Kategorie-Archiv: Geistesblitze

Vom Denken und Dichten – Von Philosophie, Wissenschaft bis Religion

Erich Fromm: Stadt des Seins

Ich komme noch einmal auf ein Buch von Erich Fromm zurück: Haben oder Sein. Im letzten Kapitel entwickelte er eine Utopie, die er Stadt des Seins nannte. Hier beschrieb er die Wesensmerkmale der neuen Gesellschaft:

– Der erste entscheidende Schritt auf dieses Ziel hin ist die Ausrichtung der Produktion auf einen „gesunden und vernünftigen Konsum“

– Gesunder und vernünftiger Konsum ist nur möglich, wenn wir das Recht der Aktionäre und Konzernleitungen, über ihre Produktion ausschließlich vom Standpunkt des Profits und Wachstums zu entscheiden, drastisch einschränken

– Um eine am Sein orientierte Gesellschaft aufzubauen, müssen alle ihre Mitglieder sowohl ihre ökonomischen als auch ihre politischen Funktionen aktiv wahrnehmen. Das heißt, daß wir uns von der Existenzweise des Habens nur befreien können, wenn es gelingt, die industrielle und politische Mitbestimmungsdemokratie (participatory democracy) voll zu verwirklichen

– Die aktive Mitbestimmung im politischen Leben erfordert maximale Dezentralisierung von Wirtschaft und Politik

– Aktive und verantwortungsvolle Mitbestimmung ist nur möglich, wenn das bürokratische durch ein humanistisches Management ersetzt wird

– In der kommerziellen und politischen Werbung sind alle Methoden der Gehirnwäsche zu verbieten

– Die Kluft zwischen den reichen und den armen Nationen muß geschlossen werden

– Viele Übel der heutigen kapitalistischen und kommunistischen Gesellschaften wären durch die Garantie eines jährlichen Mindesteinkommens zu beseitigen

– Die Frauen sind von der patriarchalischen Herrschaft zu befreien

– Ein Oberster Kulturrat ist ins Leben zu rufen, der die Aufgabe hat, die Regierung, die Politiker und die Bürger in allen Angelegenheiten, die Wissen und Kenntnis erfordern, zu beraten

– Ein wirksames System zur Verbreitung von objektiven Informationen ist zu etablieren

– Die wissenschaftliche Grundlagenforschung ist von der Frage der industriellen und militärischen Anwendung zu trennen

– Eine unabdingbare Voraussetzung einer neuen Gesellschaft ist die atomare Abrüstung

Erich Fromm

Das Buch Haben oder Sein ist im Original unter dem Titel „To Have or to Be?“ 1976 erschienen, also vor über 30 Jahren. Es hatte im Deutschen den Untertitel „Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft“ und fordert vor allem ein Umdenken jedes einzelnen Menschen. Was er weiter als Wesensmerkmale der neuen Gesellschaft benennt, ist lediglich ein „erster Entwurf“, beinhaltet aber bereits klare konkrete Forderungen (wie den Obersten Kulturrat). Jeder der einzelnen Punkte wird ausführlich kommentiert und dabei auch relativiert.

Sicherlich könnte man Fromms Entwurf als naiv abtun. Es schreibt allerdings dazu, dass „die Chancen gering (bleiben), daß es zu den notwendigen menschlichen und gesellschaftlichen Veränderungen kommt. Unsere einzige Hoffnung ist die energiespendende Kraft, die von einer neuen Vision ausgeht. Diese und jene Reform vorzuschlagen, ohne das System von Grund auf zu erneuern, ist auf lange Sicht sinnlos, denn solchen Vorschlägen fehlt die mitreißende Kraft einer starken Motivation. Das ‚utopische’ Ziel ist realistischer als der ‚Realismus’ unserer heutigen Politiker. Die neue Gesellschaft und der neue Mensch werden nur Wirklichkeit werden, wenn die alten Motivationen – Profit und Macht – durch neue ersetzt werden: Sein, Teilen, Verstehen; wenn der Marktcharakter durch den produktiven, liebesfähigen Charakter abgelöst wird …“

Gerade heute ist das Buch aktueller als je zuvor. Sicherlich wird Fromms Entwurf auf lange Sicht Utopie bleiben. Aber trotzdem kann jeder Einzelne daraus für sein eigenes Leben lernen, um zu begreifen, wir sehr das Haben unser Leben im Griff hält. Vielleicht gelingt es uns schrittweise, Abschied vom Haben zu nehmen und mit dem Sein ein erfüllteres Leben zu gewinnen. Bekanntlich ist der Weg das Ziel, warum machen wir uns also nicht auf den Weg?

Weltbibliothek digital

Bibliotheken haben auf mich schon früh einen großen Reiz ausgeübt. Dabei entschwindet man schnell aus Raum und Zeit und taucht ein in eine andere Epoche. Bemerkenswert sind dabei natürlich auch alte und rare Manuskripte, die man aber nicht in die Hand bekommt, weil sie hinter Panzerglas verborgen oder über die Welt verstreut in anderen Bibliotheken liegen.

