Kategorie-Archiv: Machtgier

Frustrierendes aus Politik und Wirtschaft

Datenklau und Entschädigung für Steuersünder

Geht es den Steuerkriminellen endlich an den Kragen? Immer wieder werden in Deutschland der öffentlichen Hand Schweizer Steuersünder-Daten angeboten, die Steuerhinterziehungen in der Größenordnung von vielen 100 Millionen Euro belegen. Wie es aussieht, werden die nicht gerade legal zusammengestellten Daten gekauft. Damit begeben sich einige Landesregierungen auf Glatteis, denn die Frage, ob es rechtens ist, solche Daten gegen Entgelt zu erwerben (welches immerhin auch aus Steuergeldern stammt), ist bisher ungenügend beantwortet.

Geld, Geld ...

Über den Bundesnachrichtendienst sind schon einmal Daten von Steuerkriminellen, die im Fürstentum Liechtenstein ihre Schwarzgelder gebunkert haben, für satte 4,5 Millionen Euro ‚erworben’ worden. Jetzt muss eine Liechtensteiner Bank einem deutschen Steuersünder angeblich 7,3 Millionen Euro Entschädigung zahlen – weil zu spät über den Datenklau informiert worden. Hätten die Liechtensteiner sie unverzüglich informiert, hätten sie sich selbst beim deutschen Fiskus anzeigen oder von einer zeitweiligen Amnestie profitieren können. Dadurch wären sie mit geringeren Geldstrafen weggekommen, als dies nach ihrer Enttarnung der Fall ist.

Das setzt dem Ganzen natürlich die Krone auf. Andererseits verbirgt sich hier möglicherweise die Lösung der ganzen Steuerhinterzieherproblematik. Vielleicht rücken Schweizer und Liechtensteiner zukünftig freiwillig mit solchen Daten heraus (natürlich nach vorheriger Information der betroffenen Kunden), um ähnliche Entschädigungsforderungen zu vermeiden. Und ‚Kunden’ dieser Art werden es sich überlegen, um es dann noch Sinn macht, Gelder über Umwege ins Ausland zu transferieren, wenn die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass dieses der Steuerfahndung in Deutschland bekannt wird.

Siehe zdf.de: Vaduzer Bank soll deutschen Steuersünder entschädigen

Günther kann alles, außer …

In Baden-Württemberg kann man bekanntlich alles, außer Hochdeutsch … Nachdem sich bereits unser noch ziemlich neue Außenminister, der Guido Westerwelle, als wenig glänzende Englischsprechkoryphäe präsentiert hat, beweist auch Günther Oettinger, seines Zeichen Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg und nominiertes Mitglied der Europäischen Kommission (Kommission Barroso II) – dank Frau Merkel aus Stuttgart nach Brüssel weggelobt -, das Englisch nicht jedermanns Sache ist. Peinlich dabei ist, dass er zuvor immer wieder gefordert hat, Englisch müsse die Arbeitssprache werden („Deutsch bleibt die Sprache der Familie und der Freizeit, die Sprache, in der man Privates liest“). Oettinger ist jetzt also die Sprache Deutschlands in Europa? Danke, Frau Merkel: Schlimmer geht’s nimmer (oder doch?)!“


Oettinger talking English

Erich Fromm: Haben oder Sein

Im Gemeindeblatt unserer Evangelisch-lutherischen Johannesgemeinde in Tostedt schrieb Pastor Gerald Meier zum Thema: „Geld und Glaube“ einen Beitrag: Haben oder Sein – Der Mensch zwischen zwei Existenzweisen. Grundlage seiner literarische Erkundung war das Buch Haben oder Sein: Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft – Stuttgart – Deutsche Verlags-Anstalt 1979 (1976) von Erich Fromm.

Gerald Meier schreibt: Zunächst war ich überrascht, wie aktuell dieses Buch auch nach über 30 Jahren noch ist, denn schon damals waren die globalen Probleme erkannt, die sich nunmehr dramatisch zugespitzt haben: die zunehmende Aufspaltung der Völker in arm und Reich, der Klimawandel und der drohende Kampf um sich verringernde Rohstoffe. All diese Probleme sieht Erich Fromm letztlich begründet in der Ausrichtung des modernen Menschen auf die Existenzweise des Habens. Dieser gegenüber stellt er die Existenzweise des Seins, die er weitestgehend auch in der christlichen Tradition verkündet sieht.

