Kategorie-Archiv: Glotzkiste

Neues und Altes im Kino & TV

Jacques Tati: Trafic (1971)

Ach, wie liebe ich diesen großen, schlaksigen Franzosen mit seinem beigen Trenchcoat, dem Hut und der langen Pfeife im Mund: Von Jacques Tati habe ich jetzt nach Die Ferien des Monsieur Hulot (1953) und Schützenfest (1949) einen weiteren Film angeschaut, dem letzten mit Monsieur Hulot in der Hauptrolle: Trafic aus dem Jahre 1971. Was für eine Erholung. Endlich wieder schmunzeln, ja lachen nach all den Dreck, von dem man zz. im Internet überschüttet wird.

JA DAS NETZ … und die Dummheit! Was dort von Rechtsaußen gehetzt wird, wie jeder Depp meint, seinen Hass unters Volk streuen zu müssen, kann einen fast sprachlos machen.

Da hilft selbst ein Hilferuf an die mindestens durchschnittlich Begabten von Sascha Lobo wenig. Denn dem ganzen Gesocks ist, wie Lobo selbst feststellt, nicht beizukommen: „Häufiger schon wurde darüber geschrieben, dass man mit diesen Leuten nicht diskutieren könne. Das liegt aber nicht nur daran, dass sie nicht wollen, sondern dass den Kommentatoren auf der Seite oft selbst die elementarsten Dialogfähigkeiten fehlen. An ihnen perlt sogar die Frage ‚Warum?‘ ab.“

Was sind wir für ein Volk geworden? Jede Knallcharge torkelt mit seinem Smartphone durch die Gegend und erbricht sich ins Netz. OMG, wohin soll das noch führen? Wenn ich vor irgendwen Angst habe, dann vor diesen hirnamputierten rechten Horden! Genug! Genug!

Wie entspannend ist da Jacques Tati!

Im Mittelpunkt steht ein modern konstruierter Campingwagen, an dessen Entwicklung auch Monsieur Hulot beteiligt war. Dieser soll zu einer Automobil-Ausstellung in Amsterdam überführt werden. Leider ergeben sich viele Verzögerungen, sodass Hulot und seine Kollegen erst in Amsterdam ankommen, als die Ausstellung beendet ist.


Jacques Tati Trafic – Trailer

„‚Trafic‘ spielt in einer Welt, die für das Auto geschaffen wurde und in der die Menschen nur zweitrangig sind. Die meisten kommen nicht pünktlich dort an, wo sie hin möchten. Das gilt nicht nur für die Autofahrer; also die drei Hauptfiguren, die Unfallbeteiligten, die Wartenden auf der Polizeiwache und die Wartenden in den zahlreichen Staus. Auch die Fußgänger werden in der abschließenden Szene von den Autos am zügigen Fortkommen gehindert.“

Wir heutigen Betrachter, die mit schnellen Schnitten und einem schnellen Handlungsablauf (Action nennt man das wohl) allzu oft gemartert werden, brauchen etwas Geduld (der Film hat immerhin 45 Jahre auf dem Buckel), um sich an das gemächliche Tempo des Films zu gewöhnen. Schon damals standen die Autos im Stau und kamen nur stockend voran. So sieht man Bilder von sich in der Nase popelnden Autofahrern – oder wie sie vor Müdigkeit gähnen. Die Langeweile überträgt sich – sicherlich gewollt – auf den Zuschauer (der dann vielleicht auch popelnd ‚in sich‘ geht).

In der zweiten Hälfte versprüht der Film dann aber jenen Tati’schen Humor in Hülle und Fülle. – Ich mag den schwarzen englischen Humor. Tatis Humor ist dagegen ‚bunt‘ Und ich mag auch diesen Humor, der mit viel französischen Charme daherkommt.

Jacques Tati als Monsieur Hulot in Trafic (1971)

Köstlich ist die Szene, in der Hulot einen beim Massenunfall Verletzten nach Hause bringen lässt, er an der Tür klingelt, die wohl nicht funktioniert. So wirft er Steinchen ans obere Fenster. Und als auch daraufhin niemand reagiert, versucht er, das Spalier hochzuklettern. Dabei kommt ihm das hochgerankte Gewächs entgegen. Später hängt er dann kopfüber in einem Baum beim Versuch, das Rankengewächs zu richten.

„Trafic“ ist der erste Film von Tati, der – teilweise – außerhalb Frankreichs spielt. Alle Darsteller sprechen ihre Texte in ihrer Muttersprache, also hauptsächlich Französisch, Flämisch und Niederländisch. Die Amerikanerin Maria Kimberly spricht Englisch. In der Fassung, wie sie der Sender arte zum Jahreswechsel ausgestrahlt hatte, müssen also einige wenige Teile deutsch synchronisiert worden sein. Für die Handlung ist das Sprachverständnis aber eigentlich (wie auch in den anderen Hulot-Filmen) unwichtig.

Bemerkenswert ist die Optik, die dieser Film vermittelt. Was mir sehr schnell auffiel, ist das Fehlen von Nah- oder Großaufnahmen von Personen. Tati verweist den Zuschauer in die Rolle des distanzierten Betrachters. Dies erreicht er durch die fast ausschließliche Verwendung von Totalen und halbnahen Einstellungen.

Weiter passen sich die Schnittfolgen dem Inhalt an. Harte, rhythmische Schnitte am Anfang vom Automobilwerk und kurze Einstellungen auf der Autobahn werden abgelöst von langen Passagen der Urlaubsidylle am Fluss und behutsamen Schwenks bei Aufnahmen der choreographischen Szenen: Hauben- und Türenöffnen bei der Messe, der Auftritt der beiden parallel agierenden Motorradfahrer und der Unfall auf der Kreuzung.

Tati ist großartig, der Film ein zeitloses Meisterwerk,– und ich freue mich schon auf einen weiteren Film von ihm, Playtime (Tatis herrliche Zeiten) aus dem Jahr 1967, der Tati allerdings wegen der für damalige Zeiten horrenden Kosten in die Insolvenz trieb.

Übrigens: Nach einem von Tati geschriebenen Drehbuch, aber dann nicht realisierten Film, entstand 2010 ein französisch-britischer Animationsfilm von Sylvain Chomet: L’Illusionniste. Leider ist der Film Trafic im Netz nur als Trailer oder in kurzen Ausschnitten verfügbar. Dafür (als Entschädigung) hier der Animationsfilm, in dem Tati als Tati auftritt:


The Illusionist(2010) – Full Movie

WilliZ Krimi des Jahres 2015

Ich weiß: Im Fernsehen, besonders bei den Öffentlich-Rechtlichen, werden fast nur noch Krimis und Heimatfilme gesendet. Mancher Krimi ist dann auch noch eine Art Heimatfilm – und umgekehrt. Wenn man weder das eine noch das andere mag, wird man wahrscheinlich längst den Dauerauftrag für den ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice (früher GEZ genannt) widerrufen haben. Oder man guckt Sport (aber immer die Bayern mag auch selbst der Fußballbegeisterte nicht mehr sehen).

