Archiv für den Monat: Juni 2011

Fahrradsternfahrt 2011 Hamburg

In diesem Jahr trägt Hamburg den Titel European Green Capital, ist also die Umwelthauptstadt Europas.

Und obwohl der Senat den offiziellen Autofreien Sonntag am 19. Juni abgesagt hat, startet die traditionelle Sternfahrt wieder an über 60 Orten in und um Hamburg.

Wieder werden viele Tausend Radlerinnen und Radlern aus der Metropolregion für eine umwelt- und menschengerechte Verkehrspolitik und -planung demonstrieren und für das Verkehrsmittel Fahrrad werben.

Abschlusskundgebung ist morgen, am 19.06.2011, auf dem Rathausmarkt ab 14 Uhr. Weitere Infos, u.a. zu den Startpunkten, siehe: fahrradsternfahrt.info

(Fast) unterschlagene Beiträge – Teil 31

Löw plant nicht mehr mit Ballack

Es hat lange gedauert, bis es jetzt offiziell geworden ist: Ballack spielt in den Planungen des Fußball-Bundestrainers keine Rolle mehr. Warum das so lange ‚brauchte’, bis es endlich gesagt wurde, weiß wohl nur Herr Löw. Immerhin gibt es für Ballack ein „Abschiedspiel“ gegen Brasilien: Der 34-jährige Leverkusener darf am 10. August gegen Brasilien noch sein 99. Länderspiel absolvieren. Torsten Frings darf dann höchstens zuschauen.

Al Kaida verkündet neuen Chef

Keiner ist unersetzlich. Das Generalkommando des Terrornetzwerks Al Kaida hat einen Nachfolger für Osama bin Laden bestimmt. Der Ägypter Aiman al Sawahiri soll demnach als neuer Kopf der Terrorgruppe den „Heiligen Krieg“ fortführen. Eigentlich wachsen der Hydra doch zwei Köpfe nach?!

Stell‘ dir vor, es ist Kernschmelze und keiner geht hin…

„Die Atomkatastrophe in Fukushima hat die Welt verändert, in Deutschland den Atomausstieg beschleunigt. Aber was machen die Japaner selber? Sie machen weiter wie zuvor.“ „Über Atomausstieg wird nicht mal nachgedacht, die Medien sind zahm, die AKW-Betreiber pfuschen und vertuschen und die Politiker schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Der Alltag kehrt zurück und alles ist wie vorher.“ Wie gut, das diese Durchhalte-Mentalität der Japaner nicht auch das deutsche Wesen prägt.

Rating-Agenturen „brutal entmachten“

„Sie entwerten Staaten und bringen diese wie Griechenland fast zu Fall: die Rating-Agenturen. Ein Unding, sagt Wirtschaftsforscher Straubhaar. Der Ökonom fordert, diese [privaten] Firmen zu entmachten. Sie dürften sich nicht zu ‚Göttern in Nadelstreifen’ erheben.“

Standard & Poor’s hatte zuletzt griechische Anleihen um drei Bonitätsstufen auf den Ramschstatus „CCC“ gesenkt und damit weitere Pleite-Gerüchte provoziert. Von denen möchte ich meine Bonität nicht überprüfen lassen. Ja, das sträuben sich einem die Haare, Herr Straubhaar!

Mondfinsternis – so schön kann sie sein

Es war die längste Mondfinsternis seit mehr als zehn Jahren. In Deutschland versteckte sich der „Blutmond“ gestern Abend allerdings fast überall hinter den Wolken. Das war dann noch nicht einmal ein Blick in den Ofen. Andernorts hatten die Fans mehr Glück.

Frankfurter Buchmesse: Gastland Island

Vom 12. bis 16. Oktober 2011 findet wiederum die Frankfurter Buchmesse statt. Wie in jedem der letzten Jahre, so gibt es auch diesmal ein Gastland, das einen besonderen Schwerpunkt bildet. 2011 ist das Ísland unter dem Motto Sagenhaftes Island.

