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Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Kafka, der Prozess und das Kino

Franz Kafkas Prosa gilt vielen als unverdaulich, da sie zu schwer zu verstehen ist. Manche halten Kafka für krank. Wer solchen Kram geschrieben hat, konnte nur krank sein. Letzteres musste ich mir von einer Deutsch-Lehrerin einer Realschule anhören. Unfassbar!

Sicherlich ist Kafka starker Tobak. „So schwer der Gehalt des Werkes auch zu erfassen ist, so einfach, klar und schlicht ist andererseits die Sprache, in der es geschrieben ist.“ (Martin Pfeiffer: Erläuterungen zu Franz Kafka: Amerika / Der Prozeß / Das Schloß – Königs Erläuterungen und Materialien Band 209 – C. Bange Verlag, Hollfeld/Obfr. – 1981 – S. 57). Bei Kafka werden Alpträume gewissermaßen wahr, er ‚spielt’ mit seinen/unseren Ängsten und auch mit seinen/unseren Wünschen – und beschreibt diese dabei so real, wie es kein anderer Schriftsteller je geschafft hat. Nein, da fließt kein Blut. Der ‚Horror’, um dieses Wort einmal (und dann nie wieder) zu benutzen, ist viel subtiler bei Kafka. Nehmen wir Kafkas Roman „Der Prozess“ (nachzulesen u.a. im Projekt Gutenberg Spiegel Online). Hier wird eines morgens Josef K., ein aufstrebender Bankangestellter, mir nichts, dir nichts an seinem 30. Geburtstag zu Hause ‚verhaftet’. Eine richtige Verhaftung ist es eigentlich nicht, denn er wird nicht davon abgehalten, zur Arbeit zu gehen. Warum er verhaftet wird, weiß weder der ‚Aufseher’, noch wissen es die zwei ‚Wächter’, die K. daheim aufsuchen. Schon allein die Umstände dieser Verhaftung sind wie in einem Alptraum. Und das Ganze geht dann immer weiter.

Das gesamte Werk von Franz Kafka

Franz Kafka: Der Prozess - handschriftliche erste Seite
Quelle: franzkafka.de

Ich lese Kafkas „Der Prozess“ (Franz Kafka – Gesammelte Werke Band 2 – herausgegeben von Max Brot – Taschenbuchausgabe in sieben Bänden – Fischer Taschenbuch Verlag – April 1976) in diesen Tagen zum 3. Mal. Die letzten beide Male liegen schon lange zurück (1977 und 1987). Es wurde für mich als Kafka-Bewunderer also wieder ‚höchste Eisenbahn’. Hier in diesem Beitrag möchte ich mich lediglich mit dem ersten Kapital des leider unvollendeten Werkes beschäftigen und da auch nur mit den ersten 13 ¼ Seiten, der Verhaftung Josef K.s. Und das zudem aus einem ganz besonderem Blickwinkel.

Kafka interessierte sich sehr für ein neues Medium, den Cinémato- bzw. Kinematographen – also dem Kino (hierzu eine Seminararbeit zum Thema Franz Kafka und das Kino). Liest man die besagten gut 13 Seiten des Romananfangs, dann fällt einem sehr bald der „filmische Blick“ des Erzählers auf. Diese Seiten (und überhaupt das gesamte Werk) weisen einen hohen Grad an Visualität auf. Besonders die vielen Gesten der Handelnden werden – ähnlich wie in einem Drehbuch – sehr präzise beschrieben und erläutert, hier nur einige der vielen Textpassagen, die das belegen:

„.. machte eine Bewegung, als reiße er sich von den zwei Männern los …“ (S. 8 ) – „… und klopfte ihm öfters auf die Schulter.“ (S. 8 ) – „… hob aber schon einen Rock vom Stuhl und hielt ihn ein Weilchen mit beiden Händen, als unterbreite er ihn dem Urteil der Wächter.“ (S. 13) – „Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und einen Arm auf die Rückenlehne des Stuhles gelegt.“ (S 14) – „… schob seine Manschetten zurück, befühlte die Brust, strich sein Haar zurecht, …“ (S.16) – „Die drei jungen Leute hatten die Hände in die Hüften gelegt und sahen ziellos herum.“ (S. 17) – „Der Aufseher hob die Augen, nagte an den Lippen und sah auf K.s ausgestreckte Hand; …“ (S. 17)

Den Aufseher hat es dabei besonders ein Nachttisch angetan:

„… und verschob dabei mit beiden Händen die wenigen Gegenstände, die auf dem Nachttischchen lagen, die Kerze mit Zündhölzchen, ein Buch und ein Nadelkissen, als seinen es Gegenstände, die er zur Verhandlung benötige.“ (S. 14 f.) – „… fragte der Aufseher und stellte nun die Kerze in die Mitte des Tischchens, während er die anderen Sachen um sie gruppierte.“ (S. 15) – „… sagte der Aufseher und sah nach, wie viel Zündhölzchen in der Zündhölzchenschachtel waren.“ (S. 15) – „Der Aufseher schlug die Zündhölzchenschachtel auf den Tisch nieder.“ (S. 15)

Das ließe sich fortsetzen und zeigt das Bildhafte, ja geradezu Filmhafte des Romans auf. Und noch etwas habe ich gefunden, das die Nähe zum Film verdeutlicht. Gerade in diesen wenigen ersten Seiten gibt es so etwas wie einen Running Gag. Franz Kafka mag mir diese Bezeichnung verzeihen, aber Kafka benutzte hier ein Stilmittel, das dem ‚Dauerwitz’ sehr nahe kommt. Die Verhaftung von Josef K. wird nämlich während der gesamten Dauer aus dem Nachbarhaus beobachtet. Und in insgesamt acht Textpassagen (oder sind es vielleicht noch mehr) flocht Kafka diese Beobachtung in das Verhaftungsszenario mit ein:

