Kategorie-Archiv: Unsere Erde – unsere Welt

Schutz und Verschmutzung unserer Umwelt

Verloren in Übersetzung

Zu meinem Geburtstag habe ich nur schöne Geschenke bekommen. Ich meine es ernst. Manchmal bekommen wir ja Sachen, die wir partout nicht gebrauchen können, schon haben oder einfach nur hässlich finden. Dem war also nicht so.

Zu zwei Geschenken gab es eine Gebrauchsanleitung. Ich benutze häufig den Google Übersetzer, dessen Qualität in der letzten Zeit deutlich besser wurde. Die zwei Geschenke sind Made in China – und die genannten Gebrauchsanleitungen sind in diversen Sprache verfasst, so auch auf Deutsch. Und diese deutschen Texte sind gewissermaßen „in der Übersetzung verloren“ gegangen (ich muss da gleich an den Film Lost in Translation der Regisseurin Sofia Coppola mit Bill Murray und Scarlett Johansson in den Hauptrollen denken).

Vielleicht nicht ‚verloren‘, aber ins Deutsche durch einen automatischen Übersetzer gejagt (Google hätte das bestimmt besser hinbekommen), sodass das ‚Ergebnis‘ fast unverständlich bleibt. Wer kennt sie nicht, diese kuriosen Anleitung zum Gebrauch, die wenig hilfreich sind.

Beim ersten Geschenk, einer Fitness Tracker-Uhr der Firma YAMAY half ein wenig Intuition, den Text zu verstehen, hier ein kleines Beispiel zum Herzfrequenz-Modus des Geräts:

… Anmerkung: Nach dem Aufenthalt auf die Herzfrequenz-Schnittstelle für 1s beginnt Messung der Herzfrequenz, … nach der Messung von korrekten Daten zeigen Sie die Daten an.

Nun, nicht ich zeige die Daten an, sondern das Gerät.

Es wuchern Bart und Zins, nicht nur bei Kuntz und Hintz!
Es wuchern Bart und Zins, nicht nur bei Kuntz und Hintz!

Weiterhin bekam ich einen Bartpflegeset zum Geschenk. Wie oben zu sehen ist, wuchert mein Bart in Coronazeiten zu weihnachtsmännlichen Dimensionen. Da hatte einer meiner Söhne ein Einsehen mit mir. Also ran an die Schere – und anschließend gut geölt in die sonnendurchflutete Winterlandschaft. Es ist nicht nur die durchgängige Kleinschreibung (auch am Satzanfang) der Gebrauchsanleitung, die irritieren könnte, Der ganze Text z.B. zum Thema ‚Bart Öl‘ ließ mich meinen Bart nachdenklich kraulen:

Dein Bart noch überschaubar: von den ersten einsatz, dieser bart – weichmacher öl wird dein bart weniger grob – und schleifmittel. es behandelt auch getrennte endet auch, ob sie anfangen zu kommen, natürlich oder treten nach einer rasur.

Anfahrt: Noch ein paar tropfen von der handfläche die öl, sanft in den vollbart, spitzbart und schnauzbart auf die tiefe der haut zu beenden, bräutigam bart und stil, wie üblich.

Klar, ‚… wie üblich‘.

Wenn ein Haus auf Reisen geht …

Das sieht man nicht alle Tage: Auf den Bundesstraßen 75 und 3 im Landkreis Harburg ist letztes Wochenende ein seltener Umzug zu sehen. Ein 50er-Jahre-Bau wird per Schwertransport ins Freilichtmuseum am Kiekeberg gebracht.

Seit Mitte der letzten Woche war das Siedlungshaus aus Tostedt in Bewegung. Zunächst haben Experten es am Mittwoch mithilfe von hydraulischen Pressen angehoben, auf einem Transportfahrzeug mit eigenem Antrieb positioniert und von dort auf den Schwertransporter geladen, wie das Museum mitteilte. Am Freitag stand der acht Meter breite Tieflader einen Tag auf der B75 bei Kakensdorf. Grund war laut Museum eine Pause für die Fahrer. Der Verkehr wurde währenddessen über die angrenzenden Parkplätze umgeleitet. Sonnabend ging es dann auf den 22 Achsen weiter Richtung Rosengarten. „Der Wetterumschwung ist eine echte Herausforderung“, wie Polizeisprecher Jan Krüger sagte. Die verschneiten Straßen hätten zunächst geräumt werden müssen. Am Abend sollte das Haus das Museumsgelände erreichen.

Siedlungshaus wird Teil der „Königsberger Straße“

Einen derart aufwendigen Transport organisiert das Museum nicht zum ersten Mal. Für das Projekt „Königsberger Straße. Heimat in der jungen Bundesrepublik“, baut es einen Straßenzug mit fünf Originalgebäuden auf. Das erste war den Angaben zufolge vor zwei Jahren eine Tankstelle aus den 50er-Jahren, im vergangenen Jahr kam ein Siedlungsdoppelhaus hinzu. Am vergangenen Sonntag sollte dann der Ziegelbau aus Tostedt auf seinen neuen Keller gesetzt werden. Das Besondere an dem Haus ist laut Museum, dass es nahezu im Originalzustand sei. Nach dem Bau 1955 sei es bis 1963 erweitert und danach nicht mehr verändert worden. Errichtet hat es seinerzeit ein Ehepaar, das aus Ostpreußen in die Region geflohen war.
(Quelle: ndr.de)


