Kategorie-Archiv: Glotzkiste

Neues und Altes im Kino & TV

Willkommen bei den Sch’tis

Über 20 Millionen Franzosen haben den Film gesehen: Willkommen bei den Sch’tis (Originaltitel: Bienvenue chez les Ch’tis) ist eine französische Filmkomödie von Dany Boon mit Kad Merad und Dany Boon in den Hauptrollen. Am Samstagabend habe ich den Film nun mit meinem jüngeren Sohn angeschaut. Der Titel des Films spielt auf die nordfranzösische picardische Sprache an, die auch Ch’ti genannt wird. Ihre Sprecher heißen „les Ch’tis“.

Zum Inhalt: Philippe Abrams (Kad Merad) ist Filialleiter einer kleinen Poststelle in der Provence. Aufgrund der Launen seiner Ehefrau Julie (Zoé Félix) bemüht er sich seit einiger Zeit, an die sonnige Cote d´Azur versetzt zu werden, um ihr wankelmütiges Gemüt etwas aufzuheitern. Dank der Bemühungen seines Freundes Jean (Stephane Freiss) gelingt es ihm beinahe, die begehrte Stelle zu ergattern, doch ein Konkurrent erweist sich als behindert und wird daher bevorzugt. Bei der nächsten Bewerbung möchte Philippe nicht erneut leer ausgehen und gibt sich trotz großen Bedenken seitens Jeans als Rollstuhlfahrer aus. Prompt wird er bei einer routinemäßigen Kontrolle der Behörden als skrupelloser Betrüger entlarvt – und in den ungeliebten Norden Frankreichs, in die Region Nord-Pas-de-Calais, strafversetzt. Über die Region und besonders deren angeblich besonders einfältigen Einwohner werden sich im Süden oft wahre Horrorgeschichten erzählt. Insbesondere die primitive Sprache der Nordfranzosen steht häufig im Zentrum der Kritik.

Daher ist eine der Hauptattraktionen des Films der lokale „Ch’ti“-Dialekt, der – beeinflusst vom Flämischen – selbst so manchen muttersprachlichen Franzosen vor erhebliche Verständnisprobleme stellt. Dieses Kauderwelsch angemessen ins Deutsche zu übertragen, war keine leichte Aufgabe, denn die Übersetzung in eine deutsche Mundart (etwa das Schwäbische) hätte schlicht deplatziert gewirkt. Folglich entschloss sich der deutsche Verleih, eine neuartige Kunstsprache zu entwickeln, was sicherlich grandios hätte scheitern können, doch wider Erwarten gelang.

Auch wenn den meisten deutschen Zuschauern die Problematik, auf die sich „Willkommen bei den Sch’tis“ stützt, unbekannt sein dürfte, handelt es sich doch um ein so universelles Thema, dass es sich wohl in jedem Land der Erde nachvollziehen lassen dürfte.


Willkommen bei den Sch’tis (siehe auch den Trailer hierzu)

„Willkommen bei den Sch´tis“ ist eine der besten Komödien der letzten Zeit, die weniger auf Brachialhumor und dafür mehr auf quirlige Charaktere und das clevere Spiel mit hartnäckigen Vorurteilen setzt. Der Film entwickelt eine Verve, ein positives, beschwingtes Lebensgefühl., wie es uns wohl doch nur die Franzosen vermitteln können (siehe auch Die fabelhafte Welt der Amélie). Ein Film zum Wohlfühlen. Ich kann ihn nur wärmstens weiterempfehlen.

Watchmen – Die Wächter

Eine alternative Realität im Jahre 1985: Die USA haben Vietnam besiegt, Richard Nixon (Robert Wisden) tritt seine fünfte Amtszeit an. Das nukleare Wettrüsten mit der Sowjetunion steht kurz vor der kriegerischen Eskalation. Niemand ist in der Lage, die drohende Apokalypse abzuwenden. Weder der durch einen Strahlenunfall zum gottgleichen Dr. Manhattan (Billy Crudup) mutierte Physiker Jon Osterman, noch die maskierten Watchmen, die durch einen Staatserlass in den Ruhestand gezwungen wurden. Damit ist es jedoch abrupt vorbei, als ein vermummter Attentäter auftaucht und den Comedian (Jeffrey Dean Morgan) aus dem Fenster eines Wolkenkratzers wirft. Der letzte noch aktive Vigilant, der Soziopath Rorschach (Jackie Earle Haley), sieht darin einen Angriff auf alle noch verbliebenen Watchmen und begibt sich auf die Jagd nach dem Mörder. Mit der Hilfe seiner Ex-Kollegen Dan Dreiberg alias Night Owl II (Patrick Wilson), Laurie Juspeczyk alias Silk Spectre II (Malin Akerman) und Adrian Veidt (Matthew Goode), dem klügsten Mann der Welt, kommt Rorschach einer schrecklichen Verschwörung auf die Spur…

