Kategorie-Archiv: WilliZ Jukebox

Gute Musik kann man immer wiederhören …

Pharoah Sanders: Hum-Allah-Hum-Allah-Hum Allah

In meiner Rubrik mit dem Gedankenaustausch über Ian Anderson von Jethro Tull werden zz. die Folk- bzw. Folkrockalben der Gruppe beleuchtet. Folklore in seinen unterschiedlichsten Varianten hat mich immer schon interessiert. Und so war ich vor vielen Jahren auf den Jazz-Saxophonisten Pharoah Sanders aufmerksam geworden. Sanders gilt als einer der Begründer des Ethno-Jazz, wobei er den Islam und die spirituellen Traditionen Afrikas oft in seine Arbeiten einbezog und sie zum Thema seiner Musik machte.

Ich habe da eine LP (genau die meist schwarzen Dinger aus Venyl) von Sanders aus dem Jahre 1969: Jewels of Thought. Und gleich das erste Stück von 15 Minuten Länge hat es mir angetan. Es ist ein schönes Beispiel für die oben getroffene Aussage: Etho-Jazz mit Bezügen zum Islam und zu afrikanischen Traditionen – Hum-Allah-Hum-Allah-Hum Allah.

Pharoah Sanders: Jewels of Thought (1969)

Keiner jodelt besser als ein Schwarzafrikaner bzw. einer deren Nachkommen. Das Stück ist eine Meditation und die Botschaft eine gänzlich friedliche. Ich habe mir erlaubt, den Beginn des Stückes (etwa 4 Minuten) hier einzustellen. Das Stück wurde übrigens am 20. Oktober 1969 u.a. mit Leon Thomas (Gesang) und Lonnie Liston Smith am Piano in New York City aufgenommen.

Pharoah Sanders

Viel Ruhe und Besinnlichkeit beim Hören:


Pharoah Sanders: Hum-Allah-Hum-Allah-Hum Allah

Wie gesagt, die gute Scheibe habe ich als Venyl-LP vorliegen und sie mir mit dem Nero Wave-Editor 3 auf meinem Rechner geholt. Leider hat die Scheibe schon sehr viele Kratzer, sodass es eigentlich kein großer Hörgenuss mehr ist, sie abzuspielen. Aber auch da hilft der Wave-Editor von Nero, z.B. mit der Klangoptimierung DeClicker kann man störendes Knacksen und Knistern herausfiltern. Und mit dem Werkzeug DeEsser können unangenehme Zischlaute aus Gesangsaufnahmen entfernt werden. Daneben gibt es noch jede Menge anderer Werkzeuge und Effekte. Man muss schon etwas herumexperimentieren (und sollte sich die Ursprungsdatei aufbewahren, um die LP nicht noch einmal aufnehmen zu müssen), denn nicht immer sind die Default-Einstellungen (Voreinstellungen vom Programm her) die besten (es besteht die Gefahr, mehr herauszufiltern, als man eigentlich möchte). Es kann dann auch passieren, dass man am Ende ‚taube‘ Ohren hat und nicht mehr so recht weiß, was besser klingt. Ich finde den Nero Wave-Editor in Version 3 auf jeden Fall sehr brauchbar.

Steamhammer: Junior ’s Wailing

Kürzlich erhielt ich eine Mail von einem alten Kumpel aus früheren Ausbildungszeiten. Er war über meine Jethro Tull-Seiten gestolpert und wollte wissen, ob ich jener Wilfried bin, der ich ehemals einmal war. Ganz der Gleiche bin ich mit Sicherheit nicht, immerhin sind seitdem über 30 Jahre ins Land gestrichen. Der alte Kumpel selbst hat sich fernab in Marburg niedergelassen.

Da ich jetzt dabei bin, alte Vinyl-Schallplatten zu digitalisieren, so stieß ich auch auf eine LP der Gruppe Steamhammer. Die Gruppe war Anfang der 70-er Jahre eine der großen Open-Air-Attraktionen, da sie eine starke Live-Performance hinlegten. Leider verkauften sich ihre Platten weniger gut, sodass sich die Gruppe frühzeitig auflöste und heute nur noch alten Rockhasen bekannt sein dürfte.