Die UNESCO will Abhilfe schaffen – und startete in dieser Woche die digitale Weltbibliothek: „World Digital Library“. Dabei handelt es sich um ein gemeinsames Projekt der UNESCO und der amerikanischen „Library of Congress“. Sie stellt kulturell herausragende Dokumente kostenfrei und in mehrsprachigem Format im Internet bereit. Wichtige Manuskripte, Karten, seltene Bücher, Drucke, Fotografien, Musikstücke sowie Aufnahmen und Filme sollen damit weltweit zugänglich gemacht werden.

World Digital Library

Bücher, Bilder und Karten liegen in Form von zoombaren PDFs vor, die auch kleinste Details präzise enthüllen. 1170 Objekte sind zum Start in der „World Digital Library“ aufbereitet. Das sind in sieben Sprachen (nicht auf Deutsch) 8190 Webseiten. Das ist noch nicht viel, aber bereits unter diesen Dokumenten habe ich einige Perlen entdeckt, die sich dann auch herunterladen lassen (z.B. ein Buch aus dem Jahre 1746 von Johann Anderson, weiland erster Bürgermeister von Hamburg, mit dem Titel „Nachrichten von Island, Grönland und der Strasse Davis zum wahren Nutzen der Wissenschaften und der Handlung“ – als PDF allerdings satte 301 MB groß – das Buch gibt es übrigens auch bei books.google.de – auch in einer Auflage aus dem Jahr 1747 mit einem „Dictionariolum Danish-German-Eskimo“)

Siehe zdf.de: Rare Kulturschätze in digitaler Weltbibliothek

siehe auch meinen Beitrag: Europas digitale Bibliothek

Gentle Giant – An Inmate’s Lullaby

Nachtrag zu meinem Beitrag: Heinar Kipphardt: März


Gentle Giant – An Inmate’s Lullaby (Wiegenlied eines Insassen)

Professor F… war so gewissenhaft, daß er einen Skandinavienurlaub unterbrach, um 20 ausgesuchten Patienten pünktlich ihren verordneten Elektroschock zu geben. Damals vertrat er die Ansicht, daß jede diagnostizierte Schizophrenie sofort einer Elektroschockbehandlung zu unterziehen sei, zumal durch die gleichzeitige Injektion des Nervengiftes Curare die Gefahr eines Wirbelbruchs ausgeschaltet war. Der Konsulvator setzt im Gehirn einen epileptischen Krampf, der durch eine toxische Nervenlähmung genialerweise nicht realisiert werden kann. Das war ein Fortschritt nach dem Geschmack von Professor F…. Das wird ihn natürlich nicht abhalten, 15 Jahre später die Psychopharmaka für die Wende in der Psychiatrie zu halten, wie er in den 50er Jahren von der Psychochirurgie die Wende erwartet hatte. In nicht zu langer Zeit werden wir an unsere heutigen Behandlungsmethoden nur mit Scham zurückdenken.

… Der portugiesische Hirnchirurg Egas Moniz durchtrennte Weihnachten 1935 als erster die Nervenverbindungen zwischen Stirnhirn und Thalamus bei einem Schizophrenen, um dessen psychisches Verhalten operativ zu verändern. Der aggressive Kranke verfiel nach dem Eingriff in einen Zustand unerschütterlichen Gleichmuts. Bei sieben von 19 aggressiven Patienten, die er so operiert hatte, erzielte er das gleiche Ergebnis. Seine Operationsmethode, die sogenannte Leukotomie, hatte aggressive Wahnsinnige in den lenkbaren Dauerzustand gleichmütiger Apathie versetzt. Mit Begeisterung wurde das als der Beginn der Psychochirurgie gefeiert. In den Vereinigten Staaten wurden etwa 50000 Patienten innerhalb der nächsten 20 Jahre leukotomiert, in der übrigen Welt schätzungsweise 60000. Auf der Höhe der Begeisterung wurde Moniz 1949 der Nobelpreis verliehen, bald darauf jagte ihm ein früherer Leukotomie-Patient fünf Pistolenkugeln in den Leib. Zehntausende von Patienten dämmerten im Gefolge dieser Operationen apathisch dahin, es verfiel ihre Intelligenz, ihr Gefühlsleben, und es erlosch ihr Interesse an der Umwelt. Die Leukotomie kam aus der Übung, weil Schocktherapien und Psychopharmaka den Zweck der Dämpfung und Zähmung ebenso gut erreichten. Jetzt lese ich über neue Fortschritte der Psychochirurgie mit eleganteren Methoden, die viel kleinere Hirnpartikel gezielt zerstören können, um Sanftheit und Zahmheit zu erzielen. Professor J. Andy operierte in Amerika einen neunjährigen Jungen, der als gewalttätig, streitsüchtig und schwer erziehbar beschrieben wurde, viermal, bis das Kind gezähmt war. Der japanische Verhaltenschirurg Kaiji Sano operierte erfolgreich 22 aggressive Kinder, die danach bemerkenswert ruhig, passiv und lenkbar wurden. Sein Landsmann Narabayashi führte 27 Kindern zwischen 5 und 13 Jahren stereotaktische Operationen durch, die einen zufriedenstellenden Gehorsam und dauerhaften Gleichmut erbrachten, Professor Roeder operierte in Göttingen Drogensüchtige, Alkoholiker und Homosexuelle. Er lobt die Wirtschaftlichkeit des stereotaktischen Eingriffs gegenüber den langen Unterbringungszeiten in psychiatrischen Heilanstalten und Gefängnissen. Sie denken nicht an die Grundlagen der Nazi-Psychiatrie und nicht an das Ende von Professor Moniz.

