Kategorie-Archiv: Ian und die (Musik-)Welt

Ian Anderson (Jethro Tull) & vieles mehr von dieser Welt

Was ist bloß mit Ian los? Teil 67: Gegen dunkle Segel

Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

nun hat auch mich das Wikinger-Fieber gepackt und mein detektivischer Spürsinn ist erwacht – was hat das dunkle Segel zu bedeuten, woher kommt das geheimnisvolle Schiff am Horizont?

Tatsächlich habe ich schon beim ersten Hören von Broadsword wegen des dark sail gestutzt, denn Segel stellt man sich bei uns üblichersweise hell vor. Anderson hätte hier genauso gut von einem white sail oder black sail singen können. Deshalb hatte ich immer den Verdacht, dass dieses dark ein Hinweis darauf ist, um was für ein Schiff es sich handelt. Auch der tapfere Schotte am Strand kann einem Schiff am Horizont schließlich nicht ansehen, wer darinnen sitzt – es könnte ja auch sein Vetter aus Dingsda sein, der ihn mal besuchen kommt. Aber der wäre vermutlich mit einem hellen Segel unterwegs gewesen. Es ist das dunkle Segel, das ihn Übles ahnen lässt.

Dark ist übrigens nicht gleich black, und ein Segel kann auch dunkel sein, wenn es aus einem dunklen Material hergestellt ist – Seegras z.B., oder Rentierhaut. Was weiß ich, woraus die Wikinger ihre Segel gemacht haben. Deshalb habe ich mich mal schlau gemacht. Und siehe da, bei Wikipedia habe ich Folgendes über die Segel der Wikinger gefunden:

In Skuldelev bestand das Segel aus Wolle einer besonders langhaarigen Schafsrasse… Königsschiffe hatten Leinensegel. Die Bahnen hatten oft unterschiedliche Farben, so dass sie senkrecht gestreift waren. Aber es gab auch sich kreuzende Diagonalstreifen („með vendi“), wie sie auf gotländischen Bildsteinen und alten Münzen zu sehen sind. Es werden sogar Purpursegel erwähnt… Die Segel waren oft farbig, aber nicht nur rot-weiß, wie auf den Darstellungen der Neuzeit. Als Knut der Große von England aufbrach, um Olav den Heiligen aus Dänemark zu vertreiben, wird seine Flotte geschildert: „Knut der Mächtige hatte ein Heer zusammen, um das Land verlassen zu können…die Segel waren blau, rot und grün gestreift… Möglicherweise gab es auch einfarbige Segel, denn der Skalde Sigvat, der die Flotte gesehen hat, schreibt in seinem Preisgedicht: Og báru í byr (Blausegel – die blähen).

Am Horizont sah so ein buntes Segel sicher einfach nur dunkel aus. Ich denke die Frage der Herkunft des Schiffes ist geklärt, nun kann ich beruhigt schlafen gehen.

Die Mendel’schen Gesetze und ihre Bedeutung für die Haarfarbe von Griechen im vermeintlichen Widerspruch zu den genetischen Einflüssen der Turkvölker im nordöstlichen Mittelmeerraum (aktueller Arbeitstitel) behandle ich dann nächstes Mal.

Nun habe ich Euch aus meinem Schatzkästchen griechischer Musik noch ein schönes, trauriges Gute-Nacht-Lied mitgebracht. Es ist diesmal kein traditionelles Volkslied, sondern ein Laiko Tragoudi, frei übersetzt ein Schlager. Dabei haben die griechischen Schlager doch überwiegend eine ganz andere Qualität als die deutschen. Das Lied habe ich nicht zuletzt deshalb ausgewählt, weil zwei meiner Meinung nach recht interessante Instrumente darin vorkommen: Eine Art 12-saitiges Banjo, das ich noch nie zuvor gesehen habe (vermutlich armenischer Herkunft), und eine Schrägflöte, die auf Griechisch Flojera heißt. Es gibt sie in verschiedenen Größen und Ausführungen, hier wird eine ziemlich lange, hölzerne Flojera gespielt, die sehr schön traurig-schaurig klingt.

Das Lied heißt Meno Ektos (Ich bleibe ausgeschlossen) und wird von Eleftheria Arvanitaki vorgetragen. Das Video beginnt mit einem Vorspiel des Banjos. Elefheria betritt die Bühne, sie bedankt sich bei den Musikern, sie bedankt sich beim Publikum. Dann stellt sie die zwei Gastmusiker in ihrer Truppe vor, den Komponisten des Stücks (es ist der mit dem Banjo) und einen Schlagzeuger. Sie erklärt, die beiden kommen aus den USA, stammen aber eigentlich aus Armenien. Das Lied hat einen sehr poetischen Text. Hier ein paar Ausschnitte (leider habe ich auch noch nicht alles verstanden):

Ich bleibe ausgeschlossen, ich wechsle die Farben, mit Lichtgeschwindigkeit rase ich dahin…
Ich bleibe ausgeschlossen, ich spreche mit Drähten (vermutlich Stacheldraht gemeint), wie ein Adler schwebe ich in der Stille…

Refrain:
An meinen einsamen Abenden singe ich armenische Lieder, ich möchte zurückkehren, aber das Paradies ist verschlossen
An meinen einsamen Abenden singe ich armenische Lieder, ich möchte sprechen, aber meine Heimat ist erloschen

In diesem Sinne eine gute Nacht
Kretakatze

PS.: Mir ist da übrigens noch eine geniale Idee für einen Werbe-Spot gekommen. Der Wikinger-Schotte Anderson steht am Strand und lässt seine Blicke über den Horizont schweifen. Da naht ein Schiff mit grünen Segeln – Beck’s Bier. Anderson singt „I see a green sail … bring me my beer mug…“ usw.. Die Passage „…take women and children and bed them down…“ könnte man unverändert belassen, denn Frauen und Kinder stören beim Saufgelage nur. Den Rest müßte man vielleicht geringfügig modifizieren, aber ich denke mit wirklich nur marginalen Änderungen könnte man diesem Meisterwerk so eine völlig neue Wendung geben. (And if sometimes I sing to a cynical degree…)

23.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

diesmal beginne ich mit einem Geständnis, liebe Kretakatze: Bisher war ich nicht einmal in Griechenland geschweige auf Kreta. Warum, kann ich nicht genau sagen. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde ich den Norden Europas bevorzugen (Großbritannien, speziell Schottland, oder Island). Es ist aber nicht so, dass es mich nie gen Süden gezogen hat. Meine Eltern hatten früher eine Ferienwohnung in Andalusien/Spanien. Und da meine Frau Bekannte auf Sizilien hat (die früher einmal als so genannte Gastarbeiter bei uns in Tostedt lebten), so sind wir mehrere Male auch dorthin gefahren.

Immerhin bietet Sizilien neben römischer Kultur auch viel Griechisches. Archimedes lebte in Siracusa (Syrakus). Und eine Episode oder zwei der Irrfahrten des Odysseus spielten wohl an der sizilianischen Küste (die Meeresungeheuer Charybdis und Skylla – auch Polyphem, der einäugige Riese, soll sich dort mit Odysseus gezofft haben). Übrigens ist Sizilien eine Schnittstelle zwischen Griechen und Normannen (unsere nicht allzu beliebten Wikinger – oder doch?!). Neben einer frühen Blütezeit der Insel, als diese zu Großgriechenland gehörte (8. – 5. Jahrhundert v. Chr), gab es im 11. Jahrhundert nach der Eroberung durch die Normannen wiederum Wohnstand und Dolce Vita. Aber streichen wir Sizilien, sonst landen wir bald auf Madagaskar. Immerhin ist es auch eine große Insel – wie Kreta, Island oder Großbritannien. Wir haben es eben mit Inseln.

Zurück zu Griechenland, wenn auch nur virtuell: Vielen Dank, Kretakatze, für Deine vielen Video-Beispiele. Youtube ist eine unerschöpfliche Quelle. Sicherlich liegt mir die griechische Musik nicht im Blut. Das Lied Meno Ektos von Eleftheria Arvanitaki finde ich aber wirklich schön. Es hat eine wunderbare Grundmelodie, die auch etwas für Ohren ist, die ansonsten der abendländischen Musik zugewandt sind. Ich habe dabei das Gefühl, das Lied schon einmal gehört zu haben. Also mit deutschen Schlagern würde ich das wirklich nicht vergleichen, eher mit ‚Liedermachern’, so vom Schlage eines Herman van Veen, den ich erst kürzlich am Wickel hatte. Eigentlich mag ich Banjos nicht sonderlich, aber dieses 12-saitige Instrument passt sehr schön zu dem Lied. Ich kann mir sogar irgendwie vorstellen, das es einmal vor vielen Jahren ein ähnliches Stück von Jethro Tull hätte geben können – statt diesem speziellen Banjo Martin Barre auf der akustischen Gitarre, nun ja, und Herrn Anderson vielleicht sogar auf dieser hölzernen Flojera-Flöte. Was hat das aber mit den armenischen Musikern auf sich? Weißt Du da mehr? Armenien liegt ja auf der anderen Seite der Türkei und ist christlich ausgerichtet (wohl auch orthodox). Gibt es da besondere Beziehungen zwischen Griechen und Armeniern?

Mit manchen der anderen Stücken komme ich ähnlich wie Lockwood nicht ganz so klar. Aber ich weiß, dass man sich sehr schnell ‚anstecken’ lassen kann (siehe meine Sirtaki-Tanz-Versuche vor langer Zeit). Dieser ausgelassenen Heiterkeit bei solchen Festlichkeiten kann man sich schlecht entziehen. Für den pontischen Tanz hätte Ian Anderson seinen Piratenlook aber doch mächtig aufpeppen müssen. Und beim Sonaradikos frisch aus Glasgow weiß ich gar nicht so recht: Es könnte fast ein schottisches Lied mit griechischem Tanz sein. Mein kleines Video mit den schottischen Tänzen (etwas zerhackstückt) habt Ihr vielleicht schon gesehen. Die Aufnahme stammt von den Highland Games in Callander. Gibt es vielleicht solche Kraftmeiereien auch in Griechenland (ich möchte Highland Games nicht unbedingt mit den Olympischen Spielen vergleichen – aber irgendwie kommt man auch nicht so ganz um diesen Vergleich herum). Als Tanzmuffel hüte ich mich davor, einen Vergleich zwischen griechischen und schottischen Tänzen anzustellen. Aber ich sehe durchaus, dass es Gemeinsamkeiten gibt.

An Eurer „Dark Sail“-Auseinandersetzung wollte ich mich eigentlich nicht beteiligen. Kretakatze hat zudem inzwischen die Lösung gefunden. Interessant finde ich die Idee zu dem Werbe-Spot für die Biermarke, die übrigens aus Bremen kommt, wo ich wie bekannt viele Jahre gelebt habe. Aus dieser Zeit gibt es einen alten Kumpel (es ist jener ‚Kommissar Graue’ aus der Nonsense-Rubrik „Der Idiot“), der bei Beck’s arbeitet, wenn auch nicht in der Werbung. Leider ist der Kontakt aus unerfindlichen Gründen abgebrochen, aber solche Kontakte lassen sich eventuell neu beleben.

Beck's drunkle Segel

Ein Problem gibt es allerdings: Zwar bevorzugt Herr Anderson (wenn er nicht gerade Weißwein trinkt, vgl. die Hippodrome-Videos) Bier aus kleinen grünen Flaschen, allerdings einer anderen Marke, wie das bereits von mir veröffentlichte Foto zeigt. Die Firma Beck’s wird das nicht freuen (der Fall Bohlen dürfte abschreckend genug sein: Herr Bohlen stieg allerdings von Doppelkorn auf Molke um, bis ihm das Zeug aus dem Hals hing und er in aller Öffentlichkeit behauptet, das Gesöff schmeckt S…; seitdem macht er wieder Werbung für Doppelkorn – oder war das Haarlack?). Gucken wir ’mal …

Willi mit Shona und Ian Anderson
der zerknirschte Willi („Warum trinkt der Typ kein Beck’s!“)
samt Shona & Ian Anderson

Ich wünsche Euch ein schönes verlängertes Pfingstwochenende. Die Wetteraussichten sind allerdings sehr bescheiden. Am Samstag und Sonntag bin ich unterwegs (u.a. bei Hermännchen, der Geburtstag hat).

Bis in Bälde
Wilfried

24.05.2007

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Liebe Freunde,

in den zwei Tagen, in denen ich dem Internet ferngeblieben bin, hat sich Dank Eures Fleißes mehr Stoff angesammelt als ich in angemessener Form beantworten kann. Hier nun meine bescheidenen Beiträge zu Euren letzten sehr substanzvollen mails:

Dir, liebe Kretakatze, gebührt mein Dank für Deine umfangreichen Lektionen und zahlreichen Videos zum Thema der griechischen Musik ! Allerdings stelle ich für Dich eine große Enttäuschung dar: Ich kann mit dieser Musik, diesen Tänzen, dieser Sprache überhaupt nichts anfangen. Auch wenn einige Lieder weniger orientalisch klingen als andere, so treffen sie nicht meinen Musikgeschmack. Es ist nicht so, dass ich orientalisch angehauchte Musik nicht mag; die von mir hoch geschätzte Loreena McKennit hat einige wunderschöne Alben mit orientalischen Einflüssen hervorgebracht. Ich habe sogar in meiner Plattensammlung ein Album mit traditioneller indischer Sitarmusik. Es sind also nicht allein die orientalischen Momente, die mich an der griechischen Musik verzweifeln lassen. Ich kann nicht beschreiben, was diese Musik für mich in so weite Ferne rückt. Es ist ganz einfach so.

Auch die von Dir herausgearbeiteten Parallelen des Hellenen-Folk zu JT vermag ich nicht zu erkennen. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Meine musikalischen Vorlieben sind im Nordwesten Europas zu Hause; ich bin erst über den Umweg der britischen Folklore auf Jethro Tull gestoßen. Um Dir und auch Wilfried noch mehr Frust zu ersparen, werde ich mich als unbelehrbarer Nicht-Grieche aus den weiteren Diskussionen zu diesem Thema ausklinken; etwas Konstruktives ist in diesem Punkt von mir nicht zu erwarten.

Mit großer Verwunderung nehme ich Eure Kritik zum Anderson’schen Outfit in Tampa und im Hippodrom zur Kenntnis. Sicher, diese blau-bunte Pseudouniform aus Tampa ist nicht gerade das, was man mit der Musik des Meisters in Verbindung bringt. Aber im Vergleich zu dem, was Mr. Anderson sich später an textilen Fehltritten geleistet hat, war das doch nur eine unbedeutende Verirrung. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Auftritt der Gruppe beim Jazz-Festival in Montreux, bei dem der Meister nicht davon abzuhalten war, in einem gepunkteten Schlafanzug mit gleichfarbigem Kopfverband aufzutreten. Dagegen wirkt die rote Melone wie die Krone der Modeschöpfer. Im Ernst, ich finde, die Melone passt zum ländlich-rustikalen Ambiente der JT-Musik jener Zeit.

Wenn ich das richtig sehe, sind die Punkte dark sail und Breitschwert geklärt. Weiteren Erörterungen zu den Mendel’schen Gesetzen in Griechenland sehe ich mit Spannung entgegen.

@Wilfried:
Nur so ganz am Rande etwas zum Thema Fußball. Am vergangenen Mittwoch hatte die Mannschaft meiner Zwillinge prominenten Besuch: Der ehemalige Bundesligaprofi Kai Michalke hat auf Einladung unseres Co-Trainers die Jungs trainiert. Mir sagte der Name natürlich nichts, aber die wahren Fußballfans wussten sofort, um wen es sich handelt. Jedenfalls hatte ich an diesem Tag zum ersten Mal die Gelegenheit, einem „richtigen“ Fußballer die Hand zu schütteln. Ein netter Kerl übrigens, kann gut mit Kindern umgehen.

Viele Grüße und ein schönes langes Wochenende !
Möge der Geist über uns alle kommen.
Lockwood

25.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 66: Von Island nach Griechenland

Hallo Kretakatze, Hallo Wilfried,

zu den Themen Wikinger und hellen Hellenen habe ich mich allmählich warmgeschrieben. Natürlich kann ich es nicht mit allerletzter Gewissheit sagen, aber in meinen Augen sind schwarze Segel eine Erfindung Hollywoods, genau so wie römische Legionen, die im Gleichschritt marschieren. Erstens ist es sehr aufwendig, Segelstoff zu färben. Zweitens wäre diese Färbung für ein Piratenschiff kontraproduktiv. Piraten waren darauf angewiesen, dass die Beuteschiffe sie so spät wie möglich als Piraten erkannten. Warum also sollten sie durch die Meere kreuzen wie ein bunter Hund ?

@Kretakatze:
Dein Einwand der dunkelhaarigen Menschen auf antiken Vasen ist berechtigt. Mehr als das; er nimmt meiner Theorie über blonde Griechen den Wind aus den hellen Segeln. Falls ich meine griechische Bekannte noch einmal treffe, muss ich ihr das erzählen.

Dass Kreuzfahrer aus Mitteleuropa für die hellenistische Pigmentierungen verantwortlich sind, will mir aber auch nicht unbedingt einleuchten. Ich glaube nicht, dass ihre Anzahl groß genug war, um im Genpool der Kinder Zeus einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Außerdem vererben sich die Gene für Augen- und Haarfarbe dominant-rezessiv. Als gelernte Expertin für Tierzucht wirst Du das besser wissen als ich. Ich kann mich im Moment nur auf das Wenige stützen, was ich aus dem Biologieunterricht in die Gegenwart rüber retten konnte. Zwischen den Kreuzfahrern und dem Gefolge des bayrischen Königs lagen die Jahrhunderte der Türkenherrschaft mit ihren dunklen Erbinformationen. Wieder kann ich mir nicht vorstellen, dass die rezessiven Gene einiger Seppl die Übermacht der Turkgene überlagern konnten. Ich fasse zusammen: Ich finde keine für mich plausible Erklärung dafür, warum in der Ägäis so viele Blonde herumlaufen. (Und die Darstellungen auf den antiken Gefäßen sind wirklich ein K.O. – Argument !)

Ganz kurz zur Sprache: Mein griechischer Bekannter hatte während seiner Schulzeit in Athen Unterricht in Altgriechisch. Ich erinnere mich genau an seinen angewiderten Gesichtsausdruck, als er mir davon erzählte. Es muss eine furchtbare Sprache sein, die kaum Gemeinsamkeiten mit dem modernen Griechisch aufweist.

@Wilfried:
Die Cutty Sark habe ich auch seinerzeit in Greenwich gesehen, kurz bevor ich über den Nullmeridian gestolpert bin. Ich fand, es war ein schönes Schiff. Hoffentlich bekommt man es wieder hin.

Hinweis an alle: Die aktuelle mail-Frequenz werde ich auch nicht auf Dauer durchhalten können. Aber solange es funktioniert, macht es Spaß !

Viele Grüße aus dem gewittrigen Westen
Lockwood

22.05.2007

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Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

heute möchte ich noch einmal auf griechische Musik und griechische Tänze zurückkommen, zumal mich Lockwood ja in die Pflicht genommen hat, meine Andeutungen bezüglich der Gemeinsamkeiten mit der Musik von Jethro Tull noch zu vertiefen. Also:

Lieber Lockwood, es tut mir leid, dass Dir meine griechischen Videos nicht zugesagt haben. Eigentlich finde ich diese Musikstücke garnicht so orientalisch, da gibt es noch ganz andere Sachen. Die Lieder von Jannis Markopoulos klingen für mich recht europäisch und der Sirtos mit Michalis Tzouganakis ist zwar ziemlich kretisch, aber dabei doch schon fast rockig.

Vielleicht ist mir aber auch in den fast 30 Jahren Kontakt mit griechischer Sprache, Musik und Tanz das Gefühl dafür abhanden gekommen, wo euröpäisch aufhört und wo orientalisch beginnt. Für mich ist das einfach griechisch, da ist beides verschmolzen und eine Einheit geworden. Und da es ja auch in der Musik von Jethro Tull orientalische (bzw. für mich stark griechisch klingende) Elemente gibt, bin ich eigentlich davon ausgegangen, dass einen Jethro Tull Fan (und ich unterstelle Dir einfach mal, dass Du einer bist) ein bißchen orientalischer Einschlag nicht stören sollte.