Ungewöhnlicher Schwertransport: Haus rollt über die Straßen

Weitere Infos und Fotos siehe kiekeberg-museum.de

Querbeet (11): Neues von alten Männern

Das Fell des Bären

Bekanntlich soll man das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist: Wenn schon nicht Parteichef, dann eben Bundesminister: Dass Friedrich Merz nach Höherem strebt, hat er oft gesagt. Nun würde er gerne Wirtschaftsminister werden. Doch Kanzlerin Merkel, die Merz schon vor Jahren den Laufpass gegeben hatte, lehnt eine Kabinettsumbildung ab. So hofft der gute Mann natürlich auf spätere Zeiten, um nach der Bundestagswahl im Herbst diesen Jahres in einem Kabinett Laschet (oder Söder oder …?) den angestrebten Posten zu erringen. Die Wahl ist zwar noch lange nicht gelaufen, aber über Pöstchen kann man (Merz) ja schon einmal verhandelt.

.... querbett

Das Lieblingsspielzeug weggenommen

Lukaschenko, Präsident Belarus‘ von eigenen Gnaden, liebt Eishockey. Und freudestrahlend empfing er vor einigen Tagen den Präsidenten der Eishockey-Föderation IIHF, René Fasel, um ihn vor laufender Kamera freundschaftlich zu umarmen. In Corona-Zeiten nicht gerade das richtige Signal, auch wenn beide die CoVid-19-Infektion bereits überstanden haben. Es ging um die Ausrichtung der Eishockey-Weltmeisterschaft 2021, die ab 21. Mai in Riga, Lettland, und Minsk, Belarus, stattfinden sollte.

Da aufgrund der Menschenrechtslage in Belarus verschiedene Sponsoren mit Rückzug drohten, hat der IIHF entschieden, wegen „wachsender Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit den zunehmenden politischen Unruhen sowie Covid-19“ die WM nicht wie geplant in Minsk abhalten zu lassen.

„Das ist ein schwerer Schlag für den Diktator und sein Image“, sagte der belarusische Menschenrechtsaktivist Ales Bialiatski dem SID. Lukaschenko hätte die WM nur zu gerne für seine Politik benutzt, betonte der mit dem „Alternativen Nobelpreis“ (Right Livelihood Award) ausgezeichnete Bialiatski: „Es ist ein bisschen so, als nimmt man einem Kind das Spielzeug weg.“

Bereits zuvor hatte das Internationale Olympische Komitee den belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko von allen olympischen Aktivitäten einschließlich der Sommerspiele in Tokio ausgeschlossen.

Potus, ab in den Lokus – oder: Von weiteren Fellen

US-Präsident Trumps Stunden sind gottlob gezählt. Der alte Potus (President Of The United States) geht (ab in den Lokus mit ihm), der neue Potus kommt (heute ist bekanntlich Joe Bidens Amtseinführung). Nein, ich schreibe nichts mehr über diesen trotz Reagan, Bush Vater und Bush Sohn schlechtesten Präsident der USA. Seine Felle haben längst begonnen, davon zu schwimmen. Ich hoffe nur noch, das er bald im Knast landet. Schön wäre das. Aber vielleicht begnadigt er sich als letzte Amtshandlung selbst prophylaktisch. Würde zu ihm passen. Bannon hat er ja bereits begnadigt. Die Begnadigung Bannons ist deshalb bemerkenswert, weil der frühere Chefstratege zwar angeklagt ist, allerdings bislang nicht verurteilt. In der Regel begnadigen US-Präsidenten vor allem bereits Verurteilte.

Bleibt negativ!

Jetzt zur Weihnachtszeit schwappt also die 2. Coronawelle über uns: Übrigens wie von Herrn Drosten bereits im April prognostiziert. Womit die Politik wieder einmal ihr Versagen dokumentiert. So hieß es u.a. lange Zeit, Weihnachten, wenn wir benügend Rücksicht nähmen, könnte fast wie in alten Zeiten gefeiert werden. Nun, dürfen wir gerade vier Personen zusätzlich zu den Personen unseres Haushaltes einladen, wenn diese eng mit uns verwandt sind. Immerhin schaffen wir es so, Heiligabend mit unseren beiden Söhne samt Anhang zu feiern.

Ja, das Corona-Virus hat unser Leben verändert. Jetzt geht das Jahr 2020 zu Ende und das Beste daran ist, dass es zu Ende geht. Das Virus hat vor allem aber auch unseren Sprachgebrach verändert. Da gibt es Sprüche, die vor einem Jahr undenkbar waren bzw. ihrem Sinn nach eine andere Bedeutung hatten. Hier die Corona-Sprüche des Jahres 2020, wie sie in der Sendung extra 3 vom 03.12.2020 vorgestellt wurden. Natürlich nötigt uns das sicherlich ein Lächeln ab:

Platz 10: Entschuldigung, Ihre Nase guckt raus.
Platz 9: Lass uns doch mal auf ein Abstandsbier treffen.
Platz 8: Am Wochenende war ich bei einer Zoom-Party.
Platz 7: Mama, wann darf ich wieder in die Schule?
Platz 6: Du willst nach Passau? Das ist Hochrisikogebiet!
Platz 5: Ich hör dicht nicht. Du hast dein Mikro nicht an.
Platz 4: Wie viele Haushalte sind wir denn?
Platz 3: Nicht mit der Oma spielen, die stirbt sonst.
Platz 2: Kennt ihr noch einen anderen guten Händewasch-Song?
Platz 1: Du willst doch zur Bank – vergiss deine Maske nicht!

