wer von Euch die Rubrik „Was ist bloß mit Ian los?“ vermissen sollte, keine Angst, diese gibt es immer noch, wenn auch unter einem neuen Namen: „Ian und die (Musik-)Welt“. Da sich das Thema Ian Anderson und Jethro Tull mit der Zeit doch ziemlich erschöpft hat und sich – wie von Euch sicherlich nachzulesen war – die genannte Rubrik „thematisch erweitert“ hat (schön gesagt, gelt?), sollte sich auch der Titel den neuen Gegebenheiten anpassen und nicht umgekehrt, oder?
Nein, wirklich! IAN lupft gelegentlich noch den Kopf. So ganz ohne ihn soll es auch weiterhin nicht gehen. Aber die Welt der Musik ist weit und die Welt insgesamt sowieso. Bei „Ian und die (Musik-)Welt“ geht es also wie gewohnt weiter. Kretakatze bleibt unerschöpflich, Lockwood und ich meist knorrig – und für ‚Nachwuchs’ scheint auch gesorgt (Alex, wir begrüßen Dich!)
In diesem Sinne (welchem?)
Auf ein Neues (was?)
Wilfried (auch im Namen von Kretakatze & Lockwood)
Hi, Kretakatze & Lockwood – und allen Besuchern ein fröhliches Hi-ho,
Lockwood lebt noch, wie schön – und willkommen zurück im Club.
Heute möchte ich zwei Fäden vom letzten Mal wieder aufnehmen und miteinander verknüpfen. Zunächst der 1. Faden: Lockwood beschrieb die Endkandidaten aus DSDS der aktuellen Staffel als kompatibel, wohl im Sinne von austauschbar. Dagegen wären Musiker z.B. wie Tom Waits „Typen“, die sicherlich nirgends einen Schönheitspreis gewinnen werden (so übel sah er früher aber gar nicht aus), auch für ihren Gesang nicht, die aber durch ihre Musik als solches zu überzeugen wissen. Ich denke, Lockwood trifft hier den Nagel auf dem Kopf. Selbst der schönste Singsang sagt mir nur wenig zu, wenn so etwas wie Authentizität fehlt. Waits singt Waits, Ian Anderson singt Ian Anderson. Ein Clay Aiken singt in erster Linie nur ein Lied eines anderen. Natürlich gibt es Sängerinnen und Sänger, die vornehmlich Lieder anderer Interpreten vortragen (z.B. Joe Cocker, auf den ich noch kurz zu sprechen kommen werde) und dabei doch ganz „typisch“, echt, also authentisch sind. Diesen Grad hat Clay Aiken für mich nicht erreicht (und wird ihn wahrscheinlich auch nie erreichen).
So nebenbei: Als Nachtrag hier die von Lockwood angesprochenen Versionen des Tom Waits’ Liedes „Jersey Girl“:
Bruce Springsteen Jersey Girl
Tom Waits – Jersey Girl
Das bringt mich zu einem schon früher diskutierten Thema zurück: Coverversionen. Ian Anderson und seine Mannen haben selbst schon gecovert und wurden es. Hier eine längst nicht vollständige Liste der Stücke.
TomWaits selbst hat ebenfalls Lieder anderer Autoren gecovert – und ist selbst reichlich gecovert worden (nicht nur vom „Boss“ Bruce Springsteen): auch hier eine Liste der Stücke. Und neulich las ich, dass selbst die Schauspielerin Scarlett Johansson (u.a. bekannt aus „Lost in Translation“) ein ganzes Album mit Waits-Liedern auf den Markt bringen will. Interessant vielleicht in diesem Zusammenhang die „Kontroverse“ Rod Stewart vs. Tom Waits.
Meist sind die Originale besser als die nachgespielten bzw. nachgesungenen Lieder. Aber einige Stücke haben dem Original den Rang abgelaufen, haben nicht nur höhere Verkaufszahlen erzielt, sondern das Original ‚förmlich’ in den Schatten gestellt. Mir fällt da z.B. „Black Magic Woman“ von Santana ein, ein Lied aus der Feder von Peter Green, der das Lied damals mit Fleetwood Mac veröffentlichte. Und ich denke da an Richie Havens, wenn einer von Euch den kennt, der besonders durch Versionen von Beatles-Liedern bekannt wurde (Joe Cockers Version von With a Little Help From My Friends werdet Ihr aber kennen). Die gecoverten Versionen waren wohl deshalb „besser“ (wenn man das so überhaupt sagen kann), weil diese die Authentizität haben, von der ich eben sprach.
Nun, was ist mit dem 2. Fädchen? Bei dem ganzen „DSDS“-, „Amercan Idol“-, „Pop Idol“- und sonstigen Kram wird doch auch nur gecovert. Ich kenne mich zwar mit diesen Sendungen nicht aus, aber ich denke, dass es geradezu nicht erwünscht ist, mit eigenen Stücken dort aufzutreten, oder? Also werden Lieder aus der großen Grabbelkiste hervorgeholt. So fällt es dem Zuschauern in der Regel leicht, sein Votum abzugeben, da die vorgetragenen Lieder oft bekannt sind oder zumindest einen entsprechenden Wiedererkennungswert besitzen. Nun habe ich die beiden Fäden am Wickel und knüpfe daraus einen Galgenstrick, denn ich komme zu einem meiner Lieblingsthemen in diesem Zusammenhang: Urheberrechte! Denn wie sieht es mit den Urheberrechten der Autoren dieser Lieder aus? Bekommen die einen müden Euro (Pfund, US-Dollar) dafür, dass ihre Lieder u.a. von skurrilen Nichtskönnern dargeboten werden, wie Kretakatze sagt? Oder geht alles „aufs Haus“, d.h. Sony & Co. schauen zu und lassen hier einmal Urheberrechte Urheberrechte sein.
Wenn ich richtig informiert bin, so haben ja auch nicht die Künstler, die eigentlichen Urheber, die Urheberrechte, sondern treten diese gezwungenermaßen an die Firmen ab (in Form von Nutzungsrechten in Deutschland, da Urheberrechte bei uns nicht übertragbar sind). Dafür bekommen sie dann 9,009 % des Verkauferlöses (wenn ich mich nicht täusche). Also von einer CD für 12,99 € sind das dann 1,17 €. Kein Wunder also, wenn manche Künstler den Vertrieb ihrer Musik selbst in die Hand nehmen wollen (wofür sich das Internet natürlich bestens eignet). Ansonsten dürfen sich auch Nichtskönner an geborgtem Liedergut vergehen, ohne dafür Gebühren zu zahlen (wie gesagt: es geht „aufs Haus“!).
Und damit ich noch mehr vom Kurs abkomme, an dieser Stelle einen kleinen Exkurs: Was die GEMA in etwa ist, solltet Ihr wissen. Die kassiert im Namen der bei ihr vertretenen Künstler für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte; u.a. gehen mehrere Cent pro CD/DVD-Rohling an die GEMA. Und so kassiert die GEMA auch, wenn z.B. die evangelische Kirche bei uns so genannte Bandabende veranstaltet. Und zwar nicht gerade wenig (etwa 200 €). Kassiert wird auch dann, wenn die Bands, die übrigens kostenlos auftreten, keine Titel covern, sondern nur Eigenkompositionen vortragen. Ich nenne so etwas hanebüchen.
Ich gerate in Schlingern. Komme ich so noch einmal kurz auf Tom Waits zurück: So singt Wolfgang Ambros auf seinem Album „Nach mir die Sintflut“ wienerische Versionen von Tom-Waits-Songs, u.a. wird aus Tom Waits‘ „In the Neighborhood“„Durt bin i daham“. Klingt durchaus interessant.
„In the Neighborhood“ würde ich übrigens zu meinen Lieblingsliedern zählen. Es ist schlicht und trotzdem durch die Bläser sehr schön arrangiert. So komme ich auch gleich zum nächsten Thema des Abends (bei Kretakatze müsste es wohl „des Morgens“ heißen): Lieblingslieder. Es ist gar nicht so einfach, aus der langen Liste der Lieder, die man im Laufe seines Lebens vernommen hat, die Lieder herauszusuchen, die man – immer wieder – am liebsten hört. Einige kann ich natürlich gleich auf Anhieb nennen. Und von Herrn Anderson und seiner Combo ist natürlich auch eines dabei. Aber da fängt das Problem schon an, denn es sollte immer nur ein Lied sein – pro Gruppe bzw. Interpret. Und was sollte da das mir liebste Stück von Jethro Tull sein? Welche Lieder sind denn Eure Lieblinge? Nur frei heraus damit und ohne falsche Scham.
Mit dieser kleinen Hausaufgabe entlasse ich Euch heute. Wir bleiben am Ball bzw. an der Tastatur und hören voneinander.
„Wellcome Back“ Lockwood – da hattest Du ja wohl in letzter Zeit einigen Stress an der Backe. Auch von mir noch herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Hauptsache, Du hast alles gut überstanden.
Lieber Wilfried, es tut mir leid, wenn ich Dich mit meinem „American Idol“-Kram auf’s Glatteis geführt habe, wie Du schreibst. Das war nicht meine Absicht. Deine Reaktion klang ein wenig gereizt. (Immerhin hat es Mr. Aiken damit wohl geschafft wieder etwas Feuer und Schwung in unsere fast eingeschlafene Diskussion zu bringen – wer hätte ihm das nun wieder zugetraut?) Ich hatte auch bereits den Verdacht, dass ich mich mit meinem Beitrag über Clay Aiken zu weit vom eigentlichen Thema Deines Weblogs entfernt habe, deshalb auch mein Kommentar in der zugehörigen Mail. Veröffentliche ihn einfach nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass Jethro Tull Fans, die in Dein Weblog surfen, noch genervter sind als Du, wenn sie dort mit Clay Aiken konfrontiert werden. Jethro Tull Fans sind, glaube ich, überhaupt recht schnell genervt. Und aus Deiner Reaktion auf meine Geschichte schließe ich, dass einmal wieder vieles von dem, was ich eigentlich deutlich machen wollte, überhaupt nicht angekommen ist. Da habe ich also mal wieder mein Ziel verfehlt – sechs – setzen!
Vorneweg – Du brauchst nicht zu befürchten, dass ich bei DSDS lande. Ist Dir tatsächlich entgangen, dass ich dieses Thema bereits behandelt hatte, und zwar abschließend? Zur Erinnerung: Es war dies mein Beitrag, in dem ich Judith Lefeber vorgestellt hatte.
Jetzt sind also wohl doch noch ein paar Erläuterungen angebracht… Es war nicht meine Absicht Euch Clay Aiken als neue musikalische Offenbarung zu präsentieren. Seine Musik ist nicht mein Stil. Ein paar der Klassiker, die er im Programm hat – z.B. Without You, Everything I Do (I Do It For You) oder die Elton John Titel – höre ich ganz gerne, aber die Originale sind für mich völlig ausreichend, zumal sich seine Covers von den Originalen kaum unterscheiden. (Über Sinn und Unsinn von Covers könnte ich auch noch einiges schreiben, aber das wäre ein eigenes Thema). Die meisten seiner sonstigen Songs oder Hits würde ich in die Kategorie „seichte Schlager“ einordnen, Vieles klingt für mich einfach langweilig. Dazu kommen einige Titel, die deutlich jenseits meiner Toleranzgrenze für Sentimentalität liegen (wie z.B. „Mary Did You Know“, und es gibt da noch Krasseres). Und dann finde ich es auf die Dauer ziemlich anödend, wenn jemand ausschließlich Liebeslieder singt (und das dann gar noch in Kombination mit Weihnachtsliedern). Ich höre gerne Mal Titel mit einem geistreichen Text.