aus: Heinar Kipphardt: März (S. 85 f. – AutorenEdition Bertelsmann Verlagsgruppe – 1976)

Bedrohte Sprachen in Deutschland

Wenn Sprachen sterben, dann verschwindet damit ein kulturelles Erbe – von Gedichten über Legenden bis zu Sprichwörtern und Scherzen. Die häufigsten Gründe für das Aussterben von Sprachen sind wohl Kriege und Vertreibungen. Aber auch Einwanderer, die mit ihren Kindern nur noch die Sprache der neuen Heimat sprechen, um ihnen die Integration zu erleichtern, tragen zu dem Verschwinden bei. Ein wichtiger Grund für das Sterben von Sprachen ist heute die Nivellierung zu einer Standardsprache. Das entspricht einer nationalen „Globalisierung“ (Vereinheitlichung) der Sprache. Dialekte und regionale Sprachen verschwinden zugunsten der Hochsprache (bei uns Hochdeutsch). Heute sind auf unserer Erde etwa 2500 von insgesamt schätzungsweise 6000 Sprachen vom Aussterben bedroht.

Vor einige Tagen nun legte die UNESCO einen „Atlas of the World’s Languages in Danger”, also einen Atlas der bedrohten Sprachen der Welt, vor, der auch interaktiv im Internet aufrufbar ist.

Allein im deutschen Sprachraum sind es 13 Sprachen, die als bedroht gelten. Nordfriesisch und Saterfriesisch zählen zu den am stärksten gefährdeten Sprachen. Aber auch Bairisch, Alemannisch, Ostfränkisch, Niedersächsisch (also, die Sprache, die wir hier Plattdeutsch nennen), Sorbisch und Jiddisch. Zum Helgoländer Friesisch (Eigenbezeichnung Halunder), den auf Helgoland gesprochenen Dialekt des Nordfriesischen, habe ich mich in einem eigenen Beitrag (Bedrohte Sprache: Halunder) etwas ausführlicher geäußert.

Die saterfriesische Sprache oder kurz Saterfriesisch (Eigenbezeichnung: Seeltersk) ist die letzte verbliebene Varietät der ostfriesischen Sprache. Das Saterfriesische wird in der Gemeinde Saterland im Landkreis Cloppenburg nach unterschiedlichen Schätzungen von 1.500 bis 2.500 Menschen gesprochen. Damit handelt es sich um eine der kleinsten Sprachinseln Europas. Während in Ostfriesland und den anderen friesischen Gebieten östlich der Lauwers die ursprüngliche ostfriesische Sprache durch niedersächsische Dialekte ersetzt wurde (Ostfriesisches Platt, Gronings u.a.), überlebte das Saterfriesische als friesische Sprache im Saterland.

Hier als kleines Beispiel eine Textprobe verschiedener Sprachen:

Hochdeutsch: Der Junge streichelte das Mädchen ums Kinn und küsste sie auf die Wangen.
Englisch: The boy caressed the girl round the chin and kissed her on the cheeks.
Saterfriesisch: Die Wänt strookede dät Wucht uum ju Keeuwe un oapede hier ap do Sooken.
Nordfriesisch (Mooring): Di dreng aide dåt foomen am dåt kan än mäket har aw da siike.
Westfriesisch: De jonge streake it famke om it kin en tute har op ‚e wangen.
Ostfriesisches Platt: De Jung straaktde dat Wicht um’t Kinn to un tuutjede hör up de Wangen.
Niederländisch: De jongen aaide het meisje over haar kin en kuste haar op haar wangen.
Niedersächsisch (Niederlande): De jonge strek ‚t dearntje um de kinne en gaf heur een smok.
Ostfälisch (Niedersachsen): De Jung strakele de Deern umt Kinn un gaww öhr een Säuten up de Wangen.

Im Artikel „Hob Ikh Mir A Mantl – Jiddisch für Anfänger“ habe ich auch schon etwas zur jiddischen Sprache ausgeführt.

Übrigens: Für Großbritannien sind z.B. bereits vier Sprachen gemeldet, die als ausgestorben gelten: Norn, das auf den Shetlands und Orkney gesprochen wurde – Gaelg, also das traditionelle Manx der Insel Man – Kernewek, das traditionelle Kornisch und das Alderney-Französisch. – Zur gälischen Sprache gibt in diesem Blog ebenfalls einen kleinen Beitrag.

Bedrohte Sprache: Halunder

Nichts währt ewig. Viele Tier- und Pflanzenarten sind im Laufe der Zeit ausgestorben. Und viele drohen, in nächster Zeit dahinzuschwinden. Gleiches gilt auch für Sprachen und Dialekte. Und so ist im „UNESCO Atlas of the World’s Languages in Danger” nachzuschlagen, dass auch in Deutschland bzw. im deutschen Sprachraum 13 Sprachen vom Aussterben bedroht sind.

