Kategorie-Archiv: Glotzkiste

Neues und Altes im Kino & TV

Monsieur Claude und seine Töchter (2014)

Monsieur Claude und seine Töchter (Originaltitel: Qu’est-ce qu’on a fait au Bon Dieu?) ist eine französische Filmkomödie des Regisseurs und Drehbuchautors Philippe de Chauveron aus dem Jahr 2014. In der Hauptrolle des Monsieur Claude Verneuil ist Christian Clavier zu sehen, den deutsche Zuschauer aus den Rollen des Asterix in den ersten beiden Realverfilmungen des Comics bzw. des Napoléon in der gleichnamigen TV-Miniserie kennen.

Claude und Marie Verneuil (Christian Clavier, Chantal Lauby) sind ein wohlhabendes, leicht konservatives katholisches Ehepaar in der französischen Provinz. Sie haben vier attraktive Töchter. Für die jungen Frauen können sich die Verneuils nichts Schöneres vorstellen, als dass diese von Männern mit den Attributen „attraktiv, französisch, männlich“ geehelicht werden. Doch Tochter Ségolène (Emilie Caen) heiratet den Chinesen Chao (Frédéric Chau), Isabelle (Frédérique Bel) den Muslim Rachid (Medi Sadoun) und Odile (Julia Piaton) den Juden David (Ary Abittan). Da hängt der familiäre Haussegen der Verneuils gewaltig schief. Wenigstens ihre jüngste Tochter Laure (Elodie Fontan) ist mit einem französischen Katholiken zusammen. Doch als dieser zum ersten Abendessen vorbei kommt, reißt den besorgten Eltern der Geduldsfaden: Charles (Noom Diawara) ist schwarz. Claude und Marie geben ihre Töchter aber nicht so einfach auf. Sie nutzen die Hochzeitsvorbereitungen, um die unerwünschten Beziehungen zu sabotieren…

aus: filmstarts.de

Monsieur Claude und seine Töchter war in Frankreich einer der erfolgreichsten Kinofilme aller Zeiten und kam wohl auch in Deutschland gut an. Es geht um Rassismus, Borniertheit, Fremdenfeindlichkeit und Ignoranz – hier dargestellt als Komödie anhand der französischen Bourgeoisie. Und Weihnachten kommt auch vor.

    Monsieur Claude und seine Töchter (2014)

Sicherlich ist der Film eine amüsante Familienkomödie über kulturelle Vorurteile und andere Misslichkeiten. Aber betrachtet man den Film ganz im Ernst, dann zeigen sich seine Bedenklichkeiten. Die gezeigte Familie ist gut bürgerlich. Und auch die Schwiegersöhne ‚mit Migrationshintergrund’ sind im Grunde voll und ganz in die französische Gesellschaft integriert. Vielleicht ist es die Anzahl, die Monsieur Claude verzweifeln lässt: Keine der vier Töchter konnte sich für einen alteingesessenen Franzosen entscheiden. Ansonsten bedient sich der Film des Klischees, das jede Figur hemmungslos auf ihre ethnische Abstammung reduziert. Julia Dettke geht auf zeit.de noch etwas weiter: „Situationskomik und Spannungsaufbau funktionieren in Monsieur Claude und seine Töchter nur über Empathie mit den beiden Hauptfiguren: Der Zuschauer muss die Ausgangssituation einer durch ‚fremde‘ Schwiegersöhne vom Schicksal gebeutelten Familie als Problemlage akzeptieren, um im Folgenden mitzulachen und mitzufiebern. Alltagsrassismus wird als Identifikationsbasis vorausgesetzt. Der Film macht sich nämlich nicht über Vorurteile lustig, er basiert auf ihnen.“


Monsieur Claude und seine Töchter | Trailer & Filmclips [HD]

Eine weitere Frage, die sogar im Film gestellt wird, ist, wie würde der Film wohl aussehen, wenn Monsieur Claude statt vier Töchtern vier Söhne hätte? Ja, es ist gar nicht so einfach, ein heikles Thema wie Fremdenfeindlichkeit mit viel Humor aufzuarbeiten. Und: „Sind wir nicht alle ein bisschen rassistisch?“, ein Satz, der in der Mitte des Films fällt.

Ein vielleicht starker Abgang

Das war VIELLEICHT ein STARKer Abgang, Herr Kriminalhauptkommissar Felix STARK (gespielt von Boris Aljinovic). Zuletzt musste er in der Tatort-Episode VIELLEICHT ohne Partner Till Ritter (Dominic Raacke) auskommen, dem Großstadtcowboy, der sich bereits eine Folge zuvor vom Publikum ‚verabschiedet’ hatte. Statt Ritter und Stark ermitteln ab nächstem Jahr Nina Rubin und Robert Karow (Meret Becker und Mark Waschke) in Berlin. Die erste Folge (Das Kuli) soll voraussichtlich am 22. März 2015 ausgestrahlt werden. Im Vorfeld gab es wegen des Wechsels einigen Zoff beim Sender rbb, weshalb Dominic Raacke eben schon eine Folge früher seinen Job an den Nagel hängte.

KHK Stark muss sich in seinem letzten Fall mit Präkognition beschäftigten. Trude, eine norwegische Psychologiestudentin, die seit einem Jahr in Berlin lebt und studiert, hat einen schrecklichen Alptraum. Als zwei Monate später eine Studentin erwürgt aufgefunden wird, hat sich der Mord aus ihrem Traum leider bewahrheitet. Doch bald schon gibt es eine weitere Vision, die auch Kommissar Stark betrifft.

    Lise Risom Olsen als Trude Bruun Thorvaldsen in der Tatort-Folge ‘Vielleicht’, Berlin 16.11.2014

Seherinnen sind bei den germanischen Völkern und Kulturen in der Zeit von der Antike bis zum Hochmittelalter bezeugt. Und aus noch nördlicheren Regionen kennen wir Völva aus der „Weissagung der Seherin“. Da wundert es mich nicht, dass die Hauptfigur dieser Tatort-Folge aus dem hohen Norden kommt. Die Norwegerin Lise Risom Olsen beeindruckt als ‚nordische Seherin’ durch ihr überaus glaubwürdiges Spiel auf ganz besondere Weise.