(aus: filmstarts.de)

Watchmen – Die Wächter ist ein auf den gleichnamigen Comics von Alan Moore und Dave Gibbons basierender Superhelden-Film. Regie führte Zack Snyder. Der Film kam am 5. März 2009 in die deutschsprachigen Kinos.


Watchmen Die Wächter – deutscher Trailer 2009

Es ist schon so eine Sache mit Superhelden. Sie kommen langsam in die Jahre. Das mussten auch Spiderman in Spiderman 3 und Batman in The Dark Knight erfahren, als sie nicht nur mehr gegen Bösewichte zu kämpfen hatten – sondern auch mit sich selbst.

Die Watchmen sind auch in die Jahre gekommen, aber sie präsentieren sich anders als alle bisher gezeigten Superhelden: Sie sind zynisch und brutal und damit nichts für zarte Seelen. Vielleicht lässt sich der Film mit Sin City vergleichen (liegt bei mir noch auf Abruf), beide Filme sind optisch opulent und präsentieren das Genre des Comics, wie es wohl wirklich sein will: unverblümt und etwas für Adepten.

Mich hinterlässt der Film etwas ratlos. Allein die Brutalität mancher Szenen stieß mich ab. Aber ich muss gestehen, dass von der Bildgewalt (sic!) eine nicht zu leugnende Faszination ausgeht. Für mich ist hier einigen (den Autoren der Vorlage und dem Regisseur des Films) reichlich die Fantasie durchgegangen – wie eine Sicherung oder eine Glühbirne durchgeknallt. Hier zeigen sich Protagonisten, die eigentlich Helden sein sollen, von ihrer dunklen Seite. Und wenn sie die Welt am Ende retten, so nur, indem sie andere Menschen in den Tod reißen. Ein weniger wünschenswertes Szenario.

Horst Schimanski, Duisburg

Eigentlich sind es nur Reminiszenzen an alte Tage. Über 25 Jahre ist es her. Am Sonntag guckte ich öfter den Tatort im Fernsehen, den es bis heute bereits seit 1970 gibt. Viele Kriminalbeamte gaben sich da die Klinke in die Hand: Kommissar Trimmel, der Zollfahnder Kressin, Kommissar Finke (Klaus Schwarzkopf), Kommissar Stoever (Manfred Krug) oder Kommissar Heinz Haferkamp (Hansjörg Felmy)..

Und dann, 1981, wacht da in der ersten Szene eines neuen Tatorts ein gewisser Kommissar Schimanski mit dreckiger Unterhose und völlig verkatert zwischen leeren Bierflaschen auf, isst zwei rohe Eier und geht dann ungewaschen zum Dienst … Horst Schimanski, Kripo Duisburg.

Zehn Jahre bis 1991 beehrte Schimmi, wie er von Freunden genannt wird, das deutsche Fernsehpublikum. Dann hatte der Schauspieler Götz George die Schnauze voll von der Rolle, an deren Figur und Erscheinungsbild der Schauspieler maßgeblich beteiligt war. Aber Ende 1997 tauchte Schimanski auf den Bildschirmen wieder auf, jetzt in einer eigenen Fernsehreihe, von der es inzwischen 15 Teile gab. Der letzten Schimmi wurde vor gut einem Jahr ausgestrahlt, kurz vor seinem (und Götz Georges) 70. Geburtstag.

Dieser Tage nun gab es eine Wiederholung (den 13. Teil vom 26.06.2005, Titel: Sünde). Daher die Erinnerungen an alte Tage.