Eine dieser Sprachen, die bedroht ist, ist das Nordfriesische, das sich in zwei Gruppen aufteilt, nämlich in Inselnordfriesisch und Festlandnordfriesisch. Ein Dialekt des Inselnordfriesischen ist das Helgoländer Friesisch (Eigenbezeichnung ist Halunder). Halunder wird heute nur noch von etwa einem Drittel der ca. 1500 Einwohner der Insel Helgoland gesprochen.

Bekanntlich wurde das Deutschlandlied, auch Lied der Deutschen genannt, von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben am 26. August 1841 auf der Insel Helgoland gedichtet. Ansonsten hat James Jacob Hinrich Krüss, der am 31. Mai 1926 auf Helgoland geboren wurde, als Kinderbuchautor der Insel zu literarischen Ruhm verholfen.

In seinem Gedicht „Mein Lebens-ABC“ schrieb James Krüss gleich am Anfang:

Auf der Insel Helgoland
Bei viel Wasser, Wind und Sand
Centimeterkurz (kein Held)
Drang ich ein ins Licht der Welt
Erste Verse reimte ich
Früh schon friesisch – meist für mich
Gern fuhr ich auch kreuz und quer,
Hummer fangend mit aufs Meer,
Insulaner war ich hier,
Jedenfalls mit viel Pläsier,

usw.

In jungen Jahren reimte James Krüss also friesisch. Wie ein Gedicht auf Halunder ‚klingt’, zeigen die folgenden wenigen Zeilen des Reimer Eilers:

Wind

Auf dem Wasser
weht ein anderer Wind.
Still liegt die Insel
in seinen Armen.
Es gibt viele Arten,
der Schwerkraft ein Schnippchen zu schlagen 

Win

Iip weeter
wait uurs en win.
Stel lait deät Lun
uun siin iaarem.
Deät djef fel oarten,
de swoorkraf tu beluurn.

Weiteres in Helgoländer Friesisch findet sich auf der Website eben dieses Reimer Eilers.

Helgoland - meine Insel

Halunder für Anfänger

Allein das kleine Gedicht zeigt, dass Besucher „iip Lunn“ (auf Helgoland) wenig verstehen werden, wenn sich zwei Helgoländer auf Halunder unterhalten. Um diese einmalige Sprache vor dem Aussterben zu bewahren, wird sie natürlich auch an der Schule auf Helgoland unterrichtet. Und man zieht auch gern Reisende mit ins Boot. Für Interessierte bietet die Volkshochschule Kurse an. Den von Helgoländer Schulkindern erstellten Faltprospekt „Koort fan‘t Lun“ (Inselkarte auf Helgoländisch) erhalten Besucher in der Helgoland Touristik im Rathaus. Fürs Selbststudium wird das Lehrbuch „Wi lear Halunder“ (wir lernen Helgoländisch) mit Tonkassette empfohlen (zz. leider vergriffen).

Zuletzt ein kleines Glossar mit Begriffen in Halunder: HELGOLÄNDISCH-DEUTSCH

Kann man nur hoffen, dass Halunder als lebendige Sprache weiterbesteht. Da reicht es natürlich nicht aus, wenn es an Schulen gelehrt wird, es muss auch in den Familien gesprochen werden.

Problemlösungen

In einer Werbemail stand folgendes Zitat:

Rezession? Depression? Krise? Wir reden von Lösungen, nicht von Problemen.

Das klingt zunächst überzeugend. Klar, ich will keine Probleme, ich will Lösungen. Nur ist das Problem dabei, dass manchmal Probleme gar nicht erkannt werden. Oder man hat Probleme, aber nicht die richtige Lösung. Und manchmal soll es sogar Lösungen geben für Probleme, die man nicht hat.

Problemlösen verläuft in der Regel nach folgendem Schema:
1. Am Anfang steht das Problem, ein kognitiver Konflikt, ein unbefriedigender Ist-Zustand
2. Es bedarf nun epistemischer Neugier, um den Ist-Zustand zu überwinden
3. Suche nach Hilfsmittel, Informationen, Lösungsansätzen beginnt
4. Haben wir einen richtigen Lösungsweg gefunden, erfahren wir einen Aha-Effekt (wenn nicht: zurück zu 3.)
5. Am Ende steht die Entspannung, der angestrebte Soll-Zustand

siehe: Problemlösen bei Wikipedia

Zurück zu dem Werbesprüchlein: Hier will man Lösungen verkaufen. Ich als potentieller Kunde werde mir die Lösungen nun anschauen und versuchen zu analysieren, ob eine der Lösungen vielleicht zu einem Problem passt, das ich habe.

Passende Lösung - und das Problem?

Wie gut, dass ich keine Probleme habe (wenigstens keine größeren), also brauche ich nicht weiterzulesen und kann die Mail ohne Weiteres löschen. Ab und weg!

Fastenzeit

Der heutige Aschermittwoch (lat.: Dies Cinerum) stellt im Christentum der Westkirche den Beginn des 40-tägigen Fastens dar und soll an die 40 Tage erinnern, die Jesus fastend und betend in der Wüste verbrachte (Matthäus 4,2). Als Fastenzeit wird im christlich-abendländischen Kulturkreis der Zeitraum der sieben Wochen vor Ostern bezeichnet.

