Kategorie-Archiv: Musik und mehr

Von Musik und allem Drumherum

Soulmusik im Chico’s Place, Bremerhaven

Wie ich bereits einmal schrieb (Meine Lieblingslieder – Teil 1), so bin ich früh mit schwarzer Musik in Berührung gekommen. Das hat mehrere Gründe. Zum einen lebte ich Anfang der 70-er Jahre in Bremen. Und mit Bremerhaven war Bremen nach dem Krieg amerikanische Besatzungszone – wegen der Häfen. Im Norden von Bremerhaven waren viele GIs, also amerikanische Soldaten, stationiert, natürlich auch viele Schwarze. Die 70-er Jahre waren zudem eine Blütezeit der afroamerikanischen Unterhaltungskultur. Neben Soul war es der Film, der Afroamerikaner plötzlich in den Mittelpunkt stellte (ein auch uns bekanntes Beispiel ist der Film Shaft). „Black is beautiful“ – die Schwarzen gewannen ein neues Selbstbewusstsein. Zum anderen kam hinzu, dass in meinem weiteren Verwandtenkreis Kontakte zu Schwarzen gepflegt wurden.

Im Norden von Bremerhaven, im Stadtteil Weddewarden, hatten die US-Amerikaner einen Fliegerhorst übernommen. Und bis etwa Mitte der 90-Jahre waren die amerikanischen Soldaten in der Carl-Schurz-Kaserne untergebracht. Auf halben Weg zwischen Bremen und Bremerhaven, in der Nähe von Osterholz-Scharmbeck, waren ebenfalls viele Amerikaner stationiert. Wegen der für amerikanische Zungen bestehenden Unaussprechlichkeit des Namens, wurde die Stadt auch O-City genannt. Von hier wurde auch ein US-amerikanischer Radiosender ausgestrahlt.

Nun war es so, dass bereits am 01. April 1958 sich zum ersten Mal die Türen eines kleinen Clubs in der Rickmersstraße 51 in Bremerhaven-Lehe öffneten, dessen Name 30 Jahre lang der Garant für heißen Jazz und die neueste Soul-Musik war, und das weit über die Grenzen der Seestadt hinaus. Chico´s Place, benannt nach seinem Eigentümer Chico (Asuquo) Eyo, der 1924 in Calabar (Nigeria) zur Welt kam, wurde schon wenige Jahre nach der Eröffnung zu einer Instanz und zu einer nationalen wie auch internationalen Legende.


Bremerhaven, Rickmersstraße 51

ehemaliges Chico's Place in Bremerhaven
Chico’s Place (jetzt wohl eine russische Disco namens „Euro Beat Club“)

Seit Anfang 1972 machte ich mit meinem Bruder und anderen Anverwandten in einer Band selbst Musik. Wir übten meist am Wochenende gemeinsam unter dem Dachboden eines Hauses in Bremen-Oberneuland (später wechselten wir in den Kellerraum eines Hauses in Oyten in der Nähe von Bremen). Da wir meist am Nachmittag mit unseren Proben begannen, machten wir anschließend oft am Abend bis in die Nacht hinein das Steintor-Ostertorviertel von Bremen unsicher (dort wo u.a. auch Herr Lehmann seinen Giros Pita zu sich nahm). An manchen Abenden machten wir dann aber auch einen Abstecher nach Bremerhaven und besuchten dort, man muss nicht raten, das „Chico’s Place“.

So lernte ich die damals aktuellste schwarze Musik aus den Staaten kennen. Meist spielte keine Band bei unseren Besuchen, sondern es wurden Scheiben aufgelegt. Diese aber immer frisch importiert aus den USA. Das erste Mal hatte ich schon ein mulmiges Gefühl. Die wenigen Weißen konnte man an einer Hand abzählen, sonst war das Lokal übervoll mit Schwarzen. Wir wurden aber freundlich aufgenommen und kamen auch mit dem einen oder anderen Farbigen ins Gespräch. Hauptthema natürlich Musik.

Wie bereits angesprochen, erlebten die Afroamerikaner in diesen Jahren ein neues Selbstbewusstsein, was sich besonders in der Soul-Musik ausdrückte. Und so hörte ich hier im „Chico’s Place“ zum ersten Mal auch Curtis Mayfield, der in den USA gerade groß herausgekommen war.