Für ein Land wie Island mit gerade einmal gut 300.000 Einwohner, aber mit 103000 qkm fast so groß wie die ehemalige DDR (108333 qkm), ist es sicherlich eine große Ehre, Gastland einer so großen Buchmesse zu sein. Allerdings hat Island eine jahrhundertlange literarische Tradition, die mit den Isländersagas um 1200 beginnt. Rechtzeitig veröffentlicht der S. Fischer Verlag als Neuübersetzungen Die Isländersagas in 4 Bänden mit einem Begleitband. Aber natürlich glänzt Island auch mit zeitgenössischen Autoren wie Einar Kárason, Sjón und Gyrðir Elíasson, um nur einige zu nennen. Und Halldór Laxness dürfte selbst den Nicht-Island-Kennern ein Begriff sein.

Willi über dem Skaftafellsjökull 1990
Willi über dem Skaftafellsjökull 1990

Natürlich freut es mich besonders, dass Island diese Ehre zukommt. Mein Augenmerk und das meiner Familie ist in letzter Zeit wieder sehr auf Island ausgerichtet. So habe ich mich selbst vermehrt mit isländischer Literatur (z.B. Halldór Laxness und Einar Kárason) beschäftigt. Auch wenn es längst noch nicht amtlich ist, aber für 2013 ist nach dann 23 Jahre eine erneute Island-Reise geplant. Island ist und bleibt von der Natur und der Kultur her ein faszinierendes Land für mich.

Javier Marías: Mein Herz so weiß

„Ich wollte es nicht wissen, aber ich habe erfahren, dass eines der Mädchen, als es kein Mädchen mehr war, kurz nach der Rückkehr von der Hochzeitsreise das Badezimmer betrat, sich vor den Spiegel stellte, die Bluse aufknöpfte, den Büstenhalter auszog und mit der Mündung der Pistole ihres eigenen Vaters, der sich mit einem Teil der Familie und drei Gästen im Esszimmer befand, ihr Herz suchte. Als der Knall ertönte, etwa fünf Minuten, nachdem das Mädchen den Tisch verlassen hatte, stand der Vater nicht sofort auf, sondern verharrte ein paar Sekunden lang wie gelähmt mit vollem Mund und wagte nicht zu kauen noch zu schlucken und noch weniger, den Bissen auf den Teller zurückzuspucken; und als er sich endlich erhob und zum Badezimmer lief, sahen jene, die ihm folgten, wie er, als er den blutüberströmten Körper seiner Tochter entdeckte und die Hände an den Kopf hob, den Bissen Fleisch im Mund hin und her bewegte, ohne zu wissen, was er mit ihm anfangen sollte.“

(S. 9 – Klett-Cotta Deutscher Taschenbuch Verlag 12507 – Juni 1998)

„Eine junge Frau erhebt sich vom Tisch, geht ins Bad, knöpft ihre Bluse auf und erschießt sich. Diese dunkle Szene, von der der Ich-Erzähler nur gehört hat, läßt ihm keine Ruhe. Die junge Frau war seine Tante, die Schwester seiner Mutter, die Frau, die sein Vater vor seiner Mutter geheiratet hatte. Vierzig Jahre später ist der Erzähler selbst verheiratet. Dunkle Vorahnungen und nebensächliche Ereignisse beunruhigen ihn. Der Ich-Erzähler ist Dolmetscher und leidet an eine déformation professionelle, die ihn dazu zwingt, jedes Detail zu registrieren und zu interpretieren: die kleinen, scheinbar unbedeutenden Dinge im Leben zu zweit und auch jene Details, die ihm nach und nach mehr über die Ereignisse vor seiner Geburt verraten, als ihm lieb ist …“ (Aus dem Klappentext)

Javier Marías Franco (* 20. September 1951 in Madrid) ist ein spanischer Schriftsteller, Kolumnist und Übersetzer. Sein Roman Mein Herz so weiß (Original: Corazón tan blanco, Barcelona 1992) erschien in Deutschland 1996 in der J. G. Cotta_sche Buchhandlung, Stuttgart, in einer Übersetzung von Elke Wehr.

