Russische Wochen (4) – Michael Bulgakow: Meister und Margarita

Komme ich zum vorerst letzten von mir gelesenem Buch meiner ‚russischen Wochen‘. Es ist ein Geschenk meines ältesten Sohnes und seiner Freundin, die russisch und vor allem weißrussisch als Muttersprache spricht, zum Vatertag. Der Autor, Michail Bulgakow, ist zwar in Kiew geboren, der heutigen Hauptstadt der Ukraine (bei seiner Geburt gehörte Kiew zum russischen Kaiserreich), er schrieb aber in russischer Sprache und gilt als einer der großen Satiriker der russischen Literatur. Seinen aberwitzigen Roman „Das hündische Herz“ habe ich bereits kurz vorgestellt. Heute geht es um sein Meisterwerk, an dem er zwölf Jahre (bis zu seinem Tode 1940 im Alter von 48 Jahren) schrieb: Meister und Margarita (dtv14301, vollständige Ausgabe 2014 – 7. Auflage 2019 – Мастер и Маргарита [Master i Margarita], 1966 – neu übersetzt und kommentiert von Alexander Nitzberg – mit einem Nachwort von Filicitas Hoppe).

Michael Bulgakow: Meister und Margarita
Michael Bulgakow: Meister und Margarita

Michail Afanassjewitsch Bulgakow, geboren am 15. Mai 1891 in Kiew, studierte Medizin, war Autor, Dramatiker, Übersetzer und Theaterregisseur. Berühmt wurden seine Romane und Erzählungen sowie seine Theaterstücke. Ab 1930 wurden die Werke Bulgakows in der Sowjetunion nicht mehr veröffentlicht. Der Schriftsteller stellte mehrfach Ausreiseanträge, die ihm jedoch verwehrt wurden.

Moskau um 1930: Zusammen mit seinen Gehilfen geht der Teufel um und wirbelt die Stadt mächtig durcheinander. Im Varietétheater richten sie ein heilloses Chaos an und stellen das Publikum – Bürger der Stalinzeit – mit all ihren Schwächen bloß. Die Behörden scheitern kläglich mit rationalen Erklärungsversuchen. Nur zwei Personen entgehen Schreck und Unbill: Der Meister – ein Schriftsteller, der seine Tage in der Psychiatrie zubringt – und Margarita, seine Geliebte, die sich in ihrem gutbürgerlichen Leben nach ihm sehnt.
Bulgakows Meisterwerk in der frischen und poetischen Neuübersetzung von Alexander Nitzberg ist eine auch heute noch hochpolitische Gesellschaftssatire – grotesk, aberwitzig und skurril: einer der schönsten Klassiker der Moderne.
(aus dem Klappentext)

Der Roman schildert in einer allegorischen und witzigen, satirischen Weise das Leben in Moskau zu dieser Zeit. Viele Kritiker zählen den Roman zu den wichtigsten russischen Erzählungen des 20. Jahrhunderts und halten ihn für eine der besten Satiren der Zeit, gerichtet gegen die starre, von Willkür geprägte Bürokratie sowie die Überwachungspraktiken und die Versorgungsengpässe in der dogmatisch atheistischen Sowjetunion.

Das zweite Hauptthema des Romans ist mit den menschlichen Werten wie Gut und Böse, Gott und Teufel, Leben und Tod verbunden. Die Erlösung aller Beteiligten, deren freiwilliges Werkzeug auch der Teufel ist, steht hierbei im Mittelpunkt. Einige Kapitel enthalten eine auf historische Glaubwürdigkeit bedachte Erzählung über Pontius Pilatus während der letzten Tage Jesu Christi, der in der Erzählung mit seinem hebräischen Namen Jeschua genannt wird.

Aus beiden Handlungssträngen ergibt sich das dritte Hauptthema: Keine größere Sünde als die Feigheit. Keiner der Moskauer Beteiligten ist wirklich bereit, sich der höheren Macht – teils der Staatsmacht, teils der des Satans (in Gestalt des Zauberkünstlers Voland) – zu stellen. Auch Pontius Pilatus verzichtet angesichts der Konsequenzen auf die Freilassung Jeschuas.
Ein weiteres Thema des Romans ist das des Künstlers und der Kunst.

Die Figuren des Romans

Keine Frage: Es ist ein herrlich skurriles Buch, das auch heute noch Bestand hat und uns tief in die russische Seele blicken lässt – nicht nur der Stalinzeit, sondern auch der Putin-Ära. Nicht umsonst hat der Roman jede Menge Adaptionen erfahren, wurde verfilmt, kam als Hörspiele heraus oder wurde in diversen Theaterausführungen verarbeitet.

„Es ist an der Zeit, Bulgakows Werk als große epische Dichtung zu entdecken – dafür hat Nitzberg den Weg freigemacht … man muss sich Satz und Satz auf der Zunge zergehen lassen.“ ‚BuchMarkt‘

„Sensationell! Kongenial!“ Felicitas von Lovenberg in ‚Literatur im Foyer‘

Mit diesem Roman enden für mich erst einmal die ‚russischen Wochen‘. Ich kann Bulgakow, aber natürlich auch die Werke Dostojewskis (und der vielen anderen russischen Autoren) nur wärmstens empfehlen. Jetzt in der Urlaubszeit sollte genügend Muße zum Lesen vorhanden sein.

siehe auch:
Russische Wochen (1) – Tschingis Aitmatow: Frühe Kraniche
Russische Wochen (2) – Michael Bulgakow: Das hündische Herz
Russische Wochen (3) – Fjodor M. Dostojewski: Die Dämonen

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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