Ich mag Krimis. Und Krimis mit einem gewissen Lokalkolorit sind mir auch durchaus recht. Viele fragen sich natürlich, warum man sich das antun muss: Mord und Todschlag ohne Ende. Ich denke, der Mensch ist eine Bestie und in jedem steckt, wenn auch nur verborgen, das Raubtier. Wer hat nicht schon mal gedacht: Den (oder die) bring ich um! Fürchtete man nicht die Konsequenzen, dann würden viele Leichen die Straßen pflastern.

Aber im Ernst: Es ist die psychologische Komponente, die mich an Krimis interessiert. Fällt die mager aus, dann taugt der Krimi nicht viel. Gemetzel (z.B. à la Tatort-Schweiger) sind nicht mein Ding. Hat ein Krimi dann auch noch eine gewisse Portion Humor, dann finde ich auch das in Ordnung.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Nun ist ein Jahr (nämlich 2015) wieder vorbei – und ich habe einmal gesichtet, welche Kriminalfilme mir im letzten Jahr besonders gefallen haben. Da gibt es eine fast unübersichtlich große Anzahl von Serie. An vorderster Front natürlich die ARD mit dem Tatort. 2015 hat der Tatort übrigens mit 40 Folgen einen neuen eigenen Rekord aufgestellt. So viele Folgen gab es bisher noch nie in einem Jahr. Drei Folgen ragten dabei für mich heraus:

Tatort (937): Das Haus am Ende der Straße – Frankfurt (Steier)
Tatort (964): Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes – Kiel (Borowski/Brandt)
Tatort (968): Wer bin ich? – Wiesbaden (Murot)


Tatort (937): Das Haus am Ende der Straße


Tatort (964): Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes – Kiel (Borowski/Brandt)

Die Frankfurter Episode war leider der letzte Fall mit dem Ermittler Steier (hervorragend von Joachim Król gespielt) und mehr Kammerspiel als Krimi – auch dank eines geradezu genialen Armin Rohde. Zum ‚stillen Gast‘ habe ich ja schon einiges geäußert. Axel Milberg ist der mir zz. liebste Tatort-Ermittler. Und Murot aka Ulrich Tukur – da reicht schon die Nennung des Namens Tukur: ein Tatort, der angenehm aus der Reihe fällt, soll plötzlich der Schauspieler, der den Kommissar spielt, ein Mörder sein – ein Spiel mit Identitäten (wie schon der Titel verheißt).

Was der Tatort für die BRD ist, das war vor der Wende der Polizeiruf 110 für die DDR. Wie gut, dass diese Serie nicht eingestellt wurde und jetzt auch Ermittler in den alten Bundesländern auf Tätersuche gehen wie z.B. Kommissar Hanns von Meuffels (hervorragend gespielt von Matthias Brandt) in München. Matthias Brandt ist übrigens der jüngste Sohn des früheren deutschen Bundeskanzlers Willy Brandt und dessen Frau Rut:

Polizeiruf 110 (351): Kreise

Apropos Armin Rohde. Er ist nicht immer der Böse, sondern kann auch auf gut (ohne ein Gutmensch zu sein) und ermittelt selbst in Hamburg in der ZDF-Reihe Nachtschicht:

Nachtschicht (12): Wir sind alle keine Engel


Nachtschicht (12): Wir sind alle keine Engel

Wie gesagt: Mancher Kriminalfilm ist auch (fast) ein Heimatfilm. So gibt er mehrere Serien, die die Region, in der sie spielen, im Namen tragen:

Spreewald-Krimi (8): Die Sturmnacht
Alle Folgen zu dieser wirklich sehenswerten Serie gibt es jetzt als Spreewaldkrimi – Komplettbox – Folge 1-7 [4 DVDs]


Spreewald-Krimi (8): Die Sturmnacht

Der Usedom-Krimi (2): Schandfleck


Der Usedom-Krimi (2): Schandfleck

Stralsund (7): Es ist nie vorbei

Weitere sehenswerte Kriminalfilme waren die folgenden, die aus dem Vielerlei an Krimis durch ihre Thematik oder Machart herausragten:

Begierde – Mord im Zeichen des Zen
Das Dorf der Mörder
Die kalte Wahrheit


Die kalte Wahrheit

Kritiken zu all den im Fernsehen gesendeten Kriminalfilmen gibt es viele. Ein gutes Näschen für Fernsehproduktion haben die Kritiker von tittelbach.tv – der Fernsehfilm-Beobachter (daher auch fast durchweg die Links zu den Filmen auf diese Website führen). Und so findet sich hier auch eine Kritik zu einem TV-Film, den ich gewissermaßen als die Nummer eins der 2015 gesendeten Krimis erwählt habe (okay, die Erstsendung war ein Jahr zuvor, 2014 – aber hier darf es auch einmal eine 2015 wiederholte Ausstrahlung sein):

München Mord (2): Die Hölle bin ich

In der 2. Folge der ZDF-Reihe München Mord tauchen wir als Zuschauer „in das andere München der neureichen Glücksritter [ein]. Ein rachsüchtiger Krimineller übernimmt die Arbeit der Polizei. Die Charaktere machen ihrem bisherigen Image als Kommissarin ohne Selbstvertrauen, als Casanova-Cop und als „Psycho“ alle Ehre.“ Es ist ein Krimi mit viel Witz und ebenso viel Spannung, wobei das mir liebe Psychologische keineswegs auf der Strecke liegen bleibt. Das mag ich.


München Mord (2): Die Hölle bin ich

Also viel Holz für mehrere lange Winternächte. Wer denn mag: Viel Spannung und Spaß beim Gucken!

siehe auch: Williz Tatort-Sammlung

Jacques Tati: Schützenfest (1949)

Nach Jacques Tatis zweiten Spielfilm Die Ferien des Monsieur Hulot aus dem Jahr 1953 habe ich mir jetzt auch seinen ersten von ihm selbst geschriebenen und inszenierten Langfilm Jour de fête (Tatis Schützenfest – 1947 gedreht, 1949 erschienen) angeguckt, der mit drei weiteren Filmen zum Jahreswechsel auf arte gezeigt wurde.

François (Jacques Tati), der linkische Briefträger in dem verträumten Dorf St.-Sévère-sur-Indre, begeistert sich plötzlich für den Fortschritt: Nachdem er im Kinozelt auf dem Schützenfest in einem Film gesehen hat, dass die Post in den USA mit Flugzeugen befördert wird, nimmt er sich keine Zeit mehr für ein Gläschen Wein oder ein Schwätzchen im Bistro, denn das Motto lautet von nun an: „Rapidité!“ Auf seinem klapprigen Fahrrad hetzt er durchs Dorf und erfindet waghalsige Kunststücke, um Zeit zu sparen. Die anderen Dorfbewohner schütteln den Kopf, wenn sie ihn rasen sehen. (Quelle: dieterwunderlich.de)

Schon in diesem Film zeigt Tati das Spannungsfeld zwischen „guter alter Zeit“ und den Errungenschaften der Moderne, die er 1967 auch in dem Film Tatis herrliche Zeiten (Playtime) persiflierte.

In „Tatis Schützenfest“ kommt es durch Fortschritt und Rationalisierung in einem Dorf zur Katastrophe, denn da bleiben die persönlichen Beziehungen auf der Strecke. Tatis Kritik richtet sich wohl auch gegen die Amerikanisierung des Lebens, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa einsetzte. Den Film inszenierte er als ein Geflecht von Miniaturgeschichten rund um den Postboten François.