Willi besucht seine Bank
Willi besucht seine Bank

Mein Lieblingsspruch kommt hier leider nicht vor. Mit diesem grüße ich Euch und wünsche noch schöne Adventstage: Bleibt negativ!– d.h.: Bleibt gesund!

Nachtrag vom 17.12.2020:
Willi ist negativ! - Bleibt auch negativ!
Willi ist lt. Corona-Warn-App negativ! – Bleibt auch negativ!

BELARUS – Willkür und Terror

Seit nun schon fast vier Monaten gehen die Bürger von Belarus auf die Straße, um gegen den Wahlbetrug bei der Präsidentschaftswahl zu protestieren. Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Zahl der Demonstranten während der Wochen kaum abgenommen hat und auch gestern das schlechte Wetter kein Grund war, zu Hause zu bleiben.

Und Lukaschenko und seine Schergen reagieren darauf mit Willkür und Terror. Inzwischen gab bis zu 30.000 Verhaftungen. Die Inhaftierten wurden geschlagen und gedemütigt, viele schwer verletzt. Auch Vergewaltigungen soll es gegeben haben. In viele Wohnungen von ‚Verdächtigen‘ wurde eingebrochen und Gegenstände mutwillig beschädigt.

Und dann gab es den Mord an Roman Bondarenko, der zu Tode geprügelt wurde. Das Drama um Roman Bondarenko, das viele Menschen in Belarus bewegt, geschah in einem Innenhof, ganz in der Nähe seiner Wohnung in Minsk. Dieser Innenhof ist zu einem kleinen Ort des Widerstandes geworden: Menschen hängen dort weiß-rot-weiße Schleifen auf. Nachbarn nennen ihn „Platz des Wandels“. Nach Aussagen der Behörden soll es in diesem Innenhof einen Nachbarschaftsstreit gegeben haben, in den Bondarenko im alkoholisierten Zustand verwickelt gewesen sein soll. Augenzeugen berichten aber, dass der junge Mann dort von maskierten Männern in Zivil angegriffen und geschlagen wurde. Sie gehen davon aus, dass es Sicherheitskräfte waren. Bondarenko habe am Boden gelegen, zwei, drei Männer hätten ihn festgehalten, das zeigen auch Videoaufnahmen. Danach wurde der junge Mann offenbar zu einem Bus getragen und zur Polizeiwache gefahren. Gegen Mitternacht wurde Bondarenko schwer verletzt auf eine Intensivstation gebracht. Aus dem Arztbericht geht hervor, dass er massive Kopf- und Hirnverletzungen hatte. Außerdem Blutergüsse und Wunden im Gesicht und an den Beinen. In seinem Blut wurde allerdings kein Alkohol gefunden: Alkoholgehalt 0,2 ‰! Am nächsten Tag starb er. Inzwischen wurde gegen den Arzt Artsiom Sarokin und die Journalistin Katsyaryna Barysevich ein Strafverfahren wegen Offenlegung eines medizinischen Geheimnisses eingeleitet. Gegen die Täter wird nicht ermittelt!

“Наркаманы і прастытуткі!” – „Drogenabhängige und Prostituierte!“

Ein wesentlicher Teil die stattlichen Propaganda ist die Denunzierung der Protestierenden. Demnach überfielen die Demonstranten die Sicherheitskräfte, griffen diese mit „Molotow-Cocktails“ an, warfen Steine​aus den Fenstern auf sie und rammten die „Bereitschaftspolizei“ mit Autos. So beschreiben die Abteilungszeitung „Na Strazhe“ und die Zeitschrift „Spetsnaz“ die belarussischen Proteste für ihre Leser. Einer der regierungsnahen Telegrammkanäle beschloss, die Demonstranten des Satanismus zu beschuldigen. Er zog Parallelen zwischen dem Siegeszeichen, das zu einem der Symbole friedlicher Proteste in Belarus geworden ist, und dem Baphamet-Teufel-Zeichen.

Lukaschenko – der Teufel vom Dienst
Lukaschenko – der Teufel vom Dienst

Und der Willkür kein Ende: So werden Studenten exmatrikuliert und Uni-Dozenten, sogar Ärzte, entlassen, wenn sie sich nicht ausdrücklich zu Lukaschenko bekennen. Und dieser „habe die Regierung angewiesen, in Kürze konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Auslandsabschlüsse (sprich Diplome) in Belarus nicht anzuerkennen“. Bisher bezieht sich das wohl nur auf Universitätsabschlüsse aus Polen und Litauen. Außerdem beschlagnahmt die Regierung von Belarus Geld, das auf die Bankkonten der Opfer von Hilfsorganisationen überwiesen wurde. Dies ist eine weitere Form von Menschenrechtsverletzungen, die die Zusammenarbeit des Bankensystems einschließt. Seit dem Abend des 15. November gab es im Protestviertel Novaya Borovaya in der Nähe von Minsk vier Tage lang kein Wasser. Auch die Heizungen wurden abgestellt. Gestern wurde nicht nur das mobile Funknetz heruntergefahren, sondern viele Haushalte hatten keinen Strom mehr, um auch das Internet per Kabel zu unterbinden.

Außerdem sind Änderung zum Gesetz über die Staatsbürgerschaft vorgesehen, die die Staatsbürgerschaft solcher Bürger entziehen soll, die „an terroristischen oder extremistischen Aktivitäten teilnehmen und den Interessen des Landes ernsthaften Schaden zufügen“. Davon sollen allerdings nur eingebürgerte Bürger betroffen sein.