Javier Marías gilt als einer der bedeutendesten Schriftsteller des heutigen Spaniens. Sein Werk wurde in dreiundzwanzig Sprachen übersetzt (Stand: 1998). Der Titel des Romans ist ein Zitat aus Shakespeares Macbeth (2. Akt, 2. Szene):

„My hands are of your colour; but I shame
To wear a heart so white.”
(Shakespeare)

Oder:

“Meine Hände
Sind blutig, wie die deinen; doch ich schäme
Mich, daß mein Herz so weiß ist.“

In meinem Beitrag „I have done the deed” habe ich mich bereits mit diesem Roman einwenig beschäftigt. Es geht darin u.a. um eine Tat, ein Verbrechen, das „nicht existiert, [… wenn es] nicht ausgesprochen wird.“ (S. 53) „Vielleicht kommt ein Augenblick, in dem die Dinge erzählt werden können, sie selbst, vielleicht um zur Ruhe zu kommen oder um endlich zu einer Fiktion zu werden.“ (S. 283) Hinter dem Selbstmord der jungen Frau vor 40 Jahren, der Tante des Ich-Erzählers, verbirgt sich ein Drama Shakespeare’schen Ausmaßes. „Es ist die Glut Macbethscher Einflüsterungen, sprachlicher Verderbtheit, die reales Verderben bewirkt.“ (Hellmuth Karasek im „Spiegel“). Lady Macbeth stiftete ihren Mann zum Mord an König Duncan an und begeht vom Gewissen geplagt Selbstmord. Der Selbstmord im Roman ist ähnlich gelagert. Auch die Tante hatte einen Satz gesprochen: „Es war ein Satz des Verzichts, nicht der Anstiftung, es war der Satz von jemandem, der sich zurückzieht und für besiegt erklärt.“ (S. 321) Aber genau dieser Satz führte zum Verbrechen. Und als der Tante bewusst wurde, was sie damals so beiläufig gesagt hatte, wurde sie sich ihrer Schuld bewusst: “Meine Hände sind blutig, wie die deinen; doch ich schäme mich, daß mein Herz so weiß ist.“ Und: „Übersetzbare, herrenlose Worte, […] die zu […] Handlungen anstiften, […] Aber wer sie sagt, erträgt sich nicht, wenn er sie vollzogen sieht.“ (S. 321)


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Calle de Alcalá, 15, Madrid (im Roman: Calle Alcalá 15, hier in einem alten Casino fand die Hochzeitsfeier von Juan, dem Ich-Erzähler, und Luisa statt, siehe S. 100 – der Name der Straße nach einer alten Universität in Madrid: Alcalá)

Der Roman ist ein Buch, von dem man hin- und hergerissen wird. Einige Passagen im ersten Teil sind sicherlich etwas ermüdend und schleppend (Marías sinnt schwermütig-pessimistisch über die Ehe nach). Erst am Schluss des Romans ergeben sie Sinn. Aber dann kommen Passagen, die den Leser in ihren Bann ziehen, es gibt kaum ein Entkommen. Selbst scheinbar unbedeutenden Dinge im Leben des Ich-Erzählers verursachen durch die Erzählweise eine Spannung, die sich erst zuletzt ähnlich wie beim Protagonisten, dem ein Unbehagen plagt, lösen. Marías erzeugt diese Spannung, dieses Unbehagen auch beim Leser, durch kleine Sätze, deren Bedeutung erst spät geklärt wird: „… sie denken nicht daran, daß sich bisweilen alles ändert, nachdem man weiß, sogar das Fleisch oder die Haut, die sich auftun, oder etwas wird aufgeschlitzt.“ (S. 169)

Unser Literaturpapst reagierte übrigens beim Erscheinen des Buchs enthusiastisch: „Begeistert bin ich von diesem Marías, ich glaube, das ist einer der größten im Augenblick lebenden Schriftsteller der Welt … Ich habe seit vielen Jahren kein Buch gelesen, das mich so tief getroffen hat.“ (Marcel Reich-Ranicki im „Literarischen Quartett“) Ich kann es ihm nicht ganz verdenken. Was mich allerdings wundert ist, dass der Roman Mein Herz so weiß seit längerer Zeit nicht mehr neu in Deutschland aufgelegt wurde. Überhaupt erscheint mir die Literatur von Javier Marías in Deutschland etwas stiefmütterlich behandelt zu sein. Sollte es doch etwas zu ‚schwer’ sein fürs deutsche Gemüt?