Jacques Tatischeff wurde 1908 in Frankreich geboren, als Sohn eines Kunstrestaurators, Enkel eines russischen Grafen und mit italienischen, niederländischen und französischen Vorfahren. In den Dreißigerjahren trat er als angeblich betrunkener Pausenkellner in einem Pariser Nachtclub auf und zog als Pantomime durch Kabaretts, Varietés und Zirkuszelte. 1947 drehte er seinen ersten Kurzfilm: „Die Schule der Briefträger“.

Mit „Tatis Schützenfest“ ist ihm ein poetischer, liebevoller und urkomischer Film gelungen, der 1949 bei den Filmfestspielen in Venedig und im Jahr darauf mit dem Grand Prix du Cinema ausgezeichnet wurde.

Tati als Briefträger François ist einfach köstlich. Es klingt vielleicht komisch, aber um in den vollen Genuss des Films zu kommen, muss man erst einmal ‚loslassen‘ und vielleicht all den Schenkelklopfermist US-amerikanischer Machart vergessen. Besonders amüsant sind die Radfahrerszenen. In der ersten Szene hat sich François‘ Fahrrad selbständig gemacht:


Tatis Schützenfest (Jour de fête): Ausschnitt 1

Und hier ist François schneller unterwegs als das Peleton von Radsportlern:


Tatis Schützenfest (Jour de fête): Ausschnitt 2

Geschwindigkeit ist alles: Wie sich François die moderne Briefzustellung vorstellt:


Tatis Schützenfest (Jour de fête): Ausschnitt 3

Tatis Schützenfest (Jour de fête) - Kopf 'runter, in die Pedalen!

Zuletzt eine kleine Hommage an Tatis Film, der auch die Szene enthält, als François, vom Bäckerjungen auf dem Mofa angetrieben („Kopf ‚runter, in die Pedalen!“), die Abzweigung verpasst und, statt über die Brücke zu fahren, im Fluss landet:


Hommage an Tatis Schützenfest (Jour de fête)

Die Szene mit dem Sturz ins Wasser erinnert mich an eine Szene aus dem ebenfalls aus Frankreich stammenden Film Willkommen bei den Sch’tis. Hier landet Philippe, der deutlich angetrunkene Filialleiter der Post, mit dem Rad in ein Straßencafe. Ob die Macher des Films hier vielleicht an Jacques Tati gedacht haben?

Willkommen bei den Sch’tis: Ab geht die Post

Tatort (307) aus München (1995): Im Herzen Eiszeit

Sicherlich ist es nicht unbedingt einer der besseren Tatort-Folgen aus München. Aber interessant ist er allemal. Die Münchner Kommissare Batic und Leitmayr ermitteln in ihrem 10. Fall Im Herzen Eiszeit, bei dem es um einen Mord unter den Tatverdächtigen eines alten Überfalles auf ein Geschäft von Rudolph Moshammer geht. Dabei führen die Ermittlungen zu einem privaten Rachefeldzug der Tochter des erschossenen Wachmannes.

Moshammer hat einen kurzen Auftritt (ohne seinem Yorkshire Terrier Daisy) und spielt sich natürlich selbst.

Hintergrund dieser Tatort-Folge ist die Hausbesetzerbewegung und neoanarchistischen Szene in München Anfang der 80-er Jahre. Die Hauptrolle spielt der Ex-Frontmann der Band Ton Steine Scherben Rio Reiser, der gut ein Jahr später verstarb. Er komponierte auch die Filmmusik und das Lied „Träume verwehn“. Angesichts seines politischen Engagements galt er als Idealbesetzung für die Figur des Kammermeier und bekam die Rolle vom Regisseur Hans Noever persönlich angeboten, denn in den 70er Jahren war Reisers Lied „Macht kaputt, was Euch kaputt macht“ in der Szene der Hausbesetzer bereits zur Hymne geworden.

Reinhard Kammermeier wird nach elf Jahren Haft aus der JVA entlassen, nachdem er als einziger der vier Täter verhaftet und verurteilt werden konnte. Er zieht wieder mit in seines Vaters Wohnung. Da dieser im Rollstuhl sitzt, war ihm oft die Nachbarin Susanne Koron behilflich. Reinhard, der im Gefängnis noch verschlossener geworden ist als er vorher schon war, weist die junge Frau zurück.

Franz Leitmayr in der Anarcho-Szene 1981

Intererssant ist sicherlich, etwas aus dem ‚Vorleben‘ eines der Münchener Kommissare, Franz Leitmayr, zu erfahren. Denn als die Ermittler alte Fernsehaufnahmen der Demonstrationen und Hausbesetzungen ansehen, ist auch Leitmayr zu sehen (im Bild links – rechts Rio Reiser als Reinhard Kammermeier). Als er dann später in den Polizeidienst eintrat, hat er natürlich seine früheren Kontakte zu der Anarcho-Szene verschwiegen, der böse Bub!


Tatort (307) aus München (1995): Im Herzen Eiszeit

Bereits ein Jahr zuvor im Tatort (300) … und die Musi spielt dazu (1994) hatten die Toten Hosen einen kurzen Gastauftritt. Da sage einer, der Bayerische Rundfank sei CSU-durchseucht.

Jacques Tati: Die Ferien des Monsieur Hulot (1953)

Zum Jahreswechsel sendete arte gleich fünf Filme von Jacques Tati, dem genialen französischen Schauspieler, Drehbuchautoren und Regisseur, dem Botschafter einer poetisch-burlesken Welt, die der Filmgeschichte ihren Stempel aufgedrückt hat.

Jacques Tati (bürgerlich Jacques Tatischeff; 1907 – 1982) kam von der Bühne, wo er mit pantomimischen Szenen Erfolg hatte, in denen er Sportarten und Reisen mit verschiedenen Verkehrsmitteln parodierte. Anfang der 1930er Jahre tauchte er erstmals in Kurzfilmen auf, etwa als Tennis-Champion.

1947 hatte Tati seinen Durchbruch mit dem ersten selbst geschriebenen und inszenierten Langfilm Jour de fête (Tatis Schützenfest).

Jacques Tati: Die Ferien des Monsieur Hulot (1953) - © Les Films de Mon Oncle

Sein zweiter Film Les Vacances de Monsieur Hulot (Die Ferien des Monsieur Hulot) spielt im Hôtel de la Plage (das heute noch als leicht verändertes Hotel existiert) in einem Urlaubsort am Meer (Saint-Marc-sur-Mer, nahe Saint-Nazaire im Département Loire-Atlantique). Er zeigt zum ersten Mal Tatis Alter Ego Hulot, einen liebenswürdigen Individualisten mit Hut und langer Pfeife, der mit den Tücken der modernen Zivilisation und den neuzeitlichen Umgangsformen einen permanenten Kampf austrägt. Der Film gewann 1953 den Louis-Delluc-Preis, das Drehbuch war 1956 für einen Oscar nominiert. Ein wesentliches Kennzeichen des Films ist der fast vollständige Verzicht auf Dialoge. Die Hauptfigur Monsieur Hulot, die Verkörperung eines tollpatschigen Antihelden, gibt so gut wie kein verständliches Wort von sich. Er spricht nur ein Wort, nämlich seinen Namen Hulot, den er dann auch noch kurz buchstabiert. Im Grunde funktioniert der Film wie ein Stummfilm. Von den wenigen Dialogen, die zudem in den verschiedenen Sprachen der Gäste − Französisch, Deutsch und Englisch − gesprochen werden, gehen die meisten in lauten Hintergrundgeräuschen unter oder sie sind bis auf ein paar Wortfetzen bis zur beinahe vollständigen Unverständlichkeit verstümmelt.