(1) „… sah von seinem Kopfkissen aus die alte Frau, die ihm gegenüber wohnte und die ihn mit einer an ihr ganz ungewöhnlichen Neugierde beobachtete, …“ (S. 7)

(2) „Durch das offene Fenster erblickte man wieder die alte Frau, die mit wahrhaft greisenhafter Neugierde zu dem jetzt gegenüberliegendem Fenster getreten war, um auch weiterhin alles zu sehen.“ (S. 8 )

(3) „… drüben sah er die alte Frau, die einen noch viel älteren Greis zum Fenster gezerrt hatte, den sie umschlungen hielt.“ (S. 12)

(4) „… die beiden Alten von drüben, die wohl jetzt auf dem Marsch zum gegenüberliegendem Fenster waren.“ (S. 12 f.)

(5) „Im gegenüberliegendem Fenster lagen wieder die zwei Alten, doch hatte sich ihre Gesellschaft vergrößert, denn hinter ihnen, so weit überragend, stand ein Mann mit einem auf der Brust offenen Hemd, der seinen rötlichen Spitzbart mit den Fingern drückte und drehte.“ (S. 14)

(6) „Drüben war noch die Gesellschaft beim Fenster und schien nur jetzt dadurch, daß K. ans Fenster herangetreten war, in der Ruhe des Zuschauens ein wenig gestört. Die Alten wollten sich erheben, aber der Mann hinter ihnen beruhigte sie.“ (S. 16 f.)

(7) „‚Weg von dort’, rief er [K.] dann hinüber. Die drei wichen auch sofort ein paar Schritte zurück, die beiden Alten sogar noch hinter den Mann, der sie mit seinem breiten Körper deckte und, nach seinen Mundbewegungen zu schließen, irgend etwas auf die Entfernung hin Unverständliches sagte. Ganz aber verschwanden sie nicht, sondern schienen auf den Augenblick zu warten, in dem sie sich unbemerkt wieder dem Fenster nähern könnten.“ (S. 17)

Dann zuletzt als K. das Haus verlässt: (8) „…als plötzlich Kullich auf das gegenüberliegende Haustor zeigte, in dem eben der große Mann mit dem blonden Spitzbart erschien und im ersten Augenblick, ein wenig verlegen darüber, daß er sich jetzt in seiner ganzen Größe zeigte, zur Wand zurücktrat und sich anlehnte. Die Alten waren wohl noch auf der Treppe.“ (S. 19)

Max Brod, Freund und Herausgeber der Werke Kafkas schrieb in Franz Kafka. Eine Biographie (Neuausgabe 1974 mit dem Titel: Über Franz Kafka), dass Kafka beim Vorlesen aus diesem Werk vielfach laut lachen musste. Wenn man allein diese Passagen mit den Alten am Fenster liest, kann man das sehr gut nachvollziehen. So ernst und düster der Kern dieses Romans ist, so ist er doch nicht ohne Humor. Reiner Stach, Kafka-Biograf, bringt es in seinem Buch Kafka – Die Jahre der Entscheidungen auf den Punkt: „Denn furchtbar ist das Ganze, aber komisch sind die Details“. Und die Details sind wirklich aberwitzig. So studieren die Richter „Pornohefte statt Gesetzesbücher, sie lassen sich Frauen herbeitragen wie eine prächtige Speise auf einem Tablett. Die Henker sehen aus wie alternde Tenöre. Ein Gerichtsraum hat ein Loch im Boden, so dass ab und zu das Bein eines Verteidigers in den darunter liegenden Raum ragt.“ Besonders die sexuellen Aspekte weisen groteske Züge auf: „Die Frauen sind sirenenhaft, die Vertreter des Gerichts voller lüsterner Gier. Aber genauso ist auch K. voller unbeherrschter Gier Fräulein Bürstner gegenüber („… faßte sie, küßte sie auf den Mund und dann über das ganze Gesicht, wie ein durstiges Tier mit der Zunge über das endlich gefundene Quellwasser hinjagt. Schließlich küßte er sie auf den Hals, wo die Gurgel ist, und dort ließ er die Lippen lange liegen.“ – S. 30 f.) und erliegt ohne Gegenwehr den angebotenen Verlockungen.“ (Quelle: de.wikipedia.org) – Wenn das nicht filmreif ist?!

Ich kann mir nicht helfen: Würde Kafka heute leben, so könnte ich ihn mir sehr gut als Drehbuch-Autor für einen Film der Coen-Brüder vorstellen. Besonders ein Film wie A Serious Man könnte das Resultat einer Zusammenarbeit der drei sein. Oder vielleicht so: Die Coen-Brüder verfilmen in naher Zukunft Kafkas „Der Prozess“. Denkbar wäre das, ja, geradezu wünschenswert. Warum gerade die Gebrüder Ethan und Joel Coen? Beide sind Juden wie Kafka einer war. Und wellenlängenmäßig, so glaube ich schon, würden sie gut zueinander passen!

Bond und die Verblendung

Es hat drei Jahre gedauert, bis ich Daniel Craigs zweiten Bondauftritt in Ein Quantum Trost aus dem Jahre 2008 kurz nach Weihnachten gesehen habe. Meine Söhne und auch ich hatten nach Casino Royale kein Interesse an dem neuen Bond, der nicht mehr der James Bond alter Tage ist.