Steamhammer: Junior's Wailing

Ich weiß nicht mehr genau, wann es war, ich denke im Herbst 1971, da sah ich die Gruppe live in einem kleinen Club (es war wohl irgendeine Festhalle, die zu einer Dorfkneipe gehörte) in Brake, gegenüber von Bremerhaven. Und ich war dort mit eben dem alten Kumpel, der mir jetzt gemailt hat. Ich erinnere mich daran, dass ich vor dem Bass-Lautsprecher stand, dessen tiefe Töne mir ziemlich auf dem Darm ginnen. Da der Laden gerammelt voll war, gab es auch kein Entweichen.

Vom Steamhammer gibt es immerhin ein Lied, das es wohl auch bis in die Charts geschafft hatte: Junior’s Wailing, eine gekonnte Mischung aus Blues und Rock. Als ich das Plattencover in Händen hielt, hatte ich die Hauptmelodie gleich wieder im Kopf. Es gibt so manche Gitarrenriffs, die wird man nie wieder los. Und dieser ist hammerhart, dampfhammerhart:


Steamhammer: Junior’s Wailing

In Extremo: Der zweite Merseburger Zauberspruch

Literatur lebt von der Sprache. Und besonders die Sprache ist stetigem Wandel unterzogen. Damit auch die Literatur. Was wir heute als Hochdeutsch kennen, hat sich somit über viele Jahrhunderte entwickelt. Die schriftlich bezeugte Form der deutschen Sprache in der Zeit von etwa 750 bis 1050 wird als Althochdeutsch bezeichnet. Aus dieser Zeit stammen auch die Aufzeichnungen einige Verse, die uns als Merseburger Zaubersprüche überliefert sind.

Nach dem ersten Merseburger Zauberspruch hier nun der zweite. Die Verse stammen aus vorchristlicher Zeit, also vor 750 n. Chr., und sind die einzigen erhaltenen Zeugen germanisch-heidnischer Religiosität in althochdeutscher Sprache.

Balder (auch Phol) und Wodan reiten durch den Wald (holza), wobei sich Balders Pferd den Fuß verrenkt. Wodans Spruch daraufhin: „Bein zu Bein, Blut zu Blut, Glied zu Glied, als ob sie geleimt seien“. So zeigen Darstellungen aus dem 5./6. Jahrhundert Wodan beim Heilen eines Pferdes. Leider können die anderen (Götter-)Namen nicht eindeutig identifiziert werden. Klar ist nur „Uuôdan“ (Wodan, Wotan, Odin) und „Frîia“ (Frigg, die Frau von Odin). Bei den anderen Namen ist nicht einmal sicher, ob es wirklich Namen von Göttern sind, da verschiedene Interpretationen ihrer Übersetzung zu finden sind.

Phol ende uuodan
uuorun zi holza.
du uuart demo balderes uolon
sin uuoz birenkit.
thu biguol en sinthgunt,
sunna era suister;
thu biguol en friia,
uolla era suister;
thu biguol en uuodan,
so he uuola conda:

sose benrenki,
sose bluotrenki,
sose lidirenki:
ben zi bena,
bluot zi bluoda,
lid zi geliden,
sose gelimida sin.

Phol und Wodan
ritten in den Wald.
Da wurde dem Fohlen Balders
der Fuß verrenkt.
Da besprach
(vgl engl. to beguile) ihn Sinthgunt
und Sunna, ihre Schwester;
da besprach ihn Frija,
und Volla, ihre Schwester;
da besprach ihn Wodan,
wie nur er es verstand:

Sei es Knochenrenke,
sei es Blutrenke,
sei es Gliedrenke:
Knochen zu Knochen,
Blut zu Blut,
Glied zu Gliedern,
als ob geleimt sie seien.

