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Von Musik und allem Drumherum

Granada und der Flamenco: Paco de Lucia

In meinem Beitrag „Auf der Suche nach Bach“ berichtete ich u.a. über die zwei spanischen Meister der klassischen Gitarre, Andrés Segovia und Narciso Yepes, die sich immer wieder der traditionelle Musik Spaniens gewidmet haben. Und als alter Andalusien-Urlauber wäre es gar eine Sünde, die dortige Musik links liegen zu lassen: den Flamenco. Es ist gottlob nicht so, dass man an den Küsten der Costa del Sol mit Flamenco-Klängen überschüttet wird, dafür bedeutet diese Musik den dortigen Bewohnern viel zu viel, um sie vor die Säue zu werfen. Man ist als Fremder gern geduldet mitzuhören und –zusehen, aber um folkloristische Aufführungen für Touristen geht es dabei nicht.

Der Flamenco hat viele Wurzeln. Und eine Heimat ist Granada, die Stadt, über die die Alhambra, jene maurische Festung, thront, die schon aus der Ferne zu sehen ist. Nur nebenbei: Einer der Söhne dieser Stadt ist Federico García Lorca, eines der bedeutendsten Literaten Spaniens, der sich als ebenso begnadeter Musiker auch mit dem Flamenco beschäftigte.

Flamenco – das ist Tanz (Baile) im Mittelpunkt, der Gesang (Cante) und die Gitarrenmusik (Toque Guitarra). Da ich mich auf der Suche nach hervorragenden Gitarristen diese Welt über die Klassik nach Spanien verirrt habe (aber von Verirrung kann natürlich keine Rede sein), bin ich eben jetzt beim Flamenco gelandet, da die Gitarre das Instrument des Flamenco ist. Und neben Carlos Montoya u.v.a. ist besonders ein Gitarrist zu nennen, der über die Grenzen des Flamenco und des Landes Weltruhm erlangte: Paco de Lucia.

Paco de Lucia

Carlos Montoya

Jan Akkerman

Paco de Lucía

Carlos Montoya

Jan Akkerman

Larry Coryell

Al di Meola

John McLaughlin

Larry Coryell

Al di Meola

John McLaughlin

Zunächst für mich als oftmaliger Wanderer durch Málagas Gassen hier ein, nein der Malagueña, gespielt von Carlos Montoya (dieser kommt dabei auch ohne hohe E-Saite aus):


Carlos Montoya: Malagueña

Und bevor ich auf Paco de Lucia zu sprechen komme (ich lasse ihn dann auch lieber selbst sprechen – über sein Gitarrenspiel), hier einige Ausschnitte aus der TV-Sendung „Granada – Zauber aus 1001 Nacht“, die eine kleine Einleitung in den Flamenco gibt und am Schluss Paco de Lucia bei einem Auftritt in der Stierkampfarena – Plaza del Toros – zu Granada zeigt:


Granada und der Flamenco

Paco de Lucía gilt vielen als der Welt bester Gitarrist. Ich kann diese Meinung nur unterstützen. Was der Mann auf der Gitarre zaubert, ist kaum zu fassen. Die Gitarre ist seine stetige Begleiterin (auch im Bett? – sicherlich). Nun, Paco de Lucia ist nicht nur Flamencogitarrist. Er hat schon früh in anderen Revieren geräubert, von der Klassik bis zum Jazz. Dabei hat er aber nie seine Herkunft, die traditionelle Musik Andalusiens, geleugnet.

Zunächst ein erstes Video mit einem Stück „Entre dos aguas“ (was man wohl mit „zwischen den Ozeanen“ übersetzen könnte), in dem Paco de Lucia mit Begleitband bereits Rückgriffe auf moderne Musikelemente nimmt:


Paco de Lucia – Entre dos aguas (1976)

Dann ein Video (der erste Teil von zehn) von einem Auftritt 1997 in Viena (soll wohl Vienna heißen, also Wien). Hier vermengt er auf unnachahmliche Weise Elemente des Flamenco, überhaupt der spanischen Folklore, mit Klassik und Jazz. Absolut hörenswert für jeden Freund der akustischen Gitarre:


Paco De Lucia – Amor Flamenco (Viena 1996) 1/10

Und es musste kommen, wie es kam. Andere Gitarristen schlugen sich förmlich darum, mit Paco de Lucia auftreten zu können. Bereits 1970 kam es zu einem Zusammentreffen zwischen ihm und Jan Akkerman, den wir von der Gruppe „Focus“ (bereits in vielen meiner Beiträge angesprochen, u.a. Focus: Sylvia) kennen. Hier behandelt Paco den guten Jan mit einiger Nachsicht:


Jan Akkerman and Paco de Lucia: „Tres Hermanos“ Live 1970

Dann gab es immer wieder Konzerte mit Gitarrengrößen des Jazz, u.a. mit Larry Coryell, der uns bereits in meinem Beitrag „Herbie Mann: Memphis Underground“ musikalisch begegnet ist:


Larry Coryell and Paco de Lucia

Einen absoluten Höhepunkt stellt die Zusammenarbeit von Paco de Lucia mit John McLaughin und Al di Meola dar. Das Ergebnis: das Album „Friday Night in San Francisco“ aus dem Jahr 1981. John McLaughlin kennen wir bereits von dem Mahavishnu Orchestra her (siehe meinen Beitrag: Mahavishnu Orchestra: Open Country Joy). Und Al di Meola hat u.a. mit Ian Anderson von der Gruppe “Jethro Tull” in dem Projekt „Lesile Mandoki ‘s Soulmates“ zusammengearbeitet (siehe den Life-Mitschnitt Soulmates feat. Ian Anderson live Tränenpalast/Berlin 2003).

Was die drei Musiker da zaubern, ist gewaltig. Mein jüngster Sohn sagte, als wir das folgende Video gemeinsam betrachteten: Die spielen ja keine Gitarren mehr! Ich denke, er hat es auf den Punkt gebracht. Eigentlich bin ich gegenüber solcher Akrobatik auf einem Musikinstrument allergisch (ich weiß z.B. nicht, welche Ehre es sein soll, als „schnellster Gitarrist der Welt“ wie Al di Meola bezeichnet zu werden). Spätere Aufnahmen von John McLaughlin fand ich mit der Zeit tödlich langweilig, da nur noch reine Technik mit wenig Geist und kaum Gefühl präsentiert wurde. Auch diese drei Musiker liefen Gefahr, die Spieltechnik überzubewerten. Ich denke, es war Paco de Lucia, der dem Ganzen dann doch die nötigen Seele samt Geist einhauchte. Auf der anderen Seite: Hier lassen die drei Jungs wirklich ‚die Sau ’raus’; sollen sie es auch einmal:


Paco de Lucia – John McLaughlin – Al di Meola: Mediterranean Sundance

Auf der Suche nach Bach

Wenn ich mich daran wage, die in meinen Augen (genauer: Ohren) besten Gitarristen dieser Welt ausfindig zu machen, so komme ich an Virtuosen der klassischen Gitarre nicht vorbei. Ausgangspunkt ist hierbei die Interpretation Bach’scher Werke. Johann Sebastian Bach hat neben Orchester- und Orgelmusik usw. auch Werke für die Laute und Gitarre geschrieben. Warum Bach? Nun, da gibt es das Instrumentalstück „Bourree“ von der Rockgruppe „Jethro Tull“ (hier eine Aufnahme von 1985: Bachrock sowie eine Aufnahme von 2005: Lugano Estival Jazz), das als Grundlage ein kleines, nicht einmal zweiminütiges Werk von Johann Sebastian Bach hat, nämlich den 5. Satz der Suite Nº 1 in E-moll für Laute (BMV 996). Als ich Ende 1968/Anfang 1969 auf Jethro Tull aufmerksam wurde, war es u.a. auch die rockige Wiedergabe dieses Bach’schen Stückes, das mich faszinierte. Und so schaute ich nach, welches Stück das nun tatsächlich war – und wer es sonst noch, wenn auch im ‚klassischen Sinne’, gespielt hat. Übrigens finden wir die Bezeichnung Bourree noch bei vielen anderen Stücken (als Bezeichnung für einen Satz) bei Bach. Bourree ist ein Tanz des französischen Hofes.