James Bond ist eine Kunstfigur besonderer Art. Mit seiner Lizenz zum Töten ist er nicht gerade ein Idol für eine friedvolle Auseinandersetzung der Völker und Kulturen. Oder wie ich hier einmal schrieb: Jede Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit wäre mehr als zufällig. Aber genau das ist es, was sie zu zeitlosen Helden macht. Sie sind zwar keine Superhelden wie Batman, Superman, Spiderman und wie sie alle heißen, aber im Grunde sind sie unschlagbar, auch wenn sie oft genug in brenzlige Situationen geraten. Durch ihre Intelligenz und ihren Spürsinn, durch ihren Charme und ihre ‚Schlagfertigkeit’ wissen sie sich immer zu helfen. Und alle drei [gemeint sind Emma Peel und John Steel aus der Serie „Mit Schirm, Charme und Melone“ – sowie James Bond] sind very british.

Allein dieses „very british“ vermissen meine Söhne und ich an dem neuen Bond. Ihm fehlt jegliche Selbstironie, die Briten auszeichnet. Sein Charme ist der eine Hyäne. Das Wenige an Witz, das er hervorbringt, ist lahm. Und seine Sprüche reißen keinem vom Hocker. Ausgeglichen wird das durch eine Orgie an Action und Gewalt. Aber was zu viel ist, das ist einfach zu viel. Selten habe ich mich vor dem Bildschirm so sehr danach gesehnt, dass diese endlosen Verfolgungsjagden und Schießereien endlich ein Ende finden. Das ist einfach mit der Zeit ermüdend.


Verblendung – ein Film von David Fincher (2011)

Und jetzt die Neuverfilmung von Stieg Larssons Roman „Verblendung“, dem ersten Teil der Millennium Trilogie (Verblendung – Verdammnis – Vergebung) – mit Daniel Craig. Als ich erfuhr, das die Amerikaner diesen außergewöhnlichen Kriminalroman erneut verfilmen wollten, sträubte sich einiges in mir.

Hollywood hat sich in den letzten Jahren immer wieder an Filmstoffen aus Europa bedient. Eine Zeitlang waren Neuverfilmungen französischer Filme angesagt. Jetzt sind es Plots aus Skandinavien. Soweit ich einen Vergleich hatte, haben mir die europäischen Filme immer wesentlich besser gefallen. Die Erstverfilmung von Verblendung, eine Gemeinschaftsproduktion auch mit dem ZDF, ragte besonders durch die Darstellung von Noomi Rapace der Lisbeth Salander hervor. In der amerikanischen Neuverfilmung (Regie: David Fincher) übernahm Rooney Mara diesen Part, die noch zerbrechlicher als Noomi Rapace wirkt, deren äußere Wandlung mich entgegen meinen Erwartungen doch stark überraschte.

Und Daniel Craig als kritischer Journalist Mikael Blomkvist? Ich weiß nicht, ich habe eine nicht so ganz erklärbare Antipathie gegen Daniel Craig. Vielleicht liegt es an dem Bond, den er verkörpert und den ich nicht mag. Allein sein Äußeres sagt mir nicht zu, den gedrungenen Körper und dieses dazu unpassende Gesicht … Dabei erscheint er mir ein durchaus sympathischer Typ zu sein. Immerhin hat er einige sehr gute Filme gemacht. Und in seinen Interviews redet er keinen allzu großen Käse (wie es sonst viele Schauspieler tun). Nun Daniel Craig ist ‚erträglich’ in Verblendung. Auch wenn ich mich nicht endgültig mit ihm anfreunden kann, so interpretiert er die Rolle doch auf eine neue Weise und nimmt sich sogar zurück, um „seiner jungen Kollegin eine perfekte Bühne für ihre großen Auftritte zu bereiten“.

Nun zum Inhalt des Films brauche ich nichts Neues zu sagen. Ich habe es ausführlich in meinen Beitrag zur schwedischen Erstverfilmung getan.

Entgegen meinen Erwartungen ist David Finchers Neuinterpretation des weltweit erfolgreichen Stieg-Larsson-Thrillers „Verblendung“ gelungen. Hollywood hat zwar wieder in Europas Kinolandschaft gewildert und dabei sicherlich nicht den schlechtesten Film herausgesucht. Statt einer Verwässerung des Filmstoffs nach amerikanischem Muster ist ein Film entstanden, der manchen Akzent anders setzt. Besonders Rooney Mara „verkörpert Lisbeth Salander kongenial als introvertiertes Mädchen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, das in den Ermittlungen eine Chance sieht, endlich seinen Platz in der Gesellschaft zu finden – nur um dann wieder und wieder enttäuscht zu werden. Diese verletzlichere Ausdeutung ist ganz sicher nicht so cool/kultig wie die von Noomi Rapace, erzählerisch gibt sie aber viel mehr her. Außerdem leuchtet Fincher die Beziehung zwischen Blomkvist und Salander (für ihn eine kuriose Faszination, für sie die erste große Liebe) bewusst stärker aus, was ihrer Figur noch einmal zusätzlich Tiefe verleiht.“ (aus: filmstarts.de)

Die Erstverfilmung war schon sehr krass. Wer nun glaubte, Fincher würde mit Rücksicht auf amerikanische Gemüter mit angezogener Handbremse agieren, muss sich getäuscht sehen. Seine Version der Rache von Salander an ihrem Peiniger fällt noch heftiger aus. Bei der expliziten Darstellung von Gewalt habe ich oft meine Probleme. Sie darf auf keinem Fall Selbstzweck sein, sondern sollte nur verdeutlichen, welche Bestie in manchen Menschen steckt. Denn allein dieses Wissen ist Schrecken genug. Fincher kratzt für mich leider sehr stark an dieser Grenze zum Zumutbaren.

