Kategorie-Archiv: Glotzkiste

Neues und Altes im Kino & TV

Tatort (600) aus Bremen: Scheherazade (2005)

Es sind jetzt 14 Jahre her, dass sich die Terroranschläge vom 11. September ereigneten. Vier Jahre danach wurde in der ARD die Tatort-Folge (600) Scheherazade ausgestrahlt, die diese Anschläge thematisierte.

Zu den Anschlägen vom 11. September haben sich viele Verschwörungstheorien entwickelt. Deren Vertreter gehen meist davon aus, dass die US-Regierung und/oder ihre Geheimdienste die Anschläge wissentlich zugelassen oder selbst durchgeführt haben. Eine dieser Theorien, nämlich die These von einer „kontrollierten Sprengung“ (controlled demolition) der eingestürzten WTC-Gebäude mit heimlich platzierten und gezündeten Explosivstoffen, ist Ausgangspunkt der Tatort-Folge aus Bremen mit den Ermittlern Inga Lürsen und Nils Stedefreund. Hinzu kommt, dass mehrere der Attentäter zuvor in Hamburg lebtenund dort zu einer Gruppe islamistischer Studenten an der Technischen Universität Hamburg-Harburg gehörten. Sie sollen nach Zeugenaussagen dort als „Hamburger Terrorzelle“ seit Frühjahr 1999 die Anschläge auf das WTC und das Pentagon zu planen begonnen haben.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Völlig verängstigt taucht eine junge Frau im Kommissariat von Inga Lürsen und Stedefreund auf. Nach einer langen Nacht, kurz bevor ein Täter endlich gestehen will, platzt sie mitten in das Verhör. Der Täter schweigt wieder.

Hauptkommissarin Inga Lürsen ist genervt und müde. Manu berichtet von einem brutalen Mord an ihrem Freund, aber Inga Lürsen glaubt ihr nicht. Für sie ist Manu eine Märchenerzählerin wie Scheherazade. Bereits vor Jahren hat sie Manu mit einem Geständnis überführt, für Totschlag im Drogenmilieu, und schon damals erzählte Manu oft Geschichten und nur selten die Wahrheit. Aber Manu lässt nicht locker, sie beharrt darauf, dass ihr Freund in den Terror um den 11. September verwickelt war. Nur Stedefreund – fasziniert von dieser Frau – ist bereit, sich auf ihre Behauptungen einzulassen. Er überredet Inga Lürsen, gemeinsam mit Manu zu der Wohnung zu fahren, in der die Leiche liegen soll; doch die Kommissare finden nichts – keine Leiche, keine Spuren, keinerlei Hinweise auf Manus Geschichte. Aber Stedefreund will der Geschichtenerzählerin glauben.

Nur für Inga scheint der Fall ganz klar, bis plötzlich ihre alte Liebe auftaucht, und dann muss auch sie sich für eine Wahrheit entscheiden.


Tatort (600) aus Bremen: Scheherazade (2005)

Nun die Tatort-Serie beschäftigt sich immer wieder mit aktuellen Themen. So wagte man sich in Bremen gut drei Jahre nach den Ereignissen vom 11.09.2001 an den brisanten Stoff. Christian Jeltsch schrieb das Buch. Er zeichnete auch für andere Vorlagen mit aktuellen politischen Motiven verantwortlich. Regie führten Peter Henning und Claudia Prietzel. Erwähnenswert ist auch die hervorragende Kameraarbeit von Ngo The Chau, der hierfür den Deutschen Fernsehpreis 2005 (Beste Kamera) und den Deutschen Kamerapreis (Fernsehspiel) bekam.

Am Ende bleibt dieser Fall zwangsläufig ungeklärt. Auch von dem Toten gibt es keine Spur. Aber der Zuschauer weiß, dass hier ‚höhere Interessen‘ eine Rolle spielen. Was als Zufall erschien, war von langer Hand geplant. Natürlich ist alles Fiktion. Aber wie die Wirklichkeit aussieht, wissen nur die wenigsten.

Zu Martin Walser (6): Walser und die Krimis – Teil 2

In Friedrichshafen am Bodensee ist nicht viel los. Viel zu wenig, um Tassilo S. Grübel (Bruno Ganz) ein Auskommen als Privatdetektiv zu sichern. Er betreibt das „Büro für Auskunft und Wissen“ zusammen mit seiner Mutter (Herta Schwarz) und seinem Freund, dem stellungslosen Grafiker Hugo (Axel Milberg). Damit überhaupt mal ein Auftrag reinkommt, provoziert Tassilo die Fälle selbst und schreibt z. B. Erpresserbriefe an seine reichen Nachbarn. Er selbst nimmt dann die Ermittlungen auf und kümmert sich um die Geldübergabe. Und obwohl er doch weiß, dass er es nicht mit echten Gangstern zu tun hat, ist er mit seiner Arbeit ständig überfordert und ihm schlottern die Knie. In weiteren Rollen sind Renate Schroeter als Isle Blickle, Lisa Kreuzer als Mia von Mufflings, Charles Brauer als James Blickle und Karl Heinz Vosgerau als Georg Feuerstein zu sehen.

Wann genau die Hörspiele um die Figur Tassilo S. Grübel samt seiner Frau Biddie, seiner Mutter und seinem Freund Hugo Billingsreuther aus der Hand von Martin Walser entstanden sind, habe ich nicht mit Sicherheit in Erfahrung gebracht. Im Band 10 seiner Werke in zwölf Bänden finden sich alle von Walser verfassten Hörspiele. Interessant ist zu wissen, dass Walser 1949 während seines Studiums begann, für den neu gegründeten Süddeutschen Rundfunk als Reporter zu arbeiten und Hörspiele zu schreiben. Eine zwischenzeitliche Festanstellung beim SDR ermöglichte ihm 1951 die Promotion in Tübingen mit einer Dissertation über Franz Kafka. Zusammen mit Helmut Jedele bildete er den Kern der „Genietruppe“ des Stuttgarter Hörfunks und baute als freier Mitarbeiter den Fernsehbereich des Senders mit auf. Er führte Hörspielregie und wirkte 1953 am Buch der ersten Fernsehfilmproduktion des deutschen Nachkriegsfernsehens mit. Parallel dazu vertiefte er als Rundfunkredakteur und Autor seine Kontakte zur Literaturszene.

Ich gehe aber davon aus, dass die Tassilo-Hörspiele frühestens in den 1970er-Jahren entstanden sind (wahrscheinlich von 1974 bis 1989). Der Inhalt lässt darauf schließen. Diese wurden ab 1974 produziert und vom Westdeutschen Rundfunk ausgestrahlt. Es dauerte einige Jahre, bis man diese Hörspiele mit Bruno Ganz in der Titelrolle verfilmte. Die sechsteilige Fernsehreihe Tassilo – Ein Fall für sich wurde im Frühjahr 1991 vom ZDF gesendet. Die sechs jeweils einstündigen Fernsehfolgen liefen um 21.15 Uhr. Regie führte Hajo Gies, der auch für viele Tatort-Folgen (Schimanski) als Regisseur verantwortlich zeichnete. Das Drehbuch schrieben Rolf Basedow und Hermann Naber. Bis auf die letzte Folge (100 Jahre Blickle) dienten die Hörspiele von Martin Walser als Vorlage.

1 Verteidigung von Friedrichshafen 17.02.1991
2 Hilfe kommt aus Bregenz 24.02.1991
3 Zorn einer Göttin 03.03.1991
4 Lindauer Pietà 17.03.1991
5 Das Gespenst von Gattnau 24.03.1991
6 100 Jahre Blickle 31.03.1991

    Tassilo – Ein Fall für sich - ZDF 1991

Mit der Ausstrahlung der Serie im Jahr 1991 im Fernsehen wurden die Hörspiele von Martin Walser auch als Suhrkamp-Taschenbücher (st 1884 – st 1889) veröffentlicht. Das sechste Hörspiel war (abweichend von der TV-Serie) das Stück Säntis. Über eine erste Auflage hinaus haben es die Hörspiele leider nicht geschafft. Auch wartet man vergebens auf eine Wiederholung der Reihe im Fernsehen. Man kann nur spekulieren: Schaut man z.B. bei Wikipedia nach, so findet man kein Wort zu diesen Hörspielen, als hätte es diese nie gegeben. Wahrscheinlich ist es Martin Walser ganz recht, dass keine Worte mehr über diese ‚Fingerübungen des Autors vom Bodensee‘ verloren werden. Nichtsdestotrotz sind die Hörspiele um Tassilo S. Grübel in Antiquariaten erhältlich. Ich habe alle sechs Bände für wenig Geld und in einem passablen Zustand erstanden und während meines Sommerurlaubs gelesen. Es sind kleine Bände von meist 80 Seiten und lassen sich ziemlich schnell lesen.