Erklärungen:
walkürenartige Frauen: Walküren (altnordisch „diejenigen, die bestimmen, wer auf dem Kampfplatz fallen soll“ (wobei sie das Schicksal nur verwalten), in der germanischen Mythologie die Botinnen des obersten Gottes Wodan (Odin), die über die Schlachtfelder reiten, die gefallene Einherier durch ihren Kuss zu ewigem Leben erwecken und sie nach Asgard entrücken, um bei der Schlacht gegen Utgard zu kämpfen, bei der alles Leben erlöschen soll und Baldur die neue Welt einleiten soll. Eventuell identisch mit den Disen, weibliche Gottheiten aus der nordischen Mythologie. Eine Dise, altnordisch dís / dísir, altschwedisch dis, ist eine Art weibliche Fruchtbarkeitsgottheit, eventuell mit den angelsächsischen Idisi verwandt.
Balder: Aus der nordischen Mythologie der Gott des Lichtes.
Wodan: Der südgermanische Gott Wodan entspricht weitgehend dem nordischen Odin und war der Hauptgott.

Auch von diesem 2. Zauberspruch gibt es von der Gruppe „In Extremo“ eine musikalische Überarbeitung.


In Extremo: Merseburger Zaubersprüche 2

Beide Zaubersprüchen, von „In Extremo“ interpretiert, gibt es auch als Video zu sehen, aufgenommen live auf dem Kyffhäuser 2002:

In Extremo – Merseburger Zaubersprüche I (Live) Kyffhäuser 2002

In Extremo – Merseburger Zaubersprüche II (Live) Kyffhäuser 2002

Zur Gruppe “In Extremo” siehe auch meinen Beitrag: Bagpipes (Sackpfeife – Dudelsack – Quetschsack)

In Extremo: Der erste Merseburger Zauberspruch

Bis zur Zeit Karl des Großen wurden Sprüche, Heldenlieder und Geschichten noch mündlich überliefert. Karl der Große ordnete an, das alte Wissen zu dokumentieren, um es für die Nachwelt aufzubewahren.

So wurden im 10. Jahrhundert auch die so genannten zwei Merseburger Zaubersprüche wohl von einem schriftkundigen Kleriker, wahrscheinlich im Kloster Fulda, auf einer freigebliebenen Seite eines liturgischen Buches in karolingischen Minuskeln eingetragen. Die Verse selbst stammen aus vorchristlicher Zeit, also vor 750 n. Chr., und sind die einzigen erhaltenen Zeugen germanisch-heidnischer Religiosität in althochdeutscher Sprache.

Eiris sâzun idisi,
sâzun hera duoder.
suma hapt heptidun,
suma heri lezidun,
suma clûbôdun
umbi cuoniouuidi:
insprinc haptbandun,
inuar vîgandum.

Einmals setzten sich Idise (zauberstarke Schlachtjungfrauen, den Walküren verwandt),
setzten sich hierhin, dorthin und dahin,
manche Hafte hefteten (d.h. sie festigten die Fesseln der feindlichen Gefangenen),
manche lähmten das Herr (der Feinde),
manche klaubten um heilige Fesseln (es sind die Fesseln aus Eichenzweigen, mit denen der Priester oder König die Gefangenen umwindet, die als Opfer für die Götter bestimmt sind; diese Fesseln lockern die Idise):
Entspring den Haftbanden,
entfahr den Feinden!

Übertragung: von der Leyen
Aus: Aus deutschem Herzen – Verlag Moritz Diesterweg – 11. Auflage 1964

1. Merseburger Zauberspruch (vor 750 n.Chr.)

Von diesem ersten Merseburger Zauberspruch, der zur Befreiung von Gefangenen dienen Sollte, gibt es von der Gruppe „In Extremo“ eine sehr schöne musikalische Überarbeitung.


