Kategorie-Archiv: Glotzkiste

Neues und Altes im Kino & TV

Münsteraner Mörderland

Gleich zu Beginn meines Osterurlaubs gab es den inzwischen 23. Fall eines Tatorts aus Münster mit Thiel und Boerne: Summ, Summ, Summ. Längst habe ich es gestanden, ein Thiel und Boerne-Fan zu sein, wie ich überhaupt ein großer Fan der Tatort-Reihe bin. Aber die letzten Folgen haben doch ziemlich nachgelassen, auch wenn der Wortwitz der beiden sich ewig in den Haaren liegenden Protagonisten hier wieder Höhepunkte erreicht.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Ja, mit Kriminalfilmen ist das so etwas. Ich denke, es gibt drei Arten von Krimis. Einmal die Actionkracher (der erste Schweiger-Tatort aus Hamburg: Willkommen in Hamburg ließe sich hier einordnen). Dann die tiefschürfenden, psychoanalytisch angehauchten Krimis, von denen es in der Tatort-Reihe viele gibt und die die Reihe im Wesentlichen ausmachen. Zuletzt dann die Krimis a la Thiel und Boerne, in denen es nicht ganz so ernst zugeht und die zwar noch nicht eine Parodie des Genres sind, aber manchmal dem sehr nahe kommen. Spannend sollten sie trotzdem sein (was Thiel und Boerne dann auch sind).

Ich persönlich mag die vor allem die 2. und 3. Art dieser Gattung. Actionfilme sind für mich nur dann okay, wenn sie auch eine gewisse Tiefe besitzen (z.B. die Millennium Trilogie (VerblendungVerdammnisVergebung).

Aber zurück zu Thiel und Boerne: Das Summ-Summ-Gesumms mit Roland Kaiser als Roman König, mittendrin dezent ermordeter Frauenheld und Schlageraffe (fast wie im realen Leben des Herrn Kaiser), hatte mir Appetit auf weitere Münster-Tatort-Folgen gemacht. Und da ich von den bisher 23 Folgen erst 16 gesehen habe, konnte ich mich auf sieben noch ausstehende freuen. Geschafft habe ich während des Urlaubs, mir in ruhigen Abendstunden vier Folgen anzuschauen (ich wollte ja nicht übertreiben – und ich freue mich natürlich, noch weitere Folgen in petto zu haben):

Der Frauenflüsterer (2005) – Der doppelte Lott (2005) – Das ewig Böse (2006) – Das zweite Gesicht (2006)

Und meine Erwartungen wurden erfüllt. Feine Krimikost, vielleicht manchmal etwas konstruiert, aber immer gemischt mit herrlich geistreich-witzigen Dialogen zwischen dem Hauptkommissar Thiel und dem Gerichtsmediziner Prof. Boerne.

Und ich habe mir dann auch noch zwei weitere etwas neuere, aufgezeichnete Tatort-Folgen aus Bremen: Puppenspieler (24.02.2013) und Saarbrücken: Melinda (27.01.2013) angeschaut. Auch diese Folgen zeichneten sich durch einen gewissen Witz aus. Die Hauptkommissarin Inga Lürsen hat einen neuen Kollegen, Leo Ulfanoff (sieht aus wie ein zerzauster Pandabär, meditiert bisweilen, verführt die Kommissarin zu grünem Tee und anderem), bekommen, da es den Hauptkommissar Stedefreund als Ausbilder nach Afghanistan zieht. Dieser Ulfanoff ist ein recht kurioser Typ. Saarbrücken hat gleich ein neues Ermittlerteam – allen voran Hauptkommissar Jens Stellbrink, der sich durch ziemlich unorthodoxen Methoden auszeichnet. Ich hatte hier das Gefühl, dass Münster aus Saarbrücken echte Konkurrenz bekommen könnte. Inzwischen gab es auch schon eine zweite Folge aus Saarbrücken: Eine Handvoll Paradies (07.04.2013), die allerdings von der Kritik und den Zuschauern als angeblich bisher schlechteste Tatort-Folge geradezu verrissen wurde (siehe u.a.: Gestohlene Lebenszeit). Allerdings eine durchaus positive Kritik habe ich dann auch gefunden: Mit dem Roller durch die Rocker („am Ende lehnt man sich lächelnd zurück und freut sich über einen Riesenspaß. Zeitdiebstahl jedenfalls sieht anders aus.“) Da ich die Folge noch nicht gesehen habe (sie schlummert auf meinem Rechner – inzwischen habe ich sie gesehen) bin ich jetzt richtig gespannt … Die erste Saarbrücken-Folge fand ich nämlich ganz gut, wenn dieses Ermittlerteam vielleicht auch nicht so ganz ins Tatort-Konzept passt (und noch eine Tatort-Folge befindet sich auf meinem Rechner: München: Macht und Ohnmacht (01.04.2013)).

Nun, die Tatort-Fans sind in den letzten Wochen ganz schön ins Schwitzen geraten: Hamburg mit Til Schweiger und jetzt Saarbrücken mit Devid Striesow. Aber auch die Vielfalt macht eine gute Reihe aus (und da komme ich sogar über Til Schweigers Genuschel schnell hinweg). Und die nächsten neuen Ermittlerteams befinden sich schon in den Startlöchern.

siehe auch meine Beiträge: Horst Schimanski, DuisburgIst Jogi Löw der Mörder?Eine Extrawurst für ein Riesenwürstchen?

Der Baader-Meinhof-Komplex

Der Spielfilm Der Baader Meinhof Komplex aus dem Jahr 2008 schildert Vorgeschichte und Aktionen der Terrorgruppe Rote Armee Fraktion (RAF) von 1967 bis zum „Deutschen Herbst“ 1977. Das von Produzent Bernd Eichinger verfasste Drehbuch folgt weitgehend dem gleichnamigen Sachbuch von Stefan Aust (erstmals erschienen Ende 1985). Unter der Regie von Uli Edel spielten in dem Film – auch in Nebenrollen – einige der bekanntesten deutschen Darsteller mit.