Zuletzt hier noch eine sicherlich hilfreiche Rezension mit weiteren Textpassagen zu Mein Herz so weiß

Tatort: Thiel und Boerne

Seit einigen Monaten ist der Sonntagabend wieder Tatort-Zeit bei uns zu Hause. Mein jüngerer Sohn, der zunächst kein großes Interesse an dieser deutschen Krimi-Serie bei der ARD zeigte, ist inzwischen ein großer Fan geworden. Besonders die Münsteraner Ermittler, Kriminalhauptkommissar Frank Thiel (gespielt von Axel Prahl) und Gerichtsmediziner Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers), die seit 2002 ermitteln, haben es nicht nur ihm, sondern uns allen in der Familie angetan.

Die Krimi-TV-Serie Tatort kenne ich eigentlich von Anfang an. Die erste Folge Taxi nach Leipzig habe ich genauso gesehen wie viele Folgen danach. Besonders gemocht habe ich Ermittler wie Kriminalhauptkommissar Finke (Klaus Schwarzkopf), Kriminaloberkommissar Heinz Haferkamp (Hansjörg Felmy) mit seinem Assitenten Kriminalhauptmeister Willi Kreutzer (Willy Semmelrogge) und natürlich Kriminalhauptkommissar Horst Schimanski mit seinem Assistenten Kriminalhauptkommissar Christian Thanner. Die beiden Letzteren sind inzwischen geradezu Kult (siehe meinen Beitrag Horst Schimanski, Duisburg). Unbedingt sehenswert war und ist auch Kriminalhauptkommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts). Und als Nordeutscher hatte ich eine besondere Vorliebe für die Kriminalhauptkommissare Paul Stoever (Manfred Krug) und Peter Brockmöller (Charles Brauer), die u.a. auf der Nordseeinsel Neuwerk nach dem Mörder suchten.

Inzwischen hat die Sendereihe über 40 Jahre auf dem Buckel und zählt nach wie vor zu den beliebtesten Sendungen des deutschen Fernsehens. Tatort hat es immer verstanden, auch aktuelle gesellschaftliche Themen aufzugreifen.


Tatort Münster – Der dunkle Fleck

Wie gesagt: zu unseren Lieblingen gehören Thiel und Boerne aus Münster. Thiel stammt eigentlich aus Hamburg und ist familienbedingt nach Münster gezogen. Er ist Fan des Fußballvereins St. Pauli Hamburg und somit öfter in einem T-Shirt des Vereins zu finden. Und Radfahrer ist er auch. Also ganz salopp. Boerne ist dagegen die Eleganz persönlich. Immer gut gekleidet und reichlich arrogant. Aber doch mit viel Menschlichkeit gesegnet. Es ist einfach herrlich, wie sich die beiden streiten. Und manche Folge ist daher mehr eine Parodie als eine Tatort-Sendung. Besonders die zuletzt ausgestrahlte Folge „Der Fluch der Mumie“ (‚Tatort: Der Fluch der Mumie‘ in voller Länge) ist witzig und dabei durchaus noch spannend.

Pfingsten 2011

Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes, wird unter den Christen genau fünfzig Tage nach Ostern gefeiert. Genau genommen gedenkt man an Pfingsten der Ausgießung des Heiligen Geistes über die zwölf Apostel. Zugleich mit Pfingsten geht auch die Osterzeit zu Ende. Die Apostelgeschichte des Neuen Testaments erzählt, dass der Heilige Geist am fünfzigsten Tag nach Ostern auf die Jünger Jesu herabkam, als sie sich in Jerusalem versammelten. Das Wunder, das dabei geschah, war, dass sie plötzlich in allen Sprachen der Welt kommunizieren konnten.

Gestern war ich mit meinen Lieben in Hamburg und habe mit ihnen den Stadtteil Winterhude unsicher gemacht. Wir haben Freunde besucht, gut gespeist – und haben auch einen kleinen Abstecher in den nahegelegenen Stadtpark gemacht. Unübersehbar thront am einen Ende des Stadtparks das Planetarium. Wir warfen einen kurzen Blick hinein. Immerhin sind meine Frau und meine beiden Söhne Sternpaten und auch namentlich als solche auf einer Ehrentafel aufgeführt.