Von Leo Kottke hatte ich bereits berichtet. Dieser Gitarrist ist natürlich der Folk-Rock-Szene zuzurechnen, wenn auch er das Bourree-Stück eher wie ein klassischer Musiker spielt (siehe hierzu meinen Beitrag: Leo Kottke: Bourrée – Hear the Wind Howl)

In den dann folgenden Jahren bin ich auf drei Gitarristen der klassischen Musik gestoßen, die man zu den besten Gitarristen dieser Musikgattung zählt. Inzwischen sind leider zwei der drei verstorben. Aber dank Ton- und Bildträger lebt deren Musik weiter.

Zunächst Andrés Segovia (1893 – 1987). Von ihm habe ich leider kein Album, aber er hat sich durch verschiedene Bach-Interpretationen ausgezeichnet. Segovia ist einer von vielen spanischer Gitarristen, wie sollte es anders sein. Die Gitarre ist DAS Instrument in Spanien schlechthin, nicht nur das des Flamenco und anderer traditioneller spanischer Lieder und Tänze. Segovia stammt übrigens aus Andalusien, gewissermaßen die Wiege des Flamenco. Da ich nicht nur Bach zum Klingen lassen möchte, hier ein Video mit einem Stück von Isaac Albèniz: Asturias aus der Suite Española op. 47, also ein typisch spanisches Stück:


Andres Segovia – Asturias de Albèniz

Andrés Segovia (1893 - 1987)

Narciso Yepes (1927 - 1997)

Julian Bream (1933 - )

Andrés Segovia (1893 – 1987)

Narciso Yepes (1927 – 1997)

Julian Bream (1933 – )

Der nächste, ebenso spanische Gitarrist ist Narciso Yepes (1927 – 1997). Von ihm habe ich das Album: „Nächte in spanischen Gärten“ aus dem Jahre 1971. Neben spanischen Komponisten finden wir hier auch Bach, u.a. auch das bereits angesprochene kleine Stück: Bourree:


Narciso Yepes plays Bach ’s Bourree BMV 996

Ebenfalls auf dem genannten Album findet sich ein Stück des spanischen Komponisten Francisco Tárrega, das ich sehr persönlich als Andenken an die Alhambra in Granada betrachte, so auch der spanische Titel:


Narciso Yepes – Recuerdos de la Alhambra (Francisco Tárrega)

Last but not least: Julian Bream, den 1933 in London geborenen Gitarristen und Lautisten, dem nach eigener Aussage die Gitarre Beruf, die Laute aber geliebtes Hobby ist. Von ihm habe ich das Doppelalbum: „Gitarrenmusik aus drei Jahrhunderten“ aus dem Jahre 1972. Auch hier findet sich natürlich Johann Sebastian Bach.

Von Bream habe ich wiederum zwei Stücke ausgesucht, eines davon auf der Laute gespielt. Zunächst, wie sollte es schon anders sein, nein nichts von Bach, sondern wieder etwas Spanisches, von Federico Morena Torroba (1891 – 1982) den 1. Satz des „Sonatina“:


Julian Bream – Federico Moreno Torroba – Sonatina, 1st mov.

Und hier das Lautenstück: David Solomons „My Lord Willoughby’s Welcome Home“:

My Lord Willoughby’s Welcome Home – played by Bream (Lute)

Für alle drei Gitarristen haben diverse Komponisten eigene Stücke geschrieben, die dann auch von diesen uraufgeführt worden. Welcher Musiker kann sich schon dieser Ehre rühmen.

Ausgangspunkt dieses Beitrags war die rockige und statt auf der Laute oder Gitarre auf der Querflöte von Ian Anderson gespielte Interpretation des kleinen Bourree-Stückes. So will ich diesen Beitrag auch rockig beenden. Ich muss gestehen, den schwedischen Rockgitarristen Yngwie Malmsteen erst im Zusammenhang mit meinen Beiträgen zu den 100 größten Gitarrensolos der Rockmusik kennen gelernt zu haben. Dort belegte er den 31. Platz (siehe: 100 größten Gitarrensolos der Rockmusik – Plätze 31 – 40). Auch er hat sich an Bourree gewagt, wie das letzte Video für heute zeigt und hören lässt (Johann Sebastian vergebe mir):


Yngwie Malmsteen Guitar Solo and „Bouree“

Suzanne Vega: Luka (live)

Es gibt Lieder, die bestechen durch schlichte Melodiösität. So wie ein Lied von Suzanne Vega, das mich von Anfang an verzaubert hat: Luka. Der Text ist ebenso einfach, da aus der Sicht eines kleinen Jungen geschrieben, ein Lied zum Thema Kindesmissbrauch bzw. Gewalt gegen Kinder. Wenn man einen Sohn hat, der Lukas heißt (wenn auch nicht Luka), so berührt einen ein solches Lied doppelt. Von dem Lied gibt es eine schöne Lifeaufnahme:


Suzanne Vega – Luka [LIVE]

„Luka“

My name is Luka
I live on the second floor
I live upstairs from you
Yes I think you’ve seen me before

If you hear something late at night
Some kind of trouble. some kind of fight
Just don’t ask me what it was
Just don’t ask me what it was
Just don’t ask me what it was

I think it’s because I’m clumsy
I try not to talk too loud
Maybe it’s because I’m crazy
I try not to act too proud

They only hit until you cry
And after that you don’t ask why
You just don’t argue anymore
You just don’t argue anymore
You just don’t argue anymore

Yes I think I’m okay
I walked into the door again
Well, if you ask that’s what I’ll say
And it’s not your business anyway
I guess I’d like to be alone
With nothing broken, nothing thrown

Just don’t ask me how I am [X3]

siehe auch meinen Beitrag: Neues für WilliZ Jukebox – Juni 2007

Leo Kottke: Bourrée – Hear the Wind Howl

Wenn über die größten Gitarristen dieser Welt diskutiert wird, sollte auch Leo Kottke nicht vergessen werden. Ich bin auf ihn gestoßen, als ich mich nach Interpretationen von Bachs „Bourrée“ auf die Suche machte. Ian Anderson von der Gruppe Jethro Tull hatte dieses klassische Stück Ende der 60-er Jahre gewissermaßen in die Rockmusik eingeführt (hier eine Aufnahme von 1985: Bachrock sowie eine Aufnahme von 2005: Lugano Estival Jazz). Auf der LP „Mudlark“ aus dem Jahre 1971 fand ich dann Bourrée – gespielt von Leo Kottke ganz im klassischem Stil auf einer 6-saitigen Gitarre:


Leo Kottke: Bourrée

So wie Ry Cooder, zu dem ich noch einmal ausführlicher kommen möchte, und David Lindley die Meister der Slide- bzw. Steelgitar sind, so kann man Leo Kottke als den Meister der 12-saitigen Gitarre ansehen. Mit seinen Folk-, Jazz- und Blueseinflüssen hat er einen eigenen sehr unkonventionellen Fingerpickingstil entwickelt. Allerdings musste er seinen Stil in den 80-er Jahren von einem folkorientierten Ansatz in einen eher klassischen Stil ändern, da er zunehmend an einer schmerzhaften Sehnenscheidenentzündung und damit verbundenen Nervenschäden litt.

Hier ein Stück (youtube sei dank), das ebenfalls auf dem “Mudlark”-Album von 1971 zu finden ist (dort auf einer 12-saitigen Gitarre gespielt): „Hear the Wind Howl“. Hier singt Kottke auch, mehr zum Liedermacher gedrängt als freiwillig gewollt:


Leo Kottke – Hear The Wind Howl

Zum Abschluss ein kleines Medley von Leo Kottke auf der 12-saitigen Gitarre gespielt, das seinen ganz eigenen Stil beeindruckend dokumentiert:


Leo Kottke mit einem Medley auf der 12-saitigen Gitarre

Was ist bloß mit Ian los? Teil 91: The Bunessan Tune

Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

zuerst einmal Dank an Lockwood, dass er mir mit dem Text zu „Rocks On The Road“ ausgeholfen hat. Da hatte ich ja doch auch noch ein paar andere Stellen falsch verstanden. Und auf die Website von CupOfWonder hätte ich eigentlich auch selbst kommen können…

Nun zu Lockwoods übersinnlicher Story von der mysteriösen „Uhrenheilung“. Jedes Wort, das man dazu sagt, kann eigentlich nur Spekulation sein. Herrn Uri Geller kenne ich nur vage vom Hörensagen und möchte mir kein Urteil über ihn erlauben. Prinzipiell halte ich paranormale Phänomene für möglich, wäre aber erst einmal misstrauisch. Andererseits erscheint mir auch die Theorie von der statistischen Wahrscheinlichkeit und der Wirkung von Körperwärme und Bewegung ziemlich hergeholt. So leicht bringt man eine kaputte Uhr nicht wieder zum Laufen. Wenn es sich um eine Armbanduhr handelt, wird sie üblicherweise während der Einwirkung von Körperwärme und Bewegung stehen geblieben sein. Da könnte ich mir noch eher vorstellen, dass die elektromagnetische Spannung in der Nähe des Fernsehers einen Einfluss auf die Elektronik ausüben könnte. Aber um das Thema noch etwas auszuweiten, hier zunächst eine parapsychologische Story aus meinem eigenen Bekanntenkreis.