Man kann von Schimanski denken, was man will. Die einen halten ihn für einen unverbesserlichen Macho, die anderen für einen kulturlosen Proleten. Für mich und einige meiner alten Kumpel verbindet sich mit Schimanski ein Lebensgefühl, wie wir es damals empfunden haben. Ein Kumpel ging sogar soweit, Schimmis charakteristisches Markenzeichen, eine beige-graue M65-Feldjacke zu tragen – besser bekannt als „Schimanski-Jacke“.

Was hatten wir nun mit Schimanski gemeinsam? Mit Ruhrpott, für den Schimanski gewissermaßen steht, hatten wir schon der geografischen Ferne wegen nichts am Hut. Da schon eher etwas mit der norddeutschen Tiefebene. Aber am Ende, so sahen wir es, gleicht sich beides doch sehr.

An die Gründung einer Familie (immerhin waren wir damals Mitte zwanzig) dachte damals keiner. Wir hatten zwar einen Job, aber ein geregeltes bürgerliches Leben war uns doch eher fremd. Sicherlich schlugen wir uns so manche Nacht um die Ohren, aber doch eher an den Wochenende. Vielleicht war es ein Nicht-erwachsen-werden-Wollen, was uns umtrieb.

Nach außen hin waren wir wie Schimanski wenig kultiviert, aber nicht kulturlos. Manche Abende haben wir in Konzerten und Theatern verbrach – aber es waren eher die aufrührerischen Stücke, die uns interessierten. Wir gaben uns im Tonfall schnodderig, aber nicht aggressiv. Wenn, dann kämpften wir verbal.

Inzwischen sind wir zwar längst bürgerlich geworden, haben geheiratet und auch Kinder in die Welt gesetzt. Aber etwas Rebellisches, so denke ich, ist uns immer noch geblieben. Dafür ist die Welt nicht gut genug, um alles zu akzeptieren. Und so ist etwas von einem Schimanski auch heute noch in uns.

Da es nichts Besseres im Fernsehen gab, habe ich mir die besagte Folge aus der Schimanski-Reihe angeschaut. Schimmi ist für mich auch heute noch echt Kult. Es war ein Genuss, Schimanski wieder einmal ‚in action’ zu sehen.

siehe auch den Beitrag: Was ist bloß mit Ian los? Teil 65: Schimanski hört Tull

Woody Allen: Vicky Cristina Barcelona

Bei Woody Allen vermisse ich sooft die Ernsthaftigkeit. Ich weiß auch nicht, warum ich es besonders bei ihm immer wieder bemängele. Vielleicht erwarte ich einfach einmal etwas mehr von ihm. So auch in dem Film Vicky Cristina Barcelona, u.a. mit Scarlett Johansson, Woody Allens neuer Muse, Penélope Cruz und Javier Bardem. Worum geht es?

Der Maler Juan Antonio Gonzalo lebt in Barcelona und trauert seiner letzten Beziehung mit María Elena nach. Auf einer Ausstellung lernt er die US-amerikanischen Touristinnen Cristina und Vicky kennen, die ihren Sommerurlaub in Spanien verbringen. Er lädt sie zu einem Wochenende in Oviedo ein. Vicky, die kurz vor ihrer Hochzeit steht, ist anfangs sehr ablehnend und möchte nicht mitkommen. Nur ihrer Freundin Cristina zuliebe, die fasziniert von der direkten Art Juan Antonios ist, willigt sie ein.

Es riecht nach sommerlichen Liebesfilm – und tatsächlich verwebt Allen sämtliche Klischees, die die unterschiedlichen Konstellationen ergeben, miteinander und erzeugt einen Film, bei dem die Darsteller vor Freude an der Sache Lust auf Liebe, Urlaub – und Barcelona erzeugen.


Woody Allen: Vicky Cristina Barcelona (Trailer)

Barcelona, man bekommt Geschmack auf diese Stadt in Katalonien, der Stadt Gaudís, Mirós oder Salvador Dalís.