Natürlich fragt man sich, ob eine Vorhersage zukünftiger Ereignisse wie hier möglich ist. Wenn ja, dann spielen sich präkognitive Kontakte mit Gedanken über Ereignisse ab, nicht mit den Ereignissen selbst. Trude besitzt gewissermaßen eine Art kombinatorischen Instinkt, den sie dank einer außergewöhnlichen Beobachtungsgabe zum Lesen von Menschen und Situationen nutzt. Es hat etwas mit ‚Gedankenlesen’ zu tun. Trude hatte Kontakte zu beiden Tätern und hat die ‚negative Aura’ der beiden in sich aufgenommen.

Wer kennt es nicht, die Sympathie oder Ablehnung auf dem ersten Blick (‚Liebe auf dem ersten Blick’). Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle: Aussehen, Sprache, dabei Mimik und Gestik – sicherlich auch ‚Geruch’ („den oder die kann ich gut riechen“ oder „den oder die kann ich gar nicht riechen“). Warum sollte es nicht auch Menschen geben, die darüber hinaus noch ‚etwas mehr’ wahrnehmen können?

Sicherlich übersteigert dargestellt ist es, wenn Trude, die immerhin nicht den Zeitpunkt bestimmen kann, die Räume beschreibt, wo ihre Visionen stattfinden. Kaum wird sie z.B. ‚wissen’, wie die beiden Toten aus der 2. Vision in dem Restaurant drapiert sein werden. Diese Übertreibung wird man als künstlerische Freiheit dem Autoren und Regisseur (Klaus Krämer) dieser Tatort-Folge zugestehen müssen.

Ob man das alles nun für Humbug hält oder nicht. Die Wahrheit liegt bekanntlich meist in der Mitte. Auf jeden Fall lässt einen diese Tatort-Folge nicht ohne Weiteres kalt.


TATORT Berlin (16.11.2014): Vielleicht

Nun am Ende wird auch Kriminalhauptkommissar Stark Opfer eines Mordanschlags. Das Ende bleibt dabei für alle Zeit offen: Auf die Frage an den behandelnden Arzt, ob Stark überleben wird, antwortet dieser: VIELLEICHT!

Diese Tatort-Episode ist ruhig, aber sehr eindringlich erzählt. Keine unnötige Action stört den bis zum Ende spannend bleibenden Ablauf. Und trotz der mystischen Elemente vermittelt dieser Tatort einen Realismus, der die Dramatik eher noch erhöht.

In 44 Jahren Tatort haben schon viele Ermittler(teams) den Dienst quittiert. Bei tatort-fundus.de wurde recherchiert und in Bye, bye Tatört lässt sich das Ergebnis nachlesen.

Polizeiruf 110: Smoke on the Water

Wenn Dominik Graf Regie führt, dann darf man mit etwas Besonderem rechnen. Vorgestern bin ich einmal fremd gegangen und habe statt eines Tatorts die neueste Folge aus Polizeiruf 110, dem ehemaligen DDR-Pendant zum bundesrepublikanischen Tatort, gesehen, die am vergangenem Sonntag lief. Regie, man kann es sich denken: Dominik Graf; Titel der Folge aus München: Smoke on the Water

Bereits am letzten Samstag hatte ich einen Kriminalfilm in der Regie von Graf gesehen: Die reichen Leichen – ein Starnberg-Krimi. Bekanntlich ist der Bayern-König Ludwig II. auf bis heute ungeklärte Weise im Starnberger See, der bis 1962 noch Würmsee hieß, ertrunken. Das wird in diesem ‚heimatkundlichen’ Krimi auf besondere Weise thematisiert:

    Martin Feifel als Ludwig-Kopie in 'Die reichen Leichen'

„Der Kini (König Ludwig II.) wurde ermordet und die Sisi entführt. „Die reichen Leichen. Ein Starnbergkrimi“ ist keiner jener Gaudi-Krimis, die auf der Grundlage von bayerischer Lebensart und deftigem Humor Mord zur schönsten Nebensache der Provinz machen. Dafür gibt es abgedrehte Geschichten, Auswüchse historischer Heimatkunde & Momente, die regionale Poesie verströmen. Heimat, das entspringt in diesem Film mehr der Mentalität der Menschen, weniger dem bayerischen Stereotypen-Kabinett. Anders als in seinen Stadt-Krimis setzt Dominik Graf statt auf wilde Montagen verstärkt auf die Raum-Komponente. Die (königliche) Geschichte, die Magie von Landschaft & See geben den Rhythmus vor.“


Die reichen Leichen – ein Starnbergkrimi D/2014 HD

Dominik Graf kennen wir auch durch seine Regiearbeiten bei einigen Tatort-Folgen. So zeichnete er bereits 1986 für die Filmleitung der Schimanski-Folge Schwarzes Wochenende verantwortlich. Dem folgten 1995 Frau Bu lacht der Münchener Ermittler Batic und Leitmayr (es geht Kindesmissbrauch – die sehr interessante Folge habe ich erst kürzlich gesehen) und vor nicht so langer Zeit 2013 die etwas verquere Folge Aus der Tiefe der Zeit (ebenfalls mit Batic und Leitmayr).

Jetzt also Polizeiruf 110: Smoke on the Water. Rainer Tittelbach, unser onliniger TV-Experte, schreibt dazu:

Hanns von Meuffels [der ermittelnde Hauptkommissar in München] bekommt es im ‚Polizeiruf 110 – Smoke on the Water’ mit einem blaublütigen Überflieger zu tun, der sich gebärdet wie ein Provinzkönig. Hat dieser einen anderen bezahlt, damit der sein Todschlagdelikt absitzt? Oder walten in und um Cadenbach globalere Kräfte, für die ein, zwei Morde Peanuts sind? Das Wechselspiel von Macht und Ohnmacht treibt diesen Film an, der in einem wahnwitzig brutalen 15minütigen Totentanz sein verzweifeltes Ende findet. Dominik Graf quält mit diesem Thriller Sonntagskrimi-Fans weniger als zuletzt. Das liegt auch an der großen Sinnlichkeit, mit der er Schütters komplexes Drehbuch umsetzt. Atmosphärisch, cool, schräg, politisch & ein bisschen sexistisch.

Apropos sexistisch! Die Regionalbischöfin des Kirchenkreises München und Oberbayern, Frau Susanne Breit-Keßler, beschwerte sich dann auch umgehend über das Frauenbild, den dieser Film vermittelt. So ganz unrecht hat sie sicherlich nicht.

In der Figur des Herrn von (und zu) Cadenbach ist übrigens der aus Bayern stammende, ehemalige Bundesverteidigungsminister (auch ein ‚… von und zu …’) erkennbar, wenn dieser hier auch reichlich überzeichnet wird. Und auch der im Film gezeigte bayerische Ministerpräsident ähnelt dem augenblicklich amtierenden (Herr Graf wählt sicherlich nicht die Christlich-Sozialen).

Hintergrund des Polizeiruf-Krimis bildet übrigens das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus der Europäischen Union, ein aus Steuergeldern subventioniertes Milliardengeschäft. Da geht man auch schon ’mal über Leichen.


POLIZEIRUF 110: Smoke on the Water (München – 20.10.2014)

Dieser Krimi hat es in sich, wenn er nach meiner Meinung auch etwas zu überambitioniert wirkt (ich will ehrlich sein: überdreht!). Dominik Graf und Drehbuch-Autor Günter Schütter teilen so richtig aus, decken alte Seilschaften auf, die sich bereits auf Eliteschulen bildeten, zeigen die Verquickung aus Politik und Wirtschaft auf und die Spielchen der Oberen aus Geld, Macht und Sex. Manchmal zeitigen scheinbar banale Dialoge auch eine feine Spur Ironie wie der folgende, für den Film durchaus bezeichnende Dialog:

Der Kommissar befragt in einer Kneipe im Münchner Umland die Freundin der Ermordeten, Corry Hüsken.

Von Meuffels: Vielleicht will er (Joachim von Cadenbach, ein Verdächtiger, Anm. d. Red.) Außenminister werden, oder Verteidigungsminister.

Hüsken: Na ja, der Adel bringt halt noch immer einen besonderen Menschenschlag hervor.

Von Meuffels: Sagen Sie das, um mir zu schmeicheln?

Hüsken: Ach so. Ich bin begeisterte Bunte-Leserin.

Von Meuffels: Ach, du lieber Himmel! Noch eine von denen, die das Leben lieber anderen überlassen.

Hüsken: Meinen Sie?

Von Meuffels: Ja. Ich habe die Theorie, dass nur solche Menschen Klatsch brauchen, die selber nicht leben, weil sie Angst haben, es kommt was an sie dran.

25 Jahre Tatort Ludwigshafen mit Lena Odenthal

Am Sonntag löst Lena Odenthal in Ludwigshafen mit der Tatort-Folge Blackout nicht nur ihren 60. Fall in der ARD, sondern feiert gleichzeitig damit ihr 25. Dienstjubiläum (… hatte da nicht EIN ANDERER Anfang des Monat ebenfalls 25. Arbeitsjubiläum?).

    Ulrike Folkerts als Kriminalhauptkommissarin Lena Odenthal im Einsatz

Damit ist sie derzeit die ‚dienstältestes’ Tatort-Ermittlerin. Die erste Folge Die Neue wurde am 29.10.1989 erstaufgeführt. Seit der Folge 10 (rund sieben Jahre später) steht Kollege Mario Kopper an Lena Odenthals Seite. Die bisher meisten Folgen haben allerdings die Münchner Kollegen Batic und Leitmayr (bisher 68 Folgen) abgedreht, die sich seit dem 01.01.1991 auf Mörderjagd befinden und die Kölner Ballauf und Schenk (61 Folgen seit dem 05.10.1997), wobei Kriminalhauptkommissar Max Ballauf bereits ab 17.05.1992 als Kriminalhauptmeister zusammen mit Hauptkommissar Bernd Flemming und Kommissarin Miriam Koch bei der Kriminalpolizei Düsseldorf gearbeitet hatte. Im Dienstalter folgen von den heute noch ermittelnden Kriminalbeamten Inga Lürsen (Bremen) seit dem 28.12.1997 und Moritz Eisner (Wiener Mordkommission) seit dem 17.01.1999.


Tatort Folge 882 (Ludwigshafen: Odenthal/Kopper): Freunde bis in den Tod

Lena Odenthal ist nicht die einzige Frau, die im Tatort ermittelt. Allerdings dauerte es über sieben Jahre seit Start des Tatorts bis zum 29.01.1978, bis mit Oberkommissarin Buchmüller aus Mainz in der 84. Folge der Tatort-Reihe die erste Frau als Hauptermittlerin auftrat.

siehe: weitere Tatort-Folgen mit Lena Odenthal bei youtube.

Tatort (920) Wiesbaden: Im Schmerz geboren

Gestern mit einem Tag Verspätung den neuesten Tatort mit Ulrich Tukur als LKA-Ermittler Felix Murot gesehen. Was soll ich viel schreiben, wenn es Herr Tittelbach auf den Punkt bringt:

„Gegen die Rache eines Wahnsinnigen und die Methoden bolivianischer Drogenkartelle hat der gute Mensch aus Wiesbaden schlechte Karten. Das Fatale: Murot und jener Mann, der ihn und das BKA demütigen will, waren einst beste Freunde. Leichen pflastern nun den Weg des Heimkehrers: 47 Tote (?) – ein ‚Tatort’-Rekord, brutal aber ist ‚Im Schmerz geboren’ nicht wirklich. Es fließt Theaterblut, es werden Western-Tode gestorben, ein antiker Chorleiter warnt (‚Schickt die Kinder rasch zu Bette’) und das ‚Prinzip Tarantino’ wird telegen erprobt. Der Film von Florian Schwarz nach dem Buch von Michael Proehl ist mehr als ein Zitaten-Schatzkästlein; er bleibt Krimi, er bleibt spannend und ist dramaturgisch sehr komplex.“

Gruppenbild mit den Opfern aus ‚Im Schmerz geboren’

Ulrich Tukur als LKA-Mann Felix Murot aus Wiesbaden, das ist ein Ermittler der etwas anderen Art. In Folge 1 „Wie einst Lilly“ kämpft Murot nicht nur gegen das Böse, sondern auch gegen einen haselnussgroßen Tumor in seinem Kopf. In der 2. Folge „Das Dorf“ gerät Murot „in ein Horror-Dorf – und in höchste Lebensgefahr. Dieser ‚Tatort’ ist ein Lust-Objekt für Filmfans. Die latente Angst zaubert eine Spielwiese von kafkaesker Bedrohlichkeit. Dr. Mabuse und Edgar Wallace grüßen schwarzweiß aus der Gruft. Tukur glänzt in Film-Noir- & Musical-Ambiente – und Claudia Michelsen als sadistische Dorfärztin kommt mit der Spritze.“ In Folge 3 „Schwindelfrei“ darf Tukur aka Murot auch das machen, was er ganz gut kann: Der singt und spielt Klavier. Und spielt den Clown in einem heruntergewirtschafteten Zirkus. Natürlich gibt es eine erstochene Frau und ein Tatzeuge verschwindet. Vielleicht die bislang schwächste Folge aus der Murot-Reihe.