Heute nun, am Pfingstmontag, haben wir es ruhig angehen lassen. Nachdem ich morgens meine rund zehn Kilometer gejoggt bin, haben wir es uns bei einem ausgiebigen Frühstück gemütlich gemacht …

I have done the deed

Ich hab’ die Tat getan, wagte Macbeth zu sagen, als er König Duncan, angestachelt von seiner Frau, getötet hatte, um selbst König von Schottland zu werden. So verrät man Geheimnisse!

… daß nicht existiert, was nicht ausgesprochen wird.“, schreibt Xavier Marías in seinem Roman „Mein Herz so weiß“ (S. 53 – Klett-Cotta Deutscher Taschenbuch Verlag 12507 – Juni 1998), dessen letzte Seiten ich zz. lese. Und. „Jemanden küssen oder töten sind vielleicht gegensätzliche Dinge, aber den Kuß erzählen und den Tod erzählen macht beides einander gleich …“ (S. 255). Ein erzählter Kuss unterscheidet sich kaum von einem erzählten Mord. Es sind real nur Wörter. Metadaten, Metataten. Es sind die Taten selbst, die Gegensätze schaffen.

Es geht um Sprache und um Erlösung. Wer Geheimnisse birgt, dunkle Geheimnisse, ist sich dieser Geheimnisse ein Leben lang bewusst. Selten vergisst man ein Geheimnis. Man trägt es mit sich herum. Äußert man eines Tages ein solches ‚dunkle’ Geheimnis, vielleicht weil der Seelendruck zu groß geworden ist, dann öffnet man sich und das Geheimnis der Welt. Es wird existent – und ist kein Geheimnis mehr. Damit geht man aber auch den ersten Schritt, schafft die Möglichkeit, es dem Vergessen anheim fallen zu lassen.

Wer hat keine Geheimnisse. Sie müssen nicht immer dunkel sein. Der Mann hat Geheimnisse vor seiner Frau, diese vor ihrem Mann. Eltern haben Geheimnisse vor ihren Kindern. In dem erwähnten Roman (zum Inhaltlichen komme ich in wenigen Tagen zu sprechen) geht es um solche Geheimnisse, manche sind so dunkel und handeln von Mord – wie bei Macbeth von William Shakespeare.

Geheimnisse beinhalten eine Tat (I have done the deed). Das Verbergen der Tat vor der Öffentlichkeit begründet das Geheimnis. Xavier Marías philosophiert in seinem Roman Mein Herz so weiß, der irgendwo eine neue Art von Kriminalroman zu sein scheint, seitenlang über Geheimnisse, auch über Verrat und Verdacht.

Wer jedem Menschen Geheimnisse unterstellt, wie ich es tue, hegt gleichsam einen Verdacht. Der Verdacht ist gewissermaßen das Pendant des Geheimnisses. Bei Menschen, die wir lieben und denen wir aus dieser Liebe heraus vertrauen, schalten wir jeglichen Verdacht sehr schnell aus. Wir sind ja nicht schizophren. Aber es wird immer auch Menschen geben, da nähren wir den Verdacht. Bei Menschen, denen wir oder die uns nicht wohlgesonnen sind, riechen wir Verrat.

Es ist ein seltsames Buch, dieser Roman von Xavier Marías (wie gesagt: später dazu etwas mehr). Selten hat mich ein Buch dermaßen beschäftigt und zu diesen Gedanken animiert. Es sind diese Gegensatzpaare, die unsere menschliche Existenz bestimmen und uns vom Tier unterscheiden: das Tun (die Tat) und das Unterlassen, Geheimnis und Verdacht, Vertrauen und Verrat und die Macht sprachlicher Einflüsterungen und die Anziehungskraft ihres Gegenteils, des Schweigens.

Schnittblumen, Quelle von EHEC?!