Fasten ist eine Form menschlicher Kultur entweder mit verminderter Nahrungsaufnahme und Elementen der Askese oder vollständigem Nahrungsverzicht, d. h. als Leben aus körpereigenen Reserven. Das Wort kommt vom gotischen fastan = (fest)halten, beobachten, bewachen; bzw. althochdt.: fasten = fest (an den Geboten der Enthaltsamkeit festhalten).

Wird nur eine bestimmte Art der Nahrung – beispielsweise Fleisch – oder ein Suchtmittel weggelassen oder eingeschränkt, spricht man von Enthaltung oder Abstinenz.

Allgemein soll das Fasten mittels reduzierter Nahrungsaufnahme mehreren Zwecken dienen:
– der religiösen Praxis, u. a. in der christlichen Fastenzeit und im muslimischen Fastenmonat Ramadan
– in mehreren Religionen, der Vorbereitung auf religiöse Feste
– einem Gewinn an seelischer Harmonie und an Demut
– einer Förderung der Wahrnehmung und der eigenen Aufmerksamkeit
– einer Erhöhung der Willenskraft und Vorbereitung auf spezielle Herausforderungen
– der Trauer über einen Todesfall oder sonstigen Verlust
– dem Zuwachs an psychischer und sozialer Kontrolle bzw. Macht (siehe z. B. Mahatma Gandhi oder allgemein Hungerstreik),
– und (bei gezielter Methodik) auch dem Abnehmen, bzw. der Kontrolle des Körpergewichts.

Um es gleich zu sagen: Ich habe vorerst nicht vor zu fasten. Aber bei den Suchtmitteln möchte ich mich doch beschränken.

Meine Frau allerdings wird wie in den Vorjahren eine Fastenzeit einlegen, in der sie ihre Nahrungsaufnahme im Wesentlichen auf Früchte- und Kräutertees, Obst- und Gemüsesäfte beschränkt. Dafür presst sie besonders Gemüsesäfte selbst, damit diese wenigstens einige Ballaststoffe noch haben. Dieses Fasten dient für sie hauptsächlich der Entschlackung des Körpers.

Mein älterer Sohn, seit längerer Zeit bereits Vegetarier, will in der Fastenzeit zusätzlich auf alle Eier- und Milchprodukte verzichten, also vegan leben. Er tut sich hierfür mit anderen jungen Leuten zusammen, die auf ihre Art fasten oder zumindest abstinent leben wollen, z.B. auf Süßigkeiten aller Art verzichten möchten.

Neben dem religiösen und gesundheitlichen Aspekt halte ich das Fasten bzw. die Abstinenz für sinnvoll, um (wie bereits erwähnt) die Wahrnehmung und Aufmerksamkeit gegenüber dem eigenen Tun und Lassen, aber auch gegenüber der Umwelt zu erhöhen und die eigene Willenskraft zu stärken. In einer Welt, in der sich die Menschen oft nur noch treiben lassen, tut es gut, eine Zeitlang eine Nische aufzusuchen, um das eigene Bewusstsein zu schärfen.

Siehe auch Fotoschau bei zdf.de. Gute Vorsätze für die Fastenzeit

100 Jahre Heinz Erhardt

Selbst meine Söhne wissen gleich, um wen es geht, wenn der Spruch ertönt: Und noch ’n Gedicht! Es geht um einen etwas dicklichen Mann mit schütterem Haar und einer dunklen Hornbrille, mit naiv-verschmitzten Tonfall und einer gewollt unbeholfene Art: Heinz Erhardt.

Heute vor 100 Jahren wurde Heinz Erhardt in Riga, der Hauptstadt Lettlands, geboren. Am 5. Juni 1979 verstarb er in Hamburg. Heinz Erhardt war der beliebteste Komiker im betulich-altbackenen Wirtschaftswunder-Deutschland der 50er und 60er Jahre, bekannt für seine vollkommen unpolitischen Witze und Sprachspiele. Unpolitisch? Dazu komme ich später noch.

„O wär‘ ich
Der Kästner Erich!
Auch wär‘ ich gern
Christian Morgenstern!
Und hätte ich nur einen Satz
Vom Ringelnatz!
Doch nichts davon! – Zu aller Not
Hab ich auch nichts von Busch und Roth!
Drum bleib‘ ich, wenn es mir auch schwer ward
Nur Heinz Erhardt!“

(Heinz Erhardt)

Heinz Erhardt

Vielen mag Erhardt heute wie seine Zeit eher alt- gar hausbacken, leicht angestaubt und überholt vorkommen. Aber sein Humor ist zeitlos und funktioniert immer noch. Schauen wir doch einfach einmal bei youtube nach, da finden sich unzählige Perlen Erhardt’schen Witzes.

Neben den Gedichten sind es besonders die Weisheiten und Aphorismen, viele kleine Sprachspiele, in denen Heinz Erhardt glänzte, hier nur einige Beispiele:

Wer sich selbst auf den Arm nimmt,
erspart anderen die Arbeit.

Frieden auf Erden – hoffentlich wird es keinen Zaun
mehr geben, von dem man einen Streit brechen kann.

Manchmal hat es wirklich keinen Sinn,
die Stirn zu fletschen und die Zähne zu runzeln.