Die Existenzweise des Habens ist nach Fromm die vorherrschende Form menschlichen Erlebens geworden. Sie beruht auf der Unsicherheit und Unverfügbarkeit allen Lebens und strebt durch die Aneignung materieller Dinge Sicherheit, Überlegenheit und Macht an, um der Unsicherheit zu entgehen. …

Ein Leben nach den Prinzipien des Seins verspricht eine ganz andere innere Ausrichtung. Sich richtet sich nicht lebenszerstörend am Status des Habens und Besitzens aus, sondern vorrangig an lebendigen Beziehungen. „Sein bezieht sich auf Erlebnisse“ und will die „Schranken des Getrenntseins“ überwinden. … Der Mensch … kann zum Wohl anderer handeln, wenn er erkannt hat, dass auch sein individuelles Wohlergehen vom Ergehen der Gemeinschaft abhängt.

Erich Fromm

Mit Erich Fromm habe ich mich selbst ausführlicher beschäftigt. Sein Buch „Haben oder Sein“ las ich vor dreißig Jahren zum ersten Mal. Erich Fromm bekanntestes Buch ist ohne Zweifel Die Kunst des Liebens. Allein die Veröffentlichung dieses kleinen Büchleins 1956 sorgte nicht nur in der Fachwelt für Aufsehen, sondern erreichte bis heute weltweit eine Auflage von über 25 Mio. und war z.B. in Deutschland (in den 80-er Jahren) Monate lang auf der Bestsellerliste.

Sehr aufschlussreich ist auch seine Anatomie der menschlichen Destruktivität. In den 70-er Jahren hatte sich Fromm aus psychoanalytische Sicht mit den Managern des Todes (Hitler und Heinrich Himmler) eingehend beschäftigt (siehe meinen Beitrag: Bestie Mensch).

Haben und Sein ist eine empirische psychologische und soziologische Analyse der Existenzweisen (sowohl individuell als auch gesellschaftlich) des Habens und des Seins und führt Ansätze von Fromms früheren Arbeiten fort. Es ist im humanistischen Geist geschrieben und stellenweise – verfasst ein Jahrzehnt vor Glasnost und Perestroika – vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und insbesondere der Gefahr eines Atomkrieges (Kubakrise etc.) zu verstehen. Ersetzt man die von Fromm verwendeten und für die damalige Zeit aktuellen maschinenfixierten Beispiele durch computerfixierte, so ist das Werk zum größten Teil noch immer hochaktuell.

Die These dieses wichtigen Buches ist, dass zwei Arten der Existenz um die Seele des Menschen streiten: Der Modus des Habens, der sich auf materiellen Besitz konzentriert, auf Gewinnsucht, Macht, Aggression und der Gier, Neid und Gewalt verursacht; und der Modus des Seins, der sich auf Liebe gründet, auf die Lust zu teilen und sich in wesentlicher, nicht verschwenderischer, sondern schöpferischer Tätigkeit ausdrückt. Fromm stellt fest, dass der Habenmodus mit seiner aggressiven, espansionistischen Wachstumsmoral seit dem Mittelalter das Übergewicht hat und jetzt die Welt an den Abgrund des psychologischen und ökonomischen Ruins bringt. In diesem Buch entwirft er das Programm eines gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels, den Gegenkurs zu der Fahrt in die Katastrophe. Seine Hoffnung setzt er darauf, dass viele Züge des Seinsmodus fortleben und die Menschen zunehmend der Leere ihres aufs Haben gerichteten Lebens gewahr werden und eine Welt ersehnen, die sie für kaum erreichbar halten, eine Welt der Liebe und Teilnahme.

Eigentlich sollte man dieses Buch jedem angehenden Banker und Industriemanager zur Pflichtlektüre machen. Auch wenn die meisten von diesen nur ein müdes Lächeln zeigen werden, so wäre es schon als Erfolg zu werten, wenn wenigstens der eine oder andere von ihnen etwas nachdenklicher würde.