Jedes Herz ist eine revolutionäre Zelle

Gestern Abend sah ich auf dem TV-Sender ARD den deutsch-österreichischen Film von Hans Weingartner aus dem Jahre 2004: Die fetten Jahre sind vorbei

Die Freunde Jan (Daniel Brühl) und Peter (Stipe Erceg) sind politische Aktivisten, die mit außergewöhnlichen Maßnahmen provozieren wollen: Sie brechen nachts in Nobelvillen ein, klauen zwar nichts, verbreiten aber heilloses Chaos (Die Idee ist zwar nicht ganz neu, aber ich enthalte mich hier des Vorwurfs des Plagiats). Dabei hinterlassen sie Botschaften wie „Die fetten Jahre sind vorbei“ oder „Sie haben zu viel Geld“ – unterzeichnet mit „Die Erziehungsberechtigten“. Doch dann geht im Kampf gegen den Kapitalismus etwas schief. Jan verliebt sich in Peters Freundin Jule (Julia Jentsch), steigt mit ihr im Überschwang der Gefühle in eine Villa ein. Dort werden sie vom Hausherrn (Burghart Klaußner) überrascht. Völlig planlos, müssen die beiden improvisieren – und werden so zu Entführern.

Bis hierhin hat der Film einige Längen; technisch wirkt er etwas amateurhaft, die Bilder sind im Handkamera-Stil gedreht, wodurch sie oft leicht wackelig sind. Auch die Schnitte sind etwas gewöhnungsbedürftig. Das ist durchaus gewollt. Dann wird der Film aber wirklich interessant.

Die Entführer verstecken sich in einer Berghütte mit ihrem Opfer. Dort kommt es zu ausgiebigen Gesprächen. Bald stellt sich heraus, dass der entführte Klassenfeind alles andere als ein herzloser „Bonze“ ist. Vielmehr berichtet er von seiner Zeit im Vorstand des SDS, und von seiner Bekanntschaft mit Rudi Dutschke. Die drei Jugendlichen kommen zum Schluss, dass die Entführung „moralisch unter aller Sau“ war, und bringen Hardenberg wieder zu seiner Villa zurück. Hardenberg beteuert dabei, „die Bullen“ aus dem Spiel lassen zu wollen.

Trotzdem wird in der nächsten Szene die Wohnung von Peter und Jan von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei gestürmt (solche Kommandos kommen auch in anderen Filmen von Hans Weingartner vor); diese wird jedoch leer vorgefunden, bis auf einen Zettel an der Wand auf dem steht: „Manche Menschen ändern sich nie“. Hardenberg sitzt mit Anzug und Krawatte, ganz der Alte, in einem Polizeiwagen und ist Zeuge der Wohnungsstürmung. Jule, Peter und Jan sind indessen in einem fernen Hotel an der spanischen Küste.

Der Film mit Daniel Brühl als übermütiger Weltverbesserer wurde mit dem Bayerischen Förderpreis und dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet.


Die fetten Jahre sind vorbei (Trailer)

Mit der Weltverbesserung ist das so etwas. Was die drei jungen Leute da machen, ist natürlich kriminell, wenn ihre Opfer auch nicht viel anders sind als Schreibtischtäter. Als die Situation eskaliert, werden sie völlig kopflos und entscheiden sich für das Falsche. Immerhin erkennen sie bald, dass die Entführung nicht mit ihrem Idealismus übereinstimmt und lassen ihr Opfer frei. Der Clou dabei: Sie sind nicht naiv genug, um den Aussagen Hardenbergs zu glauben. Dieser mag nachdenklich geworden ein. Aber kaum in seiner ‚gewohnten’ Umgebung zurück, schlüpft er wieder in seine alte Rolle. Schon in den Gesprächen mit seinen Entführern ließ er erkennen, dass seine früheren Aktivitäten weniger politisch motiviert waren, er mehr ‚aus Spaß’ an der 68-er Revolte teilgenommen hatte, ähnlich Leuten wie Rainer Langhans oder Uschi Obermaier.

Ry Cooder: Paris, Texas

Ich habe mich gefragt, wie ich eigentlich zu Ry Cooder ‚gekommen’ bin. Es war die Musik zu dem Film Paris, Texas aus dem Jahre 1984 von Wim Wenders, mit dem Cooder später weitere Male zusammenarbeiten sollte (Buena Vista Social ClubRy Cooder: The End of Violence).

„Paris, Texas“ ist ein deutsch-französischer Spielfilm, ein in englischer Sprache gefilmtes Drama, u.a. mit Harry Dean Stanton, Nastassja Kinski, Dean Stockwell und Bernhard Wicki. Das Drehbuch schrieb Sam Shepard. Bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 1984, dem neben der Berlinale und den Filmfestspielen von Venedig bedeutendsten Filmfestival, erhielt der Film den Hauptpreis, die Goldene Palme.

