockgeschichte: Ian Anderson eröffnete am Freitag mit der Vogtland Philharmonie die „Wernesgrüner Sommernächte“.S …

Leider ist der Artikel nicht mehr vorhanden. Aber allein die Überschrift finde ich toll: Was für ein Kerl … Gab es da nicht vor Jahren eine Werbung für Hundefutter (Was für ein Kerl dank Chappi!). Anderson spielte auf seiner Orchestertour mit Special Guest Lucia Micarelli am 25. August in Wernesgrün. Tatort: Brauerei

Was sicherlich auch ein eigenes Thema wäre: Andersons Essens- und Trinkgewohnheiten (z.B. „Indian restaurants that curry my brain“ – Baker Street Muse). Ob er sich auch ein „Wernesgrüner“ gegönnt hat? Apropos Bier. Du trinkst kein Bier. Trinkst Du überhaupt Alkoholhaltiges? Starker Kaffeetrinker? Oder?

Genug, genug …
Erwarte Deine Mail mit Angelos Liedern.

Tschüss bis bald
Wilfried

15.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 13: Ian steht, Ian sitzt

Hallo Wilfried,

ich habe heute nur wenig Zeit und werde mich kurz fassen müssen:

Die Bosch-Werbung ist gut ! Kannte ich noch nicht. Gucke nicht viel TV.

Zu den Nachbarn: Kennst Du aus dem TV die holländische Familie Flodders ? Jedenfalls hast Du sie, vielleicht unwissentlich, auf Deiner Website beschrieben.

In den nächsten Tagen werde ich versuchen, die Links in einem Ordner zu speichern. Ich habe im Moment viel um die Ohren; bei meinen Jungs sind die ersten Klassenarbeiten im neuen Schuljahr angesagt; Jan & Lukas sind jetzt auf der weiterführenden Schule, da möchte man einen guten Start hinlegen.

Gulliver von Branduardi ist richtig. Gut recherchiert ! Der ‚Wasserfloh‘ ist klasse ! Gulliver ist bei mir auf der CD ‚Ballerina‘, wahrscheinlich ein Sampler. CD habe ich. Was ich nicht habe, ist Ahnung, wie ich eine MP3 – Datei daraus mache. Bitte um Aufklärung. Ich würde Dir wirklich sehr gerne die kleine Freude mit dem Song machen. Auch das ‚Il regno millenario‘ ist zum Heulen schön.

Über das Stadium des Genussrauchers bin ich schon lange hinaus. Leider. Früher habe ich auch sehr viel gedreht. Natürlich den holländischen Tabak von Douwe Egberts ! Trommel oder so ähnlich.

Die vertikale Ausdehnung von Mr. Anderson habe ich ebenfalls auf 1,70 – 1,80 m geschätzt, also bestenfalls Mittelmaß. Aber was für ein Athlet ! Wo ich noch nicht durchblicke, ist die Frage, warum er einige Songs nur im Sitzen spielt: Jack in the Green; Fat Man. Bei Fat Man liegt es vielleicht an der Mandoline, die sich im Sitzen besser handhaben lässt.

Ich habe noch einige Videos von JT sehr kritisch angesehen: Mit dem kleinen Finger stimmt wirklich etwas nicht. Werde weiter die Augen offen halten. Die Wahl seiner Gitarren ist wohl ein weiteres Geheimnis des Mr. Anderson. Ich übertreibe damit sicherlich, aber es macht mich immer neugierig, wenn ein Mensch alte Gewohnheiten ändert.

Zu den Ritterspielen:
Ich trinke zwar kein Bier, aber ein Turnier wollte ich mit meinen Kindern auch irgendwann besuchen. Kommt Zeit, kommt Rat.

Ja, ja, Lätzchen und Kopftuch ! Mach‘ mich nur fertig. Falls Du geplant hast, mit dem Latz lächerlicher auszusehen als Mr. Anderson mit Tuch, so ist Dir das nicht gelungen. Das Foto sollte man ihm zukommen lassen. Ihm damit einen Spiegel vorhalten. Dass die gute Shona ihren Mann so zur Arbeit gehen lässt…

So, ich sehe aus wie ein Mensch. Aber nur, wenn ich stundenlang rumretuschiert habe.

Entschuldige meinen Telegramm-Stil. Ich hoffe, dass ich bald genug Muße haben werde, um angemessen zu schreiben.

Viele Grüße in die Heide !
Lockwood

12.09.2006

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Hallo Lockwood,

Also, wenn Du die MP3-Dateien auf meiner Seite anhören willst, dann versuche es mit dem Internet Explorer oder Du installierst Quicktime (die kostenlose Version ohne iTone). Das ist eigentlich unproblematisch. Nur so nebenbei: Das Kate Bush-Video habe ich von deren Website gemopst. Dort ist das eine MOV-Datei – also ein ‚reines’ Quicktime-Video-Format. Schon von daher würde ich Dir raten, Quicktime zu installieren.

Wir haben hier noch etwas mehr herumexperimentiert (man lernt bekanntlich niemals aus) und haben es auch erreicht, dass über Firefox explizit der Windows Media Player (WMP) die MP3 abspielt. Aber das wäre die eher unglücklichere der möglichen Lösungen, da z.B. Apple-Rechner meist keinen WMP installiert haben und Microsoft aufgrund eines Gerichtsurteils verpflichtet ist, zukünftig den WMP nicht mehr standardmäßig mit Windows auszuliefern.

Wie man CDs in MP3-Dateien umwandelt, dazu komme ich später zurück. Ist zunächst etwas kompliziert, aber wenn man das erst einmal begriffen hat, dann ist es das Einfachste von der Welt – auch für Dich (lach!). Dazu braucht man allerdings das eine oder andere Progrämmelchen. Ansonsten würde es mich natürlich freuen, das Branduardi-Stück zu bekommen.

Die Flodders kenne ich eigentlich nur vom Hörensagen. Aber welche ‚Familie’ auf meiner Website entspricht nun den Flodders?

Warum Anderson bei einigen Stücken sitzt? Gute Frage! Ich forsche gerade anhand der beiden Stücke (Jack in the Green und Fat man) wie sich der Meister bettet, ich meine, ob er sitzt, steht oder was auch immer. Dazu habe ich doch mehrere Videos vorliegen:

Fat man
1983 – Rock Classic Nacht im dt. TV 15.11.1983 sitzt (auf einer Art Barhocker – zivilisiert in in brauner Jacke, noch kein Kopftuch)
1999 – Live t Greek Theatre, Los Angeles, 7 Oct 1999 steht (Kopftuch schwarz-weiß kariert oder so; Stumpfhose – Martin spielt Flöte)
2003 – 37. Montreux Jazz Festival 04.07.2003 steht (Kopftuch, schwarz mit einzelnen weißen Tupfen – Martin spielt Flöte)
Jack in the Green
1982 – „Prince’s Trust Gala“ Dominion Theatre, London 21.7.1982 sitzt (beige Jacke, rote Melone – Martin und John Glascock sitzen anfangs auch)
1982 – „Prince’s Trust Gala“ Dominion Theatre, London 21.7.1982 sitzt (Outfit ala Robin Hood)
2001 – DVD Living with the Past steht (Piratenlook mit rotem Kopftuch)
2005 – Lugano Estival Jazz 09.07.2005 steht (Schwarz-weiß gemusterter Schlafanzug)

Also generell kann man nicht sagen, dass er nur bei bestimmten Stücken sitzt. Ich denke, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen. In der Rock Classic Night waren Anderson und Co. mit kleinem Gepäck angereist und auch nicht die alleinigen Stars des Abend. Das Stück wurde zudem fast „unplugged“ gespielt (nur der Bass war elektrisch verstärkt). Ähnlich bei der Prince’s Trust Gala. Am Schlagzeug sogar ein Gast: Phil Collins. Im Golders Green Hippodrome 1977 brauchte der Meister einfach einmal eine Ruhe. Und Martin Barre und John Glascock machten es ihm gleich.