Die Warnung vor Gurken, Tomaten und Salat wurde inzwischen zurückgenommen. Sprossen (Soja-, Mungobohnen-, was für Sprossen auch immer) gelten weiterhin als bedenklich, also möglicherweise mit dem EHEC-Erreger kontaminiert. Immerhin hat man in NRW jetzt eine Packung mit Sprossen aus dem Bio-Betrieb im niedersächsischen Bienenbüttel gefunden: eine Packung, und die lag auch noch im Müll. Vielleicht findet man auch noch in der Mondumlaufbahn eine gegammelte Packung Keimsprossen …

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang finde ich das Kompetenzgerangel zwischen Behörden und Ministern in Sachen EHEC. Wer hat eigentlich das Sagen? Wem dürfen die Gurkenbauern ihre Produkte, die sie nicht losgeworden sind, vor die Haustür schütten?

Heute beim Abwasch fiel es mir wie Schuppen von der Glatze: Unter dem Abwasch befand sich auch eine Vase, die auffällig stank. In ihr waren nach zehn Tagen Aufenthalt Schnittblumen verblüht; das Restwasser war trübe und schleimig. Wer kennt das nicht. KLAR: Schnittblumen sind die Quelle allen Übels! Schließlich sind überwiegend Frauen erkrankt (welcher Mann bekommt schon Blumen geschenkt; und wenn er sie verschenkt, dann sind sie noch in Papier oder Folie eingewickelt). Blumen gehören schließlich auch der Flora, also Pflanzenwelt, an. Auch Blumen werden heute nach industriellen Standards produziert. Und für ihr Wachstum benötigen sie Dünger, vielleicht auch Kuh-kak-ke! (nach dem Motto: Pferdeäpfel sind gut für die Erdbeeren! Ih, wir essen nur Erdbeeren mit Sahne!)

Nein, jetzt im Ernst: Sicherlich stellen Keimsprossen ein Risiko da. Sind sie einmal mit Bakterien behaftet, dann gedeihen diese bei 37 °C genauso gut wie die Sprossen selbst. Aber eine Packung Sprossen macht noch keine EHEC-Epidemie (so wie anfangs die zwei (sic!) spanischen Gurken in Hamburg). Genauso gut könnten es dann tatsächlich auch Schnittblumen sein oder Erdbeeren (mit oder ohne Sahne) oder … ach, was weiß ich …?!

Auf nach Brandenburg

Mein jüngster Sohn hat für dieses Jahr das Ziel unseres Urlaubs vorgegeben: Brandenburg. Er hatte im Fernsehen eine Reportage über Brandenburg gesehen und war wohl besonders von den vielen Seen dort begeistert. Aber wohin dort? Brandenburg ist groß (Es ist das Bundesland gemeint)!

Nun wir haben Nachbarschaft, die sich in den so genannten neuen Bundesländer ganz gut auskennt. Brandenburg sagt mir nämlich ziemlich wenig. Und mit einigen dieser Tipps und einer ausführlicheren Internetrecherche haben wir ein Ziel ausgemacht: Bad Saarow im Landkreis Oder-Spree.

Bad Saarow ist ein Thermalsole- und Moorheilbad am Scharmützelsee, dem zweitgrößten natürlichen See Brandenburgs. Es liegt etwa 70 km südöstlich von Berlin. Bad Saarow ist gekennzeichnet durch seine waldreichen und parkähnlichen Grundstücke der Gründerjahre der Villenkolonie (ab 1906).

Von uns aus ist der Ort auch mit der Bahn über Berlin und Fürstenwalde/Spree in gut vier Stunden zu erreichen und hat einen eigenen Bahnhof. (Bad Saarow-Pieskow). Und über Fürstenwalde ist man mit der Bahn in rund einer Stunde in Berlin oder Frankfurt (Oder), also unmittelbar an der polnische Grenze.

Dank der Sparangebote der Deutschen Bahn zahlen wir für vier erwachsene Personen für Hin- und Rückfahrt und Sitzplatzreservierungen im ICE 221 €, wobei mein älterer Sohn von Göttingen über Hannover anreist und eine separate Fahrkarte benötigt (wir treffen uns dann in Berlin). Da kann man nicht meckern. Allerdings muss man wissen, dass man die Fahrkarten (wir machen das selbstredend online) möglichst drei Monate vor Fahrantritt buchen sollte. Es gibt nur ein begrenztes Kontingent, das schnell aufgebraucht ist.