Jetzt fragt Ihr Euch sicher, was ich dann eigentlich mit Mr. Aiken am Hut habe. Genau das habe ich mich auch gefragt, und ich habe versucht dieser Frage nachzugehen. Sie ist mehr oder minder identisch mit der Frage, was halb Amerika mit Mr. Aiken am Hut hat. Allein durch seine Musik ist seine Popularität nicht zu erklären. Leider ist die Frage garnicht so leicht zu beantworten, ich möchte nicht behaupten, dass ich das Phänomen Clay Aiken – und als solches würde ich ihn bezeichnen – schon restlos verstanden hätte. Und vor allem – es hat mit Musik und erst recht mit Jethro Tull nichts zu tun und gehört daher nicht in Dein Weblog. Aber bleiben wir erst einmal noch bei der Aufklärung weiterer Missverständnisse.
Wilfried schrieb: „Die Brille wich schon früh einem Satz Kontaktlinsen.“ Genau das tat sie eben nicht (waren die verlinkten Photos vielleicht doch teilweise so klein, dass man die Brille nicht mehr erkennen konnte?). Für American Idol musste Mr. Aiken natürlich auf Kontaktlinsen umstellen, sonst hätte man ihn nicht auf die Bühne gelassen. Aber kaum war AI vorbei, da kramte er seine Brille wieder raus (vielleicht nicht genau das gleiche Modell). Seither hat er sie in schöner Regelmäßigkeit immer wieder aufgesetzt, die Abstände werden eher kürzer. Besonders Interviews gibt er gerne bebrillt, und bei seiner letzten Konzerttournee stand er wohl mindestens bei der Hälfte seiner Auftritte mit Brille auf der Bühne. Zur Information: Brille ist im Gegensatz zu Kontaktlinsen teurer, unpraktischer, lästiger und man sieht damit auch noch schlechter (eingeschränktes Gesichtsfeld, verzerrte Linien). Das sage ich als Kontaktlinsenträgerin, die über 25 Jahre lang ausschließlich Brille getragen hat. Wer trotzdem Brille trägt, noch dazu als „Künstler“ auf der Bühne, der hat dafür einen bestimmten Grund. Zum einen verleiht eine Brille natürlich Autorität und einen intellektuellen Anstrich. Für Mr. Aiken dient sie nach meiner Einschätzung vor allem dazu sein altes „Nerd“-Image zu pflegen, so als wollte er sagen: „Ich habe mich nicht wirklich verändert, ich bin immer noch der Gleiche.“
Dann hat mich einmal mehr verwundert, lieber Wilfried, dass Du die Frage, ob jemand ein „Superstar“ ist, an der Höhe seines Kontostands festmachst. Wenn das wirklich das Kriterium ist, dann ist mit Sicherheit Mr. Anderson der zigfach, wenn nicht hundertfach, größere Superstar, und das nicht nur, weil er bereits ein paar Jahre länger Zeit hatte Geld zu verdienen. Mr. Aiken investiert sein Geld nämlich nicht in Lachsfarmen, er steckt es in die von ihm selbst gegründete Stiftung für geistig behinderte Kinder und wird daher im Vergleich zu Mr. Anderson wohl immer ein armer Schlucker bleiben. Er ist im Übrigen auch kein Superstar, der Ausdruck passt für ihn nicht, und er sieht sich selbst auch ganz sicher nicht als solchen.
Überhaupt zum Begriff „Superstar“ – nach meiner Erinnerung ist er keineswegs so neu, wie Du das zu empfinden scheinst. Auch wenn ich 1970 noch ein „Jungspund“ war, wie Du das zu formulieren beliebtest, kann ich mich an dieses Jahr doch noch sehr gut erinnern. Seit 1970 war ich regelmäßige Leserin der Bravo (und damit natürlich bestens informiert), habe die Charts beobachtet und regelmäßig die Disco besucht (ja, ich war ziemlich früh dran). Neben CCR waren Elton John und Uriah Heep meine Favoriten („Easy Living“ war der erste Song, auf den ich je in einer Disco getanzt habe). Um’s kurz zu machen – den Begriff Superstar gab es damals schon, die Bravo war voll davon. Die Beatles und die Stones gehörten dazu, aber auch für Neil Diamond wurde nach meiner Erinnerung dieser Begriff gebraucht. Ob er amerikanisch ist, weiß ich nicht, Pop- und Rockmusik waren damals überwiegend britisch. Auf jeden Fall liegen auch meine musikalischen Wurzeln in der ersten Hälfte der siebziger Jahre, allerdings waren sie weniger von Progressive Rock geprägt als Deine. Zu Jethro Tull bin ich, wie ich ja bereits erwähnt habe, erst 1978, also in meiner musikalischen Spätzeit gestossen, als ich eigentlich schon erwachsen war (na ja, wie Ihr wisst bin ich niemals wirklich erwachsen geworden…). Aber das nur am Rande.
Dann hat Dich interessiert, lieber Wilfried, wie bekannt Mr. Aiken wohl in Europa (bzw. in Deutschland) ist. Das weiß ich auch nicht, aber ich würde vermuten, dass ihn kaum Einer kennt. Ich glaube nicht, dass er hier schon einmal aufgetreten ist oder im Fernsehen zu sehen war – so etwas ist für den Bekannheitsgrad entscheidend. Der Austausch von „Stars“ über den Atlantik hinweg funktioniert auch nicht mehr so wie noch vor 30 Jahren. Abgesehen von den „wirklichen Superstars“, zu denen ich Mr. Aiken eben nicht zähle, sind die USA und Europa weitgehend getrennte Märkte (auch das ist übrigens ein interessantes Thema). Außerdem ist das Interessante an Mr. Aiken’s nicht seine Musik, sondern so ziemlich alles andere – und davon ist in Europa vermutlich nie etwas angekommen. Der Verkaufsrang für Mr. Aiken’s letztes Werk bei Amazon wundert mich daher nicht. Man sollte dabei auch bedenken, dass das Album bereits anderthalb Jahre alt ist, da kann man die Chart-Position schlecht mit etwas vergleichen, das erst vor ein oder zwei Monaten herausgekommen ist.
Dann möchte ich doch noch betonen, dass man meiner Meinung nach Mr. Anderson und Mr. Aiken in ihrer Eigenschaft als Musiker nun wirklich nicht miteinander vergleichen kann, das ist als vergleiche man Äpfel mit Kartoffeln – beide sind pflanzlich und man kann sie essen, zweitere allerdings erst nach vorheriger Garung. Scherz beiseite – die Herren spielen nicht die gleiche Sportart. Mr. Anderson ist ein Musiker, der seine Songs selbst schreibt und er ist allein dadurch einzigartig und unersetzlich – ohne ihn würde es diese Musik nicht geben. Mr. Aiken ist ein reiner Interpret, der singt was andere geschrieben haben, und damit ist er prinzipiell austauschbar. Singen können Viele, und die auf Hochtouren laufende Idol-Industrie (es gibt da ja auch noch x-factor, America’s Got Talent und andere) spuckt neue Talente in immer kürzeren Abständen aus, und die werden immer unglaublicher und immer jünger (auch zu diesem Thema habe ich in letzter Zeit einiges Material gefunden). Da wird es immer wieder einen Anderen geben, der besser ist, jünger oder auch einfach nur neuer, und den Favoriten vom letzten Jahr verdrängt, wenn dieser nicht neben seinen gesanglichen Fähigkeiten noch andere aufweisen kann oder durch seine Persönlichkeit einzigartig und unersetzlich ist.
Vor diesem Hintergrund meinst Du, Mr. Aiken wäre ein „Sänger, der sich schnell verbraucht“. Nun, auf 40 Jahre Musikerdasein kann er noch nicht zurückblicken, er ist halt auch noch nicht einmal 30, da hat er schlechte Karten… Dafür, dass er 31 Jahre jünger ist als Mr. Anderson, kann er nichts. Aber ich wäre bereit, lieber Wilfried, mit Dir darum zu wetten, dass in 31 Jahren, wenn wir beide bereits als Tattergreise im Altersheim sitzen und selbst Mr. Aiken nicht mehr ganz jung ist, der Name Clay Aiken in den USA immernoch ein Begriff sein wird. Und das selbst dann, wenn er morgen seine Stimme verlieren und nicht mehr besser klingen sollte als der Mr. Anderson der heutigen Tage. Clay Aiken ist nämlich nicht einfach irgendein amerikanischer Schnulzensänger, er ist eine Symbolfigur, ein „echtes Idol“ im deutschen Sinn des Wortes. Dass das so ist, und warum das so ist, konnte allerdings zugegebenermaßen aus meinem letzten Beitrag über ihn nicht hervorgehen.
Das liegt daran, dass das alles mit Musik nichts zu tun hat, ein Idol hat mit Musik überhaupt nichts zu tun. Mr. Anderson war nie Dein Idol, hast Du geschrieben, lieber Wilfried – meins auch nicht. Ein Idol braucht nämlich einen Vorbild-Charakter und eine Botschaft, und das kann Mr. Anderson nicht bieten – Mr. Aiken schon. Im Fall von Mr. Aiken war die Musik nur das Medium, das ihn an die Öffentlichkeit katapultiert hat, damit sie ihn kennenlernen konnte. Gut, natürlich singt er und verkauft auch CDs, aber ich könnte mir vorstellen, dass in seinem Fall manche die CD mehr wegen ihm als wegen der Musik darauf kaufen. Um das zu verstehen, muss man seine Vorgeschichte kennen und alles, was seither über ihn durch die Presse gegangen ist (oder zumindest einen Teil davon, denn ich habe mit Sicherheit auch nicht alles mitbekommen), auch seine Aktivitäten außerhalb der Popmusik (die schon erwähnte Stiftung, die Tätigkeit als UNICEF-Botschafter usw.) gehören dazu.
In meinem letzten Beitrag hatte ich Mr. Aiken mit Superman verglichen – das war mehr als Gag und scherzhafte Annäherung an die Wahrheit gedacht. Tatsächlich hat er nämlich viel mehr Ähnlichkeit mit einem ganz anderen Helden der Weltgeschichte. Dazu zwei Bilder aus dem Claymania-Video:
Ich glaube man braucht keine besondere Phantasie, damit einem das wie eine moderne Illustration zum Neuen Testament erscheint. Da war Zachäus in einen Baum gestiegen, von dem er wußte, dass Jesus an ihm vorbeikommen würde, denn er wollte zumindest einmal einen Blick auf den Messias werfen. Hier sind gleich mehrere Zachäus auf’s Sims gestiegen, damit sie ihrem Idol wenigstens einmal die Hand schütteln können. Und das sind keine ausgeflippten Teenies, die heute für den Einen kreischen und morgen für einen Anderen. Die sehen aus wie gestandene Männer, älter als der Messias, der eingerahmt von seinen Sicherheitsleuten an ihnen vorüberschreitet.
Die Symbolik in der Geschichte des Mr. Aiken und die Zahl der Parallelen zu Jesus ist wirklich frappierend. Da gibt es z.B die Weissagung nach seinem Vortrag von „Somewhere Out There“ bei American Idol (das Video hatte ich verlinkt), sie kommt von der farbigen Dame in der Jury (ich weiß nicht einmal, wer das ist, aber sie muss wohl hellseherische Fähigkeiten haben). Sie erklärt Mr. Aiken zum Mysterium und prophezeit ihm eine außergewöhnliche Zukunft, denn „You are pure“. Sie hat den Nagel auf den Kopf getroffen.
Kaum ist seine Idol-Zeit vorbei, der bekehrt er auch schon Saulus zum Paulus. Es ist dies Jimmy Kimmel, der Talkshow-Gastgeber, der sich im Claymania-Video als „Leader of the Claymates“ outet und Mr. Aiken anschließend in seiner Show als „My best friend in the whole world“ ankündigt. Das war nicht immer so. Dazu muss man wissen, dass Mr. Aiken zu Zeiten seiner Idol-Auftritte nicht nur mit Euphorie gefeiert, sondern auch mit jeder Menge Spott von Seiten der Medien bedacht wurde, so wie er überhaupt in seinem ganzen Leben noch nie über Mangel an Spott hat klagen müssen. Insbesondere wurde schon früh vermutet er müsse wohl schwul sein, denn er sähe so „gay“ aus und würde sich so „gay“ benehmen. Von den Spöttern war Mr. Kimmel einer der Vorderen. Unter diesem Gesichtspunkt gewinnen Bemerkungen Kimmel’s in der Show von 2006 wie „…the man whose poster adorns my bedroom“, „This is why there are rumors about you and me together.“ und „I would never have imagined, when you where a young man on American Idol…“ eine ganz neue Bedeutsamkeit. Es klingt als läge diese AI-Zeit Jahrzehnte zurück, es ist gerade einmal 3 Jahre her.