Auch von Jethro Tull gibt es ja zumindest einen griechischen Tanz: Eurology. Ich konnte nur müde lächeln, als ich gesehen habe, dass Mr. Anderson dieses Stück in Montreux 2003 angekündigt hat mit dem Rat, nicht darauf zu tanzen, da das zu einem bösen Unfall führen könne. Es klingt wie ein typischer Sirtos, und ich habe bereits erfolgreich Kalamatianos (Sirtos) und Chaniotikos (Sirtos) darauf getanzt – hier direkt in meinem Arbeitszimmer vor dem Schreibtisch. Ich bin unverletzt geblieben.

Große Teile der Musik von Jethro Tull basieren genau wie ein großer Teil der griechischen Volksmusik auf ungeraden Takten und/oder häufigen Taktwechseln. Die Griechen sind Meister darin, darauf dann auch noch zu tanzen. Ich denke es gibt keinen noch so verqueren Rhythmus auf dieser Welt, zu dem die Griechen nicht auch schon einen Tanz erfunden hätten. Der Mr. Anderson hat keine Ahnung… Auf jeden Fall hat er sein Stück Eurology genannt, was darauf schließen lasst, dass er diese Art von Musik für europäisch und nicht für orientalisch hält.

Noch ein zweiter Titel von Jethro Tull klingt für mich wie ein griechischer Tanz, auch wenn ich nicht direkt sagen könnte, welcher Tanz das sein sollte: Fat Man. Dabei muss ich zugeben, dass es vielleicht auch ein keltischer, schottisher oder sonstiger Tanz sein könnte, da kenne ich mich nicht aus. Bestimmte Tanzrhythmen hat es sicher in verschiedenen Kulturen gegeben.

Weiterhin kann ich nicht recht nachvollziehen, lieber Lockwood, dass es Dich stört, dass Du die Sprache nicht verstehst. Nun sehe ich prinzipiell schon ein, dass es betrüblich ist, wenn man kein Griechisch kann, denn ich halte es für die schönste Sprache überhaupt. Aber es geht hier ja doch in erster Linie um Musik und nicht um den Text.

Die Lieder von Markopoulos habe ich erklärt bzw. übersetzt, und wenn Du die Texte von Michalis Tzouganakis nicht verstehst, hast Du wirklich nichts verpasst. Der Sirtos heißt, glaube ich, Aftos den ine Ponos (Das ist kein Schmerz – jedenfalls singt er das mehrfach), es geht um Herzeleid, er versucht irgend jemanden zu trösten. Das Lauten-Stück (das stammt wohl sogar von ihm selbst) hat den Titel Pali-Pali (Wieder und Wieder): Er muss an seine Angebetete denken, wieder und wieder und wieder… Tiefgründige Gedichte darf man bei dieser Musik nicht erwarten.

Davon abgesehen halte ich es sogar für besonders reizvoll, einer fremden Sprache zuzuhören, ohne ein Wort zu verstehen. Man kann dann völlig unbelastet auf Betonung, Gestik und Mimik achten und versuchen zu erraten, was das bedeuten könnte. Oder man kann auch einfach seiner eigenen Phantasie freien Lauf lassen. Dazu klingt Griechisch in meinen Ohren allein schon wie Musik. Da ist es manchmal sogar eher störend, wenn man die teilweise wenig geistreichen Texte versteht.

Jetzt werde ich mich dem Höhepunkt meines heutigen Beitrags aber noch einmal von einer ganz anderen Seite nähern und dabei wieder auf Jethro Tull zurück kommen:

Bei den Videos von 1977 aus dem Hippodrom habe ich mich anfänglich über den albernen roten Hut geärgert, den Mr. Anderson da bei manchen Liedern trägt. Ich fand ihn einfach sooo doof und störend, dass ich die betreffenden Videos boykottiert habe.

Dann war Wilfried so nett die Videos aus Tampa nach YouTube zu stellen. Das war der Schock! Ich glaube, ich habe es bis heute nicht geschafft, eines dieser Videos zu Ende anzuschauen. Spätestens nach 2 Minuten steigen mir die Tränen in die Augen – nein, nicht aus Rührung, sondern weil ich diese optische Belastung nicht ertragen kann.

Seither erscheint mir der Rote Hut von Golders Green als unbedeutende Lappalie. Ich habe mich zwar nicht direkt mit ihm angefreundet, aber doch zumindest arrangiert, und bei den Videos aus dem Hippodrom kann ich heute ohne Schüttelkrämpfe einfach die Musik genießen. Man muss nur hin und wieder einmal vorgeführt bekommen, wie alles noch viel schlimmer sein könnte, dann weiß man wieder zu schätzen, was man hat.

In diesem Sinne, lieber Lockwood, habe ich mich bemüht noch etwas Makedonisches für Dich zu finden. Makedonische Tänze klingen ungefähr wie Zwölftonmusik ohne Takt und ohne Rhythmus. Ich kann im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied davon singen, denn wir hatten in der griechischen Tanzgruppe ein paar Hardcore-Fans, für die es immer ein paar makedonische Tänze extra gab. Du wirst sehen, danach empfindest Du die kretischen Lieder als den reinen Ohrenschmaus.

Ich habe also keine Mühe gescheut und tagelang auf YouTube nach den schönsten Videos geforscht. Dabei bin ich auch noch auf ein paar andere Kostbarkeiten gestoßen, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.

Zuerst, zum Beweis, dass Griechenland und Schottland näher beieinander liegen als man gemeinhin vermuten sollte, ein Sonaradikos frisch aus Glasgow. Dieser Tanz gehört bei griechischen Festen zum Programm, er ist schwungvoll und hat einen ganz einfachen Grundschritt (den würde ich Dir auch noch zutrauen, lieber Wilfried). Da mal vorwärs und mal rückwärts getanzt wird und die „Tanzschlange“ sich mal zusammenschlängelt und mal auseinander zieht, kommt es zu zahlreichen Remplern und Zusammenstößen – eine eche Gaudi, sehr zu empfehlen! Die Sängerin hat übrigens eine Schwäche für Mavra Matia – schwarze Augen (das singt sie jedenfalls).

Diesen pontischen Tanz (eigentlich sind es Ausschnitte aus mehreren Tänzen, ich meine vor allem den ersten) habe ich vor allem deshalb für Euch ausgewählt, weil sich meiner Meinung nach unser geliebter Mr. Anderson in seinem aktuellen Erscheinungsbild nahtlos in die Tanztruppe einreihen könnte (gut, sein Piraten-Kopftuch müsste er vielleicht noch ein bißchen aufpeppen, und sich einreihen ist wohl allgemein nicht seine größte Stärke…). Also stellt Euch beim Betrachten des ersten Tanzes einfach vor, der große Meister würde in seinem derzeitigen Bühnen-Outfit hier mittanzen – wäre das nicht eine Wucht? Es handelt sich übrigens um einen ca. 3000 Jahre alten Kriegstanz aus dem Pontos (kleinasiatische Ägäisküste).

Zum Abschluss nun zwei Tänze, die Euch die musikalische Tiefe makedonischer Volksmusik näherbringen werden. Während bei den kretischen und den pontischen Tänzen die Melodie üblicherweise auf einer Lira gespielt wird (seltener auch auf einem Dudelsack), sind bei den makedonischen Tänzen eher Klarino (eine Art Klarinette) wie hier im ersten Tanz (Poustseno) oder auch diese seltsamen Holz-Trompeten (griechische Bezeichnung fällt mir leider nicht mehr ein) wie im zweiten Tanz (Teskoto) verbreitet. Es kommt Euch sicher hergeholt vor, aber als ich das erste Mal Mr. Anderson in A Passion Play mit diesem Sopran-Saxophon herumhüpfen sah, da fühlte ich mich instinktiv an makedonische Volkstänze erinnert. Ich muss zugeben, es gibt auch noch melodiösere, die mehr Ähnlichkeit mit den Instrumental-Passagen aus APP haben.

So, jetzt habe ich Euch genug gequält. Zur Linderung der Ohrenschmerzen empfehle ich fein dosierte Songs from the Wood, bei Bedarf kann noch mit etwas Aqua-Lung nachgespült werden. Und dann lasst uns alle dem Herrn danken, dass es auch noch Jethro Tull gibt.

Es grüßt Euch Eure

Kretakatze

PS.: Ich weiß auch nicht, warum ich so gemein zu Euch bin, dabei seid ihr immer so nett zu mir…

23.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

Du langweilst uns nicht, Lockwood. Und Du, Kretakatze, brauchst Dein Licht nicht unter den Scheffel stellen; Deine Anmerkungen zum Altgriechischen finde ich sehr interessant. So führen uns die Betrachtungen aus der Wohnstube des guten Mr. Anderson plötzlich hinaus in die weite Welt.

Aber es rieseln ja schon die nächsten Beiträge von Euch ein. Da komme ich zz. wirklich nicht mit. Auf der Arbeit gibt es einigen Stress personeller Art. Und die letzten Tage war es so drückend-warm, sodass ich abends keine Lust hatte, auch noch zu Hause am Rechner zu sitzen (und die Bude weiter aufzuwärmen).

Zur Wikinger-Debatte habe ich im Bezug auf Schottland auch noch etwas beizutragen. Zunächst muss aber festgestellt werden, dass die Wikinger oder Normannen eigentlich so überall in Europa anzutreffen waren – bis hoch nach Island, Grönland – und wir wissen es längst – bis nach Amerika. Aber sie waren auch bis nach Griechenland gekommen, also lange vor den Osmanen … Während meines Urlaubs in Schottland 2005 war ich mit meinen Lieben eine gute Woche auf der Isle of Skye – und dort gleich gegenüber dem Festland in dem kleinen Ort Kyleakin. Der Name (eigentlich Kyle Akin) leitet sich aus dem schottischen Gälisch ab: Caol Acain, was wiederum “Strait of Haakon” (Haakons Meeresenge) bedeutet, benannt nach dem norwegischen König Haakon. Eine Haakon Bar gibt es übrigens auch in Kyleakin. (Norweger -> Normanne -> Wikinger)

Leif Erikson - in Reykjavik

Der Herr oben ist übrigens ein gewisser Leif Erikson, eben der, der von Island aus Amerika entdeckt haben soll. Das Denkmal befindet sich mitten in Islands Hauptstadt Reykjavík (was „rauchende Bucht“ heißt, wobei Vik für Bucht steht, na klingelt da etwas bei Vik?). Der gute Leif war ein Wikinger in Reinnatur.

Ach, da ich gerade bei Island bin und mich dunkel an unsere Diskussion um die Herkunft des Namens Anderson erinnere: Ich war 1990 mit meiner Frau (die Dame in rot auf dem Bild) und weiteren Freunden auf Island in Urlaub. Ausgangspunkt einer Rundreise war Reykjavik und so buchten wir bereits im Voraus auf meinem Namen eine Unterkunft in einem Seemannsheim (Island ist nämlich ziemlich teuer, Seemannsheime verhältnismäßig preiswert). Als wir nun an der Rezeption der Herberge standen, begrüßte uns eine junge Frau, die sogar der deutschen Sprache mächtig war (neben isländisch, einer eigenen Sprache für gerade einmal 300.000 Menschen, die aber sehr eng mit dem Norwegischen verwandt ist – eben eine Wikinger-Sprache, spricht man fast überall englisch). Ich stellte mich vor: Albin – und verwies auf die Reservierung unter meinem Namen. Nach mehrfachen Durchblättern ihrer Unterlagen (Computer gab es damals noch nicht so viele) konnte sie aber keine entsprechende Reservierung finden. Ich nannte noch einmal meinen Namen: „Albin, Wilfried Albin!“ – „Moment! Sagten Sie Wilfried? Ja, hier habe ich eine Reservierung auf den Namen Wilfried …?!“ (Wahrscheinlich hat sie mich sogar geduzt).

Reykjavik ist zwar Islands mit Abstand größte Stadt, aber mit knapp 120.000 Einwohnern nicht gerade groß. Trotzdem ist es verwirrend, das dortige Telefonbuch zur Hand zu nehmen. Alle Einträge lauten auf den Vornamen. Isländische Namen bestehen neben dem Vornamen aus dem Vatersnamen. Einen Nachnamen gibt es nicht. Leifur Eriksson (isländische Schreibweise des Herrn vom Bild) ist also der Sohn von Erik und wäre unter L im Telefonbuch zu finden. Ich hieße übrigens Vilfreð Hermannsson (mit ð was dem englischen th entspricht, auch aussprachemäßig – neben dem ð gibt es noch þ – als Großbuchstaben: Ð und Þ als eigenständige isländische Buchstaben – das eine als stimmhaftes, das andere als stimmloses th; der Versammlungsplatz der Volksvertreter und Gerichtsbarkeit heißt Þingvellir, in dem das Wort Thing wiederzufinden ist). Ihr dürft jetzt raten, wie mein Vater mit Vornamen heißt. Frauen hängen statt des –sson ein –sdottir an den Vatersname. Übrigens gab es früher in Friesland die gleiche Namensordnung. Jetzt kommt mir bitte nicht mit Halldor Laxness, dem isländischen Literaturnobelrpeisträger. Der hieß eigentlich Halldór Guðjónsson, also auch etwas mit –sson hinten. Nur so nebenbei: Laxness kann ich zum Lesen wärmstens empfehlen (z.B. Die Island-Glocke).

Vieles im Leben, so scheint es, reduziert sich auf solche Anekdötchen. Hier noch eine: In den 80-er und 90-er Jahren war es beliebt, möglichst viele Hard Rock Cafes, der es eine Menge weit gestreut über dem Globus gibt, zu besuchen, besonders die dort erhältlichen T-Shirts waren sehr beliebt und sind heute hin und wieder noch in der Menge zu besichtigten (zz. gibt es in Deutschland wohl drei solcher Cafes – in Berlin, Köln und München – übrigens: in Athen ist wohl auch eines). So sind wir – rein zufällig – auch in Reykjavik in dem dortigen Hard Rock Cafe gestrandet (wenn ich das richtig sehe, gibt es heute dort keine entsprechende Lokalität mehr). Da es gerade Nachmittag war und in einem Cafe bekanntlich Kaffee getrunken wird, so bestellten auch wir dieses Getränk. Nachdem wir fast ausgetrunken hatten, kam die Bedienung vorbei und fragte uns, ob wir noch mehr Kaffee wünschten. Angesichts der Preise verneinten wir. Später wurde uns klar, dass man für Kaffee nur einmal zahlt und dann bis zum Abwinken (Herzinfarkt) das Zeugs in sich hineinschütten kann – das gilt für ganz Island. Da meine Frau und ich eigentlich Teetrinker sind, versuchten wir das auch mit Tee; aber irgendwie kam das nicht so gut an; meistens wurde uns nur heißes Wasser nachgereicht, einmal bekamen wir wenigstens auch noch einen neuen Teebeutel.

Andere Länder, andere Sitten. Soviel zu Island, dem nördlichsten Land in Europa (neben Griechenland, dem südlichsten). Wir werden sehen, wohin uns sonst noch die Reise hinführt. Jethro Tull hatte auch schon öfter Auftritte auf Island (und im September wieder zwei).

Dass bestimmte Lieder in den Soundtrack zu einem Film einfließen, liegt meist außerhalb der Entscheidungsgewalt der Interpreten, es sei denn, die Musik wird ausdrücklich für einen Film komponiert (wie z.B. von Mikis Theodorakis für den Sorbas). Natürlich wünscht man sich, einen tollen Film zu sehen und als Hintergrundmusik dann auch noch ein Liedchen von Herrn Anderson zu hören.

Vielleicht doch schon einige Worte zu Kretakatzes Beitrag, den ich mir gleich noch einmal in aller Ruhe angucken (und anhören) werde: Ich bin zwar alles andere als ein Spezialist, aber Fat Man klingt für mich ziemlich indisch. Das basiert mehr auf einem Gefühl als auf wissenschaftlicher Erkenntnis. Musik ist in erster Linie ein emotionales Erlebnis, ist auch gut so. Und so wie Kretakatze durch ihre langjährigen Kontakte zur griechischen Kultur ein anderes Verhältnis zur Musik Griechenlands entwickelt hat, so hat Herr Anderson vielleicht durch seine vielen Besuche indischer Restaurants (der Meister bevorzugt indische Küche) ein besonderes Verhältnis zur indischen Musik in sich reifen lassen (in indischen Restaurants wird indische Musik gespielt, so wie man beim Griechen in der Regel griechische Musik hört), die sich dann in diesem Lied ‚niedergeschlagen’ hat.

Dass Du, Kretakatze, das Outfit des Herrn Anderson nicht immer sehr geschmackvoll ausgewählt findest, kann ich im Fall des Tampa-Videos durchaus verstehen. Ich habe zunächst auch etwas irritiert geguckt. Und selbst mein großer Sohn rümpfte die Nase: „Wie sieht denn der Anderson aus?“. Den roten Hut habe ich eher unter der Rubrik „nach Gutsherrenart“ abgehakt. Die diversen Outfits der Herren böten sicherlich Grundlage für ein eigenes Diskussionsforum. Lockwoods Kritik an Herrn Anderson bezieht sich, wie Du wohl gelesen hast, hauptsächlich auf sein aktuelles Aussehen (Kopfverband usw.).

Ich wünsche Euch was
Wilfried

23.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 65: Schimanski hört Tull

Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

Inzwischen hat sich ja eine Menge Holz angesammelt.

Komme ich zunächst auf Herman van Veen zu sprechen. Ja, der Mann hat etwas. Vom ihm kommt eine gelassene Heiterkeit herüber (siehe u.a. Videos bei youtube), die ansteckend wird. Leider hatte ich ihn in den letzten Jahren auch aus den Augen verloren. Das Album „Die Anziehungskraft der Erde“ kenne ich z.B. nicht. Dafür habe ich aber das Weihnachtsalbum von ihm, das sehr schöne Lieder enthält (vielleicht zu Weihnachten dazu etwas mehr).

Ja, es gibt u.a. durch die Geburt meiner Kinder ein schwarzes Loch in meiner Biografie, was das Interesse für Musik betrifft. Zwar habe ich auch in den 90-er Jahren die eine oder andere Scheibe gekauft, aber ich bin kaum zum Zuhören gekommen.

Der Schimanski, den Du, Lockwood, gesehen hast, war wohl der neueste: „Tod in der Siedlung“, irgendwann Ende April gesendet, oder? Ich habe nur kurz den Bericht in der TV-Zeitschrift gelesen. Es endet wohl, wie der Schimanski vor vielen Jahren begann: Alle Pfannen sind dreckig, so schlürft er ein Ei aus dem Glas … Und dazu der Tull-Titel? Nicht zu glauben.

Früher hatte ich schon einmal geforscht, in welchen Filmen die Musik von Jethro Tull verwendet wurde. Im Soundtrack (d.h. auf der CD) zu Michael Moores ‚Fahrenheit 9/11“ ist Aqualung enthalten, im Film selbst habe ich es aber nicht gefunden (Überhört? Unerhört!). Und dann gibt es mindestens noch 2, 3 Filme. Fragt mich aber nicht nach den Titeln. Kennt Ihr Filme, die im Soundtrack Tull-Musik enthalten?

Von Kretakatzes Entschwinden nach Kreta zum Tull-Konzert hatte ich im Laufi-Forum gelesen. Und Du willst es also ohne Eintrittskarte wagen? Schön mutig! Den Kreditkartentipp kann ich nur wiederholen. Ich bin alles andere als ein Freund von Plastikgeld. Aber im Laufe der Jahre hat sich so ein Kärtchen doch bezahlt gemacht, wenn es um Einkäufe außerhalb Deutschlands ging. Inzwischen gibt es da auch andere Verfahren (PayPal usw.), die wohl noch etwas sicherer sind. Leider wird das nicht überall akzeptiert. Ich drück Dir auf jeden Fall die Daumen, dass Du noch ein Ticket für das Konzert bekommst. Ich stelle mir das sehr schön vor, so im Urlaub im sonnigen Süden ein Tull-Konzert mitzubekommen. Da würde ich mir sogar die jetzige Formation antun wollen. Mit meinem Urlaub ist es noch etwas hin (und da gibt es kein Tull-Konzert).