Jacques Tati: Die Ferien des Monsieur Hulot (1953) [leider fehlt hier das Ende des Films, die Verabschiedung der Urlaubsgäste]

Ich habe mir den Film „zwischen den Jahren“ nach vielen Jahren wieder einmal angeschaut. Um es gleich zu sagen: Der Film lässt sich nicht mit heutigen Filmkomödien vergleichen, die so oft die Tendenz haben, überdreht zu sein. Tatis Hulot kommt eher auf leisen Sohlen daher, wenn sein altmodisches Auto auch gleich zu Beginn des Films für viel Krach sorgt. Denke ich da z.B. an die zuletzt geschauten Schweiger-Tatorte, so mutmaße ich, dass dieser Film einem Til Schweiger natürlich nicht gefallen wird. Er ist nicht „kompromisslos, atemlos, viril“ genug und leider auch ohne „Non Stop Action“ a la Schweigers Tatorte. Dafür ist der Film „Die Ferien des Monsieur Hulot“ allerdings in die Filmgeschichte eingegangen (die Schweiger-Filme hat man kaum gesehen, dann schon vergessen …)

Der Film ist der erste, in dessen Mittelpunkt Monsieur Hulot steht, die von Tati erschaffene Figur des verträumten, biederen, linkischen Einzelgängers, der ebenso berühmt werden sollte wie sein Erfinder und in allen späteren Filmen des Regisseurs auftrat.

In einer kleinen Pension in der Bretagne bringt die Ankunft des exzentrischen Monsieur Hulot, der hier seine Urlaubstage verbringen will, die beschauliche Ruhe der Feriengäste durcheinander.

Vor dem Hintergrund des damals im Zuge des bezahlten Urlaubs gerade erst aufkommenden Massentourismus inszeniert Tati mit höchstem künstlerischem Fingerspitzengefühl eine nicht abreißende Reihe poetischer Gags.

Mit dem ihm eigenen Perfektionismus fertigte Tati insgesamt drei Fassungen des Films an: Nach der Originalfassung, die 1953 in die Kinos kam, folgte Anfang der 1960er ein Neuschnitt, in dem Tati mehrere Einstellungen auswechselte und Musik und Tonmischung neu erstellte. Die dritte Fassung (Ende der 1960er Jahre) war für eine neue Zuschauergeneration bestimmt. Neben mehreren Umschnitten fügte Tati eine neu gedrehte Szene hinzu: Der speziell inszenierte Gag war eine Anspielung auf Spielbergs Der weiße Hai, der 1975 in den Kinos weltweit Furore machte und das Bild vom Strand als Ort der Unbeschwertheit für Millionen von Urlaubern für immer veränderte. Diese dritte und letzte Fassung wird auf ARTE gezeigt. (Quelle: Olivier Père)

Tatis Alter Ego, der Monsieur Hulot, war das Vorbild für viele nachfolgende Komiker. Mr. Bean gäbe es mit Sicherheit ohne M. Hulot nicht. Otto Waalkes (dank an meinen alten Kumpel Hajo Graue) ‚hat sich die Gangart des M. Hulot zu eigen gemacht‘. Und wer kennt nicht den berühmten Sketch ‚Zimmerverwüstung‘ von Loriot: „Das Bild hängt schief!“. Hier hat sich Loriot bei M. Hulot bedient. Zzunächst der Loriot-Sketch:


Loriot: Zimmerverwüstung (“Das Bild hängt schief!”)

Und hier der kleine Filmausschnitt aus Tatis Film: Bei dem Versuch, ein Bild gerade zu rücken, hinterlässt Hulot ein Zimmer mit einigen demolierten und beschädigten Gegenständen. Okay, ganz so extrem wie Loriot treibt es M. Hulot nicht:


Ausschnitt aus: Jacques Tati: Die Ferien des Monsieur Hulot (1953) (“Das Bild hängt schief!”)

Und ich erinnere mich an ein Feuerwerk aus einen der Filme um Inspektor Clouseau (mit Peter Sellers), das auch ‚unbeabsichtigt‘ entzündet wurde.

„Wie eine Perlenschnur sind die Gags aufgereiht, verbunden von einer überaus liebenswerten Intelligenz und einem romantischen Charme, der über Chaplins kalkuliertes Spiel weit hinausgeht. Eine zärtlich-erfreuliche Typen-Komödie, die sich gegen jede filmische Einordnung nicht nur im französischen Kino sperrt.“ (Lexikon des Internationalen Films)

Tatorte (969/970) aus Hamburg: Showdown im ‚Metronom‘

Ach ja, gleich zum Jahresanfang diese zwei Schweiger-Tatorte. Zunächst aber zwei Nachrichten, die ich loswerden muss, eine gute und eine schlechte. Zunächst die gute Nachricht: Schweiger verschont uns knapp zwei Jahre als Kriminalhauptkommissar Nikolas „Nick“ Tschiller. Dafür gibt es Anfang Februar Tschiller: Off Duty in den Kinos. Wer sich das antun möchte, bitte … Ansonsten darf man voraussichtlich bis zum Januar 2018 warten. Dann wird dieser Kinofilm auch im Fernsehen gesendet. – Die schlechte Nachricht: Wer den Schluss der insgesamt vierten Folge Tschiller-versus-Clanchef-Firat-Astan („Fegefeuer“) gesehen hat, ahnt es bereits: Film- und reale Tochter von Tschiller-Schweiger (Luna Schweiger) übt mit ihrem suspendierten Vater das Schießen. Schweiger sorgt für Nachwuchs … – auch bei der Tatort-Serie?

    aus Tatort Hamburg: Willkommen in Hamburg (2013)

Apropos Schweiger-Tochter: In Folge drei Tschiller-gegen-Astan („Der große Schmerz“) wird die Ex-Frau unseres immer irgendwie gequält dreinschauenden Kommissars vom Bösewicht Astan erschossen, als sich diese schützend vor ihre Tochter stellt. Tschiller hat gerade Ladhemmung. Es wäre für den Zuschauer sicherlich erlösend gewesen, hätte Astan die Tochter getroffen (dann wäre aber nichts mit dem Tatort-Nachwuchs). Im Teil vier nun beteuert dieser Astan gegenüber Tschiller mehrmals, dass er dessen Frau eigentlich nicht erschießen wollte. Und zuletzt rückt er endlich damit heraus: Er wollte die Tochter töten! Ein Witz? Hätte er doch nur …

Überhaupt sind beide Tatort-Folgen ein Witz, denn was sich hier der Autor zusammengereimt hat, ist dermaßen an den Haaren herbeigezogen, das selbst James Bond gegen Tschiller wie ein Sängerknabe wirkt. Zwar holt sich der Hamburger Ermittler eine blutige Nase, wird unter Wasser gedrückt und gewürgt. Sobald aber auf ihn geschossen wird, scheint ihn ein Schild der Unantastbarkeit zu schützen. Keine Kugel kann ihn etwas antun.