In diesem Video, das den ersten Auftritt Mr. Aikens in Kimmels Show nach American Idol zeigt, kann man sehen, wie der inzwischen geläuterte 40-Jährige Kimmel den Kniefall vor seinem (fast) 25-Jährigen Meister macht, dem er fortan freudig dienen wird. Das Video ist noch aus anderem Grund interessant, denn Mr. Aiken kommt hier neben Britney Spears zu sitzen. Britney war zu diesem Zeitpunkt bereits seit etwa 5 Jahren im Geschäft, und ich finde sie sieht schon ziemlich fertig aus. Jedenfalls ist sie so angemalt, dass man von ihrem Gesicht kaum noch etwas sieht. Sie ist 3 Jahre jünger als Mr. Aiken und auf mich wirkt sie kindisch und naiv. Mr. Aiken sieht zwar aus als wäre er höchstens 16, aber man merkt ziemlich schnell, dass er weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen ist. Die beiden sollten in den nächsten Jahren zu Haupt-Zielscheiben der Boulevard-Presse werden, und da zeigt sich, dass man nicht intelligent sein muss um Popstar zu werden, aber es ist sicher hilfreich, wenn man im Haifischbecken Hollywood ein paar Jahre ohne Nervenzusammenbruch überleben will. Britney Spears war diesen Anforderungen nicht gewachsen.
Inzwischen sind bereits 5 Jahre vergangen und es ist immer noch nicht geklärt, ob Mr. Aiken nun eigentlich schwul ist oder nicht und wie sich sein nicht existentes (oder doch nur im Geheimen verborgenes?) Liebesleben im Detail gestaltet – und die Bemühungen der Boulevardpresse Licht in dieses Dunkel zu bringen und diese ganz Amerika bewegende Frage zu beantworten könnten sich noch einige Jahre hinziehen. Nein, so jemand wird nicht langweilig, er wird „Sexiest Singer“. Aber das nur am Rande.
Habe ich hier schon einmal den Satz „Zeige mir Deine Fans, und ich sage Dir, wer Du bist“ gebraucht? Kein anderer mir bekannter Star kann auf eine vergleichbare Fangemeinde herabschauen – sie ist auch in Amerika bereits sprichwörtlich. Seine Fans haben sich in durchstrukturierten (soll ich sagen „kirchenähnlichen“) Gruppen zusammengeschlossen und sind bestens organisiert. Da wird nicht nur dafür gesorgt, dass, wo immer der Meister erscheint, eine ausreichend große Abordnung zur Stelle ist, um für den ihm gebührenden Geräuschpegel zu sorgen. Tritt Mr. Aiken bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung im Fernsehen auf, dann werden schon im Vorfeld 30.000 $ an Spenden gesammelt und zu seinen Ehren in seinem Namen überwiesen. Ruft er im Fernsehen zur Beteiligung an einer Aktion auf, kann er sicher sein, dass schon am nächsten Tag seine Jünger zahlreich ausströmen werden, um seiner Bitte Folge zu leisten.
Selbst Präsident Bush hat schon erkannt, dass Mr. Aiken eine nicht zu unterschätzende Größe darstellt. Auf einem seiner Popularitätstiefs (bestand seine Amtszeit nicht eigentlich nur aus Populariätstiefs?) hielt er es für vorteilhaft, Mr. Aiken in eine eigens gegründete Kommission zur Ausarbeitung von Verbesserungsvorschlägen für die Förderung und Integration von geistig Behinderten zu berufen – das war natürlich ein PR-Gag, um ein bißchen von der Popularität Clay Aikens zu profitieren. Wie wir in dem von mir im letzten Beitrag verlinkten Interview bei Jimmy Kimmel gehört haben, hat es Mr. Bush nicht einmal für nötig gehalten Mr. Aiken zum Dank dafür, dass er sich mit seinem Namen schmücken darf, zumindest einmal persönlich die Hand zu schütteln. So wird in den USA Politik gemacht. Aber Politik ist ja auch nicht unser Thema.
Ich könnte noch eine Weile so weiter erzählen, aber ich denke es reicht, Ihr werdet mich sowieso schon für total übergeschnappt erklärt haben. Fassen wir also zusammen: Der moderne amerikanische Jesus ist von Hause aus Lehrer für geistig behinderte Kinder (seelig sind die geistig Armen) und verdient sein Geld als Entertainer. Predigen tut er nicht, das ist total out und würde in der heutigen Zeit nicht gut ankommen. Hin und wieder ein Spendenaufruf oder die Bitte, sich an einer caritativen Aktion zu beteiligen – das reicht – und seine Fangemeinde kommt diesen Bitten freudig nach. Ansonsten tut er lieber selber etwas, z.B. für seine Stiftung oder als UNICEF-Botschafter. Er ist bekennender Christ, steht der Kirche allerdings kritisch gegenüber. Seit er 2004 das sich am schnellsten verkaufende Weihnachtsalbum der Neuzeit herausgebracht hat, ist er außerdem der all-amerikanische, singende Weihnachtsengel, der alljährlich eine spezielle Weihnachtstournee ausschließlich mit Weihnachtsliedern absolviert (davon habt Ihr ja auch bereits ein Kostprobe abbekommen). Er hatte noch nie eine Freundin und hält nichts von vorehelichem Sex, lebt also in völliger Enthaltsamkeit. Seit 5 Jahren bemüht sich die Boulevardpresse ihm irgendetwas anzuhängen – man hat sogar schon seine Stiftung wegen angeblicher Verschwendung von Spendengeldern durchleuchten lassen – es konnte noch kein Makel an ihm gefunden werden. Spott und Häme aus den Medien perlen inzwischen an ihm ab wie Regen auf einem frischgewachsten Rolls Royce und lassen seinen Heiligenschein nur noch heller erstrahlen. Soweit zu Mr. Aiken.
Also wie Ihr seht, hat das alles höchstens noch am Rande mit Musik zu tun, es würde eher in eine Rubrik „Dies und das“ oder „Leute von heute“ passen. Eigentlich ist das schon länger mein Thema. Seit nunmehr einem Jahr durchstreife ich diesen Menschenzoo, den man YouTube nennt, und stoße dabei auf Persönlichkeiten, an denen ich aus irgendeinem Grund hängen bleibe. Der Erste dieser Art war Mr. Anderson, und so bin ich im letzten April schließlich in Deinem Weblog gelandet, lieber Wilfried. Aber Jethro Tull und Mr. Anderson können mich nicht auf ewig fesseln, so ziemlich alle Aspekte seiner Person haben wir inzwischen durchgekaut, und viel Neues ist von seiner Seite nicht mehr zu erwarten. So bin ich denn weiter gesurft und über John Fogerty, k.d. Lang und Andere inzwischen zu Clay Aiken gelangt. Kein Mensch weiß, wie lange er mich noch beschäftigen wird und auf wen ich danach stoßen werde.
Tatsächlich interessiert mich zurzeit wie sich die Musikbranche seit den 70ern verändert hat und wie sie heute funktioniert, und da spielen nun einmal Talentshows eine große Rolle. Die Entwicklung ist allgemein von den Bands weg hin zu Einzelmusikern und Interpreten gegangen. Irgendetwas mit Jethro Tull Vergleichbares gibt es nicht mehr (jedenfalls bin ich bisher noch nicht darauf gestoßen). Wenn mich die Person oder die Story interessiert, dann habe ich auch keine Probleme damit, wenn die zugehörige Musik nicht hundertprozentig meinem Geschmack entspricht.
So lebt denn nun wohl, meine lieben Freunde
Kretakatze
PS.:Zum Lebewohl kann ich mir dann aber doch nicht verkneifen Euch noch ein kleines Video mit auf den Weg zu geben. Es ist ein Kuriosum, denn in ihm ist Musik von Jethro Tull (ca. ab 0:30) und danach auch noch Clay Aiken zu hören (da könnt Ihr ja dann abschalten). Der Hintergrund: Zum letztjährigen Weihnachtsfest wurde im amerikanischen Fernsehen eine „Holiday On Ice“-Show gesendet, zu der Clay Aiken live gesungen hat. Hier werden Bilder vom Training der amerikanischen Meisterin im Eiskunstlauf gezeigt, die zu Clay Aiken’s Version von „Winter Wonderland“ (darauf könnt Ihr sicher gut verzichten) auf dem Eis ihre Vorführung übt. Mr. Aiken singt zu ihrem Training natürlich nicht live sondern kommt aus der Konserve. Zuvor werden – passend zum Thema Eiskunstlauf – ein paar Takte von „Skating Away (On The Thin Ice Of A New Day)“ angespielt. Der alte Tull-Klassiker ist in den USA also auch noch nicht ganz in Vergessenheit geraten.
Der Samstagabend bestaltet sich in vielen Familien als Familien-Fernseh-Abend. Und an vielen dieser Abende wird „Wetten, dass …?“ geguckt. Das bereits seit über 35 Jahren. Auch ich gucke mit meinen Lieben oft genug Thomas Gottschalk und seine Wettkandidaten. Es ist wohl die ‚beliebstes‘ Sendung des deutschen Fernsehens. Auf ein noch längeres Bestehen darf die Gruppe Jethro Tull um Ian Anderson zurückblicken: 40 Jahre! Und das ist Anlass zum Feiern.
Nun weiß man, dass Thomas Gottschalk ein Fan von Jethro Tull ist – mehr oder weniger. Und was liegt da näher als der Gedanke, die Gruppe zu diesem ihren Jubiläum zu einer der „Wetten, das …?“-Sendungen einzuladen. Promis sind die Würze (und die Wettpaten) der Sendung. So habe ich auf den Terminkalender beider einmal geblickt und könnte mir vorstellen, dass das etwas werden könnte: Ein Auftritt von Jethro Tull bei „Wetten, dass …?“.
Also Ian Anderson z.B. am 8. November in Berlin auf der Couch neben Thommy und als Wettpate für eine kuriose Wette? Wer weiß … Vielleicht findet sich ja noch ein Wettkandidat für diese Sendung mit einer besonders auf Herrn Anderson abgestimmte Wette (natürlich irgendetwas mit Flöten oder so). Freiwillige vor!
nun ist es mir doch nicht mehr gelungen diesen Beitrag rechtzeitig zu Ostern fertigzustellen, und daher kann ich Euch jetzt nur noch nachträglich wünschen frohe Ostern verbracht zu haben. Im Schnee waren die bunten Eier ja sicher auch für Euch leicht zu finden…
Wilfried hat sich in letzter Zeit verdient gemacht, indem er zu Ehren des 40-jährigen Jubiläums von Jethro Tull zahlreiche neue Videos erstellt und auf YouTube geladen hat – einen Überblick über die gesamte Schaffenszeit von 1968 bis heute und Raritäten aus den frühen Jahren (z.B. die Aufnahmen aus dem Chateau D’Herouville). Vielen Dank für diese Kostbarkeiten! Und in seinem letzten Beitrag hat er wieder viele neue Details und Links zu Jethro Tull Seiten geboten. Da kann ich leider nicht mithalten.
Ich hatte Euch letztes Mal versprochen noch ein paar Einblicke in die internationale Superstar-Suche zu geben, und so kommt hier also heute die Folge „American Idol“ (wenn ich auch eher bezweifle, dass Ihr darauf großen Wert legt…). Simon Cowells Bemerkung über die teilweise bescheidene Qualität der Teilnehmer an World Idol hat mich dazu veranlasst einmal einen Blick über den großen Teich zu werfen, was denn die Amerikaner diesbezüglich so zu bieten haben. Und ich muss zugeben – wer bei American Idol in die Endausscheidung unter die Top 12 kommen will, der muss schon wirklich singen können.