(Fast) unterschlagene Beiträge – Teil 20

Fußball zwischen Krieg und Betrug

Die letzten Fahrkarten zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika sind vergeben. Dabei gestaltete sich das Duell zwischen Algerien gegen Ägypten zu einem Fußballkrieg. Am Ende gewannen dann doch die Algerier in einem Entscheidungsspiel im Sudan mit 1:0.

Die Franzosen, nur Gruppenzweiter bei der Qualifikation mussten in die Relegation gegen Irland. Man gewann zwar 0:1 in Dublin, aber zu Hause im Stade de France in St. Denis spielten die Franzosen desolat und verdankten es ihrem Torwart, dass es nach 90 Minuten nur 1:0 für die Iren hieß. In der Verlängerung dann doch das Tor für Frankreich – dem ein Handspiel durch Frankreichs Thierry Henry voranging. Der Treffer hätte nie gegeben werden dürfen.


Thierry Henry’s Hand Of God

Überraschend schaffte es Griechenland durch einen 1:0-Sieg in der Ukraine doch noch, das Ticket für Südafrika zu lösen. Otto Rehhagel, dem man als Trainer bereits den Abschied nahe lege, wird wieder wie ein Gott gefeiert. Hier die 32 Teams, die nach Südafrika fahren. Die Auslosung der Vorrundengruppen findet übrigens am 4. Dezember statt.

Konzerne heben Strompreise kräftig an

Laut Verbraucherportal Verivox wollen 40 Anbieter die Gebühren erhöhen – EWE lässt sie sogar um 14 Prozent steigen. Schuld daran seien die erneuerbaren Energien. Fadenscheinige Argumente – siehe Video

Tostedt: Strom durch Windkraft

Schavan und die Studentenproteste

Jeder Tag ist gleich, alles wiederholt sich. Nun also gehen wieder Tausende Studierende auf die Straße – und wieder flüchtet sich Bundesministerin Schavan in Symbolpolitik. Scheinheilig!

Guttenberg und Westerwelle im Wettstreit

Zu Guttenberg hat sich schon früher, als er noch Wirtschaftsminister war, als Außenpolitiker bezeichnet, als Transatlantiker. Westerwelle dagegen zeigt sich weiterhin verbal wie körpersprachlich reichlich unbeholfen.

Entsteht eine neue APO?

Aus der spontanen Aktion einiger Wiener Kunststudenten entwickelte sich binnen Tagen eine landesweite Protestwelle und überrollte die Politiker, die weiterhin ratlos den Problemen gegenüberstehen: In Österreich ‚brennen’ die Unis!

Die Uni brennt!

Und ähnlich wie 1968, als die Studentenbewegung von den USA ausging und sich in Deutschland eine Außerparlamentarische Opposition (APO) formierte, so breitet sich der Uni-Streik inzwischen auch bis zu uns aus.

Der Frust der Studenten ist groß. Die Studenten haben die Nase voll von überfüllten Seminaren und Hörsälen, von zu wenig Professoren, von chronisch unterfinanzierten Unis, Frontalunterricht und Leistungsdruck. Und dafür zahlen sie mancherorts auch noch Studiengebühren.

Und noch ein wesentliches Problem besteht: Es geht um die Umsetzung der so genannten Bologna-Reform – also die Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse. „Die Anzahl der Prüfungen ist hoch, sämtliche Noten gehen in den Abschluss rein. Erst einmal ins Studium reinschnuppern, das Studieren lernen – das geht nicht mehr.“ Der Studienplan sei hochgradig verschult. Nebenbei noch Geld fürs Studium zu verdienen, das sei schwer, wird beklagt.

Selbst der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Strohschneider, kritisiert „handwerkliche Fehler“ bei der Einführung der Bachelor-Studiengänge. Die Studienreform sei zu einseitig auf die Verkürzung von Studienzeiten ausgerichtet.