Und wenn’s der Film erfordert, dann wird nicht lang gefackelt und die Handlung macht Sprünge, um dort zu landen, wo der Autor die Protagonisten haben will, auch wenn’s logisch nicht nachvollziehbar ist. Hohle Story, banale Psychologie, coole Action – so fasst tittelbach.tv die Tschiller-Doppelfolge zusammen. Action gibt es genug, aber Mord und Totschlag ist eben nicht alles, was einen guten Tatort ausmacht.

Immerhin sorgt Tschillers Mitstreiter Yalcin Gümer (gespielt von Fahri Ogün Yardım) mit einigen auflockernden, allerdings für einen Hauptkommissar auch recht proletenhaften Sprüchlein für einen gewissen Humor.

Und zum Ende zu gibt es noch eine dicke Überraschung, der Showdown im Zug, einem Metronom, der zwischen Bremen und Hamburg verkehrt und mit dem auch ich wochentags zur Arbeit unterwegs bin. Allerdings wird auch hier getrickst. Von dem Gleis in Sprötze (Gleis 1 – siehe Bild), von dem Astan und Tschiller den Zug besteigen, fährt der Zug eigentlich in Richtung Bremen und nicht wie im Film nach Hamburg. Übrigens liegt Sprötze nur 5 Bahnminuten bzw. eine Station von Tostedt entfernt, meinem Wohnort.

Tatort (970) aus Hamburg: Fegefeuer - Showdown im Metronom

Alle vier TschillerFolgen gibt es zz. ab 20 Uhr noch in der ARD-Mediathek zu sehen:

Willkommen in Hamburg (2013) – verfügbar bis 10.01.2016
Kopfgeld (2014) – verfügbar bis 10.01.2016
Der große Schmerz (2016) – verfügbar bis 08.01.2016
Fegefeuer (2016) – verfügbar bis 10.01.2016

Tatort (964) aus Kiel: Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes

An der Kieler Förde wird eine verwirrte Frau aufgefunden. Ihre Äußerungen lassen befürchten, dass der berüchtigte Frauenmörder Kai Korthals wieder aufgetaucht ist: „Er kommt überall rein. Er kommt durch die Wand.“

Kommissarin Brandt informiert ihren Kollegen Borowski über den Serienkiller, mit dem sie einst selbst Traumatisches erlebt hat.

Borowski kommt der neue Fall ungelegen. Er ist frisch verliebt und möchte heiraten. Doch als seine Braut spurlos verschwindet, muss er sich fragen, ob der Mörder seinetwegen zurückkehrt ist.
Quelle u.a.: Das Erste*Tatort

Zweiteiler hatten wir bereits in der Tatort-Reihe der ARD. Aber die Fortsetzung einer Folge drei Jahre später, das ist neu: Der Verbrecher Kai Korthals schlich sich 2012 als stiller Gast in Wohnungen fremder Frauen, er putzte sich die Zähne mit ihren Zahnbürsten, aß von ihrem Brot, führte Beziehungen mit Partnerinnen, die von diesen Beziehungen nichts wussten. Dann brachte er sie um. Zwar wurde er von Borowski und seiner Assistentin Brandt dingfest gemacht, konnte dann aber am Schluss der Folge schwer verletzt entkommen.

ARD*Mediathek: Borowski und der stille Gast (Video tgl. ab 20 Uhr)
27.11.2015 | 89:00 Min. | Verfügbar bis 29.12.2015 | Quelle: Das Erste

Nun ist er also wieder zurück. Und es ist noch eine Person zurückgekehrt, eine alte Bekannte, von Borowski geliebt, mit der er aber oft auch zerstritten war: Frieda Jung, die Polizeipsychologin, in den ersten 14 Borowski-Folgen von 2002 bis 2010 beratend an seine Seite gestellt (in meinem Beitrag Tatort (941) aus Kiel: Borowski und die Kinder von Gaarden (2015) bin ich bereits näher auf diese Beziehung zwischen ihr und Borowski eingegangen). Borowski und Frieda Jung sind jetzt ein Paar und gedenken zu heiraten.

Klaus Borowski (Axel Milberg) und Frieda Jung (Maren Eggert)
Klaus Borowski (Axel Milberg) und Frieda Jung (Maren Eggert)

Weil der preisgekrönte Autor Sascha Arango, der bereits die erste Folge mit dem stillen Gast verfasst hatte, ein Spezialist für menschliche Abgründe und die Philosophie des Verbrechens, sich nicht wiederholen wollte, hat er dem Verhalten des Frauenmörders neue Muster und Motive zugrunde gelegt. Zwar hat Korthals der geisteskranken Frau das Baby aus dem Bauch geschnitten, was später deren Tod zur Folge hat, doch weitere Menschen kommen nicht zu schaden. „Ich bin kein schlechter Mensch“. Damit es besonders bizarr wird, wendet sich Kai Korthals plötzlich dem Zuschauer zu und spricht ihn direkt an: „Sie glauben, ich bin abartig. Ich muss weg. Aber Sie sind nicht besser als ich, sie haben es nur besser.“ (Quelle: tittelbach.tv)


Tatort (964) aus Kiel (2015): Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes

ARD*Mediathek: Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes (Video tgl. ab 20 Uhr)
29.11.2015 | 89:00 Min. | UT | Verfügbar bis 29.12.2015 | Quelle: Das Erste

Kai Korthals hat sein Schema verändert: „Er beschleicht die Frauen nicht mehr, er holt sie zu sich“, stellt Kommissarin Brandt fest. Auch wenn sich dieser mörderische Voyeur äußerlich weniger unter Kontrolle zu haben scheint als in seiner Killer-Hochphase, Darsteller Lars Eidinger spricht von „Verschärfung seines geistigen Zustands“, so ist doch mehr Empathie im Spiel: Korthals ist nicht mehr der eiskalte Psycho, allenfalls ein von seiner kranken Seele Getriebener. Und er ist Vater geworden. Doch weil das Kind zu sterben drohte, musste er es den Ärzten überlassen. Jetzt will er es zurück. Korthals hat Frieda Jung in seiner Gewalt, aber er will nicht töten. Er will tauschen: Frieda Jung gegen das Kind.

„Weh tut es erst, wenn es persönlich wird“, hat Borowski früher gesagt – jetzt weiß er, was das bedeutet. Mehr noch als in „Borowski und der stille Gast“ entwickelt sich das Sequel zu einem Psychoduell zwischen Korthals und dem Kommissar. Mehr denn je überschreitet Borowski Grenzen – er ermittelt am Rande der Selbstjustiz, belügt seine Kollegin und bringt seinen Gegenspieler zwischenzeitlich in seine Gewalt. Zwei Getriebene, ein wütender Psychopath und ein nicht minder wütender Melancholiker. Borowski setzt seine Karriere aufs Spiel. „Als Kriminalist habe ich die Möglichkeit, ein Verbrechen nachzuvollziehen, zu erleben, ohne es selbst begangen zu haben“, philosophiert Borowski zu Beginn des Films über seine Rolle als Kommissar und seine Lust als Kind, Verbrecher werden zu wollen: „Ich wollte immer Verbrecher werden. Ich habe sechs Semester forensische Anthropologie studiert, dann wurde mir klar, dass man Verbrecher und Psychologe werden kann: Man wird Beamter!“

Die Atmosphäre dieser Tatort-Folge wirkt durchgängig befremdlich und steigert sich gelegentlich ins Bedrohliche. Objekte wie eine Kuckucksuhr oder die Mechanik eines Fahrstuhls, der eine besondere Bewandtnis für die Geschichte haben wird, verselbständigen sich.