Unser guter Lockwood hat ja wohl jegliche Anderson-Müdigkeit abgestreift mit seinem Broadsword-Ausführungen. Da sieht man Herrn Anderson tatsächlich das Schwert ergreifen und den Wikingern entgegenziehen. Sicherlich lässt sich das Lied auch anders interpretieren (die Wikinger-Horden sind heute andere), aber belassen wir es beim Bild des schwertschwingenden Flötenkobolds.

Ian Anderson & kein Breitschwert

Und überhaupt zur Anderson-Wikinger-Debatte: Ich denke, durch die Adern des Meisters fließt das Blut viele Völkerstämme. Durch die Völkerwanderungen, die auch Schottland nicht verschont haben, hat sich viel Blut gemischt. Und neben den 2-3 Liter Skotenblut werden sich mit Sicherheit auch einige Tropfen Wikingerblut finden. Wenn Neonazis heute „Deutschland den Deutschen!“ brüllen, dann stellt sich die Frage, was ist eigentlich deutsch? Vielleicht ist der Ausländer, den ein Nazi gerade den Schädel einschlägt, deutscher als er selbst. Aber warten wir die DNA-Analyse von Ian Anderson ab (Lockwood, unser Gen-Spezialist).

Nun denn, ich wünsche eine arbeitsame Woche. Und man/frau liest voneinander.

Cheerio
Wilfried

P.S. Bin nun doch fündig geworden betr. Film-Soundtracks mit Tull-Musik

21.05.2007

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Hallo Kretakatze, Hallo Wilfried,

unser guter Hermann van Veen. Mir gefällt an ihm seine leicht verträumte Art. Diese liebenswürdige Mischung aus Heiterkeit, Melancholie und Tiefgründigkeit. Seine Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, diese Beobachtungen in Liedern umzusetzen. Meist wird er heutzutage als Harlekin bezeichnet, aber in den 70er Jahren, als ich ihn für mich entdeckte, galt er als Liedermacher. Egal, unter welchem Etikett er gerade auftritt, er findet mit seinen Songs jedenfalls den Weg unter meine Haut. Und das schaffen nicht viele Sänger.

Zur Kombination Schimanski / Anderson:
Der Film hieß tatsächlich Tod in der Siedlung. Und trotz aller ungespülten Töpfe und Pfannen in Schimis Küche passte Wondering aloud zur Situation. Ich denke, der Titel ist nicht zufällig ausgewählt worden. Während Schimanski sein rohes Ei aus dem Glas schlürft, steht er am Fenster und sieht den Wagen seiner Freundin vorfahren. Das zaubert ein Lächeln auf seine markanten Züge. Dazu passen die getragenen Harmonien von Wondering aloud wunderbar. Auch inhaltlich haut der Song hin; geht es doch im Text um einen Mann, der liebevoll an seine Frau / Freundin denkt.

Ich kenne außer dem Schimanski keinen einzigen Film mit JT – Soundtrack. Auch die Filme, die Du, Wilfried, angelinkt hast, sind mir vollkommen fremd. Eigentlich seltsam, dass Mr. Anderson sich in diesem Metier so rar gemacht hat. Ich glaube, ich habe vor Monaten geschrieben, dass ich mir gut hätte vorstellen können, dass JT die Filmmusik zur Herr der Ringe – Trilogie hätten beisteuern können. Als alter normannischer Kelte hätte Mr. Anderson gut in das Tolkien-Universum gepasst.

Zu meinen Broadsword-Theorien möchte ich noch etwas sagen:
Der Text des Liedes ist -wie immer- alles andere als eindeutig. Hätte man die von mir zitierten Textstellen von einer anderen Seite beleuchtet, wäre ein ganz anderes Ergebnis denkbar. Um es auf die Spitze zu treiben: Ein armer müder Wikinger steht an seinem kargen felsigen Gestade und sieht ein Schiff voller militanter Rheinländer auf sich zukommen. Oder ein Schiff voller Narren. Oder Touristen. Ich will nur sagen: Der Text lässt viele Interpretationen zu. Je nach Weltbild und persönlicher Stimmung. Meine Theorie des Winkingerangriffs erhebt keinerlei Anspruch auf Alleingültigkeit. Aber, wie Wilfried schon gesagt hat, das Bild des wehrhaften Ian Anderson, der an der Küste seiner schottischen Heimat steht und seine Klinge mit patriotischem Zischen durch die Luft sausen lässt, erfreut jeden Tull-Fan.

Der Flötenkobold auf dem Cover trägt übrigens kein Breitschwert. Ich bin nicht sicher, ob es solche sich über die gesamte Länge verjüngenden Schwertklingen jemals gegeben hat oder ob sie eine Erfindung der Comiczeichner sind.

Eine letzte Stellungnahme von mir zur Völker-DNA:
Das deutsche Blut, wie es im Dritten Reich propagiert wurde, gibt es überhaupt nicht. Für diese Erkenntnis muss man kein Biochemiker sein, es reicht ein Blick auf die europäische Geschichte der letzten 15 Jahrhunderte. Das Volk, das sich heute „die Deutschen“ nennt, trägt einen Gen-Cocktail aus keltischen, germanischen, slawischen und asiatischen (!) Einflüssen in sich. Wie man einen solchen Salat ernsthaft mit einer einzigen Nation in Verbindung bringen kann, ist mir schleierhaft. Eines müssen wir uns vor Augen halten: Hätte es das Römische Imperium nicht gegeben, den Hunnensturm und die Völkerwanderung, würde es uns heute auch nicht geben. Es würde andere Menschen geben, aber nicht Kretakatze, Wilfired und Lockwood. Die Welt war schon immer multi-kulti, nur machten Kaiser Augustus und Attila nicht so ein Theater darum.

Ich hoffe, ich habe niemanden gelangweilt.
Lockwood

21.05.2007

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Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

tut mir leid, wenn ich Euch mit meiner Wikinger-Theorie aufs Glatteis geführt habe. Ich dachte eigentlich, diese Geschichte wäre so albern, dass sie mit Sicherheit niemand ernst nehmen würde. Allerdings hatte ich auch keine Ahnung, dass jemals tatsächlich Wikinger in die Nähe von Schottland gekommen sind, geschweige denn, dass es sogar Wikinger-Überfälle gegeben hat. Da bin ich jetzt platt. Aber ein blindes Huhn trifft eben auch mal ein Korn. Ich hatte eigentlich aufgrund des „dark sail“ intuitiv immer an einen Piratenüberfall gedacht. Oder wer verwendet denn dunkle Segel?

Auf jeden Fall nochmals vielen Dank für die ausführliche Info – was Ihr alles wisst… Da lernt man doch immer gerne noch dazu. Irgendwelche historischen oder ethnologischen Kenntnisse dürft Ihr bei mir nämlich nicht voraussetzen. Auch von Musik habe ich im Prinzip keine Ahnung, ich bin kein Musiker. Ich komme zu meinen Ansichten und Behauptungen aus dem hohlen Bauch heraus, dafür aber mit umso mehr Überzeugung.

Wovon ich allerdings wirklich etwas verstehe sind blonde Griechen, und deshalb jetzt noch einmal zum Thema der Hellenen. Dazu muss ich wieder etwas ausholen.

Vor Jahren war ich mit einem Griechen befreundet, der hier an der örtlichen griechischen Schule Griechisch-Unterricht für griechische Kinder erteilt hat. Er hat mir erzählt, dass er in Athen an der Uni Deutsch gelernt hat, weil das dort Voraussetzung dafür ist, dass man Altgriechisch studieren kann. Nahezu alle Literatur zur Altgriechischen Sprache ist nämlich in Deutsch verfasst (und offensichtlich auch nie ins Neugriechische übersetzt worden). Die Wissenschaftler, die die Altgriechische Sprache erforscht haben, waren fast ausnahmslos Deutsche. Daher kommt es auch, dass das Altgiechische so deutsch klingt, es sind griechische Buchstaben deutsch ausgesprochen. Da es keine Tonbandaufzeichnungen davon gibt, wie die alten Griechen Ihre Buchstaben ausgesprochen haben, haben sich die deutschen Sprachforscher selbst etwas ihrer Meinung nach Passendes überlegt, und das hatte dann naturgemäß ziemliche Ähnlichkeit mit dem Deutschen. Ein Grieche bekommt das ohne deutsches Sprachtraining nicht über die Lippen.

Mit dem Aussehen der alten Hellenen wird es nicht anders sein. Soweit ich weiß gibt es keine 2000 Jahre alten griechischen Farbzeichnungen, die blonde Menschen mit blauen Augen darstellen. Es gibt lediglich ein paar Marmorstatuen, denen die Haar- und Augenfarbe nicht anzusehen ist. Auch hier waren es wieder vor allem deutsche und britische Archäologen, die die Kultur erforscht haben, und natürlich haben sie sich ihre Helden entsprechend dem damaligen mitteleuropäischen Schönheitsideal vorgestellt – blond und blauäugig. Sieht man sich dagegen antike Wandmalereien oder bemalte Vasen an, dann haben dort alle Menschen schwarze Haare und dunkle Augen.

Dass es in Griechenland und besonders auf Kreta heute einen nicht ganz unerheblichen Anteil blonde Menschen gibt, wird andere Gründe haben. Bereits zur Zeit der Kreuzzüge haben Mittel- und Westeuropäer auf ihrem Weg nach und von Jerusalem auf Kreta Zwischenstation gemacht. Die Franken, wie sie in Griechenland genannt werden, hatten dabei auch Teile Griechenlands unterworfen. Manche haben sich dabei die Zeit genommen Burgen zu bauen, da werden sie auch noch Zeit für anderes gefunden haben. Einige sind bestimmt auch ganz hängengeblieben. Später haben die Venetianer Kreta regiert. Im 19. Jahrhundert war ein Bayer König von Griechenland, vielleicht hat er ein paar Landsleute mitgebracht, usw..

Damit das heute nicht völlig Tull-frei wird noch kurz eine Bemerkung zu meinen Jethro Tull Ambitionen für Kreta (hätte ich mir ja eigentlich denken können, dass auch Ihr Euch bei Laufi auf dem Laufenden haltet). Ja, ich habe immernoch keine Karte für das Konzert am 23.06., und es ist mir schon bewußt, dass unter Umständen ausverkauft ist, bis ich am 17.06. nach Kreta komme. Aber wie ich schon einmal erwähnte bin ich von eher sparsamer Natur, und 28 EUR Versandkosten für ein Ticket, das in einen Umschlag zu 55 Cent passt – das widerspricht meinem Gefühl für ökonomische Relationen. In solchen Fällen neige ich dann zu der fatalistischen Einstellung, dass ich das Schicksal entscheiden lassen muss – wenn ausverkauft ist, dann musste das halt so sein. Ich habe ja noch eine zweite Chance in Calw am 21.07.. Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass dort am 02.07. (nachdem ich aus Kreta zurück bin) schon ausverkauft ist. Oder doch? Ich denke, ich werde mich meinem Schicksal fügen müssen.

In diesem Sinne liebe Grüße
Kretakatze

PS.: Jetzt arbeite ich schon seit Himmelfahrt an einem Werk über die Berührungspunkte zwischen Jethro Tull und griechischer Musik, aber bei der aktuellen Mail-Frequenz werde ich wahrscheinlich nie fertig. Mir tut der arme Wilfried leid, er wird bald unter der Flut begraben sein…

22.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 64: Breitschwerter gegen Wikinger

Hallo Wilfried,

Du hast mich voll erwischt: Ich bin tatsächlich etwas Anderson-müde. Nicht, dass ich ihn als Typ oder Künstler über hätte. Aber mir fallen keine Aspekte mehr ein, die wir noch nicht beleuchtet hätten. Seine Vergangenheit haben wir sehr intensiv analysiert, Gegenwart und Zukunft liefern aus meiner Sicht nicht sehr viel Stoff für anregende Diskussionen.

Zu Irving hätte ich noch viel zu sagen. Wenn es aber nicht Dein Lieblingsautor ist, würde der Gedankenaustausch für Dich zu einer lästigen Pflichtübung verkommen. Das muss nicht sein; unsere Schreiberei soll schließlich Spaß machen. Ach ja, in diesem Zusammenhang: Heute Nachmittag erhielt ich eine mail von der Leiterin unserer Leihbücherei: Sie wird ihr Programm um die fehlenden Irving-Romane erweitern. Das finde ich sehr nett von ihr.

Kaum ist das Thema John Irving abgehakt, schon lieferst Du im Blog den nächsten Hammer: Herman van Veen ! Endlich ein niederländischer Künstler, mit dem ich auch etwas anfangen kann. Es sind zwei Dinge, die ich Alfred Biolek hoch anrechne: Seinen Bahnhof und dass er Hermann van Veen und Kate Bush nach Deutschland gebracht hat. Mein persönliches Lieblingsalbum von van Veen ist „Die Anziehungskraft der Erde“. Das Album des „zärtlichen Gefühls“ habe ich während der Pubertät einige hundert male gehört. Also, wenn es Dich packt, mehr über van Veen zu schreiben: lass‘ nur kommen !

Den Amerikaner Irving (mir kommt er sehr europäisch vor) als Basis für eine literarische Weltreise zu nutzen, ist im Grunde keine schlechte Idee. Aber ich fürchte, dass ich mit Dir nicht mithalten kann. Die Autoren meiner bevorzugten Bücher kommen fast ausschließlich aus Europa; hin und wieder ein Vertreter der arabischen Welt. Das war’s.

Wenn ich nicht irre, stand „100 Jahre Einsamkeit“ auf der Liste der Lieblingsbücher der Deutschen. Bei dieser Liste war ich angenehm überrascht: Deutschland hat keinen schlechten Literaturgeschmack. Allerdings muss man bedenken, dass sich wahrscheinlich nur die wahren Leseratten am Voting beteiligt haben. Bravo- und Micky-Maus – Leser werden wohl keine Stimme abgegeben haben.

Tja, auch mein heutiger Beitrag ist Anderson-frei. Was will uns das sagen ?

Nur noch eines: Bevor jemand König (egal ob von Niedersachsen, Deutschland oder der Herzen) wird, ist er erst einmal Prinz. Und ich fürchte, solange unser Gas-Schröder unter uns weilt, wirst Du das gleiche Schicksal zu erdulden haben wie Prinz Charles. Ich kann es Dir nachfühlen: Der gute Homer Wells hatte manche Probleme, aber ein gut besuchtes Weblog, das hatte er nicht. Trotz der ganzen Belastungen mein gut gemeinter Rat: Hände weg vom Äther !

Herzliche Grüße und vielen Dank für etliche gute Diskussionen !
Lockwood

15.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

heute auf die Schnelle: Mit Herrn Anderson sind wir sicherlich zz. an einem toten Punkt angekommen, obwohl ich noch jede Menge Material habe, die sich lohnt, diskutiert zu werden.

Eine Verlagerung unseres Gedankenaustausches allein in Richtung John Irving würde, wenn nicht in Kürze, so doch in absehbarer Zeit das gleicher Ergebnis zeitigen. Es muss natürlich nicht gleich eine literarische Weltreise werden.

Meldet Euch
Wilfried

16.05.2007

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Lieber Wilfried, lieber Lockwood,

erst einmal muss ich mich entschuldigen, dass ich so spät antworte. Ich bin nämlich so damit beschäftigt, literarische Beiträge für international anerkannte Weblogs zu schreiben, dass ich für solche Nebensächlichkeiten wie meine Mail-Post nur noch zwei- bis dreimal die Woche Zeit finde.

Wie ich Dir, lieber Wilfried, schon einmal geschrieben habe, bin ich im Prinzip äußerst schreibfaul (ich weiß, diese Aussage wird Euch beiden jetzt nur ein gequältes Lächeln entlocken können). Lediglich in unregelmäßigen Abständen leide ich unter Anfällen von manischer Schreibwut, und wie sich das äußert, das habt Ihr ja bereits beobachten können. Mein Lieblingsautor hat einmal gesagt: „Writers are people who hate writing“. Nicht dass ich mich für einen „writer“ halte, aber ich verstehe genau, was er meint. In kurzen Worten, diese Anfälle vergehen auch wieder. Über die ungefähr zu erwartende Zeitdauer kann ich Euch keine verlässlichen Angaben machen.

Die erste größere Unterbrechung wird es spätestens ab dem 17.06. geben, da fliege ich nämlich für zwei Wochen nach Kreta, und zwar – und jetzt haltet Euch fest – wegen Jethro Tull. Die spielen am 23.06. in Iraklio auf, und das wollte ich mir mal anschauen. Allerdings habe ich noch kein Ticket. Aber das alles führe ich vielleicht lieber mal an anderer Stelle aus. Wie auch immer, wenn ich zurückkomme habe ich bestimmt Katzen im Gepäck, und dann werde ich kaum noch Zeit für meine schriftstellerischen Ambitionen aufbringen (falls ich dann überhaupt noch welche haben sollte).

Schöne Grüße
Kretakatze

19.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Wilfried,

So, damit wären wir also zu dritt. Zumindest bis Juni. Über Deine Kontinuität in dieser Runde über den Kretaurlaub hinaus denke ich nicht so pessimistisch wie Du. Auch wenn Dich neue Katzen beschäftigen werden, wirst Du auf Dauer nicht an WilliZ Weblog vorbeikommen. Ich weiß, wovon ich schreibe. Schreibfaulheit ist eine Krankheit, die Wilfried im Vorübergehen heilt.

Mit Dir, meine liebe Kretakatze aus der Schwäbischen Alb, deckt der Gedankenaustausch zu Ian Anderson nun auch den Süden der Republik ab. Die Jethro-Tull – freien Zonen in unserem Land nehmen dramatisch ab. Es ist übrigens interessant zu sehen, an welch unerwarteten Stellen man Ian Anderson im Alltag begegnet: Ein Teilnehmer in einem Fotografie-Forum wählte für sich die Autosignatur „Thick As A Brick“. Als ich ihn fragte, ob er JT-Fan sei, meinte er nur „Mein Gott, ich hätte nicht gedacht, dass das jemand kennt !“ Wenn der wüsste…

Vor wenigen Wochen lief im Fernsehen ein Film aus der Schimanski-Reihe. In der Schlussszene stand Schimi in der Küche und aus seinem Radio erklang eine aktuelle Version von Wondering Aloud. Das war übrigens die beste Szene im ganzen Film.

Liebe Kretakatze, mich würde interessieren, ob Du zu Ian Anderson über die gemeinsame Liebe zu Katzen gekommen bist oder ganz einfach über seine Musik. Deine Anmeldung im Laufi-Forum ist ziemlich frisch; bist Du erst seit jünger Zeit JT – Fan ? Die Frage nach der Dauer Deines Fanstatus interessiert mich, weil ich mich seit einigen Wochen damit beschäftige, ob Mr. Anderson auch in unseren Tagen noch neue Fans rekrutieren kann.

Vor einigen Tagen hast Du den Song Broadsword dazu benutzt, Andersons Abstammung von Wikingern zu belegen. Ich habe dieses Lied nie mit Wikingern in Verbindung gebracht, denn viele Völker benutzten Breitschwerter. Eine genauere Analyse des Textes ergab jedoch, dass das Lied tatsächlich von einem drohenden Wikingerüberfall handeln könnte. Allerdings erzählt aus der Sicht des Angegriffenen. Ich denke jetzt nur laut vor mich hin: Wenn Mr. Anderson mit diesem Lied seinen ruhmreichen Vorfahren ein Denkmal setzen wollte, hätte er dann nicht aus ihrer Sicht erzählen müssen ?

Vielleicht hast Du das Thema „Wikinger“ schon abgehakt, aber Wilfried und ich haben gute Erfahrungen damit gemacht, auch dem kleinsten Indiz nachzugehen, um ein klein wenig Transparenz in die komplexe Persönlichkeit des Mr. Anderson zu bringen. Ja, man könnte fast sagen, wir seien detailverliebt.

Also dann, Ihr Lieben, bis demnächst !