Noch eines: Von Noomi Rapace, die die Rolle der Lisbeth Salander immerhin in drei Filmen gespielt hat, wissen wir, dass über diese Rolle ihre Beziehung zu ihrem Mann zerbrochen ist. Es ist eine Filmrolle, die eine junge Schauspielerin ganz und gar vereinnahmt und die man dann nicht zum Feierabend hin an der Garderobe abgeben kann. Wenn ich die Bilder der jungen Rooney Mara von früher mit denen von heute vergleiche, so stelle ich eine deutliche Veränderung des Gesichts und damit besonders der Mimik fest.

Man, man, oh man …

Lernwillig und lernfähig sei man, meint Herr Wulff; man wird auch ein wenig demütiger, man wird lebensklüger und man muss aus eigenen Fehler lernen. Man, oh man: Herr Wulff meint sich selbst mit diesem unzählig wiederholten „MAN“. Wie wäre es mit einem aufrichtigen „ICH“?

Inzwischen nimmt selbst in der Koalition die Kritik an dem Bundespräsidenten zu. Nicht nur das Krisenmanagement sei unprofessionell, auch die Kommunikation sei nicht so, wie sie sein sollte.

Nein, an Rücktritt denkt dieser Bundespräsident nicht. Er zeigt sich zuversichtlich und glaubt, die Krise bald überstanden zu haben. „In einem Jahr ist das alles vergessen“, soll er laut „Bild am Sonntag“ am Freitag bei einem Neujahrsempfang für seine Mitarbeiter gesagt haben.

Schuh-Demo gegen Christian Wulff - © zdf.de

Die Kunst des richtigen Rücktritts, davon versteht Herr Wulff nichts. Und längst hat er auch den Zeitpunkt verpasst, in Würde zurückzutreten. Alles wird ausgesessen. Aber das Fußvolk lässt ihn nicht so ohne Weiteres entkommen und protestiert nach arabischem Vorbild: Hunderte Menschen haben mit erhobenen Schuhen vor Schloss Bellevue demonstriert. „Wulff in die Produktion“ hieß es da auf Plakaten, oder „Bundespräsidenten haben kurze Beine“.

Herr Wulff versichert inzwischen, er wolle bis 2015 einen guten Job machen. ‚Endlich’ hätte er hinzufügen müssen. Denn sein Hauptproblem ist das ewige Schweigen. Ein Bundespräsident erzielt politische Wirkung hauptsächlich durch Reden, die gesellschaftliche Debatten aufgreifen oder anstoßen. Als Beispiele hierfür gilt u.a. die Weizsäcker-Rede anlässlich des 40. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges 1985. Aber Herr Wulff ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Ihm fehlt jegliches Feingefühl, jegliche Integrität für das Amt, das er ausfüllen soll. Es ist zu befürchten, das uns dieser Präsident noch drei ein halb Jahre weiter ‚erhalten’ bleibt.

Und noch eines: Es ist schon erschreckend, feststellen zu müssen, dass man in die Verlegenheit gerät, dem Schmierenblatt „Bild“ mehr zu glauben als einem Bundespräsidenten. Inzwischen kennen wir nähere Fakten zu der Mailbox-Nachricht, die Wulff beim Chefredakteur der „Bild“-Zeitung hinterlassen hat. Die Verweigerung zur Veröffentlichung hätte sich Wulff ersparen können. Tatsächlich hat Christian Wulff um einen Aufschub der Berichterstattung gebeten. Zugleich sei sein Anruf aber auch ein „Flehen und Drohen“ gewesen, bei dem die Worte „Krieg führen“ und „Strafantrag“ gefallen seien. Wulff hat also nicht gelogen, aber die Wahrheit hat er auch nicht ausgesprochen. Oder wie gesagt wurde: Herr Wulff hat ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit; für einen Bundespräsidenten ist das mehr als unangemessen.

E. L. Doctorow: Ragtime

Heute feiert der US-amerikanischer Schriftsteller und Publizist Edgar Lawrence Doctorow (* 6. Januar 1931 in New York City), der zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren der USA zählt, seinen 81. Geburtstag. In Deutschland wurde Doctorow bisher vor allem durch seine Romane Ragtime und „Billy Bathgate“ bekannt. Beide Romane wurden auch verfilmt, Ragtime 1981 von Miloš Forman (u.a. mit James Cagney in seiner letzten Rolle), zwischen der Formans Musicalverfilmung Hair (1979) und der Mozart-Biografie Amadeus (1984).

Leider ist der Film zz. nicht (oder überteuert) in deutscher Sprache erhältlich, hier ein kurzer Trailer bzw. weitere Ausschnitte:


Ragtime – Trailer

Auf den Roman Ragtime bin ich durch meine Recherche zu der Erzählung Michael Kohlhaas von Heinrich von Kleist gestoßen. Von der Verfilmung hatte ich zwar gehört, dachte aber wohl, es sei ein Musik- bzw. Musikerfilm.