Und über diesen Curtis Mayfield bin ich in diesen Tagen gestolpert, als ich meine alte Sammlung an Musikkassetten durchstöbert habe. Es ist das Album „Roots”, das 1971 erschienen ist. Ich habe mir einige Stücke erneut angehört. Drei dieser Lieder habe ich auch bei youtube als Video gefunden. Damit man sich ein Bild machen kann, wie es in etwa früher am Anfang der 70-er Jahre in einem kleinen Club wie dem „Chico’s Place“ zuging, hier diese Videos:


Curtis Mayfield – We Got To Have Peace


Curtis Mayfield – Keep On Keeping On


Curtis Mayfield – Get Down

Udo Lindenberg trommelt …

Udo Lindenberg und Hamburg – das ist so ein Thema. Und seine Musik: na ja. Ein allzu großer Fan bin ich nicht von Lindenberg, obwohl ich seine koddrig-frechen Texte ganz witzig finde. Bevor Udo Lindenberg von Rudi Ratlos oder Bodo Ballermann sang, betätigte es sich zwar auch schon gesanglich, nur mit englischen Texten – und er saß in den Jahren 1970/71 an der Schießbude bei keinem Geringeren als Klaus Doldinger, dem Jazz-Saxophonisten, der neben Volker Kriegel und Wolfgang Dauner zu einem der wichtigsten Vertreter der Verbindung zwischen Jazz- und Rockmusik wurde.

1970 war es die Scheibe „Doldinger’s Motherhood“, auf der Lindenberg neben Schlagzeugkünsten seinen damals wie heute unverwechselbaren nasalen Gesang vorstellte. Ich habe in meiner Musikkassettensammlung gekramt und tatsächlich die Aufnahmen des Albums gefunden. Hier eines der Lieder der Zusammenarbeit Doldinger/Lindenberg:


Doldinger’s Motherhood: Song of Dying (1970)

Und bei youtube gibt es auch eine Aufnahme von Doldinger’s Passport aus dem Jahre 1971, die „Uns Udo“ tatsächlich auch am Schlagzeug zeigt:


Klaus Doldinger & Passport – Uranus 1971

Wilfredo A.: Gegen Windmühlen kämpfen

Nachdem Kretakatze den Mut gefasst hat, uns einige Lieder vorzusingen, habe ich alte Musikkassetten hervorgeholt, entstaubt und teilweise digitalisiert (soweit das überhaupt noch ging), die u.a. Aufnahmen von mir aus grauer Vorzeit enthalten – nicht nur selber gesungen und gespielt, sondern auch noch mit Herzblut selbst verfasst.

Im Jahre 1980 hatte ich zum ersten Mal Miguel de Cervantes Saavedras „Don Quixote“ gelesen. Das Buch habe ich in drei Taschenbuchbänden, die insgesamt immerhin über 1300 Seiten ausmachen und liebevoll von Grandville illustriert wurden. Dieses Epos wurde (neben anderen Romanen von Bedeutung) zum Ausgangspunkt für mich zu einer kleinen Sammlung von Liedern.

Das hört sich hochtrabend an, ist es aber nicht. Es sind damals, eben im Jahre 1980, lediglich einige Lieder entstanden, die nur für meinen Privatgebrauch gedacht waren. Schon bald habe ich mich dann auch daran gemacht, sie mit einem 2-Spur-Tonbandgerät aufzunehmen. Der einfacheren Handhabung wegen habe ich die Aufnahmen dann auf Musikkassette überspielt. Die Tonbänder sind zwar noch vorhanden, das Tonbandgerät allerdings ist längst verschrottet worden.

Die erste Aufnahme von damals habe ich nun als Video bei youtube eingestellt. Um dem möglichen Betrachter und Zuhörer die Sorge, hierzu eine Bewertung oder gar einen Kommentar abgeben zu müssen, zu ersparen, habe ich Bewertungs- und Kommentarmöglichkeiten von vorn herein abgeklemmt. Man mag die Qualität entschuldigen (u.a. ist die Aufnahme etwas übersteuert). Aber genug der Vorrede:

Gegen Windmühlen kämpfen

Es ist schwer allein
Gegen Windmühlen zu kämpfen.
Es ist schwer allein
Seinen Weg zu finden.
Es ist schwer, unverstanden
in die Welt zu ziehen, einem Traume nach.
Es ist schwer, in fremden Landen
Träume zu bewahren, nur den Himmel als Dach.