Natürlich hat so ein großes Land auch ein großes Reservoir an Talenten, und die Konkurrenz ist hier besonders hart. Jedes Jahr werden zwischen 70.000 und 100.000 Bewerber für die Show gecastet – zurzeit läuft gerade die 7. Staffel. Ich habe einmal überschlagen, dass eine Jury bei 100.000 Bewerbern und 3 Minuten Dauer je Casting bei 10 Stunden Arbeitszeit am Tag ziemlich genau 2 Jahre (500 Arbeitstage) benötigt, um sich alle Kandidaten anzuhören. Das wäre natürlich so nicht machbar, die Castings müssen innerhalb von ein paar Wochen abgewickelt werden. Die Kandidaten müssen daher schon zwei Hürden bei örtlichen Musikproduzenten o.ä. genommen haben, damit sie vor der Jury aus Simon Cowell und Co. vorsingen dürfen.
Da aus diesen zeitaufwändigen und teuren Castings wenigstens ein bißchen Geld wieder hereinkommen soll, werden die Auftritte vor der Star-Jury gefilmt. So können die ersten Anfänge der späteren Popstars dokumentiert werden, aber auch die Darbietungen skurriler Nichtskönner werden festgehalten und zur Belustigung im Fernsehen gesendet. Teilweise habe ich da ja fast Mitleid mit Mr. Cowell bekommen – es muss schon hart sein, wenn man sich tagelang von morgens bis abends solche Aufführungen ansehen und anhören muss.
Und da ich nun einmal so gerne Geschichten erzähle – hier jetzt ein Beispiel dafür, wie man dieser Tage in den USA ein Pop-Star wird. Diese Geschichte wird Euch wahrscheinlich ein wenig an Kurt Nilsen erinnern, und tatsächlich haben sich beide Geschichten im gleichen Jahr zugetragen und auch die Hauptdarsteller sind gleich alt.
Ende 2002 erscheint in Charlotte, North Carolina, ein junger Mann mit Namen Clay Aiken zu den Castings (die auf englisch übrigens Audition heißen) für die zweite Staffel von American Idol. Er singt Somewhere Over The Rainbow (meiner Meinung nach keine sehr glückliche Wahl), und da kann er seine „Startnummer“ 88 drehen und wenden, wie er will, er wird nicht einmal bis zu den Juroren vorgelassen. Er ist halt auch Einer von denen, die nie einen Plattenvertrag bekommen werden, weil bei ihrem Aussehen sowieso niemals jemand eine Platte von ihnen kaufen würde. Unvorstellbar, dass sich dieser Mr. Aiken schon bald kaum noch vor den Scharen seiner kreischenden, weiblichen Fans würde retten können. Kein Mensch würde vermuten, dass er hier einen künftigen Gewinner der Wahl zu „America’s sexiest Singer“ vor sich hat. Aber machen wir erst einmal der Reihe nach…
Von seiner Absage in Charlotte lässt sich Mr. Aiken nicht entmutigen. Er nimmt den Flieger nach Atlanta, Georgia, wo die nächsten Castings stattfinden, wartet dort 36 Stunden in der Schlange und campiert auf der Strasse. Diesmal schafft er es tatsächlich bis zu Simon und Randy vorzudringen, und was er zu hören bekommt, nachdem er Always And Forever vorgetragen hat, kommt uns bekannt vor: „Großartige Stimme, aber Du siehst nicht aus wie ein Pop Star“. Bemerkenswerterweise sagt Mr. Cowell den Satz allerdings genau anders herum: „Du siehst nicht aus wie ein Pop Star, aber großartige Stimme“. Und bekanntermaßen bringt man das schlagende Argument immer zum Schluss. Das Video zeigt nicht die komplette Audition, da wurde einiges herausgeschnitten, aber trotzdem scheinen mir doch die Amerikaner weniger zögerlich als die Norweger, den unkonventionell aussehenden Kandidaten durchzulassen. Am Aussehen kann man was machen, meint Randy, und tatsächlich wird Mr. Aiken im Laufe seiner Karriere sein Aussehen noch ganz erheblich verändern.
Jetzt hat er erst einmal eines der heißbegehrten goldenen Tickets nach Hollywood ergattert, aber damit ist er natürlich noch lange nicht im Fernsehen. Zusammen mit über zweihundert anderen Kandidaten muss er über Tage hin in endlosen Vor-, Zwischen- und Endrunden vorsingen, es wird gesichtet und gesiebt. Letztlich gelangt er in die Runde der 32 Kandidaten, die live im Fernsehen vorsingen dürfen, doch er kann die Zuschauer zunächst nicht überzeugen – er fällt durch. Allerdings bekommt er noch eine letzte Chance, er darf zusammen mit 5 weiteren Kandidaten um eine Publikums-Wildcard antreten (wurde die eigentlich extra für ihn erfunden?). Er singt Don’t Let The Sun Go Down On Me, und keine Sorge, das haben sie auch nicht getan. Ganz im Gegenteil, seine Sonne hatte gerade erst angefangen aufzugehen. Und so betritt Pumuckl, Markenzeichen abstehende Ohren, die Bühne von American Idol: Somewhere Out There.
Ja, Pumuckl hat etwas Magisches, man könnte auch sagen etwas Charismatisches. Und er lernt schnell. Nur wenige Wochen später, bei To Love Somebody, sieht er zwar immernoch aus wie Pumuckl, aber der Auftritt erinnert bereits mehr an Frank Sinatra. Ich will’s kurz machen – diese Musik ist ja wahrscheinlich auch nicht so ganz Euer Stil. Überraschenderweise gewinnt Mr. Aiken den Titel NICHT. Er wird mit einem denkbar knappen Rückstand von 0,5% Zweiter. Hinterher wurde von verschiedener Seite angezweifelt, ob das Ergebnis korrekt war. Tatsächlich waren wohl zum Zeitpunkt der Abstimmung die Telefonleitungen und der Wahlcomputer überlastet, viele Clay Fans beschwerten sich darüber, dass sie mit ihrem Anruf nicht durchgekommen seien. Die Produzenten der Sendung gaben später auch an, dass Clay Aiken in allen vorangegangenen Abstimmungen vor dem späteren Sieger Ruben Studdard gelegen habe. Aber letztlich kann das Mr. Aiken auch gleichgültig sein. Er war nach American Idol 2 ein gemachter Mann. Der Gewinner Ruben Studdard hatte dagegen eher bescheidenen Erfolg.
Clay Aiken gilt heute nach Kelly Clarkson und Carrie Underwood als der dritterfolgreichste Teilnehmer an American Idol. Wen es interessiert, der kann sämtliche von ihm gehaltenen Verkaufsrekorde und gewonnenen Preise bei Wikipedia nachlesen. Was mich an der Geschichte des Mr. Aiken so fasziniert hat, ist zweierlei. Zum Einen die unglaubliche Ironie des Schicksals, die sich durch sie hindurchzieht wie ein roter Faden und alle Erwartungen auf den Kopf stellt. Da kommt Mr. Aiken zu seiner Audition herein und antwortet auf die Frage, warum er da sei, achselzuckend und lachend mit den Worten „Well, I am the American Idol“. Das war sicher selbstironisch gemeint, und die Juroren können über diesen Scherz nicht einmal müde lächeln, aber es sollte sich als eine nackte Tatsache entpuppen. Im weiteren Verlauf des Gesprächs erklärt er dann noch im Rückblick auf American Idol 1, er hätte in dieser Konkurrenz gut der Erste oder mindestens der Zweite sein können (das wurde bei obigem Video herausgeschnitten). Präziser hätte er seine spätere Platzierung nicht voraussagen können.
Und so geht es gerade weiter: Mehr als einmal hat Mr. Aiken in frühen Interviews betont, dass ihm schon klar sei, dass er nicht auf einen Schönheitwettbewerb gehöre. Wo fand einer seiner ersten großen Auftritte nach American Idol statt? Auf einem Schönheitswettbewerb. Natürlich ging es dabei (This Is The Night) nicht um seine eigene Schönheit, aber offensichtlich fanden es die Veranstalter von „Miss America“ nicht unpassend, diesen „hottest guest star ever“ mitten zwischen die geballte „American Beauty“ zu stellen. So furchtbar „hot“ sieht er für meine Begriffe hier ja noch nicht gerade aus, aber das sollte sich auch noch ändern. Anfänglich wirkte es auf mich eher rührend, wie dieser Junge, der eigentlich noch aussieht wie ein halbes Kind, auf der Bühne steht und schmettert, dass die Halle bebt. Schon ein Jahr später wirkt er allerdings merklich gereift, und noch einmal drei Jahre später ist er nicht mehr wiederzuerkennen: Drei Versionen von Solitaire (2003 – 2004 – 2007).
Das Bemerkenswerteste an der Geschichte des Mr. Aiken ist aber wahrscheinlich seine geradezu unglaubliche Transformation vom kopflastigen, spießig-ungelenken Außenseiter (amerikanisch Nerd) zum witzig-unterhaltsamen Frauenschwarm mit Sex-Appeal. Eigentlich sollte man das für unüberbrückbare Gegensätze halten, Mr. Aiken schaffte die komplette Verwandlung innerhalb von etwa drei Jahren. Und hier das Ergebnis: Claymania Anno 2006 mit anschließendem Talkshow-Auftritt. Das hat mich ein wenig an die Metamorphosen des Mr. Anderson erinnert, wobei es da ein paar wesentliche Unterschiede gibt, und das nicht nur, weil die äußerliche Entwicklung der beiden Herren in umgekehrte Richtung verlaufen ist – bei Mr. Aiken spiegelt sie den Effekt von Erfolg und zunehmender Reife wider, bei Mr. Anderson sind die Ursachen wohl eher nachlassender Erfolg und zunehmendes Alter.
Dazu kommt, dass Mr. Aiken nach eigener Aussage kaum Einfluss darauf hat, wie er aussieht. Seine Aufgabe sei es zu singen, um sein Aussehen kümmern sich Andere. Und so kommt es, dass er inzwischen so ziemlich alle Haarfarben, Haarlängen und Frisuren durch hat, da haben sich seine Stylisten nicht lumpen lassen. Hier eine kleine (unvollständige!) Auswahl der Erscheinungsbilder des Mr. Aiken aus den letzten 5 Jahren in etwa chronologischer Reihenfolge. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass er wohl einer der meistphotographierten Männer der letzten Jahre sein muss, und das ist auch nicht weiter verwunderlich. Er ist einfach so ergiebig, denn er sieht ständig anders aus.
Jetzt fehlt aber noch ein wichtiger Aspekt. Oben habe ich geschrieben, Mr. Aiken habe sich vom „Nerd“ (mir fehlt irgendwie das passende deutsche Wort, so eine Art spießiger, zurückgezogener, intellektueller Bücherwurm…) zum „Hottie“ (braucht, glaube ich, keine Übersetzung…) entwickelt. Das stimmt so nicht ganz. Eigentlich ist es eher so, dass er gelernt hat, wie man sich jederzeit bedarfsgerecht vom Einen ins Andere verwandelt. Als ich neulich auf YouTube auf ein Video mit der Überschrift „Clay Aiken = Superman“ gestossen bin, habe ich zuerst gedacht, jetzt sind seine Fans völlig übergeschnappt. Bis mir aufgefallen ist, dass das garnicht so abwegig ist. Es ist vor allem diese rasend schnelle Verwandlung von Clark Kent in Superman, die auch er inzwischen perfekt beherrscht. Dazu kommt die verblüffende Ähnlichkeit der Namen Clark Kent und Clay Aiken. Das hat mir zu denken gegeben. Hier zum Vergleich:
Clark Kent
Superman
Clay Aiken
Superclay
Ist also Mr. Aiken der Superman unserer Tage? Oder geht hier einmal wieder meine überschwängliche Phantasie mit mir durch? Und mit dieser uns alle bewegenden Frage verabschiede ich mich für heute.