Viele Grüße
Lockwood

19.05.2007

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Lieber Lockwood, hallo Wilfried,

Prinzipiell war mir der Name Jethro Tull seit 1970/71 ein Begriff, ich gehörte damals auch zu den fleißigen Bravo-Lesern, aber mit der Musik habe ich zu der Zeit noch nicht viel anfangen können, dazu war ich wohl noch zu jung. Zum ersten Mal bewußt gehört habe ich Jethro Tull Ende 1977, es war eine Nach-Abi Party bei einer Klassenkameradin. Da lag Songs from the Wood auf dem Plattenteller, und das musste ich nur EINMAL hören um zu wissen, dass ich das auch brauche. Sparsam wie ich bin – das habe ich mit manchen Schotten gemeinsam – habe ich die Platte gekauft, auf Cassette überspielt und dann einer Freundin zum Geburtstag geschenkt.

Danach habe ich so etwa bis 1980 noch ca. 10 Platten von Jethro Tull zusammengekauft (und nicht verschenkt!), und zeitweise war die Musik von Jethro Tull das, was ich hauptsächlich gehört habe. Als Fan hätte ich mich trotzdem nicht bezeichnet. Wäre ich Mr. Anderson irgendwo begegnet, ich hätte ihn nicht erkannt. Von keinem anderen Mitglied der Band habe ich auch nur den Namen gewußt. Irgendwie hat mich das alles nicht interessiert. Fans sehen anders aus.

Ich habe die Gruppe allerdings auch nie gesehen, nicht im Fernsehen und auch nicht live. 1978 war ich dummerweise gerade auf Kreta als Jethro Tull nach Stuttgart kamen – da wäre ich sonst wohl schon hingegangen. Als ich 1980 Karten fürs Konzert kaufen wollte, war schon ausverkauft (Songs from the Wood vorgetragen im Strahlenschutz-Anzug hätte mich aber vermutlich auch damals schon nicht besonders begeistert). Das wars.

1981 ereilte mich dann ein schwerer Schicksalsschlag, ich habe mich in einen Griechen verliebt (übrigens in einen mit dunkelblonden Haaren und grünbraunen Augen – ohne Witz!). Das hat mein musikalisches Interesse in eine völlig andere Richtung gelenkt. Da ich kein Radiohörer bin und die Rock- und Pop-Musik in den 80ern dann sowieso in eine Richtung ging, mit der ich nichts anfangen konnte, habe ich Jethro Tull, ihre Musik und ihre weitere Entwicklung praktisch komplett aus den Augen verloren.

Bis ich im März 2007 erstmals in YouTube hineingestolpert bin, und dort angefangen habe, Videos herauszusuchen von all den Musikern und Gruppen, die ich in den 70ern gehört habe. Und so kam es, dass ich der facettenreichen Persönlichkeit des seltsamen Mr. Anderson erstmals im Jahre 2007 auf YouTube begegnet bin.

Im Nachhinein ärgere ich mich da schon ein bißchen, dass das in den 70ern alles so an mir vorbeigegangen ist, wo es doch zum Greifen nahe war. Ob ich jetzt ein Fan bin? Ich weiß auch nicht – woran merkt man, dass man ein Fan ist? Andererseits, was würde ich sonst hier tun? Ich habe den Verdacht ich bin ein verhinderter Fan aus den 70er Jahren. Vielleicht hätte ich damals die exzentrischen Bühnenauftritte des Mr. Anderson aber auch nur blöd gefunden, das kann ich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Der (Musik-)Geschmack ändert sich ja manchmal im Laufe der Jahre (wobei ich inzwischen dazu übergegangen bin von Musikbedürfnis zu sprechen, der Ausdruck Geschmack ist zu oberflächlich und trifft den Kern nicht wirklich). Dazu ein Beispiel:

Eines der ersten Videos, auf das ich gestoßen bin, war Witch’es Promise aus den Top of the Pops von 1970. Vermutlich bin ich beim ersten Anschauen mit offenem Mund vor dem Bildschirm gesessen. Danach habe ich mir die Augen gerieben „Was war’n das, ich glaub das muss ich nochmal gucken“ – Klick. „Und dann vielleicht doch nochmal“ – Klick, usw.. Nach dem x-ten Anschauen habe ich beschlossen, dass das jetzt mein neues Lieblings-Video ist.

Natürlich hat mich dann interessiert, auf welcher Platte das erschienen ist, ich war mir sicher den Titel noch nie zuvor im Leben gehört zu haben. Zu meiner Überraschung habe ich festgestellt, dass es z.B. auch auf der 20 Year Collection zu finden ist, die ich schon seit Jahren mein eigen nenne. Auf dieser CD habe ich – vermutlich beim 2. Hören – alle Titel mit einem Kringel markiert, die ich besonders gut fand und alle mit einem Punkt, die für mich auch noch ganz ok waren. Der Rest (den ich für überflüssig hielt) blieb unmarkiert. Witch’es Promise hat nicht das kleinste Pünktchen bekommen. Wo hatte ich eigentlich damals meine Ohren? (Oder wohl eher das, was sich eigentlich dazwischen befinden sollte).

Soweit die Geschiche meines Lebens mit und ohne Jethro Tull.

Jetzt zum Wikinger. Ich glaube nicht, dass man Broadsword dazu benutzen kann, irgend etwas zu belegen, außer dass Mr. Anderson ein Lied geschrieben hat – der Link sollte ein Gag sein! Ich hatte auch keine Ahnung, dass Wikinger Breitschwerter benutzt haben, da weißt Du bedeutend mehr als ich. Diese ganze Wikinger-Geschichte war doch von Anfang an nur ein Scherz von mir, habt Ihr das etwa ernstgenommen? Ich habe von der Abstammung des Mr. Anderson ungefähr soviel Ahnung wie der Wilfried vom Sirtaki-Tanzen, wahrscheinlich eher weniger. Ich fand nur den Gedanken witzig und hab ein bißchen rumgeblödelt. Wäre ja nicht ganz ausgeschlossen – mehr nicht. „And if sometimes I sing to a cynical degree, it’s just the nonsense that it seems“ (Baker Street Muse 1975).

Ich hoffe Du bist jetzt nicht sehr enttäuscht, aber ich fürchte zur exakten Entschlüsselung der Gensequenzen des Mr. Anderson werde ich nicht viel Hilfreiches beitragen können. Jetzt würde mich aber trotzdem noch interessieren, welche Indizien für einen Wikinger-Überfall Du in Broadsword gefunden hast. Wenn Du jetzt überhaupt noch mit mir sprichst…

Liebe Grüße
Kretakatze

20.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Wilfried,

Deine JT-Fan – Karriere, liebe Kretakatze, scheint ähnlich verlaufen zu sein wie meine. Auch ich war in der besten Zeit der Gruppe, den 70ern, zu jung, um sie bewusst wahrzunehmen. Ich habe die Alben alle nur in der Retrospektive bejubeln können. So wie das Licht der Sterne, dass einige Jahre braucht, um uns zu erreichen (soviel Poesie hätte ich mir gar nicht zugetraut). Mir geht es genau wie Dir: 1980 war ein entsetzliches Jahr für Jethro-Tull-Fans. Das Album A läutete den Niedergang ein. Es war so schlimm, dass selbst der alte Mitstreiter und Fast-Gründungsmitglied John Evan schreiend davongelaufen ist. Broadsword, 1982, wurde wieder ein wenig tullischer, aber danach war der Untergang nicht mehr aufzuhalten. 1985 kamen die Stimmprobleme des Meisters dazu und…, ach, es ist alles so tragisch !

Streng genommen bin ich kein Jethro-Tull – Fan. Fast drei Viertel der Alben der Gruppe treffen nicht meinen Geschmack Es sind lediglich die Folkalben und Aqualung, TAAB, und Passionplay, die mich begeistern können. Aber das eben richtig ! Vielleicht hast Du im Blog gelesen, dass ich es Mr. Anderson richtig übel nehme, dass er keine weiteren Folk-Alben produziert hat. Dieses Thema habe ich mit Wilfried sehr ausführlich erörtert, aber mein „Zorn“ ist geblieben.

In diesem Punkt ist Wilfried uns beiden haushoch überlegen: Er verfolgt die Geschicke der Band fast vom ersten Tag an. Dadurch steht er verständlicherweise hin und wieder meinen Kritiken kritisch gegenüber.

Sehr interessant fand ich Deinen Hinweis auf den blonden helläugigen Griechen. Das war also ein klassischer Hellene. Da kommt man nicht sofort drauf: Die Dunkle ist Deutsche und der Blonde ist Grieche. Soviel zu ethnischen Schubladen. Ich kenne übrigens auch dunkelblonde Türken mit blauen Augen. Aber auch hier dürfte erst eine aufwendige vergleichende DNA-Analyse Aufschluss über historische Verwandtschaften geben. Wir müssen bedenken, dass die Turkvölker seit etwa 1.000 Jahren das Gebiet Kleinasiens bevölkern, also in etwa genau so lange, wie die ersten Normannenbesuche auf den Britischen Inseln zurückliegen. Aber lassen wir das, es führt wirklich zu weit.

Ich muss gestehen, dass ich Deinen Wikinger-Link tatsächlich ernst genommen habe. Wenn man einen Menschen nicht kennt, weiß man nicht, in welchem Maß er zu Späßen neigt. Aber unabhängig davon, ob Mr. Anderson nun Kelte, Normanne oder Exil-Kirgise ist, er hat fast zehn Jahre lang hervorragende Musik gemacht. Und nur deshalb sitze ich jetzt am PC und tippe.

Flötengnom mit Breitschwert

Zum Breitschwert: Dieser Begriff bezeichnet im Grunde jedes einhändig geführte Schwert. Ein Schwert also, dass es seinem Träger erlaubt, zusätzlich einen Schild zu tragen. Breitschwert umfasst also ein weites Spektrum. Etwas anders verhält es sich mit dem englischen Begriff „Broadsword“ (bevor der Eindruck entsteht, ich sei gebildet: das steht alles in Wikipedia). Broadsword bezeichnet das schwere Schwert der Schotten mit großem Gefäß (Handschutz). Vielleicht kennst Du den Film Rob Roy, Liam Neeson schleppte so ein Ding mit sich herum. Nicht zu verwechseln mit Braveheart; Mel Gibson trug ein Claymore-Schwert. Jedenfalls hätten wir mit dem Anderson-Song Broadsword wieder einmal einen Bezug zur schottischen Herkunft des Meisters.

Wie komme ich auf den Wikingerangriff ? Im Text heißt es: „I see a dark sail on the horizon…..“ Der Erzähler sieht also ein dunkles Segel. Ich bin zwar nautischer Laie, aber ich kenne nur einen Schiffstypen, der mit nur einem Segel auskommt, und das ist das normannische Drachenboot.

„Bring me my broadsword…“ bringt uns überhaupt nicht weiter, da diese Klingen weit verbreitet waren. Aber weiter: „Bring me my cross of gold as a talisman…“ Die Wikinger, die die britischen Inseln angriffen, waren aus Sicht der Mitteleuropäer Heiden. Mehr als das, es waren Sendboten der Hölle. Und der beste Schutz gegen Geschöpfe der Finsternis ist nun mal ein Kruzifix, vorzugsweise aus edlem Metall. Dann der Begriff „Talisman“. Ein Talisman ist ein Fetisch aus Zeiten vor der Christianisierung. Die ersten Strandhiebe der Wikinger auf die Britischen Inseln fielen in das 9. Jahrhundert, also in eine Zeit, in der die Christianisierung der wilden Stämme Schottlands, namentlich der Pikten und Skoten, noch nicht allzu lange zurücklag. Im frühen Mittelalter war es fast überall in Europa so: Das Christentum war nominell anerkannt, aber die Bevölkerung hielt parallel dazu an ihren alten Religionen fest. Deshalb der Talismann. (Der Interessierte findet hierzu weiterführende Informationen in Wilfrieds Beitrag über das Osterfest).

„Put our backs to the northwind…“ Nordwind weht vom Norden. Aber wenn der Erzähler diesen Wind im Rücken haben möchte, könnte das bedeuten, dass der Wind die Angreifer zurück nach Norden tragen soll, wo sie herkommen. Rein technisch gesehen hatten die angreifenden Wikinger den Nordwind im Rücken. Aber wenn ich mich allzu wörtlich an den Text halte, gibt das ganze keinen Sinn mehr.

Also, kurze Zusammenfassung meiner Interpretation von Broadsword:
Ein braver Schotte der Ostküste steht am Strand und sieht ein Wikingerboot auf sich zukommen. Um Familie und Vaterland zu schützen ruft er nach Waffe und göttlichem Beistand. Möglicherweise liege ich mit meiner Deutung vollkommen daneben, aber so sehe ich das eben. Ich finde, andere Texte von Anderson sind sehr viel schwerer zu interpretieren.

Lasst es Euch gut gehen, Ihr Lieben !

Bis bald
Lockwood

20.5.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 63: Ian Anderson tanzt Sirtaki

In meinem Betrag Was ist bloß mit Ian los? Teil 61: Dr. Bogenbroom haben sich viele Kommentare angesammelt, die sich etwas losgelöst vom eigentlichen Thema „Ian Anderson & Jethro Tull“ um griechische, speziell kretische Volkstänze drehen. Da das dort Geschriebene als Kommentare eher ein Schattendasein fristet, möchte ich es hier noch einmal in den Rang eines Beitrag heben:

Kretakatze sagt:

ich denke es ist an der Zeit, dass ich meinen ersten sinnhaltigen Kommentar abliefere, und ich befürchte er wird etwas umfangreicher werden.

Focus Hocus Pocus: Weder von der Gruppe Focus noch von dem Titel hatte ich je bewußt etwas gehört. Aber alles im Leben kommt irgendwann einmal zu einem zurück – so scheint es mir jedenfalls in letzter Zeit – und ja, dieser Jodel-Titel ist mir wohl bekannt. Er muss schon unzählige Male an mein Ohr gedrungen sein, vermutlich aus dem Radio. Allerdings muss ich mich Herrn Lockwood anschließen, mein Musikstil ist das nicht. Jodeln war noch nie mein Fall, und auch ich bevorzuge Lieder, bei denen die gesungenen Silben sinnhafte Worte ergeben. Mit einer Ausnahme: Da kommt mir eines der genialsten Lieder überhaupt in den Sinn, dessen Text nicht ein einziges echtes Wort enthält (ansonsten hat es allerdings mit Hocus Pocus nicht die geringste Ähnlichkeit). Ich weiß nicht, ob Ihr es kennt, es heißt Savarakatranemia.

Wenn Ihr kein Wort verstanden habt, liegt das nicht (nur) daran, dass Ihr (vermutlich) kein Griechisch könnt. Der “Text” besteht aus folgenden “Worten”, die mehrfach wiederholt und verschieden kombiniert werden:
Savarakatranemia (heißt nichts, klingt aber wie eine Beschwörungs- oder Zauberformel)
Halleluja (in griechischer Aussprache, Bedeutung ist wohl bekannt)
Ileos, Ileos… (ähnelt dem griechischen Wort Ilios = Sonne)
Lama-lama nama-nama nemia (lama erinnert an das griechische Verb lambo = leuchten, scheinen; der Rest ist nama-nama…)

Es ist im ersten Moment kaum zu glauben, aber bei diesem Lied handelt es sich um einen Protest-Song, es ist DAS Lied des griechischen Widerstands gegen die Militärdiktatur 1967 bis 1974. Und das ist seine Geschichte:

Nachdem Mikis Theodorakis bereits einige klar verständliche Protestlieder geschrieben hatte und dafür ins Gefängnis geworfen worden war, beschloss der griechische Komponist Jannis Markopoulos (der übrigens in London Musik studiert hatte) ein Protestlied zu schreiben, von dem ihm niemand würde nachweisen können, dass es ein Protestlied war. Also schrieb er ein Lied, das nicht ein einziges echtes Wort enthielt, aber immerhin eine Silbenfolge (…Ileos lama…), bei der jeder Grieche sofort an die Worte “Ilie lambse” (= Sonne scheine) erinnert wird. Diese Worte sind zentraler Kern eines bekannten kretischen Widerstandsliedes aus der Zeit der Türkenherrschaft. Der Ruf nach der Sonne war auf Kreta immer ein Symbol für den Ruf nach Freiheit. Das Lied gilt bis heute als DIE griechische Freiheitshymne und ist Kult. Ein Lied ohne Worte, dafür mit umso mehr Bedeutung. Das nenne ich genial!

Vom gleichen Komponisten und vorgetragen von gleichen Sänger gibt es übrigens noch ein zweites interessantes Lied mit einem auf dem ersten Blick ziemlich seltsam anmutenden Text: Bikan Stin Poli I Ochthri (live 1974). OK, Griechisch klingt für Menschen, die die Sprache nicht sprechen, im ersten Moment wahrscheinlich immer ein bißchen seltsam. Aber das meinte ich nicht. Der Titel bedeutet “Die Feinde kamen in die Stadt”, und die in diesem Lied beschriebene Reaktion der als “wir” bezeichneten Personen auf diese “Feinde” hat mich doch zunächst ziemlich überrascht. Hier meine Übersetzung:

Bikan Stin Poli I Ochthri (Jannis Markopoulos)

Die Feinde kamen in die Stadt

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie schlugen die Türen ein, die Feinde
Und wir standen daneben und lachten
Am ersten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie nahmen unsere Brüder und Schwestern mit, die Feinde
Und wir schauten den Mädchen zu
Am nächsten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie warfen Feuer auf uns, die Feinde
Und wir schrieen in der Dunkelheit
Am dritten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie trugen Schwerter, die Feinde
Und wir nahmen sie als Talisman
Am nächsten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie verteilten Geschenke, die Feinde
Und wir lachten wie die Kinder
Am fünften Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie trugen einen Feigenzweig, die Feinde
Und wir riefen “Hoch sollen sie leben”
Wie jeden Tag

Die Feinde, die hier in die Stadt kommen, sind die, die längst in der Stadt sitzen, nämlich in Athen im Regierungspalast: Die Militär-Junta. Der Text ist im wahrsten Sinne des Wortes schlicht und ergreifend. Kann man eindringlicher schildern, wie sich ein hilfloses Volk mit Gewalt und Diktatur arrangiert? – Wie die Kinder…

Jetzt habe ich mich thematisch ziemlich weit von Jethro Tull und Mr. Anderson entfernt, aber ich denke es wird mir gelingen den Bogen zurück zu finden, zumindest zu den schottischen Wikingern. Dazu möchte ich allerdings zuerst auf einen meiner Meinung nach bemerkenswerten kretischen Musiker aufmerksam machen, den ich selbst erst vor Kurzem auf YouTube entdeckt habe. Sein Solo-Instrument ist die griechische Laute, die sonst eigentlich eher – ähnlich der Rhythmus-Gitarre in der Rock-Musik – den Hintergrund für Bouzouki, Baglamas oder Lyra liefert. Singen kann er im Übrigen auch. Sein Vortragsstil ist für einen Volksmusiker eher ungewöhnlich und erinnert mich – ich weiß auch nicht recht warum – irgendwie an einen schottischen Wikinger. Genug der Worte, hier ist er mit einem Stück traditionellen, kretischen Folk-Rock: Michalis Tzouganakis. Für diejenigen, die von dieser Art Musik jetzt noch nicht genug haben, hier noch eine zweite Kostprobe.

Ich weiß, traditionelle kretische Musik ist nicht jedermanns Sache. Für den ungeübten Hörer klingt sie oftmals wirr und eintönig. Dazu teilweise der epische Gesang, der sich dem Rhythmus entzieht. Für den durchschnittlichen Mitteleuropäer ziemlich gewöhnungsbedürftig. Oder was meint Ihr dazu?

Michalis Tzouganakis tritt offensichtlich häufig zusammen mit einem Musiker auf, der Askomandoura und Gaida spielt, die beiden kretischen (oder griechischen?) Varianten des Dudelsacks. Leider gibt es von diesen Live-Auftritten nur kurze Video-Schnipsel in bescheidener Bild- und Tonqualität (Schnipsel mit GaidaSchnipsel mit Askomandoura).