Was wäre ein Tatort mit Borowski aber ohne diesen besonderen, vielleicht typisch norddeutschen Humor, ich würde fast sagen: Borowski’schen Humor. So lernt Borowski beim Abendessen in Friedas Wohnung deren Mutter Constanze Jung kennen, eine Hippiefrau mit Wohnsitz Ibiza. Skeptisch fragt sie den Verlobten ihrer Tochter aus: „Und Sie waren schon immer Beamter, Klaus?“ Der kontert: „Nein, zuerst war ich Kind.“

Aber auch Korthals beweist einen gewissen Humor, als er Borowski gegrüßt: „Willkommen auf der dunklen Seite, mein Freund.“

Am Schluss muss man sich fragen, wie es mit Borowski als Kieler Ermittler weitergehen soll. Seinem Chef hatte er seinen Dienstausweis vor die Füße geworfen, ihn später sogar niedergeschlagen. Es ist Borowskis Kollegin Brandt, die es als erste begriffen hat, welches Spiel Borowski treibt und ihn bestaunend nur noch als eine „geniale Sau“ gezeichnet kann. Eines steht bereits fest: Klaus Borowski bleibt uns erhalten!

Und noch eines steht fest: Mit Borowski und Frieda Jung ist es zu Ende. Für sie war das alles einfach zu viel des Guten. Am Ende der Folge schauen sich Borowski und seine Frieda einen Rohbau an, sie wollten zusammenziehen – vor dem Korthals-Fall. „Da ist viel Raum für Kreativität und Entspannung. Die Lebensfreude springt einen hier ja an – finden Sie nicht?“, sagt die Klischee-Maklerin. „Ich glaube, es ist zu groß für uns“, sagt Borowski. Und meint damit mehr als die Immobilie.

siehe auch: spiegel.de/kultur/tv

Übrigens: Inzwischen wird spekuliert, ob es sogar eine 3. Kieler Tatortfolge mit ‚dem stillen Gast‘ geben könnte. Angeblich liegen entsprechende Pläne hierzu bereits vor.

Außerdem: Der 1000. Tatort ist bereits in Arbeit: „Taxi nach Leipzig“ hieß der erste ausgestrahlte Tatort aus dem Jahr 1970 – und genauso lautet auch der Titel der 1000. Episode. Damals ermittelte der NDR Kommissar Paul Trimmel alias Walter Richter, nun sind es die Ermittler Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Klaus Borowski (Axel Milberg). Zu sehen ist die Jubiläumsfolge in der ARD kommendes Jahr im Oktober, die ersten Szenen werden bereits gedreht – in Salzgitter und Braunschweig.

Tatort (007) aus Köln: Kressin stoppt den Nordexpress (1971)

Die Kriminalfilmreihe Tatort in der ARD gibt es nun schon seit fast 45 Jahren. Unter den ersten Folgen waren gleich drei, in denen der Zolloberinspektor Kressin (gespielt von Sieghardt Rupp) bundesweit ermittelte, so beispielsweise in Köln, Hamburg oder Bonn. Auch im angrenzenden Ausland war Kressin tätig, wie Lüttich in Belgien oder Kopenhagen in Dänemark.

Kressin tritt stets in smarter James-Bond-Manier auf, mit coolen Sprüchen und begleitet von hübschen Mädchen. Seinem Charme und Charisma können nur die wenigsten Damen widerstehen. Mit reichlich Haargel, lässiger Kleidung und sportlicher Figur stellt er sich allen Herausforderungen. Obwohl meist in Geldnöten, so ist Kressin nicht bestechlich.

Neulich lief die siebte Tatort-Folge von bisher über 950: Kressin stoppt den Nordexpress im hr-fernsehen. Dort werden jeden Samstagabend gegen 21 Uhr 45 zz. viele alte Folgen aus Deutschlands beliebtester Krimireihe wiederholt.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Da ich ‚Tatort‘ von Anfang an kenne, interessierte mich natürlich diese Folge aus der Anfangszeit:

Die in Schweden gefassten Schwerverbrecher Brockhoff und Katolli werden in Begleitung der Kriminalbeamten Kaufhold und Markowski mit der Eisenbahn – genauer: dem Nordexpress über Kopenhagen und Puttgarden – von Malmö nach Deutschland überführt, erscheint ein Transport im Flugzeug doch hinsichtlich möglicher Befreiungsaktionen zu heikel. Genau dies jedoch führt der zwielichtige Gangsterboss Sievers im Schilde: Er hat in einem abgelegenen Anwesen eine erkleckliche Schar von Spezialisten zusammengezogen, die emsig die eisenbahntechnischen Aspekte zur Durchführung einer Befreiung der beiden proben: Das Führen einer Lokomotive, die Pflichten eines Zugführers, die Feinheiten des Zugpostfunks, sogar ein Speisewagenkellner ist zugange. Sie alle sollen in einer generalstabsmäßig geplanten Operation die Kontrolle über den Nordexpress erringen und ihn an einer dafür vorgesehenen Stelle auf freier Strecke zum Halten bringen – natürlich in einer Weise, die die restlichen Fahrgäste bis zur eigentlichen Befreiung ahnungslos lässt.

Unterdessen wird Zollfahnder Kressin, der die Ermittlungen in einem Fall von Porno-Schmuggel in Kopenhagen dazu nutzt, sich nebenher mit seiner Freundin Birgit zu vergnügen, von seinem Vorgesetzten dringend nach Köln zurückgerufen; auf dessen Anweisung gleichfalls per Bahn, da eine Flugreise kurzfristig nicht ohne weiteres verfügbar ist. Den letzten Ausschlag für die Bahnreise jedoch gibt eine blonde, junge Frau, die Kressin im Reisebüro auffällt, als sie eine Fahrkarte für den Nordexpress löst. Zufälligerweise sieht er dieselbe Frau später mit einem schweren Koffer aus einem Sex-Shop kommen. Im Zug arrangiert er einen Sitzplatz neben ihr im selben Abteil, ihr Koffer reist unbeobachtet im Nachbarabteil mit. Kressin, Hansdampf in allen Gassen, verwickelt natürlich umgehend Pernille, so der Name der jungen Frau, in ein Gespräch.


Tatort Folge 7: Kressin stoppt den Nordexpress (1971)
(Video bei youtube in besserer Qualität)

Also ganz in James-Bond-Manier überwältigt Kressin den falschen Lokführer und stoppt den Zug, damit die Polizei die Gangster verhaften kann. Und man wird es sich fast denken können. Der Koffer jener Pernille enthält Porno-Heftchen, die sie nach Deutschland zu schmuggeln gedachte (damals war das durchaus lukrativ). Kressin drückt natürlich ein Auge zu.