Da fällt mit übrigens John Evan ein, der alte Anderson-Kumpel und erste Keyboard-Spieler der Gruppe. Der hatte auch recht seltsame Verhaltensweisen. Zunächst hatte er an beiden Bühnenrändern (also links und rechts außen) jeweils ein Keyboard stehen (Klavier u.a., ich glaube sogar, mich an einen Flügel zu erinnern). Um die Instrumente zu wechseln, rannte er mitten im Stück wie von der Tarantel gestochen über die Bühne und kam gerade rechtzeitig, um mit dem anderen Instrument weiterzuspielen. Etwas merkwürdig auch seine Grimassen. Andrew Giddings versucht ihn nachzumachen.

Wegen des kleinen Fingers des Meisters werde ich weiterhin Ausschau halten. Die Videos, die ich zu Hause habe, sind natürlich besser als die ins Web gestellten Realmedia-Sachen.

Nun: unser Gedankenaustausch hat sich schon ziemlich verselbständig. Macht ja auch Spaß. Aber ich muss auch gestehen, dass ich noch einiges auf dem Zettel habe, das ich nicht mehr auf die lange Bank schieben kann. So hat meine Frau am Ende des Jahres ihren 50. Geburtstag und will diesen etwas ‚größer’ feiern. Da ich bekanntlich ein Video-Freak bin, wollte ich aus all den in den Jahren zusammen gekommenen Aufnahme die sehenswertesten Szenen herausfischen und zusammenschneiden. Eine Art Drehbuch muss ich mir dazu auch noch einfallen lassen. Und nach alten Fotos forschen usw. Zur Bearbeitung habe ich einige unterschiedliche Programme auf dem Rechner. Und neulich habe ich ein Superprogramm dazu bekommen (Ulead MediaStudio Pro Vers. 8 ), mit dem ich mich allerdings noch etwas mehr vertraut machten muss. Wenn man so will ist das eines meiner Hobbies.

Und die Familie will ja auch noch etwas von mir haben. Letzten Sonntag hatte ich Computerverbot. Das Wetter war (und ist es auch heute wieder) sehr schön. Da ‚musste’ ich draußen sitzen und durfte gerade einmal ein Buch lesen. Dieses Wochenende kommen dann alte Nachbarn aus Hamburg zu uns zu Besuch. Wir wohnten bis vor 11 Jahren vis-a-vis mit denen im Norden Hamburgs. Die haben auch zwei Söhne, die allerdings jünger als unsere sind. Es ist schon eine Tradition, dass wir uns mindestens einmal im Jahr treffen. Die Jungen vertragen sich zudem bestens.

Jetzt ist es doch wieder mehr geworden als geplant. Lass Dir ruhig Zeit. Wir wollen es nicht übertreiben. Sonst hängt uns der Herr Anderson bald aus dem Hals (oder Ohren) heraus. Übrigens: Das Buch von Harry Mulisch habe ich heute bei Amazon bestellt.

Horido oder so – und bis bald
Wilfried

13.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 12: 7 Tage lang

Hallo Wilfried,

Vielen Dank für die Bots-Datei ! Der Song hat das Zeug zur neuen holländischen Nationalhymne.

Den zweiten Werbespot kenne ich; eine Werbung für den Sharan. „Kleines Familiensausflug mit Mutti und die Kleinen ?“ Ich bin zwar nicht Prof. Higgins, aber für meine Begriffe spricht der Flegel im Cabrio (übrigens auch ein VW) mit skandinavischem Akzent. Ich vermute: Vater aus Malmö, Mutter aus Göteborg, aufgewachsen in Uppsala.

Bis bald !
Lockwood

09.09.2006

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Hallo Lockwood,

Zur Sharan-Werbung: Du wirst am besten wissen, wie es mit holländischem Akzent klingt. Werden also wohl tatsächlich Schweden sein. Ich habe meinen Arbeitskollegen gefragt. Der meinte auch: Schweden! Tut mir Leid, wenn ich die Schnösel zu Holländer gemacht habe. Dafür werde ich Dir aber die Bosch-Werbung zusenden.

Was die tollen Nachbarn von uns betrifft: keinen weiteren Kommentar. Natürlich gibt es da kein Feedback, wahrscheinlich (selbst wenn der eine oder andere lesen kann), weil die Guten gar nicht verstehen, was ich da geschrieben habe.

Was die Vielzahl meiner Links betrifft, so kannst Du diese in Deinem Webbrowser als Favoriten (z.B. in einem eigenen Verzeichnis) abspeichern. Zuvor muss Du die Links aber mit dem Browser aufgerufen haben.

Von Angelo Branduardi gibt es auch eine Version des Sieben-Tage-Lieds? Ich kenne Branduardi und habe mir vor vielen Jahren auch schon einmal eine LP (damals gab es noch keine CDs) gekauft: ‚La pulce d’acqua’ von 1977. Mein Forschungsdrang ist groß: Das 7-Tage-Lied ist auf der Scheibe ‚ Gulliver, La Luna ed altri Disegni’ enthalten: Gulliver.

Du hast also die CD? Ich wäre irgendwie an dem Lied interessiert. Kannst Du es mir als MP3 umwandeln? Aber wie? Oder kennst Du Dich da etwas aus?

Ich habe da noch weiter geforscht wegen des Liedes. Die Fassung mit der schottischen Ballade ‚Willy’s Lady’ (genauer ist ‚Willie’s Lady’) habe ich auch gefunden. Der Text stammt aus einer Sammlung von englischen und schottischen Balladen, die der Amerikaner Francis James Child [1825-1896] zusammen getragen hat. Leider habe ich nur einen Ausschnitt des Liedes (von Ray Fisher gespielt und gesungen) gefunden, immerhin (man könnte sich natürlich die CD kaufen). Es gibt neben dieser Interpretation noch weitere Fassungen der schottischen Ballade und auch der Urfassung. Anfang der 70-er Jahre hat es der Harfenspieler Alan Stivell gewissermaßen ausgegraben. Auf eine Interpretation einer tschechischen Band bin ich dann auch gestoßen. Du hast Recht: Das Lied ist ein europäischer Klassiker!

So, so, Du rauchst also viel zu viel. Da dürftest Du auch schon gar nicht in ein Tull-Konzert. Der Meister erteilt strengstes Rauchverbot. Die ehemaligen Kampfraucher sind ja meist die schlimmsten Anti-Raucher. Bei Anderson und seiner Stimme kann ich das natürlich verstehen. Ich selbst rauche auch, wenn auch ‚kontrolliert’, also möglichst nicht so viel. Aber wenn es auf der Arbeit Stress gibt (und den gibt es eigentlich laufend), greift man schon zum Klimmstängel. Ich rauche außerdem seit meiner Jugend die guten Selbstgedrehten (logisch: Tabak made in Holland). Da geht es mir fast wie mit Kaffee. Wenn ich schon Kaffee trinke, dann sollte es möglichst ein Espresso sein, also stark. Aber in erster Linie bin ich dann doch Tee-Trinker.

Was die Größe von Ian Anderson, also Körpergröße anbelangt, kann ich Dir leider keine Auskunft geben. Ich schätze da Mittelmaß, also um die 1, 75 oder so.

Zu den Gitarren von Ian Anderson gibt es auf der Website von Jethro Tull einige Infos: Da ist u.a. die Rede von einer Martin 0-16NY – a small bodied so-called „parlour“ guitar -, aber das dürfte nicht die Small-Body-Gitarre sein, wie Du sie meinst. Ich denke, dass es sich dabei um eine Spezialanfertigung für Ian Anderson handeln dürfte. Auf einem Video (müsste auf der ‚Living with the Past’-DVD sein), stellt es die Gitarre kurz vor. Welchen Vorteil eine solche Gitarre bietet, kann ich Dir nicht sagen. Der Hals dürfte kaum kürzer sein als bei einer normalen Klampfe. Es sollte also schon der Klang sein. Je kleiner der Körper (Klangkörper) desto geringer ist zwar die Lautstärke. Da die Gitarre aber über Tonabnehmer sowieso elektrisch verstärkt wird, spielt die Lautstärke keine Rolle. So kommt der Ton wahrscheinlich weicher oder klarer ’rüber.