Stalin + Hitler = Lukaschenko
Stalin + Hitler = Lukaschenko

Während eines Arbeitstreffens mit den Polizeichefs der Region Brest sagte der neue Innenminister Iwan Kubrakow, dass „die an den Protesten beteiligten Personen gezielte Präventionsarbeiten durchgeführt werden.“ Darunter verstehe er systematische Schläge, verbale und nonverbale Beleidigungen, Farbspuren, Eintauchen eines Kopfes in eine Toilettenschüssel und anderes.

Auch wenn es nicht zu einem Generalstreik in Belarus gekommen ist, so erfährt die Wirtschaft dort – verstärkt durch die Coronakrise – eine Talfahrt. So gab es bereits finanzielle Hilfen vom großen Bruder Russland. Wie es nun in Belarus weitergeht, ist nach meiner Meinung auch von den Russen, also von Putin, abhängig. Am 13. November gab die russische Seite mehrere Erklärungen ab, die auf eine gewisse Korrektur der russischen Position in Bezug auf die Ereignisse in Belarus hinweisen könnten. Das sagte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow: „Wir unterstützen Alexander Gregorjewitsch [Lukaschenko] nicht, wir unterstützen den legitimen Präsidenten unseres brüderlichen Landes. Und wir unterstützen die Rechtsstaatlichkeit in unserem brüderlichen Land.“ … Die Unzufriedenheit wurde sowohl mit dem Mangel an Verfassungsreformen als auch mit der Gewalt gegen Demonstranten zum Ausdruck gebracht.

„Unser Land hat sich definitiv zu einem Tatort entwickelt. Ich erkläre Alexander Lukaschenko und seine Komplizen zu einer terroristischen Organisation, die für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden muss “, sagte Swetlana Tichanowskaja in einer Erklärung auf ihrem Telegrammkanal.

Die großen Protestmärsche finden nach wie vor an Sonntagen statt. Die Kundgebung am 22.11.2020 war aufgrund ihrer Dezentralisierung etwas Besonderes: Mehrere kleinere Gruppen versammelten sich in mehreren Teilen von Minsk und marschierten durch ihre Bezirke. Diese Taktik wurde gewählt, nachdem mehrere Wochen hintereinander Polizisten verhindert hatten, dass Menschen zusammenkamen und eine große Kolonne für den Marsch bildeten. Und gestern, am 29.11.2020, bedienten sich die Protestierenden sogar einer Verwirrtaktik: Aus einigen Distrikten von Minsk wurden im Internet zeitversetzte oder ‚gefälschte‘ Videos veröffentlicht, die die Polizei gewissermaßen auf eine falsche Fährte führen sollten. So saßen die Demonstranten bereits in ihren Wohnungen, tranken Tee und schauten aus dem Fenster auf die Sicherheitsbeamten, die kamen, um sie zu zerstreuen.

Quelle: u.a. die Telegram-Kanäle Free Belarus News (englisch) und Euroradio (belarusisch)

Übersetzung belarusischer Texte ins Deutsche
Übersetzung belarusischer Texte ins Deutsche

siehe hierzu auch auf arte.tv: Belarus: Tagebuch einer Revolution – Aktuelles aus Minsk

Kurz und spitz (06): THE SYSTEM IS GREAT!

    THE SYSTEM IS GREAT!
    So sagt eine Professorin der City University, eine Schwarze, die in Harlem geboren ist, aber sie hat es geschafft […] – meine Zwischenfrage, ob nicht das Verfahren der amerikanischen Präsidenten-Wahl, zur Zeit von Abraham Lincoln wohl richtig, im Lauf der Geschichte untauglich geworden ist, brauche ich gar nicht zu begründen; die Dame […] sehe ich nur noch von halb-unten, als ich ihre Antwort höre:
    THE SYSTEM IS GREAT.

Kurz und spitz:THE SYSTEM IS GREAT!
Kurz und spitz: THE SYSTEM IS GREAT!

In den Entwürfen zu einem dritten Tagebuch, die Max Frisch in den Jahren 1982/83 verfasste, eine Zeit, in der er öfter die USA besuchte, wo er eine Wohnung hatte, äußert es sich oft kritisch über die Vereinigten Staaten und ihre Menschen. Kein Wunder: Ronald Reagan regierte das Land. Diesem war es gelungen, eine Koalition aus Evangelikalen, Wirtschaftsliberalen (Neoliberalen) und wertkonservativen Wählern zu schmieden. – In diesen Tagen oft diskutiert: Gerade die diesjährige Wahl des US-Präsidenten hat aufgezeigt, wie überholt das Wahlsystem (Mehrheitswahl über Wahlleute) ist.

Max Frisch schreibt weiter:

Im Fernsehen sieht er von Vierteljahr zu Vierteljahr auch älter aus; nicht weiser, sondern stur und verschlissen. Trotz seines gefärbten und strammen Haares. Was hätte dieser so unerschrockene Mann uns zu sagen, wenn er nicht an der Macht wäre […] Ich kann ihn mir sehr nett vorstellen […], hemdsärmelig: A NICE GUY, primitiv, nicht vulgär, ein Mann mit Herz und voll fertiger Sprüche, die jede Dialektik ausschliessen.

Natürlich spricht Frisch von Ronald Reagan. Irgendwie könnte er auch Donald Trump gemeint haben, wenn dieser den meisten auch weniger ’nett‘ vorkommt und seine Sprache oft überaus vulgär ist.

Mr. Trump, verpiss Dich!