Ich reibe mir Morpheus Arme aus den Augen,
werfe mir den Hut um die Schulter und lebe sinnlos mäßig.

Wenn der Kragen am Hemd nicht sitzt,
handelt es sich häufig um einen Stehkragen.

Genug. Hier gibt es eine endlos lange Latte an herrlichen Gedichten – viel Spaß dabei:
Heinz Erhardt Gedichte [1]Heinz Erhardt Gedichte [2]

Heinz Erhardt tanzt

Apropos Gedichte und das Stichwort unpolitisch. Auch wenn Heinz Erhardt das folgende Gedicht „Flecke“ nicht geschrieben hätte, so wüsste ich doch, dass sein ganzes Trachten von einer humanen Gesinnung geprägt war. Um wirklich menschlich zu sein, muss man Humor besitzen. Man bedenke nun, dass Heinz Erhardt folgendes Gedicht zur Adenauer-Zeit im Wirtschaftswunderland Deutschland verfasst hat. Das hatte, so finde ich, etwas Bemerkenswertes (man achte besonders auf die letzte Strophe):

Flecke

Gott, voller Weisheit, hehr und mild
schuf uns nach seinem Ebenbild
Gewiß, wir Menschen sind gescheit,
doch wo ist uns’re Menschlichkeit?
Erscheint uns jemand edel, groß,
so täuscht das: er verstellt sich bloß!
Erst wenn er Böses tut und spricht,
zeigt er sein wahres Angesicht! –

Um obiges nun zu beweisen,
laßt alphabetisch uns verreisen,
dann kann man sehn, was so geschah!
Wir fangen vorne an, bei A!

A (Amerika)

Amerika, du Land der Super-
lative und dort, wo James Cooper
zwar seinen »Lederstrumpf« verfaßte,
man aber die Indianer haßte,
weshalb man sie, halb ausgerottet,
in Reservaten eingemottet,
sich dafür aber Schwarze kaufte,
sie schlug und zur Belohnung taufte,
doch heute meidet wie die Pest,
sie aber für sich sterben läßt –
wie beispielgebend stehst du da
für Menschlichkeit! O, USA!

B (Briten)

Jedoch auch sie, die vielen Briten,
die Schott- und Engländer, sie bieten
für unser Thema Menschlichkeit
so manchen Stoff seit alter Zeit!
Nur waren’s statt Indianer Inder,
die sie ermordeten, auch Kinder;
und ähnlich Schreckliches erfuhren
danach die Iren und die Buren,
die man durch den Entzug des Fetts
verschmachten ließ in den Kazetts!
Jedoch bei Völkern, welche siegen,
wird sowas immer totgeschwiegen…

C (Christen)

Dann wäre da, bar jeden Ruhms,
so manche Tat des Christentums,
die, eben wegen seiner Lehre,
am besten unterblieben wäre!
Man denke da zum Beispiel an
Inquisition zuerst und dann
an Waffensegnung mit Gebeten,
um andre Gläubige zu töten!
Auch dieses: lieber Menschenmassen
verelenden und hungern lassen,
statt man Geburtenreglung übe –
auch das zeugt nicht von Menschenliebe!

D (Deutschland)

Nun: Wollt ihr, daß im Alphabet
es mit dem D jetzt weitergeht?
Ist es nicht besser, wenn ich ende?
Wascht nur in Unschuld eure Hände
und greift, kraft eigenen Ermessens,
zum güt’gen Handtuch des Vergessens…

Doch hilft das Waschen nicht und Reiben:
Die Flecke bleiben!

Welcher Popularität sich Heinz Erhardt noch heute erfreut, zeigen auch die vielen Beiträge in Zeitungen und im Internet und die Sendungen im Fernsehen, die in diesen Tagen verbreitet werden. Das Hamburger Abendblatt widmete ein ganzes Wochenendjournal dem Komiker, der viele Jahre in Hamburg lebte. Und so lassen sich auch die TV-Sender nicht lumpen und stellen viel Material über Heinz Erhardt ins Netz: daserste.dendr.de

Anempfehlen möchte ich auch einen kleinen Artikel aus der Welt, der gewissermaßen auch die Schattenseiten von Erhardts Schaffen beleuchtet. So sehen wir heute Heinz Erhardt in vielen Filmen, die des Anguckens nicht wert wären, würde darinnen nicht dieser unvergessene Komiker auftreten. Längst wären diese Filme der Mottenkiste anheim gefallen.

Zuletzt eine Ehrung, die ihm sicherlich gefallen hätte. Zwischen den Straßen Saseler Chaussee, Rabenhorst und Pfeilshofer Weg im Norden von Wellingsbüttel, einem Stadtteil Hamburgs, soll der Heinz-Erhardt-Park entstehen. Erhardt wohnte viele Jahre nur wenige Meter von dieser Stelle entfernt:


Heinz-Erhardt-Park in Hamburg-Wellingsbüttel

Übrigens: Im Jahr 2007 kam Heinz Erhardt bei der Wahl zum besten deutschsprachigen Komiker in der ZDF-Sendung „Unsere Besten – Komiker & Co.“ auf den zweiten Platz hinter Loriot.