Don Q., der einsame Ritter
Zog im schwersten Gewitter
allein mit Pferd und Knappen
Um den Kopf den feuchten Lappen
Der gegen die Hitze ihn kühle
Zog er los gegen die Mühle
Zog er alleine los, um gegen Windmühlen zu kämpfen.

Belächelt und für irre gehalten
Kämpfte er gegen unsichtbar‘ Gestalten.
Die Sonne brannte heiß
Auf den blanken Sand, wer weiß
Wo sein Ziel in der Ferne lag
Es lag in der Ferne, wer mag
schon gegen Windmühlen kämpfen, die sich im Winde drehen.

Aufgenommen am 03.04.1980 in Bremen


Willi singt: Gegen Windmühlen kämpfen

Joan Armatrading in der Fabrik, Hamburg, 10.08.2008

Gestern Abend war es also soweit: Ich besuchte mit meiner Familie das Konzert von Joan Armatrading in der Fabrik in Hamburg. Um 21 Uhr 15 begann das Konzert und endete nach anderthalb Stunden gegen 22 Uhr 45. Joan Armatrading hatte ich zuletzt Anfang der 80er Jahre in Konzerten in Bremen und Hannover gesehen. Somit sind rund 25 Jahre vergangen.

In dieser Zeit hat sich natürlich viel getan, auch bei Joan Armatrading. Es war lange Zeit deutlich leiser um sie geworden. Aber mit ihrem letzten Album machte sie wieder auf sich aufmerksam. Das Album landete auf Platz eins der US Billboard Blues Charts und wurde für dem Grammy 2008 in der Kategorie bestes zeitgenössisches Bluesalbum nominiert: Into the Blues.

Joan Armatrading 2007 - Rockpalast in Köln

So ist es nicht verwunderlich, dass viele der vorgestellten Stücke von diesem Album stammten. Aber natürlich kamen auch die Lieder auf früheren Jahren nicht zu kurz. Hier die Setlist, wenn sie vielleicht auch nicht ganz vollständig ist (und die Reihenfolge nicht ganz stimmen sollte):

The Devil I Know – A Woman In Love – Show Some emotion – Play The Blues – Tall In The Saddle – Love And Affection – All The Way From America – (I Love It When You) Call Me Names – Empty Highway – You Rope You Tie Me – (I Love It When You) Call Me Names – Me Myself I – My Baby’s Gone

… und als Zugabe: Willow – Drop The Pilot

Joan Armatrading spielte in folgender Besetzung: Joan Armatrading: Gesang, Gitarre – Gary Foote: Schlagzeug, Saxophon, Gesang – Spencer Cozens: Keyboards, Gesang – John Giblin: Bass, Gesang

Wer Joan aus frühen Jahren her kennt sieht, dass sie die Gitarrenparts jetzt alle allein spielt. Beim Rockplast-Konzert 1980 spielte sie lediglich die Akustikgitarre und wurde durch zwei weitere Gitarristen begleitet, u.a. durch Ricky Hirsch. Jetzt spielt sie auch die Soli selbst, was auch den besonderen Reiz ihres letzten Albums ausmacht.

Trotz einer Erkältung, der durch einen Hustentee gelindert wurde, hielt sie bis zum Ende durch. Die Stimmung war bestens. Und so war auch mein jüngerer Sohn von dem Konzert angetan, zumal die Fabrik als solches ein besonderes Ambiente bietet. Es war ein schöner Abend mit einer nach wie vor außergewöhnlichen Musikerin. Ich bin froh darum, endlich wieder ein Konzert von Joan Armatrading besucht zu haben. Es lohnte sich wirklich.

siehe auch WDR-Fernsehen: Rockpalast 2007

Joan Armatrading live 2007 @ BBC2

Gerade rechtzeitig zum heutigen Konzert von Joan Armatrading in der Fabrik, Hamburg, habe ich zwei Live-Videos von ihr im Internet ausgegraben, die 2007 in der Sendung „Later … with Jools Holland“ bei BBC 2 ausgestrahlt wurden.