Der Widerstand der Studenten gegen Missstände im Bildungswesen soll nach dem Willen der Organisatoren heute einen Höhepunkt erreichen. Allein in Berlin und Köln erwarten sie jeweils 5000 Demonstranten. In Freiburg, Stuttgart und Tübingen besetzten Studenten in der Nacht Hörsäle. Nicht nur Deutschland steht heute im Zeichen des Bildungsstreiks – in Österreich und Frankreich sind ebenfalls Proteste geplant.

Entsteht jetzt eine neue APO? Ich glaube das nicht. Die Bedingungen sind heute andere als vor über 40 Jahren. Damals kamen viele weitere Gründe hinzu (Vietnamkrieg, Aufarbeitung des Konfliktes zwischen Kriegs- und Nachkriegsgeneration), die vor allem zur Politisierung der Studenten führte. Heute geht es im Wesentlichen um die Verbesserung der Studienbedingungen. Jetzt ist die Politik gefragt. Sollte diese versagen, dann könnte der heutige Protest der Hochschüler allerdings sehr schnell militante Ausmaße annehmen, die der Studentenbewegung von 1968 ähnlich kommt. Dann könnte es mehr als ein Slogan sein: Die Uni brennt!

Wie konnte es geschehen?

Wo soll ich noch nach weiteren Irrtümern und Fehlern suchen, die unsere jetzige Lage mit erklären können? Wir haben unsere Gegner unterschätzt und uns überschätzt. Darin liegt die Ursache unseres Untergangs. Ich aber spreche mich nach diesem Rückblick über Aufstieg und Ende unserer Partei von der Schuld frei, in meinem Gebiet der Propaganda etwas versäumt zu haben, das dieses Ende hätte verhindern können. Die einzige Waffe, die bis zum Augenblick scharf und kriegsfördernd geblieben ist, ist unsere Propaganda. Ich habe sie, d.h. die Kunst, glaubhaft zu lügen, zu einer Großmacht entwickelt. Denn wenn selbst jetzt noch breite Massen an eine Wendung zu unseren Gunsten glauben, wenn angesichts der Feinde vor Berlin und des Anflutens der feindlichen Massen von Westen her die Hoffnung auf unseren Sieg noch lebt, dann ist das der beste Beweis für die Macht einer modernen Propaganda, die der Masse alles einreden kann, selbst den Sieg in einer so hoffnungslosen Lage.

Ich gestehe, daß es mich mit Lust erfüllt hat, dieses Instrument der Massenführung zu benutzen, daß es mein Ehrgeiz war, so meisterhaft und wirkungsvoll zu lügen, daß selbst die Wahrheit das Feld räumen mußte, daß es ein köstliches Gefühl war, Macht zu besitzen und einem Volke das Gesicht zu geben, das allein von dem Gesetz meiner Lehrmeister geformt wurde: der Zweck heiligt die Mittel.

Das sind zwei Absätze aus dem Schluss eines Buches mit dem Titel: Wie konnte es geschehen?, das 1945 im Verlag Das Volk Berlin erschien und von Max Fechner herausgegeben wurde. Max Fechner (* 27. Juli 1892 in Berlin; † 13. September 1973 in Schöneiche) war später Minister für Justiz der DDR.

Der Untertitel zu diesem Buch lautet: Auszüge aus den Tagebüchern und Bekenntnissen eines Kriegsverbrechers – gemeint ist Joseph Goebbels. Goebbels war einer der führende Köpfe des Nationalsozialismus und Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda (Goebbels selbst war übrigens nicht glücklich über diese Bezeichnung; sie war ihm zu offenkundig. Hitler bestand aber auf diesen Namen).

Das kleine Buch lieh mir mein Nachbar, der pensionierte Pastor Otto K. („Otto find ich gut!“), nach einem ausführlichen Gespräch über Flucht und Vertreibung während des 2. Weltkrieges. Meine Frau und ich treffen uns öfter zum Kaffee mit Otto und seiner Lebenspartnerin. Es sind immer wieder anregende Gespräche, die wir führen.

Die in diesem Buch veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen scheinen tatsächlich von Goebbels zu sein. Die enthaltenen Bekenntnisse sind aber wohl doch nur fiktiv. Das Buch ist 1945 im Osten Deutschlands erschienen und diente wohl der Propaganda der Sowjets, um den Menschen zu verdeutlichen, welchem sadistischen Regime sie erlegen waren.