In Extremo: Merseburger Zaubersprüche

Zur Gruppe „In Extremo“ siehe auch meinen Beitrag: Bagpipes (Sackpfeife – Dudelsack – Quetschsack)

Carla Bruni: No Promises

In Turin geboren wuchs Carla Bruni in Frankreich auf. Ihr Vater war Mitinhaber des Pirelli-Konzerns, ihre Mutter war klassische Konzertpianistin. Sie ist die Schwester der Schauspielerin Valeria Bruni-Tedeschi und war in den 90-er Jahren eines der bestbezahlten Modells der Welt, bevor sie 2002 mit ihrem ersten Album „Quelqu’un m’a dit“, das in Frankreich ein Nummer-Eins-Hit wurde, ins Musikgeschäft einstieg.

In diesen Tagen kam nun ihr 2. Album „No Promises“ heraus. In Frankreich dürfte sie damit für Wirbel sorgen, denn dort wird man fragen, warum sie sich nicht bei Rimbaud, Verlaine und Baudelaire bedient, sondern nur Engländer zu Ehren kommen lässt. Und den Iren William Butler Yeats mit seinen allerdings zu Brunis Singsang völlig passenden Zeilen: „Come let me sing into your ear … I carry the sun in a golden cup.“

Carla Bruni: No Promises Carla Bruni
Carla Bruni: No Promises

Die Stimme ist rauh, wie von Gauloises gefärbt. Schrieb ich oben von Singsang? Sicherlich kann man ihr nicht bescheinigen, wirklich singen zu können. Aber das spielt bei diesen Liedern auch nur eine untergeordnete Rolle. Die Lieder handeln von Liebe, aber auch vom Altern, von Ängsten, Schmerz und Unsicherheit. Das Ganze ist musikalisch spärlich instrumentaliert. Aber genau von daher geht der einzigartige Reiz dieser Lieder aus. Nicht mehr Chanson, eher vom Folk beeinflusster Rock. Und irgendwie mit einer erotischen Note.

Carla Bruni: Afternoon

Norah Jones: Not Too Late

Inzwischen wissen es (fast) alle: Norah Jones ist die Tochter von Ravi Shankar, dem indischen Sitarspieler, der vor allem durch die Beatles und die Zusammenarbeit mit dem Geiger Yehudi Menuhin auch außerhalb Indiens Berühmtheit erlangte, und Halbschwester von Anoushka Shankar, die wie der Vater der indischen Musik zugewandt ist und ebenso Sitar spielt.

Nun, Norah Jones hat mit indischer Musik wenig am Hut und ist Sängerin und Pianisten von Liedern, die irgendwo zwischen Jazz, Pop und Folk liegen. Und sie hat 2003 und 2005 insgesamt 10 Grammys abgesahnt, u.a. 2005 als Best Female Pop Vocal Performance für das Lied „Sunrise“.

Norah Jones: Not Too Late

In diesen Tagen nun erscheint ihr neuestes Album „Not Too Late“. Wieder glänzt Miss Jones mit schönen Balladen, die wiederum mit minimalem Einsatz von Instrumenten (da bisschen Klavier, dann etwas Gitarre, meist akustisch – dazu etwas Standbass – höre ich Schlagzeug? Wenn, dann streichelt der Drummer meist mit dem Besen das Trommelfell des Snaredrums und unserer Ohren) eingespielt sind. Über allem die rauchige Stimme von Norah Jones.

Norah Jones: The Sun Doesn’t Like You

offizielle Website von Norah Jones

Sophie Auster: Sophie Auster

Wenn ein Mädel von 16 Jahren ihre erste Scheibe aufnimmt, dann noch u.a. Tom Waits als ihr musikalisches Vorbild nennt, dann muss da schon etwas besonders sein – an dem Mädel. Nun Sophie Auster ist die Tochter von Paul Auster, den wir als Schriftsteller und Filmregisseur kennen. Und sie hat sich für ihre erste CD auch der Dienste des Papa bedient. Mehrere Texte von französischen Dichtern hat dieser ins Englische übersetzt. Und nicht nur die Texte, sondern auch die Musik hat sehr viel Französisches an sich.

Erstaunlich ist aber diese Stimme – für eine 16-Jährige. Sicherlich fehlt dieser noch der letzte Schliff. Aber es ist die Stimme, wie sie kaum zu diesem Alter passt.