Noch weigert sich Donald Trump, seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl anzuerkennen. Doch vor den Gerichten läuft es nicht gut für ihn, denn Beweise legten seine Anwälte für ihre Behauptungen und Vorwürfe der Wahlfälschung bislang nicht vor. Verlieren falle gerade ihm schwer, hat Donald Trump kürzlich eingeräumt. Kein Wunder, wenn er im Krieg gefallene US-Soldaten als ‚Loser‘ bezeichnet. Er selbst ist und war nie ein ‚Verlierer‘. Und wenn es geschäftlich nicht so lief, dann waren andere schuld daran.

Trump – allein im Regen
Trump – allein im Regen

Ein Witz? Trump hat seine Anhänger dazu aufgerufen, Geld zu spenden, damit er gegen den vermeintlichen Wahlbetrug gerichtlich vorgehen kann. Aber das ist KEIN Witz! Wie armselig muss der gute Mann sein.

Sicherlich ist der neue Präsident der USA, Joe Biden, nicht der, den seine Wähler wirklich haben wollten. Aber besser als Trump ist er allemal. Es wird dann aber Zeit, dass die Demokraten einen Kandidaten küren, der das Land endlich in das 21. Jahrhundert führen kann. Vier Jahre haben sie jetzt Zeit.

Vier Jahre hat uns Trump in Atem gehalten. Immerhin hat er keinen 3. Weltkrieg angezettelt – und es ist kaum zu glauben: Seit Eisenhower ist er sogar der erste Präsident, in dessen Amtszeit kein neuer Krieg ausgelöst wurde. Das ist weniger Trumps Verdienst, als vielmehr seinen Beratern und dem Militär zu verdanken, denn z.B. gegen Syrien wollte er Bomber einsetzen.

Trump will nach eigenen Worten bis vor das Oberste Gericht ziehen. Ob er dort Erfolg haben wird, ist trotz der dortigen Mehrheit konservativer Richter fraglich. Er wird das Weiße Haus räumen müssen. Wie das geschieht, wir dürfen gespannt sein.

Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dass einer der oberen Republikaner Mr. Trump sagt, wie er noch halbwegs würdevoll aus seinem Amt ausscheiden kann. Dass es zum guten Ton dazu gehört, dem Gewinner zu gratulieren, wäre vielleicht ein solcher Ratschlag. Aber Trump ist nun einmal kein Verlierer und wird auf seine Würde scheißen. Da stehen den US-Amerikanern noch einige heiße Wochen bevor. Und neben dem Staatsanwalt, der Trumps diverse Vergehen (Sexueller Missbrauch, Betrug, Steuerhinterziehung) während seiner Amtszeit, in der er Immunität genoss, untersuchen wird, wartet vielleicht auch die Klapsmühle auf ihn.

Saschas unglaubliche ‚Aura‘

Am Wochenende erreicht die Lage in Belarus einen Punkt, der für die weitere Entwicklung maßgebend sein könnte. Das Ultimatum von Swetlana Tichanowskaja, der Präsidentschaftskandidatin der Opposition, läuft am Sonntag aus. Darin forderte sie:

1. Lukaschenko muss seinen Rücktritt bekannt geben
2. Gewalt auf den Straßen muss vollständig aufhören
3. Alle politischen Gefangenen müssen freigelassen werden

Ansonsten soll es vermehrt Streiks im Lande geben. Ob das Ultimatum so sinnvoll ist, mag ich zu bezweifelt. Immerhin heißt es, dass den Arbeitern erster Betriebe eine Lohnerhöhung versprochen wurde, was zeigt, dass die Staatsführung unter Lukaschenko ‚kalte Füße‘ bekommt, oder?

Apropos: Lukaschenko und Swetlana Tichanowskaja, die gezwungenermaßen nach Litauen ausreisen musste. Angeblich bat sie Sascha (Alexander Lukaschenko) mit Tränen in den Augen in seinem Arm liegend um die Ausreise und um 15.000 Dollar ‚Reisegeld“. Und auch Sergei Tichanowski, Swetlanas Ehemann und vormals Präsidentschaftskandidat, bevor er Ende Mai verhaftet wurde, der mit anderen inhaftierten Vertretern der Opposition zu dem ominösen Gespräch mit Sascha geladen war, soll sich, nachdem er sich angeblich ‚ungehörig‘ gegen Lukaschenko geäußert hatte, von der ‚Aura‘ des Präsidenten beruhigt worden sein. Eher ist er von dem stundenlangen Geschwafel Lukaschenkos in Tiefschlaf gefallen.

Lukaschenko hat einen Stich
Lukaschenko hat einen Stich

Am Sonntag sollten auch die ‚Anhänger‘ Lukaschenkos Flagge zeigen. Angeblich wusste Lukaschenko nichts von der Kundgebung zu seiner Unterstützung. Und als er es herausfand, sprach er sich aus Sicherheitsgründen dagegen aus. Für ihn genügt es zu sagen, dass „etwa 250-300 Tausend“ seiner ‚Anhänger‘ gekommen wären. Warum 300.000 und nicht 3 Millionen?! – Oder 30 Millionen? Ach, so viele Einwohner hat Belarus ja nicht …

Natürlich gibt es Befürworter für Lukaschenko. Das Problem ist aber, dass die Medien in Belarus mittlerweile komplett gleichgeschaltet sind, und wenn man nicht explizit im Internet sucht, nur noch mit Propaganda gefüttert wird. Gerade die Leute vom Dorf und die Rentner sind davon am meisten betroffen.