Auf einer 12-saitige Gitarre habe ich Anderson nie spielen gesehen, weder live noch auf den Videos. Ich denke, dass er nie eine gespielt hat.

Soviel zu Deinen Fragen in deiner letzten Mail.

Du hast einige alternative Musikgruppen angesprochen, z.B. Schelmish. Mit meinen Lieben waren wir in den letzten Jahren bei einigen Ritterturnieren. Und da spielten fast logischerweise auch Gruppen, die eine Mischung aus mittelalterlicher und rockiger Musik aufführten. Überhaupt Ritterturniere. Nicht gerade billig und auch nicht gerade um die Ecke, aber das wohl größte Turnier findet in Kaltenberg statt, wo wir bereits zweimal waren. Wenn man vielleicht Urlaub in Bayern macht, dann sollte man als Vater von einigen Kindern Legoland eher links liegen lassen und dafür einen Abstecher nach Kaltenberg machen (vom schmackhaften Bier ganz zu schweigen).

Zuletzt noch ein nettes Bildchen von mir. Es wurde beim Flusskrebsessen aufgenommen. Da das Zeug beim Öffnen der Scheren und Panzer immer etwas spritzt, trägt man vorsichtshalber ein Lätzchen. Mangels Kopftuch habe ich mir das Lätzchen um den Kopf gebunden (will Dich da einer ärgern?).

Willi mit Lätzchen

Übrigens auch Dank für Dein neues Bild. Du siehst ja doch wie ein Mensch aus (lach!):

Lockwood im Garten

Man liest sich.
Bis bald
Wilfried

11.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 11: Von eingeschlafenen Händen u.v.a.

Hallo Wilfried,

ist es wirklich wahr, dass man im Rest der Republik keine Holländerwitze kennt ? Nun, der Niederländer aus den Witzen ist saudumm, blockiert mit seinem Wohnwagengespann bundesdeutsche Autobahnen und wird vom Rest der Welt gehasst. Also ist der Holländerwitz dem Ostfriesenwitz in der Aussage sehr ähnlich. Kein Wunder: Aus ethnischer Sicht sind unsere westlichen Nachbarn Nachfahren der germanischen Stämme der Friesen und Batavern, daher also die Verbindung zu den Ostfriesen.

Das mit meiner niederländischen Staatsbürgerschaft darfst Du nicht überbewerten; die räumliche Nähe meines Wohnorts zur Grenze ist purer Zufall. Ich muss das erklären:
Die Heimat meiner Familie ist Deutschland, sie stammen aus der Gegend um A. Irgendwann kam ein Vorfahre von mir auf die Idee, ins benachbarte Holland zu ziehen. Er lebte dort einige Jahre und nahm auch die niederländische Staatsbürgerschaft an. Irgendwann zog es ihn wieder nach A. zurück, seine Nationalität hat er allerdings beibehalten. Nach niederländischem Recht „vererbt“ sich die niederländische Staatsbürgerschaft dominant:
„Das Kind eines Niederländers ist automatisch Niederländer. Egal, wo es geboren wurde oder welche Nationalität die Mutter hat!“ Das war der Originalton einer Konsulat-Mitarbeiterin, bei der wir unseren Sohn nach seiner Geburt angemeldet haben. Ganz schön selbstbewusst für so ein kleines Land. Aber weiter im Text: Mein Bruder und ich, unser Vater, unser Großvater, unser Urgroßvater wurden alle im Raum A. geboren. Der reisefreudige Ahne muss also länger zurück liegen.1939 nahm ein Verwandter von mir die deutsche Nationalität an, um als tapferes Mitglied der Deutschen Wehrmacht in den Krieg ziehen zu können. Aus diesem Krieg kehrte er nicht wieder. Seit dieser Zeit lassen die männlichen Familienmitglieder die Finger von der deutschen Staatsbürgerschaft.

Das hat Vorteile und Nachteile. Nachteil: Kein Wahlrecht bei Bundestagswahlen. Damit kann ich leben; ein so überzeugter Verfechter der Demokratie bin ich nicht. Vorteil: keine Bundeswehr; kein Einsatz als Wahlhelfer bei Kommunalwahlen (das droht uns Mitarbeitern eines kommunalen Energieversorgers regelmäßig). Es kann sogar zu belustigenden Szenen kommen: Als meine Frau und ich damals das Aufgebot bestellten, meinte der hilfsbereite Standesbeamte nach einem Blick auf meinen Personalausweis, ob er für die Trauungszeremonie einen Dolmetscher bereitstellen solle. Ich lehnte dankend ab und meinte, es ginge auch so.

Als meine Frau und ich uns damals nach einem Standort für unser Häuschen umschauten, wären wir gerne in A. geblieben. Aber hier passen einfach die Grundstückspreise nicht zu meinem Sparstrumpf. In B. unterliegen die Gründstückspreise einem gewissen Prärie-Abschlag. Nur deshalb wohnen wir jetzt nahe der Grenze. Mit meiner Nationalität hat das nichts zu tun.

Hast Du von Deinen tollen Nachbarn, die Du in Deinen Seiten so nett beschreibst, jemals ein Feedback bekommen ? Erkennen sie sich wieder ? Können sie überhaupt lesen ?

Dein Link auf die russische Seite ist wieder einmal der Hammer ! Wie findet man so etwas ?? Durch Dich bekommt der Begriff ‚Webmaster‘ eine ganz neue Dimension ! Gibt es eine Möglichkeit, die Vielzahl Deiner Links in einem Ordner zu speichern ? Sie sind viel zu schade, um sie in den Tiefen des Postfaches vergammeln zu lassen. Einige der auf der russischen Seite aufgeführten Titel gehörten zum Repertoire der B.-er Folk-Gruppe. Zwei aus dieser Gruppe beteten die Chieftains an, mit meinem laschen Interesse für JT gar nicht zu vergleichen. Ich muss zugeben: Handwerklich sind diese alten Burschen wirklich topp !

Eine weitere Version des Sieben-Tage-Lieds entdeckte ich zufällig auf einem Album von Angelo Branduardi. Diesmal in italienisch. Ein wirklich europäischer Klassiker. Wenn man im Netz lange genug gräbt, findet man vielleicht sogar eine kirgisische Fassung. Ich selber habe außer der Italienischen keine Version dieses Liedes. Die Möglichkeit des Downloads würde mich also schon reizen…

Zur Nostalgiewelle:
Ich bin zwar „erst“ 43, aber Sehnsucht nach Vergangenem kenne ich auch. Vielleicht habe ich das im Zusammenhang mit JT bereits erwähnt. Außerdem kannst Du auf meinem Bild erkennen, dass ich den Blick stur in die Vergangenheit richte.

Deine Argumente für die eingeschlafenen Hände haben mich überzeugt. Da ich nie ein Instrument gehalten habe, war mir dieser Aspekt fremd. Dass der Meister fast vorzeitig von uns gegangen wäre, habe ich auch ‚mal gelesen. Mir ist aufgefallen, dass er sich in jüngeren Interviews abfällig über Raucher äußert, obwohl ältere Fotos ihn selten ohne Zigarette zeigen. Ich vermute deshalb, dass er nach seiner Erkrankung mit dem Rauchen aufgehört hat. Oder bereits nach seinen Halsproblemen. Ich selber rauche viel zu viel, singe aber so kräftig wie ein Nebelhorn. Unser Pfarrer und die Chorleiterin umwerben mich schon einige Zeit für den Kirchenchor. Tja, wenn ich Zeit hätte…

Ich möchte noch einen Moment bei Mr. Anderson bleiben. Auf alten Videos wirkt er stets sehnig und athletisch. Auf den Aufnahmen aus Istanbul 1991 wirkt er sogar hochgewachsen. Auf aktuellen Videos macht er allerdings einen eher gedrungenen Eindruck. Klein und mollig wäre zu stark ausgedrückt, aber in diese Richtung geht’s. Weißt Du, wie groß Mr. Anderson ist ?