Ragtime ist ein historischer Roman, der fiktive Charaktere mit historischen Persönlichkeiten verbindet, und 1975 veröffentlicht wurde. Er spielt im New York des anbrechenden 20. Jahrhunderts und verwebt drei Handlungsebenen. Der erste Erzählstrang konzentriert sich auf Figuren wie „Mutter“, „Vater“ oder „Mutters jüngerer Bruder“, die eine wohlhabende US-amerikanische Familie der damaligen Zeit darstellen sollen. Der Roman wird (wenigstens teilweise) aus der Sicht „des kleinen Jungen“ dieser „Familie“ geschrieben, allerdings in 3. Person Einzahl. Der zweite Erzählstrang handelt von jüdischen Einwanderern „Tate“ (Tateh) und Mamme (Mameh) in der Lower East Side. Im Mittelpunkt des dritten Erzählstrangs steht das Leben des Afro-Amerikaners Coalhouse Walker Jr., der ähnlich wie in der Erzählung Michael Kohlhaas von Heinrich von Kleist im Streben um soziale Gerechtigkeit scheitert: Als sein Auto, das legendäre Ford-Modell T, von weißen Rassisten demoliert wird, versucht er auf juristischem Weg Schadenersatz zu erlangen. Doch die Gesellschaft verweigert ihm seine verfassungsmäßigen Rechte. Seine Verlobte, die beim Vizepräsidenten der USA um Hilfe bittet, wird von Leibwächtern schwer verletzt und stirbt. Walker sammelt eine Gruppe desillusionierter schwarzer Jugendlicher um sich und startet als bewaffneter Revolutionär einen Rachefeldzug. Er gipfelt in der Besetzung der mit Kunstschätzen angefüllten Bibliothek des Großbankiers John P. Morgan. Der Vorname Coulhouse ist als literarische Referenz an die Erzählung von Kleist zu sehen. Doctorow hält sich in vielen Handlungsmomenten sehr dicht an der Vorlage, sodass sogar von einem Plagiat die Rede war. Nur das Ende von Coalhouse Walker ist anders. Die Polizei macht kurzen Prozess mit ihm, wie es die Amerikaner meist mit vermeidlichen Terroristen zu machen belieben.


New Rochelle/NY, Broadview Avenue – Wohnort der ‘Familie’

Im ganzen Buch treten historische Persönlichkeiten auf, unter anderem der Financier John Pierpont Morgan, der Automobilhersteller Henry Ford, die Schauspielerin Evelyn Nesbit, die Anarchistin Emma Goldman oder der Entfesselungskünstler Harry Houdini. Die Psychoanalytiker Sigmund Freud, Carl Gustav Jung und Sándor Ferenczi befinden sich 1909 auf einer Dienstreise in die Vereinigten Staaten.

Die Handlungsstränge sind immer wieder miteinander verwoben. Im Mittelpunkt steht dabei die Familie (mit Vater, Mutter und Mutters jüngerem Bruder), deren Wege sich sowohl mit Coalhouse Walker, am Ende auch mit dem jüdischen Einwanderer Tate kreuzen (nach dem Tod von Vater heiratet Mutter sogar Tate).

Nicht umsonst zählt das Time Magazine „Ragtime“ zu den 100 besten englischsprachigen Romanen des 20. Jahrhunderts. Das in sich komplexe Werk führt uns in das Amerika der Zeit vor dem ersten Weltkrieg und lässt dabei reale wie erfundene Episoden gekonnt miteinander verschmelzen. Doctorow schreibt mit viel Witz und Ironie und bedient sich geschickt verschiedener Metaphern. Der Roman ist eine gelungenen Mischung aus Nostalgie, Unterhaltung und Sozialkritik: Einfach lesenswert und daher wärmstens zu empfehlen.

„Warum kommen einem Doctorows Bilder wahrer vor als die Wirklichkeit? Weil sich alles in ihnen widerspiegelt, was sich in den rund hundert letzten Jahren an wahrhaft Bedeutendem und Dramatischem in Amerika abgespielt hat. Diese Bilder sind herrlich in ihrer konkreten, unmittelbaren Art.“
The New York Times Book Review

Green Lantern

Green Lantern ist ein Superheldenfilm in 3D aus dem Jahr 2011, der auf der gleichnamigen Comicfigur von DC basiert (Quelle: de.wikipedia.org).

Der Testpilot Hal Jordan (Ryan Reynolds) findet ein außerirdisches Raumschiff-Wrack mit einem sterbenden Alien. Mit dieser Entdeckung ist auch das bisher sorglose Leben des Playboys vorbei. Denn Hal ist dazu auserkoren, das erste menschliche Mitglied der Green Lanterns zu werden – einer intergalaktischen Elite-Einheit, die einen Schwur geleistet hat, das kosmische Gleichgewicht zu bewahren. Und das droht, in eine fatale Schräglage zu kippen, als das mysteriöse Alien Parallex zur Exekution seines bösartigen Masterplans ansetzt. Um das Universum vor seiner bisher größten Bedrohung zu retten, muss Hal sich seinen größten Ängsten stellen, den Respekt seiner skeptischen Mistreiter ernten und dem fürchterlichen Parallex im ungleichen Kampf begegnen …

aus: filmstarts.de

Abgesehen davon, dass dieser Film reichlich uninspiriert und ermüdend konventionell inszeniert wurde, hängen mir Superhelden langsam aus dem Hals heraus. Warner Bros. Studios sucht nach einer neuen Filmreihe, die dann gewohnt häppchenweise dargeboten wird (wie Harry Potter, der es auf acht Teile brachte). „Green Lantern“ dürfte gleich mit seinem ersten Teil baden gegangen sein. Kurios mutet z.B. der linkische Wissenschaftler Hector Hammond (Peter Sarsgaard) an, wie dieser zum dämonischen Herold mutiert. Das hat man alles schon einmal besser gesehen.

X-Men: Erste Entscheidung

X-Men: Erste Entscheidung (Originaltitel: X-Men: First Class) spielt in den 1960er-Jahren und ist ein US-amerikanischer Comic-Actionfilm über das Verhältnis zwischen Professor Charles Xavier und Eric Lehnsherr (alias Magneto). Beide sind Figuren aus der Reihe X-Men von Marvel Comics (Quelle: de.wikipedia.org).


