25 Jahre habe ich in Bremen gelebt. Das ist inzwischen auch schon wieder über 32 Jahre her. Aber natürlich habe ich immer noch einige ‚heiße Drähte‘ zu der Stadt an der Weser, nicht nur dass ich Anhänger des SV Werder Bremen bin. Und als Fan der Tatort-Reihe habe ich natürlich auch zu den Bremer Kommissaren Inga Lürsen und Nils Stedefreund ein ‚besonderes Verhältnis‘.
Am Sonntag lief die neueste Folge aus Bremen: Wer Wind erntet, sät Sturm. Der Titel, man ahnt es, ist eine Ableitung des biblischen Zitats Wer Wind sät, wird Sturm erntet aus Hosea 8,7. Hosea war ein Prophet, der etwa zwischen 750 und 725 v. Chr. im Nordreich Israel wirkte. Das ihm zugeschriebene gleichnamige Buch eröffnet die Reihe der Zwölf kleinen Propheten. – Man erahnt aber auch sogleich die Thematik dieser Tatortfolge: Es geht um die Gewinnung von Windenergie (Wind ernten) und den Widerstand dagegen (… sät Sturm).
Die Bremer Tatorte beschäftigten sich schon öfter mit Themen, die etwas mit dem Meer, also der Seefahrt und jetzt mit dem Betreiben von Offshore-Windparks, zu tun haben. Sicherlich ist die Gewinnung von Windenergie eine ‚saubere‘ Sache, greift aber stark in die Natur ein. Wer durch Gegenden mit hohen Windstärken fährt (z.B. die Küstenlandschaft Norddeutschlands) wird zwangsläufig auf jede Menge Windkraftanlagen mit riesigen Rotoren stoßen. Das sieht nicht besonders gut aus. Und dass solche Anlagen gerade dort, wo Zugvögel in großen Scharen vorbeiziehen, für diese zur tödlichen Falle werden (‚Vogelschredder‘), kann man sich denken. Das ist dann auch der Ausgangspunkt der Bremer Tatortfolge.
Aber bleibe ich noch etwas beim Thema Windkraft. Auf dem Festlandssockel der deutschen Nordseeküste ist eine riesige Windparklandschaft im Entstehen. Der hier gewonnene Strom reicht aus, um große Teile Deutschlands damit zu beliefern. Aber noch fehlt es an Leitungen von Nord nach Süd, um diesen Strom zu übertragen. Natürlich ist auch das längst in Planung und trägt den Namen Südlink (SuedLink). So wie sich Widerstand gegen die Windparks regt, so formiert sich Widerstand gegen diese Stromtrasse.
Ich wohne 70 km von Bremen, auf halben Weg Richtung Hamburg, entfernt. Und genau vor unserer Haustür ist so eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitung (HGÜ) mit einer Übertragungskapazität von 10 Gigawatt geplant. Elektrosmog für die Anwohner inklusive. Dem nicht genug: Ebenfalls vor unserer Haustür ist die so genannte Y-Trasse geplant, eine Erweiterung des Schienenverkehrs, die zunächst der zeitlichen Verkürzung des Personenverkehrs Richtung Süden dienen sollte, jetzt verstärkt für den Gütertransport bereitgestellt werden soll. Laut einer Prognose würden angeblich bis 2025 im Hamburger Hafen und in den Bremischen Häfen dann doppelt so viele Container umgeschlagen wie jetzt. Auch wenn bei uns keine neuen Schienen verlegt werden, so bedeutet das aber trotzdem einen Zuwachs von mindestens 200 Güterzügen am Tag (und in der Nacht natürlich auch). Prost, Mahlzeit! Noch denken wir (meine Familie und ich) nicht über einen Wegzug nach …
Aber zurück zum Krimi aus Bremen: Es geht zunächst um den Mord an einem Umweltaktivisten, der mit drei Schüssen niedergestreckt wurde. Ein weiterer Aktivist ist verschwunden. Ins Visier der Fahnder rückt schnell der Betreiber eines Windparks, der aber andere Sorgen hat, z.B. mit seiner Hausbank, die plötzlich wegen der Ereignisse den vereinbarten Kredit nicht herausrücken will. Zudem ist ein Hedgefonds-Unternehmen an ‚Claims‘ (Ansprüche auf Gebiete im Meer) interessiert, um eigene Windparks errichten zu lassen. Eine undurchsichtige Rolle spielt dabei auch jene Karin Lorenz (Annika Blendl), die sowohl mit dem Windparkbetreiber als auch dem verschwundenen Umweltaktivisten bestens bekannt ist. Als Vizechefin einer Umweltschutzorganisation vergibt sie Zertifikate gegen Geld an Unternehmen, um gewissermaßen deren Umweltverträglichkeit zu attestieren. Am Ende des Krimis haben wir (wenn ich mich nicht verzählt habe) ein halbes Dutzend Tote.
Tatort (951) aus Bremen: Wer Wind erntet, sät Sturm (2015)
Das ist natürlich ‚viel Holz‘ für 90 Minuten Tatort. Und es bleibt dann auch nicht aus, dass sich einige Protagonisten mancher Plattitüde bedienen („Nur wer gegen den Strom schwimmt, gelangt zur Quelle“), um das Thema möglichst schnell auf den Punkt zu bringen. Am Ende kommt aber ein Kriminalfall heraus, der das Betrachten lohnt: Für Spannung ist bis zum Schluss gesorgt. Und wenn man die Thematik Windpark eigentlich auch nur anreißen kann, so macht diese Tatort-Folge doch sehr nachdenklich.
Bitte mitmachen! Noch etwas zur Y-Trasse – Wer in unmittelbarer Nähe von Bahnhöfen oder Bahnstrecken wohnt (gilt besonders für die Strecke Bremen – Hamburg bzw. die Bereiche Seevetal, Buchholz/Nordheide, Rosengarten, Tostedt, Jesteburg, Hanstedt, Buxtehude, Horneburg und Stade), der kann sich unter laermaktionsplanung-schiene.de an einer Befragung des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) zum Thema Bahnlärm beteiligen. Die Phase der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung läuft noch bis zum 30. Juni – Weiteres siehe kreiszeitung-wochenblatt.de – Bitte mitmachen! Anmelden, Immissionsort (eigene Anschrift), Emissionsort (Bahnstrecke/Bahnhof) angebe, dann die wenigen Fragen beantworten mit Ankreuzen – das war’s dann schon …