Martin Walser: Tassilo – sechs Hörspiele (1991)

Einen Martin Walser als Autor von Kriminal-Hörspielen, wenn auch mit ironischen Unterton, hätte kaum einer erwartet. Aber trotz aller Ironie versteckt sich hinter dem auch Gesellschaftskritik. Im Spiegel vom 11.02.1991 heißt es u.a.: Tassilo fungiert in Walsers Handlungskonstruktion als Katalysator, der die Verderbtheit der Reichen und Mächtigen in ihrer schmutzigen Reinheit hervortreibt, ohne daß sich der Detektiv je von klassenkämpferischem Ernst überwältigen ließe – ein Hofnarr unter reichen Narren.

Wer Martin Walsers Werk ein wenig kennt, wird in diesen Hörspielen trotz allzu salopper Sprache auch immer wieder den Roman-Autor herauslesen. Dax beginnt mit den ‚selbstsprechenden‘ Namen der Protagonisten und endet nicht bei Wortbildungen wie Beunruhigungstheater oder Selbstmordgesicht.

Dass sich bereits für die Hörspiele die Crème de la Crème der deutschen Schauspielerriege getroffen hat (u.a. auch Walser-Tochter Franziska Walser samt Ehemann Edgar Selge), wird durch die Verfilmung noch getoppt: allen voran Bruno Ganz, Axel Milberg und Marianne Hoppe.

Überhaupt: Neben Axel Milberg, den wir als Kieler Tatort-Ermittler Klaus Borowski kennen, geben sich bei den Hörspielen bzw. bei der TV-Serie auch noch andere Tatort-Kommissare die Hand in die Klinke; so Charles Brauer (KHK Brockmüller aus Hamburg) und Dieter Eppler (Kommissar Liersdahl aus Saarbrücken). Und wer von den vielen anderen Schauspielern hatte nicht irgendwann einmal einen Auftritt in einer Tatortfolge.

Für mich war die Lektüre der sechs Hörspiele ein sommerlicher Genuss. Damit wird das literarische Bild von Walser abgerundet. Jetzt wünsche ich mir noch unbedingt die Wiederholung der Tassilo-TV-Reihe. Es muss ja nicht zur besten Fernsehzeit sein. Irgendwo ins Nachtprogramm geschoben würde mir genügen. Hier Textpassagen, Inhaltsangaben (aus den Klappentexten) und Produktionsübersichten der sechs von Martin Walser verfassten Hörspiele:

    Also, Tassilo, die Würfel sind gefallen. Zuerst ein Kompliment für Ihre Logik: Außer mir haben tatsächlich sieben Häuser den Brief von der Bande. Mein rechter Nachbar, James Blickle, leitet die Verteidigung. Die Polizei ist verständigt, und zwar international.
    Die Verteidigung von Friedrichshafen (st 1884)

Tassilo Grübel erlebt eine folgenschwere Enttäuschung: Der Erfinder Sigrist, der ihn gerade als Werbemanager eingestellt hat, bringt sich um. Tassilo ist seinen Job los, bevor er ihn angetreten hat. Und er ist schon umgezogen, nach Friedrichshafen, wohnt dort vorerst mit seiner amerikanischen Frau Biddie bei seiner Mutter. Tassilo hat hier Kindheit und Jugend verbracht, er kennt die Leute, die Gegend. Daß so viele Wohlhabende am See wohnen, bringt ihn auf die Idee, ein Büro für Auskunft und Wissen zu gründen, ein Detektiv-Büro. Weil es aber in dieser Gegend viel weniger Unsicherheit gibt als etwa in Amerika, beschließt er, die Reichen nach Gangsterart zu beunruhigen, um dann als ihr Schützer und Retter auftreten zu können, das natürlich für gutes Honorar. Ohne seinen Freund Hugo könnte Tassilo, weil es ihm an praktischen Fähigkeiten fehlt, dieses Beunruhigungstheater nicht inszenieren. Auch mit Hugos martialischer Hilfe wird es eine so schwierige Kampagne, daß das Geld nachgerade fast als ehrlich verdient empfunden werden kann.
(Klappentext)

Sendedaten für das Hörspiel im Westdeutschen Rundfunk Köln
Die Verteidigung von Friedrichshafen

Mitwirkende:
Tassilo S. Grübel Wolfgang Reichmann
Biddie Sabine Sinjen
Tassilos Mutter Susi Nicoletti
Hugo Billingsreuther Karl-Michael Vogler
Benedetta von Woflsberg Biggi Fischer
Mia von Mufflings Louise Martini
James Blickle Heinz Baumann
Georg Feuerstein Hans Dieter Zeidler
Baron Oschatz-Tötensen Erik Frey
Frau Koppenwallner Isolde Stiegler
u.a.

Regie Heinz Wilhelm Schwarz
Dauer 75‘50
Produktion WDR/SWF/BR
Redaktion Klaus Schöning
Erstsendung 02.10.1974

    Ein bißchen Vertrauen! Gnädige Frau. Ein kleines bißchen Vertrauen!!! Und die Minuten werden weniger furchtbar sein. Sträuben Sie sich doch nicht so, einem Tassilo S. Grübel einmal fünfunddreißig bis fünfundvierzig Minuten lang zu vertrauen!
    Hilfe kommt aus Bregenz (st 1885) [Titel aus: KafkaTagebuch vom 06.07.1916]

James Blickle, Herr eines weltweit florierenden Unternehmens und Sproß einer schwäbischen Großbürgerfamilie, wird zum Gegenspieler Tassilos. Jede Begegnung wird zu einer Beleidigung des Kleinbürgers durch den Großbürger. Tassilo versucht zurückzuschlagen. Evi, eine Frau, die mit Männern à la Blickle betrübliche Erfahrungen gemacht hat, will sich beteiligen. Blickle soll verführt werden. Solange er mit Evi in seinem Berghaus in Graubünden ist, will Tassilo dafür sorgen, daß Frau Blickle fürchten muß, ihr Mann sei von einer besonders unbarmherzigen Terroristenbande entführt worden. Will sie ihn wieder, soll sie bezahlen. Wenn Blickle am Montag zurückkehrt, kann er seiner Frau nicht verraten, wofür sie bezahlt hat. Aber auch dieses Geld zu verdienen wird viel schwieriger, als Tassilo dachte.
(Klappentext)

Sendedaten für das Hörspiel im Westdeutschen Rundfunk Köln
Hilfe kommt aus Bregenz

Mitwirkende:
Tassilo S. Grübel Paul-Felix Binz
Biddie Sylvia Joost
Tassilos Mutter Renate Steiger
Evi Suttner Franziska Walser
Cornelia Rundel Dorothée Reize
Hugo Billingsreuther Charles Brauer
Ilse Blickle Sibylle Courvoisier
James Blickle Hans Wyprächtiger
Mia von Mufflings Iris Eick
Bedienung Elisabeth Gyger
Telefonistin Inka Friedrich
Telefonist Stephan Heilmann
Rosina Ruth Aders
Bahnhofsansager Stephan Heilmann,
Hans-Stefan Rüfenacht
Regie Otto Düben
Assistenz Thomas Werner
Dauer 72‘00
Produktion WDR/SWF/BR
Redaktion Klaus Schöning
Erstsendung 01.11.1988

    Hugo: „Du bist also der Veranstalter, Tassilo.“
    Tassilo: „Der Verkehrspolizist, Hugo, daß es glimpflich läuft. Verstehst du? Nicht gleich Kollision, Explosion, Schluß. Die Sache muß sich entwickeln können.“

    Das Gespenst von Gattnau (st 1886)

Gertrud Hotz, ehedem Gefährtin des Schriftstellers Färber (siehe st 1889 Säntis), bringt Tassilo zu dem alten Erfinder Kaspar Knechtle in Gattnau. Ein Journalist, Julius Weil, ist in alten sowjetischen Armee-Zeitungen auf diesen Erfinder der Schallkanone gestoßen und will wissen, was aus dieser Erfindung geworden ist. Knechtle war immerhin nach 1945 zwei Jahre eingesperrt gewesen. Die Schallkanone in den Händen eines Alt-Nazis – eine beunruhigende Vorstellung. Tassilo und Hugo zäumen diesen Fall so auf, daß nicht nur eine Zeitung, sondern die ganze Medienwelt zum Geldgeber werden soll. Sie verdienen zwar wieder einmal nicht so viel, wie sie sich ausgerechnet hatten, aber sie machen eine gründliche Erfahrung mit verschiedenen Arten von Journalismus.
(Klappentext)

Sendedaten für das Hörspiel im Westdeutschen Rundfunk Köln
Das Gespenst von Gattnau