Vor Jahren steckte eine Freundin von mir in einer Beziehungskrise und war sich unschlüssig, wie es weitergehen sollte. In dieser Situation rief sie eine Wahrsagerin an, die Ihre Dienste per Telefon anbietet. Die Telefonnummer hatte sie von einer Bekannten, die ihr diese Hellseherin empfohlen hatte, da alle ihre
Prophezeihungen bei ihr eingetreten waren.

Die Wahrsagerin erwähnte zunächst einige Details aus dem Vorleben meiner Freundin, die eigentlich niemand wissen konnte. Sie stimmten alle. Dann wusste sie auch bereits den Grund des Anrufs – es ging um ihren Freund. Sie sagte meiner Freundin klipp und klar, dass sie sich getrost von ihm trennen könne, die Geschichte habe sowieso keine Zukunft. Außerdem werde sie schon bald einen anderen Mann kennenlernen. Dieser wäre Südländer, jünger als sie, und er würde ihr „die Welt zeigen“.

Als meine Freundin mir das damals erzählte, waren wir uns beide einig, dass diese Frau sich ja wohl ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt hatte, denn die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kombination ungewöhnlicher Umstände eintreten würde, tendierte gegen Null. Meine Freundin hatte noch nie etwas mit Südländern am Hut gehabt, und dann auch noch einer, der jünger als sie wäre?!? Bis zu diesem Zeitpunkt war sie noch nie weiter als bis nach Griechenland gekommen, und die vorangegangenen 5 bis 10 Jahre war sie aus Geldmangel praktisch überhaupt nicht mehr verreist.

Wenige Monate später lernte sie den Mann kennen, mit dem sie jetzt seit etwa 7 Jahren zusammenlebt. Er ist 11 Jahre jünger als sie, hat dunkle Haare und stammt aus Kroatien. Seither war sie mit ihm mehrmals in den USA, in Puerto Rico, auf Kuba, auf Sri Lanka, in Tunesien, in der Türkei und ich weiß nicht sicher wo sonst noch. Das kann natürlich alles auch Zufall sein…

Einige Zeit später hat meine Freundin diese Wahrsagerin übrigens nochmals angerufen, um sie nach der Zukunft zu befragen. Diesmal waren alle ihre vermeintlichen Kenntnisse aus dem Privatleben meiner Freundin falsch. Anschließend gab sie eine Allerwelts-Prophezeihung ab im Stile „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist…“.

Um mich jetzt auch noch selbst ziemlich weit aus dem Fenster zu lehnen, würde ich folgende gewagte Theorie aufstellen: Es gibt tatsächlich Menschen mit übersinnlichen Fähigkeiten, allerdings können sie diese nicht wirklich kontrollieren. Manchmal funktioniert es halt und manchmal nicht. Wenn man aber sein Geld damit verdienen will, muss man eben so tun als ob es immer funktioniert. Besagte Hellseherin beginnt ihre Gespräche stets damit, dass sie ihren Kunden auf einige private Details anspricht. Das scheint mir fast wie ein Cross-Check, in dem sie herauszufinden versucht, ob sie gerade in der Spur ist oder eher auf dem Holzweg. Bekommt sie vom Kunden die Rückmeldung, dass das, was sie aus Vergangenheit und Gegenwart „sieht“, richtig ist, dann kann sie sich wahrscheinlich ziemlich sicher sein, dass auch ihre Ahnungen über die Zukunft stimmen, und wird diese entsprechend präzise und bestimmt vorbringen. Fällt das Feedback negativ aus, dann gibt sie eben irgendeine allgemeingültige Wettervorhersage ab.

Die Hellseherei ist sowieso ein heikles Metier. Es ist ja sicher sehr angenehm, wenn man seiner Kundin weissagen kann, dass sie demnächst einen gutaussehenden, jungen Mann kennenlernt, mit dem sie schöne Reisen unternehmen wird (klingt ja wirklich wie das klassische Klischee aus der Jahrmarkt-Bude…), aber was macht man, wenn man Krankheit, Unfall oder Tod sieht? Wie bringt man seinem Kunden schonend bei, dass er demnächst ermordet wird? Das kann man eigentlich fast nicht tun. Auch für solche Fälle muss man noch ein paar unverfängliche Zukunftsszenarien in petto haben, die Wahrheit ist manchmal nur die zweitbeste Lösung. Zumal wir ja spätestens seit Ödipus wissen, dass man die Zukunft eben nicht ändern kann, und die Weissagung derselben sogar eine wesentliche Voraussetzung für ihre Erfüllung sein kann.

Was den Herrn Uri Geller betrifft: Die Tatsache, dass sein Repertoire so begrenzt ist, könnte ein Indiz dafür sein, dass er tatsächlich übersinnliche Fähigkeiten besitzt. Wenn er nur ein Taschenspieler wäre, der durch Tricks Geld verdienen will, dann würde er sich doch mal etwas Neues und Interessantes ausdenken. Löffel verbiegen ist doch wirklich ziemlich öde, das braucht doch eigentlich niemand. David Copperfield lässt Elefanten verschwinden – das hat was! (Das braucht allerdings eigentlich auch niemand.) Hat aber Herr Geller tatsächlich Fähigkeiten im telekinetischen Verändern von Besteck und Uhren, dann ist er auf dieses Spektrum festgelegt, da kann er nicht einfach noch einen indischen Seiltrick dazunehmen. Andererseits sind offensichtlich seine übersinnlichen Kräfte, wenn er denn welche hat, nicht jederzeit uneingeschränkt einsatzfähig. Was tun, wenn Millionen vor den Fernsehschirmen sitzen, und es klappt gerade nicht? Für diesen Fall braucht er natürlich noch Plan B, sprich ein paar angesägte Gabeln, in der Hinterhand…

Soweit von mir ein paar völlig unverbindliche Gedanken zu den parapsychologischen Mysterien des Universums…

Schnitt – kommen wir noch einmal zu Herrn Nilsen. Lockwood fand, dass er tatsächlich wie ein Hobbit aussieht, hatte aber Bedenken, ob man derartige Vergleiche vor einem Millionenpublikum anstellen sollte. Ich glaube diese Bedenken kann ich zerstreuen. Um zu veranschaulichen was ich meine, werde ich eine Anekdote aus meinem bewegten Leben erzählen.

Als ich im Alter von 9 Jahren ins Gymnasium kam, hatte ich so eine Art Pippi-Langstrumpf-Frisur, ich trug eine Brille, hatte ein Grinsen von einem Ohr bis zum anderen und ziemlich große Schneidezähne (eigentlich waren meine Zähne damals auch nicht größer als heute, nur der Rest von mir war kleiner). Zur Illustration hier ein Bild von mir aus dieser Zeit, das genau wie Jethro Tull in diesem Jahr 40-jähriges Jubiläum feiert. Es zierte meinen ersten Schülerausweis.

In der ersten Turnstunde suchte unsere Lehrerin jemanden, an dem sie eine Übung vorführen konnte, und es sollte jemand möglichst kleines und leichtes sein, damit sie nicht so viel Mühe mit dem Halten halte. Ich war die Kleinste, Schmächtigste und Mickrigste in der Klasse, also fiel ihr Auge auf mich. Da sie unsere Namen noch nicht kannte, rief sie mich “ Hey Micky-Maus, kannst Du mal herkommen!“. Ich fühlte mich überhaupt nicht angesprochen, zumal mir nicht aufgefallen war, dass sie mich anschaute. Aber meine Klassenkameradinnen hatten sofort verstanden, wer gemeint war. Von allen Seiten wurde ich angeschubst „Hey Micky-Maus, Du sollst nach vorne kommen!“.