Und beim Thema Dudelsack kommen wir wieder nach Schottland zurück. Ist es nicht seltsam, dass der Dudelsack gerade an den beiden enferntesten Enden Europas so ein besonders beliebtes Instrument wurde und sich einen festen Platz in der Volksmusik erobern konnte, während er in anderen Teilen der Welt kaum gebräuchlich ist? Wurde er eigentlich in Schottland und Griechenland unabhängig voneinander erfunden? Oder ist ein schottischer Wikinger, vielleicht da es ihm in Schottland zu kalt war, nochmals in See gestochen, und er hat sich dann nach Kreta verirrt? Eher unwahrscheinlich, oder? Aber vielleicht weiß ja Einer von Euch die Antwort.

Schöne Grüße
Kretakatze

PS.: Dabei bin ich jetzt noch nicht einmal dazu gekommen, die Parallelen zwischen kretischer Volksmusik und Jethro Tull genauer zu beleuchten…

Lockwood sagt:

ich riskiere an dieser Stelle, nicht nur für mich, sondern auch für Wilfried zu sprechen: Ich finde Deine Kommentare sind weder fehl am Platz noch zu lang. Im Gegenteil, ich freue mich über umfangreiche Stellungnahmen und ich denke, Wilfried wird das nicht anders sehen. Falls Du den Gedankenaustausch zwischen Wilfried und mir ein wenig verfolgt hast, wirst Du festgestellt haben, dass dort Abweichungen vom Thema Jethro Tull an der Tagesordnung sind. Deine Hinweise auf griechische Folkmusik sind sehr willkommen. Sie können dabei helfen, festgefahrene Grenzen im musikalischen Horizont aufzubrechen. Manchmal denke ich, dass ich das bitter nötig habe.

Jassos
Lockwood (44)

WilliZ sagt:

Hallo Kretakatze,

Lockwood hat Recht: Dein Ausflug nach Griechenland resp. Kreta ist hier herzlich willkommen.

Was den Dudelsack betrifft, so war er besonders im Mittelalter sehr weit verbreitet. Auch in Deutschland gab es Dudelsäcke, meist als Quetschsack oder Sackpfeifen bekannt. Die Herkunft ist ziemlich ungesichert, wahrscheinlich aber kommt der Dudelsack aus Kleinasien und hat seinen Ursprung bei den Thrakern. Da liegt Kreta ja fast um die Ecke.

Nur so am Rande: Wenn ich Deinen Beitrag lese, muss ich mich an frühere Zeiten erinnern. Ich spielte damals in einer Band, die mehr oder weniger Tanzmusik spielte. So hatten wir u.a. mehrere Auftritte bei einer Art Bürgerfest, zu dem auch griechische Musiker geladen waren (in dem Stadtteil lebten wohl ziemlich viele Griechen). Nach unserem Auftritt gaben die Griechen ihr Bestes und es wurde Sirtaki getanzt. Viele Lieder auch von Mikis Theodorakis. Selbst Tanzmuffel (wie ich) kamen dabei richtig in Wallung.

Kretakatze sagt:

Hallo Jungs,

Tja, da bin ich jetzt auf jeden Fall mal sehr beruhigt, dass ich Euch noch nicht allzu sehr auf die Nerven gegangen bin. Vielen Dank für die aufmunternden Worte und die sachkundigen Informationen zu …internationalen Dudelsäcken. …

Und da ich nicht zufrieden wäre, wenn ich nicht widersprechen (und dazu noch eine Vorlesung halten) könnte: Es freut mich sehr, dass Wilfried sich beim griechischen Tanzen so gut amüsiert hat, aber ich würde darauf wetten, dass kein Mensch an diesem Abend Syrtaki getanzt hat. Diesen Tanz gibt es nämlich eigentlich garnicht. Genauer gesagt, es ist ein Kunst-Tanz, der extra für den Film Alexis Sorbas erfunden wurde und der nur bei Tanzvorführungen gezeigt wird. Er besteht aus einer Zusammenstellung von Elementen verschiedener traditioneller Tänze, vor allem Chasapikos, Pentosalis und Syrtos. Die einzige Musik, auf die er getanzt wird, ist das bekannte Sorbas-Lied.

Auch dazu gibt es eine Geschichte. Eigentlich sollte Antony Quinn in der Schluss-Szene am Strand einen Pentozalis tanzen, einen ziemlich schnellen, traditionellen kretischen Tanz. Wenn man das kann sieht das so aus: Pentosalis (hier wird übrigens auch wieder Gaida gespielt).

Nun kursieren verschiedene Versionen, warum das nicht geklappt hat. So soll er sich den Fuß gebrochen haben – aber dann hätte er wohl garnicht mehr tanzen können. Auch nach verstauchtem Fuß sieht die Schuss-Szene von Alexis Sorbas eigentlich nicht aus. Ich nehme an, er hat einfach beim Versuch, diesen nicht ganz einfachen Tanz hinzulegen, einen Knoten in die Beine bekommen – er war ja auch schon nicht mehr ganz der Jüngste.

Also mußte man sich was Einfacheres ausdenken, und so hat man zur Musik von Mikis Theodorakis etwas Passendes zusammengestellt. So ein Vorführ-Syrtaki wie man ihn heute zu sehen bekommen kann, sieht dann zum Beispiel so aus: Sytraki.

Hier sieht man auch gleich noch eine weitere Parallele zwischen Griechen und Schotten: Beide tragen Röckchen, wobei die griechischen (die übrigens Foustanella heißen) nicht kariert sind und fast schon verboten kurz. Na ja, es wird Strumpfhose dazu getragen.

Im Anschluss an den Sytraki sind in dem Video dann noch ganz kurz die Anfänge eines echten griechischen Tanzes zu sehen, DES griechischen Basis-Tanzes überhaupt – es ist ein Sytros. Das, was der Durchschnittsdeutsche üblicherweise als Sytraki bezeichnet, also dieser Einfach-Tanz, den auch ein unbeholfener Volltrunkener nach 10 Sekunden mitstolpern kann (nicht dass ich damit jetzt Dich meinen würde, lieber Wilfried!), der heißt Siganos, wenn er langsam ist, und Servikos, wenns schnell wird. Tja, ein bißchen was weiß ich auch!

Und das wars jetzt wieder mit dem kurzen Beitrag.

Schöne Grüße
Kretakatze (44+4)

PS.: Irgend jemand hat mal zu mir gesagt ich wäre wie Inspector Columbo: Immer wenn er gerade durch die Tür ist und man meint man wäre ihn endlich los, dann dreht er sich nochmal um und sagt sein berühmtes: “Ach, da fällt mir doch gerade noch ein…” Aber heute fällt mir wirklich nichts mehr ein, weswegen das PS entfällt.

Lockwood sagt:

Hallo Kretakatze,

auch ich widerspreche gerne, Wilfried kann ein Lied davon singen.Aber es sind die Kontroversen, die eine Diskussion vom Monolog unterscheiden.Also, zum Inhalt:

Entgegen Deiner Aussage glaube ich nicht, dass Sirtaki nur zu “Sorba’s Dance” getanzt wird. Als Beweis für meine Antithese verweise ich auf ein Album aus meiner Plattensammlung: “20 Sirtaki von Mikis Theodorakis” oder so ähnlich. Diese Platte habe ich mir seinerzeit eigens wegen Sorba’s Dance gekauft; die anderen Stücke kommen bei weitem nicht daran und dienen nur dazu, die LP zu füllen.

Also, liebe Kretakatze, ich hoffe, Du bleibst uns gewogen.

Viele Grüße
Lockwood

WilliZ sagt:

Also zur Sirtaki-Diskussion: Die Quinn-Sorbas-Geschichte war mir ansatzweise bekannt. Trotzdem Danke für die ausführlichen Erläuterungen. Und um meinen Senf auch noch dazuzutragen: Sirtaki oder Syrtaki (mit der Transkription wollen wir es hier einmal nicht ganz so genau nehmen) ist ein Diminutiv (Verkleinerungsform) von Syrtos, also gewissermaßen ein Syrtoslein, wenn ich mich nicht täusche. Unter diesem Gesichtspunkt werde ich vor Jahren also doch eher einen Syrtaki als einen Siganos getanzt haben. In diesem Zusammenhang vielen Dank an Kretakatze, dass Du mich nicht für einen unbeholfenen Volltrunkenen hältst (vielleicht etwas unbeholfen, aber nicht volltrunkend – oder umgekehrt?).

So langsam entwickelt sich das ja hier zu einer griechisch-schottisch-deutschen Scripto-Konferenz. Leider hat mein Web-Hoster (der meine Website usw. verwaltet) keinen Forum-Baukasten im Angebot. Muss so genügen.

Viele Grüße
Wilfried (44+4+4+4-3) [Ist das so ‘ne Art Kryptografie?]

Lockwood sagt:

Hallo Kretakatze,

ich bin gerade erst dazu gekommen, mir Deine gelinkten Videos zur griechischen Folklore anzusehen. Zunächst einmal vielen Dank dafür ! Leider muss ich gestehen, dass ich zu dieser Musik überhaupt keinen Zugang finde. Erstens ist mir die Sprache vollkommen fremd und zweitens klingt die Musik in meinen Ohren zu orientalisch. Einige hundert Jahre türkische Fremdherrschaft sind wohl auch an der griechischen Volksmusik nicht spurlos vorrüber gegangen. Damit will ich nichts gegen orientalische Musik sagen; es ist nur so, dass ich in meinem Musikgeschmack ein Kind des Abendlandes bin.

Ich bin gespannt darauf, welche Parallelen Du zwischen der kretischen Musik und dem Werk des Wikingers Anderson aufzeigen wirst. Nicht vergessen: Damit stehst Du jetzt bei uns in der Pflicht !

Ganz nebenbei zum Thema Haarfarbe, Griechen und Türken:
Vor einigen Jahren war ich mit einer griechischen Familie befreundet. Dass Griechen und Türken sich nicht immer ganz grün sind, kann man vor dem Hintergrund ihrer gemeinsamen Geschichte verstehen. Aber es kommt noch doller: Die griechische Freundin blickt naserümpfend auf Griechen mit dunklen Haaren und dunklen Augen. Ich weiß nicht mehr, welchen Ausdruck sie für diese Landsleute gebrauchte. Es war so etwas in der Art wie “halbe Türken” oder so. Jedenfalls legte sie Wert auf die Feststellung, dass der Hellene dunkelblonde Haare und blau-grüne Augen hat. Und, was soll ich sagen, sie hat Recht damit ! Wäre es anders, hätte Brat Pitt nicht den Achilles spielen können.

Es grüßt Euch
Lockwood

Kretakatze sagt:

Hallo Jungs,

also ich glaube das artet langsam aus hier, das ist doch kein Diskussionsforum, oder?

Eigentlich wollte ich heute mal nichts schreiben sondern ins Bett gehen und schlafen, ich hätte es mal wieder ziemlich nötig (wie der Wilfried schon ganz richtig bemerkt hat). Meine Nachtaktivitäten sind meinen Geistesblitzen während der Arbeitszeit nicht unbedingt förderlich.

Deswegen jetzt wirklich nur gaaaanz kurz: …

… was die “20 Sirtaki von Mikis Theodorakis” betrifft (ich schreibe das immer mit y, weil es auch im Griechischen mit y geschrieben wird), es wäre für Mikis Theodorakis sicher auch kein Problem 200 Lieder mit diesem Rhythmus zu scheiben, aber hast Du schon einmal jemanden darauf Syrtaki tanzen sehen? Ich nicht!

Bei den griechischen Tanzfesten, Choros genannt, werden auch üblicherweise keine Lieder von Mikis Theodorakis gespielt, sondern traditionelle “Volkslieder”, und da kommt der Syrtaki nicht vor. Der wird immer nur bei Vorführungen getanzt, und dann immer auf diese eine Melodie. Und der Durchschnittsgrieche, der nicht in einer Tanzgruppe tanzt, kennt die Schrittfolge auch garnicht.

Warum der Syrtaki nun gerade Syrtaki heißt, weiß ich leider auch nicht mehr. Tatsächlich hat er mit dem Syrtos die geringste Ähnlichkeit, er basiert eigentlich auf dem Chasapikos (gleicher Grundschritt, gleiches Tempo, zumindest im langsamen Teil). Der Syrtos hat schon einmal einen ganz anderen Schritt-Rhythmus, aber ich will jetzt nicht auch noch anfangen Euch verbalen Tanzunterricht zu erteilen. Zumal es unter Euch ja wohl auch noch Tanzmuffel zu geben scheint. Und wenn der Wilfried nun darauf bestehen will, dass er seinerzeit Syrtaki getanzt hat, meinetwegen. Dem einen sein Wikinger ist dem andern sein Syrtaki, wobei man Lockwoods grüne Augen nicht vergessen sollte (oder so ähnlich). Da er nicht volltrunken war, wird sich der Wilfried ja sicher noch genau an die Schrittfolge erinnern und sie uns in seinem nächsten Beitrag detailliert erläutern.

Schöne Grüße
Kretakatze (4-2+44-2+4) [Der Lockwood hat damit angefangen!]

PS.: Entfällt wegen Müdigkeit

Kretakatze sagt:

Hallo Jungs,

heute muss ich mich zuerst selbst korrigieren. Ab sofort schreibe ich Sirtos und Sirtaki nur noch mit i, denn die Schreibweise mit y ist Blödsinn. Wen interessiert schon, wie diese Worte original in griechischer Schrift geschrieben werden, und das y könnte einen Deutschen dazu verleiten diesen Buchstaben als ü auszusprechen. Ein ü gibt es im Griechischen nicht, das y heißt dort “i psilo” (= hohes i). Ich bitte daher alle meine bisherigen diesbezüglichen orthographschen Fehltritte als entsprechend korrigiert zu betrachten.

Dem muss ich sofort die nächste Selbstkorrektur folgen lassen. Ich habe geschrieben, der Sirtaki würde Elemente aus Chasapikos, Pentosalis und Sirtos enthalten. Tatsächlich habe ich mich schon beim Schreiben dieser Worte gefragt, welche Elemente des Sirtaki aus dem Sirtos stammen sollen, mir sind keine eingefallen. Ich habe das so geschrieben, weil ich es irgendwo mal gelesen oder gehört habe. Man sollte nie ohne nachzudenken einfach irgend etwas abschreiben!

Inzwischen sind mir nicht weniger als 4 grundlegende Unterschiede zwischen diesen beiden Tänzen aufgefallen, Gemeinsamkeiten konnte ich keine entdecken. Ich würde diese Aussage daher als unbewiesene Behauptung einstufen und bitte das Wort Sirtos aus diesem Zusammenhang gedanklich zu streichen. Stattdesssen konnte ich beim Betrachten des von mir verlinkten Sirtaki-Videos eindeutig Elemente aus dem Seimbekikos entdecken. Das ist der Tanz, wo Einer alleine tanzt während die Anderen im Kreis herum hocken, klatschen und Teller zerschlagen. Der Beginn des Sorba’s Dance ist eigentlich 100% Seimbekikos: Jeder tanzt allein, langsames Tempo, schwerfälliger Rhythmus. Das ist übrigens auch im Film so.

Wie Ihr Euch wahrscheinlich inzwischen schon fast denken könnt, habe ich selbst einmal ein paar Jahre in so einer Tanzgruppe mitgemacht. Auch wir sind gelegentlich bei Choros-Festen aufgetreten und haben ein paar Tänze vorgeführt. Auch wir hatten den Sirtaki im Programm. Den Sorbas kann ich deshalb nicht mehr hören.

Um nun abschließend die Frage zu behandeln, welcher Tanz es nun gewesen sein könnte (oder waren es mehrere?), den der Wilfried seinerzeit getanzt hat: Natürlich habe ich im Prinzip keine Ahnung, und ich habe auch nicht behauptet es wäre Siganos. Ich habe nur GEWETTET es wäre NICHT SIRTAKI. Es wäre durchaus möglich, dass ich diese Wette verliere. Das ließe sich klären, aber jetzt leidet der Wilfried plötzlich an Gedächtnisschwund…

Also ich schlage für uns alle drei mal folgenden Kompromiss vor:

Wilfried ist der größte Sirtaki-Tänzer aller Zeiten, er beherrscht(e einmal) diesen figurenreichen Kunsttanz ohne jemals eine Unterrichtsstunde genossen zu haben. Lockwood ist der Entdecker des grünen Auges des Mr. Anderson und sollte für dieses unschätzbare Verdienst besondere Erwähnung in den Geschichtsbüchern finden. Und ich darf meinen Wikinger behalten. Ich nehme ihn sogar mit grünen Augen, da will ich wirklich nicht kleinlich sein. (Er hat doch in den 80er Jahren auch ausgesehen wie ein Wikinger, oder?)

Morgen vielleicht mehr, Lockwood hat ja schon wieder neue Themen und Fragen aufgeworfen… Wilfried, Du gibst Bescheid kurz bevor Dein Webspace platzt…

Schöne Grüße
Kretakatze (44-40+44)
[Also ich finde die 4er in Kombination mit den + und – rein optisch sehr schön, und um diese Uhrzeit möchte ich niemanden mehr überfordern!]

Was ist bloß mit Ian los? Teil 62: Von Anderson befreit

Hallo Wilfried,

welch ein Fußballtag geht heute zu Ende: für Bremen ist die Meisterschaft gelaufen, die Alemannia steigt ab und Schalke-Fan möchte ich heute auch nicht sein.

Focus‘ „House of the King“ erinnert tatsächlich ein wenig an die Musik von JT. Aber nur wegen der Flöte. Andere Parallelen konnte ich nicht entdecken.

Deine Fotomontage ist wieder sehr gelungen. Es ist eines der seltenen Bilder, dass den Meister ohne Armbanduhr zeigt. Oder hast Du sie wegretuschiert ? Jedenfalls ist mir klar geworden, dass ich Mr. Anderson unrecht getan habe: Ich wusste nicht, dass der Stoffwickel auf seinem Schädel ein Verband ist. Jedenfalls scheint er darunter eine hartnäckige Wunde zu haben. Der arme Kerl !

Ich stelle fest, dass die Diskussion über Literatur mindestens genau so viel Material bietet wie über Mr. Anderson und Co. Also, ans Werk: Du schreibst, „Die Entdeckung des Himmels“ sei ein ernsthafter Roman. Diese Ansicht kann ich nicht uneingeschränkt teilen. Das Buch gipfelt darin, dass ein Astronom mit dem Teleskop das Domizil von Gott, seinen Heiligen und Engeln entdeckt und die plötzlich Entdeckten darauf mit Panik reagieren. Das kann nicht so ernst gemeint sein. Auch die Rückführung der Gesetzestafeln in das Heilige Land ist in meinen Augen eine Allegorie. Ein Bild dafür, dass der Schöpfer die Menschen satt hat (ich kann Seinen Standpunkt ja verstehen, aber als zeitloser und allmächtiger Gott hätte er um das Scheitern der Menschheit wissen müssen). Die Bewohner des Himmels werden personifiziert und in strenge Hierarchien eingeteilt. Wie in einem militärischen Apparat oder einer Stadtverwaltung. Auch das spricht nicht dafür, dass der Autor große Ansprüche an die Authentizität stellt.

Mulisch stellt höhere Ansprüche an die Phantasie und den Horizont des Lesers als Irving. Beiden gemein ist, dass sie tolle Geschichten erzählen ! Wer mehrere Bücher von Irving gelesen hat, stellt fest, dass sich einige Themen wiederholen (Wikipedia berichtet ausführlich darüber): Neuengland, Wien, Bären, ältere Frauen, kleingewachsene Männer, Ringen, usw.. Ich finde diese Wiederholungen nicht störend; da die wiederkehrenden Themen in den einzelnen Romanen stark variiert werden, hat man als Leser nie das Gefühl, den Abklatsch eines vorangegangen Romans zu lesen. Ich habe noch nicht alle Werke von Irving gelesen. Unsere Leihbücherei hat nicht alle Werke von ihm im Programm. Jedenfalls werde ich die Leiterin der Bücherei fragen, ob sie die Irving-Sammlung nicht ergänzen kann. Es gibt drei große Romane, die ich noch auf meiner Agenda habe: Garp, der Wassertrinker und die befreiten Bären. Bisher gelesen habe ich: „Witwe für ein Jahr“, „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ (diesen deutsche Titel finde ich grauenhaft), „Owen Meany“, „Eine Mittelgewichtsehe“, „Die vierte Hand“, „Hotel New Hampshire“, vom „Zirkuskind“ nur das erste Viertel und „Bis ich dich finde“ werde ich an diesem Wochenende zu Ende lesen. Wenn ich mich frage, welchen Irving-Roman ich für den besten halte, kann ich keine klare Antwort geben. Es ist entweder Owen Meany oder die Witwe. Gottes Werk kommt natürlich auch in die engere Wahl.