Tomatis-Hörtherapie: fehlende Lobby

„Wir machen keine Musiktherapie, sondern eine akustische Reizstimulation“

In meinem Beitrag Meditationen über Mozart erwähnte ich den Besuch bei einem Arzt, bei dem mein jüngerer Sohn an einer Hörtherapie nach der Methode von Dr. Alfred Tomatis, auch Mozart-Therapie genannt, teilnahm. Grund hierfür war eine Krankheit meines Sohnes im Kleinkindalter, die bis heute ihre Nachwirkung in Form von Auffälligkeiten in der auditiven Wahrnehmung zeitigt.

Der französische HNO-Arzt Alfred Tomatis entdeckte in den 1950er Jahren, dass vor allem Mozarts frühe Werke das menschliche Gehirn auf besondere Weise anregen und dadurch eine therapeutische Wirkung hervorgerufen wird. Er entwickelte ein Hörtraining, bei dem mit Hilfe eines computergesteuerten „elektronischen Ohrs“ gefilterte Frequenzbereiche durch spezielle Kopfhörer wiedergegeben werden. Dabei werden die Vibrationen der Musik zusätzlich über die sogenannte Knochenleitung vom Körper aufgenommen.

Diese Form der Mozart-Therapie erwies sich als großer Erfolg bei Menschen mit Konzentrationsschwächen, Angstzuständen oder Sprachproblemen, sowie bei Schwangeren zur Vorbeugung von Frühgeburten und bei Wachkomapatienten.

Sogar der Schauspieler Gerard Depardieu machte dieses Hörtraining, um seine Texte besser lernen zu können. Er nannte Tomatis „Dr. Mozart“.

Tomatis-Hörtherapie

Mit Schreiben vom 9. November 2008 bat ich meine Krankenkasse um Übernahme der Kosten. Mit Schreiben vom 27.11.2008 kam (nicht gerade postwendend) die Antwort mit einer Absage. Lakonisch wurde mitgeteilt:

Die HEK kann die Kosten nur für anerkannte Therapien übernehmen. Die Tomatis-Hörtherapie ist nicht anerkannt. Insofern ist eine Kostenübernahme ausgeschlossen.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2008 legte ich gegen diesen Bescheid Widerspruch ein; u.a. schrieb ich:

Mir ist klar, dass Sie in Ihren Entscheidungen an vertragliche Absprachen und Richtlinien gebunden sind. So übernehmen Sie lediglich die Kosten für Therapien, die entsprechend diesen Richtlinien anerkannt sind. […]

Mir sind die Vorbehalte der Schulmedizin, insbesondere die gemeinsame Stellungnahme der Gesellschaft für Neuropädiatrie, der ADANO (Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Audiologen und Neurootologen), der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie und der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie, bekannt. Im Wesentlichen beschränken sich diese Vorbehalte auf fehlende Beweise für den Erfolg der Therapie und berufen sich auf Aussagen anderer Ärzte. Eigene Belege und Untersuchungsergebnisse werden nicht vorgebracht. U.a. heißt es dort: „Es kann auch nicht nachvollzogen werden, daß stark gefilterte und damit verfremdete Klangqualitäten einen spezifischen Effekt in dem geschilderten Sinne erzielen können, selbst wenn man davon ausgeht, daß der offensichtlich noch erhaltene Rhythmus der klassischen Musik nicht ohne Wirkung auf den Probanden bleibt.“ Immerhin heißt es dort auch: „Rosenkötter (1995/96) nimmt an, daß die Therapie auf die Regelkreise des Hirnstamms und der Innenohrperzeption Einfluß nehme.“ Und „Damit wird nicht unterstellt, daß bei Kindern und Jugendlichen, die nach der Tomatis-Methode behandelt wurden, keinerlei (unspezifische) Effekte auftreten können.“.

Alternativ wäre sicherlich eine Behandlungsmaßnahme durch einen Logopäden möglich. Ob aber eine adäquate Behandlung erfolgreich wäre, hielten meine Frau und ich für fraglich, […]. So sehe ich eine Behandlung innerhalb der analytischen Hörtherapie für die erfolgversprechendere.

[…]

Die Empfehlung für die Hörtherapie nach Dr. Tomatis kam von einer Lerntherapeutin, bei der unser Sohn Nachhilfe bekommt. Sie verwies dabei auf die nachhaltigen Erfolge dieser Therapie bei anderen Schülern, die sie bisher betreute.

In der analytischen Hörtherapie werden ähnlich einem Muskel die für das Hören vorgesehenen Nerven des Gehirns gewissermaßen trainiert, indem diese in einer bestimmten Abfolge unterschiedlichen akustischen Reizen ausgesetzt werden (Töne hoher Frequenzen dienen als Stimulans, Töne tiefer Frequenzen zur Entspannung). Das ist eine für mich als Musikverständigen auch logisch durchaus nachvollziehbare Behandlungsmethode. Die Behandlung erfolgt bei einem promovierten, approbierten Mediziner.

Kontrolluntersuchungen zur Mitte und am Ende des ersten Behandlungsabschnitts von 15 Tage zeigen deutliche Verbesserungen sowohl beim Test der Luft- als auch der Knochenleitung. Das Unterscheidungsvermögen unterschiedlich hoher Frequenzen ist ebenfalls klar verbessert.