X-Men: Erste Entscheidung – Trailer

Lange bevor sie zu erbitterten Feinden wurden, waren Charles „Professor X“ Xavier (James McAvoy) und Erik „Magneto“ Lehnsherr (Michael Fassbender) enge Freunde. Mit ihren ungeheuren Mutanten-Kräften versuchen sie in den 1960ern, den Lauf einer Welt zu korrigieren, die im Angesicht der Kuba-Krise ins Chaos zu entgleisen droht. Zu diesem Zweck gründen sie eine geheime Privatschule für „begabte Jugendliche“ – denn sie wissen längst, dass sie nicht die einzigen Mutanten sind. Doch der behütet aufgewachsene Charles und der Holocaust-Überlebende Erik vertreten derart konträre Menschenbilder, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis ihre Allianz zerbricht und eine ganze Generation von Mutanten Partei ergreifen muss…

aus: filmstarts.de

Die X-Men sind eine Gruppe von Comic-Superhelden, die in Comics des Marvel-Verlages auftreten und erstmals im September 1963 erschienen. Die X-Men bilden eine Gruppe in der Welt der Mutanten – Menschen, die dank ihres besonderen Gencodes übermenschliche Fähigkeiten besitzen. Mutanten werden von normalen Menschen oft gehasst, sei es aus Fanatismus oder aus Angst, dass sie die Menschheit unterwerfen oder gar als dominante Spezies ablösen könnten. Diese Angst wird von verschiedenen Mutanten genährt, die ihre Kräfte für ihre eigenen Ziele nutzen oder die Menschen hassen. Um die menschliche Umwelt vor diesen böswilligen Mutanten zu schützen, hatte Charles Francis Xavier (Professor X) die X-Men-Gruppe gegründet. Der Erzfeind der X-Men ist der Superschurke Magneto.

Diese Konstellation zeigt die gesellschaftspolitischen Untertöne der Serien, Mutanten werden oft als Metapher auf unterdrückte Minderheiten gesehen. Xavier wird gerne mit dem afro-amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King Jr. verglichen, Magneto mit dem militanteren Malcolm X (Quelle: de.wikipedia.org).

Bisher gab es durch Hollywood drei Verfilmungen der X-Men-Reihe. Ein vierter Film, X-Men Origins: Wolverine, ist die Vorgeschichte eines der Helden der X-Men-Trilogie. Der jetzt 5. Film, X-Men: Erste Entscheidung, ist die Vorgeschichte weiterer X-Men-Helden und dürfte eigentlich nur für die interessant sein, die zumindest die Trilogie bereits kennen. Obwohl ich kein großer Comic-Fan bin und die immer neu aufgelegten Superhelden langsam lästig werden, fand ich den Film schon allein durch seinen geschichtlichen Hintergrund interessant, auch wenn die Kuba-Krise von 1962 vereinfacht dargestellt wird. Weil der Film unter enormem Zeitdruck abgedreht wurde (warum eigentlich?) bietet er nicht ganz die Tricks anderer Superheldenfilme, überzeugt aber mit seinem jugendlichen Darsteller-Ensemble.

Willkommen in Cedar Rapids

Willkommen in Cedar Rapids (auch als Blu-ray) (in Anlehnung an die amerikanische Stadt Cedar Rapids in Iowa) ist eine US-amerikanische Filmkomödie aus dem Jahr 2011. Im Mittelpunkt des Films steht Tim Lippe (Ed Helms), ein blauäugiger Versicherungsvertreter. Nachdem sein Vorgesetzter beim Sexspiel (breath control play) tödlich verunglückt, bekommt Tim den Auftrag seinen Arbeitgeber bei einem großen Versicherungskongress zu vertreten (Quelle: de.wikipedia.org)


Willkommen in Cedar Rapids – deutscher Trailer

Der Versicherungsvertreter Tim Lippe (Ed Helms) aus Brown Valley, Wisconsin reist zu einem jährlichen Kongress für Angehörige seiner Branche nach Cedar Rapids, wo er seine Firma vertreten soll. Tim hat noch nie zuvor seine Heimatstadt verlassen, nicht einmal in seinem Leben in einem Hotel übernachtet. Das Wort „naiv“ ist noch eine Untertreibung.
Der Unerfahrene gerät unter die Fittiche von drei geübten Kongressbesuchern, Veteranen auf diesem Gebiet, und die bringen ihm bei, wie man auf diesen langweiligen Veranstaltungen am ehesten seinen Spaß haben kann. Für jemanden, der nur Schema F und Dienst nach Plan kennt, eine sehr unkonventionelle Erfahrung! Neue Freundschaften konfrontieren ihn mit all den Dingen, die er immer gefürchtet hat – Sex, Lügen und Verführung – aber auch mit der Chance, der Mann zu werden, der er immer sein wollte.

aus: filmstarts.de

Die Zeit ‚zwischen den Jahren’ eignet sich immer gut für längere Filmabende, die ansonsten trotz frühlingshafter Temperaturen wie in diesem Jahr so dunkel und ungemütlich wären. Nicht erst seit Hangover haben sympathische Loser, Nerds und Geeks Hochkonjunktur in der amerikanischen Komödienlandschaft. Bewerkenswert und daher sympathisch ist, wie dieses Andersein der Filmhelden nicht ausgenutzt wird, um sie vor dem Publikum bloßzustellen. „Willkommen in Cedar Rapids“ wird mit Leichtigkeit erzählt und ist dabei nie auf der Hatz nach dem nächsten Brüller. Das späte Erwachsenwerden des Protagonisten Lippe ist dank der fein austarierten Situationskomik und den zwar tollpatschigen, aber jederzeit menschlichen Figuren durchaus sehenswert und unterhaltsam.