Ich möchte gerne das Schriftstück sehen, in denen ein Fan (nur einer!) Mr. Anderson auffordert, ein Piratentuch zu tragen ! Seine Aussagen in Interviews sind wirklich mit Vorsicht zu genießen.

Bist Du darüber informiert, warum Mr. Anderson eines Tages seine normal großen Gitarren gegen die Small-Body – Instrumente eintauschte ? Siehst Du als Musiker einen tieferen Sinn darin ? Zugegeben, die Dinger klingen nicht schlechter als ihre großen Verwandten, aber es sieht ein wenig seltsam aus.

Und wo wir schon einmal bei der Allwissenheit sind: Ist Dir bekannt, ob Mr. Anderson jemals eine 12saitige Gitarre verwendete ?

Ein letztes Mal zu Deinem Selbstmord-Beitrag:
Meine Hoffnung, dass dieser Beitrag nicht typisch sein möge für den Wilfried, den ich glaubte, ein wenig kennen gelernt zu haben, hat sich erfüllt. Dieser Beitrag ist nicht typisch. Ich werte ihn mittlerweile als Ausrutscher; als Ausdruck eines vorübergehenden Zorns. Noch heute Morgen dachte ich, dass ich in der Lage wäre, eine ähnliche oder noch schlimmere Hass-Tirade zu verfassen, wenn mir etwas gehörig gegen den Strich geht. Es ist tatsächlich so: Wenn ich den Eindruck habe, angegriffen zu werden, mutiere ich zur Bestie. Dann bröckelt die dünne Schale der Zivilisation ganz schnell weg und es gibt kein Halten mehr.

Das muss sich nicht immer in physischer Gewalt äußern. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Worte, gesprochen oder geschrieben, mehr schmerzen können als Fäuste. Und wenn ich in einer entsprechenden Stimmung bin, bewirkt der angestiegene Adrenalinspiegel in mir eine ungeahnte Kreativität in Boshaftigkeiten. Was will ich mit diesen Zeilen sagen ? Ich verstehe Deinen Zorn auf Leute, die Dich völlig unnötigerweise davon abhalten, zu Deiner Familie zu kommen. Ich verstehe, dass Du Dir für diesen Zorn ein Ventil gesucht hast. Deine Waffe gegen diese Menschen ist nicht das Schwert, sondern die Feder. Deine Frage, ob ich nicht ebenfalls manchen Zeitgenossen die Pest an den Hals wünsche, kann ich nur mit JA beantworten.

Ich habe es dieser Tage schon angedeutet: Ich tue mich schwer damit, meine philanthropische Weltsicht immer und überall aufrecht zu erhalten. Es gibt Momente, da will dies einfach nicht gelingen. Es gibt Menschen, deren Nasenbein eine magische Anziehungskraft auf meine Faust ausübt. Glücklicherweise habe ich mich bisher (fast) immer aus dem Staub machen können, bevor diese Anziehungskraft meine Selbstbeherrschung überragte. Die meiste Zeit meines Lebens habe ich mich bemüht, die Mitmenschen als „Brüder und Schwestern in Christo“ zu sehen. Falls mir das gelungen sein sollte, muss ich feststellen, dass sich unter meinen Geschwistern wirklich allerhand Pack befindet !

Mir fehlt Einiges zum Heiligen. Ich schaffe es einfach nicht, jeden Menschen so zu lieben wie mich selbst. Die wenigen Menschen, die das schaffen, würden in einen Bus passen und sind weltberühmt geworden: Franz von Assisi, Mutter Theresa, Frere Roger,… In dieser Reihe wird man meinen Namen niemals finden.

Es ist nicht so, dass ich Dir Deinen Beitrag „verziehen“ hätte, denn ich habe Dir nichts zu verzeihen. Es ist Deine Website, Du lebst in einem freien Land, das Internet ist ein freies Medium, Du hast ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Darüber hinaus bin ich einer der Letzten, die andere Menschen wegen ihrer Fehler maßregeln sollten; dazu mache ich selber zu viele Fehler. Ich habe mit keinem Wort von Dir verlangt, dass Du Deinen Beitrag zurückziehen sollst. Ebenso wenig werde ich meine Kritik an Deinem Beitrag zurücknehmen. Du hast Dich mit diesem Beitrag an die Öffentlichkeit gewandt und musst nun mit der Meinung dieser Öffentlichkeit zurecht kommen.

Aber, wie ich Dich einschätze, schaffst Du das. Was mich betrifft, können wir dieses Thema nun beenden.

Abrupter Themenwechsel:
Hast Du schon einmal daran gedacht, auf Deiner Site „The Whistler“ einen link oder einen Hinweis auf Deine neu entstandene Rubrik zu installieren ? Damit würde der geneigte Leser zielsicher zu unseren sehr lesenswerten Ausführungen geführt.

Die Tatsache, dass ich viel Zeit auf Deinen Seiten verbringe, muss Dir überhaupt nicht peinlich sein ! Das ist meine eigene Entscheidung, die Du nicht vertreten musst. Ich mache das nicht, um Dir einen Gefallen zu tun, sondern um interessante aktuelle Beiträge zu fast allen Aspekten der menschlichen Existenz lesen zu können. Und Deine Beiträge sind überwiegend (hüstel) sehr lesenswert. Dass wir uns gegenseitig viel Zeit rauben, ist nicht wegzudiskutieren. Das ist einfach so. Aber es gibt auch angenehme Arten, beraubt zu werden, nicht nur der Jungfernschaft. Mir macht unser Gedankenaustausch einfach Spaß. Wäre es anders, hätte es niemals eine zweite mail von mir gegeben.

Dies ist möglicherweise mein längstes Schreiben an Dich. In den letzten Wochen sind mir durch unseren Schriftwechsel schon drei Tastaturen durchgeschmort. Ich werde mich im Fachhandel erkundigen, ob es die Dinger auch mit Wasserkühlung gibt. Vom vielen Lesen habe ich schon Hornhaut auf den Augen (kein Witz!), aber ich freue mich jedes Mal auf Deine Antwort.

Nun aber genug.
Viel Spaß beim Flusskrebs-Essen und ein schönes Wochenende !

Bis bald
Lockwood

09.09.2006

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Hallo Lockwood,

auch nur wieder auf die Schnelle, bevor ich mich mit meinen Lieben startklar mache, um zum großen Flusskrebsessen zu starten.

Im Anhang das Bots-Lied.

Übrigens zu den Holländer-Witzen: Klar, das Stichwort Wohnwagenanhänger! Da habe ich einen Werbespot von Bosch. Ist aber eine WMV-Datei (ein Video für den Windows Media Player). Ist ganz witzig. Und einen weiteren Werbespot für eine Automarke gibt es ja auch im Fernsehen; den mit der Familienkutsche und den zwei jungen Typen im Cabrio, die mit eindeutig holländischen Dialekt herumwitzeln.

Gleich geht es los.
Bis später dann
Wilfried

09.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 10: Küsschen von Ian

Hallo Wilfried,

ich weiß nicht, wie ich es Dir beibringen soll, aber „Die Leiden des jungen Werther“ fand ich ebenfalls langweilig.

Auf dem Bild mit Deinem Konterfei schaust Du nicht beschämt, sondern konzentriert. Ich vermute, Du befindest Dich in einem Ladenlokal. Vielleicht ein Schallplatten- oder Buchladen. Aber andererseits: Wann wird man beim Einkaufen fotografiert ? Wie das Produkt einer Überwachungskamera wirkt das Foto nicht. Das Bild wurde mit einer kleinen Brennweite und ohne Blitzlicht aufgenommen, also muss der Fotograf kurz vor Dir gestanden haben und der Raum ausreichend beleuchtet gewesen sein. Jedenfalls hast Du bemerkt, dass Du fotografiert wirst. Ist das Bild am Ende gestellt ? Birgt Deine Frage vielleicht die Antwort schon in sich ? Betrachtest Du gerade etwas aus dem JT-Umfeld ? Viele Fragen, keine Antwort. Ich hoffe, Du wirst hier bald Abhilfe schaffen.