    Der Baader-Meinhof-Komplex – der Film

Während meines Osterurlaubs habe ich mir den Film in der Kinofassung angeschaut. Sowohl Buch (u.a. von Stefan Aust) Baader Meinhof Komplex als auch der Film als DVD bzw. BluRay sind weiterhin im Handel erhältlich.

„Beim Staatsbesuch des Schah Mohammad Reza Pahlavi in West-Berlin kommt es zur gewaltsamen Auflösung einer Demonstration, bei der Kriminalobermeister Karl-Heinz Kurras den Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 vor der Deutschen Oper erschießt. Ohnesorgs Todestag gilt als Einschnitt in die deutsche Nachkriegsgeschichte mit weitreichenden gesellschaftspolitischen Folgen. – Studentenführer Rudi Dutschke, Redner am Vietnam-Kongress im Audimax der TU Berlin, wird am 11. April 1968 auf offener Straße von einem jungen Hilfsarbeiter angeschossen und schwer verletzt. Als Reaktion folgt ein Protest gegen den Axel-Springer-Verlag, an dem auch Ulrike Meinhof teilnimmt. Nach der Brandstiftung in zwei Frankfurter Kaufhäusern als Protest gegen den Vietnamkrieg werden die Täter am nächsten Tag festgenommen. Meinhof schreibt als Journalistin über den Prozess und lernt dabei die angeklagten Studenten Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Andreas Baader kennen.


Der Baader Meinhof Komplex (2008) Trailer

Die Angeklagten werden zu drei Jahren Haft verurteilt, aber schon im Juni 1969 wieder entlassen, bis das Gericht über die Revision ihrer Urteile entscheidet. Als im November 1969 ihre Revision abgelehnt wird, tauchen Andreas Baader und Gudrun Ensslin in den Untergrund ab, unter anderem in Rom. Nach Berlin zurückgekehrt, wohnen sie zeitweise bei Meinhof. Während einer Fahrzeugkontrolle wird Baader festgenommen und inhaftiert, aber einen Monat später gelingt Meinhof und Ensslin die so genannte „Baader-Befreiung“ in Berlin. Damit wechselt Meinhof in die Illegalität und lässt ihre zwei Töchter zurück. Die Baader-Befreiung gilt als Geburtsstunde der Rote Armee Fraktion.“

    Rote Armee Fraktion (RAF)

„Deutschland in den 70ern. Die radikalisierten Kinder der Nazi-Generation, angeführt von Andreas Baader (Moritz Bleibtreu), der ehemaligen Starkolumnistin Ulrike Meinhof (Martina Gedeck) und Gudrun Ensslin (Johanna Wokalek), kämpfen gegen das, was sie als das neue Gesicht des Faschismus begreifen: die US-amerikanische Politik in Vietnam, im Nahen Osten und in der Dritten Welt, die von führenden Köpfen der deutschen Politik, Justiz und Industrie unterstützt wird. Die von Baader, Meinhof und Ensslin gegründete Rote Armee Fraktion hat der Bundesrepublik Deutschland den Krieg erklärt. Es gibt Tote und Verletzte, die Situation eskaliert, und die noch junge Demokratie wird in ihren Grundfesten erschüttert. Der Mann, der die Taten der Terroristen zwar nicht billigt, aber dennoch zu verstehen versucht, ist auch ihr Jäger: der Leiter des Bundeskriminalamts Horst Herold (Bruno Ganz). Obwohl er große Fahndungserfolge verbucht, ist er sich bewusst, dass die Polizei allein die Spirale der Gewalt nicht aufhalten kann.“

Das Buch von Stefan Aust gilt inzwischen als Standardwerk über die RAF und behandelt die frühe Geschichte der Rote Armee Fraktion (RAF) unter der Führung von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof. Einer Verfilmung waren von Anfang an Grenzen gesetzt. So verzichtete das Drehbuch auf identifikatorische Figuren und einen durchgehenden Handlungsbogen. Zudem musste man einen solchen Stoff radikal verdichten. Am Ende kam ein Film heraus, der ganz offensichtlich vor allem für jene gemacht wurde, die die RAF nur vom Hörensagen kennen, die ganz gern mal wissen wollten, was es mit diesen Radikalen aus den Siebzigern auf sich hat, die beinahe im Alleingang den Rechtsstaat an seine Grenzen gebracht hatten.

Wer hier nach neuen Erkenntnissen sucht oder sogar einen Diskurs einfordert, der ist fehl am Platze. Der Film erzählt im Wesentlichen aus der Perspektive der Terroristen. So gab es natürlich Klagen, da man die Opfer nicht ausreichend gewürdigt oder den Gegenspieler der RAF, also die Bundesregierung, nur unzureichend ins Bild gerückt habe. Aber darum geht es im Film nun einmal nicht. Es ist in erster Linie ein Art Geschichtsfilm, dramaturgisch aufbereitet, der gleichzeitig unterhalten und aufklären will. Moritz Bleibtreu spielt Andreas Baader als testosterongesteuertes Alpha-Männchen. Johanna Wokalek oder Nadja Uhl als Gudrun Ensslin und Brigitte Mohnhaupt werden als Todesengel im Minirock inszeniert. Trotzdem bietet der Film einen ungewöhnlichen Einblick in die Zeit der siebziger Jahre und der damaligen Ereignisse. Das gilt sowohl für mich, der vieles als Zeitzeuge miterlebt hat und sich dieses durch den Film ins Gedächtnis zurückholen kann, besonders aber für die nachgewachsene Generation unserer Kinder.