Falls Du Interesse daran haben solltest, den Schwerpunkt unseres Gedankenaustauschs von Ian Anderson in Richtung John Irving zu verlagern, würde ich das sehr begrüßen. In Deinem Blog hast Du ja eine eigene Rubrik für diese Disziplin. Vielleicht teilst Du mir mit, welche Romane Du bisher gelesen hast (vielleicht sogar alle ?), damit wir aus dieser Schnittmenge die Basis für weitere Diskussionen bilden können.

Ich freue mich auf eine weitere Zusammenarbeit im Dienste der Schönen Künste.

Also, schlafe wohl, Du Prinz der Heide !

Lockwood

12.05.2007

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Hallo Lockwood,

na da habe ich mit meinem Irving-Beitrag ja in ein Wespennest gestochen. Und schon umschwirren die Viecher in Form von dicken Wälzern mein holdes Haupt (meine Vorliebe für Stabreime ist Dir vielleicht schon einmal aufgefallen, oder?). Ich höre da eine gewisse Anderson-Müdigkeit bei Dir heraus. Kein Wunder bei über 60 Beiträgen von uns beiden zu diesem Thema.

Nun, von John Irving habe ich im Laufe von nunmehr fast zehn Jahren einige Romane gelesen. Angefangen hat es bei mir mit „Garp“. Wie ich auf Irving kam, weiß ich gar nicht mehr genau. Da gibt es ja einige Verfilmungen (gesehen habe ich aber nur Gottes Betrag – und auch erst, nachdem ich von Irving schon einiges gelesen hatte). Garp war wohl eine Sonderausgabe für damals 18 DM, und ich bin in einer Buchhandlung darüber gestolpert. Als ich dann diesen Roman gelesen hatte, habe ich mir weitere gekauft – und bis heute (teilweise mehrmals, aber das kommt bei mir öfter vor) „Witwe für ein Jahr“, „Gottes Werk und Teufels Beitrag“, „Owen Meany“ und „Die vierte Hand“ gelesen. Das war es wohl, so glaube ich.

Irving ist nicht unbedingt der ganz große Schriftsteller. Aber seine Geschichten haben etwas Faszinierendes. Liest man erst einmal, dann kommt man so schnell nicht wieder davon los. Der Süchtigkeitsfaktor ist sehr groß. Es sind dies die skurrilen Typen, die bei all ihren Macken doch viel Menschlichkeit ausstrahlen.

Deinen Vorschlag, den Schwerpunkt unseres Gedankenaustausches in Richtung Irving zu verlagern, muss ich mir aber noch reiflich überlegen. Literatur ja – aber Festlegung auf einen Autoren – eher nein. Vielleicht könnte man Irving ja als Ausgangspunkt für eine literarische Reise um die Welt nehmen.

Irving ist für mich typisch amerikanisch – wenn auch in einem positiven Sinne (als Gegenstück zu George W. Bush –an der Nord-Ost-Küste konnte Bush ja nicht punkten). Seine Romane sind fast alle hollywood-reif (und viele wurden ja auch in Hollywood verfilmt), vielleicht etwas zu sehr filmreif.

So sehr mir diese schrägen Typen bei Irving gefallen, auf Dauer wäre es mir dann doch etwas zu viel an „Eigenwilligkeit“. Es muss nicht todernst zugehen in einem Roman, wirklich nicht. Ich habe dieser Tage den „Stiller“ von Max Frisch gelesen und habe mich gewundert, wie modern das Buch heute noch ist. Geradezu köstlich ist es, wie Frisch da eine Ehe beschreibt (auch wenn es hier eine Künstlerehe zwischen einem Bildhauer und einer Ballerina ist), über die Macken der Frauen und Männer herzieht … so dass man sich selbst immer wieder erkennt.

Und es gibt eine literarische „Folklore“, Autoren aus Ländern, die wir wohl nie besuchen werden, die uns aber durch ihre Schriftsteller sehr nahe kommen können. Ich habe da u.a. eine Vorliebe für südamerikanische Literatur (Garcia Marquez’ 100 Jahre Einsamkeit ist wirklich lohnenswert. Oder der Peruaner Vargas Llosa).

Soviel fürs erste.

Dr. Bogenbroom mit Patienten

Zu dem kleinen Bildchen mit der Neuformation von Jethro Tull: Da ich keinen Grund hatte, Herr Anderson ohne Armbanduhr darzustellen, so trägt er tatsächlich keine Uhr auf dem Bild. Irgendwie hat mich der weiße Kittel (nun, es ist wohl ein weißes Hemd) von Herrn O’Hara zu den kleinen Veränderungen an dem Bild inspiriert. Bemerkenswert fand ich auch, wie andächtig Martin Barre, das Fräulein Calhoun (die Duschhaube ist geradezu genial) und Doane Perry (die Hände gefaltet) dastehen; wo ist nur die linke Hand von Herrn Anderson? Mir sind da noch einige Sachen in den Sinn gekommen, aber ich wollte nicht, dass das Ganze am Ende als jugendgefährdend eingestuft wird.

Nun denn …
Wie soll ich wohl schlafen angesichts der Sturmflut an Kommentaren, Mails u.ä. Homer Wells dürfte besser geschlafen haben.

Nichts desto trotz (zum Trotz)

Wilfried, der Heideprinz (und was ist mit König ….z.B. von Niedersachsen?!)

P.S. Das war ja heute fast anderson-frei.

15.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 61: Dr. Bogenbroom

Hallo Wilfried,

ich freue mich, dass Du uns im Internet erhalten bleiben wirst !

Die Focus-Videos sind leider nicht meine Welt. Erstens geht mir deren Musik zu sehr in Richtung Jazz und zweitens bin ein kein großer Freund von Vokalakrobatik, wie sie in Hokus-Pokus zu hören ist. Ohne Zweifel hat sich Mr. Anderson körperlich besser gehalten als Mijnheer van Leer, obwohl dieser mehr Geschmack bei der Wahl der Kopfbedeckung zeigt.

Diese Zeilen schreibe ich einige Stunden nachdem die Alemannia 0:4 in Frankfurt verloren hat. Das war’s dann wohl mit der I. Liga.

Den Kommentar der Kretakatze habe ich gelesen. Woher weißt Du, dass es sich dabei um eine junge Dame handelt ? Unabhängig von Geschlecht und Alter des Verfassers möchte ich einige Worte zu dem Kommentar loswerden: Was dort über die vorherrschende Beschaffenheit von mitteleuropäischen braunen Augen gesagt hat, ist absolut korrekt. Rein braune Augen sind in unseren Breiten selten. Auch ich habe grüne Sprenkel in der Iris, was man gemeinhin mit „haselnussbraun“ bezeichnet. Allerdings, und jetzt kommt’s, gibt es von mir kein einziges Foto, unter welchen Lichtbedingungen auch immer aufgenommen, das mich mit grünen Augen zeigt. Sonnen-, Neon- oder Kerzenlicht zeigen mich immer braunäugig.

Das Standbild aus dem Tampa-Video ist in meinen braunen Augen nicht der schlussendliche Beweis für die grünen Augen des Mr. Anderson, aber es müssen schon bessere Beweise vorgebracht werden als es Kretakatze mit ihren lichttheoretischen Betrachtungen getan hat, damit ich die braunen Augen des Meisters als Tatsache akzeptiere. Allerdings gebe ich Kretakatze in einem Punkt Recht: Die Haare des Mr. Anderson waren in den ersten drei Jahrzehnten seines Lebens für mein Verständnis rotblond. Du hast an irgendeiner früheren Stelle schon einmal von den dunkelblonden Haaren des Meisters geschrieben. Darüber war ich sehr erstaunt, habe mich aber nicht dazu geäußert, weil ich Dir nicht schon wieder widersprechen wollte. Ich finde, die Videos von Tampa und dem Hippodrom lassen gar keinen Zweifel an dem Rotstich in den dunkelblonden Haaren des Meisters. Im Laufe der Jahre hat sich der Anteil der roten Pigmente allerdings verflüchtigt; das ist ein ganz normaler Vorgang. Im Istanbul-Video wirkt der Meister tatsächlich einfach „nur“ dunkelblond.

Ein Satz zu Deiner Bemerkung über rote Haare in Irland und Schottland: Vor einiger Zeit las ich, dass entgegen landläufiger Meinung Schottland das Land mit dem höchsten Anteil an rothaariger Bevölkerung weltweit sei; noch vor Irland. Leider weiß ich nicht mehr, wo ich das gelesen habe. Ich glaube, in einem Fachbuch über Anthropologie.

Aber jetzt genug der Haarspaltereien, ich möchte kurz auf Deine Literaturempfehlungen im Blog eingehen. Kafka und Camus sind mir fremd, aber bei John Irving kann ich mitreden. „Die vierte Hand“ ist sicher nicht sein bestes Werk, aber die „Mittelgewichtsehe“ fand ich noch etwas fader. „Zirkuskind“ habe ich nicht einmal zu Ende gelesen. Das muss nicht zwangsläufig am Buch liegen; es ist auch denkbar, dass sich mal wieder eine Leseblockade eingeschlichen hat. Ich kann es nicht mehr sagen, es ist zu lange her. Das neueste Werk „Bis ich dich finde“ ist wieder ein Reißer vom Kaliber „Owen Meany“ oder „Witwe für ein Jahr“. Über die Werke von John Irving gibt es viel zu sagen. Ich werde im WWW nachschauen, ob es so etwas wie ein Irving-Forum gibt.

Als Irving-Leser bist Du gewohnt, die verdrehten Lebenswege skurriler Figuren zu verfolgen. Vor diesem Hintergrund verstehe ich Deine Bemerkung über die Protagonisten von Harry Mulisch nicht. Verglichen mit den Charakteren der Irving-Romane sind die Hauptfiguren von Mulisch doch geradezu alltäglich.

So, das war’s auch schon für heute.
Wir bleiben in Verbindung.

Lockwood

08.05.2007

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Hallo Lockwood,

eines muss ich wohl klar stellen: Ich hatte nicht vor, mich aus dem Internet zu verabschieden, nur bisschen kürzer treten möchte ich. Aber selbst das schaffe ich nur bedingt (nur soviel: vorerst keine neuen Tull-Videos bei youtube, man und frau möge sich gedulden). Vergiss einfach mein Geheule!

Bei Focus scheiden sich sicherlich die Geister. Soll auch so sein. Ich finde „Hocus Pocus“ auf jeden Fall, auch was die Gesangsakrobatik betrifft, ganz stark. Zu Focus muss ich damals wegen des Stücks „House of the King“ gekommen sein. Man vergleicht es bis heute irgendwie mit Tull wie in damaliger Zeit. Wegen der Flöte sicherlich, aber auch stilistisch. Ich habe lange nach dem Stück im Internet gesucht – bei youtube gibt es mehrere Versionen. Weshalb ich hier in unserem Meinungsaustausch auf Focus zu sprechen gekommen bin, ist neben dem musikalischen Aspekt der Zusammenhang mit der äußerlichen Veränderung der Musikanten (zu Ian Anderson haben wir uns lang und breit ausgelassen), hier eben der Mijnheer van Leer: kahlköpfig und dickbäuchig, wenn auch mit etwas mehr Geschmack hinsichtlich der Kopfbedeckung. So ist das nun einmal mit dem Älterwerden. Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Und den sehnlichst erträumten Jungbrunnen gibt es auch nicht.

Nur noch einmal als Randbemerkung (bevor wir das Thema zu den Akten legen): Jethro Tull muss und kann man auch aus der Optik ihrer Auftritte heraus interpretieren. Tull war nicht nur eine bestimmte Rockband, sondern ähnlich, wenn auch nicht ganz wie die Gruppe Kiss, durch ihr berüchtigtes Outfit bekannt. Besonders der Meister turnte in den schrillsten Kostümen über die Bühne. Keiner trug anfangs die Haare (Kopfhaar und Bart) länger als er. Da denkt man natürlich nicht an später, wie es sein könnte, wenn man einmal älter ist. Ist man dann aber älter geworden, muss man überlegen, wie es weitergeben soll. Du würdest Dich für ein seriöseres Outfit entscheiden, Herr Anderson hat sich gewissermaßen für den Mittelweg entschieden.

Ja die Alemannia. Es sieht wirklich böse aus. Du wirst einen möglichen Abstieg bestimmt verkraften (Deine Jungs eher weniger, oder?). Auch aus Eurem weiteren Umfeld (Mönchengladbach ist bereits abgestiegen, Köln krebst in der 2. Liga herum) ist nichts zu erwarten. Da haben wir es wirklich gut – wir sind mittendrin im Bundesligageschehen (zwischen Bremen und Hamburg). Ja, der Lokalpatriotismus ist schon so eine Sache.

Also ob Herr Anderson nun braune oder grüne Augen, hellbraune, rotgelbe oder blau-olive Haare hat, ist mir eigentlich völlig wurscht. Und ob irgendwelche Statistiken behaupten, nirgendwo gäbe es mehr rothaarige Menschen als in Schottland, dann ignoriere ich das auch beflissentlich. In Schottland habe ich so gut wie keine Rothaarigen gesehen (ich meine richtig rothaarig, knalle-rot mit mozzarella-weißer Haut und vielen Sommersprossen überall). Ein leichtes rötliche Scheinen lasse ich einfach nicht gelten. Punktum!

Literatur a la Irving und Mulisch würde ich zwar eher an Ort und Stelle diskutieren (in den Beiträgen), aber da wir gerade dabei sind: Zu den Hauptfiguren von Mulischs „Entdeckung des Himmels“ habe ich mich etwas undeutlich ausgedrückt. „Künstlich“ angelegt sind ja eigentlich alle Protagonisten eines Romans, die einen mehr, die anderen weniger. In fast allen Fällen sind es Abbilder von Figuren, die der Autor aus seinem Leben kennt (wenn er es nicht selbst sogar ist) und die dann, je nach Talent und Intention des Verfassers, mehr oder weniger überzeichnet sind. Hat man von einem Autor (wie Irving) mehrere Bücher gelesen, dann fällt es einem als Leser leichter, eine genauere Zuordnung zu treffen: bei Irving sind die Figuren eindeutig ‚überzeichnet’. Mulisch habe ich dagegen zum ersten Mal gelesen. Die beiden Freunde im Roman, auch wenn sie mir eigentlich gefallen (irgendwie erinnern sie mich auch an uns beide, was nichts gegen das Buch aussagen soll -lach), erscheinen mir eben wohl deshalb als etwas zu „künstlich“, weil ich sie noch nicht genau zum Autor zuordnen kann. Anders ausgedrückt: Ich denke, der Roman von Mulisch soll ernsthaft sein. Da kommen mir manche Aussagen der beiden Hauptfiguren etwas zu frech daher. In einem anderen Kontext wären beide mir (wie Dir) die durchaus normalsten Menschen. Ach, ich weiß nicht, wie ich es Dir hier in kurzen Worten erklären soll. Es ist mehr ein Gefühl, das ich beim Lesen hatte (und die können täuschen).

Sicherlich willst Du jetzt auch noch etwas zu meiner Bemerkung, das Ende wäre mir etwas zu ‚katholisch’, hören? Auch das ist eher so ein Gefühl. Vielleicht sind es mir zu viele Bilder (Du weißt, wir ‚Protestantischen“ haben uns als Bilderstürmer ‚ausgezeichnet’). Nur ein Beispiel, wenn auch das wichtigste: Da sind die Zehn Gebote – als zwei Tafeln, also als (Sinn-)Bild für einen Bund zwischen den Menschen und Gott. Das Bild der Tafeln rückt mir dabei zu sehr in den Vordergrund.

Nun habe ich Herrn Anderson auch das letzte (rotblonde) Haar ausgerissen. Wenn nicht, dann jetzt:

Dr Bogenbroom mit Patienten

Oben zu sehen der Hirnchirurg Dr. O’Hara Bogenbroom (links) mit seiner Assistentin, Lady Calhoun (vierte von links), und seinen Patienten Martin Teddybear, Davie Badier (der hat noch gut lachen), Iain Mac Ghille Aindrais und Rhodan Perry (ja, der mit dem Krückstocksyndrom). Der metallene Stab wurden dem Herrn mit der schwarzen Kopfbinde aus dem Schädel entfernt (daher die schwarze Kopfbinde).

Ach, wie gehässig ich wieder einmal sein kann ( …. bin!).


Jethro Tull: Dr. Bogenbroom

Genug ist genug!
Bis bald

Wilfried

09.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 60: Standing Ovation

Hallo Wilfried,

die Frage, ob Blog, Youtube und JT-Gedankenaustausch sich für Dich lohnen, kannst nur Du beantworten. Vielleicht ist an dieser Stelle ein kurzes Zwischenergebnis angebracht: Selbst wenn Du heute Deine Aktivitäten hierzu einstellen würdest, so hättest Du doch bereits viele Menschen (incl. mir !!) sehr gut unterhalten und sie auf ihrem Weg zum Jethro Tull – Experten ein ganzes Stück vorangebracht. Ob sich das für Dich lohnt, keine Ahnung. So ist das nun mal mit dem Idealismus. Den von Dir in diesem Zusammenhang erwähnten Egoismus klammern wir aus; an Kleinigkeiten können wir uns nicht aufhalten. In einem Punkt hast Du allerdings meine uneingeschränkte Zustimmung: Es gibt wichtigere Dinge im Leben als die Geschicke des Mr. Anderson von allen Seiten zu beleuchten. Solange wir uns dessen bewusst sind und andere Dinge darüber nicht sträflich vernachlässigen, ist es in meinen Augen in Ordnung.

Natürlich waren meine Google-Zahlen übertrieben, nein, sie waren vollkommen falsch. Ich wollte lediglich auf den Stellenwert hinweisen, den die Beiträge des WilliZ im JT – Universum mittlerweile erreicht haben. Dazu habe ich mich leichtsinnigerweise des Stilmittels der Überzeichnung bedient. Schade, dass Du das wörtlich genommen hast. Ich wollte niemanden hinters Licht führen, was hätte ich davon ?

“King Henry’s Madrigal“ ist ein schönes Stück. Beim Hören tauchen Ritter und Burgfräuleins vor dem inneren Auge auf, trotz der E-Gitarre. Das spricht wieder einmal für die (frühere) Qualität unserer Lieblingsgruppe.

„The Donkey and the Drum“ erinnert mich durch die Einflüsse der ethnischen Musik an Divinities. Ich finde es nicht schlecht, aber es wird wohl nie mein Lieblingslied werden. Dessen ungeachtet danke ich Dir für die Datei !

Deine Theorie bestätigt sich: Durch die Stimmprobleme wird der Meister immer flötenlastiger. Klar, was bleibt ihm auch übrig ? Für jemanden wie mich, der die Gitarre und die Stimme des Meisters geschätzt hat, ist es allerdings der falsche Trend.

Zu den weiteren aktuellen Aktivitäten von Ian Tull bzw. Jethro Anderson möchte ich nichts mehr sagen; ich würde mich nur wiederholen. Nur einen Punkt wiederhole ich ganz bewusst: Mr. Anderson hat keinerlei Hemmungen, irgendwelche „fremde“ Musiker um sich zu scharen und das ganze unter dem Label JT zu verkaufen. Das ist der Sieg des Unternehmers über den Musiker. Pfui !