Den Begriff ‚Pibroch‘ kannte ich bis zu „Songs from the wood“ auch nicht. Aber ich habe die Angewohnheit, unbekannte Worte sofort nachzuschlagen. Hin und wieder bleibt mir eine Erklärung sogar im Gedächtnis haften. Ich erinnere mich, dass ich den Begriff „Nomenklatura“ im Laufe von schätzungsweise 10 Jahren mindestens dreimal nachgeschlagen habe. Mittlerweile sitzt er, zumindest solange, bis die zuständigen grauen Zellen sich verabschieden.

Deine Links funktionieren prächtig. Einzig mit dem Broadford Bazaar gab es einen Griff ins Leere. Verrate mir bitte, wo genau auf Deinen Sites der Song zu finden ist. Ohne eine roten Faden verirre ich mich immer noch bei WilliZ.

Ich habe mir gerade das „Beggar’s Farm“ – Video angesehen und die Fingerübungen bemerkt. Es könnte sich dabei aber auch um den Ausdruck von Nervosität handeln. Manchmal erwische ich mich selber auch bei unnötigen Fingerspielen. Dass eine Hand beim Flöten einschläft, glaube ich weniger. Hat sie doch bei dieser Tätigkeit ausreichend Bewegung. Mir sind schon häufiger Ähnlichkeiten in der Motorik des Mr. Anderson zu Joe Cocker aufgefallen. Hier wie dort ist in den Bewegungsabläufen nicht immer alles rund. Ich konstatiere: Der Meister steckt voller Geheimnisse. Vor allem dann, wenn man sich als Fan auf jedes noch so kleine Detail stürzt. Nicht umsonst stammt der Begriff ‚Fan‘ von ‚Fanatiker‘. Gerade habe ich Google die Suchbegriffe „Ian Anderson – eingewachsener Fußnagel“ eingegeben. Es liegt kein Eintrag vor.

Ich sehe Mr. Anderson auch als Landlord. Sein Bühnenoutfit aus der 77er Tour und das Cover von ‚Heavy Horses‘ unterstreichen diesen Eindruck noch. Ich denke, in seiner Folkphase sah er sich selber so. Und, egal, was er danach produzierte, wirkte er damals sehr glaubwürdig in dieser Rolle.

Mr. Barre sehe ich nicht als ein normales Bandmitglied an. Er wirkt auf mich eher wie ein Freund des Meisters, eine graue Eminenz, ein ruhender Pol, der Fels in der Anderson’schen Brandung. Auf einem Video ist zu sehen (ich weiß im Moment leider nicht, auf welchem – Anmerkung Williz: Im Tampa-Tullavision-Video Crazed Institution von 1976), wie der Meister seinem Gitarristen ein Küsschen auf die Wange haucht.

Küsschen von Ian

Im Grunde ist es mir gleich, wer bei den Tulls gerade Bass, Drums und Keyboards spielt. Mit einer Ausnahme: Dieser androgyne Typ aus der „A“ – Zeit passte in die Gruppe wie Sahne auf die Currywurst. Und überhaupt: Die weißen Overalls damals. Wie Waschmaschinenmonteure oder Leute von der Spurensicherung. Die Dickens-Lumpen aus den späten 60ern / frühen 70ern passten viel besser zum Image der Gruppe. Vielleicht habe ich es schon einmal erwähnt: In meinen Augen begann 1980 eine rasante Talfahrt von JT, die bis jetzt nicht gebremst werden konnte. “ The train wont stop going — No way to slow down. „

Die Gruppe Focus kenne ich nur aus Deiner Website. Allerdings ist mir Jan Akkermann ein Begriff, wenn auch nur ein oberflächlicher. ‚Sieben Tage lang‘ ist wohl das Lied, das ich am häufigsten pfeife. Die Melodie ist einem bretonischen Volkslied entnommen (I’m sure, you know).

Kurze Story hierzu: Diesen Sommer hatte ich das Liedchen wieder einmal auf den Lippen, als meine Frau mich fragte, was ich da wieder für einen Mist flöte. Ich antwortete ihr, dass sie davon nichts verstehe, das sei ein Arbeiterlied. An diesem Abend musste ich ungeküsst einschlafen.

Von unserem Häuschen ist es bis zur niederländischen Grenze nicht weit. Hier im Grenzgebiet gab und gibt es einen Sprit-Kaffee-Tabak – Tourismus. Bevor Du Dich zu Holländerwitzen hinreißen lässt: Ich bin niederländischer Staatsbürger. Nicht aus Überzeugung, sondern von Geburt. Ist ganz praktisch, wegen der Bundeswehr.

Abschließend zu Deinem Suicid-Aufsatz:
Nachdem ich mich nun ein wenig abgeregt habe, kann ich vielleicht sachlich darüber schreiben. Vor einigen Tagen hast Du mir geschrieben, dass Du Dich für Psychologie interessierst. Dies, Deine bevorzugte Literatur, Dein Angriff auf einen antisemitschen Mel Gibson, Dein in ciceronischer Eloquenz vorgetragenes Plädoyer für Herrn Grass und überhaupt Dein ganzer Internetauftritt vermittelten bis gestern den Eindruck, es mit einem linksliberalen (Betonung auf liberal) Philanthropen zu tun zu haben.

Und dann das ! Ich will jetzt nicht lange darauf herumreiten; die angedrohten 200 Seiten werden es nicht. Nur: Kannst Du Dir vorstellen, wie verzweifelt ein Mensch sein muss, um sich in eindeutiger Absicht den Bahngleisen zu nähern, selbst wenn diese Gleise den Herrn Albin zur Arbeit oder, noch schlimmer, nach Hause tragen sollen ? Haben diese Menschen nicht etwas anderes verdient als Spot und Häme ? Diese Menschen bedenken in den seltensten Fällen die Folgen ihres Tuns, in diesem Moment sind sie zu sehr mit ihrem eigenen Los beschäftigt. Und dann die Fotos zu dem Artikel. Du hast wieder schön deutlich gemacht, dass Du zu jedem Beitrag das passende Foto greifbar hast. Aber musste das in diesem Fall wirklich sein ? Das hätte ein Bild-Redakteur kaum besser machen können. Der Bruder eines Klassenkameraden warf sich vor einen Zug. Der Vater eines angeheirateten Onkels von mir erhängte sich. Hoffentlich schauen die Hinterbliebenden dieser Welt nicht in Deine Seiten. Im Grunde steht mir Kritik an Deiner ureigensten Website überhaupt nicht an. Du kannst veröffentlichen, was Du willst, ohne Dich vor irgendjemanden rechtfertigen zu müssen.

Sieh‘ es mal so: Mit meinem Kommentar und diesen Zeilen möchte ich lediglich meine Verwunderung über die bis dahin unbekannte Seite des Wilfried A. ausdrücken.

Über die oft aussichtslosen Bemühungen, eine menschenfreundliche Weltanschauung zu bewahren, würde ich an anderer Stelle gerne mehr schreiben.

Für heute ist es genug.

Viele Grüße und gute Besserung !

Lockwood

07.09.2006

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Hallo Lockwood,

Du bist also niederländischer Staatsbürger! Und es gibt da Witze über Holländer? Was zeichnet denn deren besondere Charakteristik aus, das so oft den Grund für solche Witze legt? Ähnlich wie bei den Ostfriesen, den weiteren Nachbarn, deren etwas einfältige Art? Kann ich mir eigentlich nicht denken.