Goebbels' Sportpalastrede 1943: Wollt Ihr den totalen Krieg?

Propaganda gegen Propaganda? Sicherlich. Ich habe die Tagebücher des Joseph Goebbels nie gelesen. Aber es ist bestimmt hoch interessant, aus dem Munde der Täter selbst zu erfahren, was sie dachten, was sie veranlasste, diesen menschenverachtenden Apparat zu installieren. Wie kein anderes Regime zuvor (und wohl auch danach) setzten die Nationalsozialisten auf Propaganda. Mit dem Radio, dem Volksempfänger (im Volksmund ‚Goebbelsschnauze’ genannt), hatten die Nazis ein Gerät, mit dem sie bis in die Wohnzimmer der Mitmenschen agitieren konnten. Und wie kein anderer verstand es Goebbels, seine Reden schlicht, aber einprägsam zu formulieren. Höhepunkt und Paradebeispiel der Rhetorik und der Propaganda ist die Rede vom 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast, in der er zum „Totalen Krieg“ aufrief. Für uns ist es heute kaum nachvollziehbar, wie hier ein Mann eine Masse zur ‚totalen’ Aufgabe ihres Denkens bringen konnte.

Nun das Buch enthält weitere aufschlussreiche Hinweise zum Aufstieg des Nationalsozialismus. Für das Großkapital entwickelte es sich im Jahr 1933 zu einem Zweikampf zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten, eigentlich ein Kampf in und um die Arbeiterschaft. Das Bürgertum schien auf der Strecke zu bleiben. Hier nun verstand es Hitler, Großbürgertum und Industrie zu beruhigen und damit auf seine Seite zu bringen. Es wurde ein fast völlig autarker Binnenmarkt geschaffen, der auf Rüstung setzte und damit dem Großkapital Geld und den Massen Arbeit verschaffte. Nach außen hin war die deutsche Reichsmark nur wenig wert – aber wen interessierte das schon. Alles war auf Krieg ausgerichtet. Der Beginn des 2. Weltkrieges war dann nur noch die logische Konsequenz.

Interessant ist dabei, wie die Nationalsozialisten, besonders aber Hitler, auf ihre eigene Propaganda hereingefallen sind. Je mehr Goebbels davon sprach, dass Hitler von der Vorsehung gesandt sei, um so mehr glaubte man das dann selbst. Und in diesem Glauben begann man, den Gegner, besonders Russland, zu unterschätzen. Ein verhängnisvoller Fehler, wie wir wissen. Die Schlacht um Stalingrad markierte dann den Anfang vom Ende.

siehe hierzu auch meinen Beitrag: Bestie Mensch

Als die Mauer fiel

Zwanzig Jahre ist es jetzt wieder her, als die Berliner Mauer fiel. Ich hatte kurze Zeit zuvor einen neuen Job angetreten, einen befristeten Aushilfsjob, der später dann eine Festanstellung wurde. Natürlich bekam ich die Ereignisse in der DDR mit, die Montagsdemonstrationen, die dem SED-Regime kundtaten: „Wir sind das Volk!“ Gorbatschow lenkte seit dem 11. März 1985 als Generalsekretär der KPdSU die Geschicke der Sowjetunion und sorgte mit Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umstrukturierung) für einen schnellen Wandel. In Ost-Berlin wollte man davon zunächst nichts wissen und feierte dafür mit großen Aufmarsch den 40. Jahretag der Staatsgründung der DDR.


Vor 20 Jahren: Der Fall der Berliner Mauer

Um so überraschender dann die Meldung, dass die Grenzen zum Westen geöffnet werden. Ich hörte davon im Radio auf der Arbeit in Hamburg. Zuhause verfolgten wir die weiteren Ereignisse dann im Fernsehen. Der 9. November 1989 war ein Donnerstag – und einen Tag später fuhr ein Trabi Wartburg aus der Gegend von Meißen in Tostedt vor mit Verwandten meiner späteren Frau (eine entfernte Cousine mit ihrem Mann und ein Onkel). Diese hatten einfach frei genommen und waren mit dem Auto losgefahren. Sie hatten sich am Vortag angekündigt – und ich war mit meiner späteren Frau am Samstagmorgen nach Tostedt mit der Bahn angereist. Eigentlich kannten wir sie nicht näher, aber wir fielen uns in die Arme wie Geliebte, die sich lange nicht mehr gesehen haben. Es war eine Triumphfahrt durch Tostedt mit dem Wartburg, alle Leute winkten uns zu. So etwas hatte ich bisher noch nicht erlebt.