Mitwirkende:
Tassilo S. Grübel Franz Matter
Biddie Dhana Moray
Tassilos Mutter Renate Steiger
Gertrud Hotz Franziska Walser
Kaspar Knechtle Sigfrit Steiner
Hugo Billingsreuther Günther Sauer
Julius Weil Peter Roggisch
1. Journalist Jochen Striebeck
2. Journalist Dieter Eppler
3. Journalist Martin Umbach
Journalistin Wibke Gröndahl
Ilse Blickle Sibylle Courvoisier
Journalisten, Bedienung, Eva Maria Beyerwaltes, Linda Joy und
Frauenstimme, Kellner Michael Habeck

Regie Otto Düben
Assistenz Uwe Schareck
Dauer 80‘45
Produktion WDR/SWF/ORF,
Studio Vorarlberg
Redaktion Klaus Schöning
Erstsendung 24.11.1987

    Lieber Tassilo, bitte tun Sie was. Wir treffen uns übermorgen wieder hier. Sie sollen auch mehr bekommen … Die siebzehntausend teilen wir. Wir beide. Achtfünf für jeden. Das ist unser Geheimnis, Tassilo.
    Zorn einer Göttin (st 1887)

Tassilo hält sich an den Unternehmer Blickle beziehungsweise an Frau Blickle. Die Unternehmensgattin ist eine schöne und kluge Frau. Daß sie unten den Affairen ihres Mannes zu leiden hat, wird für Tassilo eine Chance, noch einmal etwas Geld zu verdienen. Er muß ja auch von etwas leben. Als Blickle mit der Geliebten im Berghaus ist, stiehlt Tassilo mit Frau Blickles Einverständnis Blickles Lieblingsgemälde: Zorn einer Göttin vom Magritte. Diese Katastrophenmeldung bringt Blickle sofort zurück. Es gelingt auch, ihn durch Produktion weiterer Katastrophenstimmung im Haus zu halten, aber am Ende kommt für Tassilo viel weniger Geld heraus, als er erwarten durfte. Auch Frau Blickle ist, was Rechnen betrifft, Tassilo überlegen.
(Klappentext)

Sendedaten für das Hörspiel im Westdeutschen Rundfunk Köln
Zorn einer Göttin

Mitwirkende:
Tassilo S. Grübel Paul-Felix Binz
Biddie Sylvia Joost
Tassilos Mutter Renate Steiger
Hugo Billingsreuther Charles Brauer
James Blickle Hans Wyprächtiger
Ilse Blickle Sibylle Courvoisier
Evi Suttner Franziska Walser
Silke Ruth Hungerbühler

Regie Otto Düben
Assistenz Thomas Werner
Dauer 51‘35
Produktion WDR/BR/SWF
Redaktion Klaus Schöning
Erstsendung 25.05.1989

    Um ein Haar, Tassilo. Tassilo, das wünsch ich dir nicht, das wünsch ich meinem schlimmsten Feind nicht, daß er als alter hilfloser Mensch in die Hände eines mitleidlosen Feindes fällt …
    Lindauer Pietà (st 1888)

Tassilo S. Grübel, wie er, seit er Detektiv ist, heißt, gerät in eine der großbürgerlichen reichen Familien am See, lernt die wahrhaftige Dame Maximiliane Metzger-Fürst kennen. Weil er als Detektiv immer noch keine Kundschaft hat, bleibt ihm nichts anderes übrig, als die kostbare Pietà aus der Villa Seefrieden zu entwenden, um sie als Detektiv wieder zurückerobern zu können. Freund Hugo sorgt wie immer für die technische Ermöglichung der dem Zwang zum Geldverdienen entsprungenen Tassilo-Idee. Tassilo verdient dann weniger, als er hoffte, aber er erfährt dafür zur Genüge, wie es in einer süddeutschen Großbürgerfamilie zugehen kann. Vor allem aber hat er eine wirkliche Dame kenngelernt.
(Klappentext)

Sendedaten für das Hörspiel im Westdeutschen Rundfunk Köln
Lindauer Pietà

Mitwirkende:
Tassilo S. Grübel Heinz Meier
Biddie Ricarda Benndorf
Tassilos Mutter Lina Carstens
Hugo Billingsreuther Dieter Eppler
Maximiliane Metzger-Fürst Brigitte Horney
Berti Metzger-Fürst Peter Heusch
Klothilde Metzger-Fürst Franziska Oehme
Isabell Metzger-Fürst Uta Sax
Anke Metzger-Fürst Louise Deschauer
Rudi Metzger-Fürst Victor Weiß
Dr. Buchinger Karl E. Ludwig
Else Buchinger Marianne Mosa
Miesbach Hans Goguel
Dr. Neukamm Walther Schultheiß

Regie Günther Sauer
Assistenz Frank Hübner
Dauer 75‘55
Produktion WDR/SWF/BR
Redaktion Klaus Schöning
Erstsendung 29.10.1975

    Ich kann denen nicht nachspionieren, Herr Grübel. Ich bin nicht mehr jung genug, um mit dem Selbstmördergesicht vor dem Fenster dieses … Herrn auf- und abzugehen. Aber ich muß wissen, wie und was! Alles!!! Verstehen Sie, Herr Grübel.
    Säntis (st 1889)

Tassilo bekommt endlich einen wirklichen Auftrag. Dem berühmten Schriftsteller Fritz Färber, der zwischen Lindau und Wasserburg am Bodensee wohnt, ist seine junge Gefährtin, Gertrud Hotz, von einem jungen, noch ganz unbekannten, unbewährten Schriftsteller, Peter Streich, einfach weggenommen worden. Der berühmte Schriftsteller sehnt sich nach seiner Gertrud, er leidet. Gertrud, vom Beruf Fotografin, ist mit dem jungen Schriftsteller in ein altes Bauernhaus am Westende des Bodensees gezogen. Tassilo soll beobachten, wie die zwei leben, ob sie auskommen, ob Gertrud vielleicht zurückzuerobern wäre. Färber will schriftliche Berichte über alles, was in der Bauernhausidylle in Oberuhldingen passiert. Tassilo gestaltet die Berichterstattung so, daß seine Mutter und sein Frau Biddie zu Hause nicht mehr um jede Mark streiten müssen. Was dann daraus wird, zeigt, daß Tassilo in Färber an jemanden gekommen ist, der es viel besser versteht, Unglück so zu manipulieren, daß Glück daraus wird.
(Klappentext)

Sendedaten für das Hörspiel im Westdeutschen Rundfunk Köln
Säntis

Mitwirkende:
Tassilo S. Grübel Joseph Bierbichler
Tassilos Mutter Maria Singer
Dr. Fritz Färber Hans Wyprächtiger
Gertrud Hotz Franziska Walser
Peter Streich Edgar Selge
Nuntia Heidy Forster
Liss Lobkowitsch Ilse Pagé
Joe Keckeisen Karl Lieffen
u.a.

Regie Alf Brustellin
Dauer 84‘00
Produktion WDR/SWF/BR
Redaktion Klaus Schöning
Erstsendung 25.12.1978

… … … … … … … … … … … … … … … …

siehe auch:
Zu Martin Walser (1): Ich bin nicht Walser
Zu Martin Walser (2): Links und DKP-nah
Zu Martin Walser (3): Erfahrungen beim Verfassen einer Sonntagsrede
Zu Martin Walser (4): Tod eines Kritikers
Martin Walser und der Tatort
Jörg Magenau: Martin Walser – eine Biografie
Zu Martin Walser (5): Walser und die Krimis – Teil 1

Tatort und Fußball

Vor dem Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft 2016 der deutschen Mannschaft gegen Polen am letzten Freitag schaute ich mir noch die Tatort-Folge 805 aus Ludwigshafen (2011) an: Im Abseits. Gerwissermaße als Einstimmung auf das Fußballspiel. Diese Folge wurde anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2011 gezeigt und hat Gastauftritte einiger prominenter Vertreter des DFB (neben Theo Zwanziger, dem damaligen DFB-Präsidenten, auch Joachim Löw, Steffi Jones u.a.). Es geht dabei um den Mord ein einer Fußballspielerin:

Die Frauenfußballmannschaft vom FC Eppheim ist beim Training, während die attraktive Fadime Gülüc ein Fotoshooting hat. Der Fotograf möchte, dass sie auch in aufreizenden Dessous posiert. Sie lehnt das zunächst ab, willigt dann aber doch ein. Nach dem Duschen wird sie erschlagen aufgefunden.

Allzu aufregend ist dieser Fall zwar nicht (am Ende ist der Platzwart der Täter), vor allem der Auftritt der DFB-Oberen hat eher etwas Peinliches. Aber immerhin gibt es da einen kleinen Gag, den sich die Ausstatter des Films geleistet haben. Als Abonnent des Magazins für Fußballkultur 11 Freunde fiel es mir natürlich gleich ins Auge. Als Kriminalhauptkommissarin Lena Odenthal den verdächtigen Manager des Vereins verhört, sieht man sie vorn auf einem Tisch liegen: nein, keine Ausgaben von 11 Freunde, sondern Ausgaben von 11 Freundinnen.