Aber von wegen Rentner: Da gibt es z.B. die 73-jährige Nina Baginskaja oder die 82-jährige Zoya Nikolaevna, die beide keinen Minsker Protestmarsch auslassen. Besonders Nina Baginskaja ist zum Inbegriff des Protestes gegen das Regime in Minsk geworden.


Marsch der Rentner

Wenn es nicht so ernst wäre, müssten wir lachen! Denn bei den Protesten von August bis September 2020 wurden in Minsk mindestens 1.376 Menschen von Sicherheitskräften verletzt. Jeder Dritte wurde schwer verletzt. Es gab mindestens drei Fälle sexueller Gewalt, eine der Vergewaltigten war minderjährig.

Die Behörden sind daran interessiert, die Proteste zu radikalisieren: Die Geschichten von den von Demonstranten verletzten Bereitschaftspolizei, beschädigte und verbrannte Autos von Polizisten und staatlichen Medien, Angriffe mit Molotow-Cocktails auf staatliche Institutionen usw. sind Lieblingsthemen regierungsnaher Journalisten. Schauen Sie, wie der Protest radikalisiert wird, dieser ist alles andere als friedlich – Militante und Kriminelle gehen durch die Straßen!

Der erste stellvertretende Innenminister von Belarus, Gennadi Kasakewitsch, erklärte: In dieser Hinsicht sind die Sicherheitsbehörden bereit, erforderlichenfalls Spezialausrüstung und Militärwaffen einzusetzen. Nach dem stellvertretenden Innenminister erklärte Mikalai Karpiankou (Karpenkow), GUBOPiK-Chef (auch GUBAZIK – Sondereinheit gegen organisiertes Verbrechen und Korruption) seine Bereitschaft, auf Zivilisten zu schießen: „Wenn sie sich widersetzen, werden wir Waffen einsetzen.“ Das ist der Mann, der gern auch mal persönlich mithilft, um z.B. die Glastüren eines Cafés zu zertrümmern. Nach seiner Meinung sind die Demonstranten „Banditen, Terroristen und Schläger“, die von Verschwörern und Koordinatoren aus dem Westen angeführt werden. Sie sind mit Messern, Molotow-Cocktails, Metallstangen u.v.m. bewaffnet. Die Polizei war nicht die erste, die Gewalt anwendete. Sie reagierten nur auf Aggressionen. Die Polizei setze moderate Gewalt gegen „überhaupt nicht friedliche Demonstranten“ ein. Und weiteres an hirnrissigen Anschuldigungen.

Mikalai Karpiankou (Karpenkow), Chef der Sondereinheit gegen organisiertes Verbrechen und Korruption, im 'Einsatz'
Mikalai Karpiankou (Karpenkow), Chef der Sondereinheit gegen organisiertes Verbrechen und Korruption, im ‚Einsatz‘

Und da gibt es viele Nadelstiche der Behörden: Anwälte, die die inhaftierten Regierungsgegner vertreten, verlieren ihre Zulassung. Gefangene, die nur donnerstags von ihren Verwandten mit Kleidung und Lebensmittel versorgt werden dürfen, werden noch am Donnerstagmorgen in andere Gefängnisse verlegt. Rektoren mehrerer Universitäten in Minsk wurden entlassen und durch ‚lilientreue‘ Beamte ersetzt, weil sie ihre Studenten nicht ‚in Zaum halten‘ können.

Belarus gibt als Silicon Valley des Ostens. Inzwischen sollen bereits 45 % aller belarusischen Start-up-Unternehmen entschieden haben, dem Land den Rücken zu kehren. Darunter auch viele IT-Firmen. Schon jetzt erleidet Belarus schwere wirtschaftliche Verluste.

Überhaupt das Geld: Nur hier kann man Lukaschenko und seinen Getreuen beikommen: Es steht wohl außer Frage, dass dieses Gesindel sein Geld im westlichen Ausland angelegt hat. Da ist z.B. eine Tochter von Lukaschenko, die ihre Gelder in einem Immobilienunternehmen auf Zypern investiert hat. Es helfen so nur strikte Sanktionen – auch gegen die Familienmitglieder. Die Gelder müssen eingefroren werden (am besten eingezogen und später dem belarusischem Volk, dem sie gestohlen wurden, zurückgegeben werden). Die EU reagiert nur halbherzig auf die brutale Gewalt. Da ist die Vergabe des Sacharow-Preises durch das Europäischen Parlament an die demokratische Opposition in Belarus, repräsentiert durch den Koordinierungsrat, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

„Wenn Ungerechtigkeit zum Gesetz wird, wird Widerstand zur Pflicht.“

Da gibt es die Unruhen in Kirgistan, in Chabarowsk finden seit Wochen Anti-Kreml-Proteste statt. Der Streit um Bergkarabach zwischen Armenien und Aserbaidschan hat einen neuen Höhepunkt in den kriegerischen Auseinandersetzungen erreicht. Und in den USA werden weiterhin Schwarze von Polizisten und rechtsextremistischen Trump-Anhängern getötet (Black lives matter!) In was für einer Welt leben wir?