Den Jahreswechsel von 1989 auf 1990 feierten wir dann bei dem jungen Paar in Sachsen. Dazu flogen wir von Hamburg aus mit der DDR-Fluggesellschaft Interflug nach Dresden, wo uns die Verwandten abholten. Es wurde ein feucht-fröhlicher Jahreswechsel.

Siehe auch zdf.de: Wo warst du, als die Mauer fiel? (mit Facebook-Posts)

Bald nach dem 9. November wurde aus dem Ruf „Wir sind das Volk!“ ein „Wir sind ein Volk!“. Nur war ein Wort anders, aber mit großer Wirkung, wie wir heute wissen.

Westerwelle speaking

Für einen deutschen Bundesaußenminister ist es sicherlich hilfreich, wenn er mehrere Sprachen, zumindest die englische Sprache, fließend beherrscht. Unser Neuer, der Guido Westerwelle, obwohl ansonsten mit einer großen Klappe gesegnet, scheint was Fremdsprachen betrifft nicht allzu viel drauf zu haben.

Zunächst: Bei seiner ersten Pressekonferenz nach der Wahl hat sich Guido Westerwelle geweigert, eine Frage auf Englisch zu beantworten. Eigentlich wollte der BBC-Reporter nur wissen, wie sich die deutsche Außenpolitik unter einem künftigen Außenminister Westerwelle ändern werde. Es hatte schon etwas Peinliches an sich, wie Westerwelle hier herumdruckste.

Es war der wenige Schlaf, der Herrn Westerwelle „scharfkantig“ werden ließ. Demnächst gibt er also seine Antworten auf Latein. Aber wie steht es nun wirklich um die Englisch-Kenntnisse unseres neuen Außenministers?


Westerwelle About Dynamic And The „Aufschwung“ In English

Darf man sich angesichts solcher bescheidener Sprachversuche wundern, wenn über Westerwelle speaking gelästert wird? SWR3 Comedy lässt uns lauschen, wie Westerwelle Englisch lernt.

Wie ich anfangs schrieb, wäre es sinnvoll für einen Außenminister, Fremdsprachen zu beherrschen, es ist aber nicht unabdingbar ‚Voraussetzung’ – wie z.B. Genscher zeigte (hören ließ). Aber dieses Herumgedruckse und diese bescheidenen Englischsprechversuche sollte er dann in der Öffentlichkeit unterlassen. Sonst blamiert er sich nicht nur selbst, sondern ganz Deutschland. Was ich übrigens nicht so ganz verstehe: Westerwelle ist ja nun an sein Ziel angekommen und übernimmt Regierungsverantwortung mit seiner FDP. Hätte er sich da nicht auf sein angepeiltes Amt als Außenminister etwas gründlicher vorbereiten können? Englisch lernen? Ähnlich wie Lafontaine und Stoiber, so denke ich, wird er schon bald das Handtuch werfen. Als Politclown und Schönredner war es sicherlich nicht ‚schlecht’, aber in Amt und Würden versagt er bereits jetzt schon.

Arbeiten bis zum Umfallen?

Unter dem Motto „Wachstum. Bildung. Zusammenhalt.“ haben CDU/CSU und FDP ihren Koalitionsvertrag (hier der Entwurf als PDF -> Download) gestellt, der, wer hätte anderes erwartet, in vielen Punkten eine Kehrtwendung bisheriger Politik bedeutet.

Klar ist: Die Laufzeiten der „sicheren“ Atomkraftwerke werden verlängert. Für die Solarenergie einigten sich Union und FDP dagegen auf Kürzungen der Förderung bei großen Anlagen auf Freiflächen. Atomenergie als „Brückentechnologie“ für was?