Letzte Woche kamen meine Jungs vom Schachtraining nach Hause und erzählten, dass der Sohn (etwa 17) des Trainers ein T-Shirt mit dem Konterfei Ian Andersons trug. Ich wollte es nicht glauben und habe alle drei unabhängig voneinander befragt. Es ist kein Zweifel möglich, ein Irrtum ist ausgeschlossen: Es war tatsächlich Mr. Anderson. Respekt vor Mr. Anderson, der es tatsächlich schafft, neue Fans zu gewinnen. Respekt vor dem jungen Mann, der die Musikszene so gut beobachtet, dass er einen Ian Anderson dort entdeckt.

Noch ein Wort zur „Entdeckung des Himmels“: Der Autor hat die Charaktere sehr gründlich angelegt. Er hat sie sehr genau und detailliert beschrieben. Sicher hat er dabei sehr viel Phantasie bemühen müssen, wodurch die Protagonisten, wie Du sagst, etwas künstlich wirken. Aber die Hauptfiguren hatten auch eine schwere Aufgabe zu bewältigen; die Rückführung der Gesetzestafeln in das Heilige Land. Wie würde es der Leser aufnehmen, wenn diese Aufgabe durch einen Bäcker und einen Buchhalter mit unspektakulärem Lebenslauf erledigt würde ? Ich gebe dem zuständigen Engel schon Recht, wenn er sagt, dass diese Aktion von langer Hand geplant sein muss und nicht von Hinz und Kunz durchgeführt werden kann. Und haben wir nicht alle schon erfahren, dass das Leben vielschichtiger, verworrener, komplizierter und unglaublicher sein kann, als ein Mensch sich das ausdenken kann ? Deinen Hinweis auf ein zu „katholisches“ Ende des Romans verstehe ich nicht. Himmel, Engel, Dekalog sind doch die Dinge, die alle christlichen Konfessionen gemeinsam haben. Oder zumindest fast alle. Die Entdeckung des Aufenthaltsortes der göttlichen Wesen durch einen Astronomen ist in meinen Augen eine Allegorie für die jahrzehntelange Suche der Physiker nach der Ursingularität, der Weltformel. Schon Einstein war von dieser Idee begeistert. „Dem Alten in die Karten schauen“, wie er es nannte.

Seit meine Zwillinge vor einigen Monaten die Gelegenheit hatten, mit den Alemanniaspielern aufzulaufen, interessiere ich mich ein wenig für den Verein. Nur ein wenig. Wenn ich Zeit habe und dran denke. Die Niederlage gegen Bremen war leider nicht die letzte und im Moment ist der Klassenerhalt in fast unerreichbare Ferne gerückt.

Ich war heute am Brückentag ebenfalls im Büro. Einer der wenigen. An diesen Tagen ist es sehr ruhig ringsherum und man kann viel Arbeit wegschaufeln. Das Wetter ist auch bei uns immer noch fantastisch und es soll bis mindestens Ende der Woche so bleiben. Es ist das erste Mal, dass mir bereits im April der Rasen verbrannt ist.

In Deinem Blog habe ich den Beitrag über Beltane gelesen. Dabei fiel mir ein, dass meine Heimatstadt in der Bronzezeit von Kelten besiedelt war. Vielleicht rührt daher meine Vorliebe für britische Folklore (kleiner Scherz).

Ich habe es mir nicht nehmen lassen, den Auftritt der Beatless anzusehen. Für eine neu gegründete Schülerband war das wirklich ein gelungener Auftritt. Hiermit gratuliere ich Deinem Jan ganz herzlich !! Der Vortrag der Band war für mich eine gelungene Mischung aus Beatles und Pogues. Und ganz wie die Namenspaten aus Liverpool haben die Tostedter Jungs einen Linkshänder in ihren Reihen. Das ist bestimmt ein gutes Omen. Dein Jan wird sicher wissen, dass viele der ganz Großen im Musikgeschäft als Schülerband angefangen haben. Jemand, der es wissen muss, hat einmal gesagt: Stars werden auf der Bühne gemacht und nicht bei RTL.

So, genug für heute.
Viele Grüße in die sonnige Heide und bis bald

Lockwood

30.04.2007

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Hallo Lockwood,

nun schnell doch noch an den Rechner, dieses Wochenende bin ich kaum zu Hause; so wenigstens eine kurze Antwort von mir:

ob Blog, Youtube und JT-Gedankenaustausch sich für mich lohnen, beantworte ich mit meiner weiteren ‚Anwesenheit’. Also positiv. Irgendwie gehört es zu meinem täglichen Gehirnjogging dazu. Denn wer rastet, der verkalkt.

Natürlich habe ich das mit Deinen Google-Zahlen wörtlich genommen – oder hätte es gern, wenn Google solche für mich schmeichelhaften Zahlen ausgeworfen hätte.

Bei „The Donkey and the Drum“ geht es mir wie Dir: Auch ich dachte gleich an das “Divinities”-Album. Wenn also das für Ende des Jahres angekündigte neue Jethro Tull-Album in diesem Stile wäre, so hätte es zwar wenig mit Tull alter Tage zu tun, ich würde es aber akzeptabel finden. Die zwölf Tänze gefallen wir nämlich ganz gut. Und ich könnte auch mit einem Ian Anderson leben, der sich mehr seinen Instrumenten als dem Gesang widmet. Wie Dir wäre es mir aber ganz recht, wenn er dabei auch öfter zur akustischen Gitarre griffe. Da unsere Zukunftserwartungen Jethro Tull betreffend nicht sehr hoch geschraubt sind (eigentlich bei annähernd null liegen), können wir eigentlich nur noch positiv überrascht werden, was das besagte neue Album betrifft. Notfalls bleibt es für uns im Plattenregal liegen.

Was den Trainersohn betrifft, bin ich schon gar nicht mehr verwundert. Ich kenne einige junge Burschen, die Flötenunterricht nehmen und sich von daher für Ian Anderson interessieren. Aber überhaupt gibt es einen Trend nach Rockmusik früherer Jahre (mein Sohn hört zunehmend Hardrock der 70- und 80-er Jahre, z.B. Led Zeppelin, Black Sabbath usw.), da ist der Weg zu Jethro Tull nicht mehr weit. In den letzten Wochen fielen mir Plakate von Gruppen auf, von denen ich lange Zeit nichts mehr gehört habe und die jetzt wieder auf Tournee gehen (z.B. Steely Span, Van der Graaf Generator). Und bei youtube.com bin ich über die holländische Gruppe „Focus“ gestolpert, auf die wir schon einmal zu sprechen kamen. Jan Akkerman ist zwar nicht mehr dabei, dafür hat der Focus-Gründer Thijs van Leer (Keyboards und Flöte, sowie instrumentalen Gesang, wenn man das so nennen kann) seinen ehemaligen Mitstreiter, den Drummer Pierre van der Linden, zurück ins Boot geholt und ist ansonsten mit jungen Leuten unterwegs. Unbedingt ansehen solltest Du Dir Focus: Hocus Pocus 1973. Am Schluss die standing ovation der Zuhörer sind mehr als verdient.

Weshalb ich hier auf Focus zu sprechen komme? Schau Dir den Thijs van Leer von heute einmal an: fett und aufgedunsen, aber immer noch voller Power. Das 17-minütige Eruption sei Dir anempfohlen. Klingt ziemlich jazzig, hat aber nahe dem Ende ein starkes Flötensolo. Ich will van Leer nicht mit Ian Anderson vergleichen (da schneidet Anderson rein äußerlich viel besser ab). Aber auch er hat wie Anderson neue junge Musiker um ich gescharrt. Wenn Du mich jetzt fragst, von welchen der beiden ich mir durchaus gern ein Konzert anschauen und anhören möchte, dann wäre es Thijs van Leers Focus. Eigentlich wundert es mich heute, dass ich die Gruppe Focus so aus den Augen verlieren konnte. Dabei hatten die einige Stücke, die mir heute noch, wenn ich diese höre, eine Gänsehaut verursachen.

Ja, die Alemannia. Es sieht schlecht aus, aber noch ist nicht alles verloren. Leider war die Niederlage gegen Hertha BSC doch etwas unerwartet und auch ziemlich hoch. Werder Bremen hat der Sieg gegen die Aachener auch nicht viel gebracht. Ich glaube nicht, dass Werder noch Meister wird. Also ich drücke die Daumen für die Alemannia.

Ja, der Auftritt meines Großen mit seiner Schülerband war ganz in Ordnung – Beatles mit Punk-Einschlag! Es war so eine Art Ausscheidung wie bei DSDSS („Deutschland sucht …“); sie sind eine Runde weiter und üben jetzt kräftig ein neues Stück, es soll „Iron Man“ von „Black Sabbath“ werden.(deren Tony Iommi hatte sich ja auch einmal kurze Zeit als Nachfolger von Mick Abrahams bei Tull versucht, wurde dann aber sehr bald durch Martin Barre ersetzt). Das Stück ist nicht ganz so einfach. Schauen wir ’mal. Auf jeden Fall vielen Dank für Deine Gratulation.

Hast Du den Kommentar zu Andersons Augen- und Haarfarbe gelesen? Da scheint uns eine junge Dame nicht so ganz ernst zu nehmen. Wir wühlen uns da durch alle erdenklichen Videos und Fotos hindurch, teilweise mit Lupen oder sogar Mikroskopen, um unumstößlich die Farbe von Herrn Andersons Augen zu ermitteln (‚grün’), und da wird einfach salopp behauptet, die wären braun. Schlimmer noch bei den Haare! Ian Anderson mag wohl Schotte sein, aber so viele Rothaarige bzw. Rotblonde gibt es dort gar nicht (vielleicht in Irland, aber er ist kein Ire), wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Anderson ist dunkelblond – und dabei bleibe ich (Barriemore Barlow mag von mir aus rotblond sein). Wenn etwas rot ist, dann sind es die Videos, nämlich rotstichig bei all dem Scheinwerferlicht.

Viele Grüße an die überlebenden Kelten
Wilfried

05.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 59: The Donkey & the Drum

Hallo Wilfried,

Deine Verärgerung über den Stress, den Dir Deine youtube-Präsenz bereitet, kann ich verstehen. Da meint es jemand gut mit den JT-Fans dieser Welt und zum Dank werden ihm Knüppel in den Weg geworfen. Ich muss gestehen, dass ich unter diesen Umständen den Kram hingeworfen hätte. Glücklicherweise bist Du härter im Nehmen als ich.

Es gibt noch einen weiteren youtube-User, der die Flinte nicht so schnell ins Korn wirft: Das Video von Roxy Music’s Psalm ist wieder da. Hoffentlich dauerhaft. Wenn mir der Sinn nach pseudosakraler Popmusik der 70er Jahre steht, ist dieses Video für mich die erste Wahl.

Vor einigen Jahren habe ich in Google den Suchbegriff „Jethro Tull“ eingegeben. Das erbrachte etwa 65.000 Treffer und ca. 48.000 dieser Treffen verwiesen auf eine Seite namens „Williz Weblog“. Da ich es nicht besser wusste, hielt ich diesen Willi für eine Art Manager von JT.

Ich will Mr. Anderson sein Gezappel der frühen Jahre nicht zum Vorwurf machen. Man muss bedenken, wie jung er damals war. Er musste seinen eigenen Stil erst noch entwickeln. Er war ein Rohdiamant, der während der kommenden Jahre geschliffen wurde. Bereits wenige Jahre nach der Cocker-Phase hatte er ein Level erreicht, das uns heute noch begeistern kann.

Bei einem meiner Kontrollrundgänge habe ich gesehen, dass bei Wikipedia jemand die Seite zu Ian Anderson neu gestaltet hat. Es sind einige Informationen hinzugekommen und das Erscheinungsbild des Textes hat ebenfalls an Qualität gewonnen. Der alten Version merkte man an, dass einige Autoren hier und da einen Satz eingefügt haben. Der neue Eintrag wirkt flüssiger, zusammenhängender, wie aus einem Guss. Mein Lob an den unbekannten Autor.

Wenn ein eingefleischter Fan wie Du dem Acoustic-Album von JT schon kritisch gegenüber steht, werde ich ganz gewiss die Finger davon lassen. An faden und lauwarmen Aufgüssen vergangener Köstlichkeiten habe ich kein Interesse. Ich werde es so halten wie Du: mit Hilfe von youtube oder anderer geeigneter Medien werde ich mich an den Originalen erfreuen.

Die JT – Schriftart finde ich originell. Was Du nicht so alles findest…

Es freut mich, dass Du „Die Entdeckung des Himmels“ gelesen hast. Falls ich Deine Äußerungen der letzten Tage hierzu nicht falsch interpretiere, scheint es Dir gefallen zu haben. Das erleichtert mich.

Gestern Abend hörte ich im Radio eine Übertragung des Bundesligaspiels Bremen : Aachen. Bei Ende der ersten Halbzeit fürchtete ich, dass Aachen den Bremern die Tabellenführung versaut. Ist aber noch mal gut gegangen. Zwar kämpft Aachen um den Klassenerhalt, aber wenn der Reporter Recht hatte, war der Bremer Sieg mehr als verdient.

Ich wünsche Euch weiterhin viel Sonnenschein und schöne Stunden im Freien !

Bis bald
Lockwood

21.04.2007

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Hallo Lockwood,

so hart im Nehmen bin ich dann auch wieder nicht. Wenn man mir, wie jeden Tag zu befürchten ist, meinen Account bei youtube.com streicht, dann war es das wohl. Ich werde mir nicht noch einmal die Zeit nehmen, 100 Videos hochzuladen, die dann am nächsten Tag vielleicht wieder weg sind. Bei myvideo.de hat man mir dieser Tage auch zwei Videos herausgenommen. Es liegt aber wohl daran, dass diese Videos über 10 Minuten lang waren. Man hat inzwischen die Konditionen geändert (früher gab es nur eine Begrenzung in der Größe der Datei – max. 100 MB). Hoffen wir das Beste.

Ja der ganze Jethro Tull- und auch Weblog-Kram hat eine Eigendynamik angenommen, die vor allem zeitraubend ist. Da kommt man unwillkürlich an den Punkt, an dem man sich fragt: Lohnt sich das eigentlich? Bisher hat es ja viel Spaß gemacht. Auch dieser Gedankenaustausch mit Dir geht voll in Ordnung. Mein Weblog hier habe ich zudem als eine Art geistige Fingerübung betrachtet (frei nach dem Pfandfingermotto: jeden Tag ein ‚guter’ Beitrag). Aber es gibt eben auch noch andere Dinge, die zudem wichtiger sind. Allem voran die Familie. Ich werde also die Notbremse ziehen! Weniger Tull also, weniger Geschreibsle hier.

Deine Google-Zahlen sind natürlich nicht ganz korrekt. „Vor einigen Jahren“ gab es „Williz Weblog“ noch gar nicht. Wenn Du hier also den Leser hinters Licht führen willst, dann bitte etwas geschickter. Aber wir beide wissen eines sowieso: Qualität wie die hier gebotene lässt sich durch google’sche Quantität nicht ersetzen. Also nächstes Mal die Zahlen noch etwas höher ansetzen (Faktor 10 mindestens).

Was den deutschen Beitrag zu Ian Anderson bei Wikipedia betrifft, gebe ich Dir natürlich recht. Es enthält einige Informationen, über die wir hier selbst schon diskutiert haben. Ob diese am Ende tatsächlich alle richtig sind (z.B. „In seiner Anfangszeit mit Jethro Tull stand er einst so [d.h. ein Bein angewinkelt], um beim Mundharmonikaspielen den Mikrofonständer im Gleichgewicht zu halten“), kann man bestreiten. Wir beide wissen inzwischen, wie unterschiedlich sich Ian Anderson geäußert hat. Aber vieles haben wir selbst sinngemäß „herausbekommen“.

Das Acoustic-Tull-Album enthält als solches keine faden und lauwarmen Aufgüssen vergangener Köstlichkeiten. Die Tonqualität ist voll in Ordnung. Es sind nur eben fast alles die Stücke (im Original), die wir bereits kennen und in Deinem Sinne nicht noch einmal aufgegossen bekommen müssen. Für einen alten Tull-Fan also uninteressant. Aber es ist immerhin ein Album, das fast genau das enthält, was wir an Anderson und Band lieben.

Der Titel “Pastime With Good Company” ist übrigens nicht neu im Repertoire von Jethro Tull. Wenn Du auf meiner ‚eigentlichen’ Website die Ritterspielseiten aufrufst, dann wird über ein Popup eine kleine Seite aufgerufen, über die Du den Titel unter dem Namen „King Henry ’s Madrigal“ hörst, der bisher nur auf dem Mehrfachalbum „20th Anniversary box set“ erschienen ist (nicht das Doppelalbum „Twenty Years of …“), das ich mir vor fast 20 Jahren nicht gekauft hatte, weil ich damals etwas knapp bei Kasse war und das dann irgendwie nicht mehr erhältlich war.

Nun meinen Beitrag zu den „neuen Tulls“ wirst Du sicherlich gelesen haben. Eigentlich gab es da nicht viel zu lesen, weil ich irgendwie sprachlos war und noch bin. Mir geht es ähnlich wie Dir: Ich kann mit den neuen Tulls herzlich wenig anfangen. Da fand ich den orchestralen Anderson noch besser. Da war das Konzept irgendwie klar. Jetzt gibt es nur noch diesen Mischmasch aus alten Tull-Sachen und Bluesgrass-Gefiedele. Und auch noch ein „America“-Medley. Nichts gegen Leonard Bernstein, aber was hat das mit Jethro Tull zu tun? Wenn man dem Laufi-Forum trauen darf, dann gibt es hinter den Kulissen auch schon einiges Gezänk um Martin Barre und dem Fräulein Calhoun (ich find die Stelle leider auf Anhieb nicht). Übrigens vom Konzert in Buenos Aires in Argentinien gibt es fast das ganze Konzert bei youtube.com zu sehen, u.a. auch das neue Stück „The Donkey and the Drum“. Klingt ja nicht schlecht, auch das ist nicht Jethro Tull, sondern höchstens Ian Anderson (aber der ist ja Jethro Tull). Musik, die man schön als Hintergrundmusik für seine Urlaubsvideos nehmen kann, aber sonst? Zu Martin Barre: Der tut mir irgendwie Leid. Jetzt muss er sein Solo-Album wohl von „Stage left“ (bei Tull stand er seit eh und je links auf der Bühne) umtaufen in „Stage background middle“ oder so (siehe Videos). Genug geweint!


Jethro Tull 2007: The Donkey and the Drum

Zu Mulischs „Die Entdeckung des Himmels“. Ich muss gestehen, dass ich anfangs meine Schwierigkeiten mit dem Buch hatte. Die beiden Freunde sind mir etwas zu künstlich ‚angelegt’. Und das Ende, entschuldige diesen Ausdruck, ist mir etwas zu sehr „katholisch“. Außerdem geht mir durch die lange Lebensbeschreibung der Freunde das eigentliche Thema verloren, Stichworte Teufelspakt des Francis Bacon, Ursingularität, „Zehn Gebote“ als Bund Gottes mit den Menschen. Aber dann wäre es am Ende ein ganz anderes Buch geworden und kein Roman dieser Art. Es hat mir also schon gefallen.

Also insgeheim interessierst du Dich doch für Fußball, oder? Ob Werders Sieg gegen Aachen etwas nützt, wird sich erst am Ende der Saison zeigen; Werder hat wohl noch drei von vier Spielen auswärts zu bestreiten, außerdem kommt die Teilnahme am UEFA-Cup hinzu. Es sieht also ganz so aus, dass Schalke, da ausgeruhter, dieses Mal das Rennen macht. Für Aachen (jetzt auf einem Abstiegsplatz) kann es vielleicht das Ende bedeuten. Da ich immer den Außenseiter ‚die Daumen drücke’, hoffe ich, das es Aachen (und auch Mainz) noch schaffen.

Mit einem Brückentag am Montag kann man sich ja ein langes Wochenende gönnen. Ich werde aber montags doch arbeiten müssen, da ich bereits gestern einen freien Tag genommen habe (mein Großer – ist der Lange mit den kurzen Haaren – hatte mit seiner Schulprojektband „Beatless“ seinen ersten Auftritt in der Schule, da durfte ich nicht fehlen). Wie steht es mit Dir? Die Wetteraussichten sind wohl ganz gut.