Von diesem Tag an hieß ich Micky-Maus, was bald auf Micky gekürzt wurde. Noch heute sprechen mich alle Freundinnen aus Schul- oder Studienzeit ausschließlich mit diesem Namen an, Briefanreden eingeschlossen. Mein richtiger Name geriet bei Vielen völlig in Vergessenheit. Aber mein neuer Name hatte noch weitere Effekte. Schnell sprach es sich in der ganzen Schule herum, dass es in der 5a eine Micky-Maus gäbe. Lehrer, die neu in die Klasse kamen, kannten mich bereits bei diesem Namen. Auf dem Schulhof wurde ich von Schülern anderer Klassen angesprochen, ob ich nicht die Micky-Maus wäre. Ich war plötzlich berühmt und beliebt, und das Image der Micky-Maus – clever und sympathisch – hatte sich auf mich übertragen.

Übrigens war ich ausgesprochen froh über meine damalige Umbenennung, da ich meinen richtigen Namen noch nie leiden konnte. Noch heute trage ich meine Micky-Maus-Identität mit Stolz, wenn es mir denn möglich ist. So war ich z.B. bis vor YouTube im Internet ausschließlich unter dem Pseudonym micky_the_cat unterwegs – ob nun in diversen Foren, bei ebay, amazon oder wo auch immer. Bei YouTube war der Name leider schon vergeben, und so bin ich auf Kretakatze umgestiegen – aber das nur am Rande.

Ich denke mit dem Hobbit-Image des Herrn Nilsen ist es ähnlich. Der australische Juror (hier noch einmal das Video) hat ihm mit diesem Vergleich den größten Gefallen getan. Er hat Mr. Nilsen mit etwas äußerst Erfolgreichem und Beliebtem in Verbindung gebracht und damit dessen Image auf ihn übertragen. Der Ausspruch über „die Stimme eines Engels und das Aussehen eines Hobbits“ würde Schlagzeilen machen – das war klar. Sicher stand er am nächsten Tag in allen Zeitungen (warum habe ich das eigentlich nicht gelesen – den singenden Hobbit hätte ich mir allein schon aus Neugier auch mal angeschaut…). Auch jemand, der Herrn Nilsen noch nie gesehen oder gehört hatte, würde aufgrund dieses Vergleichs neugierig auf ihn werden (siehe oben), er würde eine Vorstellung davon bekommen wie er singt und wie er aussieht und ihn sympathisch finden. Der Australier spricht hier von einer Herausforderung für das Marketing und zeigt dann den Verkaufsstrategen gleich, wie man’s machen muss, indem er die genialste PR-Idee direkt kostenlos hinterher liefert. Eigentlich gebührt ihm dafür ein Orden. Im Übrigen hat auch Herr Nilsen selbst in Interviews bereits betont, dass er diesen Ausspruch als Kompliment aufgefasst hat und stolz darauf ist ein Hobbit zu sein. Das wäre ich an seiner Stelle auch.

Im krassen Gegensatz dazu steht der Stil, den der Amerikaner Simon Cowell (Sony BMG Records) hier an den Tag legt. Er sagt nicht direkt „Sie sind hässlich“, nein, er sagt so etwas wie „Sie sind noch schlimmer als hässlich“, denn „Wir haben schon einer Menge hässlicher Leute Plattenverträge gegeben“, aber „Sie hätten nie einen bekommen“. Das ist brutal und demütigend, auch wenn er seine Worte anschließend durch Anerkennung der Leistung wieder auszugleichen meint. Manche Worte kann man durch nichts mehr ausgleichen. Seine gesamten Ausführungen zeugen vom Feingefühl eines Bulldozers. Der grundlegende Unterschied in den Beurteilungen der beiden Juroren zeigt sich im Übrigen auch in der Reaktion des Herrn Nilsen. Während der Vergleich mit einem Hobbit und das Angebot einer Rolle als „Middle Earth Idol“ bei ihm lediglich unbeschwerte Heiterkeit auslöst, zuckt er unter den Worten des Mr. Cowell sichtbar zusammen, um ihn dann aus einer Art Schutzhaltung heraus von unten anzuschauen in Erwartung der Schläge, die noch kommen könnten. Wenn ich das sehe, würde ich am liebsten Mr. Cowell eins über den Schädel ziehen. Sorry, wenn ich hier jetzt militant klinge, ich bin natürlich prinzipiell ein Befürworter strikter Gewaltlosigkeit…

Dabei verstehe ich durchaus, was Mr. Cowell meint. So richtig klargeworden ist es mir beim Betrachten des folgenden Videos. Auf YouTube gibt es alles, auch das original Casting des Herrn Nilsen mit Untertiteln. Da kommt er also rein, der Klempner Kurt Nilsen, und möchte Superstar werden (eigentlich möchte er wahrscheinlich garnicht unbedingt Star werden, er möchte nur Musik machen und davon leben können). Er singt etwas vor, das er selbst geschrieben hat – das werden wohl auch die Wenigsten tun. Erstaunlich dann der ältere Herr in der Runde, der nur eine kurze Nachfrage hat und ihn dann ohne Bedenken in die nächste Runde durchwinkt. Die anderen Drei sind sich eigentlich alle einig: Er singt zwar verdammt gut, aber er taugt nicht zum Pop Star. Der Erste winkt gleich ab, die Lady zaudert und schwankt. Dann fällt der entscheidende Satz „Ich denke wir sollten es mal versuchen“. Der Letzte in der Runde wiederholt ihn fast exakt. Ja, versuchen wir’s doch einfach mal, es kostet ja praktisch nichts, also was soll’s? Warum nicht dem Publikum noch ein Kontrastprogramm bieten, wenn’s ihm nicht gefällt kann es ihn ja abwählen.

Das ging nur, weil es nichts gekostet hat und es nichts zu verlieren gab. Hätte man Geld in ihn investieren müssen für Studioaufnahmen, Promotion, vielleicht gar noch ein Video, dann hätte man die Finger davon gelassen. „Ich sehe Sie nicht als Pop Star“ heißt soviel wie „Ich glaube nicht, dass Sie beim Publikum ankommen“. Nach so einem kurzen 3-Minuten-Auftritt ist das ja auch kaum zu beurteilen, wie hätte man da ahnen sollen wie er sich noch entwickelt und zu welcher Höchstform er vor der Kamera noch aufläuft. Mal kostenlos und unverbindlich antesten, die Hürde hat er gerade eben noch geschafft.

Das hat mich auch diesen ganzen DsdS-Rummel in einem anderen Licht sehen lassen. Ich hielt das bisher für ausgemachten Blödsinn, bei dem sowieso nichts Gescheites herauskommen kann. Das ging Euch wohl genauso, denn offensichtlich hat sich keiner von uns Dreien dieses internationale 100 Millionen-Zuschauer-Spektakel angeschaut. In Deutschland, wo dieses Format von einem Dieter Bohlen dominiert wird, ist da wohl auch wirklich nichts zu erwarten. Aber in Norwegen hat diese Show dazu geführt, dass jemand eine Chance bekommen hat, die er anders nie bekommen hätte. Und damit hat sie ihre Daseinsberechtigung bewiesen.

Weiteren Deiner Ausführungen, lieber Lockwood, kann ich mich so nicht anschließen. Ich finde nicht, dass alle Videos des Herrn Nilsen wie synchronisiert wirken, lediglich das Hallelujah wartet für mich immer wieder mit diesem überraschenden Effekt auf. Er wirkt auf diesen Aufnahmen auch so besonders geistreich (teilweise auch geistesabwesend) und hatte wohl rein optisch nicht seinen besten Tag. Ansonsten ist das natürlich auch eine Sache der Gewöhnung.