Wer den Film kennt, wird sich unweigerlich auch an die Musik erinnern. Cooders Musik mit den einsamen, geradezu spärlichen Tönen auf der Slide-Gitarre gehört zu den Fällen, in denen sich die Musik mit dem Film zu einer gelungenen Symbiose gefunden hat. Da ist der eine Teil ohne den anderen einfach nicht denkbar. Und so sieht man beim Eröffnungsthema von Cooder unwillkürlich diese weiten Ebenen im Westen der USA und Travis (Harry Dean Stanton), wie er sie durchwandert; und jedes Mal, wenn man z.B. ein Standfoto aus dem Film sieht, hört man die Musik von Ry Cooder.

Ry Cooder: Paris, Texas

Der Eingang zum Hauptthema zu Paris, Texas besteht nur aus wenigen Tönen. So schlägt Cooder eine Saite an, gleitet mit dem Bottleneck (auch Slide-Bar genannt) kurz einen Halbton höher und gleich wieder zurück auf einer Gitarre, die in offener Stimmung in D-Dur gestimmt ist (D – A – D – F# – A – D). Das ist minimalistisch und passt doch ungeheuerlich zu den kargen Bildern des Films.

Damals, als ich den Film zum ersten Mal sah, hat mich die Musik wohl mehr fasziniert als der Film selbst (oder es war das beschriebene Zusammenspiel von Film und Musik), sodass ich mich weiter umhorchte und mir so nach und nach die eine und andere Scheibe von Ry Cooder zulegte. So ‚kam’ ich also über diesen Soundtrack zu dem Meister der Slide-Gitarre.

Hörbeispiele – Ry Cooder: Paris, Texas

Der Film selbst ist „eine filmästhetisch bestechende und emotional mitreißende Synthese aus publikumswirksamem Genrefilm und europäischem Autorenkino als realistisches Amerikabild, Road Movie, Liebesgeschichte und mythische Allegorie gleichermaßen glaubhaft und faszinierend.“ (Lexikon des internationalen Films)


Paris, Texas (1984)

siehe auch Paris, Texas – Trailer (Deutsch)
siehe auch World of Soundtrack: Ry Cooder

Thomas Mann: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

Vor gut vier Jahren hatte ich die „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ von Thomas Mann erneut gelesen und mich dabei u.a. über die Bezüge des Romans zur Homosexualität ausgelassen. Da dieser Tage der Film im Fernsehen zu sehen war und ich ihn aufgezeichnet habe, griff ich erneut, zum dritten Male, zum Buch.

Der Roman „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ war der letzte aus der Feder von Thomas Mann und erschien 1954, ein Jahr vor Manns Tod. So gibt es auch nur „Der Memoiren erster Teil“. Leser, die Thomas Mann nicht kennen, werden sich zunächst eher schwer tun. Die Sprache Thomas Manns ist reichlich aufgeblasen, zu schwulstig-pompös und manieriert, als dass sie auf Dauer gefallen könnte. Sicherlich ist das in diesem Roman ein Stilmittel, denn Felix Krull entblößt sich auch in seinem schriftlichen Zeugnis als Hochstapler.

Insgesamt finde ich den Roman doch sehr aufschlussreich, da er uns einen Einblick in die alte Kaiserzeit am Ende des 19. Jahrhundert gewährt, denn um diese Zeit spielt der ‚Krull’. Besonders die Ignoranz des Adels, der höheren Gesellschaft gegenüber dem Bürgertum und der Arbeiterschaft tritt hier deutlich zu Tage.

1957 wurde der Roman mit Horst Buchholz in der Titelrolle verfilmt. Regie: Kurt Hoffmann. Aus diesem Film möchte ich die Szene von der Gestellung, d.h. Musterung, des Felix Krull vorstellen. Zur Nachahmung in heutigen Tagen ist dies sicherlich nicht mehr unbedingt zu empfehlen, aber auf jeden Fall ist die Szene sehr amüsant (aus 2. Buch – 5. Kapitel des Romans):


Felix Krull (1957): Gestellung/Musterung

Für Kandidaten auf den Dienst mit der Waffe empfehle ich daher eher Sven Regeners zweiten Roman „Neue Vahr Süd“ aus der „Lehmann“-Trilogie. Interessant sind da besonders die Anmerkungen zum „pazifistischen Dilemma“, wie es einer der Protagonisten des Romans nennt (Herr Lehmann und die Bundeswehr).