Kressin würde heute mit seiner Macho-Art wohl kaum bei Frauen landen, zu plump, zu abgeschmackt und sexistisch wirkt und ist das. So ist diese Folge aus dem Jahr 1971 durchaus auch ein Rückblick auf Verhaltensmuster der damaligen Zeit. Interessant sind vor allem aber die Einblicke in den Eisenbahnbetrieb der 1970er-Jahre. Es werden Aspekte der Stellwerks- und Zugleittechnik sowie des Fahrdienstes beleuchtet. Daneben sind der Eisenbahnfährbetrieb Rødby-Puttgarden und zahlreiche mittlerweile historische Lokomotiven und Reisezugwagen – wenngleich auch nicht immer in ganz stimmigen Zusammenstellungen – zu sehen.

Kressin (Sieghardt Rupp) mit Freundin Birgit (Gitte Hænning) im dänischen Pornoladen

Und der Auftritt der damals sehr populären, aus Dänemark stammenden Schlagersängerin Gitte Hænning zu Beginn des Films als Kressins Freundin Birgit zeigt, dass nicht erst heute Schlagersternchen, z.B. Roland Kaiser als Schlagersänger Roman König in einem Münster-Tatort – und demnächst die unsäglich atemlose Helene Fischer mit brünetter Perücke und Pistole im neuesteen Til-Schweiger-Tatort (Sendetermin 22. November 2015), die Plattform Tatort zu nutzen verstehen.

Wie auch immer: Sie war mehr amüsant als spannend diese in die Jahre gekommene Tatort-Folge, aber sie ist durchaus empfehlenswert für junge Tatort-Fans.

Tatort (957) aus Salzgitter (2015): Verbrannt

Die Macher der Tatort-Folge Verbrannt wurden sicherlich durch hehre Absichten geleitet, als sie eine wahre Begebenheit aus dem Jahr 2005, den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh aus Sierra Leone, der in Dessau in Polizeigewahrsam verbrannt ist, ins Tatort-Format überführten. Ort der Handlung ist Salzgitter, wo die Bundespolizisten Falke und Lorenz ermitteln. So sehr die Flüchtlingsthematik höchst aktuell ist, so sehr erweist sich die Verarbeitung zu einem Kriminalfilm als ziemlich ‚tückisch‘. Aber zunächst kurz etwas zum Inhalt:

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Graue Herbsttage. Die Ermittlungen in einer niedersächsischen Kleinstadt setzen Kommissar Falke gehörig zu. Zunächst prügelt er einen vermeintlichen Kontaktmann eines internationalen Schleuserrings krankenhausreif. Und als sich dann herausstellt, dass die Polizeiaktion ein einziges Missverständnis war und es sich bei dem Schwarzafrikaner um einen unbescholtenen Asylbewerber handelt, ist dieser bereits tot – verbrannt in seiner Zelle. Das schlechte Gewissen sitzt dem Kommissar im Nacken. Obwohl die Bundespolizei nicht zuständig ist, will Falke unbedingt die Klärung der Todesursache selbst in die Hand nehmen. Ganz zum Leidwesen von Katharina Lorenz: Der Gewaltausbruch ihres Kollegen bei der Festnahme hat bei ihr Spuren hinterlassen. Als sie Falke später mitteilt, dass sie den Polizeidienst quittieren wird, reagiert er zunächst fassungslos. Der eigene Ausraster, ein Polizeipräsidium, in dem mal eben über Nacht ein Mann unter mysteriösen Umständen zu Tode kommt und alle Kollegen dicht halten – und dann auch noch das! Es sind die Tage um den 3. Oktober – aber Deutschland zu feiern, dafür gibt es keinen Grund. In diesem Nest stinkt es gewaltig. (Quelle: tittelbach.tv)


Tatort (957) aus Salzgitter (2015): Verbrannt

Diese Tatort-Folge entpuppt sich am Ende als ein Fall von institutionellem Rassismus. Der Leiter der Polizeidienststelle hat seine Beamten (die Jungs, die „den Dreck wegmachen“ müssen) zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammengeschweißt, aus der ein Entkommen unmöglich ist. Es herrscht eine geradezu klaustrophobische Stimmung, die im Film sehr gut wiedergegeben wird. Dabei bleiben die Probleme des Einzelnen nicht unberücksichtigt. Eine junge Beamtin (überzeugend gespielt von Annika Kuhl) ist endlich bereit, eine Aussage zu machen, doch dann verlässt die allein erziehende Mutter der Mut.

Da die Handlung ziemlich begrenzt ist, bleibt Zeit, „die Befindlichkeiten der Kommissare hinreichend auszuloten.“ „Tückisch“ ist dabei, es soll ja eben ein Tatort-Krimi sein und bleiben, dass falsche Fährten (z.B. die Tür hinter dem erst kürzlich bewegten Schrank) gelegt werden. Auch die Auflösung mit dem zugespielten Video erweist sich als mehr oder weniger konstruiert. Aber es bleibt trotzdem ein „Film, der eine klare Haltung bezieht, es sich aber nicht zu einfach macht. Ein stimmungsstarker, dokumentarisch wirkender ‚Tatort‘, ganz aus der Perspektive der Kommissare erzählt“, sodass der Zuschauer nicht wie oft üblich meist mehr weiß als die Ermittler.

Übrigens berührt auch der nächste Tatort Kollaps, der am Sonntag (18.10.2015) aus Dortmund kommt, die Flüchtlingsfrage, die wir so schnell nicht beantwortet bekommen werden.

Honig im Kopf (2014)

Honig im Kopf ist eine deutsche Tragikomödie von Til Schweiger aus dem Jahr 2014. Schweiger spielte eine der Hauptrollen, führte Regie und schrieb zusammen mit Hilly Martinek das Drehbuch. Die weiteren Hauptrollen sind mit Emma Schweiger und Dieter Hallervorden besetzt; in Nebenrollen sind unter anderem Jan Josef Liefers, Fahri Yardım und Tilo Prückner zu sehen.

    Honig im Kopf (2014)

Nachdem seine geliebte Frau gestorben ist, wird der ehemalige Tierarzt Amandus (Dieter Hallervorden) zunehmend vergesslich. Bald ist er mit den Alltagsaufgaben seines neuen Singlelebens überfordert, deshalb nimmt sein Sohn Niko (Til Schweiger) den 70-Jährigen bei sich auf. Während Enkelin Tilda (Emma Schweiger) begeistert ist, den Opa im Haus zu haben, ist Schwiegertochter Sarah (Jeanette Hain) skeptisch. Sie sieht die Gedächtnislücken des alten Herrn und seine Weigerung, einen Arzt aufzusuchen, mit großer Sorge. Ihre kritische Haltung sorgt für weitere Spannungen in der durch diverse Seitensprünge ohnehin schon belasteten Ehe mit Niko. Als Amandus bei dem fehlgeschlagenen Versuch, einen Kuchen zu backen, fast das ganze Haus abfackelt, wird dann doch der Entschluss gefasst, für den Alzheimer-Kranken einen Platz in einem Pflegeheim zu suchen. Das wiederum kann Tilda überhaupt nicht verstehen. Das Mädchen hat eigene Ideen, wie es seinem Opa am besten helfen kann und macht sich mit ihm heimlich auf den Weg nach Venedig, wo Amandus einst seine Flitterwochen verbrachte. Eine turbulente Reise beginnt…

aus: filmstarts.de

So langsam komme ich mit meiner Frau in die Jahre. Die ersten Wehwehchen haben wir längst hinter uns gebracht. Und auch mit der Vergesslichkeit ist das so eine Sache. Okay, ich weigere mich schon längere Zeit, mir allen Käse zu merken. Aber nach und nach spielt der Gehirnkasten doch schon kleine Streiche. Da interessiert man sich auch plötzlich für einen Film, wie den von Til Schweiger: Honig im Kopf.