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Bad Saarow – Villa Seeblick – Karl-Marx-Damm 15

Was wir natürlich noch brauchten (und auch früh gebucht haben), war eine passende Unterkunft. Wir bevorzugen bei vier Personen eine Ferienwohnung. Da ist man etwas unabhängiger und kann sich selbst die eine oder andere Mahlzeit zubereiten (das schröpft nicht so sehr den Geldbeutel). Ferienwohnungen, aber auch Hotels und Pensionen gibt es reichlich in Bad Saarow. Rechtzeitiges Buchen sichert auch hier preiswerte Unterkünfte. Wir haben eine Ferienwohnung in der Villa Seeblick (Ferienwohnung Maja) gefunden, die zentral und doch gleich am See liegt.

Noch ist es einige Wochen hin, bis wir nach Brandenburg fahren werden. Aber eine gewisse Vorfreude können wir heute schon nicht mehr verhehlen. Eigentlich wollten wir unsere Fahrräder mitnehmen, um die Gegend um den Scharmützelsee mit dem Radel zu erkunden. Mit Reisegepäck erschien uns das dann doch etwas zu mühselig (und wir hätten nur mit Nahverkehrszügen fahren können). Wahrscheinlich werden wir uns jetzt vor Ort Räder ausleihen. Auf jeden Fall ist Entspannen, im See Plantschen und die eine oder andere (Rad-)Wanderung angesagt. Und natürlich auch der eine oder andere Ausflug (z.B. nach Frankfurt (Oder)). Schön ist es auf jeden Fall, dass auch unser große Sohn immer noch Lust dazu hat, mit seinen alten Eltern gemeinsam Urlaub zu machen. Nun denn, Brandenburg wir kommen!

The Chieftains featuring Ry Cooder: San Patricio

Was hat Mexiko und Irland musikalisch gemeinsam? Auf dem ersten ‚Blick’ dürfte das nur sehr wenig sein. Aber da gibt es eine musikalische ‚Reise’, die die irische Folkband The Chieftains im Zusammenhang mit Ry Cooder unternommen hat, die mir komischerweise fast durch die Lappen gegangen wäre: San Patricio heißt die CD, auch mit DVD (The Making of San Patricio (documentary)) San Patricio [Deluxe Edition] erhältlich.

Hierbei handelt es sich um „Geschichtsunterricht auf musikalischem Wege und präsentiert sich nie trocken oder gar altbacken: Gitarren-Altmeister Ry Cooder und die Irish Folk-Gruppierung ‚The Chieftains’ haben sich zusammen gefunden, um ein besonderes Kapitel des mexikanisch-amerikanischen Krieges (1846-48) zu erzählen.

Dieser ungewöhnliche Hintergrund mündet in ein ebenso ungewöhnliches Album: sehr reizvoll gestalten sich die musikalischen Kontraste zwischen irischem Folk und typischer mexikanischer Volksmusik.

Irische Sounds zu einer mexikanisch-amerikanischen Kriegsgeschichte? Dazu kurz der Hintergrund: ein amerikanisches Bataillon unter dem Kommando von Captain John Riley ist von der Rechtmäßigkeit des US-Angriffs auf Mexiko nicht überzeugt und wechselt die Front. Diese Truppe besteht größtenteils aus Einwanderen irischer Herkunft, ergänzt von anderen Randgruppen wie Schotten, Polen und Deutschen. Die als ‚San Patricios‘ [nach St. Patrick, dem irischen Nationalheiligen] bezeichneten Männer gelten in mexikanischen Augen noch immer als gefeierte Helden im Kampf gegen einen ungerechtfertigten Überfall. Amerika hingegen bezeichnet den verwegenen Haufen bis heute als Verräter und Deserteure.