Inzwischen ist Sophie Auster 19 Jahre alt und erinnert mich vom Aussehen her an die frühe Natalie Imbruglia (ihr Vater erinnert mich irgendwie an Franz Kafka – muss an der Herkunft liegen), also bemerkenswert attraktiv.

CD-Cover: Sophie Auster Sophie Auster
Sophie Auster

Inzwischen bedient sich umgekehrt der Vater des schauspielerischen Talents seiner Tochter. In Frankreich ist Sophie Auster bereits ein gefeierter Star. Mag an der Musik liegen. Hier ein kleiner Ausschnitt aus ihrer ersten CD: Sophie Auster

Sophie Auster: The Swimmer

weitere Infos bei laut.de

Neues für WilliZ Jukebox – Nov. 2006

Also nun wirklich genug von Jethro Tull (wenigstens für heute). Was gibt es Neues auf dem Markt? In diesem Tagen sind drei neue Alben erschienen, die ich mir dann auch genauer angehört habe.

Nach der kurzzeitigen Reunion mit seinen Kollegen von der Gruppe Cream, dem dann eher enttäuschenden Album „Back Home“ von 2005, in dem Eric Clapton sicherlich ein breiteres Stilspektrum (von Blues über Reggae bis hin zu Folk) füllte, aber dabei doch sehr im Konventiellen verblieb (nur keine Experimente), traf er sich jetzt mit einer anderen Gitarrenlegende, JJ Cale, um das Album „The Road to Escondido“ aufzunehmen. Wer kennt nicht die Lieder „After Midnight“ und „Cocaine“, mit denen Clapton Erfolge feierte, die aber aus der Feder von JJ Cale stammen. Um es gleich zu sagen: Das Produkt der beiden ist ein überaus altmodisches Album. 14 Songs zwischen Blues, Country, Rock und Folk. Bisschen dünn die Stimmen (Clapton scheint sich da dem guten Cale abzupassen), dafür hätte es ein bisschen mehr Gitarre sein können. Alles insgesamt ohne große Schnörkel.

Von Tom Waits gleich eine 3-CD-Box mit insgesamt 56 Liedern, Liedchen und Geschichtchen: Orphans. Alles Waisenkinder, die zurück zu ihrem musikalischen Vater finden: unveröffentlichtes Material und neu Aufgenommenes (u.a. Lieder, die Waits anderen Künstlern überlassen hatte) – eingeteilt in drei Kategorien:

Brawlers: knorriger Blues und stampfende Songs
Bawlers: Balladen, Songs mit Klavierbegleitung, dazu Walzer und „Wiegenlieder“
Bastards: Waits mit experimenteller Musik und Geschichten

Ein breites Spektrum also, das Waits da bietet. Und zu allem, was er in den vielen Jahren seines Schaffens produziert hat, finden sich hier musikalische Beispiele. Als kleine Kostprobe habe ich ein Lied gewählt, das vielleicht nicht repräsentativ für dieses Dreifachalbum ist, das aber schon fast allein für sich den Kauf rechtfertigt.

Wer in meinem Alter ist, wird sicherlich die Lieder von Cat Stevens kennen: Moon Shadow, Morning has Broken – um nur zwei Beispiele zu nennen dieser Sänger-Songwriter-Pop-Musik früherer Jahre, eingängig, aber nicht öde, mit vielen Folk-Elementen besetzt. Dann trat Cat Stevens zum Islam über und nennt sich seitdem Yusuf Islam. Es wurde musikalisch gesehen still um ihn. Sein letztes Album erschien vor nun 28 Jahren. Und jetzt nach dieser langen Zeit eine CD namens „An Other Cup“.

Yusuf macht da weiter, wo Cat Stevens aufgehört hat. Sicherlich fließen Anleihen bei ethnischer Musik in seine neuen Stücke hinein, die Stimme ist reifer, klingt etwas ungeübt, auch sind seine Texte spirituell ‚angehaucht‘. Aber Neues ist es nicht. Wer also Cat Stevens möchte, wird auch Yusuf mögen.