[usw.]

Wir mussten bis zum 12.02.2009 warten, bis ein Schreiben, verfasst vom Widerspruchsausschuss der Krankenkasse, eintraf, also über zwei Monate nach Eingabe des Widerspruchs, mit dem Ergebnis:

„Dem Widerspruch wird nicht stattgegeben.“

Verwiesen wird dabei (jetzt etwas ausführlicher) auf den Leistungsrahmen, der (u.a.] in dem zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung geschlossenen Arzt-/Ersatzkassenvertrag geregelt ist. „Sie regelt das Spektrum der ärztlichen Leistungen abschließend.“

In den Entscheidungsgründen wird u.a. folgendes ausgeführt:

Bei der Tomatis Hörkur handelt es sich um eine Methode, die der Gemeinsame Bundesausschuss bisher noch nicht bewertet hat. […] Eine Behandlungsmethode gehört deshalb erst dann zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erprobung abgeschlossen ist und über die Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode nachprüfbare Aussagen gemacht werden können.

Mannschatz - Vorsitzender des HEK-Widerspruchsausschusses

Soweit hierzu (Langes Geschreibsel, kurzer Sinn): Gegen die Tomatis-Hörtherapie gibt es eine Anzahl von Einwänden. Ob diese nun begründet sind oder nicht, wurde im Widerspruchsentscheid wohlweißlich nicht erörtert (das wäre ein Thema für sich). Okay. Was mich aber wirklich wundert ist, dass die Tomatis-Hörtherapie bisher durch den „Gemeinsamen Bundesausschuss“ noch nicht bewertet wurde, so als wäre sie etwas völlig Neues und nicht schon seit Jahrzehnten bekannt (allein der Arzt, bei dem wir für unseren Sohn die Therapie durchführen ließen, behandelt seine Patienten hiernach seit über 15 Jahren). Wie mir scheint, fehlt den Verfechtern dieser Therapie die gehörige Lobby im genannten Ausschuss. Ich denke allerdings auch, dass diese eine entsprechende Erprobung nur zögerlich betreiben.

Wie auch immer: Die Pharmaindustrie ließe sich kaum auf diese Art abspeisen. Jede Verzögerung in der Erprobung führte zu Millionenverlusten. Dann betreibt man die Erprobung schon lieber selbst.

Zweifelhafte Ehrung: der Darwin Award

Der Naturwissenschaftler Charles Darwin postulierte, dass die Auswirkungen der natürlichen Selektion im Laufe der Zeit dazu führen, dass sich die Individuen so entwickeln, dass sie bessere Fähigkeiten als ihre Vorfahren aufweisen. Dies wird auch „Überleben der Bestangepassten“ genannt.

Zu Ehren von Charles Darwins Hypothese wird jährlich der Darwin Award (Website auf englisch und teilweise auf deutsch) an die (Reste von) Individuen verleihen, die alles in dem Versuch gegeben haben, unseren Genpool zu verbessern. Wir applaudieren jenen, die das ultimative Opfer erbracht haben, indem sie sich selbst in der außergewöhnlichsten und dümmsten Art und Weise töteten. Diese Auszeichnung wird fast immer posthum verliehen, vorzugsweise vor der Vermehrung.

Hauptsächlich erinnert dieser Preis an diejenigen, die den Genpool desinfizierten, indem sie innovativ schwachsinnige Wege fanden, sich selbst zu töten und dadurch halfen, unerwünschte Schwächen von den Genen zu entfernen. Die individuelle Absicht und Selbstopferung der Nominierten sowie die spektakulären Methoden, durch die sie sich selbst entfernten, sind lobenswert und sollen nicht verspottet werden. Tatsächlich ist es jedoch eine zweifelhafte Ehre, einen Darwin Award zu erhalten.

Darwin Award

Hierzu die Regeln für eine Nominierung

siehe auch zdf.de: And the winner is … Die Darwin-Awards und der menschliche Genpool (mit einigen originellen Fallbeispielen)

Man spricht Deutsch

Deutsch ist eine der wichtigsten Sprachen in Europa, innerhalb der Europäischen Union ist es die am häufigsten, immerhin von 110 Millionen Menschen gesprochene Muttersprache. Jetzt widmet sich eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin „Der Sprache Deutsch“ und gibt u.a. einen Überblick über die Geschichte der deutschen Sprache. Zeitgleich geht das Haus der Geschichte in Bonn Phänomenen der Gegenwartssprache auf den Grund – etwa der Jugend- bzw. Szenesprache. Die Ausstellung in Berlin ist täglich, auch sonntags, von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet fünf Euro.

Untergegangene Wörter

Zu den Besonderheiten der deutschen Sprache habe ich mich bereits in verschiedenen Beiträgen hier geäußert; u.a. habe ich dabei auf den Verlust alter deutscher Wörter hingewiesen, aber auch aufgezeigt, wie sie die Sprache immer weiterentwickelt: Laut Duden kommen jedes Jahr etwa 1.000 Worte dazu (Von Archaismen und Neologismen). Weitere Beiträge: You need ZugzwangWenn der Amtsschimmel wiehertTypisch deutsch: GemütlichkeitWörterbuch der Szenesprache