Grau-in-grau, so farbenfroh

Grau-in-grau, so farbenfroh (0)

Vielleicht kennt Ihr den Film Pleasantville, in dem Teenies aus den 90ern plötzlich in einer schwarz-weißen TV-Serie der 50er Jahre landen. Durch eine rote Rose kommt zum ersten Mal Farbe in das triste Schwarz-weiß. Und je mehr Teenager ihre Individualität entdecken, desto bunter wird Pleasantville.

Ähnlich geht es in dem Film Sin City zu. Der Film ist wie die Comics, die als Vorlage dienten, in Schwarz-Weiß gehalten. Einige wenige Elemente (wie beispielsweise Augen, Autos, Lippen usw.) sind jedoch farbig dargestellt (Colorkey-Technik). Dieser Effekt wurde dadurch erreicht, dass der Film in Farbe gedreht und erst später in hochauflösendes Schwarz-Weiß konvertiert wurde.

Ich neige zu Spielereien und habe mir einige Fotos von unserem Urlaub vor zwei Jahren in Grainau (mit Abstecher zu dem Ritterturnier in Kaltenberg und nach München, u.a. ins Deutsche Museum) herausgesucht. Aus diesen Bildern habe ich ein Objekt herausgeschnitten, dann das ganze Bild in ein Graustufenbild umgewandelt und das farbige, ausgeschnittene Objekt wieder an die alte Stelle eingefügt (zuvor musste ich die Farbtiefe des Graustufenbildes wieder erhöhen).

Grau-in-grau, so farbenfroh (1)

Grau-in-grau, so farbenfroh (2)

Grau-in-grau, so farbenfroh (3)

Grau-in-grau, so farbenfroh (4)

Grau-in-grau, so farbenfroh (5)

Ich finde es schon bemerkenswert, wie sich die Sichtweise auf solche Bilder verändert. Auf dem letzten Bild würde man die junge Frau mit dem Bierkrug wohl nicht so ‚vordergründig’ wahrnehmen, wenn das ganze Bild in Farbe wäre. Und die Natur (Bild 2 und 3) verliert viel von ihrer ‚Majestät’, wenn sie sich nur noch in Grautönen präsentieren darf.

Ry Cooder goes Rap: Trespass

Nachdem ich bereits Ry Cooders Ausflüge in die Weltmusik näher betrachtet hatte, bin ich in den letzten Tagen dabei, Ry Cooders diverse musikalische Beiträge zu amerikanischen Filmen unter die Lupe zu nehmen. Ry Cooder war in vielen Filmen des Regisseurs Walter Hill gewissermaßen der Haus- und Hofkomponist.

Im Jahr 1992 erschien der Film Trespass (alternativ: Die Rap-Gang), ein US-amerikanischer Actionthriller, von Walter Hill. Für diesen Film zeichnete Cooder wieder als Komponist der Filmmusik und auch als mitwirkender Musiker.

Die Tonspur zu Walter Hills Film Trespass besteht zum einen aus HipHop-Stücken, zum andern aus einem instrumentalen Score. Mit Hilfe herausragender Künstler wie Jim Keltner (dr) und vor allem Jon Hassell (tr) kreiert hier der Slide-Gitarrist und Arrangeur Cooder eine gespenstisch-atmosphärische Collage. Düster steht schier verkörperlichte Bedrohung im Raum, Bilder werden heraufbeschworen, wie sie der Film auch nicht plastischer liefern könnte.

Zum Inhalt:
Zufällig geraten die zwei Südstaaten-Feuerwehrmänner Vince und Don in den Besitz einer Karte, die die Lage eines Goldschatzes in einem leerstehenden Lagerhaus in St. Louis verrät. Von Abenteuerlust gepackt machen sich die beiden auf den Weg dahin, nicht wissend, dass just in diesem Lagerhaus eine Drogengang ihre Geschäfte abwickelt. Tatsächlich kommt es zum Aufeinandertreffen der beiden Parteien, das alsbald zur tödlichen Auseinandersetzung ausartet. Bei dem Film handelt es sich um harte Gangster-Action mit den HipHop-Stars Ice-T und Ice Cube!