„Later with Jools Holland“ ist eine Sendung für zeitgenössische Musik des Senders BBC Two, die u.a. auch in Deutschland im ZDFtheaterkanal ausgestrahlt wird. Moderator der Sendung ist Jools Holland.


Joan Armatrading – Love And Affection (Live at Later with Jools Holland 2007)


Joan Armatrading – Woman In Love (Live at Later with Jools Holland 2007)

Keltischer Nachschlag: A Man’s A Man for A’ That – Trotz alledem

In mehreren Beiträgen stand das Lied „A Man’s A Man for A’ That“, vom schottischen Nationaldichter Robert Burns 1795 verfasst nach der Melodie „Lady Macintosh’s Reel“ (aus Bremner’s “Reels” von 1759), im Mittelpunkt: Robert Burns: A Man’s A Man for A’ ThatRobert Burns: A Man’s A Man for A’ That – Teil 2. Hierzu gibt es auch eine deutsche Fassung (Fiedel Michel: Trotz alledem) mit dem Text von Ferdinand Freiligrath: Trotz alledem.

Ich habe noch einmal im Internet (sprich: bei youtube) nach weiteren als den bereits veröffentlichten Fassungen der beiden Lieder (also die in schottischer Mundart und die deutsche) recherchiert und bin natürlich fündig geworden.

Zunächst das Gedicht von Burns in einer Lesung von David Rintoul: A Mans a Man for A‘ That‘ -Robert Burns. Dann trägt es ein schottischer Männerchor vor, was auch seinen Reiz hat. Dann ist ein gewisser Lionel McClellend of Moffat, der diese famose Ode an die Menschlichkeit vorträgt. Zuletzt eine Fassung mit Western-Verschnitt von Jim Malcolm.

Und zwei deutsche Fassungen habe ich auch gefunden. Einmal mit der wohl ursprünglichen Melodie und dem Text von Freiligrath, das kurz nach der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848 entstanden ist: Volkslied aus dem Revolutionsjahr 1848 – Trotz alledem. Und in einer angepassten Fassung von und mit Hannes Wader: Trotz SPD und alledem (da haben alle Linken Grund, einmal kräftig zu klatschen):

Scarlett Johansson: Anywhere I Lay My Head

In einem früheren Beitrag, in dem auch auf Tom Waits eingegangen wurde, hatte ich auf ein in Arbeit befindliches Album von der Schauspielerin Scarlett Johansson mit Tom-Waits-Cover-Versionen aufmerksam gemacht.

Jetzt ist es soweit. Die Scheibe kommt in diesen Tagen auf den Markt: Scarlett Johansson: Anywhere I Lay My Head

Scarlett Johansson: Anywhere I Lay My Head

Trotz ihrer jungen Jahre hat Scarlett Johansson schon in vielen Filmen mitgewirkt. Inzwischen ist sie eine Art Lieblingsschauspielerin vom Stadtneurotiker Woody Allen (z.B. im Film „Scoop“). Und ein Film mit ihr zählt zu meinen Lieblingsfilmen: „Lost in Translation“ aus dem Jahre 2003.

In diesem Film singt die gute Scarlett dann auch, wie ich finde, gar nicht schlecht, das Lied „Summertime“. Hier ein entsprechender Filmausschnitt:


Scarlett Johansson – Summertime

Also war ich wirklich gespannt, was bei dem neuen Album von Scarlett Johansson herausgekommen ist. Immerhin geht es um Coverversionen von keinem geringeren als Tom Waits. Und so stammen dann auch 10 der elf Lieder aus dessen Feder. Aber: Ich muss gestehen, dass ich doch ziemlich enttäuscht bin, von dem, was ich bisher gehört habe.

Waits & Johansson

Um Lieder von Tom Waits zu singen, muss (oder sollte) man nicht unbedingt singen können. Sicherlich hat der- oder diejenige, die sich an solche Lieder heranwagt, die Idee, es auf eine eigene und besondere Art zu versuchen. Aber hier klingt Scarlett Johansson zögerlich, sodass ihre Stimme mit elektronischen Hilfsmittel aufgepeppt werden musste. Und die Instrumentalisierung ist auch nicht nach meinem Geschmack, zu sehr elektronisch und wischi-waschi (vielleicht habe ich inzwischen auch etwas mit meinen Ohren). Da helfen am Ende auch nicht die backing vocals von David Bowie.