Auf Focus und Bots (und dem besagten Lied, das Du also nicht nur kennst, sondern mit dem Du durch Pfeifen Deine Frau nervst) bin ich vor kurzem wieder gekommen. Bots habe ich irgendwann Ende der 70-er Jahre in einem kleinen Ort zwischen Bremen und Bremerhaven ‚in concert’ gesehen. Damals war es schon so etwas ähnliches wie eine Hymne. Auf Bots und den sieben langen Tage kam ich, als ich im Internet vor einiger Zeit (auf einer russischen Seite – mit einigen weiteren interessanten Links) auf jede Menge MP3s mit Folk-Musik u.a. stieß; u.a. gleich zweimal ein Lied namens Son ar Chistr (Ev‘ chistr ‚ta Laou), was wohl Cidre-Lied (Apfelweinlied) heißt, gespielt von den Gruppen namens Mervent aus Russland (!!!) und Chieftains aus Irland – genau das Lied! Mithin ist der Ursprung wahrscheinlich nicht rein bretonisch, aber auf jeden Fall keltisch (irgendwo steht da: The melody of this Breton drinking song was borrowed by Ray Fisher for the Scottish traditional ballad “Willy’s Lady” – man meint hier doch nicht meine Frau?)

Inzwischen habe ich im Internet (wo sonst) das Liedchen von Bots als MP3, allerdings auf Holländisch gefunden: Zeven dagen lang! So schließt sich der Kreis (wenn Interesse an dem Lied als MP3 besteht, dann kann ich sie Dir zum Herunterladen bereitstellen – aber sicherlich hast Du das Lied sowohl auf Deutsch als auch auf Holländisch – ich werde wohl auch einen eigenen Beitrag zu diesem Lied schreiben).

Und Focus: Eigentlich suchte ich ‚House of the Kings’ von der Gruppe, weil dieses Lied früher immer wieder Jethro Tull zugerechnet wurde (ich kann mich nur dunkel daran erinnern, irgendwie war es mit Living in the Past artverwandt, wenn auch kein 5/4-Takt). Dafür fand ich aber anderes Material, mit dem ich frühere Jahre heraufbeschwor. Aber da warst Du ja noch ein junger Knabe mit lockigem Haar (Nichts für ungut). Ja, mit dem Alter kommt man so in eine Nostalgie-Phase. Da kommen plötzlich Erinnerungen hoch, die man für total begraben glaubte. Unser Plausch trägt da nicht unwesentlich bei.

Zu Ian Andersons Fingerspielen: Ich könnte mir nach wie vorstellen, dass seine Hand eingeschlafen ist, die ausreichende Bewegung ist kein Gegenargument. Immerhin muss er beide Hände beim Flötenspielen ziemlich hoch halten (überm Herzen), da sackt das Blut schnell ab. Ich habe ja früher auch Musik gemacht (E-Bass), und nach einen der (Gott sei Dank) wenigen Auftritte, die allerdings mit Pausen bis zu vier Stunden dauerten, hätte ich meine Finger einschl. Hände wegwerfen können, so taub waren diese. Ich habe allerdings das ganze Konzert vorliegen – und da macht er immer wieder diese Fingerübungen. Was noch sein könnte: es sind irgendwelche Nachwirkungen seiner Deep vein thrombosis (also einer Thrombose in den im Körper tiefliegenen Venen), die ihn hätte fast sterben lassen. Aber ich bin kein Arzt. Vielleicht gucke in andere Konzertausnahmen der letzten Jahre und ob er dort auch öfter die Fingerübungen macht.

Nach langer Zeit gibt es bei laufi.de wieder einmal ein Video (und die nächsten sollen folgen). Ich habe mir beide Version heruntergeladen (Du weißt: Mit rechter Maustaste auf den Link klicken, dann ‚Ziel speichern unter …’ oder ähnliches, je nach Webbrowser). Es stammt aus einer älteren TV-Dokumentation „All you need is love“ und äußert sich kritisch zum Glitterrock, den aufgrund ihrer Kostümierung auch Tull zugerechnet werden. Minstrel in the Gallery wird hier leider nur zerhacktstückt wiedergegeben (ich dachte, ich könnte daraus Teile in mein jetzt schon aus 3 Teilen bestehendes Minstrel-Video einfügen, aber das sind wirklich nur Schnipsel, leider). Interessant ist das Video auf jeden Fall, da sich Anderson zum Outfit äußert, was man gewissermaßen auch auf die Neuzeit anwenden könnte. Danach würde Anderson im Piratenlook auftreten, weil es die Fans so wollen (oder weil Anderson denkt, dass sie es so wollen).

Ach so mein Bildchen. Also ich gucke im eigentlichen Sinne nicht konzentriert. Und der Fotograf stand nicht vor mir, sondern saß, wenn auch dicht vor mir, was bedeutet, dass ich auch gesessen haben muss. Wenn schon konzentriert, dann ganz ‚hingegeben’ … – … nämlich einem mindestens 5000 Kalorien enthaltenden Eisbecher, den Löffel schon in der Hand, den ersten Happen ‚vor Augen’. In meinem Blick vereinen sich also Vorfreude, Hingabe, Sinnengenuss, entspannte Spannung (hoffentlich schmeckt das Eis auch so, wie es aussieht), Abkehr von Umwelteinflüssen und ich weiß nicht, was noch. Das Ursprungsbild ist eigentlich nicht so toll, aber durch geschickte Manipulationen am Rechner, ist das Dir vorliegende Ergebnis herausgekommen.

WilliZ geniesst

Abschließend zu meinem Selbstmördertag-Beitrag und Deinem Wunsch der ’guten Besserung’ (ich will jetzt kein Öl ins Feuer gießen, aber das mit der guten Besserung klingt nicht mehr nur ironisch).

Also um es auf den Punkt zu bringen: ich wollte mich alles andere als lustig machen über Selbstmörder, Selbstmordkandidaten und deren Angehörigen. Wer in einer solch tiefen inneren Krise steckt, dass er nur noch den Freitod wählen möchte, braucht dringende Hilfe. Wüsste ich, dass ein eigener enger Angehöriger in einer solchen Krise steckte, so würde ich versuchen zu helfen.

In dem Beitrag ging es auch eigentlich gar nicht um solche Menschen. Es ging um die wie es im Sprachgebrauch der Deutschen Bahn heißt: unbefugten Personen, die sich verbotener Weise auf Bahngelände bewegen und dadurch teilweise stundenlang den Bahnverkehr lahm legen. Meist sind das volltrunkene Leute, die gar nicht wissen, wo sie sich eigentlich aufhalten. Auch solche Menschen brauchen eigentlich Hilfe, besonders wenn sie sich schon am frühen Freitagnachmittag vollgeschüttet haben. Dass ich hier verwirrte Starkalkoholiker mit Selbstmördern gleichgesetzt habe, war der eigentliche Fehler. Aber irgendwie ist exzessiver Alkoholmissbrauch auch der reinste ‚Selbstmord’. Und statt dieses Suizids auf Raten (oder dem zufälligen Tod auf dem Gleis) habe ich andere Möglichkeiten, Du weißt schon, vorgeschlagen.

Auch so bleibt der Beitrag zynisch. An dem Tag muss mir aber wirklich die Galle übergelaufen sein. Wohl erst reichlich Stress auf der Arbeit, dann endlich Feierabend und das Wochenende vor Augen: Und dann hängt man, da kein Zug fährt, am Hauptbahnhof fest, weil … Wünscht du nicht auch hin und wieder bestimmten Leuten ‚die Pest’ auf den Leib?

Ich könnte jetzt sagen, okay, das war es und ich lösche den Beitrag. Aber da bin ich stur (norddeutsch). Der bleibt …?!

Jetzt reicht es aber. Am Wochenende treffen wir uns mit vielen Bekannten zum Flusskrebsessen, einer skandinavischen Tradition. Dabei sind auch Vertreter der nordischen Länder wie Finnland und Island. Selbst meine Söhne, die Feierlichkeiten dieser Art eher langweilig finden, freuen sich schon darauf.

Bis bald – hier noch der Link auf den Broadford Bazaar-Beitrag mit Musik (über die Steuerungsleiste kann man die Musik starten, einfach aufs Dreieck klicken, notfalls auch 2x, denn manche Webbrowser zicken da etwas). Übrigens gibt es im Weblog auch die Möglichkeit der Suche (unterhalb der Rubriken), die funktioniert ganz gut.