Weihnachtsbiere für Weltenbummler (2)

Zunächst wünsche ich Euch allen ein gutes neues Jahr 2012. Das Wichtigste ist wohl die Gesundheit. Mag es Euch allen also daran nicht fehlen – und auch nicht an dem nötigen Kleingeld. Weihnachten ist ja nun wieder hinter uns. Aber einige Weihnachtsbiere habe ich noch im Keller – siehe meinen Beitrag von gestern: Weihnachten und Winter ist für den Biertrinker, wenn er nicht gerade nur auf Brauerzeugnisse Pilsener Art besteht, eine besondere Saison. Da gibt es diverse Bierspezialitäten auf dem Markt, die sich durch besondere Geschmäcker auszeichnen. Und da natürlich auch Biere aus aller Welt angeboten werden, so gibt es auch Weihnachtsbiere aus aller Herren Länder, die bei diversen Versandfirmen und Bierläden erhältlich sind.

Zu Weihnachten bekam ich ja einen Sixpack Weihnachtsbier geschenkt, der zu 2/3 bereits meine Kehle (und in kleinen Schlückchen zum Probieren auch die Kehlen meiner Lieben) hinuntergeflossen ist. Der Sixpack enthielt:

Aus aller Welt: Tucher Christkindlesmarkt Bier aus Nürnberg (6% Vol.), Strubbes Christmas aus Belgien (9,2% Vol.), Vestfyen Jule Bryg aus Dänemark (5,7% Vol.), The Raven Christmas Lager aus Baltimore-Washington (5,5% Vol.), Melbourne Christmas Lager aus Australien (5,2% Vol.), Taybeh Beer Golden aus Palästina (5% Vol.). 6 x 0,33l

Die Biere stammen aus dem Haus der 131 Biere in Hamburg, das allerdings neben diversen Weihnachtsbieren inzwischen an die 300 Biere anbieten.

Von diesen Bieren habe ich Euch vier Biere noch nicht vorgestellt:

    Melbourne Christmas Lager / Tucher Christkindlesmarkt Bier / The Raven Christmas Lager / Vestfyen Julebryg

Melbourne Christmas Lager der Byron Bay Beverages Pty Ltd Neusüdwales – auch bei den Känguruhs wird Weihnachten gefeiert. Da in Australien zz. aber Sommer ist, so ist auch dieses Weihnachtsbier eher ein Sommerbier und daher durchaus süffig. Es ist ein helles, eher mildes Lagerbier, sorgt aber auch so mit Sicherheit für besinnliche Genießermomente.

The Raven Christmas Lager aus Baltimore in den Staaten – ein Bier gebraut zu Ehren Edgar Allan Poes, den berühmten Sohn Baltimore’s. Es ist ein mildes dunkelblondes Lagerbier mit herben Abgang und schmeckte mir doch deutlich besser als das australische Sommer-Weihnachtsbier.

Noch nicht probiert habe ich das Tucher Christkindlesmarkt Bier. Dabei handelt es sich um eine vollmundige Bierspezialität, nach original Nürnberger Art gebraut. Der besondere Genuss, der jeden Tag zum Festtag macht.

Auch noch nicht getrunken ist das Vestfyen Julebryg Weihnachtsbier aus Dänemark. Dabei handelt es sich um ein dunkles Bier mit einer angenehmen Bitterkeit. Das dürfte genau das Richtige für mich sein und heute Abend zum Abendessen getrunken werden. Das Jahr soll ja möglichst ‚richtig’ anfangen.

Was das neue Jahr sonst auch für uns bringen mag, die Zeit für ein gepflegtes Bierchen sollte ab und zu gegeben sein. In diesem Sinne sage ich Prost – und nochmals alles Gute für 2012!

Weihnachtsbiere für Weltenbummler (1)

Weihnachten und Winter ist für den Biertrinker, wenn er nicht gerade nur auf Brauerzeugnisse Pilsener Art besteht, eine besondere Saison. Da gibt es diverse Bierspezialitäten auf dem Markt, die sich durch besondere Geschmäcker auszeichnen. Und da natürlich auch Biere aus aller Welt angeboten werden, so gibt es auch Weihnachtsbiere aus aller Herren Länder, die bei diversen Versandfirmen und Bierläden erhältlich sind.

Beginnen möchte ich aber mit einem deutschen Bier, genauer sogar einem norddeutschen Bier der Stralsunder Brauerei. Eine Produktlinie dieser Brauerei nennt sich nach dem Seeräuber Klaus Störtebeker. Eines dieser Biere wird nur zur Winterzeit gebraut und ist das Störtebeker Choco-Porter, das u.a. aus belgischem Schokoladenmalz gebraut wird, 5,8 % Vol. Alkohol enthält und auch bei einer Betriebstemperatur von 20 °C getrunken werden kann. Letzteres ist eher gewöhnungsbedürftig. Die bitterschokoladige Seite des Bieres kommt für mich wie schwarzer Kaffee herüber. Es ist ein Bier eher für die Kaffee- und Kuchentafel als für ein deftiges Abendmahl. Auf Dauer würde ich es nicht trinken wollen, was aber auch nicht beabsichtigt sein sollte; für ‚zwischendurch’ aber ist es ganz lecker. Eben einmal etwas Anderes.

Störtebeker - Choco-Porter

Kommen wir in die weitere Welt und setzen zunächst auf die britische Insel hinüber. Von dort kommt ein festliches Weihnachtsbier, ein Christmas Ale, aus der Brauerei Shepherd Neame, Großbritanniens ältester Brauerei. Sie wurde 1698 gegründet und ist noch heute mitten im Hopfenanbaugebiet im Osten der Grafschaft Kent zu finden. Dieses Ale (das traditionelle englische Bier, gebraut mit obergäriger Hefe) wird von den Braumeistern in Faversham noch liebevoll und mit viel Erfahrung von Hand hergestellt und wird jedes Jahr neu aufgelegt (ich habe es vor zwei Jahren gekostet). Das golden-bernsteinfarbene Weihnachts-Ale wird im Aroma geprägt von tropischen Früchten wie Mango, Orange, Limone und Sultaninen, perfekt ausbalanciert mit blumigem Hopfen. Ein stimmungsvolles, geschmacklich ausgezeichnetes Bier für die Weihnachtszeit (Alkoholgehalt 7 % Vol.). Bei uns ist es u.a. über den Versandhandel des British Shops erhältlich.

Shepherd Neame Christmas Ale

Da nächste Bier kommt aus dem heiligen Land, aus der Nähe von Ramallah, also aus Palästina: Taybeh Weihnachts-Bier von der Taybeh Brewing Co. Ich habe dieses Bier zusammen mit fünf anderen Weihnachtsbieren zu Weihnachten geschenkt bekommen. Dieses Bier ist (wie das folgende Bier) einzeln erhältlich oder eben als Geschenkkarton u.a. beim Teehändler Paul Schrader. Es ist ein helles Bier mit 5 % Vol. und im Geschmack sehr mild, aber leicht herb im Abgang Und es lässt sich zu allen Gelegenheiten trinken.

    Strubbe Christmas - Taybeh Weihnachts-Bier

Komme ich noch zu einem weiteren Bier, einem belgischen, aus der Brouwerij Strubbe in Ichtegem, Belgien. Es ist das Strubbe Christmas, mit 9,2 % Vol. Alkohol äußerst gehaltvoll, und besteht aus den Zutaten Wasser, Gerstenmalz, Caramelmalz, Kandiszucker, Hopfen und Hefe. Er ähnelt dem Störtebeker Choco-Porter, statt Schokolade (oder wie ich finde: Kaffee) kommt ein feinherber Caramelgeschmack zum Vorschein. Zuviel sollte man von dem Bier nicht trinken (kann man allerdings auch nicht), ansonsten sackt man schnell unter den Tisch.

Einige nette Bierchen (u.a. Tucher Christkindlesmarkt Bier aus Nürnberg (6% Vol.), Jule Bryg aus Dänemark (5,7% Vol.), The Raven Christmas Lager aus Baltimore-Washington (5,5% Vol.) und das Melbourne Christmas Lager aus Australien (5,2% Vol.)) habe ich noch im Keller lagern. Wie alles Gute, so braucht auch der Genuss eines gepflegten Bieres seine Zeit. Schließlich bin ich keine Schnapsdrossel, sondern genieße ein kühles Bier.

Zwischen den Jahren 2011 auf 2012

Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr nennt man die Zeit „zwischen den Jahren“ (die Nächte, die längsten des Jahres, nennt man Raunächte). Noch satt von der Weihnachtsgans ist es eine geruhsame Zeit, die uns gern auf das zu Ende gehende Jahr zurückblicken lässt.

2011 war kein gutes Jahr für Diktatoren. Besonders der arabische Frühling hat einige Despoten hinweggewischt. Und auch der nordkoreanische Staatschef ist nach einem „großen mentalen und physischen Leiden dahingeschieden“. Dem wird bei uns keine Träne nachgeweint werden. Osama bin Laden, obwohl längst bedeutungslos, gefährlich eigentlich nur noch als Galionsfigur des weltweiten Terrorismus, ist von den Amerikanern im kurzen Prozess liquidiert worden.

Zwischen den Jahren

Traurig machte mich dagegen der Tod des frühere tschechische Präsidenten, Schriftsteller und Dissidenten Vaclav Havel, der vor kurzem im Alter von 75 Jahren verstarb. Havel galt als Schlüsselfigur der Demokratie-Bewegung in der Tschechoslowakei in den 80er-Jahren.

Kein gutes Jahr auch für Politiker der Koalition: Drecks-, sorry Dr.-Ex-Guttenberg weint immer noch seiner verlustig gegangenen Promovierung nach. Das war aber auch einfach zu durchsichtig, Herr Guttenberg! Da er nichts Richtiges gelernt hat, schraubt er bereits an seinem Comeback. Er sei ein „sehr, sehr fähiger Politiker“, meint CSU-Chef Seehofer in einem Interview. Es fragt sich nur, welche Fähigkeiten ein Politiker braucht. Nicht viele wie die Beispiele der FDP-Fritzies, Westerwelle und Rösler, aufzeigen. Ja und da ist noch ein Bundespräsident, der im nächsten Jahr wohl seinen Urlaub auf Balkonien verbringen wird.

Und dann war da noch Fukushima, ein neues Synonym für die Unbeherrschbarkeit nuklearer Energiegewinnung. So ganz mag ich es immer noch nicht glauben, dass Madame Merkel und Konsorten von der Atomkraft abgerückt sind. Welches Hintertürchen halten die sich und die Atomindustrie noch offen?

Ein Jahr geht zu Ende, ein neues Jahr steht vor der Tür. Ob es besser sein wird, steht in den Sternen. Wichtig ist, dass wir auch das neue Jahr gesund überstehen. Daher wünsche ich Euch allen viel Gesundheit für 2012. Alles andere wird sich schon von selbst regulieren.

Zombiebär

Neben dem Kalender der falsch zugeordneten Zitate für das neue Jahr, gibt es auch wieder etwas Neues aus der Stofftiernähstube meines älteren Sohnes (vom fiesen Fuchs berichtete ich bereits). Meine Frau sammelt ja Teddybären aller Art – und so hat mein Sohn für seine Mutter zu Weihnachten einen Bären ganz besonderer Art zusammengenäht: Zombiebär. Das Besondere an diesem Bären: Das Gehirn lässt sich herausnehmen und die Arterien des Gehirns sind gestickt.

    Zombiebär © Jan Einar Albin