JJ Cale - Eric Clapton: Road to Escondido JJ Cale – Eric Clapton: The Road to Escondido


Cale/Clapton: Last Will and Testament (Auszug)

Tom Waits: Orphans

Tom Waits: Orphans –
Brawlers, Bawlers & Bastards

3-CD-Box


Tom Waits: Take Care Of All My Children

Yusuf: An Other Cup  

Yussuf: An Other Cup


Yusuf: Midday (Auszug)

Sieben Tage lang – Das Lied vom Apfelwein

Es ist fast eine Hymne, das Lied „Sieben Tage lang“, das ich in der deutschen Fassung von der holländische Gruppe „Bots“ kenne und das Anfang der 80-er Jahre auf dem Album „Aufstehn“ erschienen ist. Die Gruppe wirkte in der Friedensbewegung und so ist auch das Lied eng mit der Friedensbewegung der 80-er Jahre verbunden. Es muss in der Nähe von Bremerhaven gewesen sein, ich erinnere mich nur dunkel daran, da sah ich die Gruppe und hörte natürlich auch das Lied. Der deutsche Text ist übrigens eine Übersetzung von Lerryn/Günter Wallraff („Lerryn“ ist der Künstlername des Liedermachers Dieter Dehm, der als Stasi-IM „Dieter“ Wolf Biermann bespitzelte, dessen Manager er war – so holt uns so nebenbei noch die deutsche Geschichte ein). Die Musik selbst ist das bretonische Volkslied „Son ar Chistr“, das Lied vom Cidre, also vom Apfelwein.

Sieben Tage lang

Was wollen wir trinken, sieben Tage lang,
was wollen wir trinken, so ein Durst.
Es wird genug für alle sein,
wir trinken zusammen,
roll das Fass mal rein,
wir trinken zusammen, nicht allein.

Erst müssen wir schaffen, sieben Tage lang,

erst müssen wir schaffen, komm fass an.
Und das wird keine Plackerei, wir schaffen zusammen,
keiner schafft allein,
wir schaffen zusammen, nicht allein.

Dann müssen wir streiten, keiner weiß wie lang,

ja, für ein Leben ohne Zwang.
Dann kriegt der Frust uns nicht mehr klein.
Wir streiten zusammen, keiner kämpft allein,
wir gehen zusammen, nicht allein.

Dann wollen wir trinken, sieben Tage lang,
was wollen wir trinken, so ein Durst.

Hier habe ich eine Fassung in holländischer Sprache vorliegen, die ich etwas gekürzt habe: Zeven dagen lang!

Son ar Chistr

Ev‘ chistr ‚ta Laou rak chistr ‚zo mat, lonla,
Ev‘ chistr ‚ta Laou rak chistr ‚zo mat.

Ev‘ chistr ‚ta Laou rak chistr ‚zo mat,
Ur blank ur blank ar chopinad, lonla,
Ur blank ur blank ar chopinad.

Ar chistr ‚zo graet e’it bout evet, lonla,
Ar chistr ‚zo graet e’it bout evet.

Ar chistr ‚zo graet e’it bout evet,
Hag ar merc’hed e’it bout karet, lonla,
Hag ar merc’hed e’it bout karet.

Wenn ich davon spreche, dass das Lied gewissermaßen eine Hyme ist, dann wohl deshalb, weil ich inzwischen auf unterschiedlichste Versionen gestoßen bin. Es muss Anfang der 70-er Jahre gewesen sein, da hat es der Harfenspieler Alan Stivell ausgegraben. Es gibt eine Fassung mit der schottischen Ballade ‚Willie’s Lady’. Der Text stammt aus einer Sammlung von englischen und schottischen Balladen, die der Amerikaner Francis James Child [1825-1896] zusammen getragen hat, unten ein Ausschnitt des Liedes (von Ray Fisher gespielt und gesungen).