Also bis bald
Wilfried

P.S. Es ist mir ja schon fast etwas peinlich, wie fleißig Du meine Beiträge liest und Dich auch zu Kommentaren hergibst. Natürlich freut es mich. Solche Leser wünscht man sich. Es gibt sicherlich viele Leser, aber nur wenige wagen es, sich auch zu äußern. Wohl eine Volkskrankheit: Stillschweigen! Was mir peinlich ist: Ich raube Dir Zeit (aber Du „raubst“ ja auch mir Zeit, dann gleicht sich das aus – Tschüss!)

08.09.2006

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 9: Ians Geschäftstüchtigkeit

Hallo Wilfried,

Zu den Out-Takes:
Sicher ist es denkbar, dass auf älteren Alben durch den technischen Fortschritt neue Songs Platz finden. Dass das einen zusätzlichen Kaufanreiz bietet, wird dabei gerne in Kauf genommen. Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, eine Remastered-Version zu kaufen, nur um an die Studioaufnahme von Jack-a-Lynn zu kommen. Und ich denke, so wie ich denken Einige (zumindest in diesem Punkt). Wirf mal einen Blick auf die neue Version von ‚Warchild`. Hier sind die Bonus-Tracks fast besser als die originär vorhandenen Songs. Vor allem ‚Rainbow Blues‘ finde ich klasse ! Bei diesem Lied wird besonders deutlich, wozu die Stimme des Meisters in der Lage war ! Eine so gewaltige Singstimme ist mir in der Rockmusik nie wieder begegnet.

Mein Hinweis auf die Geschäftstüchtigkeit des Mr. Anderson scheint Dir nicht zu behagen. Ich sehe in einem Musiker auch lieber den Künstler als den Direktor. Jedoch: Lt. Wikipedia zählt Mr. Anderson zu den wohlhabendsten Rockmusikern Großbritanniens. Ich denke, diesen Status erreicht man nicht, wenn man sich ausschließlich auf die Musik konzentriert. Lass es mich etwas positiver formulieren: zu den Qualitäten, die wir bisher beim Meister festgestellt haben, kommt der Geschäftssinn als Sahnehäubchen noch obendrauf.

Zu Jack-a-Lynn:
Wenn man sich die Rockmusik der vergangen 50 Jahre anhört, wird man feststellen, das sich viele der Texte um Themen drehen wie Liebe, Verlust der Liebe, Herzschmerz, Eifersucht, unerfüllte Liebe und dergleichen mehr. Ganz wie beim Schlager. Ganz anders bei JT: Hier gibt es kaum Liebeslieder. Außer Jack-a-Lynn vielleicht noch Budapest, viel mehr will mir auf Anhieb nicht einfallen. Du hast einen besseren Überblick als ich; habe ich entscheidende Songs übersehen ? Auf der einen Seite kann die gute Shona sich also freuen, das Thema eines der wenigen Liebeslieder ihres Gatten zu sein, auf der anderen Seite könnte sie ihm vorhalten, genau diesen Song als Out-Take zu führen.

In dem Jack-a-Lynn – Video, dass Du mir geschickt hast, konnte ich dank der guten Bildqualität ein Detail entdecken: Der Meister hat tatsächlich Probleme mit der rechten Hand. Der kleine Finger lässt sich nicht strecken. Damit erübrigt sich meine Frage, die ich Dir schon immer stellen wollte, ob Mr. Anderson die Gitarre auch pizzikato spielen kann. Nee, Moment, braucht man zum Zupfen den kleinen Finger ? Die Bass-Saiten werden mit dem Daumen bedient und die anderen 3 Saiten mit Zeige- Mittel- und Ringfinger. Oder ? Möglicherweise ist die gehandicapte rechte Hand der Grund dafür, dass Mr. Anderson keine Hände schüttelt. Es wäre auch denkbar, dass der Meister noch weitere körperliche Defizite hat, von denen die Masse der Fans nichts weiß; einen eingewachsenen Fußnagel, z.B.. Ich sollte sachlich bleiben. Wenn die ganzen technischen Details zur Basis, den Kommentaren etc. geklärt sind, sollten wir unser Augenmerk wieder auf Tull und Anderson legen; sonst geht der neuen Rubrik vorzeitig die Luft aus.

Zu Wikipedia:
Diese Seite rufe ich noch häufiger auf als WilliZ. Mit der Vielzahl und vor allem der Aktualität der Beiträge kommt auch mein Online-Brockhaus nicht mehr mit. In der kritisierten Fehleranfälligkeit sehe ich keine große Gefahr. Ich denke, in vielen Printmedien findet sich eine dichtere Konzentration von Scheiße. Meine Ergänzung des Ian-Anderson – Artikels war übrigens mein erster Eintrag. Ich wollte einfach nur sehen, ob das wirklich so einfach funktioniert. Tut es tatsächlich. Mein Satz ist dort heute immer noch finden. Ich wundere mich nur, dass mir niemand von den Laufi-Leuten zuvorgekommen ist.

Mein Sohn dankt Dir für die Information über Dein Treffen mit dem Meister. Er sitzt also alleine im Abteil. Weit weg vom Fußvolk. Ich glaube, es war irgendwo auf Deinen Tull-Seiten, wo ich gelesen habe, dass Mr. Anderson bei den Konzertproben ein richtiger Drecksack sein kann und dort Dinge bietet, die mit Streben nach Perfektion nicht mehr zu erklären sind. Als „Arbeitgeber“ könnte er mir gestohlen bleiben. Vielen anderen übrigens auch, wenn man die Fluktuation bei den Tulls betrachtet.

Zu meinem Bild:

Lockwood

Ich habe mit Bedacht ein Foto ausgewählt, dass meinen Typ am besten wiedergibt: Ernst, fast melancholisch, grüblerisch, den Blick in die Vergangenheit gerichtet. Und was heißt „freundlicher gucken“ ? Das, was Du auf dem Foto siehst, ist seit 1980 mein natürlicher Gesichtsausdruck, quasi die Nullstellung. Seit dem Erscheinen des Albums ‚A‘ habe ich nicht mehr gelächelt. Das Foto hat mein ältester Sohn vergangenen Samstag aufgenommen. Im Garten, er hatte die Sonne im Rücken. Danach habe ich das Bild freigestellt und noch nicht einmal eingefügt, sondern einfach mit Füllfarbe voll laufen lassen. Das Folgende wirst Du mir wahrscheinlich nicht abkaufen: Bei der Wahl der Füllfarbe war mir nicht bewusst, dass Du die Gleiche verwendest !! Du weißt sicher, dass Corel PhotoPaint einige Millionen Möglichkeiten bieten, sich eine Farbe selber zu mischen. Das vorliegende Ergebnis ist purer Zufall und hat nichts mit Deiner Homepage zu tun. Anscheinend habe wir beide mehr gemeinsam als Bart, Brille, JT, Jan & Lukas. Keine Angst, ich will nicht auf eine Seelenverwandtschaft hinaus; dazu sind die Unterschiede in den technischen Ambitionen zu gravierend. Dein Lästern über meine Erscheinung, ob mit oder ohne Kopftuch, verbitte ich mir ! Das Foto zeigt das, was Sorge um Familie, Arbeit und krächzende Musiker von einem einst strahlenden Jüngling übrig gelassen haben.

Ian Scott Martin Lancelot – mein Gott, das arme Kind ! So weit würde ich nie gehen ! Ich bin mir auch nicht sicher, ob die so geehrten Musiker daran ihre reine Freude haben würden, wenn sie es wüssten. Der Junge kann froh sein, dass sein Vater kein Tic-Tac-Toe- Fan ist.