Und in Belarus gehen die Menschen weiterhin auf die Straße, um gegen den Wahlbetrug durch Alexander Lukaschenko zu protestieren. Seit Neuestem sind es die Rentnerinnen und Rentner, die montags demonstrieren und gegen die die so genannten Sicherheitsbeamten zuletzt mit bisher unbekannter Härte vorgegangen sind: Es gab Verhaftungen und u.a. den Einsatz von Pfefferspray und Blendgranaten. Am Samstag demonstrieren weiterhin die Frauen und am Sonntag alle gemeinsam gegen Lukaschenko: Ihre Forderungen wie sie Swetlana Tichanowskaja in einem Ultimatum formuliert:

1. Lukaschenko muss seinen Rücktritt bekannt geben
2. Gewalt auf den Straßen muss vollständig aufhören
3. Alle politischen Gefangenen müssen freigelassen werden

Belarus 2020: Verhaftung mit Blume
Belarus 2020: Verhaftung mit Blume
Übrigens: Die junge Frau wurde heute zu einer Strafe von 810 Rubel verurteilt

Das Wochenende begann mit einer Überraschung: Am Samstag, den 10. Oktober, kam es zu einem äußerst ominösen Treffen zwischen Lukaschenko und zwölf inhaftierten Vertretern der Opposition im Untersuchungsgefängnis des KGB. Auch Maria Kolesnikowa, die belarussische Oppositionsführerin, war dazu eingeladen, weigerte sich aber teilzunehmen: „Ich bin glücklicher in meiner Zelle.“

Natürlich kann ein solches Treffen nur als absurd bezeichnet werden: Da kommt der ‚Gefängnisdirektor‘ zu seinen Gefangenen und hält ihnen Vorträge über seine Dialogbereitschaft, die er spätestens an den folgenden Tagen dank seiner Schlägertrupps widerlegt.

Und über den Internetauftritt von BelTA, der staatlichen Nachrichtenagentur von Belarus, erzählt der Märchenonkel Lukaschenko, was er von der angeblich neuen Taktik der Straßenproteste hält; sein Fazit: „Destruktivität dieser Bewegung liegt auf der Hand“. Scheinbar hat der Übersetzer fürs Deutsche die Kurve gekratzt, dafür wurde der Google Übersetzer benutzt, der Text ist sehr blumig. Lukaschenko spricht von einer Buntrevolution (Farbrevolution) und bezieht sich hierbei aufgrund früherer Äußerungen auf die Ukraine und Euromaidan, als die Lage dort eskalierte und zuletzt Präsident Janukowytsch abgesetzt wurde. – Die belarusischen Demonstranten bezeichnet Lukaschenko als Radikale. Hier gibt er sich wieder sehr ‚väterlich‘ und verweist auf die kilometerlangen Staus, die die Demonstranten verursachen. Und: „Die Eltern können ihre Kinder nicht wegen Schreie auf den Straßen ins Bett bringen.“

Er unterstellt den Protestierenden Gewaltbereitschaft. Das folgende Foto verdeutlicht es besonders:

Am 11. Oktober richtete ein Sicherheitsbeamter eine Schrotflinte auf eine radikale Demonstrantin, die mit einem Regenschirm bewaffnet war
Am 11. Oktober richtete ein Sicherheitsbeamter eine Schrotflinte auf eine radikale Demonstrantin, die mit einem Regenschirm bewaffnet war

Am Rande: Während der Proteste am Wochenende wird meist das mobile Funknetz unterbrochen, um den Austausch von Informationen zwischen den Demonstrierenden zu verhindern. Aber die Menschen wissen sich zu helfen. Wie auf dem folgenden Bild, so geben Anwohner ihr WLAN für die Nutzung frei:

Freies WLAN für Protestierende
Freies WLAN für Protestierende

Darja Domratschewa ist die wohl auch bei uns bekannteste ehemalige Sportlerin aus Belarus, die u.a. viermal Gold bei Olympischen Winterspielen im Biathlon gewann. Sie ist mit dem ‚König‘ der Biathleten, dem Norweger Ole Einar Bjørndalen, verheiratet. Sie war das Aushängeschild des belarusischen Sports und wurde so besonders von Lukaschenko hofiert, der u.a. auch Präsident des Nationalen Olympischen Komitees von Belarus ist.

Nun geschah am Sonntag etwas, was hätte nicht geschehen dürfen. Der ältere Bruder von Darja Domratschewa, Nikita Domratschew, wurde von Lukaschenkos Schergen von seinem Rad gerissen, brutal geschlagen und dann verhaftet, obwohl er an den Protesten nicht teilnahm. Eigentlich wollte er nur sein Fahrrad wieder haben. Dabei erlitt er u.a. schwere Kopfverletzungen.


Nikita Domratschew, Bruder von Darja Domratschewa, wird verhaftet

Darja Domratschewa hat sich bisher eher zurückhaltend geäußert. Auch jetzt reagierte sie leider viel zu vorsichtig. Es wäre sinnvoll, wenn sie ich direkt an Lukaschenko wenden würde. Hat sie etwas zu verlieren?

Lukaschenko klebt weiterhin an seiner Macht. Das Treffen mit den inhaftierten Oppositionellen diente doch nur dazu, eine vermeintliche Gesprächsbereitschaft zu zeigen: ‚Seht, ich bin zu Gesprächen bereit. Aber die wollen nicht und gehen weiterhin auf die Straße!‘ Und so werden seine Schlägertrupps und Folterknechte immer brutaler. Selbst vor Unbeteiligten wird nicht Halt gemacht, wie der Fall Nikita Domratschew zeigt. Und viele fürchten inzwischen, dass Lukaschenko auch vor dem Gebrauch von Waffen nicht zurückschreckt.