WILLIE’S LADY

O Willie’s ta’en ower the raging faem
He’s woo’d a wife & he’s bocht her hame
He’s woo’d her for her lang yellow hair
But his mother wrocht her muckle care

And muckle dolour gar’d her dree
For light o‘ bairn his lady canna be
For light o‘ bairn she canna be

And aye she lies in her bower wi‘ pain
And Willie mourns his lady a‘ in vain
And Willie mourns her a‘ in vain

So Willie’s tae his wicked mither gane
The vilest witch o‘ womenkind

And says, „My lady has a bonnie cup
Wi‘ gowd & silver set aboot“

Forscht man lang genug im Internet, so findet sich u.a. eine Fassung der tschechischen Gruppe „Dick O‘ Brass“. Und lauscht man in das Lied „Gulliver“ von Angelo Branduardi, dann hört man sehr schnell, auch hier wurde die Musik des bretonischen Volkslieds „Son ar Chistr“ verwendet.

Aber auch damit nicht genug: Ich habe eine Fassung einer aus Russland stammenden Folkgruppe: Mervent. Und auch die bekannte irische Gruppe Chieftains hat das Lied eingespielt.

Das Lied ist wirklich ein europäischer Klassiker! Hier nun die unterschiedlichen Versionen:

Bots: Zeven dagen lang!

Alan Stivell: Son ar Chistr (Ausschnitt)

Ray Fisher: Willie’s Lady (Ausschnitt)

Dick O‘ Brass: Son ar Chistr (Ausschnitt) 

Mervent: Son ar Chistr

Chieftains: Son ar Chistr

Angelo Branduardi: Gulliver

Frank Zappa: I ‚m the Slime

Er war provokant und obszön, seine Musik schwer verdaulich und doch populär. Frank Zappa gilt bis heute als der kreativste Rockmusiker. So nennt u.a. Ian Anderson von Jethro Tull auf die Frage nach seinen ‚Helden‘: Frank Zappa (Scherzfrage – Scherzantwort?).

Frank Zappa auf dem Klo
Gleich nach dem Einstein-Bild mit ‚Zunge‘ das wohl bekannteste Bild: Zappa auf dem Klo

Es ist natürlich nicht nur Rockmusik, die aus der Feder von Zappa floss. Er machte u.a. mit Captain Beefheart, einem alten Schulfreund, eines der ersten Fusion-Alben (Verschmelzung von Rock und Jazz): Hot Rats.

Von seinen früheren Werken her und in der Zusammenarbeit mit der Gruppe Mothers of Invention gilt Zappa als der Vater, nein, als die Mutter des Undergrounds.

Aber auch das genügt noch lange nicht, um Zappas Musik zu beschreiben. Schon früh interessierte sich Zappa für Neue Musik und Klassik. So ist es kein Wunder, wenn er mit größerem Ensemble auftritt und Stücke auch für Orchester komponiert.

Zappa selbst spielte Gitarre und konnte endlose Soli hinlegen – wie auf vielen Scheiben belegt. Die für Zappa typisch tiefe Stimme ist das Ergebnis eines Unfalls, als Zappa Ende 1971 von einem Zuschauer von der Bühne gestoßen wurde und in den Orchestergraben fiel. Dabei zog er sich neben anderen schweren Verletzungen auch eine Kehlkopfverletzung zu.

1940 geboren starb Frank Zappa Ende 1993 an Prostatakrebs.

Es ist schwer, ein passendes Stück aus dem umfangreichen Werk Zappas herauszusuchen, das ihm in seinem gesamten musikalischen Spektrum halbwegs gerecht wird. So habe ich mich für I ‚m the Slime vom dem Album „Overnite Sensation“ aus dem Jahre 1973 entschieden. Es enthält neben der tiefen Gesangstimme Zappas auch ein kleineres Gitarrensolo, daneben aber auch die für Zappas Musik typischen Bläsersätze (gespielt u.a. von Ian und Ruth Underwood, Bruce Fowler und Sal Marquez); Keyboards von George Duke, am Bass Tom Fowler und Schlagzeug Ralph Humphrey – Jean-Luc Ponty spielt Geige.