Ry Cooder: Trespass

Hörbeispiele: Trespass – instrumentaler Score von Ry Cooder

Hier der vollständige Titel „King of the Street“ aus der Feder von Ry Cooder, mit dem dieser sich auch gewissermaßen als Rapper beweist: Cooder goes Rap!


King of the Street – Ry Cooder

Zum Film selbst hier der Trailer im Original:


Walter Hill: Trespass (Trailer)

Zuletzt der Titelsong, geHipHopt gerapt von Ice-T & Ice Cube – der Vollständigkeit halber:


Ice-T & Ice Cube – Trespass

siehe auch: Ry Cooder in der IMDb (Internet Movie Database)

Ry Cooder: Alamo Bay

Im texanischen Alamo Bay am Golf von Mexiko lebt man vom Krabbenfang, doch Flüchtlinge aus Südvietnam machen den einheimischen Fischern das Leben zunehmend schwer. Der Vietnam-Veteran Shang will sich die unliebsame Konkurrenz vom Hals schaffen.

“In den Jahren nach dem Fall Saigons flüchtete eine Million Vietnamesen aus ihrem Land, von denen viele hofften, in den USA ein neues Leben aufbauen zu können. Diese Geschichte beruht auf einer Reihe von Ereignissen, die sich an der Golfküste von Texas zwischen 1979 und 1981 abspielten“, heißt es im Vorspann. Einer von diesen Flüchtlingen ist der junge Vietnamese Dinh. Er kommt mit viel Hoffnung und Vertrauen in den american way of life nach Alamo, ein texanisches Fischerstädtchen am Golf von Mexiko, Anfang der 1980er Jahre. Seit jeher ernährt man sich hier vom Krabbenfang. Doch mit den ersten Flüchtlingen, die sich als fleißige und geschickte Fischer entpuppen, ist die Stimmung angespannt.

Der alte Wally wird offen angefeindet, weil er den Fremden Arbeit auf seinen Krabbenkuttern gibt. Vor allem zwischen dem Vietnam-Veteranen Shang und Wally herrscht Verbitterung, wenn auch nicht nur wegen der Vietnamesen: ihre Feindschaft schwelt schon seit langem, denn Shang und Wallys Tochter Glory verbindet seit Jahren eine heiße Affäre, obwohl Shang inzwischen verheiratet und Vater ist. Auch zwischen dem Paar kommt es zu ernsten Spannungen, Shang reagiert eifersüchtig und wütend auf Glorys Freundschaft zu ihren „Gastarbeitern“, die sie als gleichberechtigte Partner behandelt – vor allem zu dem ehrgeizigen aber höflichen Dinh, der fleißig auf ein eigenes Boot spart.

Als Shangs eigener Kutter von der Bank gepfändet und konfisziert wird, eskaliert die Situation, aus der latenten Feindseligkeit lodern die Flammen offenen Hasses, der Ku Klux Klan schaltet sich ein und nützt die Gunst der Stunde. Dinh wird brutal aus einer Kneipe geprügelt, die Fischer organisieren einen Streik, um die Vietnamesen zu verjagen, anscheinend mit Erfolg auf der ganzen Linie. Die unwillkommenen Neubürger packen ihre Koffer und verlassen den Ort. Doch dann kehrt Dinh mit seinem Freund Ben zurück. Er will sich nicht noch einmal vertreiben lassen, nicht noch einmal der Gewalt weichen wie in seiner Heimat – und in Glory findet er eine Mitkämpferin. Sie fährt mit den beiden aufs Meer hinaus, obwohl sie weiß, dass sie damit alle Fischer gegen sich aufbringt – an ihrer Spitze den unberechenbaren Shang.

Louis Malle (1932-1995), der zehn Jahre lang, von 1976 bis 1986, in den USA lebte und arbeitete und in dieser Zeit fünf Spiel- und zwei Dokumentarfilme drehte, stemmt sich in diesem auf authentischen Ereignissen beruhenden Kinofilm aus dem Jahre 1985 gegen den damaligen Trend in den USA, die Veteranen des Vietnamkrieges zu Helden zu machen, wie es die „Rambo“-Kinoserie und Michael Ciminos „Im Jahr des Drachen“ versuchten, um das Trauma des verlorenen Krieges zu lindern. Malle zeigt den krassen Hass der „Verlierer“ gegen südvietnamesische Boat People und Einwanderer, die doch genauso Opfer des Krieges sind wie sie selbst, vertrieben vom neuen kommunistischen Regime.