Sicherlich wäre es interessant gewesen, wenn dem Film Bezüge zum Hier und Jetzt gelungen wäre. Wie schreibt Günter Grass in seinem Buch Grimms Wörter: Mich treibt Zorn an, der sich an westlichen Colonialherren reibt, die als Sieger des Kalten Krieges meinen, hemmungslos zugreifen, fortan auf Pump leben zu dürfen und nun, nach dem Triumph des Kapitalismus über den Kommunismus, beginnen, ihresgleichen zu zerstören, weil ihnen der Feind fehlt. – Die RAF hat nach meiner Meinung ebenso wie die ‚kommunistische Gefahr’ dazu beigetragen, den Verantwortlichen in unserer Republik (Politik, Justiz, Wirtschaft), ihre ‚persönlichen’ Grenzen aufzuzeigen. Der habgierige Wirtschaftsmagnat wurde in seinen Tun dadurch beschränkt, weil er fürchten musste, sonst in die Schusslinie der RAF-Terroristen zu gelangen. Natürlich will ich kein Klima der Angst schüren. Aber es wäre besser, wenn ‚die Oberen’ immer so etwas wie einen ‚natürlichen’ Feind hätten, zumindest einen außenstehenden Kontrolleur, der ihnen auf die Finger schaut.

Nachbetrachtung: Verbindung der RAF zur DDR

Am 2. Juni 1967 schoss der damalige Kriminalobermeister Kurras bei einem Polizeieinsatz gegen Demonstranten in West-Berlin den FU-Studenten Benno Ohnesorg mit seiner Dienstwaffe in den Hinterkopf, woran dieser starb. Der Tod Ohnesorgs führte zur Radikalisierung von Studenten und damit auch zur Gründung der RAF. Erwähnenswert ist dabei, dass Kurras von 1955 bis mindestens 1967 auch Inoffizieller Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR war. Kurras‘ im Mai 2009 bekannt gewordene IM-Tätigkeit löste neue staatsanwaltliche Ermittlungen zu seinem Todesschuss und eine neue Debatte über dessen Ursachen und Folgen aus. Es fanden sich allerdings keine Anhaltspunkte für einen Mordauftrag des MfS.

Mitglieder der zweiten Generation der RAF erfuhren organisatorische und finanzielle Hilfe aus der DDR. Die „Stasi“ bot eine Art Waffenbrüderschaft an. Man bildete RAF-Mitglieder in Camps aus, wo man ihnen das Schießen mit Gewehr und Raketenwerfer beibrachte. Diese Ausbildung war guerillamäßig und sehr gut organisiert. Die dort erlernten Fähigkeiten konnten sie dann für Anschläge usw. verwenden (Quelle: rafinfo.org). Zehn sogenannte RAF-Aussteiger tauchten mit Hilfe der Staatssicherheit in der DDR unter. Noch vor der Wiedervereinigung wurden sie im Juni 1990 enttarnt, festgenommen und an die Bundesrepublik ausgeliefert. – siehe hierzu auch: spiegel.de

Erwähnenswert ist auch Horst Mahler, der im Film nur kurz abgehandelt wird. Er vertrat als Rechtsanwalt u.a. Andreas Baader und Gudrun Ensslin und gilt selbst als Gründungsmitglied der RAF. 1975 sagte sich Mahler vom Terrorismus los und erreichte 1988 seine Wiederzulassung als Anwalt. Dann erfolgte eine außergewöhnliche Kehrtwendung: Ab etwa 1997 wandte er sich dem Rechtsextremismus zu und vertrat 2002 die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) im NPD-Verbotsverfahren. Wegen verschiedener Delikte, darunter verfassungswidrige Betätigung, Holocaustleugnung, Mord- und Gewaltandrohungen, antisemitische und neonazistische Äußerungen wurde er zu mehreren Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt. Ein vorläufiges Berufsverbot von 2004 wurde 2009 mit dem Entzug seiner anwaltlichen Zulassung bestätigt.

90 Jahre Jürgen von Manger

Mann muss schon mindestens in meinem Alter sein oder aus dem Ruhrpott stammen, um ihn noch zu kennen: den Kabarettisten Jürgen von Manger. Er wurde mit seiner Bühnenfigur Adolf Tegtmeier zum Chronist des Milieus im Ruhrpott. Anfang März wäre von Manger 90 Jahre alt geworden. Er verstarb aber bereits 1994 wenige Tage nach seinem 71. Geburtstag.

„Seine Auftritte mit kabarettistischen Solo-Programmen, hauptsächlich um die Figur des Ruhrgebiets-Kleinbürgers Adolf Tegtmeier, die er ursprünglich für den Hörfunk entwickelt hatte, später aber auch auf zum Teil sehr erfolgreichen Sprechplatten (Stegreifgeschichten, zwei davon erhielten eine Goldene Schallplatte) und in zahlreichen Fernsehprogrammen verkörperte, begann von Manger in den 1960er Jahren zu vertiefen.“ „Im Fernsehen hatte von Manger großen Erfolg mit der Reihe Tegtmeiers Reisen [20 Folgen], die ab dem 14. Juli 1972 bis zum 3. Juli 1980 vom ZDF ausgestrahlt wurde.“ Es folgten 14 Folgen von Tegtmeier klärt auf (1981–1983).

Jürgen von Manger alias ‚Adolf Tegtmeier’

Von Manger überzeichnete in seinen Darbietungen die Sprache des Ruhrgebiets-Bürgers bis ins Komische: „Wenn ich Sie mir so anguck, könnt ich mir vorstellen, dat die Fantasie von so mancher Herr ganz schön am Kochen fängt!“ „Bleiben Se Mensch“ oder „Dat is vielleicht ein Dingen“ sind auch so typisch von Manger’sche Sprüche.

Der Mann mit der schiefen Mütze und dem schiefen Mund erinnert einwenig an Heinz Erhardt. Was mich vielleicht für ihn eingenommen hat, war der ruhrdeutsche Dialekt, der mir über das kölsch-eingefärbte Sprechen meiner Mutter durchaus bekannt war. Denn in beiden Regiolekten finden sich Überschneidungen (Kappes = Mistzeug, schlechte Idee (ursprünglich Kohl); ne fiese Möpp). Selbst das rudimentär vorhandene Ostpreußische meines Vaters findet sich im Ruhrdeutschen in einigen Begriffen (z.B. Lorbass = Schlingel) wieder.

Welche Vorliebe ich für die deutsche Sprache im allgemeinen (u.a. WortschatzGünter Grass: Grimms Wörter) und für Dialekte im besonderen (u.a. Komm inne Puschen!) habe, wurde in diesem Blog hinreichend kundgetan.

Zurück zu Jürgen von Manger: Lange hat man von ihm nichts mehr gehört. Da hat der Bochumer Musikverlag Roof Music sein Werk in sein Programm aufgenommen. „‚Ich bin seit meiner Kindheit großer Jürgen von Manger-Fan’, erklärt Roof-Music-Geschäftsführer Bernd Kowalzik. ‚Irgendwann fiel mir auf, dass es keine Platten mehr gab.’ Vinyl war vergriffen, CDs noch nicht erhältlich.“ (Quelle: derwesten.de)

Dem nicht genug: Es gibt immer noch jede Menge unveröffentlichtes Material, das von Manger zz. selbst mit einem Tonbandgerät aufgenommen und dem Musikverlag zur Verfügung gestellt hat. Hier einige Hörproben von der CD Dönekes.


Das Beste von Adolf Tegtmeier (Jürgen von Manger)

Wer sich etwas intensiver mit den Texten von Jürgen von Manger und seinem Adolf Tegtmeier auseinandersetzen möchte, hier zwei längere Texte: Ausgewählte Sketche

Es gibt heute einige Kabarettisten die sich durchaus in der Tradition von Jürgen von Manger sehen, z.B. Helge Schneider, Hape Kerkeling oder Elke Heidenreich als „Else Stratmann, Metzgersgattin aus Wanne-Eickel“. Nach langen Jahren habe ich Jürgen von Manger in diesem Tagen gewissermaßen wiederentdeckt.

Schweiger, der Rächer

Mit einer Woche Verspätung habe ich ‚ihn’ mir nun doch angeschaut – den neuen Tatort aus Hamburg mit Til Schweiger. Ich wollte nun doch wissen, ob das zuviel Schweiger oder wenigstens noch etwas Tatort geworden ist.

„Der neue Tatort aus Hamburg hatte eine Rekord-Einschaltquote – und er ist gar nicht schlecht. Nur Til Schweiger nervt halt. Die Rolle des Nick Tschiller wurde ihm so bemüht auf den Leib geschrieben, dass noch der unaufmerksamste Zuschauer mitkriegt: Dieser Kommissar ist ein ganzer Kerl, ein echter Held. Das ist leider zu viel.“ So steht’s in der Süddeutschen geschrieben.

Dem kann ich mich nur anschließen. Mit diesem neuen Tatort geht es mir wie beizeiten mit dem neuen James Bond. Dieser war nicht mehr ‚mein’ James Bond (Gerührt oder geschüttet? Der neue Bond ist da). Und der actiongeladene Tatort aus Hamburg ist nicht ein Tatort, wie ich ihn mag: nah bei der Realität. In fast jeder Szene war dieser Krimi dermaßen überzogen, dass ihn dann wohl keiner mit der Wirklichkeit verwechseln konnte. Das war wohl auch nicht die Absicht des Drehbuchautoren.

Tatort Hamburg: Willkommen in Hamburg (2013)

Til Schweiger durfte dafür den Helden spielen, der er gern sein möchte (Schweigers Motto: It’s better to have a gun and don’t need it, than to need a gun and don’t have itTrue Romance): Unerschrocken, von schönen Frauen angehimmelt, draufgängerisch – und liebevoll zu geschundenen, minderjährigen Prostituierten. Das Thema hatten wir erst vor kurzem in einer Doppelfolge Tatort, nur eine Hausnummer weiter: Wegwerfmädchen und Das goldene Band – Ende 2012 aus Hannover. Auch darin ging es um Menschenhandel, wie junge Frauen aus dem ehemaligen Ostblock zu uns gelockt und zur Prostitution gezwungen werden. Wie in Hannover so wird auch in Hamburg eine Handvoll Männer der Upperclass mit jungen Mädchen ‚bedient’.

So erschreckend dieses Thema ist und Beachtung verdient, um so bedenklicher ist es, wie Till Schweiger alias Nick Tschiller als Rächer in dieser Tatort-Folge auftritt. Schweiger hat neben einem Sohn drei noch junge Töchter. Da kann man verstehen, dass ihn das Thema Zwangsprostitution junger Frauen betroffen macht. Schweiger wäre aber nicht Schweiger, wenn er sich hier nicht zum selbstgerechten Rächer der geschundenen Mädchen aufspielen würde. Was er in der Wirklichkeit nicht schafft, muss dann eben in einem Film geschehen.

Apropos Töchter: Schweigers reale Tochter Luna spielt hier seine Filmtochter und verheimlicht gekonnt möglicherweise bestehendes schauspielerisches Talent: „Der unaufgeregte Gesichtsausdruck der 16-Jährigen ändert sich kaum und den Mund kriegt sie beim Sprechen auch kaum auf. So nuscheln Vater und Tochter in ‚Willkommen in Hamburg‘ gemeinsam vor sich hin.“ (sueddeutsche.de)

Immerhin zeichnet sich dieser Krimi neben Action durchaus auch durch einige Spritzer Humor und die speziell Schweiger’sche Selbstironie aus. Der junge Kollege Yalcin Gümer (gespielt von Fahri Ogün Yardım) ist durchaus witzig und sorgt für viele auflockernde, allerdings für einen Hauptkommissar auch recht proletenhafte Sprüchlein. Unglaubwürdig ist es allerdings, wie Gümer immer dann, wenn’s der Film erfordert, über sein privates Laptop wie ein großer Hacker all die notwendigen Informationen wie aus dem Nichts hervorzaubert. Und neben Schweigers Hommage an Schimanski (statt Scheiße das heute geläufigere Fuck als erstes Wort) gesteht er ein zu nuscheln. Und notfalls ist er sogar bereit, sich als schwul darzustellen.