I ‚m the Slime Ich bin der Schmant
I am gross an perverted
I ‚m obsessed ’n deranged
I have existed for years
But very little has changed
I am the tool of the Government
And industry too
For I am destined to rule
And regulate you
Ich bin unverschämt und pervers
Ich bin besessen und behämmert
Es gibt mich schon seit Jahren
Aber geändert hat sich sehr wenig
Ich bin das Werkzeug der Regierung
Und auch der Industrie
Denn ich bin dazu da, euch zu beherrschen
Und euer Verhalten zu steuern
Ich mag abscheulich und schädlich sein
Aber ihr seht immer wieder hin
Mit dem Zeug, das ich sage, rede ich euch ein
Daß ich was Leckeres bin
Ich bin das beste, was ihr kriegen könnt
Na, seid ihr jetzt im Bild?
Ich bin der Schmant, der euch
Aus eurem Fernseher entgegenquillt
You will obey me while I lead you
And eat the garbage that I feed you
Until the day that we don’t need you
Don’t go for help … no one will heed you
Your mind is totally controlled
It has been stuffed into my mold
And you will do as you are told
Until the rights to you are sold
Ich führe euch, und ihr müßt folgen
Und den Mist fressen, den ich euch vorsetze
Bis zu dem Tag, wenn wir euch nicht mehr brauchen
Geht keine Hilfe holen … niemand wird auf euch hören
Euer Denken ist total kontrolliert
Es ist in meine Schablone gepreßt
Und ihr werdet tun, was euch geheißen wird
Bis wir euch an was anderes verkaufen
That ’s right, folks …
Don’t touch that dial
Ganz recht, Leute …
Rührt diesen Knopf nicht an
Well, I am the slime from your video
Oozin‘ along on your livin‘ room floor
I am the slime from your video
Can’t stop the slime, people, lookit me go
Tja, ich bin der Schmant aus eurem Video
Der sich durch euer Wohnzimmer wälzt
Ich bin der Schmant aus eurem Video
Schaut her, Leute, nichts kann mich aufhalten

aus: Frank Zappa: Plastic People – Songbook – corrected copy (vom Meister persönlich)
Deutsch von Carl Weissner
Zweitausendeins
Copyright 1973 by Munchkin Music (ASCAP) u.a.

Zappanale in Bad Doberan
Zappas letzte posthume Veröffentlichung: Imaginary Diseases

Focus: Sylvia

Als alter Fan von Jethro Tull hat man immer ein offenes Ohr für artverwandte Klänge. Anfang der 70-er Jahre war es die Zeit für den so genannten Progressive Rock, dem man auch Ian Anderson und seine Mannen zurechnet. Aus Holland kam zu jeder Zeit eine Gruppe namens Focus, die selbst in Großbritannien und den USA Erfolge feierte (Jan Akkerman, der Gitarrist, wurde 1973 z.B. vom Melody Maker als weltbester Gitarrist gekürt).

Neben Jan Akkerman war es vorallem der Organist und Flötist (sic!) Thijs van Leer, der den Ton angab. Die Mitmusiker dageben wechselten öfter. So spielte 1972 Pierre van der Linden an den Trommeln und Bert Ruiter den Bass.

Focus 1972
Bert Ruiter – Thijs van Leer – Jan Akkerman – Pierre van der Linden

Die Musik von Focus war meist instrumental. Die menschliche Stimme wurde wie ein Musikinstrument eingesetzt wie z.B. in dem Stück Hocus Pocus, dem Jodeln von Thijs van Leer. Typisch für Focus wie den meisten Gruppen des Progressive Rock waren die suitenartigen, sogar sinfonischen Konzept-Stücke, die mit den unterschiedlichsten Stilrichtungen angereichtert wurden. Von dem Album Focus III aus dem Jahre 1972 sticht neben dem Stück „Round Goes the Gossip“ das Stück „Sylvia“ hervor, das ich hiermit dem Unkundigen vorstellen möchte: