Kategorie-Archiv: Zukunft Deutschland

Wohin steuert Deutschland?

Demokratie – die Diktatur der dummen Mehrheit

    Demokratie – alt ist sie geworden, trägt Runzeln im Gesicht, hat sich längst zum Sterben hingelegt und hält das Zepter nur noch schwach in der Hand, an dessen anderem Ende die virile Wirtschaft mit aller Kraft zieht. (S. 550) Juli Zeh – Spieltrieb

Es lässt sich viel über unsere Demokratie sagen, die Regierungsform, die angeblich die bisher beste auf Erden, also in der Geschichte unseres Planeten sein soll. Sicherlich ist es gut leben in einer Gesellschaftsform, die möglichst vielen, leider nicht allen, ein Mindestmaß an Wohlstand sichert. Aus der Sicht, dass die Demokratie lange Zeit Frieden gescherte, scheint sie weitere Pluspunkte zu sammeln. Wir in Europa, in der so genannten westlichen Welt können auf jeden Fall nicht klagen.

Und doch ist etwas faul im Staate Demokratie, reichlich viel ist faul.

Wenn die Dummheit regiert: Demokratie
Wenn die Dummheit regiert: Demokratie

Nach wie vor ist sie viril, also männlich geprägt – trotz einer Angela Merkel. Und greis. Es sind die alten weißen Männer, die das Zepter in Händen halten. Und Geld regiert die Welt. Politiker schielen nur danach, ihre Schäflein ins Trockene zu bringen. Allein die Lobbyarbeit zeigt, dass es stinkt. Philipp Amthor, der neue ‚Stern‘ am Himmel der Unionsparteien, kaum mit einem Mandat gesegnet, greift gleich ins Volle. Kaum entlarvt, wird bereits für ihn um eine zweite Chance gefleht. Welche zweite Chance? Noch mehr Geld? Und Hinterbänkler, die kaum ihren Platz eingenommen haben, sehen sich schon mit Aufsichtsratsposten bestückt.

Worum geht es in der Demokratie? Es geht darum, die Mehrheit der Wählerschaft hinter sich zu bringen. Notfalls hilft es auch, die Mehrheit dazu zu bringen, NICHT zu wählen. Am einfachsten ist es, diese Nichtwählerschaft reichlich zu verdrießen. Schon ist ein Teilziel erreicht: Die Wähler, die einen sowieso nicht gewählt hätten, vom Wahlprozeß auszuschließen. Bleibt der dumme Rest!

Demokratie als Diktatur einer Mehrheit der Dummen?

Nein, so doch nicht … (10): Wie werde ich ein erfolgreicher Rechtspopulist?

Zunächst: Populisten sind wir ja eigentlich alle. Die einen rechts, die anderen links. Wer möchte nicht nah am Volke sein? Wer aber in der Politik als Populist erfolgreich sein möchte, der braucht einige Voraussetzungen, die die meisten leider nicht erfüllen. Ist klar: Dann wären wir ja alle erfolgreich … Es genügt also nicht, das Maul aufzureißen und lauthals seine Meinung kundzutun. Auch die Fähigkeit zu differenzieren, wäre angebracht.

Zunächst sollte sich ein potenzieller Rechtspopulist einer größeren Bewegung, am besten einer Partei anschließen. Selbst eine Bewegung oder gar Partei zu gründen ist wenig sinnvoll, da bekanntlich ‚die Revolution‘ ihre eigenen Kindern frisst, d.h. im Gang der Ereignisse bleiben die Gründer meist auf der Strecke (siehe AfD -> Bernd Lucke, dann Frauke Petry – oder Pegida -> Lutz Bachmann). Es muss nicht unbedingt eine rechtsgerichtete Partei sein. Die etablierten Parteien tun es auch. Dort kann es ein werdender Populist auch weit bringen (siehe z.B. Thomas Kemmerich/FDP – Thilo Sarrazin/SPD – Boris Palmer/Grüne). Später ist ein Wechsel zu einer rechtsgerichteten Partei wie die AfD sinnvoll, wenn damit ein Sprung in die Führungsetage erzielt werden kann.

Nein, so doch nicht ... Oder doch?!
Nein, so doch nicht … Oder doch?!

Hier ist es natürlich erst einmal sinnvoll, nicht durch Plattitüden aufzufallen. Zunächst positioniert man sich an der gängigsten Parteilinie, in der Regel ist das die der Parteiführung. Natürlich dauert es eine Zeit, bis man sich ein Mandat erworben hat, mit dem die weiteren Schritte begangen werden können. Um nicht als Hinterbänkler zu verkommen, sollte sporadisch auf sich aufmerksam gemacht werden. Am besten greift ein kommender Populist ein Thema auf, das gerade sehr aktuell ist. Sein Standpunkt muss dabei dem ’seiner‘ Partei genau widersprechen und möglichst in einfache Worte verpackt sein, damit es auch jeder versteht.

Sollten die Angriffe der eigenen Parteifreunde zu stark werden, kann die geäußerte Aussage in soweit modifiziert werden, indem sie ‚abgeschwächt‘ wird. So behauptet man, falsch verstanden worden zu sein. So wechselt der zukünftige Populist scheinbar immer wieder seinen Standpunkt, bis ein gewisser Bekanntheitsgrad erreicht ist.

Gegen ein dann wahrscheinliches Parteiausschlussverfahren wehrt sich der etwaige Populist mit allen Mitteln. Sein eigentliches Ziel heißt aber: Wechsel in die Führung einer in den Parlamenten vertretenen rechtsgerichteten Parteien.

Auf dem Weg dorthin, sind viele Hürden zu nehmen. Wichtig dabei ist, sich bei den eigenen Parteifreunden unbeliebt zu machen, dafür aber bei den Wählern zu punkten. Ein Mindestmaß an Bekanntheit ist unumgänglich.

Ist das Ziel, Führungsmitglied einer rechtsgerichteten Partei zu werden, erreicht, dann kann sich ein solcher denkbarer Populist natürlich auch daranmachen, diese Partei zu unterwandern. Im Grunde geht das wie bisher beschrieben, nur andersherum 😉

Willi, der Berliner, und die ‚Mauer‘

Wenn wir jetzt in Coronazeiten etwas mehr Zeit haben (als Rentner habe ich bekanntlich eigentlich keine Zeit!), dann ist eine sinnvolle Nutzung dieser Zeit zweckmäßig. Könnte ich so sagen … Mehr oder wenige alte Fotos zu sichten, ist eine dieser Tätigkeiten. Und bei (fast) allen dieser Fotos gibt es im Hintergrund eine kleine ‚Geschichte‘.

Am 26. Juni 1963 hielt der damalige US-Präsident John F. Kennedy seine berühmte Rede „Ich bin ein Berliner!“ vor dem Rathaus Schöneberg in Berlin. Natürlich war er kein gebürtiger Berliner und meinte das im übertragenen Sinne: “Two thousand years ago the proudest boast was ‘Civis romanus sum’. Today, in the world of freedom, the proudest boast is ‘Ich bin ein Berliner’.” – „Vor zweitausend Jahren war der stolzeste Satz ‚Ich bin ein Bürger Roms‘. Heute, in der Welt der Freiheit, ist der stolzeste Satz ‚Ich bin ein Berliner‘.“

    John F. Kennedy: 'Ich bin ein Berliner'
    John F. Kennedy: „Ich bin ein Berliner“

Natürlich konnte Kennedy kein Deutsch. So wurde das bekannte Zitat in eine englische Aussprache übertragen, die er sich handschriftlich festhielt: „Ish bin ein Bearleener“ (siehe auch meinen Beitrag Kennedy-Mord: eine Verschwörung Teil 2).


John F. Kennedys Rede vor dem Rathaus Schöneberg/Berlin: „Ich bin ein Berliner“

Nun ist nicht nur Kennedy ein ‚Berliner‘, sondern auch ich. Im wahrsten Sinne! Ich bin in Berlin im schönen Schöneberg geboren. Wenn es das auch schon fast war, was mich und Berlin betrifft. Denn noch als Kleinkind zog ich mit meiner Familie aus Berlin an den Nordrand des Schwarzwaldes.

Von dem Bau der Berliner Mauer habe ich vor Ort also nichts mitbekommen. Und von Kennedys Rede dann wie vom Mauerbau erst als Schüler der Grundschule in Bremen. So bekam ich auch erst spät die Mauer auf Klassenfahrten zu Gesicht. Zuletzt war ich im Juli 2001 in Berlin. Da war die Mauer längst gefallen und nur noch Reste zu besichtigen.

Reste der Berliner Mauer
Rest der Berliner Mauer

Inzwischen ist die Berliner Mauer in viele Brocken zerschlagen und weltweit als zu Anschauungszwecken zu besichtigen. Ein Teilstück ist z.B. in Hamburg zu sehen. In der neuen Hafencity findet man dieses auf dem Platz der Deutschen Einheit unweit der Elbphilharmonie. Als ‚alter Berliner‘ durfte ich mich vor diesem unrühmlichen Teil der deutschen Geschichte abbilden lassen.

Teil der 'Berliner Mauer': Platz der Deutschen Einheit, Hamburg - Oktober 2018
Teil der ‚Berliner Mauer‘: Platz der Deutschen Einheit, Hamburg – Oktober 2018

Und ein Miniteilchen der Mauer liegt bei uns im Wohnzimmer im Bücherregal. Irgendwann müssen wir das Stück käuflich erworben haben. Es ist gewissermaßen auch ein Teil von mir ….:

    ... die mauer - the wall - le mur ... 13.08.1961 - 09.11.1989
    … die mauer – the wall – le mur … 13.08.1961 – 09.11.1989

Fotos haben ihre eigenen Geschichten!

Willis Plaudereien (6): An den Pranger gestellt

Wer wie in Sachsen und Brandenburg die AfD wählt, ist ein Nazi. Punktum! Denn so langsam sollten diese Wähler wissen, womit sie es zu tun haben. Protest war gestern. Heute wird das AfD-Programm gewählt.

Boris Johnson verliert seine Mehrheit im Unterhaus. Der konservative Abgeordnete Phillip Lee verließ am Dienstag aus Protest gegen Johnsons Brexit-Politik demonstrativ die Regierungsfraktion und nahm zwischen den Oppositionsabgeordneten Platz. Jetzt ‚droht‘ Johnson mit Neuwahlen für den 15. Oktober.

CSU geht Youtube: CSYOU – und erntet neben viel Spott vor allem harsche Kritik: „Genau da hätte man punkten können bei der Zielgruppe, die man erreichen will: Indem man sagt, das sind die Dinge, die uns wichtig sind. Stattdessen ist das Video 90 Prozent Bashing von politischen Gegnern oder Andersdenkenden.“ (Robin Blase, YouTuber)

Donald Trump wollte Grönland kaufen. Jetzt bekommt Trump Milliarden für Grenzmauer nach Mexiko. Trump will Regenwald in Alaska abholzen lassen. Trump … Trump … Trump …

Der Pranger, Schandpfahl oder Kaak war ein Strafwerkzeug in Form einer Säule, eines Holzpfostens oder einer Plattform, an denen ein Verurteilter gefesselt und öffentlich vorgeführt wurde. Zunächst Folter-Werkzeug und Stätte der Prügelstrafe (Stäupen), erlangten Pranger ab dem 13. Jahrhundert weite Verbreitung zur Vollstreckung von Ehrenstrafen, also Strafen, die den Verurteilten demütigen und bloßstellen.

Willi stellt sich selbst demonstrativ an den Pranger (in Herrstein 2019)
Willi stellt sich selbst demonstrativ an den Pranger (in Herrstein 2019)

Ich bin dafür, dass der Pranger wieder eingeführt wird. Die Trumps, Johnsons, Bolsonaros und wie sie alle heißen, gehören nicht an die Spitze ihrer Regierungen, sondern an den Pranger. Natürlich wird deren Tun öffentlich gerügt, ‚angeprangert‘. Aber ein echter, mittelalterlicher Pranger, mitten in Washington, London, Dresden, Potsdam, München oder Brasilia aufgestellt, sollte dazu dienen, diese Herrschaften ‚aufzunehmen‘. Hin und wieder einige Schläge aufs Hinterteil würden den jeweiligen Blutkreislauf beleben. Faule Tomaten und Eier stellte ich dann gern zur Verfügung.

Der Preis ist Scheiß: Dynamic Pricing

Die Weihnachtszeit ist vorbei, die letzten nicht so gelungenen Geschenke umgetauscht. Endlich haben die Paketboten, die uns die online bestellte Ware ins Haus gebracht haben, etwas Zeit zum Verschnaufen.

Ich gestehe, dass ich früher so ziemlich alles bei Amazon gekauft habe, wenn das von mir Gewünschte dort angeboten wurde. Meist war es dort auch am günstigsten. Inzwischen hat sich das längst geändert, Dynamic Pricing heißt das vermaledeite Zauberwort.

    Der Preis ist Scheiß: Dynamic Pricing

Wer kennt es nicht, wenn er sein Auto betanken muss. Viele Male am Tag verändert sich dort der Preis für den Treibstoff. Oft erfolgt die Preisgestaltung nach einem bestimmten Muster. Morgens ist es am teuersten, abends oder in die Nacht hinein am preiswertesten. Natürlich wird ein solcher Zyklus von Zeit zu Zeit unterbrochen. Ähnlich wie mit diesen Tankstellenpreisen operiert Amazon. Überhaupt ist dynamische Preisanpassung im Netz gang und gäbe. Amazon gilt allerdings als Vorreiter, der Versandriese ändert seine Preise am Tag unzählige Male. Es handelt sich dabei um ein Modell, welches Preise anhand automatischer Algorithmen berechnet. Dabei werden Faktoren wie die Preisgestaltung der Konkurrenten, Angebot und Nachfrage und andere externe Faktoren miteinbezogen.

Vielleicht interessiert an dem Thema? Bei Amazon finden sich bestimmt jede Menge Bücher usw. hierzu (was soll das denn jetzt, Willi? 😉 ):

Natürlich denkt auch schon der Einzelhandel (hier besonders die Discounter und Einzelhandelsketten) darüber nach, eine personalisierte Preisgestaltung auch hier einzuführen. Wie könnte das aussehen?

Viele zahlen heute mit ec-Karte („electronic cash“), genauer Girocard. Und viele haben eine Payback-Karte (früher waren es die guten Rabattmarken, die die Käufer betulich sammelten). Dank Near Field Communication (zu deutsch Nahfeldkommunikation) lassen sich solche Karten heute schon zum kontaktlosen Austausch von Daten über kurze Strecken von wenigen Zentimetern lesen. Denkbar wäre es also, dass solche Karten auch über etwas größere Strecken ausgelesen werden könnten. Bedenkt man, dass z.B. die Payback-Karte nicht nur zum Sammeln von Punkten (jeder Punkt ein €-Cent), sondern besonders der detaillierten Analyse des Kaufverhaltens der Kartenbesitzer dienen, dann kann sich jeder ausdenken, in welche Richtung der Zug fährt:

Käufer A. hat eine Vorliebe für bestimmte Lebensmittel. Kommt er ins Geschäft, genauer: kommt er in die Nähe dieser Lebensmittel, so wird eine seiner Karten ausgelesen, seine Vorliebe erkannt und die Preise für diese Lebensmittel allein für ihn dynamisch ‚angepasst‘. Die Preisschilder sind dann durch kleine Displays ersetzt. Natürlich kennt auch die Kasse den für Käufer A. angepassten Preis.

Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit einer Frau, die sich darüber erregte, dass es Menschen gibt, die sich gegen jede Art von Datenerfassung wehren. Früher, als sie jung war, hätte sie das auch getan, weil das junge Menschen eben so tun. Wenn sie nichts verbrochen hat, dann muss sie nichts befürchten. Überhaupt geben so viele Menschen in den sozialen Medien alles Mögliche von sich preis. Dass die massenhafte Datenerfassung der Manipulation von Menschen dient, war ihr nicht aufgegangen. Ihr Einwand, dass sie sich nicht manipulieren ließe, konnte ich leider nur mit Kopfschütteln beantworten.

Die Sinnkrise des Konservatismus

Vor geraumer Zeit las ich den folgenden Zeitungsartikel. Dieser konstatiert eine Krise des Konservatismus, die jedem Betrachter mit halbwegs gesundem Menschenverstand längst aufgefallen ist. Sogenannte Konservative übernehmen angesichts der Flüchtlingsdebatte rechte Positionen. Rechte geben sich als Konservative aus. Dabei, so der Tenor des Artikels, wollen Rechte nichts bewahren, nichts ‚konservieren‘, sie wollen die Abschaffung der Demokratie, die natürlich längst zur Debatte steht, sie wollen die Macht. Hier Auszüge aus dem Artikel der Berliner Zeitung von Dirk Pilz:

[…]

Der „Vertrauensvorschuss“, den jede Debatte braucht, wird hintergangen, wenn man mit falschen Fakten hantiert. „Meinung muss auf Fakten gegründet sein“, hat Hannah Arendt einst angemerkt, andernfalls sei Meinung eine Farce. Das ist noch immer richtig, denn im Rahmen einer Farce kann es keinen sinnvollen Streit geben. Wenn mein Partner von mir Respekt einfordert, ich ihn aber anlüge, ist die Antwort „Ich respektiere, dass du mich anlügst“ ein sinnloser Satz, sinnlos, weil er keine zukunftsstiftende, vertrauensfördernde Perspektive eröffnet.

Sinnkrise des Konservatismus

Deshalb wird in dieser Debatte so viel von Angst gesprochen. Die Angst davor, einer politischen Richtung zugeordnet zu werden, vor allem aber die Angst vor der Leere der eigenen Position. Sie scheint auf der konservativen Seite stärker ausgeprägt zu sein, vielleicht auch, weil man sich ihrer hier bewusster ist. Der Konservatismus hat immer von der Überzeugung gelebt, dass das Neue unter Begründungsdruck steht, nicht das Bewährte. Man kann es auf die Formel bringen, die Martin Mosebach mit Blick auf die Katholische Kirche geprägt hat: „Ihr schieres Alter spricht für sie.“

Was sich aber bewährt hat, lässt sich in unserer zersplitterten Gegenwart immer schwerer bestimmen. Die Geschichte hinterlässt ohnehin keine eindeutigen Botschaften. Je genauer man hinschaut, desto deutlicher treten die Ambivalenzen in Erscheinung. Man kann Goethe nicht loben, ohne auf sein merkwürdiges Frauenbild einzugehen. Man kann Luther nicht preisen, ohne an seine antisemitischen Schriften zu denken, Marx nicht, ohne an dessen Entehrung durch den Stalinismus.

Es gibt kein Christentum ohne die Kreuzzüge, es gibt auch keinen Islam ohne den Missbrauch durch Terroristen. Es gibt generell keine reine Vergangenheit, nichts, das sich ohne Abstriche feiern ließe. Das stete Anrufen der Vergangenheit wird damit zur Beschwörung einer Leerstelle. Die Krise des Konservatismus ist eine Sinnkrise, sie kreist um die Frage, was es zu bewahren gilt, was nicht. Jede formelhafte Antwort darauf weicht dieser Frage aus. Ein lebendiger Konservatismus prüft dagegen den Kanon des zu Bewahrenden, mit offenem Ausgang.

[…]

Im Grunde müssten gerade die Konservativen entschiedene Gegner aller rechtsradikalen Tendenzen sein. Dass es so nicht ist, verdeutlicht das Elend des Konservatismus: Er begeistert sich nur für die Erhaltung des Bewahrungswürdigen und nicht für das Bewahrungswürdige selbst, er verteidigt das Verteidigen als solches.

Gefährlich ist diese Entwicklung vor allem deshalb, weil längst auch die Demokratie zur Debatte steht – die rechtsradikale Auslegung des Konservatismus stellt die Grundlage jeder Debatte und jeder Vergangenheitsverständigung in Frage. Rechtsradikale wollen nichts bewahren, kein Gespräch, kein Aushandeln, sie wollen die Macht. […]

Film der Woche: Tatort (1051) aus Bremen: Im toten Winkel (2018)

Als der Rentner Horst Claasen seine demenzkranke Frau tötet, sehen sich die Bremer Ermittler Inga Lürsen und Stedefreund mit einem gesellschaftlichen Tabuthema konfrontiert. Hat sich Horst Claasen die häusliche Pflege tatsächlich nicht leisten können?

Der Gutachter Carsten Kühne führt die Ermittler Schicht um Schicht in den Alltag von Pflegenden ein, die sich aufopferungsvoll um ihre Angehörigen kümmern. Die Kommissare geraten in einen toten Winkel des deutschen Pflegesystems, ihnen stockt angesichts der Ungerechtigkeit und der persönlichen Schicksale der Atem.

Der „Tatort – Im toten Winkel“ (RB / X Filme) setzt weniger auf die üblichen Spannungs-Elemente eines Krimis, er porträtiert eher nüchtern, fast dokumentarisch Menschen, die bei der häuslichen Pflege von Angehörigen an ihre psychischen, physischen und ökonomischen Grenzen stoßen. Katrin Bühlig hat das Buch geschrieben, Philip Koch führte Regie – ohne stilistische Überhöhungen, ruhig und genau, ist stets nah an den Figuren und den Situationen, die einen „aufregen“ können und die niemanden kalt lassen werden . Ein ungewöhnlicher „Tatort“ aus Bremen, mehr Drama als Krimi. Ein Film zwischen Wut & Hilflosigkeit. (Quelle: tittelbach.tv)

    Film der Woche: willizblog.de guckt TV

Wer wie ich so langsam in die Jahre kommt – der Renteneintritt ist nicht mehr so lange hin -, dem wird dieser Tatort sicherlich zu denken geben. Aber im Grunde kann jeder zum Pflegefall werden, vor schweren Unfällen ist niemand gefeit, eine ernste Erkrankung kann jeden treffen. Was ist also, wenn ich zum Pflegefall werde?

In diesem Tatort geht es in erster Linie um die häusliche Pflege, also wenn Angehörige die Pflege übernehmen oder Pflegedienste ins Haus kommen. Der Film zeigt in manchmal krassen Bildern auf, welcher Belastung die pflegenden Angehörigen ausgesetzt sind. Und auf der anderen Seite: Mit welchen Mitteln einige Pflegedienste arbeiten, denen der materielle Gewinn vor dem Wohlergeben seiner Klientel geht. Gerade im Alter haben viele Menschen zum Leben zu wenig – und das auch zum Sterben.

Ich war erst skeptisch, als ich las, um was es in diesem Tatort geht. Aber den Bremern ist ein eindrucksvoller Film gelungen, der dem Thema voll und ganz gerecht wird und sicherlich zum Nachdenken anregt.


Film der Woche: Tatort (1051) aus Bremen: Im toten Winkel (2018) – Link auf Webseite – direkter Link auf das Video (Download) – Video verfügbar bis 10.04.2018

(Wiederholter) technischer Hinweis: Ich getraue und bediene mich der Mediatheken Öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten (zusammen mit dem direkten Link auf den Film zum Herunterladen). Zudem bediene ich mich eines Videoplayers, der das Plugin Adobe Flash benötigt. Solltet Ihr damit Probleme haben, so findet Ihr hier auch immer den direkten Link auf die Webseite mit dem Video der entsprechenden Sendeanstalt.