Ry Cooder: Soundtracks zu The Border & Alamo Bay

Die Musik zu „Alamo Bay“ schrieb kein Geringerer als Ry Cooder, der damit bei einem weiteren Film für den Soundtrack verantwortlich zeichnete. Bei YouTube habe ich einen Ausschnitt aus dem Film gefunden. Zuletzt das Musikstück von Ry Cooder, das das musikalische Thema (Theme From Alamo Bay) zu dem Film bildet. Der Soundtrack zu dem Film ist zusammen mit der Musik für den Film „The Border“ (deutsch „Grenzpatrouille“) aus dem Jahr 1982 von Tony Richardson und mit Jack Nicholson sowie Harvey Keitel.auch auf CD erhältlich: Ry Cooder: The Border / Alamo Bay.


Alamo Bay (1985) Harbor Confrontation


Ry Cooder: Theme From Alamo Bay aus Alamo Bay (Soundtrack) (1985)

siehe auch: Ry Cooder in der IMDb (Internet Movie Database)

Ry Cooder: The Border

The Border, zu deutsch Grenzpatrouille, ist ein US-amerikanisches Filmdrama aus dem Jahr 1982 in der Regie von Tony Richardson und mit Jack Nicholson sowie Harvey Keitel. Die Musik stammt von Ry Cooder, den wir bereits als Komponisten diverser Soundtracks zu anderen Filmen kennen. Für den Soundtrack zu diesem Film wurden u.a. auch zwei Lieder von Domingo Samudio verwendet, besser bekannt als Sam the Sham von der Tex-Mex-Band Sam the Sham & the Pharaohs aus den 60er Jahren.

Vielleicht noch einige Anmerkungen zu Filmmusik allgemein. Diese wird meist eingesetzt, um die optischen Eindrücke zu untermalen bzw. zu unterstützen oder gar zu verstärken. Man spricht hierbei von Underscoring. Diese Musik nennt man auch Off-Musik, also eine Musik, die die eigentlichen Filmcharaktere nicht wahrnehmen. Im Gegensatz dazu ist On-Musik eine Musik, die auch die Protagonisten des Film wahrnehmen, z.B. wenn im Film in einer Bar die Musikbox spielt. So genannte Soundtracks, also Musik, die auf Musik-CDs veröffentlicht wird, unterscheidet man oft in Samplers und Scores. Ein Score ist in der Regel die Musik, die speziell für den Film komponiert wurde und dem genannten Underscoring (immer Off-Musik) dient. Hierzu gehört auch ein Leitmotiv, das wiederkehrend bestimmten Charakteren oder Handlungssträngen zugeordnet wird. Ein Sampler enthält dagegen meist Lieder, die sowohl Off- als auch On-Musik sein können, also Lieder oder Stücke, die oft nicht extra für einen Film komponiert wurden (wie z.B. die zwei Lieder von Domingo Samudio) und ‚nur’ thematisch gut zu einem Film passen. Oft erscheinen auf einem Sampler auch Stücke, die im Film gar nicht angespielt wurden.

Aber weiter zur Thematik des Filmes: Er handelt von einer Grenzpatrouille (United States Border Patrol) an der Grenze zwischen Texas und Mexiko und dem Problem der illegalen Einwanderung von Mexikanern in die USA. Dabei werden Menschenschmuggel bis hin zu Menschenhandel (von Kindern, die als Adoptivkinder verkauft werden) anhand von Einzelschicksalen thematisiert.

Hier zunächst ein Trailer zu dem Film:


Tony Richardson. The Border (Grenzpatrouille)

… und ein etwas längerer Filmausschnitt (im Original):


Jack Nicholson: The Border

Zuletzt aus dem Soundtrack zu diesem Film das Stück “Too Late”, das Ry Cooder u.a. mit John Hiatt (Gitarre, Gesang) und Jim Keltner (Drums), die immer wieder bei Plattenaufnahmen von Cooder mitwirkten, eingespielt hat:


Ry Cooder/John Hiatt u.a. – Too Late

Übrigens: Den Film gibt es heute Abend auf Tele5 im Fernsehen.