Eine junge Frau bringt es mit einem Plakat, das sie den Schlägern Lukaschenkos entgegen hält, auf den Punkt. Dort steht auf Belarusisch (Weißrussisch):

„Калі несправядлівасць робіцца законам, супраціў робіцца абавязкам“ – „Wenn Ungerechtigkeit zum Gesetz wird, wird Widerstand zur Pflicht.“

… alte weiße Männer (2): Trump und Biden

Nein, zu behaupten, dass die USA keine Kultur hätte, ist sicherlich falsch, wenn es auch so scheint, wenn wir das Fernsehduell der alten weißen Männer um die Präsidentschaft gesehen haben. Natürlich habe ich mir diesen Dreck nicht angeschaut, das wäre vergeudete Lebenszeit.

Sprechen wir von Debattenkultur, dann meinen wir sicherlich etwas anderes als das, was uns da die Herren Trump und Biden geboten haben. Besonders Herrn Trump geht es nicht um Sachthemen, die ein ernsthaftes Streitgespräch ausmachen sollten. Wie die nun bald vier Jahre zuvor pöbelt er und verbreitet nichts als Lügen, auf dass sich die Balken schon nicht mehr biegen, sondern längst verbrochen sind. Aber da erzähle ich ja nichts Neues.

Warnung vor alten, weißen Männer! (nur eine Auswahl!)
Warnung vor alten, weißen Männer! (nur eine Auswahl!)

Was mich geradezu erschüttert, ist die Tatsache, dass die Demokratische Partei der USA keinen anderen Kandidaten gegen den 74-jährigen Donald Trump aufzustellen wagte, als den bald 78-jährigen Joe Biden. Zwei alte weiße Männer kämpfen da um das mehr oder weniger wichtigste Amt unseres Planeten. Grausam!

Da wundert es kaum, dass die jungen Menschen keinen Bock auf Politik haben. Joe Biden werden sie nur deshalb wählen, weil er nicht Trump ist, weil sie die Schnauze von diesem egomanen Psychopathen endgültig voll haben.

Aber da gibt es ja noch etwas, was vielleicht für Biden spricht: Kamala Harris, Bidens 55-jährige Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin. Sollte nämlich Biden gewählt werden, die vier Jahre Amtszeit aber nicht überstehen, dann wäre Frau Harris als Vizepräsidentin in der Nachfolge des Präsidenten die erste Person, die im Falle des Todes, des Rücktritts oder der Amtsenthebung des Präsidenten dessen Amt übernimmt.

Allein wegen des Alters von Trump und Biden denken viele Amerikaner diesmal genauer als sonst darüber nach, ob sie auch den Vizepräsidentschaftskandidaten zutrauen, den Top-Job zu übernehmen. Und zumindest was TV-Duelle angeht, ist klar: Die können das. Sogar ein bisschen besser.

Am Dienstag, den 3. November, also in weniger als vier Wochen, ist es soweit: Die USA wählt ihren Präsidenten. Sollte tatsächlich Joe Biden neuer Präsident werden, dann bin ich gespannt, wie sich Donald Trump verhalten wird. „Kampflos“ wird er das weiße Haus nicht räumen. Ich fürchte, die Nationalgarde muss Herrn Trump beim Auszug helfen. Es wird spannend!

siehe auch:
… alte weiße Männer (1): A. Lukaschenko
Virus des Irrsinns
What a Year?!

Blühende Mimose

Auf rosig reimt sich ‚mimosig‘, und wenn es sich bei beiden, Rose und Mimose, auch um als große Sträucher blühende Pflanzen handelt, so ‚behandeln‘ wir beide doch eher gegensätzlich. Die Rose ist das Sinnbild für Schönheit, für Glanz und Gloria. Die Mimose steht für ihre ‚Mimosenhaftigkeit‘, sie ist überaus empfindlich und reagiert übertrieben auf Einflüsse von außen.

Wird die Mimose berührt, so klappt die Pflanze die betroffene Region blattweise ein. So reagiert sie auf Erschütterung, schnelle Abkühlung oder schnelle Erwärmung, außerdem auch auf Änderung der Lichtintensität. Nach einigen Minuten strecken sich die eingezogenen Zweige und Blätter wieder aus.

    Reaktion einer Mimose auf mechanischen Reiz
    Reaktion einer Mimose auf mechanischen Reiz (Autor: Hrushikesh)

Wir haben schon seit mehreren Jahren eine Mimosenpflanze bei uns in der Küche stehen. Lange sah es so aus, als würde sie undank ihrer Empflindlichkeit bald das Zeitliche segnen. Aber in diesem Jahr hat sie sich richtig prächtig erholt und auch endlich die ersten, bemerkenswerten Blüten entwickelt, die es mit den Blüten einer Rose durchaus aufnehmen können.

Blühende Mimose (Mimosa pudica)
Blühende Mimose (Mimosa pudica)

Da sich Mimose also auf Rose reimt (da reimt sich manches), so habe ich geschaut, ob es entsprechende Gedichte gibt, die beide Pflanzen zum Thema haben und fand diese Liebeserklärung an die Mimose:

Weil jeder sie so entzückend
Grün und natürlich fand,
Ging die große Mimose
Von Hand zu Hand.

Und ging und lebte, ward müde und schlief,
Und ward herumgereicht.
Und wünschte sich vielleicht – vielleicht! –
Ganz tief,
So unempfindlich zu sein
Wie ein Stein.

Und wie sie trotzdem wunderbar
Organisch grün und wissend klar
Gedieh,
Umschwärmten, liebten, achteten sie
Die Menschen und die Tiere,
Merkten aber fast nie,
Daß sie keine Rose,
Daß sie eine große Mimose war.

Jene Große von Joachim Ringelnatz