FDP bricht ab

Warum wundert es mich nicht? Die FDP bricht die Sondierungsgespräche zu einer so genannten Jamaika-Koalition ab. Schon während der Verhandlungen brachte der FDP-Bundesvorsitzende und Vorsitzende der FDP-Fraktion immer wieder Neuwahlen ins Gespräch. Und zuletzt, als immer noch keine Einigung erzielt war, sollte laut Christian Lindner am Sonntag um 18 Uhr Schluss sein. Aber erst nach dem Treffen der Partei-Chefs sei klar gewesen, dass die FDP „diesen Weg nicht mitgehen“ kann. Dies sei gestern gegen 23 Uhr passiert.

    Jamaika – nichts ist mit der Schwampel-Koalition

Lindner begründete den Abbruch der Sondierungen nach gut vier Wochen mit fehlendem Vertrauen. Es sei den vier Gesprächspartnern nicht gelungen, eine Vertrauensbasis oder eine gemeinsame Idee für die Modernisierung des Landes zu finden, sagte Lindner.

Wenn Modernisierung neoliberale Wirtschaftspolitik bedeutet, dann ist es auch besser so. Wer nicht verstehen will, dass es notwendig ist, auf Kohleverstromung zu verzichten. Wer weiterhin auf Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren setzt, gefährdet am Ende den Industriestandort Deutschland. Wer heute Arbeitsplätze zu sichern glaubt, wird in der Zukunft Arbeitsplätze einbüßen. So ist Deutschland z.B. nicht dabei, wenn Staaten wie Großbritannien und Kanada eine Allianz der Länder mit beschlossenem Kohleausstieg planen.

Wie geht es nun weiter? Möglich sind Neuwahlen, eine Minderheitsregierung oder ein nochmaliger Anlauf der Union, die SPD von Gesprächen über eine Neuauflage der Großen Koalition zu überzeugen. Die hat allerdings erneut abgelehnt.

Voraussetzung für vorgezogene Neuwahlen ist die Auflösung des Bundestags. Von den beiden Möglichkeiten, die das Grundgesetz dafür vorsieht, kommt in der aktuellen Situation nur eine in Frage: die mehrmals gescheiterte Kanzlerwahl. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier muss dem Bundestag nach einer Bundestagswahl einen Kandidaten für die Kanzlerwahl vorschlagen, zum Beispiel Angela Merkel. Würde sie die absolute Mehrheit im Parlament verfehlen, was sehr wahrscheinlich passieren würde, hätte der Bundestag 14 Tage Zeit, um auf Grundlage eigener Vorschläge einen Kanzler zu wählen.

Auch dabei wäre die absolute Mehrheit erforderlich. Gelingt dies nicht, muss nach Ablauf der Frist ein neuer Wahlgang angesetzt werden. Sollte Merkel dabei erneut zur Wahl stehen und nur eine einfache Mehrheit der Stimmen erreichen, muss der Bundespräsident eine Entscheidung treffen: Er könnte Merkel dann zur Kanzlerin ernennen – faktisch als Chefin einer Minderheitsregierung. Er hat aber in diesem Fall laut Grundgesetz genauso die Möglichkeit, den Bundestag aufzulösen. Dann gäbe es innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen (Quelle: tagesschau.de).

Eine Minderheitsregierung gilt als vergleichsweise instabil, weil sich die Regierung für jedes einzelne Vorhaben durch Verhandlungen eine neue Mehrheit organisieren müsste – in Form der Zustimmung durch einzelne Oppositionsparteien. Die notwendige Mehrheit zu erreichen, gilt insbesondere bei der Verabschiedung des Bundeshaushalts als schwieriges Unterfangen für eine Minderheitsregierung.

Ob Neuwahlen wirklich der richtige Weg sind, ist fraglich, da sich nach heutigem Stand kaum Veränderungen in Parteiengefüge ergeben sollten, d.h. rein rechnerisch würde es wieder nur für ein Jamaika-Bündnis oder die Große Koalition reichen.

Frau Merkel will eine stabile Regierung, würde danach für eine Minderheitsregierung nicht in Frage kommen. Vielleicht ist es das Beste, wenn Frau Merkel zurücktritt. Aber wer sollte ihr folgen? Ich kenne keinen in der Union, der auch nur halbwegs eine Vision hat, die Deutschland für die Zukunft rüstet.

Rein theoretisch könnte auch Herr Schulz (SPD) zur Wahl des Bundeskanzlers antreten und bei einer einfachen Mehrheit für ihn sogar sein eingeschworenes Ziel, Bundeskanzler zu werden, erreichen. Alles ist möglich.

So oder so wird es spannend. Die FDP hat keine Angst vor Neuwahlen. Aber es ist zu befürchten (eigentlich ja nicht), dass Herr Lindner und Co. sich verzockt haben. Auch die Linke und sicherlich die AfD sind für Neuwahlen, weil sie sich Zugewinne erhoffen. Für die Grünen sehe ich eher schwarz, denn in ihrer zu großen Kompromissbereitschaft während der Sondierungsgespräche dürften sie viele Wähler verprellt haben.

Heute trifft sich Frau Merkel mit Herrn Steinmeier. Vielleicht wissen wir heute Abend schon etwas mehr.

Deutsches Rote Kreuz – Die Blut AG?!

Seit über 28 Jahren arbeite ich nun beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) Suchdienst in der IT. Der jüngere meiner beiden Söhne arbeitet nach seiner Ausbildung als Erzieher in einer Kita des DRK in der Nähe unseres Wohnortes. Meine Frau ist seit vielen Jahren Mitglied des DRK-Ortsvereins in Tostedt. Und der ältere meiner Söhne ist regelmäßiger Blutspenderbeim DRK. Das heißt nun nicht, dass sich meine Familie mit dem Roten Kreuz besonders verbunden fühlt. Es ergab sich einfach so …

Nun erhebt das Magazin Stern in seiner Ausgabe 45/2017 vom 02.11.2017 schwere Vorwürfe: „Das Deutsche Rote Kreuz ist ein erfolgreiches, aber wenig transparentes Multimilliarden-Imperium mit größter politischer Macht und überquellenden Konten, das seine Manager fürstlich entlohnt, seine Interessen mit größter Härte durchsetzt und sich die Gesetze selbst macht.“

Stern Nr. 45/2017 vom 02.11.2017: Die Blut AG?!

Berlin – Titelgeschichte in der neuen Ausgabe des „Stern“: „Das scheinheilige Imperium. Wie das Deutsche Rote Kreuz mit Blutspenden Millionengewinne macht.“ Die Vorwürfe: Marktbeherrschung, fehlende Transparenz, hohe Managergehälter.

Der Stern wirft dem Unternehmen vor, ein „undurchsichtiger Konzern der Wohltätigkeit“ zu sein. Der Handel mit Spenderblut sei eine der lukrativsten Abteilungen. Blut ist ein begehrter Rohstoff, ein Beutel Spenderblut kann für bis zu 110 Euro vermarktet werden. Ein Stern-Reporter hat den Test gemacht und Blut gespendet. Er erlebte „das Bild eines harmlosen Vereins ohne Reichtümer, ohne Interessen, lebensfähig durch mildtätige Spenden“. Und stellt fest, dass das eine „perfekte Tarnung“ sei.

Seine Erkenntnis: „Meine Spende wird vom DRK in ihre Bestandteile aufgespalten und getrennt vermarktet. Nur einen Teil benötigen die Krankenhäuser bei Operationen oder Notfällen. So wird das Plasma überwiegend an internationale Firmen verkauft, die es in Fabriken im Ausland weiterverarbeiten. Über eine halbe Milliarde Euro setzt die Branche in Deutschland pro Jahr um. Rund 70 Prozent des Markts beherrscht das DRK.“

Das DRK in Zahlen: 500 Kreisverbände, 19 Landesverbände. 165.000 Mitarbeiter, 410.000 freiwillige Helfer. Der Jahresumsatz der DRK-Blutspendedienste liegt bei 467 Millionen Euro jährlich. 1,7 Millionen Menschen spenden regelmäßig Blut. Alle Blutspendedienste des DRK zusammen verfügen laut Stern-Recherche über ein Vermögen von fast 600 Millionen Euro. Die Gewinne tendieren gegen Mini-Summen, so nimmt zum Beispiel der größte DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg-Hessen im Jahr 115 bis 120 Millionen Euro ein. Gewinn 2011: 297,94 Euro.

„Ich vermute, dass die Gemeinnützigkeit des Blutspendedienstes von den Finanzämtern noch nie grundsätzlich geprüft wurde“, sagt Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft. Im Blutspendedienst sieht er ein „Paradebeispiel für den Missbrauch von Steuerschlupflöchern“. Er sagt: „Mit Gemeinnützigkeit hat das nichts mehr zu tun.“ Der Vorwurf des Stern: „Das Gesetz behandelt die Firma DRK nicht wie ein Wirtschaftsunternehmen, sondern wie einen Taubenzüchter- oder Karnevalsverein. Durch die Einstufung als gemeinnütziger Verein genießt der Gigant einzigartige Steuervorteile.“

Das Magazin schreibt: „Einsprüche von Fachleuten, öffentliche Kritik und selbst höchstrichterliche Entscheidungen können dem DRK nichts anhaben. Die Verflechtungen mit der Politik machen es unangreifbar.“ Und: „Das Deutsche Rote Kreuz ist ein erfolgreiches, aber wenig transparentes Multimilliarden-Imperium mit größter politischer Macht und überquellenden Konten, das seine Manager fürstlich entlohnt, seine Interessen mit größter Härte durchsetzt und sich die Gesetze selbst macht.“

Präsident Rudolf Seiters, seit 2003 im Amt, habe gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Kabinettstisch gesessen. „Für ihn sind alle Ohren offen.“ Im Dezember soll das DRK eine neue Präsidentin bekommen: Gerda Hasselfeldt. Sie saß 30 Jahre für die CSU im Bundestag.

DRK-Generalsekretär Christian Reuter bedauert in seiner Stellungnahme, dass durch den Artikel „die wichtige Arbeit von ehrenamtlichen Helfern und hauptamtlichen Mitarbeitern des Deutschen Roten Kreuzes und ihr Wirken für Menschen in Not erschwert und verunglimpft wird“. Der Bericht sei nicht nur stark tendenziös und einseitig, sondern enthalte auch Unwahrheiten. So treffe es zum Beispiel nicht zu, dass die DRK-Schwestern schlecht bezahlt würden und nur eine „Aufwandsentschädigung für karitativen Einsatz“ erhielten. „Die Vergütungen entsprechen der branchen- beziehungsweise marktüblichen Bezahlung vergleichbarer Arbeitnehmer.“ Gehälter für Geschäftsführer seien in der genannten Größenordnung ebenfalls keinesfalls üblich.

Der Autor unterschlage außerdem, dass die DRK-Blutspendedienste an sieben Tagen pro Woche rund um die Uhr flächendeckend die Blutversorgung in ganz Deutschland zu 70 Prozent sicherstellten. „Damit wird gewährleistet, dass jeder Mensch in Deutschland Zugang zu einer sicheren und umfassenden Blutversorgung erhält. Bei den Blutspendediensten etwa muss das DRK in der Lage sein, Erlöse in Personal, Technik, Ausstattung und in die Forschung zu investieren, um unsere Aufgaben in der Blutspende zum Nutzen der Allgemeinheit erfüllen zu können und eine maximale Sicherheit für die Menschen sicherzustellen.“

Das Deutsche Rote Kreuz und die Blutspendedienste erbrächten seit Jahren mit der Veröffentlichung von Jahresberichten, Geschäftsberichten und anderen Publikationen größtmögliche Transparenz, so Reuter. Die Kontrolle der Finanzen werde durch externe Wirtschaftsprüfer, Finanzämter und interne Verbandsgremien sichergestellt. „Das Deutsche Rote Kreuz hofft, dass sich weder die ehrenamtlichen Helfer, hauptamtlichen Mitarbeiter noch die freiwilligen Blutspender durch einen solchen einseitigen Bericht von ihrem Engagement abhalten lassen und weiterhin daran mitwirken, Menschen in Not zu helfen.” (Quelle: apotheke-adhoc.de).

Soviel ich weiß, ist das nicht der erste Bericht, der sich kritisch mit den Blutspendediensten des DRK auseinandersetzt. In gewisser Regelmäßigkeit glauben Redakteure, das Thema erneut aufwärmen zu müssen. Wenn es denn dabei um große Geldsummen in Verbindung mit einer gemeinnützigen Organisation geht, darf sich keiner wundern.

Ich kann hier nur kurz meine Sicht zu schildern versuchen, die nach verschiedenen Gesprächen mit Kollegen und Kolleginnen zusätzlich etwas aufgefrischt ist. Zunächst kann ich mich über mein Gehalt, das ich als hauptberuflicher Arbeitnehmer beim DRK bekomme, nicht beschweren. Zwar hat das DRK einen eigenen Tarifvertrag, der nicht mehr an den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes gekoppelt ist. Aber mein Gehalt entspricht in der Höhe in etwa dem eines Angestellten bei einer Bundesbehörde in der gleichen Vergütungsgruppe und Gehaltsstufe. Gleiches gilt auch für meinen Sohn.

Natürlich kommt jeder ins Grübeln, der liest, dass bei 115 bis 120 Millionen Euro Umsatz gerade einmal ein Gewinn von 297,94 Euro übrigbleibt. Nur als Beispiel: Die Deutsche Bank hatte z.B. 2016 bei einem Umsatz von 48 Milliarden € einen Verlust von gut 6 Mrd. € ‚erwirtschaftet‘.

Selbst wenn ein Beutel Blut für 110 € vermarket werden kann, so ist zu berücksichtigen, dass der hohe spezifische Aufwand für Sammlung, Prüfung, Aufbereitung, Lagerung und Verteilung viel Geld kostet. Zudem ist die geringe Haltbarkeit der Vollkonserve ein Kostenfaktor. Nach Ablauf der zulässigen Lagerzeit werden die Vollkonserven fraktioniert, die Fraktionen sind länger lagerfähig. Wichtig zu wissen: Das Blut wird erst nach der Entnahme untersucht. Der Aufwand hierfür ist wirklich nicht unerheblich. Und nicht jedes Blut kann z.B. für Bluttransfusionen genutzt werden. Zudem schreibt Herr Reuter in seiner Stellungnahme: Der Autor unterschlägt außerdem, dass die DRK-Blutspendedienste an sieben Tagen pro Woche rund um die Uhr flächendeckend die Blutversorgung in ganz Deutschland zu 70 Prozent sicherstellen. Damit wird gewährleistet, dass jeder Mensch in Deutschland Zugang zu einer sicheren und umfassenden Blutversorgung erhält. Bei den Blutspendediensten etwa muss das DRK in der Lage sein, Erlöse in Personal, Technik, Ausstattung und in die Forschung zu investieren, um unsere Aufgaben in der Blutspende zum Nutzen der Allgemeinheit erfüllen zu können und eine maximale Sicherheit für die Menschen (z.B. Schutz vor HIV, Hepatitis oder anderen Infektionskrankheiten) sicherzustellen.

Das Rote Kreuz führt in Deutschland täglich mit mobilen Einsatzteams etwa 130 Spendetermine durch (also ca. 15.000 Vollblutspenden), sowohl in Städten als auch in ländlichen Regionen. Darüber hinaus werden auch Blutspenden in Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen usw. durchgeführt.

Ich will hier keine Lanze für das DRK brechen, aber natürlich auch nicht an dem Ast sägen, auf dem ich sitze. Gern hätte ich mir vom Generalsekretär, Herrn Reuter, eine umfassendere Stellungnahme gewünscht, z.B.zum Vorwurf, dass das Plasma überwiegend an internationale Firmen verkauft wird. Oder was die Verflechtungen mit der Politik betreffen. Herr Seiters, zz. noch Präsident des DRK, war früher Bundesinnenminister und damit gewissermaßen der Gegenpol zum Suchdienst des DRK. Und seine Nachfolgerin soll im Dezember Frau Hasselfeldt werden, die u.a. bis September 2017 Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag war.

Fatal wäre es, wenn nach diesem Stern-Bericht die Blutspenden zurückgehen würden. Das hat auch der Autor erkannt. Sicherlich sind die DRK-Blutspendedienste ein riesiger Apparat. Aber wer, wenn nicht das DRK, stellt sonst sicher, dass der Zugang zu einer sicheren und umfassenden Blutversorgung gewährleistet bleibt. Die Rot-Kreuz-Bewegung ist weltweit tätig und trägt in ihrer Neutralität und Unabhängigkeit dazu bei, dass umfassend Hilfe für Menschen in Konfliktsituationen, bei Katastrophen und gesundheitlichen oder sozialen Notlagen geleistet wird, allein nach dem Maß der Not.

Steuerbetrug: Wie der Staat bei Rentnern zweimal kassiert

Lange ist es nicht mehr hin, dann gehe ich in den ‚Ruhestand‘, werde Rentner. Da ich u.a. eine Ausbildung in der Finanzverwaltung absolviert habe und mich so ein wenig auskenne, gibt es da ein Thema, das mir sehr, sehr sauer aufstößt: die Besteuerung der Renten!

Der frühere Grundgedanke der Besteuerung von Renten war, dass nur der Zinsanteil zur Einkommensteuer herangezogen wird, so wie ja auch nur Zinserträge, nicht aber das Kapital einkommensteuerpflichtig ist. Wer also Beiträge in die Rentenversicherung einzahlt, legt gewissermaßen Kapital an. Wird die Rente dann ausgezahlt, so besteht diese zum großen Teil aus dem zurückgezahlten Kapital und einem Zinsanteil – der schon früher steuerpflichtig war. Durch den Grundfreibetrag wurden aber in den überwiegenden Fällen keine Steuern fällig.

2005 gab es bei der Besteuerung der Renten eine Systemumstellung. Bis dahin waren sie nahezu steuerfrei, doch seitdem steigt der Anteil der Rente, der besteuert wird, kontinuierlich. 2040 soll er bei 100 Prozent liegen. Die Rente wird dann also komplett besteuert. Gleichzeitig müssen die Rentenbeiträge während des Arbeitslebens schrittweise steuerfrei durch den Anzug als Sonderausgaben gestellt werden. Doch das passiert nicht in gleichem Maße – zum Nachteil der Rentner. So wird in einem Fall die Rente bereits mit 74 Prozent besteuert. Dabei waren die Rentenbeiträge während des Arbeitslebens nur zu 56 Prozent steuerfrei. Ein Teil der Rente wird also doppelt und somit zu viel besteuert.

    Norbert Blüm: ‚Die Rente ist sicher‘ – ‚Denn eins ist sicher: Die Rente‘

Die Gründe der Systemumstellung mögen vielschichtig sein. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes verlangte die steuerliche Gleichbehandlung von Pensionen und Renten. Ein wesentlicher Grund ist sicherlich die Finanzierung von versicherungsfremden Leistungen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Einzahlungen in die Rentenversicherung zu tun haben. Im Grunde muss die Rentenversicherung wie ein Bankinstitut gesehen werden: die Rentenbeiträge entsprechen Einzahlungen wie auf ein Sparbuch, das verzinst wird. Einzahlungen und Auszahlungen sollten sich so immer decken. Durch versicherungsfremde Leistungen wurde dieses System ausgehöhlt. In den 1990er Jahren geriet „die gesetzliche Rentenversicherung zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Eine Ursache war die Übertragung des Systems auf die neuen Bundesländer: Da es in der DDR nahezu keine offene Arbeitslosigkeit gegeben hatte, erwarben die dortigen Rentner und Versicherten nach einer Hochrechnung ihrer in der DDR erzielten Einkommen anhand eines festgelegten Faktors auf annähernd vergleichbare Westverdienste vergleichsweise hohe Rentenansprüche an die GRV, während aufgrund der Wirtschaftslage aus den neuen Bundesländern nur relativ geringe Rentenbeiträge erwirtschaftet wurden. Verschärft wurden die Probleme durch eine sprunghafte Erhöhung der Erwerbslosenzahlen.“ Hinzu kommt der demografische Wandel.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Rentenanwartschaften durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes geschützt, soweit sie auf eigenen Rentenbeiträgen beruhen. Die Rentenversicherung hat aber keinen Kapitalstock gebildet, aus dem eingezahlte Beiträge ausgezahlt werden könnten. Einige der Gründe hierfür sind oben genannt. Deshalb ist die folgende Generation dazu verpflichtet, die Altersversorgung der aktuellen Rentenbezieher zu sichern (Generationsvertrag).

Ich will es hierbei belassen. Wie zu sehen ist, so spielt das Thema Rente in alle Altersgruppen hinein. Wir alle sind direkt oder indirekt davon betroffen. Nur noch so viel: Laut einer Berechnung kann das augenblickliche Rentenniveau nur gehalten werden, wenn sich das Eintrittsalter in den kommenden Jahren erhöht. Bis 2035 soll es demnach auf 73 steigen. Wie gnädig ist dagegen die Empfehlung der Bundesbank, die eine Rente mit 69 fordert.

40 Jahre Deutscher Herbst – der Tatort

Es ist ein Teil unserer Geschichte. Und hierzu ist viel geschrieben worden. Es gibt Filme, ob nun als Dokumentation oder als Spielfilm, die diese Tage im Oktober vor 40 Jahre thematisieren:
Im Oktober 1977 fand der Deutsche Herbst seinen traurigen Höhepunkt. Nach der Ermordung von Hanns-Martin Schleyer und der Befreiung der gekaperten „Landshut“ nehmen sich die RAF-Gründer Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober im Gefängnis Stammheim das Leben. Hier ein Überblick von Radio Bremen

Fahndungsfoto der RAF-Terroristen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan Carl Raspe. | Bildquelle: rb / picture-alliance/dpa

40 Jahre liegen der Deutsche Herbst und die Todesnacht von Stammheim zurück. Die Folgen dieser traumatischen Zeit beeinflussen den aktuellen Fall der Kommissare Lannert und Bootz.

In der Nacht zum 18. Oktober 1977, nach Befreiung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ in Mogadischu und der Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer, fand der sogenannte Deutsche Herbst seine Zuspitzung in der „Todesnacht von Stammheim“, in der Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in ihren Gefängniszellen den Tod fanden und Irmgard Möller sich lebensgefährlich verletzte. Diese historische Situation, die sich in diesem Herbst zum 40. Mal jährt, bildet den Hintergrund für Dominik Grafs Stuttgarter „Tatort: Der rote Schatten“. Die langen Schatten jener Nacht und des Kampfs gegen den RAF-Terrorismus reichen in dem Tatort bis in die Gegenwart. Genauso wie die ungeklärten Fragen, die damit verbunden sind, zum Beispiel: Wie kamen die Waffen wirklich in den Hochsicherheitstakt des Stammheimer Gefängnisses? Wie weit reicht der Spielraum für den Verfassungsschutz? Warum ist es nicht möglich, die Ereignisse in der Nacht zum 18. Oktober zweifelsfrei zu klären? Dominik Graf beschäftigt sich in seinem ersten Stuttgarter „Tatort“ mit diesen Fragen. Vergangenheit und Gegenwart greifen ineinander. Dafür nutzt Dominik Graf historisches Material, das er virtuos mit nachgedrehten Szenen verschränkt.


Tatort 1031 aus Stuttgart (2017): Der rote Schatten (ARD-Mediathek – verfügbar bis 14.11.2017)

siehe auch meinen Beitrag: 30 Jahre „Deutscher Herbst“