Schweiger – Willkommen in Hamburg (Tatort):
Fuck … Nuscheln … Schwul!

Fazit: Ein durchaus beachtlicher Actionfilm mit etwas zu viel ‚Held’ a la Schweiger. Zu viel auch der Ballerei. Und zu viele eingetretene Türen. Aber kein Tatort, wie ihn Tatort-Fans mögen. Und nachdem Schweiger sein Thema Zwangsprostitution junger Frauen abgehandelt hat, weiß ich nicht, welches Thema für eine zweite Folge noch interessant für Schweiger sein könnte. Rückfälliger Sexualstraftäter aus der Nachbarschaft – nein, das muss nicht sein.

Willkommen im neuen Tatort Hamburg

Nick Tschiller ist sein Name, Nick wie Nick Knatterton, wohl kaum – und Tschiller vom englischen chill abgeleitet – wie frostig, kalt, entmutigend oder ‚cool’? Wer denkt sich solche Namen nur aus? Na, wer wohl …?!

Ja, morgen am Sonntag ist es soweit: Til Schweiger, der Nuschler, macht auf Tatort: Willkommen in Hamburg. Die Vorschussdisteln sind reichlich verteilt. Spiegel online hat Herrn Schweiger gehörig auf den Zahn gefühlt. Man hat den Eindruck, dass außer Til Schweiger-Fans keiner ihn wirklich in einem Tatort-Film sehen möchte. Am wenigsten eingefleischte Tatort-Liebhaber. Was soll man auch von einem Schauspieler halten, der in einer über viele Jahre laufenden Kriminalserie mitwirken darf, die er sich „eher selten“ angeschaut hat.

Tatort Hamburg: Willkommen in Hamburg (2013)

„Drei Tote in den ersten Minuten, das ist eine Revolution. Ich als Zuschauer will so etwas sehen.“, so Schweiger. Ob wir das als Tatort-Fans sehen wollen, fragt er wohlweislich nicht. Eine eingetretene Tür nach der anderen. Schweiger: „Manchmal klopfe ich auch an.“

Til Schweiger lässt es also gleich ordentlich krachen. Und sein erstes Wort sei: Fuck! Angeblich eine Hommage an Horst Schimanski alias Götz George, der in der ersten Schimanski-Folge „Duisburg, Ruhrort“ als erstes Wort Scheiße äußerte (genauer: „Vorsicht, du Idiot! Hör auf mit der Scheiße!“ zu einem Typen, der seinen Fernseher auf die Straße schmiss). Nur Tschiller ist nicht Schimanski – und Schweiger lange nicht Götz George.

Richtig gespannt muss man also nicht sein. Da Schweiger hier alt bekannte Schweigerthemen (‚Huhn-im-Wein’, ‚Schmutzengel’, ‚Schlapplachhasen’ – nur der ‚halbe Ritter mit der Kopfnuss’ wird uns erspart bleiben) miteinander derart verwurschtelt, dass am Ende … ein Schweiger-Film herauskommt, aber kein Tatort mit psychologischer Tiefe, wird keinen verwundern. Wo Schweiger draufsteht, ist NUR Schweiger drin …!

siehe auch: Eine Extrawurst für ein Riesenwürstchen?

Übrigens: In zwei Wochen, am 24. März, gibt es den nächsten Tatort aus Münster: Summ, Summ, Summ. Hauptkommissar Thiel und der Rechtsmediziner Dr Boerne stehen eigentlich für Spannung und Witz. In letzter Zeit übertreiben sie allerdings ein bisschen den Witz. Und wenn man liest, dass in dieser neuen Folge ein Schlagerstar namens Roman König im Mittelpunkt steht und dann sieht, dass dieser von keinem anderen als Roland Kaiser gespielt wird, dann … also dann verschlägt es mir doch die Sprache! Tatort, wohin willst du noch …?!

Die Blechtrommel – der Film

Am Montag habe ich von dem Roman hier berichtet. Und obwohl ich den Roman vor Tagen noch nicht zu Ende gelesen hatte, schaute ich mir seine Verfilmung aus dem Jahre 1979 erneut an. Mit Sicherheit haben mehr Menschen den Film zum Roman Die Blechtrommel von Günter Grass’ angeschaut, als ihn tatsächlich gelesen: Die Blechtrommel in der Regie von Volker Schlöndorff – u.a. mit Mario Adorf als Alfred Matzerath, dem Vater, Angela Winkler als Agnes Matzerath, der Mutter, und Berta Drews als Anna Koljaiczek, der Großmutter von Oskar Matzerath, der von David Bennent gespielt wurde. Dieser war zu Drehschluss 13 Jahre alt. Außerdem sind Katharina Thalbach als Maria Truczinski und Daniel Olbrychski als Jan Bronski in weiteren Rollen zu sehen.

Die Blechtrommel ist der erste deutsche Film, der als Bester fremdsprachiger Film mit einem Oscar ausgezeichnet worden ist. Neben anderen Filmpreisen erhielt er auch die Goldene Palme in Cannes.

Die Blechtrommel (1979) mit David Bennent als Oskar Matzerath

Schlöndorff hat mit diesem Film nur die ersten beiden Bücher des Romans, die in Danzig spielen, verfilmt. So endet der Film mit der Flucht aus Danzig. Das dritte Buch, das in Düsseldorf der Nachkriegszeit spielt, sollte später verfilmt werden. David Bennent, der zeitlebens auf seine Rolle als Oskar Matzerath von der Öffentlichkeit festgelegt wurde, lehnte aber aus diesem Grund eine Fortsetzung ab.