Kriminalhauptkommissarin Lena Odenthal – 11 Freund/innen

Anschließend legte also die deutsche Fußballnationalmannschaft los und siegte mit 3:1 gegen die Polen. Es war ein ansehnliches Spiel mit kleinen Schönheitsfehlern in der Abwehr. Heute in Glasgow gegen die Schotten kann man alles klarmachen für die Qualifikation zur EM im nächsten Jahr in Frankreich.

UEFA Fußball-Europameisterschaft 2016 in Frankreich

Es reichte zwar nur zu einem 0:0 gegen Kasachstan: Aber neben Gastgeber Frankreich, den Engländern und Tschechen haben es auch die Isländer in Gruppe A geschafft: Bereits nach acht von zehn Spieltagen haben sie sich für die EM 2016 qualifiziert. Glückwunsch! Dagegen muss der WM-Dritte, die Niederlande, um eine Qualifikation bangen. Nach der 0:3-Niederlage in der Türkei sind sie nur noch Gruppen-Vierte und würden als solcher ausscheiden. Zuvor hatten die Holländer zu Hause gegen Island 0:1 verloren.

Mit Gareth Bale sind auch die Waliser in Gruppe B auf dem besten Weg, sich neben Belgien die Fahrkarte nach Frankreich zu holen. In Gruppe C streiten sich Spanien, die Slowakei und die Ukraine um die Plätze. Neben Deutschland haben die Polen in Gruppe D die besten Chancen für eine direkte Qualifikation. England hat sich bereits in Gruppe E qualifiziert. In Gruppe F liegen neben Nordirland und Rumänien noch die Ungarn gut im Rennen. Österreich führt die Gruppe G vor Schweden und Russland an und könnte mit einen Unentschieden heute in Schweden alles klar machen. In Gruppe H führt Italien knapp vor Norwegen und Kroatien. Am spannendsten ist es wohl in Gruppe I, wo sich Portugal, Albanien und Dänemark ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.

Neben Island sind es also die vermeintlich Kleinen, die für Furore sorgen: Albanien, Nordirland, auch Österreich und Wales haben gute Chancen sich direkt oder spätestens über die Play-off-Spiele der Gruppendritten für Frankreich zu qualifizieren.

Der Tatort aus Ludwigshafen ist nicht der erste, der sich um Fußball dreht. Im gleichen Jahr, 2011, gab es die Folge 794 aus Hannover: Mord in der ersten Liga, die sich mit Homosexualität und Homophobie im Profifußball beschäftigte. 2004 gab es zudem die Folge 581 aus Leipzig mit dem Titel Abseits, in deren Mittelpunkt das neue Leipziger Zentralstadion steht (heute heißt es nach diesem österreichischen Brausehersteller), das in zwei Tagen mit einer großen Feier eröffnet werden soll. Dort ist Susanne Fellner, Leiterin der Personalabteilung, erschlagen aufgefunden worden.

Zu Martin Walser (5): Walser und die Krimis – Teil 1

Wenn ein angesehener Schriftsteller zur Feder greift, um Kriminalromane zu schreiben, dann rümpft mancheiner die Nase. Oder es wird einfach die Tatsache unter den Tisch gekehrt, dass einer einmal zu diesem Zwecke die Feder ergriff …

Anders kann ich es mir nicht erklären, dass von keinem anderen als Martin Walser beflissentlich die Veröffentlichung von immerhin sechs Krimis, die allerdings als Hörspiele gestaltet wurden, verschwiegen wird, z.B. bei Wikipedia kein Wort.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Nicht verschweigen konnte man bis jetzt seine Mittäterschaft bei dem Schreiben zu einem Drehbuch für eine Folge der ARD-Reihe Tatort. Ich habe es erst jüngst erwähnt (seinen Schwiegersohn Edgar Selge betreffend, Schauspieler wie seine Frau, Franziska Walser, Martin Walsers Tochter). Es handelt sich um eine Tatort-Folge aus Hamburg mit den Ermittlern Paul Stoever (Manfred Krug) und Peter Brockmöller (Charles Brauer) aus dem Jahr 1989: Armer Nanosh. Das Drehbuch hierzu schrieb Martin Walser zusammen mit Asta Scheib.

Das Walser durchaus große Sympathie für seinen Schwiegersohn hegt, lässt sich daraus ersehen, dass er eine Rolle hauptsächlich für diesen verfasst hat, wenn es dann am Ende auch die Rolle des … ist – aber ich will nicht zu viel verraten. Okay, es ist nicht einer der besten Tatort-Folgen. Interessant ist er aber trotzdem …


Tatort (220) aus Hamburg (1989): Armer Nanosh

Nun, ich taste mich langsam voran. Bevor ich zu den anfangs erwähnten sechs Kriminal-Hörspielen komme (als Stichwort sei bereits der Name Tassilo genannt), sei noch auf eine Kurzgeschichte von Martin Walser hingewiesen, die der Länge wegen wohl nur mit anderen Werken in Buchform erschienen ist; diese hier aber nicht aufgeführt zu haben, käme einem Verbrecher gleich, gelt?

Um es gleich zu sagen: Die Walser’sche Erzählung hat Marcel Reich-Ranicki als Herausgeber in Die besten deutschen Erzählungen, also die nach Ansicht Reich-Ranickis besten deutschen Erzählungen, veröffentlicht. Neben Goethe, Brecht, Namensvetter Robert Walser, Kafka u.v.a. darf Martin Walser in dieser Auswahl nicht fehlen, auch wenn sich zu Lebzeiten Reich-Ranickis beide nicht immer wohlgesonnen waren.

Es handelt sich um die Erzählung Selbstporträt als Kriminalroman:

„Unser Freund“ hat ein nicht näher beschriebenes Verbrechen begangen.

Unser Freund hat ein harmloses Verbrechen begangen. Er hält sein Verbrechen für harmlos. Er tut zumindest so, als halte er sein Verbrechen für harmlos. Er ist nicht bereit zuzugeben, dass sein Verbrechen ein ernsthaftes, ein schlimmes Verbrechen sein könne. Er ist sehr empfindlich, wenn jemand auf sein Verbrechen zu sprechen kommt.

Sobald jemand sein Verbrechen erwähnt, braust er auf. Erst wenn man ihn hemmungslos für sein Verbrechen lobt, beruhigt er sich. Dann lächelt er wie ein dreizehnjähriges Mädchen, dem man sagt, es sehe hundertmal verführerischer aus als Marilyn Monroe. Unser Freund behauptet allerdings, es sei ihm peinlich, gelobt zu werden und beschuldigt sich erneut des Verbrechens.

Ja, wer denn nicht, sagen wir dann! Ob er uns jemanden sagen könne, der in der Geschichte der Menschheit irgendeine Rolle spiele, und kein Verbrechen begangen habe! Schon eine Rolle zu spielen, oder spielen zu wollen in der Geschichte der Menschheit, sei ja der Beginn jedes großen Verbrechens …

Unser Freund verdächtigt uns alle, dass wir lügen, wenn wir ihn loben, und er unterstellt uns, dass wir auf der Seite des Inspektors stünden.

Der Inspektor, also. Die große Gegenfigur unseres Freundes. Er redet andauernd von diesem Inspektor. […]
Der Inspektor ist ein Verbrecher, der nicht den Mut gehabt hat, etwas zu begehen.

Der Inspektor verfolgt unseren Freund, und der beobachtet jeden seiner Schritte, ist genaugenommen mehr hinter dem Inspektor her als der hinter ihm. Inzwischen hat jedoch der Inspektor das Interesse an unserem Freund verloren.

Das ist für einen, dem das Verfolgtwerden zum Lebensinhalt geworden ist, offenbar das Schlimmste.

(Quelle. dieterwunderlich.de)

Das klingt nach Kafkas Prozess – und im ‚Inspektor‘ lässt sie der eben jene frühere Kritiker-Papst Reich-Ranicki erkennen (vergleiche Zu Martin Walser (4): Tod eines Kritikers). Eine literarische Fingerübung des ‚Autors vom Bodensee‘.