Die Pflegeversicherung wird – so oder so – teurer. Und auch die Krankenversicherung wird über kurz oder lang teurer werden (Der Gesundheitsfonds soll vorerst erhalten bleiben – bis ein neues System installiert wird. Es sollen einkommensunabhängige Pauschalen für die Versicherten ab 2011 eingeführt werden). Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte soll vorerst gestoppt werden.

Dafür soll die Einkommensteuer ab 2011 durch mehrere Veränderungen im Tarifsystem sinken – und damit für Bürger und Unternehmen bis 2013 Steuerentlastungen von 24 Milliarden Euro ergeben. Was bleibt aber davon am Ende netto im Geldbeutel?

Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag sollen erhöht werden. Und ab 2013 ist zudem ein Betreuungsgeld in Höhe von 150 € geplant. Geplant ist zudem ein nationales Stipendienprogramm von Bund und Ländern. Die leistungsstärksten Studenten (bis zu 10 % der Studierenden) sollen unabhängig vom Einkommen der Eltern mit monatlich 300 Euro gefördert werden.

In puncto Sicherheit und Internet: Für die heimliche Online-Durchsuchung des Bundeskriminalamtes soll es künftig höhere Hürden geben. Auch soll Löschen statt Sperren bei Kinderpornografie im Netz Vorrang haben.

Für mich als „älteren Arbeitnehmer“ ist besonderst der Punkt 3.3 des Vertrages interessant. Dahin heißt es:

Wir streben eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung vor allem von Älteren und Frauen an und ermutigen zu mehr Bildungs- und Weiterbildungsanstrengungen. Staatliche Anreize zur faktischen Frühverrentung werden wir beseitigen. Eine Verlängerung der staatlich geförderten Altersteilzeit (ATG) über den 31. Dezember 2009 hinaus lehnen wir daher ab.

Rente ist kein Almosen. Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, der hat auch einen Anspruch auf eine gute Rente. Damit dies auch in Zukunft gewährleistet ist, wollen wir wegen des demographischen Wandels die Voraussetzungen für eine längere Teilhabe Älterer am Erwerbsleben verbessern.

Die überwiegende Mehrheit der Bürger ist bis ins hohe Alter körperlich und geistig fit. Ihre Bereitschaft sich zu engagieren und zu beteiligen möchten wir fördern. Wir wollen die Kenntnisse, Kompetenzen und Kreativität älterer Menschen für unsere Gesellschaft nutzen. Wir lehnen daher jegliche Form der Altersdiskriminierung ab und werden den Wegfall der beruflichen Altersgrenzen prüfen.

Hehre Worte, die aber nur eines heißen: Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis …? Bis zum Umfallen vielleicht? Dass Rente kein Almosen ist, dies ausdrücklich zu erwähnen ist schon ein Affront für sich gegenüber von Rentenempfängern (und die es in absehbarer Zeit werden wollen).

Hier die Vorhaben der neuen Bundesregierung im Übersicht: zdf.de: Koalitionskompromisse: Das plant Schwarz-Gelb. Alles im Koalitionsvertrag ist meist euphemistisch beschrieben – Ziele, deren Überprüfung in der Zukunft dem Wähler anheim gestellt sind. Für mich ist dieser Vertrag bereits jetzt ein unausgegorenes Konglomerat von kaum zu realisierenden Absichten. Erstaunlich bleibt dabei für mich, wie man in so wenigen Tagen so schnell Kompromisse aus dem Hut zaubern kann, sodass dieser Koalitionsvertrag am Ende die vielen Handschriften an sich widersprechender Weltanschauungen tragen kann. Man tut eben einiges, um die Macht zu erlangen.

hier eine Übersicht der neuen Bundesminister – bei zdf.de als Bilderserie

Bundestagswahl 2014

Nachdem die Legislaturperiode durch die schwarz-gelbe Regierung auf 5 Jahre verlängert wurde, kam es nach der Bundestagswahl im Jahr 2014 zu folgendem Ergebnis:

  2014 zum Vergleich 2009
CDU/CSU 26,3 33,8
SPD 18,4 23,0
FDP 6,4 14,6
Linke 18,7 11,9
Grüne 16,7 10,7
Piraten 8,7 2,0
sonstige 4,8 4,0

Damit hätte eine rot-rot-grüne Koalition mit 53,8 % der Wählerstimmen die nötige Mehrheit für ein Regierungsbündnis.