Ich wünsche Dir und Deinen Lieben ein schönes Wochenende und ein gewagtes Tänzchen in den Mai.

Bis bald
Wilfried

26.04.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 58: Tull Symbols Font

Hallo Willi,

Ganz kurz zur Gibson-Passion: Was diesen Film von den dutzenden anderer Jesus-Filme unterscheidet, ist die dargestellte Brutalität. Im Grunde kann ein Passionsfilm nichts Neues bringen; Verlauf und Ausgang der Geschichte sind (zumindest den meisten) bekannt.

Zur Augenfarbe des Meisters: Nichts liegt mir ferner, als den Wahrheitsgehalt Deiner Notizen in Frage zu stellen. Du erinnerst Dich sicher an das Intro des Tampa-Mitschnitts. Hier kommt Mr. Anderson aus der Kabine, entsorgt Kippe, Handtuch und grüne Bierflasche, tut so, als würde er die Gitarre stimmen, schneidet noch eine Grimasse für sein Volk und geht dann geradewegs auf die Kamera zu, die dadurch eine Großaufnahme seines Gesichts macht. Die Augen, die dabei zu sehen sind, wirken auf mich grün. Nicht so grün wie seine Bierflaschen, aber immer noch grüner als blau.

Ian Andersons grüne Augen

Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass die Färbung der Iris durch einfallendes Licht verzerrt dargestellt wird. Auch würde ich mir niemals anmaßen, die erstklassigen Recherchen eines Bravo-Journalisten anzuzweifeln. Also bleibt eine verlässliche Aussage über die Augenfarbe des Mr. Anderson ein weiteres Fernziel.

Dass Mr. Anderson auch in frühen Konzerten Gitarre spielte, ist mir nicht entgangen. Aber ich finde, ab Mitte der 70er Jahre macht er das häufiger als in den Zeiten davor. Das ist ein Grund, warum mir diese Tull-Zeit besser gefällt als frühere und spätere.

Hand aufs Herz: Findest Du nicht, dass sein Gezappel zu Beginn der 70er stark an Joe Cocker erinnert ? Glücklicherweise hat Mr. Anderson sich rechtzeitig von dieser Attitüde getrennt und bewiesen, dass er seine Bewegungskoordination doch unter Kontrolle hat. Mehr als das; seine athletischen Leistungen habe ich bereits an früherer Stelle gewürdigt.

Falls mich eine Mitschuld daran trifft, dass Du Deine JT-Perlen in youtube einstellst, so nehme ich sie gerne auf mich. Tausende weitere Schultern helfen mir tragen. Ich habe es in meiner letzten mail bereits gesagt und sage es noch einmal: Die JT-Fans haben Dir mehr zu danken als irgendwelchen elitären Zirkeln wie Laufi und Co.

Allerdings kann ich verstehen, dass Dich Anfragen nach kostenlosen DVDs nerven. Vielleicht sind das Auswirkungen der „Geiz ist geil“ – Gesellschaft. Der Versuch ist nicht strafbar und durch das Medium www brauche ich niemanden in die Augen zu sehen.

Vielen Dank für die beiden Stücke des Acoustic-Tull ! Deine Vermutung ist korrekt: Ich werde dieses Album nicht kaufen. Das Pastime… finde ich nicht schlecht, aber es reicht nicht, um mir den Glauben an den aktuellen Mr. Anderson wiederzugeben.

Die braune Maus gefällt mir, das Stück ist überraschend nah am Original. Stimmlich nicht so schlecht wie befürchtet. Da das Original zu meinen Favoriten gehört, fällt mein Urteil über die Acoustic-Version vergleichsweise milde aus.

Es ist, wie es ist: Die Stimme des Meisters ist unwiederbringlich dahin und dafür kann er nichts. Er hat die Stimme nicht beim Grölen auf dem Fußballplatz oder beim Skandieren politischer Parolen verloren. Er verlor seine Stimme durch ungezählte Konzerte: er hat sie für sein Publikum geopfert. Daraus will ich ihm nicht länger einen Strick drehen.

Trotz dieser neuen „Toleranz“ meinerseits gefallen mir die aktuellen Anderson- oder Tull-Auftritte nicht. Was ich dort sehe und höre, hat nichts mit dem Anderson zu tun, den ich so schätze. Dazwischen liegen Welten, die ich mir auch nicht durch 30 Jahre Zeitgeschehen erklären kann. Es liegt nicht nur daran, dass er älter und behäbiger geworden ist, das werden wir alle. Er hat seinen Stil verändert. Aber das hatten wir alles schon einmal und das möchte ich nicht noch mal aufwärmen.

In Deinem Blog habe ich Deinen Beitrag über die Bestie Mensch mit Interesse gelesen. Es ist unbestreitbar, dass der Mensch das schlimmste Untier ist, das die Evolution hervorgebracht hat. Gleichzeitig ist der Mensch auch zu guten Taten fähig und damit meine ich nicht nur die Heiligen der Kirche. Wäre es nicht so, wäre unsere Spezies schon lange vergangen. Was aus übergeordneter Sicht keine Katastrophe wäre. Vielleicht können wir dieses Thema irgendwann vertiefen. Die philosophische Anthropologie ist ein interessantes Feld.

Also, mein lieber Willi, ich wünsche Dir eine erträgliche Arbeitswoche und viel Zeit im Freien !
Bis bald
Lockwood

14.04.2007

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Hallo Lockwood,

ja, Auge in Auge ist es nicht zu übersehen: Andersons Augen sind grün. Den Intro-Teil des Tampa-Konzertes hatte ich überschlagen. Bei den anderen Nahaufnahmen (die aber nicht so nah wie im Intro sind) wirken die Augen dunkler und eher braun. Ob die Info auf meinem Notizzettel wirklich aus der ‚Bravo’ früherer Jahre stammt, ist nur eine Vermutung (aber wo sollten solche Infos gestanden haben, wenn nicht dort). Die wenigen ‚Bravo’-Ausschnitte die ich habe, bekam ich von der Schwester eines Freundes, die wusste, dass ich ein großer Tull-Fan (schon damals) war.

Zum Gezappele in den frühen 70-er Jahren hat sich Herr Anderson in einem Interview geäußert (muss auf der Isle of Wight-DVD enthalten sein). Ihm war es im Nachhinein eher peinlich und er sah darin eine Art von ‚Unbeholfenheit’. Joe Cocker empfand ich übrigens als einen spastisch Gelähmten, der nach Halt suchte. Die Bühnen waren damals ziemlich klein und enthielten viele Stolperfallen durch herumliegendes Kabelwerk. Hätte Ian Anderson bereits damals die Turnübungen späterer Jahre vollbracht, dann wäre er wohl öfter von der Bühne gestürzt.

Youtube.com bietet in letzter Zeit unterschiedlichste Möglichkeiten, den Anfragestrom zu lenken. Mails, die man gar nicht mag, kann man so ‚blocken’ oder als ‚Spams’ markieren (ja auch bei youtube wird man mit Werbung eingedeckt). Oder man erlaubt nur bestimmten Kontakten, Mails senden zu dürfen. Ich denke, dass das nicht von ungefähr kommt. Bisher habe ich nur von dem Spam-Filter Gebrauch gemacht (es ging natürlich wieder um Werbung für Sex-Seiten). Ähnlich geht es übrigens mit meinem Blog: auch hier werden laufend ‚Kommentare’ eingestellt, die nichts anderes zum Inhalt haben als Werbung für irgendwelchen Mist. Um die Kommentierungsmöglichkeit nicht ganz zu unterbinden, muss ich eben damit leben und lösche den ganzen Murx in regelmäßigen Abständen. Das ist eben die Kehrseite des Internets. Sobald man ‚Hallo’ ins Netz ruft, kommen als Echo mindestens 10 Spams zurück. Aber genug der Heulerei. Es geht nicht nur um eine „Geiz ist geil“-Mentalität, sondern auch um kriminelle Energien einiger Subjekte, die einen die gute Laune etwas vermiesen können.

Damit wäre ich bei meinem kleinen Beitrag „Bestie Mensch“. Wie Du siehst, habe ich in Harry Mulischs „Die Entdeckung des Himmels“ geblättert und habe es am vergangenen Wochenende angesichts des schönen Wetters sogar geschafft, das Buch draußen bei Sonnenschein und gekühlten Getränken zu Ende zu lesen. Zum Buch selbst später etwas mehr. Sicherlich ist die philosophische Anthropologie ein interessantes Feld. Ich habe mich früher ziemlich ausführlich mit Philosophie, Psychologie usw. befasst. Heute ist das Interesse nicht mehr ganz so groß. Man macht eben so seine Erfahrungen und muss das nicht noch zusätzlich durch Literatur bestätigt sehen. Da mein Blog auch eine Art Tagebuch ist, so habe ich aufgrund des Mulisch-Zitats meine Gedanken, die mir bei Lesen kamen, skizzenhaft niedergeschrieben. Außerdem hatte ich dieser Tage auch das besagte Buch von Erich Fromm (Anatomie der menschlichen Destruktivität) in Händen. So kam das eine zum anderen.

Zurück zu Ian Anderson und Jethro Tull: Das Acoustic-Album enthält wirklich fast alles, was wir an der Gruppe und dem Meister schätzen. Und es verkauft sich auch ziemlich gut, wenn man den ‚Charts’ bei amazon.de glauben darf (zeitweise in der Rubrik Rock unter den Top 100; zuletzt unter Musik insgesamt auf Platz 248 und bei ‚Classic Rock’ auf Platz 17). Für alte Tull-Fans ist es aber alles andere als ein Muss; wenn ich z.B. den Auftakt zu „Thick as a Brick“ höre und dann das Stück regelrecht ‚versandet’, dann überspringe ich das Stück und höre mir das Stück lieber „im Original“ von vorn bis zum Schluss an. Für mögliche neue Tull-Fans oder die es werden könnten, ist das Album natürlich okay. Um ehrlich zu sein: Ich finde das Album für überflüssig. Live eingespielte Akustik-Titel (möglichst aus früheren Zeiten) würden mir eher zusagen. Aber dazu hätte man altes Material ausgraben und technisch auf Hochglanz bringen müssen. Zuviel des Aufwandes (und der Kosten). Bei Zappa ist das übrigens möglich (aber der lebt ja nicht mehr und die Erben brauchen wohl Geld).

Nun die neuesten Tull-Auftritte überzeugen mich auch nicht gerade. Sicherlich kann man nicht erwarten, dass Tull auf die Bühne tritt, als wären sie aus dem Jungbrunnen entstiegen. Ich gestehe Herrn Anderson auch gern einen stilistischen Wandel zu. Aber dieser pseudo-orchestrale Kram geht mir auf den Geist. Da fuchtelt Herr John O’Hara in der Gegend herum, klimpert ab und zu auf dem Klavier, Martin langweilt sich eher und Ian Anderson tänzelt gelegentlich über die Bühne – alles ohne Esprit! Es springt kein richtiger Funke über. Wer das mag, dem sollst genügen. Dieses halb-orchestrale „Aqualung“ finde ich geradezu tödlich langweilig. Und wie man auf dem homemade-Video bei youtube.com sieht, nutzt man im Publikum solche Stücke, um aufs Klo zu gehen. Schade, sehr schade! Und dabei hatte ich eigentlich nichts gegen dieses Orchester-Projekt. Aber das kann man nur einmal machen und sollte sich dann wieder den eigenen Wurzel zuwenden.

Zuletzt etwas aus WilliZ Zauberkiste. Ich war ja schon früh in Sachen Jethro Tull im WWW unterwegs. Und neben den so genannten Skins für den Mediaplayer WinAmp habe ich dabei auch andere Sachen entdeckt, u.a. eine symbolische Schriftart für Windows. Ist nichts Tolles, aber wem es gefällt. Also statt Buchstaben kommen dann kleine S/W-Bildchen wie unten, wenn man die Schriftart „TullSymbolsFont“ ausgewählt hat. Das Ganze verbirgt sich in einer EXE-Datei (also in einem kleinen Progrämmelchen): tullsymbolsfont.exe, die man nur anklicken muss, und schon wird die Schriftart in das entsprechende Windows-Verzeichnis für Schriftarten (bei XP i.d.R. unter c:\windows\fonts\) installiert. Wie gesagt: nichts Tolles, aber so kann man z.B. Herrn Anderson in seine niedergeschriebenen Memoiren einbetten. Sollte man Mails, Briefe usw. an andere von PC zu PC verschicken, so braucht der Empfänger die Schriftart allerdings auch auf seinem Rechner.

Tull Symbols Font

Nun denn, ich wünsche Dir eine angenehme Arbeitswoche.
Man liest voneinander.
Wilfried

16.04.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 57: Keine ‚Blauäugigkeit’

Hallo Wilfried,

die Tampa-Videos sind in der Tat sehr anderson-lastig, aber ich habe diese Überfrachtung genossen. So weiß ich erst aus diesen Dokumenten, dass der Meister grüne Augen hat. So viel zu meiner Beobachtungsgabe.

Die frühen Konzerte von JT aus den frühen 70ern, Isle of Wight usw., sind mir leider nicht vollständig in Erinnerung, aber wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, spielte der Meister damals wesentlich seltener die akustische Gitarre als in späteren Zeiten. Liege ich mit diesem Eindruck richtig oder täusche ich mich in diesem Punkt ? Meine dominierenden Erinnerungen an Aufzeichnungen aus dieser Zeit sind ein flötender oder zappelnder Anderson.

Zum Kommentar aus der Laufi-Ecke:
Deine Einschätzung der elitären Ansprüche dieser Community ist sicher korrekt. Ich kann diese Leute sogar ein klein wenig verstehen: Sie möchten, dass ihre Kronjuwelen weiterhin nur im Tower ihres Forums betrachtet werden können und nicht unter dem Fußvolk herumgereicht werden. Sie möchten ihre Perlen nicht vor die Säue geworfen sehen (Math.7,6). Und genau diese Einstellung kann ich nachvollziehen. Wie Du weißt, bin ich ebenfalls der Meinung, dass sich die Musik von JT wohltuend von anderen Musikproduktionen abhebt. Ich bin auch so arrogant zu glauben, dass sich JT-Fans aus anderen Reihen rekrutieren als Fans der ‚Bay City Rollers’ oder von ‚Modern Talking’. Wenn man es kritisch betrachtet, mache ich seit Monaten in unserem Schriftwechsel nichts anderes, als mich von den meisten anderen Musikschaffenden und deren Fans zu distanzieren. Die teilweise sehr selbstbewussten Äußerungen des Meisters in Interviews sind dabei sehr hilfreich.

So viel zur Ideologie. Dem gegenüber steht mein Pragmatismus: Wenn die elitäre Sichtweise der Laufi-Leute dazu führt, dass ich bedeutende JT-Dokumente nur schwer, selten oder gar nicht zu sehen bekomme, dann lehne ich sie ab. Leute wie Du, die diese Dokumente einem breiten Publikum zugänglich machen, sind Idealisten. Es sind Menschen, die persönlichen Aufwand nicht scheuen, um Anderen (wie mir z.B. mir) eine Freude zu machen.

Wer macht sich also um die Musik von Jethro Tull mehr verdient: Leute wie Du oder eine Handvoll Gralshüter, die ihre Schätze im Elfenbeinturm hüten ? Allzu große Sorgen müssen sich die Laufi-Leute aber nicht machen, denn ich denke, dass kaum ein Dieter Bohlen – Fan in youtube auf ein JT-Video klicken wird. Genauso wenig wie ich auf „Modern Talking“ klicke.

Viele Grüße in die Heide sendet
Lockwood

10.04.2007

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Hallo Lockwood,

Hat Ian Anderson wirklich grüne Augen? In einer Mappe, in der ich früher alte Zeitungsausschnitte usw. gesammelt habe, ist ein Zettel, auf dem steht von mir handschriftlich notiert: Augen: braun – Haare: dunkelblond – 1,75 m groß. Woher ich die Angaben habe, weiß ich heute natürlich nicht mehr. Ich ‚fürchte’: aus der guten, alten ‚Bravo’. Zur körperlichen Größe hattest Du ja vor längerer Zeit einfach nachgefragt – unsere Schätzung ginge somit auf. Und ob nun braun oder grün (einfallendes Scheinwerferlicht kann schnell trügen), ist eigentlich egal. ‚Blauäugig’ ist der Meister auf jeden Fall nicht!

Ja am Anfang der 70-er Jahre war es ein eher zappeliger Anderson, der auch mehr mit der Flöte herumhantierte, als auf ihr spielte. Aber es gab eben auch Akustikstücke, wie „My God“, da pflanzte sich Ian Anderson auf einen Stuhl und zupfte die akustische Gitarre. Also schon früh zappelte und flötete Anderson nicht nur …

Ian Anderson 1970: My God

Was die Perlen resp. Kronjuwelen betrifft: Wenn sich die Damen und Herren ihre Schätze nur im hoch verlaubten Laufi-Kreis herumreichen, so soll es ihre Sache sein. Um aber eine DVD wie die Tampa-Videos finanzieren zu können, gebraucht man gern auch das Fußvolk, zumindest dessen Geld. Nun, was youtube.com betrifft, so hat das bei mir eine Eigendynamik entwickelt, an der Du nicht ganz unschuldig bist. Dabei wundert es mich aber eben auch, dass bisher wenige andere darauf gekommen sind, ihre Jethro Tull-Videos dort einzustellen. Ich kenne einige (neben Herrn Laufenberg), die mehr Videos besitzen als ich. Und urheberrechtliche Bedenken dürften diese Leute nicht davon abgehalten haben – immerhin gibt es einige, die gern gegen Entgelt Kopien ihrer kleinen Schätze verkauft haben. Inzwischen, ich muss es gestehen, wird es mir mit youtube.com auch etwas nervig. Öfter schon werde ich mit Anfragen überschüttet von Leuten, die gern die vorhandenen Videos z.B. als DVD zugeschickt haben möchten, möglichst versandkostenfrei. Das ist dann die andere Seite; die Unersättlichen, die sich nicht damit zufrieden geben können, die Videos online zu betrachten. Übrigens: Mit Idealismus hat das bei mir wenig zu tun. Vielleicht gilt das Karnevals-Motto: „Spaß an der Freude!“ Spaß an der Freude, die ich anderen damit machen kann. Immerhin ist die positive Resonanz nicht gering. Und eine Portion ‚Selbstdarstellung’ spielt sicherlich auch eine Rolle. Wer ist dagegen schon gefeit. Außerdem tritt mir meine Frau da öfter gegen das Schienbein, von wegen: Da bekommst du Mails aus aller Herren Länder, aber hockst vor deinem ‚einsamen’ Bildschirm … Recht hat sie!

Da ich annehme, dass Du Dir die neue ”Best of Acoustic Jethro Tull”-CD nicht zulegen wirst, so hier als Info zu den zwei letzten Stücke des Albums:

One Brown Mouse Re-recorded January 3 2007
Pastime With Good Company Live, Denmark 4.14 2006 mit Ann Marie Calhoun Violine (irgendwoher kenne ich das doch, ich denke von Blackmore’s Night – so übel ist das Stück dann doch wirklich nicht, oder?)

Alles andere sind Stücke von bisher bekannten Alben. Aber die Scheibe gibt genau das wieder, was Dir und auch mir an Jethro Tull gefällt: all die schönen Akustikstücke, die Ian Anderson herausgebracht hat. In diesem Zusammenhang: Sicherlich hast Du meine Beträge zum ‚kuriosen Musikinstrument’ Chapman Stick gesehen und ‚gehört’. Als ich die Videos zum ersten Mal sah, da juckte es gewaltig in meinen Fingern. Ob der Meister den Chapman Stick kennt?

Und abschließend: Inzwischen gibt es bei youtube.com zwei Videos zu aktuellen Tull-Auftritten. Anderson singt tatsächlich immer weniger und bietet dafür ein breiteres ‚instrumentales Angebot’. Nicht jedem wird das wirklich gefallen.

Das Wochenende naht – und die Wetteraussichten sind bestens.
Genieße mit Deinen Lieben die freien Stunden

Wilfried

12.04.2007

English Translation for Ian Anderson