Für heute genug: zu den sechs genannten Kriminal-Hörspielen von Martin Walser in den nächsten Tagen mehr …

Lavinia und Edgar

Eigentlich wollte ich zunächst etwas zu Martin Walser und die Krimis, seine Krimis schreiben. Ja, Walser hat auch Kriminalromane verfasst. Aber oft kommt man vom Weg ab, so auch ich: Bekanntlich hat Walser eine Tochter, Franziska Walser, die Schauspielerin ist. Und diese ist wiederum mit einem Schauspieler, Edgar Selge, verheiratet. Beide waren öfter schon im Tatort und im Polizeiruf 110, beides Krimiserien der ARD, zu sehen – Selge sogar in zwanzig Folgen der Polizeiruf 110-Reihe als Kriminalhauptkommissar Tauber in München und Umgebung.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Zum ersten Mal gesehen habe ich Edgar Selge in einer Tatort-Folge aus Hamburg mit den Ermittlern Paul Stoever (Manfred Krug) und Peter Brockmöller (Charles Brauer) aus dem Jahr 1989: Armer Nanosh. Das Drehbuch hierzu schrieb sein Schwiegervater, Martin Walser (womit wir wieder bei diesem wären), zusammen mit Asta Scheib.

Warum ich eigentlich auf Selge komme: Letzte Woche gab es im ZDF den Kriminalfilm Hattinger und die kalte Hand, der am Chiemsee spielt. Den namensgebenden Kommissar spielt übrigens Michael Fitz, den wir bis 2007 insgesamt 15 Jahre als Assistent Carlo Menzinger der Münchner Tatort-Ermittler, Batic und Leitmayr, kennengelernt haben. Selge spielt in dem Chiemseekrimi mit Bravour den Mörder Ostermeier, von dem er sagt: „Ostermeier ist eine Art Michael Kohlhaas im Endstadium. Das Leid, das er in seinem Leben erfahren hat, empfindet er so tief, es hat sich über so viele Jahre angestaut, dass seine Zerstörungswut unendlich ist. Die Anarchie hat den Kleinbürger fest im Griff. Da ihm sein eigenes Leben nichts mehr bedeutet, gibt er sich sturzartig all seinen Stimmungen hin. Ein Mensch in seinem Urzustand.“


Hattinger und die kalte Hand – ein Chiemseekrimi (2013)

Schon zuvor glänzte Edgar Selge in der Berliner Tatort-Folge Machtlos aus dem Jahr 2013, in der er ein bewegendes Psychospiel mit den Kommissaren Ritter und Stark treibt. Dank Selge sicherlich eines der besten Tatort-Folgen.


Tatort (858) Berlin: Machtlos (2013)

Letzte Woche gab es (ebenfalls als Wiederholung) auf 3Sat dem Kriminalfilm Ein Dorf sieht Mord aus dem Jahr 2009 mit Lavinia Wilson, die darin eine schillernde Darstellung bietet. Dieser Krimi verbindet den Plot mit einem Meilenstein in der Geschichte der Anti-Atomkraft-Bewegung, dem von Mai bis Anfang Juni 1980 bei Gorleben eingerichteten Hüttendorf „Republik Freies Wendland“. Dank Lavinia Wilson ein sehenswerter Film.


Ein Dorf sieht Mord (2009)

Lavinia Wilson spielte ebenfalls in mehreren Tatort-Folgen, zuletzt in dem Kieler Tatort Borowski und der Engel aus dem Jahr 2013 die Altenpflegerin Sabrina Dobisch und bietet dabei ein spannendes Porträt einer Borderline-Persönlichkeit. Borowski-Tatorte sind meist schon etwas Besonderes, dieser ist ein ganz besonderer (siehe u.a. meinen Beitrag Tatort auf Tatort …).


Tatort (892) Kiel: Borowski und der Engel (2013)

Lavinia und Edgar – Lavinia Wilson und Edgar Selge: Beide gehören ohne Zweifel zur ersten Garde deutscher Schauspieler bzw. Schauspielerinnen. Übrigens sucht Lavinia Wilson für den 8. und 9. August Statisten in Berlin. Wer also gerade zu der Zeit in unserer Bundeshauptstadt weilt …:

Ich brauche Eure Hilfe! Für den 8.und 9. August suchen mein Freund Barnaby Metschurat und ich dringend Menschen, die…

Posted by Lavinia Wilson on Montag, 20. Juli 2015

221B Baker St

221B Baker Street, City of Westminster, London NW1 6XE, England – bei dem es bei dieser Anschrift nicht klingelt, der hat mit den beiden Helden, die hier wohnen (gewohnt haben) nichts am Hut, oder? Sherlock Holmes und Dr. John Watson! Okay, auch noch Mrs. Hudson, die Vermieterin.

Sherlock, die Fernsehreihe der BBC: 221B Baker St

Eigentlich gibt es diese Anschrift (Hausnummer 221 B) im wahren London nicht und hat es nie gegeben. Einige Häuser weiter (232 Baker St) gibt es dafür das Sherlock Holmes Museum, das sich allerdings mit der Hausnummer 221 B schmückt. Sei es darum …


Sherlock Holmes Museum – 232 Baker Street, London

Nun (für die, die es immer noch nicht wissen), Sherlock Holmes ist eine vom britischen Autor Sir Arthur Conan Doyle geschaffene Romanfigur, die zur Zeit des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts als Detektiv tätig war. Dr. Watson ist der Assistent, Freund und Mitbewohner von Sherlock Holmes (Weiteres siehe auch in meinem Beitrag Sherlock Holmes).

Holmes besticht durch seine neuartige forensische Arbeitsmethode, die ausschließlich auf detailgenauer Beobachtung und nüchterner Schlussfolgerung beruht. Er gilt bis heute weithin als Symbol erfolgreichen analytisch-rationalen Denkens und als Stereotyp des Privatdetektivs. Das Werkverzeichnis um den Detektiv umfasst 56 Kurzgeschichten und vier Romane.

Wie man es sich denken kann, so wurden die Abenteuer von Holmes und Watson oft verfilmt. Natürlich sind viele Filme auch als DVD/Blu-ray Sherlock Holmes erhältlich. 2009 gab es eine Produktion mit Robert Downey Jr. als Sherlock Holmes und Jude Law als Dr. Watson, welcher 2011 einen Nachfolger erhielt. Beide Filme sind keine direkten Adaptionen von Arthur Conan Doyles Geschichten. Allerdings gibt es einige Bezüge zu diesen. Regie führte in beiden Fällen Guy Ritchie, zu dem ich später (an anderer Stelle) noch einmal kommen werde.

Sherlock, die Fernsehreihe der BBC

Seit 2010 läuft nun die britische Fernsehserie Sherlock, in der die Kriminalgeschichten von Conan Doyle in die heutige Zeit übertragen wurden. Die Briten Benedict Cumberbatch und Martin Freeman (den wir als Bilbo Beutlin aus der Hobbit-Trilogie kennen) spielen Sherlock Holmes und Dr. John H. Watson. Bisher gab es drei Staffeln zu je drei Folgen. An einer vierten Staffel wird wohl gerade noch geschrieben. Diese dürfte voraussichtlich erst im Sommer 2016 ins deutsche Fernsehen kommen. Eine fünfte Staffel ist auch schon geplant. Allerdings ist ein so genanntes Special abgedreht, das in diesen Tagen im britischen Fernsehen gezeigt wird. Diese Extrafolge, die übrigens ins viktorianische England des Holmes-Autoren Arthur Conan Doyle, also zurück zu den Wurzeln geht, soll es zu Weihnachten geben. Hier schon einmal ein Vorgeschmack im englischen Original:

First clip from the upcoming Sherlock special

The boys will be back soon…ish! Here's the first look at the new #Sherlock special. Enjoy! #221Back

Posted by Sherlock on Freitag, 10. Juli 2015

Die Serie hat bisher ohne Ausnahme hervorragende Kritiken bekommen. Irgendwie hatte ich allerdings ‚den Anschluss‘ verpasst. In den letzten Wochen wurden dann aber in der ARD die ersten sechs der insgesamt bisher neun Folgen jeden Freitag wiederholt. Und die letzten drei Folgen gab es um die Osterzeit in diversen dritten Programmen.

Sherlock, die Fernsehreihe der BBC: Dt. John Watson und Sherlock Holmes

Ja, ich habe mir inzwischen alle Folgen der Serie Sherlock angeschaut und kann die Kritiken nur bestätigen. Was wie ein Wagnis klang, nämlich Holmes und Watson ins 21. Jahrhundert zu verpflanzen, hat sich als Glücksfall erwiesen. Dazu trägt natürlich auch die hervorragende Schauspielerleistung bei – nicht nur in den Haupt-, sondern auch in den Nebenrollen.

Sherlock Holmes (mit vollem Namen William Sherlock Scott Holmes) tritt wie in den Originalgeschichten als beratender Privat-/Amateur-Detektiv („consulting detective“) auf, der dank seiner genauen Beobachtungen und schnellen Schlussfolgerungen („Deduktionen“) der Polizei, von der er häufig konsultiert wird, weit überlegen ist. In der modernen Version arbeitet er bei der Aufklärung der Verbrechen mit moderner Technik des beginnenden 21. Jahrhunderts wie SMS, Internet und GPS. Sherlock macht sich häufig über die Hilflosigkeit der Polizei-Beamten lustig und stellt sie als inkompetent dar. Andererseits wird er von ihnen für seine Exzentrik und Andersartigkeit nicht selten verspottet. Er ist immer wieder veranlasst klarzustellen, er wäre kein Psychopath, sondern vielmehr ein hochfunktionaler Soziopath.