Honig im Kopf (Trailer)

Wo Til Schweiger drauf steht, ist meist auch nur Til Schweiger drin. Und so liefert er schöne Bilder, gefühlvolle Musik, Humor (allerdings oft mit dem Hammer verabreicht) und viel Emotionalität. Leider vertragen sich solch hemmungslos eingeflößte Dosen Schweiger‘sche Familienkomödie nicht sonderlich gut mit einem ambitionierten Film über Alzheimer, denn darum geht es letztendlich im Film.

Wäre da nicht Dieter Hallervorden, der nach seiner mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichneten Darbietung in „Sein letztes Rennen“ wiederum eine weitere bemerkenswerte Leistung abliefert, dann wäre der Film nur eine seichte Komödie. Hallervorden macht aus Amandus einen willensstarken und eigensinnigen Mann, der mit Humor und Charakter gegen das Vergessen kämpft, ohne die Momente von Resignation und Verlorenheit zu beschönigen. Sicherlich ist auch die Leistung von Emma Schweiger erwähnenswert. Trotz des engagierten Protagonisten-Duos und einzelner starker Momente ist der überlange Film ein Fehlschlag. Til Schweiger findet nie die richtige Balance zwischen Krankheitsdrama und Komödie. Vielleicht hätte Schweiger zumindest dem ersten Teil seines Films auch den Untertitel Opa allein zu Haus geben sollen.

Und geradezu ätzend finde ich die Hauruck-Regie von Schweiger. Man schaue nur den Trailer an: Die kürzer als sekundenlangen Schnitte (im Film sind solche Sequenzen noch um einiges länger) verursachen Augenkrebs und fördern vielleicht auch noch die Alzheimer-Krankheit.

Mich verwundert es übrigens nicht, dass im Zusammenhang mit diesem Film von Manipulation in Hinsicht auf die Bewertungen durch Zuschauer die Sprache war: So sind wohl zahlreiche merkwürdige Bewertungen auf Film-Community-Portalen aufgetaucht, die den Verdacht nahelegen, dass es sich um Fake-Bewertungen handelt.

Okay, trotz der Überlänge (über 130 Minuten) und Til Schweiger (besonders als Regisseur) hat mich das Spiel von Dieter Hallervorden dazu verleitet, den Film zu Ende zu sehen. Ich kenne Hallervorden natürlich schon länger, auch seine Arbeit mit den Wühlmäusen. Die tollpatschige, vom ihm dargestellte Figur Didi in diversen Kinofilmen hat mir aber nie so ganz zugesagt. Mit seinem Alterswerk (Hallervorden wurde kürzlich 80 Jahre alt) überzeugt er dann aber auch mich.

Ach ja, noch eins: Immerhin hat sich Schweiger bemüht, nicht zu sehr zu nuscheln.


Honig im Kopf: Was passiert mit jemandem, der an Alzheimer erkrankt? – Im Film „Honig im Kopf“ liebt die junge Tilda (Emma Schweiger) ihren Großvater (Dieter Hallervorden) über alles. Im Filmausschnitt seht ihr eine passende Erklärung für das, was im Kopf des Opas gerade geschieht.

Tatort (600) aus Bremen: Scheherazade (2005)

Es sind jetzt 14 Jahre her, dass sich die Terroranschläge vom 11. September ereigneten. Vier Jahre danach wurde in der ARD die Tatort-Folge (600) Scheherazade ausgestrahlt, die diese Anschläge thematisierte.

Zu den Anschlägen vom 11. September haben sich viele Verschwörungstheorien entwickelt. Deren Vertreter gehen meist davon aus, dass die US-Regierung und/oder ihre Geheimdienste die Anschläge wissentlich zugelassen oder selbst durchgeführt haben. Eine dieser Theorien, nämlich die These von einer „kontrollierten Sprengung“ (controlled demolition) der eingestürzten WTC-Gebäude mit heimlich platzierten und gezündeten Explosivstoffen, ist Ausgangspunkt der Tatort-Folge aus Bremen mit den Ermittlern Inga Lürsen und Nils Stedefreund. Hinzu kommt, dass mehrere der Attentäter zuvor in Hamburg lebtenund dort zu einer Gruppe islamistischer Studenten an der Technischen Universität Hamburg-Harburg gehörten. Sie sollen nach Zeugenaussagen dort als „Hamburger Terrorzelle“ seit Frühjahr 1999 die Anschläge auf das WTC und das Pentagon zu planen begonnen haben.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Völlig verängstigt taucht eine junge Frau im Kommissariat von Inga Lürsen und Stedefreund auf. Nach einer langen Nacht, kurz bevor ein Täter endlich gestehen will, platzt sie mitten in das Verhör. Der Täter schweigt wieder.

Hauptkommissarin Inga Lürsen ist genervt und müde. Manu berichtet von einem brutalen Mord an ihrem Freund, aber Inga Lürsen glaubt ihr nicht. Für sie ist Manu eine Märchenerzählerin wie Scheherazade. Bereits vor Jahren hat sie Manu mit einem Geständnis überführt, für Totschlag im Drogenmilieu, und schon damals erzählte Manu oft Geschichten und nur selten die Wahrheit. Aber Manu lässt nicht locker, sie beharrt darauf, dass ihr Freund in den Terror um den 11. September verwickelt war. Nur Stedefreund – fasziniert von dieser Frau – ist bereit, sich auf ihre Behauptungen einzulassen. Er überredet Inga Lürsen, gemeinsam mit Manu zu der Wohnung zu fahren, in der die Leiche liegen soll; doch die Kommissare finden nichts – keine Leiche, keine Spuren, keinerlei Hinweise auf Manus Geschichte. Aber Stedefreund will der Geschichtenerzählerin glauben.

Nur für Inga scheint der Fall ganz klar, bis plötzlich ihre alte Liebe auftaucht, und dann muss auch sie sich für eine Wahrheit entscheiden.


Tatort (600) aus Bremen: Scheherazade (2005)

Nun die Tatort-Serie beschäftigt sich immer wieder mit aktuellen Themen. So wagte man sich in Bremen gut drei Jahre nach den Ereignissen vom 11.09.2001 an den brisanten Stoff. Christian Jeltsch schrieb das Buch. Er zeichnete auch für andere Vorlagen mit aktuellen politischen Motiven verantwortlich. Regie führten Peter Henning und Claudia Prietzel. Erwähnenswert ist auch die hervorragende Kameraarbeit von Ngo The Chau, der hierfür den Deutschen Fernsehpreis 2005 (Beste Kamera) und den Deutschen Kamerapreis (Fernsehspiel) bekam.

Am Ende bleibt dieser Fall zwangsläufig ungeklärt. Auch von dem Toten gibt es keine Spur. Aber der Zuschauer weiß, dass hier ‚höhere Interessen‘ eine Rolle spielen. Was als Zufall erschien, war von langer Hand geplant. Natürlich ist alles Fiktion. Aber wie die Wirklichkeit aussieht, wissen nur die wenigsten.