Ursachen für dieses Wahlergebnis waren u.a. folgende:

1. Die FDP verlor so dramatisch, weil sie in Bürgerrechtsfragen gegenüber der CDU/CSU eingeknickt war. Bundesinnenminister Schäuble konnte seine umschrittenen Pläne zu Online-Untersuchungen u.ä. gegenüber den freien Demokraten behaupten. Nach der Datenpanne beim BKA, als kurz vor der Wahl 2014 herauskam, dass mindestens jeder zweite Bundesbürger kriminalpolizeilich erfasst wurde, entschieden sich viele Wähler statt für die FDP für die Piratenpartei, die schlechthin als eine FDP 2.0 bezeichnet wurde – nur mit dem Unterschied, dass sich diese Partei vehement gegen das Schäuble-Diktat gewendet hatte.

2. Die SPD hatte sich auch nach fünf Jahren kaum von der Wahlschlappe 2009 erholt; weitere Wähler wanderten zu den Linken, da sie sich von denen besser vertreten sehen.

3. Die verheerende Panne in dem AKW Emsland, bei dem ein ganzer Landstrich radioaktiv verseucht wurde (mindestens 400 Menschen starben bisher an den Folgen der Verstrahlung), führte zu massiven Anti-Atomkraft-Kundgebungen. Bei der Bundestagswahl konnten so die Grünen ihr Wahlergebnis deutlich verbessern.

4. Die genannten Punkte führten auch zu Verlusten bei der CDU/CSU. Allerdings konnte sie ihre Verluste in Grenzen halten, weil sie es schaffte, alte Stammwähler zu mobilisieren.

Bundestagswahl 2014

Anmerkung: Bereits die Bundestagswahl 2009 hat verdeutlicht, dass sich die Parteienlandschaft wesentlich verändert hat. Die großen so genannten Volksparteien verloren Stimmen an kleine Parteien, sodass es inzwischen fünf Parteien sind, die die 10-%-Grenze übersteigen. Sollten Bürgerrechte weiterhin eingeschränkt werden, dürfte das auch zu einer Stärkung der Piratenpartei führen und zu deren Einzug in die Parlamente.

Der richtige Preis für den richtigen Mann …

… zur falschen Zeit. Die Verleihung des Friedensnobelpreises an den US-Präsidenten Barack Obama ist wohl die Überraschung schlechthin. Ich denke zwar, dass er auf längere Sicht bestimmt ein Kandidat auf diesen Preis wäre, aber in diesem Jahr kommt die Verleihung einfach viel zu früh. Was hat er, außer vieler guter Absichten, wirklich für den Frieden auf dieser Erde geleistet? Und so ist auch der Preisempfänger selbst mehr als überrascht: Ich habe den Preis eigentlich nicht verdient. Er betrachte den Preis nicht als eine Bestätigung für Erreichtes, sondern als eine Herausforderung. Auch sei er nicht als Anerkennung für eigene Erfolge, sondern eher als Bestätigung für die USA, bei drängenden Problemen wie dem Klimawandel, der atomaren Abrüstung und dem Nahost-Konflikt voranzugehen.

Der Friedensnobelpreis ist so zu einem Friedensnobelhoffnungspreis geworden. Mit Obama hoffen viele Menschen auf eine bessere Welt; in ihm sehen viele (nach acht Jahren George W. Bush) endlich wieder einen Hoffnungsträger für eine Politik der Vernunft. Vielleicht ist das ein neuer Weg in einer veränderten Welt: Hoffnung zu stiften.

Die Gefahr, dass es unerfüllte Hoffnungen sein werden ist groß. Viel zu groß. Daher ist diese Preisverleihung verfrüht. Das Preisverleihungskomitee argumentiert, man habe schon immer versucht, noch nicht abgeschlossene Entwicklungen für den Frieden zu stimulieren und zu fördern. Mag dieser Versuch gelingen.