Dr. John Hamish Watson ist der pragmatische Assistent Holmes‘ und ein Mann von gesundem Menschenverstand. Holmes weiß das trotz seiner exzentrischen Art sehr zu schätzen. Als eine Art Running Gag kommt es immer wieder vor, dass man beide für schwul hält. Als Dr. Watson Mrs. Hudson, der Vermieterin, mitteilt, dass er bald heiraten wird, fragt diese, wer denn DER Glückliche wäre. So muss Dr. Watson erklären, dass es eine SIE ist – und er nicht schwul sei.

Ziemlich in der Nähe der Baker Street fand man übrigens in der North Gower Street den geeigneten Drehort für das Haus, in denen Holmes und Watson bei Mrs. Hudson wohnen.


Drehort: North Gower Street, London

Holmes und Watson sind typisch britisch. Und wie sehr ich das Britische mag, habe ich an anderen Stellen in diesem Blog oft genug kundgetan (siehe insbesondere auch Willi und die Swinging Sixties). Es sind diese besonderen Typen, meist sehr exzentrisch und skurril, und der schwarze Humor der Briten, die mir gefallen. Davon hat die Sherlock-Serie eine Menge. Was mir gefällt, das mögen meine Söhne meistens auch. Nachdem mein ältester Sohn, der in Göttingen wohnt, die erste Folge gesehen hatte, kam schon eine Hilferuf nach den weiteren Folgen. Obwohl die jeweiligen Folgen von der Handlung her abgeschlossen sind, so empfehle ich doch, die Serie chronologisch anzuschauen, weil es immer Rückbezüge gibt, die man nicht verstehen wird, wenn man die vorhergehenden Folgen nicht gesehen hat.

Die Sherlock-Serie ist ein kleines Meisterwerk voller herrlicher Einfälle. Ich freue mich schon auf die Special-Folge – und natürlich auf die vierte Staffel. Wie gut, dass ich mir die Zeit bis dahin mit vielen noch nicht gesehenen Tatort-Folgen vertreiben kann (obwohl diese Serie, was neue Folgen anbelangt, bis zum 6. September Sommerpause eingelegt hat).

Williz Tatort-Sammlung

Bekanntlich unterschiedet man die Menschen in Sammler und Jäger, wobei mir der Unterschied nicht ganz klar ist: Sammler jagen zunächst dem nach, was sie dann sammeln. Jäger verzichten wahrscheinlich aufs Sammeln …

Bleiben wir bei den Sammlern: Die einen sammeln Briefmarken (in jungen Jahren habe ich die Briefmarkensammlung meines älteren Bruders ‚geerbt‘ und dann fortgesetzt … Die Alben müssen bei uns irgendwo in Keller dahindümpeln), die anderen Teddybären. Ich sammle ‚Tatorte‘.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Inzwischen gibt es 952 Folgen (Stand: 27.06.2015) der ARD-Krimi-Serie. Hier kommen weitere 13 Folgen hinzu, die zwischen 1985 und 1989 fürs Österreichische Fernsehen produziert, in Deutschland aber nicht gezeigt wurden. Einige Ableger gibt’s dann auch noch – wie z.B. eine Folge mit dem heute in Kiel fahndenden Klaus Borowski (damals ermittelte er in Hannover) aus der Anfang des Jahrtausend neu aufgelegten Stahlnetz-Serie: Psi (2002).

Wer Pilze sammelt, geht in den Wald – wer ‚Tatorte‘ sammelt geht … ins Internet und hier auf die Seite des Video-Portals Youtube. Spätestens am Folgetag nach einer neuesten Tatort-Folge wird man dort fündig. Und natürlich gibt es auch viele alte Folgen – wie z.B. auf dem Account eines gewissen Arthur Arapetian, dessen Konto aber zumindest für längere Videos erst einmal gesperrt ist. Bei Youtube hat er es mit dem Einstellen von Tatort-Videos wohl zu bunt getrieben (er muss aber eine riesige Sammlung im Laufe der Jahre zusammengestellt haben).

Diese Videos lassen sich in den meisten Fällen auch auf den eigenen Rechner herunterladen. Hierfür gibt es für den Internetbrowser Firefox jede Menge so genannter Add-ons, mit deren Hilfe man dies besorgen kann. Die Qualität der Videos ist natürlich meist nicht in HD, sondern oft in Standard-Auflösung oder noch bescheidener (aber wer unermüdlich sammelt, der nimmt auch ‚kleine Pilze‘). Und es landet Tag für Tag auch jede Menge Schrott bei Youtube (oft dann auch schon die x-te Kopie eines vor langer Zeit ins Netz gestellten Videos), so als wolle man Youtube bewusst zumüllen. Sei es drum …

Natürlich kann man eine Reihe von Tatort-Folgen auch käuflich als DVDs erwerben: Tatort.

Einen nicht unerheblichen Teil meiner Tatort-Sammlung habe ich allerdings aus dem Fernsehen aufgenommen (das gilt besonders für alle neuen Folgen). Das mache ich mit einem TV-USB-Stick am Rechner. Diese Sticks sind nach ihrem Empfang (Kabel, Satellit, terrestrisch über Antenne) ausgerichtet (beim Kauf darauf achten). Alles Weitere hierzu findet Ihr in meinem Beitrag zur kostenlosen Video-Bearbeitungssoftware XMedia Recode (die ich allerdings nur zur Konvertierung der zugeschnittenen Videos benutze – ansonsten habe ich als Hobbyfilmer natürlich eine andere Software, die mir etwas mehr an Möglichkeiten bietet).

Natürlich gibt es auch Festplattenrekorder, mit denen man Fernsehsendungen über Kabel, Satellit oder Antenne aufnehmen kann. Über TV-USB-Stick habe ich die Aufnahmen aber gleich auf dem PC und kann sie dort nach Belieben weiterbearbeiten.

Erstaunlich finde ich, dass manche TV-Sender (‚dritte‘ Programme) immer wieder auch sehr alte Folgen wiederholen. Die bisher älteste Folge (Folge 2: Saarbrücken, an einem Montag… aus dem Jahr 1970) habe ich so in HD-Qualität (HDTV/720p) aufnehmen können (natürlich in einem Seitenverhältnis 4:3, wie damals üblich).

Im Laufe der letzten zwei Jahre hat sich meine Tatort-Sammlung so von etwa 60 auf inzwischen über 720 Folgen erhöht. Das sind von über 950 bisher gesendeten Folgen etwa 75 %. Wie gesagt: Die Qualität ist dabei nicht immer die beste. (Was man aber hat, das hat man …). Wer sammelt, dokumentiert natürlich auch. So habe ich in einer Liste all die Tatort-Folgen entsprechend gekennzeichnet, die bei mir auf einer externen Festplatte von drei TB abgespeichert sind (siehe PDF-Datei). Es ist wohl verständlich, dass ich nicht die Zeit habe, um eventuelle Wünsche nach Kopien bestimmter Tatort-Folgen zu erfüllen.

Warum diese Sammelwut? Und warum gerade ‚den Tatort‘? Dazu später sicherlich etwas mehr. Nur soviel: ‚Der Tatort‘ hat mich gewissermaßen den Großteil meines Lebens begleitet. Ich kenne die Serie von der ersten Folge (1970) an und habe – mit einigen Unterbrechungen – immer wieder ‚hineingeschaut‘. Auch meine Frau und meine Söhne sind begeisterte Tatort-Fans. Das eigentlich Faszinierende daran ist, dass sich in gewisser Weise unser Leben in Deutschland (bzw. Schweiz und Österreich) in dieser Serie spiegelt. Kein Thema war zu heiß (okay, manche dann vielleicht doch …), um nicht in Form eines Krimis abgebildet zu werden. Und wenn einen dann die Sammlerleidenschaft packt, dann kann man sich ihr kaum noch entziehen. Wahrscheinlich bin ich wirklich mehr Sammler als Jäger.

Tatort (952) aus Stuttgart: Der Inder (2015)

Der neueste Tatort (952) aus Stuttgart Der Inder entpuppte sich als schwäbischer Politthriller, also etwas gemächlich, aber auch als durchaus spannend. Im Mittelpunkt: Stuttgart 21, einem in Bau befindliches Verkehrs- und Städtebauprojekt zur Neuordnung des Eisenbahnknotens Stuttgart. Kernstück ist der Umbau des Kopfbahnhofes Stuttgart Hauptbahnhof in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof. Die Zulaufstrecken werden in Tunneln verlegt und die frei werdenden Gleisflächen der Stadtentwicklung zur Verfügung gestellt. Trotz der Auseinandersetzung mit den aktuellen wirtschaftspolitischen Vorgänge ist diese Tatort-Folge ein Krimi: Kurz nach seinem Auftritt vor einem Untersuchungsausschuss wird ein für den Bahnhofsbau zuständiger früherer Staatssekretär ermordet; selbst der abgewählte Ministerpräsident gerät ins Visier der Ermittler. Diesen wollte man anfangs wohl etwas mehr in den Mittelpunkt stellen, was dann aber unterblieb. Trotzdem dürfte sich Herr Mappus in Gestalt des Rubert Heinerle (von Ulrich Gebauer wunderbar gespielt) als machtbesessener Politiker wiedererkannt haben, der es nicht verstehen kann, dass man ihn nicht wiedergewählt hatte.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Zunächst wirkt der Film etwas unübersichtlich, da er fortwährend zwischen verschiedenen zeitlichen Ebenen hin- und herhüpft. Nach und nach entsteht aber so wie bei einem Puzzle das Gesamtbild. So öffnet am Anfang des Films im Beisein der beiden Kommissare Lannert und Bootz der Gerichtsmediziner einen in Plastik verschweißten Koffer, der eine maßgerecht zerstückelte Männerleiche freigibt. Erst am Ende erfahren wir, um welche Person es sich bei dem Toten handelt.

Bei ersten Ermittlungen stoßen die beiden Kommissare rasch auf den Architekten Busso von Mayer, mit dessen Namen sich ein großer Skandal der Vergangenheit verbindet: Der Architekt hatte auf dem Stuttgart-21-Gelände ein millionenschweres, visionäres Bauprojekt geplant, für dessen Finanzierung sich ein indischer Investor fand – der sich jedoch letztlich als Hochstapler entpuppte (daher auch der eher etwas irreführende Titel der Folge, denn ‚der Inder‘ spielt eigentlich keine weitere Rolle).

Eben dieser inhaftierte Architekt (Thomas Thieme verleiht der Rolle ‚volles Gewicht‘) rückt immer mehr ins Geschehen. Besonders reizvoll sind die Dialoge zwischen ihm und dem Ermittler Lannert, z.B. wenn Mayer die Stadt Stuttgart beschreibt: „Schauen Sie sich Stuttgart an: ein Drecksloch, ein städtebaulicher Irrtum, ein zubetonierter Talkessel, der von den Abgasen einer ewig im Stau stehenden Blechlawine aufgeheizt wird.“


Tatort (952) aus Stuttgart: Der Inder (2015)

Ein Geflecht von Macht und Manipulation zeichnet sich ab. Geht es um mehr als Wirtschaftskriminalität? Spuren deuten darauf hin, dass ein professioneller Auftragskiller die tödlichen Schüsse auf den ehemaligen Staatssekretär abgab und: Der Täter wurde verletzt. Nur wer gab den Auftrag? Und wo ist der Killer?

Man kann die Handlung dieses Tatorts nicht unbedingt mit den wirklichen Ereignissen um Stuttgart 21 in Beziehung setzen, auch wenn es im ‚wirklichen Leben‘ sicherlich Kungeleien, vielleicht auch Bestechung gab. Denn schließlich geht es bei solchen Großprojekten (wie auch bei den ewigen Baustellen Flughafen Berlin-Brandenburg oder der Elbphilharmonie in Hamburg) um viel, zu viel Geld. Es wundert mich fast, dass es so lange dauerte, bis Stuttgart 21 in einem Tatort thematisiert wurde. Denn Deutschlands Großbaustellen scheinen sich für Tatort-Krimis (zuletzt in Berlin) als Location bestens zu eignen.

Neben der gewiss interessanten Thematik punktet diese Tatort-Folge besonders durch eine abwechslungsreiche Bildsprache, die durch viele Details besticht und voll und ganz im Dienst der Geschichte steht. Die Musik tut ihr Übriges dazu (siehe auch tittelbach.tv). Und der Film hat zudem seine humorvollen Seiten. Dabei fügt sich alles Stein für Stein – eher noch wie ein Mosaik zu einem Gesamtbild zusammen. Das Drehbuch stammt von Niki Stein, der auch Regie führte und der schon für andere außergewöhnliche Tatort-Folgen verantwortlich zeichnete.

Gegen den Strom – Tatort (951) aus Bremen: Windparks, SuedLink und Y-Trasse

25 Jahre habe ich in Bremen gelebt. Das ist inzwischen auch schon wieder über 32 Jahre her. Aber natürlich habe ich immer noch einige ‚heiße Drähte‘ zu der Stadt an der Weser, nicht nur dass ich Anhänger des SV Werder Bremen bin. Und als Fan der Tatort-Reihe habe ich natürlich auch zu den Bremer Kommissaren Inga Lürsen und Nils Stedefreund ein ‚besonderes Verhältnis‘.

Am Sonntag lief die neueste Folge aus Bremen: Wer Wind erntet, sät Sturm. Der Titel, man ahnt es, ist eine Ableitung des biblischen Zitats Wer Wind sät, wird Sturm erntet aus Hosea 8,7. Hosea war ein Prophet, der etwa zwischen 750 und 725 v. Chr. im Nordreich Israel wirkte. Das ihm zugeschriebene gleichnamige Buch eröffnet die Reihe der Zwölf kleinen Propheten. – Man erahnt aber auch sogleich die Thematik dieser Tatortfolge: Es geht um die Gewinnung von Windenergie (Wind ernten) und den Widerstand dagegen (… sät Sturm).

Tatort (951) aus Bremen (2015): Wer Wind erntet, sät Sturm – Windpark in der Nordsee

Die Bremer Tatorte beschäftigten sich schon öfter mit Themen, die etwas mit dem Meer, also der Seefahrt und jetzt mit dem Betreiben von Offshore-Windparks, zu tun haben. Sicherlich ist die Gewinnung von Windenergie eine ‚saubere‘ Sache, greift aber stark in die Natur ein. Wer durch Gegenden mit hohen Windstärken fährt (z.B. die Küstenlandschaft Norddeutschlands) wird zwangsläufig auf jede Menge Windkraftanlagen mit riesigen Rotoren stoßen. Das sieht nicht besonders gut aus. Und dass solche Anlagen gerade dort, wo Zugvögel in großen Scharen vorbeiziehen, für diese zur tödlichen Falle werden (‚Vogelschredder‘), kann man sich denken. Das ist dann auch der Ausgangspunkt der Bremer Tatortfolge.

Aber bleibe ich noch etwas beim Thema Windkraft. Auf dem Festlandssockel der deutschen Nordseeküste ist eine riesige Windparklandschaft im Entstehen. Der hier gewonnene Strom reicht aus, um große Teile Deutschlands damit zu beliefern. Aber noch fehlt es an Leitungen von Nord nach Süd, um diesen Strom zu übertragen. Natürlich ist auch das längst in Planung und trägt den Namen Südlink (SuedLink). So wie sich Widerstand gegen die Windparks regt, so formiert sich Widerstand gegen diese Stromtrasse.

Ich wohne 70 km von Bremen, auf halben Weg Richtung Hamburg, entfernt. Und genau vor unserer Haustür ist so eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitung (HGÜ) mit einer Übertragungskapazität von 10 Gigawatt geplant. Elektrosmog für die Anwohner inklusive. Dem nicht genug: Ebenfalls vor unserer Haustür ist die so genannte Y-Trasse geplant, eine Erweiterung des Schienenverkehrs, die zunächst der zeitlichen Verkürzung des Personenverkehrs Richtung Süden dienen sollte, jetzt verstärkt für den Gütertransport bereitgestellt werden soll. Laut einer Prognose würden angeblich bis 2025 im Hamburger Hafen und in den Bremischen Häfen dann doppelt so viele Container umgeschlagen wie jetzt. Auch wenn bei uns keine neuen Schienen verlegt werden, so bedeutet das aber trotzdem einen Zuwachs von mindestens 200 Güterzügen am Tag (und in der Nacht natürlich auch). Prost, Mahlzeit! Noch denken wir (meine Familie und ich) nicht über einen Wegzug nach …

Aber zurück zum Krimi aus Bremen: Es geht zunächst um den Mord an einem Umweltaktivisten, der mit drei Schüssen niedergestreckt wurde. Ein weiterer Aktivist ist verschwunden. Ins Visier der Fahnder rückt schnell der Betreiber eines Windparks, der aber andere Sorgen hat, z.B. mit seiner Hausbank, die plötzlich wegen der Ereignisse den vereinbarten Kredit nicht herausrücken will. Zudem ist ein Hedgefonds-Unternehmen an ‚Claims‘ (Ansprüche auf Gebiete im Meer) interessiert, um eigene Windparks errichten zu lassen. Eine undurchsichtige Rolle spielt dabei auch jene Karin Lorenz (Annika Blendl), die sowohl mit dem Windparkbetreiber als auch dem verschwundenen Umweltaktivisten bestens bekannt ist. Als Vizechefin einer Umweltschutzorganisation vergibt sie Zertifikate gegen Geld an Unternehmen, um gewissermaßen deren Umweltverträglichkeit zu attestieren. Am Ende des Krimis haben wir (wenn ich mich nicht verzählt habe) ein halbes Dutzend Tote.