Diese Story fasziniert Chieftains-Chef Paddy Moloney von jeher. Ry Cooder gilt als Experte für die mexikanische Musikszene. Eine gemeinsame Zusammenarbeit bot sich also geradezu an. Dabei vermengen sie traditionelles Material mit eigens komponierten Songs, dargeboten von einer ganzen Reihe Musiker verschiedenster Nationalitäten. Das alles macht ‚San Patricio’ zu einem spannenden Schmelztiegel mit besonderer Dramaturgie. Mit Sängerin Linda Ronstadt ist ein weiterer gestandener Gaststar dabei. Sie liefert auf ‚A La Orilla De Un Palmar’ einen eindrucksvollen Auftritt ab. Ry Cooder brilliert auf ‚The Sands Of Mexico’.


The Sands Of Mexico / The Chieftains Feat. Ry Cooder

Der Zuhörer begibt sich auf eine aufregende Reise: Nach einigen fröhlich anmutenden Songs, in dem die Musiker mexikanische und irische Elemente miteinander verweben, schleicht sich immer mehr die Ahnung einer nahenden Katastrophe ein. Marschtrommeln unterlegen ‚March To Battle (Across The Rio Grande)’. Trotz des lauernden Krieges ist die Stimmung dennoch zumeist hoffnungsvoll und verspielt, mitunter gar heroisch. Dem stehen die mit bewusst konträr gesetzter Nachdenklichkeit gesprochenen Parts gegenüber, für die Schauspieler Liam Neeson gewonnen werden konnte.

Musikalisch kommt hier kein Einheitsbrei heraus, ganz im Gegenteil: der Mariachi harmoniert prächtig mit irischer Lebensfreude, Dudelsäcke und Flöten begleiten mexikanische Tänze. Das ist kein gesichtsloses und vordergründiges Multi-Kulti, sondern eine ehrliche Umarmung zwischen verschiedensten Kulturen. Paddy Moloney über ‚San Patricio’: ‚In diesen Geschichten geht es weniger um Schlachten und Grenzen, als vielmehr um so zeitlose Themen wie Liebe, Verlust und Träume von besseren Zeiten’. Und das gelingt den beteiligten Künstlern auf eindrucksvolle, nachhaltige Weise mitsamt der ewig gültigen Botschaft von der Sinnlosigkeit und des Wahnsinns eines Krieges.“ (Quelle: laut.de)


San Patricio EPK (elektronische Pressemappe) mit spanischen Untertiteln – The Chieftains feat. Ry Cooder

Ry Cooder, dem Weltenbummler in Sachen Musik, schaffte mit der Gruppe The Chieftains, die auch schon immer einmal die Grenzen des Irish Folk überschritten haben, ein außergewöhnliches Album, das mexikanische und irische Musik auf besondere Weise zusammenbringt. Wer sich dem öffnet, dem steht ein großartiger Musikgenuss bevor.

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Wenn der Puyehue spuckt

Ausbrüche von Vulkanen sind ein beeindruckendes Naturschauspiel. Erst vor kurzem gab es wieder einmal einen solchen Vulkanausbruch auf Island. Seit dem Wochenende hat sich nun auch in Chile der Puyehue-Cordon Caulle nach über 50 Jahren ‚zurückgemeldet’.

„In den ersten zwölf Stunden des Ausbruchs am Samstag waren in der Folge durchschnittlich 240 Erdstöße pro Stunde gemessen worden. Eruptionen von Vulkanen bringen oftmals – wie auch hier geschehen – elektrische geladene Luftströme hervor, die gewaltige Gewitterstürme auslösen und so dem Naturereignis eine besondere Dramatik verleihen.“ (Quelle: welt.de)

Auf der Website der britischen Daily Mail gibt es einige wirklich außergewöhnliche Fotos vom diesem Naturspektakel: dailymail.co.uk

Spektakulär: Ein Zeitraffer-Foto zeigt Blitze rund um den markanten Puyehue-Cordon Caulle-Vulkan
Spektakulär: Ein Zeitraffer-Foto zeigt Blitze rund um den markanten Puyehue-Cordon Caulle-Vulkan

Nachtrag: Auch Zeit Online zeigt diese und andere spektakulären Fotos samt ausführlichem Bericht.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf denen Blog im Netz verweisen, der sich eingehend mit Vulkanen beschäftigt: vulkane.net/blogmobil