Auch den Ausspruch vom Sieg des Ohrs über das Auge ich würde so nicht unterschreiben. Wenn ein Fernsehpublikum abstimmt, dann nicht nur über das, was es hören will, sondern mindestens genauso über das, was es sehen will. Mr. Cowell spricht von den vielen „hässlichen“ Leuten, denen er an diesem Abend schon beim Singen zuschauen musste, und ich hoffe das hat ihm zu denken gegeben. Es ist eben nicht so, dass das Publikum immer nur gutaussehende, dem aktuellen Schönheitsideal entsprechende Sänger(innen) sehen will. Langsam hat es sich wohl an durchgestylten Schönlingen und glattgebügelten Babypopo-Gesichtern sattgesehen. Ich kann sie auch alle garnicht mehr auseinander halten, Britney Spears, Christina Aguilera, Shakira, sicher gibt es noch mehr von der Sorte. Sie sehen doch alle gleich aus und klingen alle gleich, jedenfalls für mich. Macht es irgend einen Unterschied, ob ein Lied nun von der Einen oder der Anderen gesungen wird (außer für die betreffende Dame selbst natürlich)? Könnte man nicht problemlos mindestens zwei von ihnen wegrationalisieren? Da brauche ich doch nicht auch noch eine Kelly Clarkson. Ist nicht ein netter Junge von nebenan, auch wenn ihm ein paar Zähne fehlen, wesentlich attraktiver als der fünfundzwanzigste eitle, affektierte Selbstdarsteller? Auf jeden Fall ist er einzigartig und unverwechselbar, und das ist genau das, was einen „Superstar“ von der Dutzendware unterscheidet. Ich habe den Eindruck ich bin nicht die Einzige, die so denkt (und fühlt, denn eigentlich ist das wohl mehr eine Gefühlssache).

Aber irgendwie scheinen Männer wohl überhaupt mehr Wert auf Äußerlichkeiten zu legen. So war ich verwundert, lieber Wilfried, von Deiner Theorie zu lesen, nach der es einen Zusammenhang zwischen der Körperfülle Deines ehemaligen Schulfreunds und Anzahl sowie insbesondere Aussehen seiner weiblichen Eroberungen geben sollte. Nun weiß ich ja nicht wieviele Zentner Dein Kumpel seinerzeit abgespeckt hat – so von 150 kg an aufwärts kann die Attraktivität eines Mannes schon langsam nachlassen – aber ob ein Mann nun 10 cm Bauchumfang mehr oder weniger hat, wirkt sich meiner Meinung nach nicht auf das Aussehen von Frauen aus… Wie auch immer, ich verstehe nicht was Ihr alle für Probleme mit Zahnlücken und ein paar Kilos zuviel habt. Was mich angeht kann Herr Nilsen gerade so bleiben wie er ist, ich habe betreffend sein Äußeres weder Beanstandungen noch Verbesserungsvorschläge.

Vielen Dank auch noch dafür, dass Du das Video When the Stars Go Blue verlinkt hast – hier greift Herr Nilsen tatsächlich mal ein paar Akkorde. Das Video hatte ich übersehen, genauer gesagt hatte ich es einmal angeklickt, aber dann fing dieses Mädchen an zu singen, und ich finde ihre Stimme einfach furchtbar – das habe ich nicht lange ausgehalten. Außerdem ist das ganze Lied einschließlich Video so kitschig-schmalzig und das Mädelchen so zuckersüß – da sträuben sich mir die Nackenhaare. Aber was tut man nicht alles zum Wohle der Erforschung des saitenverkehrten Gitarrenspiels (wirklich ein sehr passender Ausdruck), und man kann ja den Ton abstellen. Zuerst habe ich verzweifelt versucht vor meinem Bildschirm Kopfstand zu machen, bis mir einfiel, dass es vielleicht einfacher wäre den Rechner umzudrehen… Scherz beiseite, ich habe natürlich sofort erkannt, dass Herr Nilsen hier G, D und wohl auch noch Am und evt. C spielt. Ich habe dann versucht das an meiner eigenen Gitarre nachzumachen, und wie ich schon vermutet hatte – nicht einmal mit der Brechstange könnte ich meine Finger so hinbiegen. Vielleicht, wenn ich schon vor 35 Jahren damit begonnen hätte… Mein Ausflug ins Reich der saitenverkehrten Gitarre ist damit beendet.

Von Paul Potts hatte ich noch nie etwas gehört, die ganze Geschichte mit seinem Auftritt bei der Talentshow ist wirklich ziemlich dubios. Beim Betrachten des Videos wurde mir wieder einmal deutlich bewußt, dass gutes Aussehen und Attraktivität doch zwei ganz verschiedene Dinge sind. Mr. Potts hat für mich leider keines von beidem. Zwischen seiner Welt und meiner gibt es wohl keine Berührungspunkte. Das beginnt damit, dass ich Opern und Arien nicht mag und diesen Gesangsstil entnervend finde. Das Einzige, was mir bei diesem Video Gänsehaut verursacht, ist Mr. Potts‘ weinerlich-unterwürfige Art. Nein, so etwas möchte ich weder sehen noch hören.

Auf jeden Fall sieht das Ganze stark nach einer inszenierten Sensation aus. Nach 3 gesungenen Tönen schon Beifallsstürme des Publikums? Der Jurorin treten Tränen in die Augen? Allerdings ist das nicht der einzige Kandidat bei dem sie heult, sie scheint überhaupt ziemlich nahe am Wasser gebaut zu haben. Wahrscheinlich hat man sie hauptsächlich wegen ihrer telegenen Tränen in die Jury aufgenommen. Parallelen zu World Idol und Herrn Nilsen sind natürlich zu erkennen, wenn diese Talentshow auch wesentlich kitschig-schwülstiger inszeniert ist, sie zielt wohl auch eher auf ein älteres Publikum (so ab unserem Alter wahrscheinlich – oh, mein Gott…). Bemerkenswert auch, dass sich Mr. Cowell, den wir ja bereits als Verächter hässlicher Sänger kennengelernt haben, überhaupt nicht über das Aussehen des Kandidaten beschwert. Könnte es sein, dass er seit World Idol dazugelernt hat, dass sich Hobbits gut verkaufen, und jetzt versucht Hobbits zu züchten? Andererseits ist da sein geistreicher Gesichtsausdruck während des Auftritts des Mr. Potts:





Wenn das gespielt ist, hat er auch Talent. Außerdem würde es ja fast von einer Fähigkeit zur Selbstironie zeugen, wenn er sich selbst eine solche Rolle verpasst, und die hätte ich ihm nicht zugetraut.

Wenn ich das richtig verstanden habe, ist Mr. Cowell ja der Erfinder all dieser Idol- und Superstar-Talentshows und hat damit Kreativität und Geschäftssinn bewiesen. Er muss jetzt nicht mehr selbst nach Nachwuchsmusikern Ausschau halten, in sie investieren und das Risiko tragen, dass sie floppen. Nein, Fernsehsender weltweit nehmen ihm jetzt die Suche ab, bilden die potentiellen Kandidaten im Showbiz aus (wie halte ich ein Mikrophon, wie lächle ich in die Kamera, wie bewege ich mich richtig etc.), geben ihnen jede Menge Übungsstunden vor Studiopublikum und Kamera und machen sie allgemein bekannt, und das alles auf ihre Kosten (ob er sich daran beteiligt?). Wenn dann der Beliebteste vom Publikum gekürt ist, muss er ihm nur noch den Vertrag zum Unterschreiben vorlegen und abkassieren. Wirklich ein geniales Verkaufskonzept. Allerdings nutzt sich die Idee im Laufe der Jahre allmählich ab. Der fünfte Superstar ist einfach nicht mehr so interessant wie der erste. Da muss man eventuell schon mit ein paar kleinen Tricks nachhelfen um das Interesse wachzuhalten.

Anderes Thema – heutzutage scheint es unter Musikern zum guten Ton zu gehören, dass man auf Myspace eine Seite unterhält. Auf dieser Werbe- und Kontakt-Plattform bietet man dann 4-5 Songs zum kostenlosen Anhören, vielleicht auch noch 1 oder 2 Videos und ein paar Basis-Informationen zur Band bzw. zur eigenen Person. Dann beginnt man „Freunde“ zu sammeln, indem man sich mit anderen Myspace-Seiten verlinkt. Außerdem können andere Myspace-Mitglieder Kommentare posten oder einem liebe Grüße schicken.