Tatort (951) aus Bremen: Wer Wind erntet, sät Sturm (2015)

Das ist natürlich ‚viel Holz‘ für 90 Minuten Tatort. Und es bleibt dann auch nicht aus, dass sich einige Protagonisten mancher Plattitüde bedienen („Nur wer gegen den Strom schwimmt, gelangt zur Quelle“), um das Thema möglichst schnell auf den Punkt zu bringen. Am Ende kommt aber ein Kriminalfall heraus, der das Betrachten lohnt: Für Spannung ist bis zum Schluss gesorgt. Und wenn man die Thematik Windpark eigentlich auch nur anreißen kann, so macht diese Tatort-Folge doch sehr nachdenklich.

Bitte mitmachen! Noch etwas zur Y-Trasse – Wer in unmittelbarer Nähe von Bahnhöfen oder Bahnstrecken wohnt (gilt besonders für die Strecke Bremen – Hamburg bzw. die Bereiche Seevetal, Buchholz/Nordheide, Rosengarten, Tostedt, Jesteburg, Hanstedt, Buxtehude, Horneburg und Stade), der kann sich unter laermaktionsplanung-schiene.de an einer Befragung des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) zum Thema Bahnlärm beteiligen. Die Phase der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung läuft noch bis zum 30. Juni – Weiteres siehe kreiszeitung-wochenblatt.deBitte mitmachen! Anmelden, Immissionsort (eigene Anschrift), Emissionsort (Bahnstrecke/Bahnhof) angebe, dann die wenigen Fragen beantworten mit Ankreuzen – das war’s dann schon …

The Franz Kafka Rock Opera

Franz Kafka hat auch heute noch eine ungewohnt starke Anziehungskraft, besonders im englischen Sprachraum. Nicht neu und erst jetzt von mir ‚entdeckt‘ ist die Adaption einer Kafka’schen Erzählung zu einer Folge einer animierten Sitcom-Serie. Dabei handelt es sich um die US-amerikanische Fernsehreihe Home Movies. Und aus der ersten Staffel stammt die Folge sechs mit dem Titel: Director’s Cut.

    Home Movies – Season One – Episode 6: Director's Cut @ en.wikipedia

Dwayne, einer der Hauptfiguren der Serie, schreibt eine Rockoper, die auf Kafkas Erzählung Die Verwandlung (englisch: The Metamorphosis) basiert. Natürlich gibt es dazu einen filmischen Ausschnitt – und (darunter) die Lieder (deren fünf) im englischen Original. Ich denke, Franz Kafka hätte seinen Spaß daran gehabt, den ich nun euch wünsche:

• Kafka Song #1: Introduction
He is Franz Kafka!
Franz Kafka!
Be careful if you get him pissed…
Franz! Franz Kafka!
He’ll smite you with metaphor fists!
Writing all he can, he’s just a man
A warrior of words taking a stand
He is Franz Kafka!
Spoken: Oh look, but there he is, what will he say?
I’m a lonely German…a lonely German from Prague!
Kafka! Kafka! Kafka!

• Kafka Song #2: Turning into a bug
I don’t know what’s wrong with me I think I’m turning into a bug
I see double what I see I think I’m turning into a bug
I ain’t got no self-esteem I think I’m turning into a bug
Bet you fifty dollars I’m a man, I’m a scholar and I’m turning into a bug
Momma like a daddy like a baby like a baby like I’ll turn into a bug
Yeah! Yeah!
He is Franz Kafka!

The Franz Kafka Rock Opera: Living like a bug ain’t easy

• Kafka Song #3: Living like a bug ain’t easy
Living like a bug ain’t easy
My old clothes don’t seem to fit me
I got little tiny bug feet
I don’t really know what bugs eat
Don’t want no one stepping on me
Now I’m sympathizing with fleas
Living like a bug ain’t easy…

• Kafka Song #4: Ending
Spoken: Welcome to heaven Franz! My name is God! I think you’re going to like it here!
He is Franz Kafka!

[• Louis, Louis End Rap
Well, I’m, curing disease
Helping blind people read
Don’t drink that milk without talking to me (Oh yeah!)
I’m saving those who can’t see with their eyes
Don’t mess with me you’ll get pasteurized!
Yeah! Come on! Come on! Louis Louis in the house! Break it down!

(Jason does a human beatbox)]

• Kafka End Song
Right now he can
He’s just a man
A warrior of words
Taking a stand
He grew up very poor
He’s steel, it’s to the core
Born in 1883 died in 1924
He is Franz Kafka!

Quelle u.a.: The Animated Franz Kafka Rock Opera (openculture.com)

Tatort (300) aus München: … und die Musi spielt dazu (1994)

Auf Schloss Elmau, auf halbem Weg zwischen Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald im wunderschönen Werdenfelser Land, fand am Sonntag und Montag das Treffen der G7, also der Staats- und Regierungschefs der bedeutendsten Industrienationen der westlichen Welt, statt, um wieder einmal über das Schicksal des ganzen Planeten Erde zu bestimmen. US-Präsident Obama hatte zwar seine ‚Lederhosen‘ vergessen, grüßte aber das Volk mit einem zünftigen ‚Grüß Gott‘ (immerhin gab er sich nicht als Bayer aus wie einst einer seiner Vorgänger glaubte, ein Berliner zu sein: Ish bin ein Bearleener).

Im Rahmenprogramm dieser Veranstaltung, die dem Steuerzahler angeblich 360 Millionen Euro kostete (und somit weit mehr als die Bunderegierung bisher bereit ist, für die Flüchtlingshilfe auszugeben), gab es reichlich Blasmusik und Männer mit Sepplhosen und Tirolerhut samt Gamsbart (die armen Gämse). Jetzt weiß auch der letzte US-Amerikaner, dass die Deutschen des Tags und des Nachts in Lederhosen und Dirndl herumlaufen.

Apropos Lederhosen und Dirndl: Am Dienstag sendete das Bayerische Fernsehen eine Wiederholung des Tatorts … und die Musi spielt dazu aus dem Jahr 1994. Es ermitteln darin die Münchener Kommissare Batic und Leitmayr mit Hilfe ihres Assistenten Carlo Menzinger. Es ist der 300. von bis dato 950 Tatort-Folgen. Sollte es da etwa ein Zusammenhang mit dem G7-Treffen geben?

Der Film spielt in der Welt der volkstümlichen Musik. In guter Columbo-Manier (‚howcatchem‘) wissen alle bis auf die Ermittler der Münchener Mordkommission, wer der Täter ist. Daraus entwickelt sich schnell eine muntere Mörderhatz.


Tatort (1994): Herz ist Trumpf (Und die Musi spielt dazu) [leider nur ein kleiner Ausschnitt]

Spätestens wenn das Seemannsquintett „Andi Frege und seine Wasserratten“ in Matrosenanzügen zu sehen ist (Matrosenanzüge als norddeutsches Pendant zur Bayerntracht), wissen auch die letzten Zuschauer, dass hier diese Art von Volksmusik gehörig durch den Kakao gezogen wird. Kenner der Musikszene sind gleich im Bild: Andi bzw. Andreas Frege ist der Realname von Campino, dem Sänger, Frontmann und Songwriter der deutschen Musikgruppe Die Toten Hosen. Und auch Franz Josef Strauß scheint mir in der Figur eines Sängers posthum sein Fett abzubekommen. Man achte übrigens auch auf manch gelungenes Bonmot (wenn diese vielleicht auch in der bayerischen Mundart für uns Norddeutsche etwas untergehen).

Tatort (300) München (1994): … und die Musi spielt dazu – ‚Andi Frege und seine Wasserratten‘ aka Campino und Die Toten Hosen

Nun ja, dieser Tatort aus München kommt ziemlich bayerisch gemächlich daher (ähnlich wie der letzte 950. Tatort Gier, in dem die Wiener Kollegen Eisner und Fellner dem Täter auf die Pelle rückten). Auf jeden Fall ist es ein Spaß für Freunde UND Feinde der Volksmusik.

Etwas ‚versteckt‘ habe ich nun auf Youtube doch das gesamte Video der Folge finden können:


Tatort (300) aus München: … und die Musi spielt dazu (1994)