Die Blechtrommel: Oskar, Maria und das Brausepulver

Weitere Videos bei YouTube siehe Account von SurrealSamuiTV

Wie eigentlich bei jeder Literaturverfilmung, so enttäuscht auch dieser Film im Vergleich zum Buch einwenig, da die satirisch-grotesken Züge des Romans hier ziemlich abgemildert wurden, obwohl sich Schlöndorff sehr stark an dem Roman hielt. So sollte man Buch und Film jeweils gesondert für sich sehen. Der Film lebt von der Darstellung. Alles, was damals Rang und Namen im deutschen Filmschaffen hatte, wirkte bei dem Film mit. Und so kann man auch heute noch genüsslich zusehen, wie Oskar die Erwachsenenwelt mit seiner Trommel aufs Korn nimmt. Es ist ein Protest gegen die verlogene, intrigante Welt der Großen, die sich ihm einerseits im Terror der Nazis, andererseits in diversen Sex-Affären seiner Familienmitglieder offenbart.

Oh, Ohr, geschwungen schön …

    Als Maria sich die weiße Mantelschürze anzog und sich hinter den Ladentisch unseres Geschäftes stellte, trug sie noch Zöpfe hinter ihren rasch durchbluteten, derb gesunden Ohren, deren Läppchen leider nicht frei hingen, sondern direkt, zwar kein unschönes Fältchen ziehend, aber doch degeneriert genug in das Fleisch überm Unterkiefer wuchsen, um Schlüsse über Marias Charakter zuzulassen. Später schwatze Matzerath dem Mädchen Dauerwellen auf: die Ohren blieben verborgen. Heute stellt Maria unter modisch kurzgeschnittenem Wuschelkopf nur die angewachsenen Läppchen zur Schau; schützt aber die kleinen Schönheitsfehler durch große, ein wenig geschmacklose Klips.
    So steht es geschrieben bei Günter Grass: Die Blechtrommel (S. 214 – Sonderausgabe Sammlung Luchterhand 147 – 13. Auflage 1979 – Hermann Luchterhand Verlag, Darmstadt und Neuwied).

Es sind Ohren, die es mir angetan haben. Ich meine weniger das Hörorgan, sondern das äußere Ohr, die Ohrmuschel. Andere gucken auf den Po oder den Busen einer Frau. Ich betrachte mir die Ohren. Wohlgeformt müssen sie sein, geradezu aerodynamisch gerundet, und Ohrläppchen sollten sie haben. Denn alle Ohren ohne oder mit festgewachsenem Läppchen – wie bei Grass’ Maria – sind die von außerirdischen Damen, ja, das ist meine Meinung: weibliche Aliens! Es sind keine „Schlüsse über den Charakter“, es sind Schlüsse über die Herkunft! Aus entfernten Galaxien kommen sie, um sich bei uns „einzuschleichen“. Ob nun mit Darwin-Höckerlein oder ohne, schaut auf die Ohrläppchen, ob sie „in das Fleisch überm Unterkiefer“ verwachsen sind oder ganz und gar ohne diese lediglich mit Knorpel enden.

Ihr wollt ein Beispiel? Natalie Portman, ihres Zeichen Schauspielerin und sicherlich eine schöne Frau – sie spielte in einem Film namens Mars Attacks! (sic!) und in den drei Folgen Starwars Episode I, II und III die Königin und spätere Senatorin Padmé Amidala vom Planeten Naboo (nochmals: sic!). Ist das nicht Beweis genug? Außerirdisch, wenn auch sonst den Menschen gleich.

Ganz anders Demi Moore. Ich meine die junge Demi Moore aus Filmen wie Ghost – Nachricht von Sam. Da ist das Ohr wunderbar wie auf einer Achterbahn geschwungen und endet in einem fleischigen, ich nenne es knubbeligen Ohrläppchen. Wunderbar!

Natalie Portman: Ohr

Demi Moore: Ohr

David Bennent: Ohr

Natalie Portman: Ohr

Demi Moore: Ohr

David Bennent: Ohr

Noch etwas anders Oskar Matzerath, ich meine David Bennent, sein Darsteller in Schlöndorffs Film. Auch im Erwachsenenalter klein geblieben, sind seine Ohren (es dürfen auch einmal männliche Ohren sein) der Inbegriff der Bodenständigkeit – auch wenn sie etwas zum Segeln einladen mögen.

Was wären wir ohne Ohren – rein optisch gesehen. Es war Vincent van Gogh, der sich ein Ohr, einen Teil des Ohres oder vielleicht doch nur das Ohrläppchen abgeschnitten hat (geklärt wurde das irgendwie nie – und vielleicht war der Übeltäter sogar Paul Gauguin, mit dem van Gogh Streit hatte). Der Vorfall gilt als erste Manifestation seiner psychischen Erkrankung: Ohrverlust als Gesichtsverlust! Ohne Ohren ist das menschliche Gesicht doch ziemlich entstellt. Wer seine Ohren nicht mag, versteckt diese gern unter wallenden Locken.

Natürlich kann ich das Antlitz eines Menschen nicht auf seine Ohren reduzieren. Ohne Nase (in einem früheren Beitrag habe ich wohl etwas zu Nasen geäußert – ganz am Schluss des Beitrags: Was ist bloß mit Ian los? Teil 16: Ians kleiner Finger), ohne Mund, ohne Augen – unvorstellbar! Aber die Ohren werden oft übersehen, einfach ignoriert. Dabei kann in ihnen soviel Anmut, geschwungene Schönheit liegen. Erst wenn sie offensichtlich fehlen, werden die meisten ihrer bewusst.

Der Gott des Gemetzels

Der Gott des Gemetzels (Originaltitel: Carnage) ist eine schwarze Komödie von Roman Pola?ski aus dem Jahr 2011. In der Rolle des Alan Cowen ist Christoph Waltz zu sehen. Der Film basiert auf dem preisgekrönten Theaterstück Der Gott des Gemetzels der französischen Dramatikerin Yasmina Reza.

Buch „Der Gott des Gemetzels“: Mit 7 Fotos aus der Zürcher Inszenierung Uraufführung und Film als DVD bzw. BluRay Gott des Gemetzels sind im Handel erhältlich.


Roman Polanski: Der Gott des Gemetzels

Brooklyn Bridge Park, New York: Ein Elfjähriger gerät in einen Streit mit mehreren gleichaltrigen Mitschülern und schlägt einem der anderen Jungen mit einem Stock ins Gesicht, der dabei – wie wir später erfahren – zwei Zähne verliert. Kurze Zeit später treffen sich Michael (John C. Reilly) und Penelope Longstreet (Jodie Foster), die Eltern des Verletzten, in ihrer Wohnung mit Alan (Christoph Waltz) und Nancy Cowen (Kate Winslet), den Eltern des Schlägers. Schnell verständigen sie sich über die Streitpunkte und wollen wieder getrennte Wege gehen – man ist schließlich zivilisiert. Doch als die Cowens eigentlich schon aus der Tür sind, lassen sie sich noch zu einem kleinen Kaffee überreden. Nun kommt das Quartett doch wieder zum Streit der Kinder zurück und es zeigt sich, dass hier gar nichts geklärt ist. Schnell erhitzen sich die Gemüter immer weiter, es kommt zu einer vehementen Auseinandersetzung, in der es bald um ganz andere Dinge geht. Dabei werden munter die Fronten gewechselt und als auch noch Alkohol ins Spiel kommt, eskaliert die Situation völlig.

aus: filmstarts.de

    Roman Polanski: Der Gott des Gemetzels

Teile deinen Single Malt nur mit Menschen, die du kennst und magst … kann ich dazu nur sagen. Der Film ist eine köstliche Komödie, die trotz aller Übertreibungen aufzeigt, wo wir mit unserer ganzen Zivilisiertheit stehen, wenn wir bis auf den Grund herausgefordert werden. Da werden Frauen zu Furien und Männer zu abscheulichen Ekeln. Dabei muss man nicht gleich mit Messer und Gabel aufeinander losgehen. Der verbale Schlagabtausch allein hat es schon in sich und kann manchmal schlimmer verletzen als jede Schlag- oder Stoßwaffe.

Und kommt dann noch Alkohol ins Spiel (in Form eines edlen Single Malt Whisky aus Schottland), dann steigert sich das Ganze zu einer Orgie, bei der dann auch Gegenstände wie Smartphones, Blumen, Bildbände und Handtaschen dran glauben müssen.

Roman Pola?ski hat mit Jodie Foster, Kate Winslet, John C. Reilly und besonders Christoph Waltz ein Ensemble an schauspielerischen Schwergewichten versammelt, die ein nicht enden wollendes Dialogfeuerwerk voller satirischer Pointen und humoristischer Highlights bieten.

Dabei ist der Film eigentlich erschreckend: Unter dem Mäntelchen wohlfeiner Umgangsformen verbirgt sich ein Vulkan an verdrängter Wut, ja Hass und Ekel. Die Verlogenheit der Manieren, die sich in Schmeicheleien, einem ewig Vernünftigseinmüssen äußert, wird schnell aufgedeckt, wenn sich erst einmal der Boden unter den Füßen öffnet. „Es ist die pure Mechanik, und sie können nichts dagegen tun, es ist stärker als sie. Das Zwanghafte, es sitzt in den Augenfalten von Jodie Foster, im gemütlichen Gesichtsfett von John C. Reilly, im Grinsen von Christoph Waltz, in der bodenlosen Nervosität von Kate Winslet.“ (Peter Kümmel: Von schlimmen Eltern. In: Die Zeit)

Es ist ein Film, der auf hohem Niveau amüsiert und doch gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Wie sind wir eigentlich, was schlummert in uns, in den tiefen Abgründen unserer Seele? In vielem erinnert mich der Film an Theaterstücke von Tennessee Williams, wie z.B. Die Katze auf dem heißen Blechdach. Oder an Wer hat Angst vor Virginia Woolf von Edward Albee – z.B. in der Verfilmung mit Elizabeth Taylor und Richard Burton.

Übrigens: Das Stück lief im letzten Jahr auch im Theater am Goetheplatz in Bremen (Theater Bremen). Mein jüngerer Sohn besuchte das Stück.

Dokus on demand – kostenlose Filmperlen

Gute Dokumentarfilme gibt es viele. Nur bekommt sie kaum jemand im Kino zu sehen. Deshalb haben sich europäische Dokumentarfilmfestivals zusammengeschlossen und ein On-demand-Angebot auf die Beine gestellt: die Doc Alliance.

    Your online documentary cinema

„Die meisten der mehr als 700 Filme, die bei der Doc Alliance erhältlich sind, sind … vor allem relevant. Und kaum gesehen. Denn nur wenige Dokumentarfilme schaffen es vom Festivalprogramm ins Kino. Zu klein ist das Publikum und ein Kinostart für die Filmverleiher damit zu teuer. Die Doc Alliance, ein Zusammenschluss mehrerer wichtiger Filmfestivals aus Europa, will das ändern.“ (Quelle: br.de)

Lars von Trier: Antichrist

Bei den Filmen von Lars von Trier tue ich mich etwas schwer. Das trifft besonders für den Film Antichrist zu, der 2009 entstand und dem russischen Filmemacher Andrej Tarkowski gewidmet ist. Wie bereits in Lars von Trier: Melancholia spielte in diesem Film Charlotte Gainsbourg diesmal die einzigste weibliche Hauptrolle – und in von Triers neuesten Projekt wird sie wieder eine Hauptrolle übernehmen.


Lars von Trier: Antichrist

Während Sie (Charlotte Gainsbourg) und Er (Willem Dafoe) Sex haben, merkt das Paar nicht, wie sich im Kinderzimmer ein schrecklicher Unfall ereignet. Der kleine Sohn klettert auf das Fenstersims und stürzt in den Tod. Sie lässt sich ein paar Monate später stationär behandeln, aber Er möchte seine Frau zu Hause therapieren. Der ruhige, analytisch denkende Psychologe scheint den Verlust des Kindes verarbeitet zu haben und ist überzeugt, eine effiziente Traumatherapie durchführen zu können. Obgleich Sie ihn als zunehmend arrogant und gleichgültig erlebt, lässt sie sich auf sein Angebot ein. Nicht die eigene Familie therapieren, nicht mit der Patientin schlafen – das sind bald vergessene Grundsätze. Um Sie mit ihren Urängsten zu konfrontieren, reist das Paar tief in die Wälder, zur Hütte „Eden“. Kaum angekommen, entdeckt Er im Unterholz einen sterbenden Fuchs und beobachtet entsetzt, wie das Tier sich selber zerfleischt. Die baldige Herrschaft des Chaos ist prophezeit…

aus: filmstarts.de

    Lars von Trier: Antichrist

Dem Film Antichrist lässt sich schwer ein Etikett aufkleben. Psychothriller mag wohl gehen; Horrorfilm, wenn auch rein optisch Elemente dieser Gattung durch die expliziten Darstellung von Gewalt zu finden sind, träfe daneben.

Ich tue mich bei diesem Film wohl so schwer, weil es eine große Kluft zwischen dem ‚Thema’ des Films und seiner optischen und akustischen Umsetzung gibt. Das Thema ist die Trauerarbeit der Frau nach dem Tod des Sohnes. Der Ehemann versucht als Therapeut, seine Frau darin zu unterstützen. Es geht um die Verzweiflung der Frau, um die Ängste, die tief in ihrem Inneren wurzeln und sie zu verzehren drohen. Es geht aber auch um irrationale Schuldzuweisungen. Daraus erwächst eine Situation, beklemmend und für beide qualvoll, die zu einem blutigen Ende eskaliert. Die seelische Qual wird zu einer körperlichen Qual, das seelische Leid endet in körperlicher Misshandlung.

Hier bedient sich der Film die ihm zur Verfügung stehenden Mittel. Ein unheilvolles Gedröhne begleitet die leicht schwankenden Bilder der Handkamera. Eicheln prasseln aufs Dach der Waldhütte. Die Natur gibt sich in vielen Anspielungen ‚bedeutungsschwanger’.

Dann eskaliert der Film aber auch thematisch: Beim Durchstöbern der Hütte findet der Mann auf dem Dachboden die unvollendete Doktorarbeit seiner Frau über Hexenverfolgungen und Frauenmorde, zusammen mit Darstellungen der Folter, Verstümmelung und Verbrennung von Frauen. Als der Mann die Frau auf seinen Fund anspricht, gesteht sie in wirren Worten, dass sie alle Frauen für von Grund auf böse halte.

In Cannes hatte Lars von Trier wiederholt mit pornografischen oder gewalttätigen Szenen in seinen Filmen oder kontroversen Äußerungen provoziert. In einem Interview mit der „Zeit“ sagte er unter anderem: „Meine Familie hatte sehr genaue Vorstellungen von Gut und Böse, von Kitsch und guter Kunst. Mit meiner Arbeit stelle ich all das in Frage. Ich provoziere nicht nur die anderen, ich erkläre mir, meiner Erziehung, meinen Werten, auch ständig selbst den Krieg. Und ich attackiere die Gutmenschen-Philosophie, die in meiner Familie herrschte.“

„Antichrist“ avancierte zum Skandalfilm. Zum einen warf man von Trier die plumpe „Instinkt-Wirkung vermeintlich emotionaler Kinobilder“ vor, zum anderen sah man in dem Film ein „verkünstlerischtes, aufgeblähtes Genrekino, das mehr sein will als Genre“. (Quelle: de.wikipedia.org)

Von Murmeltieren, Geburtstagen und WilliZ Geblogge

The same procedure as last year? The same procedure as every year …!!! Ja, heute ist wieder einmal Murmeltiertag: Denn: Und täglich grüßt das Murmeltier (Groundhog Day USA 1993 – Regie: Harold Ramis) mit Bill Murray und Andie MacDowell

Hier einige Ausschnitte aus dem Film in einer Zusammenfassung:


Und täglich grüßt das Murmeltier

Aber der heutige Tag hat noch etwas mehr auf Lager als Murmeltiere (und Geburtstage), immerhin hatte ich es vor nun acht Jahren gewagt, diesen Blog ins Internet zu stellen, um Euch gehörig auf den Geist zu gehen. Aber anscheinend finde ich doch immer wieder solche, die sich für das Eine oder Andere von dem interessieren, was auch mich interessiert. So ganz aus der Welt kann ich also nicht sein. Danke Euch und Danke auch Euren Kommentaren (weniger Dank den Trackbacks, die lediglich versuchen, Werbung bei mir zu lancieren – immerhin deutet das daraufhin, dass mein Blog für solche Versuche nicht uninteressant zu sein scheint – aber diese werden gnadenlos von mir gelöscht).

    Willi in WilliZ Welt

In diesen nun acht Jahren ist viel Wasser die Elbe, die Weser, den Rhein, den Nil und den Mississippi hinuntergelaufen – und der Oste entsprungen. Von einem Anfangfünfziger habe ich mich zu einen Endfünfziger entwickelt. Im nächsten Jahr mache ich das fünfte Dutzend voll. 5 Dutzend nennt man als Zählmaß auch Schock (dann heißt es im nächsten Jahr: Oh, Schock, ein Schock …?!). Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mich mehr und mehr an dieser Stelle zurückzuziehen. Es gibt ja wichtigere Dinge, als einen Blog mit Text und Bildchen zu füttern. Aber so ganz kann ich nicht davon lassen …

Spätestens in einem Jahr werden wir schauen, was dann das Murmeltier wieder sagt, ob’s ein längerer Winter wird, als es uns recht ist. Heute lassen wir erst einmal die Korken knallen … !!!