In „Im Schmerz geboren“ macht Murot das aber wieder gut. Ob’s nun 47 Tote sind (viele haben mehr gezählt – irgendetwas über 50), sei dahingestellt. Auf jeden Fall übertrifft Murot bei Weitem Herrn Tschiller – und das nicht nur in der Anzahl der Leichen. Dieser Tatort ist ein gelungener Mix aus Theater (Shakespeare lässt grüßen), Bildergalerie, klassischem Konzert (Musik von Bach bis Beethoven), französischem Film (Truffauts „Jules und Jim“ spielt eine nicht unerhebliche Rolle), Italowestern wie Spiel mir das Lied vom Tod und Filme a la Tarantino. Da sich alles aber gekonnt die Waage hält und der Aspekt Spannung nicht zu kurz kommt, so ist ein Kunst-Krimi der besonderen Art entstanden, der weit über übliche Krimikost hinausgeht und selbst manch hervorragenden anderen Tatort übertrifft. Ich liebe es geistreich und spannend. Und das ist dieser Film. Und trotz aller ‚Künstlichkeit’ so stimmt auch die ‚Psychologie’ der Charaktere. Es stellt sich die Frage, ob ein solcher Murot-Tatort noch zu toppen ist.

Übrigens habe ich Ulrich Tukur erst kürzlich in einem Tatort aus Frankfurt (Folge 552) mit den Kommissaren Dellwo und Sänger aus dem Jahr 2003 gesehen: Das Böse. Auch hier beeindruckt Tukur durch sein schauspielerisch gekonntes Auftreten. Er spielt den Herr Petzold, einen gediegenen Banker, der sich zuletzt als gefährlicher Psychopath entpuppt und sogar nicht davor zurückscheut, die Eltern der Oberkommissarin Sänger zu ermorden. Während er als Murot das Gute verkörpert, so zeigt sich Tukur in dieser Tatort-Folge auf beängstigende Weise als das personifizierte Böse.

‘Tatort’ und kein Ende

Man schrieb das Jahr 1969: Mit der von Herbert Reinecker geschriebenen Krimireihe „Der Kommissar“ warb das zweite Programm (ZDF) damals der ARD in Scharen die Zuschauer ab. Eine Konkurrenzserie musste her. So bekam Gunther Witte – da war er gerade Dramaturg beim WDR – vom damaligen Fernsehspielchef Günter Rohrbach den Auftrag dazu. Am 29. Nov. 1970 war es dann endlich soweit: der Tatort ging mit der Folge Taxi nach Leipzig mit Kommissar Trimmel (ab der 4. Folge Hauptkommissar) als Hamburger Ermittler auf Sendung.

Seitdem sind fast 44 Jahre vergangen – und immer noch ist es geradezu ein Ritual in Deutschland: am Sonntagabend ab 20 Uhr 15 wird Tatort im Ersten geguckt. Ich gehöre von Anfang an mit zu der großen Gemeinde der Tatort-Fans. Okay, es gab einige Unterbrechungen. Als meine Söhne noch klein waren, da gab es anderes zu tun. Aber seit einigen Jahren gucke ich wieder regelmäßig den Kommissaren über die Schulter bei der Ermittlung der Täter.

    Tatort – TV-Reihe der ARD (seit 1970)

Für den Tatort gibt es übrigens drei Grundregeln, die fast immer eingehalten werden:
Es gibt immer einen Kommissar. Die Fälle müssen in der Lebensrealität der Zuschauer angesiedelt sein. Und, vielleicht die wichtigste Regel: die Regionalität.

Diese drei Grundregeln sind wohl denn auch bis heute die Gewähr für den andauernden Erfolg der Krimi-Reihe. Hinzu kommt für mich, wie hier oft gesellschaftliche Themen ihren Niederschlag finden. Und natürlich ist es die ‚psychologische Seite’, die mich interessiert.

Sonntags ab 20 Uhr 15 gibt es also, von einer Sommerpause abgesehen, in der ARD (‚dem Ersten’) den Tatort. Natürlich wird eine Erstsendung immer gleich wiederholt (z.B. auf Einsfestival um 21 Uhr 45 und um 23 Uhr 45 – für die Spätheimkehrenden). Und alte Folgen gibt es laufend in den dritten Programmen – hier die Sendetermine. Allein innerhalb des letzten halben Jahres habe ich so über 100 Folgen in HDTV (1280 × 720 Pixel) aufgenommen und meine Sammlung an digitalen Tatort-Sendungen auf zz. über 370 anwachsen lassen (allerdings nicht alles in HDTV).

Natürlich gibt es den Tatort auf DVD zu kaufen – und selbstredend findet man bei Youtube auch immer wieder Tatort-Folgen (hier habe ich z.B. 19 der ersten 20 Folgen gefunden).

Inzwischen habe ich auf diesem Blog auch eine neue Kategorie (Rubrik – wie man es auch immer nennen will) eingerichtet: Tatort – Tatort-TV-Reihe der ARD (seit 1970) – siehe auch rechts unter dem Facebook-Knopf.

Hier noch zwei Links zu Wikipedia, die für Tatort-Fans unerlässlich sind.

Alles Wesentliche zur TV-Reihe bei Wikipedia
Liste aller Tatort-Folgen bei Wikipedia

Selbstverständlich gibt es auch so etwas wie eine Rangliste aller Tatort-Sendungen. Man kann natürlich davon halten, was man will. Aber viele Folgen, die mir besonders gefallen haben, finden sich hier zumindest im oberen Feld.