Es grüßt Euch ganz herzlich bis zum nächsten Mal Eure Kretakatze
PS.: Passend zu weißen Ostern möchte ich Euch nun doch zum Schluss noch ein kleines Weihnachtslied kredenzen. Natürlich wird es von niemand anderem gesungen als unserem wandlungsfähigen Mr. Aiken. Es heißt Mary, Did You Know, und wenn Ihr Euch noch an John Fogerty und „Mary, Don’t You Weep“ erinnert, dann ahnt Ihr schon, was Euch erwartet. Bleibt mir nur noch Euch einen guten Rutsch in die Sommerzeit zu wünschen…
so langsam werde ich wohl die Handbremse betätigen, sonst landet unsere gute Kretakatze auch noch bei der deutschen Variante von „American Idol“, DSDS mit Dieda Bohlen. Also Mark Madlook, oder wie der heißt, kommt mir nicht in mein Blog.
Okay, ich finde Deine „Geschichte“, wie Du es selbst nennst, liebe Kretakatze, rund um diesen Clay Aiken ganz witzig. Sie zeigt, dass so etwas wie der „amerikanische Traum“ durchaus noch möglich ist. Und nicht nur die Karriere von Clay Aiken, er selbst, ist sehr amerikanisch – für mich etwas zu sehr amerikanisch. Ich bestätige gern, dass er eine außergewöhnliche Stimme hat – trotz seiner Schmalbrüstigkeit. Aber alles klingt für mich sehr nach Gospelchor oder Musical. Wobei mir Gospel als solche besser gefallen als der Singsang von Herrn Aiken. Wem das gefällt, okay. Wenn es Dir, Kretakatze, gefällt, so ist das auch okay. Aber da höre ich doch lieber die leicht nasale Stimme von Herrn Anderson (aus alten Tagen, versteht sich).
Superstar? Für viele ist er sicherlich ein Superstar. Und wenn man das Bankkonto von Herrn Aiken einsehen könnte, dann dürfte dieses der Höhe nach das eines Superstars sein. Aber schon allein mit dem Begriff Superstar habe ich meine Probleme (wie vor allem mit dem Begriff Idol). Ian Anderson war und ist nie mein Idol gewesen. Und er selbst wird sich nie als Superstar gefühlt haben. Ich denke, dass das ganze Superstar-Gerede auch ziemlich typisch amerikanisch ist, das sich leider mit den Jahren auch bei uns eingebürgert hat (z.B. DSDSuperstar). Um in Deutschland ein Superstar nach amerikanischem Vorbild zu werden, dann müsste schon jeder zweite Deutsche die Scheiben von einem kaufen.
Natürlich hat uns Kretakatze Clay Aiken auch deshalb präsentiert, weil das anfängliche Äußere des guten Mannes bestimmt nicht die spätere Karriere erahnen ließ. Nun wurde uns durch Dich, Kretakatze, Herr Aiken gewissermaßen in Zeitraffer vorgestellt. Die Bilder aber stammen aus einem Zeitraum von fünf bis sechs Jahren. Da ist der anfangs recht junge Mann schon allein äußerlich gereift (fülliger geworden mit leichtem Bartwuchs). Die Brille wich schon früh einem Satz Kontaktlinsen. Und die großen Ohren wurden dann von längeren Haaren kaschiert. Den Rest besorgten Stylisten. Nein, so verwunderlich findet ich den Wandel gar nicht. Und ein halbwegs forsches Auftreten war schon am Anfang vorhanden, wenn auch noch etwas ungelenk. Aber auch das lässt sich mit der Zeit ‚korrigieren’. – Was mich interessiert: Wie bekannt ist Clay Aiken eigentlich in Deutschland? (Lt. Amazon.de ist der Verkaufsrang von der CD „A 1000 Different Ways“ bei 145205 – da schneidet ja Jethro Tulls „Live in Montreux“ auf Platz 29874 besser ab, die CD, nicht die DVD, die sich weit besser platziert hat – und Medlock/Bohlens Machwerk „Dreamcatcher“ ist z.B. auf Platz 276 bei den CDs) Bisher habe ich von ihm nichts gehört, aber das ist nicht verwunderlich, weil mich diese Art von Musik (samt dem ganzen Klimborium) nicht sonderlich interessiert. Und wenn ich das richtig sehe, so gehen die Verkaufszahlen selbst in den USA doch gewaltig zurück, wenn sie auch noch sehr hoch sind. Clay Aiken ist, so denke ich mir, ein Typ Sänger, der sich schnell ‚verbraucht’. Und ich sage (schreibe) es noch einmal: Da ist mir ein Ian Anderson lieber, der es immerhin auf 40 Jahre Musikerdasein gebracht hat.
Ich selbst, wie in diesem Blog der letzten Tage ablesbar ist, bin musikalisch in die 70-er Jahre abgetaucht. Da ward Ihr beiden noch junge Spunde, wie man bei uns sagt. Das waren natürlich auch die besten Jahre von Jethro Tull. Überhaupt boten besonders die ersten Jahre der 70-er viel erstklassische Musik. Flowerpower und Psychedelische Musik wurden ad acta gelegt. Es wurde experimentiert, Stile gemischt (besonders Jazz und Rock) und viele auch technisch hervorragende Musiker betraten die Bühne. Es wurde – einfach gesagt – wieder Musik gemacht. Der Großteil meiner Plattensammlung stammt aus dieser Zeit. Sicherlich werdet Ihr nicht an allem Gefallen finden, was mich damals begeistern konnte (und was ich heute noch gern höre, wenn vieles auch den etwas indiskreten Charme jener Jahre hat). Da aber viele alte Scheiben technisch aufpoliert den Weg zurück in die Verkaufregale gefunden haben, deutet doch einiges darauf hin, dass diese Musik auch heute noch ihr Publikum findet (und nicht nur bei den alten Hasen).
Ach, Kretakatze hat mich mit ihrem „American Idol“-Kram irgendwie aufs Glatteis gebracht. Und da finde ich den Weg nicht mehr zurück. So soll es für heute genügen.
Und: Kretakatze beginnt sich langsam Sorgen um Lockwood zu machen. Ich weiß nur, dass er vor einigen Tagen seinen 45. Geburtstag gefeiert hat: Und ich habe das glatt vergessen. Tut mir Leid: Von dieser Seite also alles Gute für Dein neues Lebensjahr, Lockwood.
Heute keine Links und keine Bildchen (damit hat uns Kretakatze ja reichlich eingedeckt). Nein, so kann ich mich nicht verabschieden. Hier also ein Video mit einem uralten Micky Maus-Cartoon und … mit Locomotive Breath unterlegt (nun ja, so ganz passt das eigentlich nicht, wenn ich mir auch Herrn Anderson durchaus in der Rolle von Donald Duck vorstellen könnte):
Locomotive Breath – Jethro Tull
Man liest voneinander Viele Grüße aus der norddeutschen Tiefebene Euer Willi
P.S. Lockwood – ein Lebenszeichen, bitte! Nur ein kurzes Lebenszeichen!
ich schäme mich. Ich schäme mich dafür, dass ich mich so lange nicht mehr gemeldet habe. Das ist wirklich kein guter Stil. Eure Sorge um mich rührt mich, sie ist aber Gottseidank unbegründet; es geht mir ganz gut. Zwar hatte ich wie wir alle mit den Tücken des Alltags zu kämpfen, aber eigentlich bin ich ok.
Zu Eurem aktuellen Thema „DSDS“ möchte ich auch noch meinen Senf zugeben: Ich habe die letzten Sendungen der laufenden Staffel in Ausschnitten gesehen. Und ich muss sagen: Die Kandidaten, die jetzt noch im Rennen sind (zurzeit acht) sind alle jung, attraktiv und sehr gut bei Stimme. Besonders die Mädels. Trotzdem oder gerade deswegen kann ich mich nicht für sie erwärmen. Sie sind sich alle zu ähnlich, zu kompatibel. Es sind keine „Typen“ darunter. Sie scheinen alle aus der selben Form gegossen. Wer aussieht wie Tom Waits oder Shane MacGowan und es trotzdem schafft, der ist ein Superstar. Und wenn man schon das Pech hat, gut auszusehen, sollte man sich durch besondere Fähigkeiten unverwechselbar machen, wie z.B. Kate Bush.
Tom Waits (von dem ich durch Wilfried zum ersten Mal hörte) ist wirklich ein interessanter Typ, weit weg von jedem Mainstream, äußerlich wie inhaltlich. Nach Mr. MacGowan ist er vielleicht der häßlichste Mann, der sich je dem Rampenlicht ausgesetzt hat. Diesem Neandertaler-Schädel sind aber einige schöne Melodien entsprungen. So entstammt z.B. Springsteens „Jersey Girl“ Waits’ Feder. Mir als agnostischem Pseudo-Katholiken gefällt auch sein Chocolate Jesus .
Ansonsten hat sich bei mir in Sachen Musik nicht viel getan. In einem bekannten Internet-Auktionshaus habe ich für eine Handvoll Euros ein CD-Album der Don Kosaken ersteigert. Dieses Album habe ich seit ca. 25 Jahren auf Vinyl, aber deren Qualität wird im Laufe der Jahrzehnte nicht besser. CDs sind halt auch praktischer. Es packt mich jedesmal, wenn ich diesen Chor höre. Hier könnten die Superstars dieser Welt lernen, wozu die menschliche Stimme in der Lage ist.
Lieber Wilfried, vielen Dank für Deine guten Wünsche zu meinem Geburtstag ! Der Zahl nach bin ich der Jüngste von uns Dreien, aber nachdem ich heute vier Fahrräder und zwei Autos geputzt habe, schmerzt mein Rücken wie bei einem Greis. Na ja, das vergeht auch wieder.
Ich beende mein Schreiben mit einem Gefühl der Erleichterung. Das schlechte Gewissen ob meiner langen Abwesenheit ist erst einmal wieder besänftigt. Habt Dank für Eure Treue !
Wer alter, eingefleischter Tull-Fan ist wie ich, der kennt mit Sicherheit das Fotobuch von Didi Zill: Jethro Tull live und in Farbe. 250 seltene und meist unveröffentlichte Fotos – auch wenn er oder sie es bisher noch nicht sein Eigen nennt. Knapp 50 € sind viel Geld. Aber jetzt gibt es diesen Wälzer für gerade einmal 15 € bei Zweitausendeins.de, also für „fast geschenkt“, da greift man doch gern zu (ich habe es mir zu Ostern schenken lassen):
Und wer Anfang Mai noch über schlappe 20 € verfügen sollte, dem empfehle ich die DVD Jethro Tull – Jack in the Green – Rockpop In Concert:
Es handelt sich um Aufnahmen des deutschen Fernsehens, die vielen auch schon bekannt sein sollten (einiges habe ich selbst in meinem Schrank). Ich hoffe auf gute Bildqualität, wenn es mit dem Ton vielleicht auch nicht so weit her sein sollte (man munkelt u.a. von Quasi-Stereo). Hier die Setlists:
Rockpop In Concert Live aus der Westfalenhalle in Dortmund (1982)
01. Hard Times
02. Pussy Willow
03. Heavy Horses
04. Jack In The Green
05. Sweet Dreams
06. Aqualung
07. Locomotive Breath
08. Cheerio
Out In The Green Live vom Open-Air Festival in Dinkelsbuhl (1986)
01. Thick As A Brick
02. Black Sunday
03. Improvisation II
04. Too Old To Rock ’n‘ Roll, Too Young To Die
Rock Summer ´86 Live vom Open-Air Festival Rock am Ring
01. Hunting Girl
Live (20.5.93) Location?
01. My Sunday Feeling
02. So Much Trouble
Beat Club (1970-71)
01. With You There To Help Me (15.8.70)
02. Nothing Is Easy (15.8.70)
Desaster über Desaster! Neben dem Werder-Desaster dieser Tage beschäftigen mich die Chateau D’isaster Bänder der Gruppe Jethro Tull, die 1973 im Château d’Hérouville nahe Paris eingespielt, aber nie fertig gestellt wurden.