Seit Dezember 2007 zählen nun auch Jethro Tull zu den Gruppen, die auf Myspace vertreten sind (Jethro Tull – myspace) – vielleicht auch im Hinblick auf die anstehenden Feierlichkeiten zum 40-jährigen Jubiläum. Wenn ich das richtig sehe, haben sie bislang noch überhaupt keine berühmten „Freunde“, aber die Seite ist ja auch noch sehr frisch und vermutlich noch kaum bekannt. Was mir wieder einmal auffiel, ist der Männerüberschuss bei den Fans, wenn er hier auch längst nicht so krass erscheint wie etwa im Laufi-Forum. Bei Mark Knopfler – myspace und John Fogerty – myspace scheint mir das Geschlechter-Verhältnis dagegen ziemlich ausgeglichen. Als ich vor Monaten schon einmal dieses Thema ansprach, meinte Lockwood bei Ricky Martin und Julio Iglesias sähe es bestimmt anders aus. Deshalb habe ich auch bei diesen Herren aus Neugier einmal geschaut. Tatsächlich sind bei Ricky Martin – myspace erwartungsgemäß die Frauen in der Mehrzahl, allerdings ist bei ihm überhaupt nicht viel los – er ist wohl gerade aus der Mode? Noch trister sieht’s bei Julio Iglesias – myspace (das scheint allerdings keine offizielle Seite zu sein) aus – der Ärmste sitzt auf seiner Seite ganz allein und niemand schickt ihm Grüße… Dagegen muss sich Kurt Nilsen – myspace nicht über Mangel an weiblichem Zuspruch beklagen, wenn es auch so aussieht als ob er aus seiner Postbox mal wieder die Spams herauslöschen sollte. Und was sagt uns das alles? Vermutlich nicht viel, repräsentative Aussagen kann man auf solche Feststellungen sicher nicht gründen. Und ich sollte mir vielleicht einmal abgewöhnen überall etwas hineininterpretieren zu wollen…

Kommen wir zum Schluss noch zu den Schätzen, die Wilfried exklusiv für uns aus seinen Archiven gehoben hat. Erst einmal vielen Dank, lieber Wilfried, dass Du Dir diese Mühe gemacht hast. „Black Out“ hatten ja offensichtlich ein bunt gemischtes Repertoire. Wobei „Morning Has Broken“ für mich eigentlich kein Cat Stevens Song ist – er hat dieses Lied nicht selbst geschrieben, er hat es nur „gecovert“. So würde man das wohl heute nennen. Mein Kommentar nun zu der „Black Out“ Version: Wenn ich gemein wäre, dann würde ich sagen, dass ich nun verstehe, warum Jo Landers nicht über den Start seiner Karriere hinaus gekommen ist – zumindest als Sänger. Aber natürlich sage ich so etwas nicht. Seit ich wieder selbst angefangen habe ein bißchen „Hausmusik“ zu machen, ist mir erst wieder bewußt geworden wie schwierig es ist einen Song auch nur halbwegs fehlerfrei zu spielen, geschweige denn stimmig zu interpretieren. Insofern: Hut ab vor Eurer Leistung!

Oh je, ich fürchte jetzt bin ich doch wieder ausgeschweift und -geufert. Ich hoffe auf Eure Nachsicht…

liebe Grüße an Euch beide
Kretakatze

PS.: Übrigens, lieber Wilfried, ist Dir in Deinem letzten Beitrag eine kleine Freud’sche Fehlleistung unterlaufen. Der Song von Kurt Nilsen, den übrigens auch ich für seinen besten halte – auch das Video ist atmosphärisch dicht und hat Format – heißt nicht „Nothing Easy“ sondern Never Easy. Da hattest Du wohl an Nothing Is Easy gedacht (hier eine live Version aus Lenox MA 1970). Abgesehen davon, dass in beiden Titeln das Wort „easy“ vorkommt und in beiden Fällen der Sänger blond ist, kann man sonst aber wohl kaum Parallelen zwischen beiden Musikstücken oder Videos entdecken. In der alten Tull-Aufnahme kommt das Beste übrigens erst gegen Ende. Ab etwa 7:40 turnt neben Ian plötzlich ein wildgewordener Fan herum, der unter Mühen von zwei Sicherheitskräften wieder von der Bühne gezerrt wird. Danach muss ca. ab 8:10 Mr. Anderson noch einen Ringkampf mit zwei Mikrophonen bestehen. Sein Kommentar zum Schluss: „Civil War again…“.

30.01.2008

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Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

vielen Dank für den Hinweis, dass dieser ungehobelte Typ in der Jury jener Amerikaner Simon Cowell (Sony BMG Records) ist, bei dem sich wohl auch Herr Bohlen in der deutschen Variante dieser Super- oder sonst wie Star-Suche ein negatives Beispiel genommen hat. Kretakatzes Anmerkungen werfen dabei auch ein etwas anderes Licht auf die Argumentation von Sony & Co., die bekanntlich den Hauptteil der Erlöse aus den CD-Verkäufen ihres Hauses einstreichen. Angeblich investiert Sony einen erheblichen Teil davon in Nachwuchskünstler und nimmt dabei auch Verluste in Kauf. Herr Simon Cowell nun ist sich nicht zu schade, selbst höchst persönlich an der Front zum Einsatz zu kommen (bei eben solchen Talent-Shows), kassiert dabei sicherlich (ähnlich Herrn Bohlen) nicht schlecht und kann sich für Sony dann am Ende die Rosinen aus dem Kuchen pieken. So sieht also die für Sony so kostspielige Unterstützung von Talenten aus.

Sicherlich werden die TV-Sender dabei auch ihren Schnitt machen. Solche Talent-Shows gibt es ja schon in (fast) allen Ländern, und die laufen nicht schlecht, sonst wären sie längst wieder abgesetzt. Und was bei den einen der Herr Sony-Cowell ist, das ist bei uns Dieda Bohlen (auch Herr Raab ist in das Geschäft eingestiegen). Bohlen kann zwar keine eigene Plattenfirma bieten, aber seine Beziehungen sind bestimmt die besten – und nebenbei macht er sein Geld, in dem er das ganze Zeug produziert, vielleicht auch noch das eine oder andere Liedchen komponiert.

Allein das ist ein Grund, mir solche Sendungen nicht anzugucken. Da mögen mir auch Perlen wie Kurt Nilsen durch die Lappen gehen. Aber wir haben ja Kretakatze, die uns solche Schätze zuführt, nicht wahr :-)?

Was übersinnliche Fähigkeiten anbelangt, da bin ich doch ziemlich skeptisch. Sicherlich hat Kretakatzes Theorie etwas, das nicht unbedingt von der Hand zu weisen ist. Sollte ein Mensch solche Talente besitzen, so dürften diese voraussichtlich (sic!) schwer zu kontrollieren sein. Aber beim Blick in die Zukunft, also die ganze Hellseherei, daran mag ich dann doch nicht glauben. Natürlich gibt es bei Wikipedia dazu interessante Informationen mit vielen weiterführenden Links. Danach hält die Physik Blicke in die Zukunft grundsätzlich für möglich. Aber das steht nach meiner Meinung unter dem Motto: Was möglich ist, ist auch „machbar“. Genug!

Ja, mit Spitznamen (heute nennt man die wohl auch Nickname) ist das so etwas. Auch mich hatten meine Mitschüler (nicht Lehrer) mit einem Namen aus dem Disney-Sortiment versehen: Pluto. Allerdings ist der Name nicht so haften geblieben, vielleicht weil meine Ähnlichkeit mit diesem Hund nicht sehr groß war (und ist). Meine Schulklasse sollte eine Klausur schreiben und irgendein Witzbold hatte meine Schultasche versteckt. Während meine lieben Mitschüler bereits ihre Federmappen herausholten, turnte ich noch durch den Klassenraum auf der Suche nach meinen Sachen. Und da rief dann ein weiterer Witzbold: „Pluto, such …!“. – Mindestens ein Schuljahr hieß ich dann Pluto. Dann verlor sich das aber so langsam. Ja ein Spitzname erhöht den allgemeinen Bekanntheitsgrad in der gesamten Schule. Ich war aber doch eher froh, wieder in der namenlosen Masse unterzutauchen. Solche Popularität hat Vor-, aber auch ihre Nachteile (man ist für jeden Hans und Franz ansprechbar).

Wie Ihr vielleicht schon gesehen habt, habe ich mir reichlich Arbeit gemacht, um den 40. Jahrestag unserer Lieblingsband entsprechend zu würdigen. Über das Ergebnis war ich dann selbst überrascht, speziell was die Veränderungen im Aussehen unseres Flötenmeisters betreffen. Ende der 80er Jahre zeigte er sich ergraut und mit größerer Körperfülle, um sich dann wie Phönix aus der Asche Anfang der 90er schlank, fast jungenhaft dem verehrten Publikum zu zeigen. Das hielt dann einige Jahre, bis er nach und nach zu dem wurde, was heute mit bedecktem Haupt über die Bühne wuselt.