Ich will hier und heute nicht ganz so in die Tiefe gehen. Aber wer Tatort mag (und das sind eben nicht wenige), der wird natürlich auch schnell seine Lieblinge gefunden haben. Ich kenne, wie gesagt, die Tatort-Reihe von Anfang an, kenne fast alle Kommissare (es gab natürlich auch einige Eintagsfliegen). Als erstes muss ich natürlich Horst Schimanski nennen, den etwas anderen Kriminalhauptkommissar, der ab 1981 zehn Jahre in Duisburg ermittelte. Besonders großer Beliebtheit erfreuen sich seit 2002 Kriminalhauptkommissar Frank Thiel und Rechtsmediziner Professor Dr. Karl-Friedrich Boerne, die in Münster auf Mörderfang gehen. Auch bei uns zu Hause gucken wir uns die Wortgefechte zwischen diesen ungleichen Partnern immer wieder gern an (Thiel und Boerne sind Kult!). Daneben hat es mir vor allem aber Klaus Borowski angetan, der in Kiel und Umgebung den Verbrechern das Leben schwer zu machen droht. Vielleicht mag ich ihn, weil er doch einiges mit mir gemeinsam hat. Mit Sicherheit liegt es aber auch an den außergewöhnlich guten Drehbüchern (2009 lieferte der schwedische Bestsellerautor Henning Mankell die Vorlagen für zwei Borowski-Drehbücher – ansonsten hat Sascha Arango bisher fünfmal die Vorlage geliefert; erst gestern habe ich die Folge 343 aus Ludwigshafen aus dem Jahr 1996: Der kalte Tod nach einem seiner Drehbücher gesehen – wirklich hervorragend).

Soviel für heute. So peu à peu werde ich hier die eine oder andere Folge, den einen oder anderen Kommissar der Tatort-Serie vorstellen, dabei möglichst auch das Video dazu verlinken. Bei bis heute 919 Folgen (nach offizieller Zählung, eigentlich sind es bereits 932 Folgen) gibt’s da viel Material.

Hier meine bisherigen Beiträge zum Thema Tatort:

Was ist bloß mit Ian los? Teil 65: Schimanski hört Tull
Horst Schimanski, Duisburg
Tatort: Thiel und Boerne
Willkommen im neuen Tatort Hamburg
Schweiger, der Rächer
Münsteraner Mörderland
Tatort Saarbrücken: Eine Handvoll Paradies
Martin Walser und der Tatort
Schimanski – den ganzen Schimanski
Der neue Schimanski: Loverboy
Tatort Duisburg vs. Erfurt = alt gegen jung?
Tatort auf Tatort …
Schimanski & Brakelmann
Schimanski zum Ersten: Duisburg-Ruhrort (1981)

Die Cameo-Auftritte des Herrn Hitchcock – Teil 1

Man muss ihn sicherlich zu den ganz großen Filmregisseure dieser Welt zählen: Alfred Hitchcock. Das gilt in vielerlei Hinsicht, beginnend mit Techniken wie die Zuhilfenahme von Beleuchtungseffekten, um Tiefe zu schaffen und den Vorder- vom Hintergrund abzusetzen. Dann zeigte Hitchcock uns, den Zuschauern, völlig neue Perspektiven und Kameraeinstellungen – z.B. den Blick von oben. Darauf muss man erst einmal kommen. Und wie kein anderer setzte er neben Licht und Farben die Musik und Toneffekte so geschickt ein, um den Zuschauer ‚unter Spannung’ zu setzen. Heute sind das sicherlich Dinge, die jeder Absolvent einer Filmakademie gelernt haben sollte.

Die klassische, auf das Überraschungsmoment aufbauende Form des Kriminalfilms ist die Frage nach dem Täter (Whodunit). Bis auf nur wenige Ausnahmen bediente sich Hitchcock jedoch einer anderen Form des Spannungsaufbaus, dem sogenannten Suspense: Dem Zuschauer sind ab einem gewissen Zeitpunkt Informationen oder Umstände bekannt, von denen die handelnden Personen nichts wissen. Er fiebert in besonderer Weise mit den Helden, er sieht Ereignisse kommen, möchte den Figuren helfen, kann es aber nicht.

    Alfred Hitchcock: Psycho (1960)

Besonders bekannt ist Hitchcock durch seine kurzzeitigen Auftritte geworden, seine obligatorischen Cameo-Auftritte. Aus Mangel an Statisten in seinen ersten britischen Filmen sah man Hitchcock immer wieder im Hintergrund auftauchen. Daraus entwickelte er dann eines seiner bekanntesten Markenzeichen. Da das Publikum mit der Zeit immer weniger auf die Handlung achtete als vielmehr auf Hitchcock lauerte, legte er in späteren Filmen diesen Running Gag möglichst weit an den Filmanfang.

In drei Filmen hatte Hitchcock keinen eigentlichen Cameo-Auftritt. In zwei von diesen Filmen trat er auf Fotos in Erscheinung: „Das Rettungsboot“ spielt ausschließlich in einem kleinen Rettungsboot auf dem Meer. Er ist daher in einer zufällig im Boot liegenden Zeitung in einer Werbeanzeige für eine Diät auf einem „Vorher-Nachher-Foto“ zu sehen. Auch in „Bei Anruf Mord“ war kein Auftritt möglich. Stattdessen taucht Hitchcock auf einem an der Wand hängenden Foto einer Wiedersehensfeier von College-Absolventen auf. In „Der falsche Mann“ schließlich tritt er am Anfang des Films persönlich auf und spricht den Prolog. Dies ist gleichzeitig seine einzige Sprechrolle in einem seiner Kinofilme.

In einem frühen Beitrag meines Blogs hatte ich Hitchcocks Über den Dächern von Nizza vorgestellt. In diesem Film ist er nach ca. 9 Minuten kurz neben Cary Grant in einem Bus zu sehen:

    Über den Dächern von Nizza (1955)

Nun habe ich einmal weiter geforscht, denn inzwischen habe ich zehn weitere Filme von Alfred Hitchcock vorliegen – und in jedem tritt er für kurze Augenblicke, mal in der Ferne (eher undeutlich), mal von ganz nah und damit unübersehbar, auf:

Cocktail für eine Leiche (1948)

Das Fenster zum Hof (1954)

Cocktail für eine Leiche (1948)

Das Fenster zum Hof (1954)

Immer Ärger mit Harry (1955)

Der Mann, der zuviel wusste (1956)

Immer Ärger mit Harry (1955)

Der Mann, der zuviel wusste (1956)

Vertigo (1958)

Psycho (1960)

Vertigo (1958)

Psycho (1960)

Die Vögel (1963)

Marnie (1964)

Die Vögel (1963)

Marnie (1964)

Der zerissene Vorhang (1966)

Topas (1969)

Der zerrissene Vorhang (1966)

Topas (1969)

Alle Bildausschnitte sind auch etwas größer auf meiner Facebook-Seite: Hitchcocks Cameo-Auftritte zu sehen.