Drei der damals aufgenommenen Stücke (11 Scenario – 12 Audition – 13 No Rehearsal) wurden bereits 1988 auf dem 3-CD-Box Set „20 Years of Jethro Tull: The Definitive Edition“ veröffentlicht. 1993 wurden dann zwei weitere Bänder der alten Aufnahmen entdeckt, neu gemischt und dann 1993 auf dem Doppel-Album „Nightcap“ insgesamt auf der 1. CD als „My Round: Chateau D’Isaster Tapes“ veröffentlicht.
Das 9. Stück dieser Aufnahme „Critique Oblique“ habe ich bereits vorgestellt. Heute nun die ersten drei der insgesamt 13 Stücke. Zuvor aber die Playlist zu den Aufnahmen:
01 First Post 02 Animelee 03 Tiger Toon 04 Look at the Animals 05 Law of the Bungle 06 Law of the Bungle Part 2 07 Left Right 08 Solitaire 09 Critique Oblique 10 Post Last 11 Scenario 12 Audition 13 No Rehearsal
Stück 8 kommt uns bestimmt bekannt vor: 1974 veröffentlichte Jethro Tull das Album „Warchild“ – und dort gibt es das Stück „Only Solitaire“. Beide Texte sind übrigens identisch. Auch die „Bungle in the Jungle“-Thematik findet sich hier. Und als kleinen Gag: Auf dem ansonsten intrumentalen Titel „Law Of The Bungle Part 2“ hören wir die „Eule“ Martin Barre sprechen:
„Hello. This is ‚Law of the Bungle Part II‘. By the way, I’m Martin Barre; but
sometimes I’m an owl, and my feathers are really smooth,
and when I feel romantic I like to dress up in men’s clothing.“
Alle weiteren Texte finden wir übrigens bei cupofwonder.com.
Hier nun ein Video mit den ersten drei Stücken “First Post – Animelee – Tiger Toon” von den Chateau D’isaster Tapes; die Bilder stammen wiederum von einer Super-8-Kamera-Aufnahme aus dem Jahre 1974 und zeigen Ian Anderson & Co. “backstage” (nochmals Dank an TullTapes – das Video habe ich nur etwas ‚aufpoliert’):
Jethro Tull: First Post/Animelee/Tiger Toon (1973)
Auf der 1993 erschienenen Doppel-CD „Nightcap“ veröffentlichte die Gruppe Jethro Tull auch die restlichen der bis dahin nur zum Teil (auf dem 3-CD-Box Set von 1988: 20 Years of Jethro Tull: The Definitive Edition) aufgelegten, als Chateau D’isaster Bänder bekannt gewordenen Aufnahmen, die 1973 im Château d’Hérouville nahe Paris eingespielt, aber nie fertig wurden.
Ian Anderson schrieb hierzu im September 1993:
„The infamous 1973 recording sessions at the Chateau D’Herouville, near Paris, were never completed due to ill-health, technical and production problems, and the sudden decision of the band to return to the U.K. from temporary and ill-advised tax exile.
Rather than continue with the Chateau Tapes, wel decided to begin again with a virtually new work which quickly became the more down-beat and controversial ‚A Passion Play‘.“
Die Mannen von Jethro Tull verließen also damals Frankreich zurück in Richtung Großbritannien, weil es u.a. diverse technische Probleme und Erkrankungen von Bandmitgliedern gab, und entschieden sich, ein neues Projekt zu starten: „A Passion Play“. Einige Teile der in Frankreich aufgenommenen Stücke finden wir allerdings später in verändeter Weise u.a. auf dem „War Child“-Album („Bungle in the Jungle“) wieder. Das gleichnamige „Critique Oblique“ von den Chateau D’isaster Tapes wird Teil von „A Passion Play“.
Hier nun ein Video mit dem „Critique Oblique“ von den Chateau D’isaster Tapes, die Bilder stammen von einer Super-8-Kamera-Aufnahme aus dem Jahre 1974 und zeigen Ian Anderson & Co. „backstage“ (Dank an TullTapes – das Video habe ich nur etwas überarbeitet). Die Flötentöne hat Herr Anderson 1993 zusätzlich eingespielt, da das Ausgangsmaterial ohne diese vorhanden war.
Critique Oblique
Critic of the black and white it’s your first night.
The Passion Play gets in the way, spoils your insight.
Tell me how the baby’s made, how the lady’s laid,
Why the old dogs howl with sadness.
(Spoken) The blue thing in the ball leaves naught but a bloody footprint on the memory of last summer’s trip to Europe.
Did you buy a passport from the queen?
Instrumental
And your little sister’s immaculate virginity wings away on the bony shoulder of a young horse named George who stole surreptitiously into her geography revision.
Schon als Kind musste Tim Shiel aus Melbourne in Australien zu Hause Jethro Tull hören. Jethro Tull stand auf der Tagesordnung. So etwas bleibt hängen. Und wenn man dann später gern mit Computern spielt, mit diesen Musik macht, so kommt am Ende Folgendes heraus:
Faux Pas – Tim as a Brim (Video Clip by Hannah Kim)
Tim Shiel ist Faux Pas. Und es ist schon eine Taktlosigkeit unseren guten Ian Anderson in Unterhosen zu zeigen (wenn auch nur gezeichnet). Von Tim Shiels, pardon: Faux Pas’ Album „Entropy Begins at Home“ also der Titel „Tim as a Brim“. Klingt irgendwie wie …
Wenn ich mich daran wage, die in meinen Augen (genauer: Ohren) besten Gitarristen dieser Welt ausfindig zu machen, so komme ich an Virtuosen der klassischen Gitarre nicht vorbei. Ausgangspunkt ist hierbei die Interpretation Bach’scher Werke. Johann Sebastian Bach hat neben Orchester- und Orgelmusik usw. auch Werke für die Laute und Gitarre geschrieben. Warum Bach? Nun, da gibt es das Instrumentalstück „Bourree“ von der Rockgruppe „Jethro Tull“ (hier eine Aufnahme von 1985: Bachrock sowie eine Aufnahme von 2005: Lugano Estival Jazz), das als Grundlage ein kleines, nicht einmal zweiminütiges Werk von Johann Sebastian Bach hat, nämlich den 5. Satz der Suite Nº 1 in E-moll für Laute (BMV 996). Als ich Ende 1968/Anfang 1969 auf Jethro Tull aufmerksam wurde, war es u.a. auch die rockige Wiedergabe dieses Bach’schen Stückes, das mich faszinierte. Und so schaute ich nach, welches Stück das nun tatsächlich war – und wer es sonst noch, wenn auch im ‚klassischen Sinne’, gespielt hat. Übrigens finden wir die Bezeichnung Bourree noch bei vielen anderen Stücken (als Bezeichnung für einen Satz) bei Bach. Bourree ist ein Tanz des französischen Hofes.
Von Leo Kottke hatte ich bereits berichtet. Dieser Gitarrist ist natürlich der Folk-Rock-Szene zuzurechnen, wenn auch er das Bourree-Stück eher wie ein klassischer Musiker spielt (siehe hierzu meinen Beitrag: Leo Kottke: Bourrée – Hear the Wind Howl)
In den dann folgenden Jahren bin ich auf drei Gitarristen der klassischen Musik gestoßen, die man zu den besten Gitarristen dieser Musikgattung zählt. Inzwischen sind leider zwei der drei verstorben. Aber dank Ton- und Bildträger lebt deren Musik weiter.
Zunächst Andrés Segovia (1893 – 1987). Von ihm habe ich leider kein Album, aber er hat sich durch verschiedene Bach-Interpretationen ausgezeichnet. Segovia ist einer von vielen spanischer Gitarristen, wie sollte es anders sein. Die Gitarre ist DAS Instrument in Spanien schlechthin, nicht nur das des Flamenco und anderer traditioneller spanischer Lieder und Tänze. Segovia stammt übrigens aus Andalusien, gewissermaßen die Wiege des Flamenco. Da ich nicht nur Bach zum Klingen lassen möchte, hier ein Video mit einem Stück von Isaac Albèniz: Asturias aus der Suite Española op. 47, also ein typisch spanisches Stück:
Andres Segovia – Asturias de Albèniz
Andrés Segovia (1893 – 1987)
Narciso Yepes (1927 – 1997)
Julian Bream (1933 – )
Der nächste, ebenso spanische Gitarrist ist Narciso Yepes (1927 – 1997). Von ihm habe ich das Album: „Nächte in spanischen Gärten“ aus dem Jahre 1971. Neben spanischen Komponisten finden wir hier auch Bach, u.a. auch das bereits angesprochene kleine Stück: Bourree:
Narciso Yepes plays Bach ’s Bourree BMV 996
Ebenfalls auf dem genannten Album findet sich ein Stück des spanischen Komponisten Francisco Tárrega, das ich sehr persönlich als Andenken an die Alhambra in Granada betrachte, so auch der spanische Titel:
Narciso Yepes – Recuerdos de la Alhambra (Francisco Tárrega)
Last but not least: Julian Bream, den 1933 in London geborenen Gitarristen und Lautisten, dem nach eigener Aussage die Gitarre Beruf, die Laute aber geliebtes Hobby ist. Von ihm habe ich das Doppelalbum: „Gitarrenmusik aus drei Jahrhunderten“ aus dem Jahre 1972. Auch hier findet sich natürlich Johann Sebastian Bach.
Von Bream habe ich wiederum zwei Stücke ausgesucht, eines davon auf der Laute gespielt. Zunächst, wie sollte es schon anders sein, nein nichts von Bach, sondern wieder etwas Spanisches, von Federico Morena Torroba (1891 – 1982) den 1. Satz des „Sonatina“:
Und hier das Lautenstück: David Solomons „My Lord Willoughby’s Welcome Home“:
My Lord Willoughby’s Welcome Home – played by Bream (Lute)
Für alle drei Gitarristen haben diverse Komponisten eigene Stücke geschrieben, die dann auch von diesen uraufgeführt worden. Welcher Musiker kann sich schon dieser Ehre rühmen.
Ausgangspunkt dieses Beitrags war die rockige und statt auf der Laute oder Gitarre auf der Querflöte von Ian Anderson gespielte Interpretation des kleinen Bourree-Stückes. So will ich diesen Beitrag auch rockig beenden. Ich muss gestehen, den schwedischen Rockgitarristen Yngwie Malmsteen erst im Zusammenhang mit meinen Beiträgen zu den 100 größten Gitarrensolos der Rockmusik kennen gelernt zu haben. Dort belegte er den 31. Platz (siehe: 100 größten Gitarrensolos der Rockmusik – Plätze 31 – 40). Auch er hat sich an Bourree gewagt, wie das letzte Video für heute zeigt und hören lässt (Johann Sebastian vergebe mir):
heute muss ich mich zuerst einmal wieder selbst korrigieren – das war jetzt für meine Verhältnisse schon erstaunlich lange nicht mehr nötig. Um’s kurz zu machen: Simon Cowell ist kein Amerikaner, er ist Brite. Da er in der Jury von World Idol die USA vertrat und außerdem von Beginn an als Juror bei American Idol fungierte (er tourt dort auch selbst durch die Lande um die Kandidaten zu rekrutieren), hatte ich ihn als von jenseits des Atlantik stammend eingestuft. Sein Stil erinnerte mich auch mehr an Wildwest als an die feine englische Art. So kann man sich täuschen. Und ein noch schlimmerer Fehler ist mir unterlaufen. Nicht Simon Cowell hat die Idol-Shows erfunden, sondern sein Kollege Simon Fuller. Beide Simons sind Briten, fast gleich alt, bei der gleichen Plattenfirma (Sony BMG) engagiert, als wenig feinfühlige Kritiker bekannt und titulieren sich gegenseitig als „my friend Simon“. Da kann man sie natürlich schon mal verwechseln. Diese Verwechslung ist übrigens nicht mir passiert, sondern jemandem, bei dem ich ohne Nachkontrolle abgeschrieben habe. Das sollte man halt nicht tun.