Damit wären wir wieder bei Thema ‚Aussehen’. Sicherlich ist es richtig, dass Männer etwas mehr von Äußerlichkeiten halten. Aber das relativiert sich im Laufe der Jahre. Ich habe einige „schöne“ Menschen kennen gelernt. Aber sobald diese ihren Mund aufmachten, verflog der Zauber ihrer scheinbaren Schönheit sehr schnell. Deshalb habe ich auch keine Probleme mit dem heutigen Erscheinungsbild von Herrn Anderson. Da kann er gern im Schlafanzug auftreten und mit Pudelmütze. Wenn nur die Musik stimmt (noch stimmen würde) …

“Morning has broken” ist wirklich nicht aus der Feder von Cat Stevens. Aber er hat es bekannt gemacht. Ich habe etwas geforscht und eigentlich wäre ein eigener Blog-Beitrag fällig, aber hier in aller (möglichsten) Kürze das Ergebnis der Recherche:

Die Melodie stammt aus Schottland und hieß ursprünglich „Bunessan“ (nach einem Ort auf der Isle of Mull), damals bekannt mit dem Text des gälischen Weihnachtsliedes „Leanababh an aigh“ („Kind in der Krippe“), der von Mary MacDonald (1789-1872) geschrieben wurde.

Am 2.November 1931 beauftragte Percy Dearmer die englische Kinderbuchautorin Eleanor Farjeon, für die Liedersammlung „Songs of Praise“ einen neuen Text zur Bunessan-Melodie zu schreiben. Die ersten drei Strophen verwendete dann Cat Stevens für die Plattenaufnahme.

Und: Das Lied findet sich unter dem Titel „Morgenlicht leuchtet“ auch im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 455.

Zunächst die Version von Cat Stevens (in Text und Noten):

Cat Stevens: Morning has Broken

2. Sweet the rain’s new fall sunlit from heaven,
like the first dewfall on the first grass!
Praise for the sweetness of the wet garden,
sprung in completeness, where his feet pass.

3. Mine is the sunlight! Mine is the morning
born of the one light Eden saw play!
Praise with elation, praise every morning,
God’s recreation of the new day.

Hierzu die deutsche Übersetzung frisch aus dem Evangelischen Gesangbuch gescannt:

Morgenlicht leuchtet

Es gibt noch eine weitere Übersetzung von Teja Schwaner (aus: Cat Stevens Songbook – 56 Songs mit Noten – Zweitausendeins – 1976):

Der Morgen bricht an
Wie am Anfang der Schöpfung,
Die Amsel hebt an
Wie zum ersten Gesang.
Preiset ihr Singen,
Preiset den Morgen,
Preiset, wie sie geboren
Neu in die Welt.

Süß fällt der Regen
Funkelnd vom Himmel
Wie früher Tau
Morgens aufs Gras.
Preiset das Wunder
Des taufrischen Gartens,
Vollkommen entsprungen
Aus Seiner Spur.

Mein ist die Sonne,
Mein ist der Morgen,
Geboren von Licht,
das auch Eden erhellt.
Preiset mit Wonne,
Preist jeden Morgen
Gottes Erwecken
Des neuen Tags.

Außerdem fand ich folgende weitere Information (einschl. einiger Verse der englischen Übersetzung des gälischen Weihnachtslieder und der drei fehlenden Strophen von „Morning has broken“):

The tune is named for the town of Bunessan on the Isle of Mull in the Inner Hebrides, off the west coast of Scotland. Mull, close to Iona, is the island where the Irish monk Columcille (latinized as Columba) founded a monastery in the late sixth century from which monks brought Irish forms of Christianity to other parts of the British Isles and even to the mainland of Europe.

Before Percy Dearmer recruited Eleanor Farjeon to write a new text, BUNESSAN as a hymn tune was only known in association with the Gaelic text of a Christmas carol, „Leanababh an aigh,“ written by Mary MacDonald (1789-1872) and translated into English as „Child in the Manger“ by Lachlan Macbean for the collection „Songs and Hymns of the Gael” (1888). Here is part of that English translation:

Child in the manger, infant of Mary,
Outcast and Stranger, Lord of us all,
Child Who inherits all our transgressions,
All our demerits upon Him fall.

Prophets foretold Him, Infant of wonder;
Angels behold Him on His throne.
Worthy our Savior of all our praises;
Happy forever are His own.

When he sang „Morning Has Broken,“ Cat Stevens/Yusuf Islam actually sang only the first half of Eleanor Farjeon’s poem, and that is the text usually reprinted in hymnals. The second half of the text contains additional beautiful language:

Cool the gray clouds roll
peaking the mountains,
Gull in her free flight
swooping the skies:
Praise for the mystery
misting the morning
Behind the shadow
waiting to shine.

I am the sunrise
warming the heavens,
Spilling my warm glow
over the earth:
Praise for the brightness
of this new morning
Filling my spirit
with Your great love.

Mine is a turning,
mine is a new life;
Mine is a journey
closer to You:
Praise for the sweet glimpse
caught in a moment,
Joy breathing deeply
dancing in flight.

Und zu guter Letzt noch eine instrumentale Version des “Bunessan”-Liedes:

The Bunessan Tune (instrumental)

Damit ich nicht so ausschweife wie Kretakatze (bin ich ja fast schon), schließe ich hiermit:
Haltet Euch weiter wacker!

Viele liebe Grüße

Euer Wilfried

06.02.2008

English Translation for Ian Anderson

Trip ohne Ende: Peter Green

Mitte der 80er Jahre hütete ich für kurze Zeit die Wohnung meiner Eltern ein, die in Urlaub weilten. Da ich abends nichts Besseres zu tun hatte, guckte ich Fernsehen und zappte hin und her, da es ansonsten nichts Tolles zu sehen gab. Plötzlich schaute ich in die heruntergekommene Wohnung eines Typen, der aufgeschwemmt und völlig verwahrlost aussah. Besonders die Fingernägel fielen mir auf, die Monate lang nicht mehr geschnitten waren (ähnlich einem indischen Fakir). Ich dachte mir, den Typen kennst du doch. Ja, es war Peter Green, vormals Gründer, Sänger und vor allem Gitarrist der Gruppe „Fleetwood Mac“, der sich erst wenige Jahre zuvor berappelt hatte, um eine erneute Solokarriere zu starten (immerhin brachte er von 1979 bis 1983 jährlich mindestens eine Platte heraus, die ich auch mein Eigen nennen darf).

Einige Zeit zurück, es muss Ende 1982 gewesen sein, da trat Peter Green in der Markthalle zu Hamburg auf. Ich kannte seine damals neuesten Alben. Da mich ein alter Kumpel besuchen kam, so kaufte ich zwei Eintrittskarten für das Konzert.

Aus Pressemitteilungen hatte ich gehört, dass Peter Green in den 70er Jahren, nachdem er sich von der Rock- und Bluesmusik zurückzog, als Totengräber gearbeitet bzw. längere Zeit in einem israelischen Kibbuz (Greens eigentlicher Name ist Greenbaum, er ist Jude) gelebt haben soll. Als Ursache für seien Rückzug aus dem Musikbusiness wurden psychische Gründe genannt. Für das Album „In the Skies“ hatte er 1979 wieder in die Saiten gegriffen.

Peter Green einst

Peter Green jetzt

Peter Green einst und jetzt

Dass Green noch nicht völlig gesundet war, zeigte das Konzert. Er stand ganz im Hintergrund und versteckte sein Gesicht unter einem Handtuch. Es war ein merkwürdiges Gefühl, einen der besten Rock- und vor allem Bluesgitarristen dieser Welt (beim Rolling Stone-Magazin wird Peter Green immerhin auf Platz 38 der „100 Greatest Guitarists of All Time” geführt), aus dessen Feder Stücke stammten wie „The Supernatural“, „Albatros“ und „Black Magic Woman“, das besonders durch Carlos Santana zum Hit wurde, so von sich selbst verlassen und hilflos zu sehen. So wie man Clapton einst als „God“ feierte, so wurde Peter Green ein „God, too“. Es sollte wohl eines seiner letzten Konzerte für diese Zeit sein.