In „Cocktail für eine Leiche“ (1948) ist Hitchcock im Vorspann nur kurz aus der Ferne auf der Straße mit einer Frau zu sehen. Der Film selbst spielt ausschließlich in einem Zimmer. In „Das Fenster zum Hof“ (1954) erhaschen wir Hitchcock beim Blick in das Zimmer des gegenüberliegenden Hauses, wie er eine Uhr aufzieht. Im Film „Immer Ärger mit Harry“ (1955) wagt die Kamera einen Blick aus dem Fenster und wir sehen Hitchcock kurz im Mantel an einem Auto längst gehen. Einmal ist Hitchcock nur von hinter zu sehen – da steht er in „Der Mann, der zuviel wusste“ (1956) auf dem Marktplatz von Marrakesch zwischen zwei Männern in hellem Kaftanen. In „Vertigo“ (1958) ist er nicht zu übersehen: Hitchcock huscht mit Tasche durchs Bild. Und in „Psycho“ (1960) sehen wir ihn draußen vor der Tür mit Cowboyhut. Auch in „Die Vögel“ (1963) ist Hitchcock nicht zu übersehen: Er verlässt eine Tierhandlung und führt dabei zwei Terrier mit sich. In „Marnie“ (1964) kommt er aus einem Zimmer im Hotel. Eigentlich hatte Hitchcock hatte nicht allzu viel übrig für kleine Kinder, daher ist es schon witzig, wie er in „Der zerrissene Vorhang“ (1966) in einem Hotelfoyer mit Kind zu sehen ist. Witzig auch die Szene in „Topas“ (1969), wo Hitchcock in einem Rollstuhl angekarrt wird, plötzlich aufsteht, um einem Mann mit Hut die Hand zu schütteln.

Femme fatale (2002)

Femme Fatale ist ein Erotikthriller des Regisseurs Brian De Palma aus dem Jahr 2002. Der in Paris und Cannes gedrehte Film orientiert sich am klassischen Film noir. Die Hauptrolle der Femme fatale wurde von Rebecca Romijn-Stamos übernommen, die männliche Hauptrolle von Antonio Banderas.

Bei einer Premiere während des Filmfestivals in Cannes präsentiert das Model Veronica (Rie Rasmussen) ein millionenschweres diamantenbesetztes Schmuckstück. Eine Bande von Dieben, darunter die als Fotografin getarnte Laure Ash (Rebecca Romijn), versucht, die Edelsteine in einem ausgeklügelten Raubzug zu entwenden. Als scheinbar alles anders kommt als geplant, verschwindet Laure mit der Beute. Für die Flucht benötigt sie neue Papiere, die sie in Paris beschaffen will. Dort trifft sie auf ihre Doppelgängerin Lily (ebenfalls Romijn) und übernimmt deren Identität. Sieben Jahre später kehrt sie als Frau des amerikanischen Botschafters Watts (Peter Coyote) in die französische Hauptstadt zurück. Als es dem Fotografen Nicholas Bardo (Antonio Banderas) gelingt, eine Aufnahme von ihr zu machen, die in der Presse erscheint, heften sich die einst betrogenen Komplizen an ihre Fersen und ihre geheime Vergangenheit droht ans Licht zu kommen…

aus: filmstarts.de

    Brian De Palma: Femme Fatale (2002)

Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hatte ich mich bereits etwas ausführlicher zu Brian De Palma und dort zu seinem Film Dressed to Kill aus dem Jahr 1980 geäußert. In diesen Tagen habe ich mir ‚endlich’ auch seinen Film Femme Fatale angeschaut (er lief vor geraumer Zeit im Fernsehen und ich habe ihn mir aufgezeichnet). Während „Dressed to Kill“ gewissermaßen das Pendant zu Hitchcocks ‚Psycho’ aus dem Jahre 1960 ist (auch dieser Film lief dieser Tage im Fernsehen und auch ihn habe ich aufgenommen – wie lange habe ich ihn nicht mehr gesehen …?), so übernahm De Palma – wie in vielen seiner Filme – auch in „Femme Fatale“ einige Motive aus Filmen von Hitchcock: Das Doppelgänger-Motiv aus „Vertigo – Aus dem Reich der Toten“ und das Thema des Voyeurismus aus „Das Fenster zum Hof“. Auch die blonde Femme fatale spielt auf Hitchcocks „Verwendung“ von verführerischen, aber eiskalten Blondinen an und nicht zuletzt auf den mehrfach direkt zitierten Klassiker des Genres: „Frau ohne Gewissen“ (Double Indemnity, 1944) mit Barbara Stanwyck, ein Film von Billy Wilder.


Brian De Palma: Femme Fatale (2002)

Die Femme fatale (frz. für „verhängnisvolle Frau“) ist ein besonders attraktiver und verführerischer Frauentypus, der – mit magisch-dämonischen Zügen ausgestattet – Männer erotisch an sich bindet, sie aber auch manipuliert, ihre Moral untergräbt und sie meist auch auf „fatale“ Weise ins Unglück stürzt.

Häufig musste sich De Palma den Einwand anhören, er sei ein visuell zwar hochtalentierter Filmemacher, der aber ohne Tiefgang persönliche Obsessionen auslebe und bis zum Exzess sein Vorbild Hitchcock imitiere. Dieser Befund der künstlerischen Unreife wird oft noch mit dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit garniert. Die meisten dieser Kritiker übersehen nicht nur, dass schon Hitchcock zu seiner Zeit mit vergleichbaren Reaktionen zu kämpfen hatte, was ihnen durchaus zu denken geben sollte, sondern auch und vor allem, dass De Palmas Kino hochgradig selbstreflexiv angelegt ist. So sind Thriller wie „Sisters“, „Dressed to Kill“ oder „Body Double“ tatsächlich oft voyeuristisch, aber zugleich auch Traktate über die Schaulust. Macht und Lust stehen in De Palmas Filmen in einem komplexen Zusammenhang, in dem die Frauen entschieden mehr als nur Opfer und die Männer oft einfach machtlos sind. „Femme Fatale“ macht dies noch einmal ganz klar, indem die Protagonistin, deren Vorgängerinnen in den Klassikern des Film noir stets mit dem Untergang für ihre Anmaßung zu zahlen hatten, hier eine tatsächliche Macht und das Heft des Handelns erhält. Der männliche Held dagegen ist in Gestalt von Antonio Banderas ein wohlmeinender Zeuge, der von den Ereignissen mehr oder weniger überrollt wird.