Bleiben wir zunächst einmal noch bei der Talentsuche und World Idol – an dem Thema habe ich mich inzwischen festgebissen, damit werdet Ihr noch ein Weilchen leben müssen – und wenden uns dem spektakulären Auftritt unseres deutschen Superstars Alexander Klaws zu. Bezeichnenderweise war auch bei ihm der Titel seines Songs Programm: Maniac. Welcher Wahnsinnige hatte ihm dazu geraten, dieses eintönige, langweilige, kaum bekannte Lied vorzutragen, und das in dieser unvorteilhaften Kostümierung in Kombination mit einem Veitstanz? Ich kann mir kaum vorstellen, dass man ihm eine solche Entscheidung allein überlassen hat, wenn er überhaupt Mitspracherecht hatte. Die Prügel für den misslungenen Auftritt und die „Blamage Deutschlands“ durfte er aber weitgehend allein einstecken. Bei Wikipedia kann man dazu Folgendes nachlesen: „Jury-Mitglied Ian Dickson (meine Anmerkung: Das ist der Australische Juror, eigentlich auch Brite und natürlich bei Sony BMG beschäftigt, der uns bereits bestens bekannt ist als der Erfinder des „Middle Earth Idol“) veranlasste seine Vorstellung zu der Bemerkung, wenn Alexander das deutsche Pop-Idol sei, verstehe er nicht, wie jemand behaupten könne, die Deutschen hätten keinen Humor“. Mr. Dickson kann also auch ganz schön gemein sein. Aber wenigstens haut er nicht allein auf den armen Jungen, sondern auf die Deutschen allgemein.
Nicht ohne Grund kam nach diesem Auftritt von verschiedener Seite die Frage auf, ob das wirklich das Beste war, was man in Deutschland hatte finden können. Nein, war es nicht! Es gab da zum Beispiel auch noch diese junge Dame: Judith Lefeber (DSDS): Unbreak My Heart. Da geht einem doch das Herz auf, wenn man das Mädchen nur sieht, und wenn sie dann gar noch zu singen beginnt mit dieser dunklen, vollen und warmen Stimme, muss man doch einfach dahinschmelzen – oder? Auch wenn sie hier ihr Lied ein bißchen zu schnell vorgetragen hat – was soll sie auch machen, sie kann ja schlecht langsamer singen als die Begleitung, und wer ihr die so schnell eingestellt hat, weiß man nicht. Wie man sieht liegt ihr auch die Jury schon zu Füßen, noch bevor die Endrunde begonnen hat. Eigentlich sollte man meinen, dass der Weg zum „Superstar“ für sie bereits mit dem roten Teppich ausgelegt ist.
Sicher wäre Fräulein Lefeber für Herrn Nilsen eine harte Konkurrenz gewesen. Kelly Clarkson, so würde ich einfach mal vermuten, hätte sich mit dem dritten Platz begnügen müssen. Zufällig haben beide Damen im Rahmen ihrer Idol-Auftritte das gleiche Lied gesungen, so dass man einen direkten Vergleich hat: Judith Lefeber – Think Twice und Kelly Clarkson – Think Twice (das Lied beginnt leider erst bei 1:10, vorher muss man sich noch typisch amerikanisch-hysterischen Möchtegern-Starrummel anschauen). Miss Clarkson’s Stimme klingt vergleichsweise dünn und eindimensional, vor allem aber macht sie gleich mehrere Fehler. Sie versucht Celine Dion zu übertreffen, indem sie sie übertrieben akzentuiert kopiert und jede Menge Extra-Träller und Notenschlenker einbaut – für meine Begriffe ist das einfach zu viel. Mit pathetischen, divenhaften Gesten meint sie ihrer Show Ausdruck zu verleihen, aber es wirkt nur aufgesetzt, und schließlich verwechselt sie gar noch Geschrei mit Gefühl. Ihre Schreierei zum Schluss ist für mich einfach entnervend. Ich kann nicht verstehen, wie der Jury und dem Publikum so etwas gefallen kann. In dem Video wirkt Miss Clarkson auf mich fortwährend aufgekratzt und überdreht, was ist an ihr eigentlich echt?
Das alles hat Fräulein Lefeber nicht nötig. Sie singt das Lied einfach in ihrem Stil mit wunderschöner Stimme und natürlicher Ausstrahlung, so dass es Einem immer zu kurz vorkommt und man es nochmal und nochmal hören möchte. So geht es mir jedenfalls gerade.
Nun habt Ihr Euch sicher auch schon gefragt, was denn aus Judith Lefeber geworden ist, und warum sie uns nicht bei World Idol vertreten hat. Nach den ersten beiden Runden, in denen sie in der Publikumsgunst jeweils meilenweit vor der gesamten Konkurrenz lag, ist sie „freiwillig ausgeschieden“ – was auch immer man darunter verstehen soll. Der „psychische Druck“ sei ihr zu hoch geworden. Wer hat sie denn unter Druck gesetzt? Ist ihr vielleicht klar geworden, dass ihr Hauptgewinn darin bestehen würde, dass sie mit Dieter Bohlen als Produzent und Manager Bohlen-Liedchen singen darf, und das wollte sie nicht mitmachen? Andeutungen ihrerseits, in denen sie davon sprach ihre „Unabhängigkeit bewahren“ zu wollen, legen diese Vermutung nahe. Ihr hätte das gleiche Schicksal geblüht, das schließlich Alexander Klaws nach seinem Titelgewinn ereilte – da hat sie lieber das Weite gesucht. Es gibt auch Berichte, nach denen sie von manchen ihrer Konkurrenten gemobbt worden sein soll, dabei fiel der Name Kübelböck. In Anbetracht ihrer haushohen Überlegenheit sahen wohl Andere ihre Felle davonschwimmen – da hat man sie rausgeekelt, um in seiner Mittelmäßigkeit wieder unter sich zu sein. Die genauen Hintergründe werden wir wohl nie erfahren. Und so blieb Judith Lefeber für uns One Moment In Time.
Fazit des Vergleichs der Talentsuche in Norwegen und in Deutschland: In Norwegen ist es gelungen einen Schatz zu heben, der aufgrund seines unerwarteten Aussehens nicht sofort als solcher zu erkennen war. In Deutschland wurde uns ein juwelenbesetztes Schmuckkästchen auf dem silbernen Tablett überreicht, und es ist uns gelungen es auf dem Weg ins Ziel einfach zu verlieren. Ob aus Unachtsamkeit, grober Fahrlässigkeit, Missgunst, Dummheit, rücksichtsloser Verfolgung von Eigeninteressen oder allem miteinander – es ist ein Armutszeugnis. Ein halbwegs ernstzunehmender Musiker wird sich für diesen Affenzirkus bestimmt nicht mehr bewerben.
Zurück vom deutschen Superstar-Desaster zu World Idol. Nachdem ich mich ein bißchen durch die aufgetretenen Interpreten durchgeklickt habe muss ich zugeben, dass mehr als die Hälfte der Teilnehmer nicht dem Pop-Star Klischee entsprachen, das ich erwartet hätte. Eigentlich fielen nur Kelly Clarkson (USA), Will Young (Großbritannien) und unser Alexander Klaws in diese Kategorie, und bezeichnenderweise waren genau diese drei zuvor als Favoriten gehandelt worden. Zu den „hässlichen Leuten“, deren Anblick Simon Cowell’s Sehnerv strapazierte, gehörten außer Kurt Nilsen (Norwegen) wohl auch noch der Canadier Ryan Malcolm (der sich auch einige diesbezügliche Kommentare anhören musste), der Australier Guy Sebastian (dem Aussehen nach zu urteilen wohl zumindest teilweise ein Aborigine), der erst 17-jährige Jamai Loman aus den Niederlanden (eine optisch geglättete Variante von Kurt Nilsen mit schräger Brille) und der langhaarige Belgier Peter Evrard (von der Jury als „Heavy Metal Auslaufmodell“ tituliert). Irgendwo dazwischen rangierten noch der bieder-gutaussehende Heinz Winckler aus Südafrika sowie die beiden Damen: Diana Karazon als arabische Kandidatin (hübsch, aber deutlich übergewichtig) und die Polin „Alex“ Janosz (nicht unsympatisch vom Typ „freche Göre“, aber für World Idol zu stark zurechtgemacht). In dieser Konkurrenz war Alexander Klaws nach meiner Meinung der mit Abstand Schwächste und Farbloseste. In anderen Ländern scheint die Talentsuche besser zu funktionieren.
Nicht zuletzt deshalb habe ich mich gefragt, warum es bei dieser ersten und einzigen World Idol Veranstaltung geblieben ist. War sie kein Erfolg? Hat sie nicht das gewünschte Ergebnis gebracht? Inzwischen läuft die von Sony BMG initiierte (und lizensierte) Superstar-Suche weltweit in über 30 Ländern, da sollte man doch meinen, dass ein derartiger Wettbewerb der (natürlich alle bei Sony BMG unter Vertrag befindlichen) nationalen Pop-Idole für größeren Bekanntheitsgrad, weitere Publicity und gesteigerte Plattenverkäufe sorgen würde. Aber wie es scheint war kaum einer der Beteiligten mit der World Idol Veranstaltung zufrieden.
Zunächst blieben die Zuschauerzahlen teilweise deutlich unter den Erwartungen, vor allem in den USA und in Großbritannien. Das wurde darauf zurückgeführt, dass die Kandidaten aus diesen Ländern bereits anderthalb, bzw. zwei Jahre „alt“ waren. Bei World Idol traten die Gewinner der jeweils ersten Sendestaffel ihres Landes gegeneinander an, und in Großbritannien und den USA lag diese schon (fast) zwei Jahre zurück. Inzwischen war in diesen Ländern bereits die zweite Staffel abgeschlossen oder die dritte angelaufen. Die zeitliche Synchronsation der Superstars verschiedener Länder stellte sich also als Problem heraus. Die bereits im Musikgeschäft arrivierten Kandidaten Kelly Clarkson und Will Young waren auch nur noch schwer zu einer Teilnahme zu überreden.
Aber auch von den Juroren kam Kritik. Originalton Simon Cowell: „You don’t have to be a brain surgeon to realize this competition is ridiculous. The gulf between these singers is enormous – it’s like comparing donkeys to racehorses. I honestly don’t know why I’m here.“ (Antwort des veröffentlichenden Redakteurs: „Simon, we can answer that question in three words: money and publicity.“)
Auch waren die Pop-Stars mit der Veranstaltung nicht zufrieden. Die überwiegend Lob gewohnten Gewinner ihrer nationalen Wettbewerbe waren darüber konsterniert, wie sie von der elfköpfigen Jury mit allerlei Nettigkeiten bedacht wurden. Der Australier Guy Sebastian drückte das so aus: „I must admit I was disappointed. I thought this was going to be a beautiful thing, a celebration of music from around the world, of different cultures coming together. Instead we got a slagging match that upstaged all the idols.“
Tatsächlich versuchten wohl die elf Star-Juroren ihrer jeweiligen Länder untereinander einen Wettkampf darüber auszutragen, wem die witzigsten, originellsten und bissigsten Kommentare einfielen. Nachdem sich Simon Cowell über das Aussehen des kanadischen Kandidaten lustig gemacht hatte, wagte es der kanadische Juror als einziger die als unantastbar geltende Kelly Clarkson zu kritisieren mit den Worten, ihr Gesang klänge wie „shouting with tone“ (meiner Meinung nach nicht ganz falsch). Das verärgerte Mr. Cowell derart, dass er den Kanadier anfuhr, er habe von Musik keine Ahnung. Über die Art und Weise, wie die Juroren die Kandidaten herunterputzten und schließlich gar noch gegenseitig übereinander herfielen, waren auch die Produzenten der Sendung nicht besonders glücklich. Sie gaben zu, dass ihnen die Dinge etwas aus der Hand geglitten waren, und sie die Aufzeichnungen „stark editieren“ mussten. Da nicht live gesendet wurde, konnten sie die schlimmsten Ausrutscher der Jury noch herausschneiden.
Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass eigentlich keiner der Beteiligten diese Veranstaltung als besonders erfolgreich empfunden hat, und so muss man wohl nicht mit einer Fortsetzung rechnen.