Sicherlich handelt es sich bei diesem Album von Scarlett Johansson um ein Werk, das unabhängig von dem von Tom Waits zu betrachten (hören) ist. Es ist eben neben der Huldigung das Bemühen, eigene Akzente zu setzen. Aber für mich treffen sie nicht den Punkt, treffen sie nicht meinen ‚Hörnerv’.

Hier das dazugehörige Video der Single-Auskopplung (u.a. mit David Bowies Hintergrundgesang):


Scarlett Johansson: Falling Down

Meine 10 größten Gitarristen der Rockmusik: Ry Cooder

Zu Ry Cooder habe ich mich bereits in mehreren Beiträgen (Ry Cooder: Stand by MeAnother Record by Ry Cooder: Three Chords and the TruthBuena Vista Social Club) geäußert und dabei besonders auf seine Verdienste um die traditionelle amerikanische Musik verwiesen.

Heute möchte ich den Gitarristen Ry Cooder würdigen. Wenn das Rolling Stone-Magazin ihn an 8. Stelle unten den besten Gitarristen aller Zeiten führt, dann muss schon etwas an ihm dran sein, das andere Gitarristen nicht aufzuweisen haben. Er ist mit Sicherheit einer, wenn nicht gar der beste Slide-Gitarrist der Blues- und Rockmusik und hat im Laufe der Jahre auch immer wieder als Studiomusiker mit anderen großen Musikern zusammen gespielt (von den Stones über Clapton bis hin zu Captain Beefheart). Technisch ist Cooder eine Klasse für sich.

Ry Cooder

In Europa ist Ry Cooder (ähnlich wie David Lindley, mit dem er auch lange Zeit zusammenspielte) ziemlich unbekannt geblieben, was sicherlich mit seiner Musik zu tun hat. Cooder hat sich immer wieder aus dem breiten Spektrum amerikanischer Musik bedient und dabei wenig auf bestehende Trends geachtet. In Deutschland ist er allerdings durch seine Zusammenarbeit mit dem Filmregisseur Wim Wenders bekannt geworden; u.a. schrieb Ry Cooder die Filmmusik zu „Paris, Texas“ (1984) – hier die Eingangssequenz zu dem Film.

Die bekanntesten Alben von Ry Cooder sind „Chicken Skin Music“ (1976), „Bop till you Drop“ (1979), das überhaupt erste digital aufgenommene Album der Rockgeschichte, und „Get Rhythm“ (1987).

Von zuletzt genannten Album hier der Titelsong:


Ry Cooder: Get Rhythm

Fans von Johnny Cash werden es gleich gemerkt haben. Das Lied stammt aus dessen Feder. Ry Cooder hat zwar viele Lieder selbst geschrieben, aber er hat sich – wie bereits erwähnt –auch immer wieder bei anderen Autoren bedient (von Elvis über Chuck Berry bis eben hin zu Johnny Cash). Die gecoverten Versionen klingen dabei aber immer typisch wie Ry Cooder (und sind nach meiner Meinung oft auch besser als die Originale).

Hier zum Vergleich (bei youtube zu finden) die Originalversion Johnny Cash – Get Rhythm aus dem Jahre 1956 und eine neuere Fassung mit Martin Del Ray.

1992 gründete Ry Cooder mit John Hiatt (Gesang, Gitarre, Klavier), Nick Lowe (Bass) und Jim Keltner (Schlagzeug) die Gruppe Little Village, die sich aber (wie bei anderen Gruppen dieser Art: Supergroups genannt) schnell wieder trennten. Jim Keltner hatte aber bereits viele Jahre zuvor mit Cooder zusammengearbeitet (u.a. auf den drei oben genannten Alben). Auch diese Gruppe blieb in Europa ziemlich unbekannt. Hier ein Video mit Little Village:


Little Village – She Runs Hot (Live)

Eine Zeitlang arbeitete Ry Cooder mit Musikern aus anderen Kulturen zusammen, so aus Indien, Nordafrika und Südamerika, zum Beispiel mit Ali Farka Touré aus Mali. Für seine Arbeit mit dem indischen Gitarristen Vishwa Mohan Bhatt erhielt er 1994 einen Grammy, übrigens nicht der einzigste (6 Grammys hat Cooder inzwischen in seiner Sammlung).