„Femme Fatale“ ist also alles andere als frauenfeindlich, vielmehr ist er eine Liebeserklärung an die Frauen – dazu gehört auch, ihre Körper zu fotografieren. Das sich durch das Milchglas einer Toilettenkabine abzeichnende lesbische Liebesspiel, der Striptease im übertriebenen Kunstlicht einer Spelunke oder die in Zeitlupe zelebrierten langen Beine in Hotpants und Stiefeln mit hohem Absatz (hier das dänische Model Rie Rasmussen), all das ist ein Voyeurismus zweiten Grades, dem seine Inszenierung überdeutlich eingeschrieben ist. De Palma macht seine Methode wie so oft ganz deutlich und wer ihm vorwirft, seine Hauptdarstellerin nur nach dem Aussehen ausgesucht zu haben, der ist schlicht böswillig. Das ehemalige Model Rebecca Romijn besitzt natürlich etwas von dem sirenenhaften Reiz der fatalen Verführerin, aber sie ist eine ebenso starke Persönlichkeit, die auch in ihren verschiedenen Rollen und Träumen nie ihren Kern verliert und daher am Ende umso überzeugender einfach sie selbst sein kann.

Der Film ist nicht nur vom Inhaltlichen äußerst verwickelt, sondern auch in der Verwendung filmästhetischer Mittel überaus interessant. De Palma nutzte häufig den Split Screen und Bildcollagen, um Gleichzeitiges und Gedanken darzustellen. Des Weiteren inszenierte er den Höhepunkt in beiden Zeitebenen des Filmes in Zeitlupe.

Wer Hitchock mag, wird De Palma mit Sicherheit auch mögen.

(Fast) unterschlagene Beiträge – Teil 33

Bernies Deal

Bernie Ecclestone ist der Herr der Formel 1. Im Juni 2012 soll er dem zu einer Haftstrafe von achteinhalb Jahren verurteilten ehemaligen Bankvorstand 44 Millionen Dollar Schmiergeld gezahlt haben, um einen Verkauf der BayernLB-Anteile an der Formel-1-Holding zu erreichen. Mitte Juli 2013 erhob die Staatsanwaltschaft München Anklage gegen Ecclestone wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall. Seit Ende April 2014 wird darüber vor dem LG München verhandelt. Dem Formel-1-Boss drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Jetzt beantragten die Verteidiger die Einstellung des Verfahrens, da die strafrechtliche Verantwortung des Formel-1-Bosses „höchst fragwürdig“ sei. Die Staatsanwaltschaft deutet an, zuzustimmen – wenn Ecclestone eine angemessene Summe zahlt. Ecclestone sieht zwar keinen finanziellen Schaden für die BayernLB – will aber dennoch 25 Millionen Euro als Ausgleich zahlen.

Man muss nur genügend Kohle haben, um sich in unserem ‚Rechtsstaat’ freizukaufen. Bravo!

Monty Python live (mostly) – One Down Five to Go

In weniger als einer Minute waren die 20.000 Tickets für die Reunion-Show von Monty Python in der Londoner O2-Arena ausverkauft: ARTE überträgt die letzte dieser Shows heute um 21 Uhr 30 – eine Mischung aus alten Sketchen und neuem Material mit spektakulären Spezialeffekten.

    Monty Python live (mostly) - One Down Five to Go - 2014

Die Pressekonferenz im vergangenen Jahr war ein Vorgeschmack auf den Hype, den diese Versammlung auslösen würde. Journalisten aus aller Welt waren nach London gekommen, um vom ersten gemeinsamen Auftritt von John Cleese, Terry Gilliam, Eric Idle, Terry Jones und Michael Palin seit Jahrzehnten zu berichten. Es fehlte lediglich der 1989 verstorbene Graham Chapman.

Zehn Shows wurden zwischen dem 1. und dem 20. Juli angesetzt, die letzte davon wird weltweit live in Kinosäle übertragen sowie im Online-Stream auf ARTE Concert zu sehen sein. Die Erwartungshaltung der Fans ist riesig. Deshalb setzen Monty Python auf eine Mischung aus alten Sketchen und neuem Material. „Wenn man eine Band sagen hört, jetzt spielen wir unsere neuen Songs, weiß man, es ist Zeit, auf die Toilette zu gehen“, sagt Eric Idle.

„Monty Python’s Flying Circus“ begann 1969 als BBC-Fernsehserie (ARTE zeigt 26 Folgen – OmU – auf ARTE Concert). Bis 1974 entstanden 45 Folgen. Zahlreiche Sketche sind in das kollektive Gedächtnis der Fans rund um den Globus eingegangen. In den 70er Jahren kamen sie auch mit mehreren legendären Filmen wie „Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft“, „Die Ritter der Kokosnuss“ oder „Das Leben des Brian“ in die Kinos. Der bisher letzte gemeinsame Auftritt, damals noch mit Graham Chapman, fand 1982 in Los Angeles statt.

U19-DFB-Team zaubert sich bei EM in Ungarn ins Finale

Nach der WM ist vor der WM, nein, nach der WM ist mittendrin bei der EM der U19. In Ungarn läuft zz. die Endrunde der 30. Fußball-Europameisterschaft der U19-Junioren, also der Jugendnationalmannschaft bis zum 19. Lebensjahr (Jahrgang 1995).

Und das deutsche Team steht morgen am Donnerstag um 19 Uhr – auch dank der sechs Tore von Davie Selke, Werder Bremen – im Finale gegen Portugal. Übertragen wird das Spiel von Eurosport.

Mit dieser U19-Mannschaft um Trainer Marcus Sorg steht die nächste Generation hervorragender Spieler in den Startlöchern. Das junge Team sich durchaus mit der Europameistermannschaft der U21 von 2009 vergleichen lässt, die heute im wesentlichen die deutsche A-Nationalmannschaft ausmacht – und die wurde vor kurzem bekanntlich Weltmeister.

Marcus Sorg wird auch als neuer Co-Trainer des Bundestrainer und damit als Nachfolger von Hansi Flick gehandelt. Die schlechteste Entscheidung wäre das nicht. Und Sorg hätte sicherlich auch das Zeug, eines Tages Nachfolger von Joachim Löw zu werden.

Mit Schirm, Charme und Melone – 5. Staffel (Folge 1 bis 16)

Hier mich wiederholt zur Kultserie Mit Schirm, Charme und Melone zu äußern, hieße Eulen nach Athen tragen. Bekannt wurde die Serie mit der 4. Folge, in der neben John Steed erstmals die unverwechselbare, wunderbare Emma Peel im Mittelpunkt stand. Mit der 5. Staffel bekam die Serie Farbe …


Mit Schirm, Charme und Melone – Vorspann zur 5. Staffel

Und in den ersten sechzehn Folgen hatte diese Staffel um John Steed (J.S.) und Emma Peel (E.P.) ganz besonders Merkmale, die zumindest für diese Folgen zum Markenzeichen der beiden Geheimagenten wurden und neben der Vor- und Nachspannmusik von Laurie Johnson den Wiedererkennungswert deutlich erhöhten:

Nachdem der aktuelle Fall dem Zuschauer gewissermaßen mit einer ersten Szene vorgestellt wurde, treten Emma Peel und John Steed auf. Statt einer gegenseitigen Begrüßung macht John Steed seine Partnerin darauf aufmerksam, dass sie beide wieder einmal gebraucht werden: „Mrs. Peel, wir werden gebraucht!“ („Mrs. Peel, we’re needed!”) Natürlich geschieht dies nicht auf pumpe, sondern eher auf subtile Art und Weise. Das kann dann eine Pralinenschachtel sein, auf deren Rückseite eben jener Spruch steht. Oder eine Einladungskarte, ein Blick durchs Mikroskop, ein Pfeil, der angeflogen kommt – eine Ampel oder eine Zeitung. Und sollte Mrs. Peel ihre Wohnung renovieren und die alten Tapeten abreißen, dann kann es sein, dass sich hinter den alten Tapeten an der Wand … ja, jener Spruch verbirgt: „Mrs. Peel, we’re needed!”

Und noch eines ist für diese 16 Folgen markant: Ist der Titel der Folge eingeblendet, dann erscheinen noch zwei kleine Sprüchlein, die darauf hinweisen, was Steed und was Emma in dieser neuen Folge geschehen wird.

Emma Peel & John Steed – Mit Schirm, Charme & Melone (5. Staffel)

Es gibt eine ganz besondere Website, die sich sehr ausführlich mit der Serie befasst hat und die zu dieser 5. Staffel nicht nur schöne Bildchen liefert, sondern in kleinen Videoausschnitten (über Youtube) eben auch jene Szenen wiedergibt, in denen John Steed mit eben dem genannten Sprüchlein aufwartet: The Avengers – Series 5 – Episode Guide

Ich habe mir erlaubt, das Ganze noch etwas zu ergänzen, indem ich die deutsche Übersetzung zu den eingangs jeder Folge eingeblendeten zwei Sprüchlein wie folgt wiedergebe:

Folge 1:
Einmal Venus – hin und zurück
(From Venus With Love)

E.P. fechtet (witzige Figuren (Schornsteigfeger/Augenarzt etc.))

Folge 2:
Schock frei Haus
(The Fear Merchants)

E.P. bildhauert mit Bohrer (sehr gute Folge)

Folge 3:
Fahrkarten in die Vergangenheit
(Escape In Time)

E.P. näht Stofftiere

Folge 4:
Die Durchsichtigen
(The See-Through Man)

E.P. staubt Pflanzen ab und experimentiert

Folge 5:
Ein Vogel, der zuviel wußte
(The Bird Who Knew Too Much)

E.P. bildhauert und ‚modelt‘ mit ‚Union Jack‘ (ebenfalls sehr gute Folge)

Folge 6:
Der geflügelte Rächer
(The Winged Avenger)

E.P. malt und besteigt „Berge“

Folge 7:
Der Geist des Duke von Benedict
(The Living Dead)

E.P. jagt Geister/2 Küsschen von J.S. auf die Wangen

Folge 8:
Vorsicht, Raubkatzen
(The Hidden Tiger)

E.P. renoviert (P.U.R.R.R.)

Folge 9:
Kennen Sie Snob?
(The Correct Way To Kill)

E.P. liest Zeitung und fechtet tödlich

Folge 10:
Duplikate gefällig?
(Never, Never Say Die)

E.P. guckt TV (u.a. mit Chrisopher Lee)

Folge 11:
Filmstar Emma Peel
(Epic)

E.P. wird Filmstar (u.a. mit Peter Wyngarde)

Folge 12:
Fliegen Sie mal ohne
(The Superlative Seven)

E.P. schießt ‚Teddybären‘ (u.a. mit Donald Sutherland und Charlotte Rampling)

Folge 13:
Diesmal mit Knalleffekt
(A Funny Thing Happened On The Way To The Station)

E.P./J.S. fahren mit dem Zug

Folge 14:
Eins, zwei, drei – wer hat den Ball?
(Something Nasty In The Nursery)

S.T./E.P. hüten Babys/E.P. als Hellseherin (G.O.N.N. -> Guild of Noble Nannies)

Folge 15:
Weekend auf dem Lande
(The Joker)

E.P. in Rosen ‚gebettet’/E.P. wird ‚gejagt’/J.T. außer Gefecht (auch sehr gute Folge)

Folge 16:
Wer ist wer?
(Who’s Who???)

E.P. & J.S. erlauben sich einen Paris-Trip am Schluss

Zur 5. Staffel gehören noch acht weitere Folgen, die allerdings auf diese Markenzeichen verzichteten. Den Grund kenne ich nicht. Vielleicht sind den ‚Machern’ auch die Ideen zu jenem „Mrs. Peel, we’re needed!“ ausgegangen. Schade. Noch mehr leid tut es mir, dass sich Diana Rigg nach dieser Staffel von der Serie zurückzog. Dazu später noch etwas mehr …

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