Wieder verschwand Peter Green von der Bildfläche. Ende der 80er Jahre starteten Freunde einen erneuten Versuch, den alten Meister aus seiner Isolation zu holen, was dann auch gelang: Mit der kleinen, aber feine Kapelle namens „Splinter Group“ entstanden weitere Alben und Green ging auch wieder auf Tour.

Aber auch das ist schon wieder Geschichte. Peter Green hat sich wohl endgültig von den Musikbühnen dieser Welt verabschiedet.

Nun dieser Tage habe ich einmal wieder in die Alben von 1979-1983 hineingehört und diese mir, da nur als analoge LPs vorhanden, teilweise digitalisiert. So habe ich im Internet auch ein wenig recherchiert, um zu erfahren, was mit Peter Green los war und ist, und erfuhr das Folgende:

In den Tagen mit Fleetwood Mac konsumierte Peter Green Drogen, vor allem LSD. Im März 1970 kam er mit der Band nach München und wurde von den Kommunarden Uschi Obermaier und Rainer Langhans zu einer rauschenden Party in ein Schloss bei Landshut eingeladen. Dort hat Green einen verheerenden LSD-Trip verabreicht bekommen, der seine Psyche bleibend verändert hat. Er ging auf eine Reise ohne Rückkehr.

Hier zunächst ein Solo-Stück von Peter Green aus alten Fleetwood Mac-Zeiten:


Peter Green – World Keep On Turning

Mit „A Fool No More“ enthält die LP „In The Skies“ von 1979 den wohl depressivsten Blues, der jemals geschrieben wurde. Pure Hoffnungslosigkeit, tiefste Trauer:


Peter Green – A Fool No More

Zuletzt noch ein Stück von der 1981 erschienen LP “Watcha Gonna Do?”: Like a Hot Tomato. Der Gitarrenstil von Green hat sich hier völlig geändert. Er spielt geradezu minimalistisch, abgehackt, aber doch auf eine Art meisterlich, die mich damals beeindruckte. An den Drums sitzt hier übrigens Dave Mattacks, den wir von dem Live-Doppelalbum von Jethro Tull her kennen sollten: A Little Light Music (1992).


Peter Green: Like a Hot Tomato

Übrigens: 1995 kamen zwei Alben heraus mit den Titel Peter Green Songbook First Part und Second Part, auf denen die unterschiedlichsten Musiker „ihren Tribut an das Schaffen“ von Peter Green zollten, u.a. auch mit Ian Anderson mit „Man of the World“ und Mick Abrahams mit „The Same Way“. Weitere namhafte Größen: Pete Brown, Dave Lennox, Zoot Money, Rory Gallagher und Dick Heckstall-Smith.

Weitere interessante Infos auf einer deutschen Peter Green-Fansite.

Herman van Veen: Adeste fidelis

Ein wirkliches Highlight bei den Weihnachtsliedern ist für mich das Album „Klassische Weihnachtslieder“ von Herman van Veen und dem Amsterdam Baroque Orchestra unter der Leitung von Ton Koopman aus dem Jahre 1980. Wenn ich das richtig sehe, so gab es 15 Jahre später noch einmal eine Zusammenarbeit zwischen Herman van Veen und dem Orchester, um diese Weihnachtslieder erneut und zusätzliche einzuspielen.

Es gibt im deutschen Sprachraum einige typische Weihnachtslieder von „Stille Nacht, heilige Nacht“ über „O du fröhliche“ bis hin zu „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ (kein Ross, ihr Pfeifen, eine Rose …), die am Heiligabend auch in der Kirche gesungen werden (zumindest in der evangelischen). Ein Weihnachtslied gefällt mir aber besonders: Adeste fidelis.

Mit diesem Lied möchte ich Euch nun ein schönes, geruhsames und auch besinnliches Weihnachtsfest wünschen. Lasst Euch vom Lärm dieser Zeit nicht vereinnahmen, sondern sucht, wenn es auch nur für einige Augenblicke ist, die Ruhe, die uns Kraft gibt. Und schaltet endlich Euren Rechner aus, es gibt auf diesem Globus nicht nur Internet und Gedaddele … Aber, okay, lauscht zuvor noch einmal dem guten Herman …


Herman van Veen: Adeste fidelis

Die Toten Hosen: Wir warten auf’s Christkind

Unbedingt ein Fan bin ich nicht von ‚den Hosen‘, wie man Die Toten Hosen kurz und bündig nennt. Mit meinem älteren Sohn war ich zwar Ende 2004 und im Mai 2005 bei zwei Konzerten der Band, fand das auch ganz okay, aber das war dann doch eher unfreiwillig.

Nun die Toten Hosen sind aus dem Punk entstanden. Sie heute noch als Punk-Band zu bezeichnen, wäre etwas vermessen, dafür setzen Campino und Co. doch ziemlich auf Kommerz. Musikalisch ist das auch nicht so mein Ding, vieles ist mir doch etwas zu schlicht gestrickt. Aber es gibt eine Reihe von Liedern, die mir durchaus gefallen, die auch textlich in Ordnung sind.

In ihrer Heimatstadt Düsseldorf (der sich die Band sehr verbunden zeigt) fand am 26.12.1998 in der Philipshalle ein Konzert der Hosen statt, das unter dem Motto „Wir warten auf’s Christkind“ stand. Und die Band intonierte auch einiges Weihnachtliche. Das ganze Konzert ist auf DVD gebannt; u.a. wurde „Stille Nacht, heilige Nacht“ angestimmt, auch „We Wish You A Merry Christmas“, „Merry X-Mas Everybody“ und „Still, Still, Still“ mit Kuddel am Mikrophon (nicht schön, aber laut), wie nachfolgend zu sehen/hören ist:

siehe auch meine Beiträge
Schottland 2005: Robert Burns und ‚Die Toten Hosen‘ (Auld Lang Syne)
– Willi als X-Punk

David Lindley & El Rayo-X 1988 live at Roxy, Washington D.C.

An anderer Stelle, als es darum ging, die mir persönlich liebsten (besten?) Gitarristen zu nennen, habe ich auch David Lindley aufgeführt. Eigentlich ist er der beste der schlechtesten Gitarristen; aber sobald er eine seiner Slide- bzw. Steel-Gitarren hervorkramt, da wird er für mich der ‚beste‘ von allen.

David Lindley muss ich in einem Atemzug mit Ry Cooder nennen, den wir u.a. vom Buena Vista Social Club her kennen. Beide sind sich immer wieder über den Weg gelaufen. Und wenn man sich schon sieht und plaudert, dann holt man auch schnell die Gitarren aus den Koffern und zupft so ein wenig (oder mehr) vor sich hin. Es kommt dann auch schon einmal ein Album dabei heraus. Zu Ry Cooder sicherlich später etwas mehr.

Ich weiß nicht so recht, was mir an Lindley (und natürlich an Cooder) am meisten gefällt. Es ist sicherlich dieser Mix aus Rock, Blues und viel Folk vom amerikanischen Kontinent (und auch seinen französischen und spanischen Wurzeln). Und das alles locker und flockig vorgetragen – mit viel Rhythmus, der zumindest mir die schlechte Laune (so denn vorhanden) sehr schnell austreibt. Gute-Laune-Musik eben.

Und irgendwie gefällt mir auch das absolut scheußliche Outfit dieses Herrn Lindley. Neben langer Mähne und noch längeren Koteletten sind es diese Klamotten, die Lindley den Namen „Prince of Polyester“ eingebracht haben. Und er scheut sich auch nicht, einige der Kuriositäten seiner Zupfinstrumentesammlung auf die Bühne zu bringen (selbst Plastikgitarren sollen sein eigen sein).

David Lindley

Anfang der 80-er Jahre habe ich mich mit einigen Alben von David Lindley und seiner Gruppe „El Rayo-X“ eingedeckt. Zeit, diese einmal wieder vorzukramen, zu digitalisieren, um bei schlechter Laune den guten alten Lindley aufzulegen. Bei youtube habe ich ein Konzert aus dem Jahre 1988 mit David Lindley & El Rayo-X gefunden – Live aus dem Roxy in Washington D.C. Wer will und kann darf gern hineinhören (und -sehen). Mir gefällt es auf jeden Fall (wenn die Qualität auch nicht ganz so berauschend ist):

hier weitere kleine Musikschnipsel aus Lindleys Jukebox