Zuletzt zwei weitere Videos (ebenfalls bei youtube zu finden) mit Ry Cooder, die uns das besondere Spiel Cooders auf der Slide-Gitarre aufzeigen. Bemerkenswert finde ich die Begleitung, zum einen Flaco Jimenez mit dem Akkordeon, dann die schwarzen Sänger (u.a. Bobby King), die etwas ‚abgerissen’ aussehen, so als hätte Cooder sie soeben auf der Straße aufgelesen, die aber durch ihren Gesang beeindrucken.


Ry Cooder : At The Dark End Of The Street


Ry Cooder – How Can A Poor Man Stand Such Times And Live

Buena Vista Social Club

Im Jahre 1996 reiste der US-Gitarrist Ry Cooder nach Kuba, um mit afrikanischen Musikern eine Platte aufzunehmen. Als die Band nicht wie verabredet erschien, suchte Cooder Ersatz – und entdeckte einige alte kubanische Musiker-Legenden. Obwohl die alle längst im Rentenalter waren, überredete Cooder sie, eine Platte aufzunehmen. Ein Jahr später erschien die Platte unter dem Namen Buena Vista Social Club: Compay Segundo (1907 – 2003), Rubén González (1919 – 2003), Ibrahím Ferrer (1927 – 2005) und andere „Supergroßväter“ spielten den „Son“, die kubanische Musik.

Zwei Jahre später reiste Ry Cooder zusammen mit dem Regisseur Wim Wenders wiederum nach Kuba, um ein Album mit dem Sänger Ibrahím Ferrer aufzunehmen. Dabei entstand die gleichnamige filmische Dokumentation, die nun am Samstag, den 19. April um 20 Uhr 15 bei Bayern3 (BR) wiederholt wird.

Ry Cooder habe ich hier schon öfter vorgestellt (Ry Cooder: Stand by Me und Another Record by Ry Cooder: Three Chords and the Truth). Er gilt als einer der weltbesten Slide-Gitarristen und hat sich besonders durch Filmmusiken einen Namen gemacht (u.a. für den Wim Wenders-Film Paris, Texas). Bedeutsam ist aber vor allem sein Einsatz für Musiktraditionen, wobei er sich besonders der im Amerikanischen verwurzelten Musik wie Country, Calypso, Gospel, Salsa, dem Ragtime und der hawaiischen Musik gewidmet hat (mehr zu Ry Cooder selbst später).

Hier nun zwei Filmausschnitte. Der erste zeigt neben einem Live-Auftritt Ry Cooder mit seinem Sohn, Joachim, der übrigens als Schlagzeuger mitwirkte, auf der Fahrt durch Havanna auf einem Motorrad mit Beiwagen. Der zweite Ausschnitt ist ebenfalls ein Live-Auftritt:


Buena Vista Social Club – Chan Chan (1998)


Buena Vista Social Club – Candela

Gypsy Jazz: Django Reinhardt

Komme ich noch einmal auf den Flamenco zu sprechen, der in meinem Betrag Granada und der Flamenco: Paco de Lucia mehr oder weniger im Mittelpunkt stand. Vielleicht etwas verallgemeinert gilt der Flamenco als „Zigeuner“-Musik, obwohl viele Einflüsse die Grundlage dieser Musik bilden. Der Begriff „Zigeuner“ ist natürlich durch die Nationalsozialisten negativ besetzt. Bei uns haben sich die Eigenbezeichnungen durchgesetzt: Sinti und Roma. Dabei bezieht sich die Bezeichnung auf die Dauer des Aufenthaltes in Deutschland. Sinti sind alteingesessene Zigeuner und Roma Neueinwanderer aus Osteuropa. Ähnliche Bezeichnungen gibt es auch in den anderen Ländern West- und Mitteleuropas. In Frankreich setzte sich die Einteilung in Rom, Gitanos und Manouches durch, die Bezeichnungen richten sich nach der Herkunft der Stämme. Mit Rom sind jene Personengruppen gemeint, die aus Südosteuropa nach Frankreich gekommen sind. Gitanos kamen aus Spanien und Manouches aus Mitteleuropa. Paco de Lucia ist übrigens auch ein Zigeuner, ein Gitano.

Quelle: Stefan Quast – Musik der Zigeuner/Manouche in Frankreich

Ich erinnere mich daran, wenn z.B. im deutschen Fernsehen Flamenco gezeigt wurde, dann oft im Zusammenhang mit dem Gitarristen Manitas de Plata (« Silberhändchen »), der eigentlich Jose Ricardo Balliardo heißt und zu den Camarque-Gitans gehört, die im Süden Frankreichs sesshaft geworden sind. Unter den Puristen des Flamenco erfreut sich Manitas de Plata keiner besonderen Beliebtheit, da ihnen sein Spiel zu virtuos und zu wenig tief gehend, oft dem Massengeschmack angepasst und mithin kommerzialisiert ausgerichtet ist. Trotzdem möchte ich ihn nicht links liegen lassen, immerhin bin ich durch ihn auf den Flamenco schon in frühen Jahren aufmerksam geworden. Hier ein Video mit Manitas de Plata:


Manitas de Plata – Por el Camino de Ronda

Komme ich (endlich) auf das eigentliche Thema dieses Beitrags zu sprechen, dem Gypsy Jazz. Der englische Begriff Gypsy für Zigeuner ist sicherlich genauso wenig politisch korrekt, aber wenigstens nicht so vorbelastet. Richtig wäre nach den genannten Definitionen Sinti-Jazz, aber der Begriff Gypsy Jazz hat sich besonders im angelsächsischen Bereich durchgesetzt.

Der Ursprung des Gypsy Jazz geht auf Jean „Django“ Reinhardt zurück. Übrigens wurde Juliam Bream, von dem in meinem Beitrag Auf der Suche nach Bach die Rede war, durch die Musik Django Reinhardts angeregt, schon früh selbst zur Gitarre zu greifen. Breams Vater war Jazzgitarrist. Außerdem gilt Reinhardt als einer der Begründer des europäischen Jazz.

Django Reinhardt war Gitarrist, wie man sich denken kann, und Manouche, also Zigeuner mit deutschen Wurzeln. Den Jazz entdeckte Reinhardt ca. 1931. Er traf den Geiger Stéphane Grappelli und gründete mit diesem das Quintett Hot Club de France, das erste französische Jazzensemble, das nur Saiteninstrumente verwendet (eine Geige, drei Gitarren, eine Solo- und zwei Rhythmusgitarren, und einen Bass).

Django Reinhardt

Gehen wir aber einige Jahre zurück: Mit achtzehn verletzte Reinhardt seine linke Hand beim Brand seines Wohnwagens schwer. Um die Verkrüppelung des Ring- und kleinen Fingers wettzumachen, setzte er fortan auch den Daumen ein. Seine Soli bestritt er ausschließlich mit Zeige- und Mittelfinger. Und genau die Verletzung prägte den Sound von Reinhardt, denn sie ermöglichte beim Melodiespiel eine sicherere, präzisere und kraftvollere Spielweise. Den Erinnerungen Stéphane Grappellis nach spielte Django Reinhardt mit solcher Kraft, dass seine neuen Gitarren nach einem halben Jahr Löcher im Griffbrett aufwiesen.

Nun Django Reinhardt galt als unsteter Mensch. Der Mann mit dem Menjou-Bärtchen entwickelte Starallüren, die ihn oftmals in Schwierigkeiten brachten. Aber Reinhardt war eben Reinhardt, zwar Illiterat und Analphabet, der die ihm später beigebrachren Buchstaben nur deshalb aufs Papier bekam, weil er sie betrachtete mit den künstlerisch begabten Augen des sich an Form und Gestalt ergötzenden Malers, der er auch war. Er war in seiner Zeit schillemd, und eben ungeheuer individualistisch, und eine eigene Art von musikalischem Genie. Aber genug der Worte. Leider ist nur wenig Material in laufenden Bildern von Reinhardt im Internet auf die Schnelle zu finden. So sollen diese zwei folgenden genügen.


Django Reinhardt – Minor Swing (mit Bildern)


Django Reinhardt – Great Guitarist