Zur Flöte:
Wahr ist, dass ich JT nicht wegen, sondern trotz der Flöte schätze. Wahr ist aber auch, dass einige Stücke, wie Bouree oder Elegy, nur von oder für die Flöte leben. Und Elegy ist ein Klasse-Lied !! Von diesen beiden Stücken abgesehen: Welches Lied von JT ist existenziell von der Flöte abhängig ? Doch, Thick as a brick und Passion Play wären ohne Flöte nicht denkbar. Aber sonst ? Viele Lieder ließen sich meiner Meinung nach auch ohne Flöte gut anhören, wenn man sie vorher ein wenig umarrangiert.

Zum Flötenheini:
Heute Morgen erzählte ich einem Kollegen, von dem ich weiß, dass er Mr. Anderson kennt, dass eben dieser die Ehrendoktorwürde für Literatur erhalten habe. Darauf meinte der Kollege: „Aha. Er kann also literarisch flöten.“ Das fand ich sehr ernüchternd. Zeigt es doch, dass Mr. Anderson vom überwiegenden Teil der Menschheit als Flötist und nicht als Texter wahrgenommen wird. Wie Du schon sagtest. Ein Jammer ist das !

Die Instrumente der britischen Folklore sind mir größtenteils geläufig. Auch die Tin-Whistle habe ich schon einige Male live gehört (in unserem Städtchen gab es bis vor zwei Jahren eine Gruppe von Feierabend-Musikern, die sich der britischen Folklore verschrieben haben). Die Tin-Whistle passt vom Klang zur Folklore. Was ich über Querflöte und Rockmusik nicht immer behaupten kann. Die Querflöte ist ein sehr wohlklingendes Instrument, das auf einigen Tull-Platten wunderbar zum Einsatz kommt. Aber bei einigen anderen Liedern finde ich sie einfach deplatziert, störend, nervend, total daneben.

Den Song ‚Broadford Bazaar‘ kann ich trotz Deiner links nicht finden und das Album Nightcap habe ich nicht. Allerdings kann ich mich dunkel erinnern, dass ich zu einem früheren Zeitpunkt auf Deinen Seiten war und das Lied irgendwo im Hintergrund lief. Ich assoziiere damit Bilder von schottischen Landschaften, kann das sein ? Dieser Song gefiel mir sehr gut.

Wie gesagt, ich bin nicht grundsätzlich gegen Flöten. Sie müssen nur zum Song passen. Um ein Extrem zu bemühen: Stell‘ Dir vor, in Queen’s „We will rock you“ wäre eine Harfe oder eine Tuba zu hören. Es gibt Dinge, die gehen einfach nicht.

Das war jetzt wieder einmal mehr als ein paar Stichworte. Ich schreibe einfach gern.

Bis bald !

Lockwood

05.09.2006

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Hallo Lockwood,

nach einem Tag Pause melde ich mich wieder. Erhöht die Erhaltungswartung! Quatsch, ging einfach nicht anders. Aber sonst können wir auch bald unser erstes Buch herausgeben. Eine Art Briefroman a la Die Leiden des jungen Werther, ähhh Willi.

Zu Bildchen: Gleich oben in meinem Weblog gibt es ja auch ein Bildchen, wo ich so verschämt nach unten schaue (ich hoffe, das Bildchen unten kommt an – ich meine: erreicht Dich …). Ich habe nur noch eine leicht modifizierte Version davon. Das Original ist auf irgendeiner Scheibe gebrannt, die ich nicht wiederfinde.

WilliZ

Fragespielchen 2. Teil: Warum schaue ich so verschämt? Gucke ich überhaupt verschämt? Vielleicht gucke ich mir etwas Bestimmtes an, aber was?

Den ‚Rainbow Blues’ muss ich mir einmal in Ruhe anhören. Bei mir ist der eigentlich unter ‚Ferner-Liefen’ angesiedelt. Aber manchmal achtet man ja nicht immer auf die Feinheiten und dann geht einem etwas ‚durch die Lappen’. So ging es mir u.a. mit ‚Pibroch’ von der LP/CD ‚Songs from the Wood’. Damit konnte ich nie etwas richtig anfangen. Gut der Mittelteil ging noch so. Bis mir im letzten Jahr, als ich mich wegen unserer Schottlandreise eingehender mit den Wurzeln der Musik von Jethro Tull befasste, klar wurde, dass sich dahinter ein schottisches Klagelied verbirgt. Diese langgezogenen, übersteuerten Gitarrentöne imitieren einen Bagpipe, also einen Dudelsack. (siehe zu Reisevorbereitung Schottland 2005). Plötzlich hört man so ein Lied mit anderen Ohren.

Kurz zu den Links, die ich immer wieder als Textlinks in meinen Mails anlege. Es kann natürlich sein, dass ich mich verschrieben habe (Broadford Bazaar). Ansonsten klappt das doch, oder? Ich will mir hier nicht auf die eigene Schulter klopfen, aber es hat doch schon etwas, wenn man seine Ausführungen durch Beispiele belegen kann. Zu Hause würde ich ein Fotoalbum zücken oder ein Videoband einlegen. Hier liegt vieles im Internet parat, man muss nur dahin verlinken.

Zu ‚Jack-a-Lynn’ und ob der Meister Probleme mit seiner rechten Hand hat … Wenn ich das richtig sehe, dann zupft Herrn Anderson (pizzikato/Finger picking, wie auch immer – siehe Wikipedia) die Saiten nicht, er spielt mit einem Plektrum, das er zwischen Daumen und Zeigefinger hält. Die anderen Finger hält man dabei gewöhnlich leicht gekrümmt. Ich erinnere mich aber an das Konzert 2005 in Lugano. Da machte er in kleinen Pausen immer Fingerübungen mit der rechten Hand. Im Video ‚Beggar’s Farm’ so ziemlich am Anfang, wenn er singt und das Mikro mit der rechten Hand umklammert, wenn er dann das Mikro loslässt, pumpt er immer mit der Hand. Das können aber auch nur leichte Durchblutungsstörungen sein (die Hand ist ‚eingeschlafen’). Dass er den kleinen Finger nicht strecken kann, glaube ich nicht, dann hätte er massive Probleme mit dem Flötenspiel, denn da muss er die kleinen Finger beider Hände einsetzen.

Herr Anderson ist sicherlich geschäftstüchtig. Früher unterhielt er auf der Isle of Skye eine Lachsfarm, die sicherlich einiges Geld abwarf. Als ich in Schottland war, habe ich eine solche ‚Farm’ gesehen. Das sind eigentlich nichts anderes als mit Netzen verkleidete Käfige, die in einer Bucht verankert sind und abertausende Fische beherbergen. Die Fütterung geschieht, wenn ich das richtig gesehen habe, maschinell. Man braucht also wenig Personal. Weshalb er die Lachszucht aufgegeben hat, weiß ich nicht. Irgendwie gibt es dazu auch ein Video, wo Anderson als Landlord oder so angesprochen wird. Auch bin ich einmal im Internet über ein Interview gestolpert. Aber das war ein Endlostext.

Lachsfarm von der Isle of Skye
Lachsfarm bei Kylakin/Isle of Skye (mit einer analogen Kamera aufgenommen und gescannt)

Wie Anderson als Chef ist, kann man nur erahnen. Auch darüber gibt es einige Aussagen im Internet, die aber größtenteils auf Vermutungen beruhen. Ob nun Martin Barre bei Anderson angestellt ist, oder wie sonst das ‚geschäftliche’ Verhältnis geregelt ist, keine Ahnung. Das werden die Herrn (und Damen) unter sich ausmachen. Die Fluktuation der Bandmitglieder hat sicherlich die unterschiedlichsten Gründe. Immerhin hat es Martin Barre 38 Jahre und mehr bei Anderson ausgehalten.

Nur als Zwischendurch-Frage: Kennst Du eigentlich die holländische Gruppe Focus? Und auch das Lied „Sieben Tage lang“ von der Gruppe Bots (ebenfalls NL)? Wie ich gesehen habe liegt Dein Heimatstädtchen unmittelbar an der holländischen Grenze.

Das soll es für heute gewesen sein.

Bis bald
Wilfried

06.09.2006

English Translation for Ian Anderson