Kommen wir noch kurz zu einem anderen musikalischen „Großereignis“, der Grammy-Verleihung vom vorletzten Wochenende. Da waren auch ein paar Namen vertreten, die uns nicht ganz unbekannt sind. Wilfried wird es freuen zu hören (falls es ihm noch nicht bekannt war), dass in der Kategorie „Best Contemporary Blues Album“ unter anderem Joan Armatrading (Into The Blues) nominiert war, gewonnen haben allerdings JJ Cale & Eric Clapton (The Road To Escondido). In der Kategorie „Best Contemporary Folk/Americana Album“ durfte Ry Cooder (My Name Is Buddy) auf einen Preis hoffen, der ging dann allerdings an Steve Earle (Washington Square Serenade). Für „The Best Long Form Music Video“ wurde Madonna (The Confessions Tour) ausgezeichnet (Das war der Auftritt der dürren Dame mit dem dünnen Stimmchen zusammen mit den jungen Kerlen). Die Kategorie „Best Rock Album“ war mit Bruce Springsteen (Magic) und John Fogerty (Revival) hochkarätig besetzt, die glücklichen Gewinner waren allerdings die Foo Fighters (Echoes, Silence, Patience & Grace). Bruce Springsteen konnte dafür in drei anderen Kategorien („Best Solo Rock Vocal Performance“, „Best Rock Instrumental Performance“ und „Best Rock Song“) den Preis mit nach Hause nehmen. Und selbst Bill Clinton und Jimmy Carter gehörten zu den Nominierten, und zwar in der Kategorie „Best Spoken Word Album“. Sie gingen allerdings beide leer aus, den Sieg trug Barack Obama davon. Ob das schon ein Omen für die nächsten Präsidentschaftswahlen war?
Und noch ein uns bekannter Name tauchte bei der Preisverleihung auf: Ann Marie Calhoun wurde „My GRAMMY Moment 2008“ Winner. Herzlichen Glückwunsch an die junge Dame, die letztes Jahr noch zusammen mit Jethro Tull in Südamerika gefiedelt hat. Und hier nun ihr großer Grammy-Auftritt: The 50th Grammy Awards-Foo Fighters/My Grammy Moment Winner. Ich muss zugeben, dass mich dieses Video etwas ratlos hinterlassen hat. Von Miss Calhoun habe ich kaum etwas gesehen und noch weniger gehört. Die kurze Orchester-Einlage schien mit dem Rest des Songs nichts zu tun zu haben – gab es da irgendwelche Zusammenhänge oder Ähnlichkeiten in der Melodie? Insoweit man bei diesem Titel von einer Melodie sprechen kann. Und warum oder wofür waren die Foo Fighters dieses Jahr für fünf! Grammys nominiert, von denen sie immerhin zwei („Best Rock Album“ und „Best Hard Rock Performance“) auch gewonnen haben? Etwa für ihr stümperhaftes Gekreische und diesen eintönigen Lärm? Aber das muss ich wahrscheinlich auch nicht verstehen.
Das soll für heute genug sein, wenn ich auch mit dem Idol-Thema noch nicht fertig bin. Ihr könnt Euch schon auf die Fortsetzung freuen.
Es grüßt Euch ganz herzlich bis zum nächsten Mal Eure
Kretakatze
PS.: Zum Abschluss für heute noch mein Dank an Wilfried, der sich in seinem letzten Beitrag intensiv und umfassend mit der Geschichte des Songs Morning Has Broken beschäftigt hat. Zu diesem Lied kann nun eigentlich wirklich keine Frage mehr offen sein.
also was diesen ganzen Superstar-Idol-Kram betrifft, da habe ich eine innere Blockade. Was Kretakatze schreibt, deckt sich im Wesentlichen mit meinen bisher gewonnenen Eindrücken. Und die sind eben nicht die besten. Wenn ich einige Sekunden von diesem Murx im Fernsehen gesehen haben, dann nur zufällig, weil ich beim Umschalten auf einem falschen Sender (falsch im wahrsten Sinne des Wortes) gelandet war. Allein der Gedanke, dieses Knittergesicht Bohlen sehen zu müssen, verursacht bei mir Übelkeit. Wenn er dann noch seine Sprüche loslässt, muss ich mich bestimmt übergeben. Dabei ist der gute Dieda fast mein Nachbar. Er wohnt in Tötensen an der B 75, die auch durch Tostedt führt und Bremen mit Hamburg verbindet. Von uns bis Bohlen sind es vielleicht gut 20 km. Da Tostedt ein Amtsgericht hat, war er schon öfter dort, um sich z.B. wieder einmal scheiden zu lassen.
Judith Lefeber ist sicherlich eine hervorragende Sängerin. Wenn sich wie jetzt in der neuesten Staffel von DSDS weit über 20.000 Leute casten lassen, dann sollte darunter mindestens auch eine annehmbare Stimme sein. Dass Judith Lefeber dann „freiwillig ausgeschieden“ ist, verwundert schon, aber angesichts des ganzen Drumherums von DSDS ist das durchaus nachvollziehbar. Nicht jeder ist bereit, seine Seele an den Teufel zu veräußern (Bohlen, Sony, RTL). Die Lieder selbst von Judith Lefeber sind allerdings nicht meine Geschmacksrichtung. Schon allein deshalb ist dieser ganze Superstar-Idol-Kram nicht mein Ding. Das soll allerdings nicht heißen, dass ich Kretakatzes Ausführung uninteressant finde. Nur, liebe Kretakatze, erwarte nicht, dass ich mich dazu bis auf das bisher Geschriebene weiter äußern werde.
Das mit der Grammy-Verleihung an Ann Marie Calhoun habe ich irgendwie nicht so ganz verstanden. Ich weiß nur, dass es im Vorfeld eine Abstimmung via Internet gab. Es muss sich also um eine Art Publikumspreis handeln, oder? Und die Foo Fighters? Die haben zwei Grammys eingeheimst? Für ein solches Gegröhle? Sind schon verkehrte Welten.
Diese ganzen Preisverleihungen finde ich eigentlich auch eher zum Kotzen. Ich habe den Eindruck, dass sich da jeweils eine Branche selbst feiert. Das sind im Grunde nichts anderes als Werbeveranstaltungen (so heißt es u.a.: „Der ECHO ist Wegbereiter für die großen Erfolge der Stars“). Und in Deutschland gehen die Preise (Bambi, Echo usw.) doch seit Jahren immer an die gleichen „Künstler“ (oder täusche ich mich da?). Also keinen Preis zu bekommen ist da schon fast eine Auszeichnung. Nur so nebenbei: Der Executive Producer des ECHO, Gerd Gebhardt, ist gleichzeitig Chef der deutschen Sektion der IFPI, des Weltverbandes der Phonoindustrie.
Aber genug. Komme ich doch noch etwas auf das Hauptthema unseres Gedankenaustausches zurück: Herrn Anderson und seine Musikkapelle namens Jethro Tull. Passend zum 40. Jahrestag gibt es jetzt ein neues Layout der Website. Okay, die ist wohl noch kräftig in Arbeit, aber eine Testversion ist bereits öffentlich zugängig: New Tull Website Open for Testing. Allzu aufregend neu finde ich diese allerdings nicht. Und was da so viel zu testen sein soll, weiß ich auch nicht. Andrew Giddings, der Ex-Keyboarder, zeichnete bisher als Webmaster. Mit seiner Entlassung muss sich ja wohl ein neuer um den Webauftritt kümmern. Hoffentlich bekommt unser Meister da keine feuchten Augen, wenn er die monatlichen Kostenabrechnungen dafür ins Haus bekommt.
Vielleicht kann man Herrn Anderson damit helfen, Geld in die Kasse zu bekommen, wenn man eines der vielen Utensilien erwirbt, die unter dem Stichwort Merchandising angeboten werden. Ich muss gestehen, mich mit T-Shirts und dergleichen bisher nicht eingedeckt zu haben. Nach dem letzten Konzert, das ich mir von Jethro Tull im Jahre 2005 angeguckt habe, reichte es gerade für ein Baseball-Käppi, wie unten zu sehen ist, und das war mir eigentlich schon zu teuer. Ich will nun wirklich keine Werbung machen, aber das aktuelle Merchandising Programm ist zumindest interessant zu betrachten. Vielleicht möchtet Ihr Euer Büro mit einem Kaffeebecher (Haferl wie man in süddeutschen Gefilden sagt) ala Jethro Tull schmücken. Hier könnt Ihr einen solchen bestellen: Jethro Tull Merchandising Program online
Komme ich noch einmal zum Thema Grammy zurück. Als Jethro Tull ihren Grammy bekamen, schaltete deren damalige Plattenfirma Chrysalis eine Werbung u.a. im Billboard Magazine mit der Schlagzeile: „The flute is a heavy metal instrument“. Die entsprechende Werbung habe ich nun im Internet gefunden und möchte sie Euch nicht vorenthalten:
Zuletzt vielleicht noch einige interessante Links zu Jethro Tull:
Video: The History of Progressive Rock – Jethro Tull (und Moody Blues)
Da ich denke, dass Ihr nur teilweise eingefleischte Tull-Fans seid und nicht alle Alben der Gruppe habt, hier noch einige Links, über die Ihr sogar das eine oder andere Stück herunterladen bzw. im Netz anhören könnt:
Und zu allerletzt eine deutsche Site (wahrscheinlich kennt Ihr die längst), die neben vielen Infos auch jede Menge Bilder von Anderson & Co bietet: beggars-farm.de
Jetzt aber wirklich genug. Wir bleiben am Ball. Bis bald – und viele Grüße Euer Willi
Komme ich noch einmal auf meinen Beitrag Jethro Tull und ‚Alte Freunde“ zurück: Ich habe mir den Fernsehfilm angeschaut und war am Ende doch eher enttäuscht. Der Regisseur Friedemann Fromm, Jahrgang 1963, hat hier einen Film gedreht, in dessen Mittelpunkt ‚seine’ Generation, die zwischen Woodstock und Punk, steht. Der Film handelt dabei von verloren geglaubten Träumen und der nie zu späten Suche nach Glück. Einer der Protagonisten, Christian (gespielt von Jürgen Vogel), stellt zurecht fest, dass man zwar älter geworden wäre, sich aber nicht eigentlich verändert hätte. Wie wahr. Und so gebärden sich die Filmhelden eher wir Halbstarke Anfang der 80er Jahre. Die Suche nach dem Glück endet, weil der Coup (Juwelenraub) zuletzt doch gelingt, in materieller Zufriedenheit. Was hat das aber mit wahrem Glück zu tun? Waren die Träume doch nur materieller Art?
Wie geschrieben, so kommt die Musik von Jethro Tull (Locomotive Breath) im Soundtrack vor – in einer Schlüsselszene, als die alten Freunde eine wilde Party starten und sich mit Alkohol und Drogen voll dröhnen, um Leichenschmaus zu halten. Und noch einen Bezug zu Jethro Tull gibt es: So steht auf dem Grabstein des verstorbenen Freundes u.a.: … but too young to die. Für Rock ’n’ Rock sind die Freunde aber wohl noch nicht zu alt:
Als alter Tull-Fan freut man sich natürlich, wenn in einem Film die Musik seiner Lieblinge angespielt wird. Und thematisch geht der Film „Alte Freunde“ auch in Ordnung. Nur sollte man vielleicht wissen, dass der Gründer, Kopf und Frontman der Gruppe Jethro Tull, Ian Anderson, nichts von Drogen hält. Der erste Bassist der Gruppe, Glen Cornick, soll angeblich gefeuert worden sein, weil dieser mit Drogen hantierte. Da der Film von Friedemann Fromm ein sehr persönlicher Film zu sein scheint, er den Jethro Tull-Titel also ausgewählt hat, weil er einen besonderen Bezug zu der Musik der Gruppe hat, so wäre eine Platzierung des Liedes an anderer Stelle vielleicht passender gewesen. Aber was meckere ich hier. Hier der entsprechende Ausschnitt aus dem TV-Film: