Geheimbünde, alte Bücher mit seltsamen Botschaften und noch einige Zutaten mysteriöser Art mehr: alles gut durchgerührt und schon hat man den Stoff für einen literarischen Bestseller, der sich in absehbarer Zeit auch noch als filmische Adaption bestens verkaufen lässt. Am Karfreitag läuft auf Pro7 ein solches Machwerk: Der Da Vinci Code mit Tom Hanks nach dem Weltbestseller Sakrileg von Dan Brown.
Und nicht genug damit: Im letzten Jahr lief auch noch Dan Browns Illuminati (ebenfalls mit Tom Hanks) in den Kinos an.
Diese Art der Literatur findet sich laufend in den Bestseller-Listen – auch in Deutschland. Die Qualität ist allerdings sehr unterschiedlich. Denke ich da an Umberto Ecos Name der Rose, dem mit viel Ironie durchwobenen historischer Kriminalroman, in dem ein Exemplar des verlorengegangenen „Zweiten Buches der Poetik“ des Aristoteles, in dem die Komödie behandelt wird (nach der Tragödie im ersten), im Mittelpunkt steht, dann ist das für mich noch Literatur vom Feinsten. Akzeptabel sind da auch noch Bücher wie Die neun Pforten – „Der Club Dumas“ von Arturo Pérez-Reverte und Harry Mulisch: Die Entdeckung des Himmels. Alle diese Bücher wurden ‚natürlich’ auch mehr oder weniger gut verfilmt. Was aber Dan Brown uns da unterjubelt, ist dermaßen hanebüchen und abstrus, dass es zumindest mir keinen Spaß mehr macht.
Ich habe keines der Bücher von diesem Autoren gelesen und werde es mit Sicherheit auch in Zukunft nicht tun (verlorene Zeit und verlorenes Geld). Die Verfilmung des Sakrileg-Romans habe ich nicht gesehen und warum ich jetzt doch wenigstens den Illuminati-Film ansehen musste – den Film habe ich seit fünf Monaten in meinem kleinen Filmarchiv vorliegen -: jeder hat eben seine schwache Stunde (und im Fernsehen gab es anscheinend nichts Besseres).
Sicherlich erzeugt der Film einige Spannung, die mir aber aufgrund des verquasten Sujets schnell flötenging. Was Dan Brown da auftischt, ist derart konstruiert, dass einem (wenigstens mir) die Haare zu Berge stehen. Wieder muss ein Geheimbund herhalten (Illuminatenorden), wieder spielt ein Buch (Galileo Galileis Werk Diagramma della Verità) eine Rolle.
Was die Illuminati betrifft, so greift der Autor eine der zahlreichen Mythen und Verschwörungstheorien auf, die sich um eine angebliche Weiterexistenz des Ordens und seiner vermeintlichen Tätigkeiten rankt, wozu auch der Kampf gegen die katholische Kirche und das Streben nach Weltherrschaft gerechnet wird. Und da die Illuminati der Aufklärung und der Wissenschaft verpflichtet waren, reicht dem Autoren nicht ‚irgendeine’ Bombe, um den Vatikan aus Rache in die Luft sprengen zu wollen, nein, dafür braucht man Antimaterie, die, wenn sie sich mit Materie eint, Energie freigibt, die sich in einer filmisch sehenswerten Explosion äußert.
Wenn ich nun lese, dass es dem Regisseur des Films, Ron Howard, gelungen sei, eine haarsträubende Story von ihren kuriosesten und blödsinnigsten Wendungen zu befreien, dann frage ich mich, wie fernab jeglicher Logik das Buch sein muss, wenn der Film schon so ein religiös verbrämter Murx ist.
Wie bereits gesagt: Mit solch einem Mist lässt sich heute viel Geld machen (nicht umsonst steckt auch wieder Sony hinter den beiden Dan Brown-Verfilmungen), erst in Buchform, dann natürlich durch die Verfilmungen (und Weiterverwertungen). Mit Literatur, insbesondere Belletristik, hat das Ganze nichts zu tun.
Heike Makatsch hat sich von Girlie-Star („Fraulein-Wonder“) zu einer respektierlichen Schauspielerin gemausert. Besonders in Rollen von Frauen, die mit einem für ihre Zeit außergewöhnlichen Selbstbewusstsein auftraten, war sie in der letzten Zeit zu bewundert. Nach Margarete Steiff, der Schöpferin der weltbekannten Teddybären, und jetzt der ersten Ärztin in Deutschland, Hope Bridges Adams-Lehmann (der erste Teil des Zweiteilers Dr. Hope – Eine Frau gibt nicht auf läuft heute um 20 Uhr 15 im ZDF, der 2. Teil folgt am Mittwoch), spielte sie Hildegard Knef, die Knef.
Zum TV-Film „Dr. Hope – Eine Frau gibt nicht auf“: Hope Bridges Adams-Lehmann schloss 1880 als erste Frau in Deutschland ihr Medizinstudium mit einem Staatsexamen ab. Der Abschluss in Leipzig wurde jedoch offiziell nicht anerkannt. Daraufhin promovierte sie in Bern und wurde 1881 in Dublin approbiert. Seit 1896 arbeitete sie in der Praxis ihres zweiten Ehemannes Carl Lehmann in München. Erst 1904 erhielt sie nachträglich die Berechtigung zur Führung des Doktortitels. Daneben engagierte sie sich als Friedensaktivistin und trat für die Gleichberechtigung der Frauen ein.
Heike Makatsch als Hildegard Knef in dem Film Hilde, das sah von Anfang an nach einem Glücksfall aus. Allein die äußerliche Ähnlichkeit ist frappierend.
Nun wer war diese Hildegard Knef? Hildegard Knef war Sünderin (und sorgte in dem gleichnamigen Film nicht nur mit einer Nacktszene im Nachkriegsdeutschland für einen Skandal) und Sängerin, Hollywoodstar und ein Hit am Broadway (von 1948 bis ca. 1968 nannte sie sich außerhalb des deutschsprachigen Raumes Hildegarde Neff). Sie liebte einen Nazi und heiratete einen Juden. Sie kämpfte in den Ruinen Berlins um ihr Leben und fühlte sich an der Park Avenue zuhause. Vom deutschen Publikum verehrt und verachtet, wurde ihre Autobiografie „Der geschenkte Gaul“ eines der erfolgreichsten Buch der Nachkriegszeit. Der Film entstand nach dieser Autobiografie. Hildegard Knef – das ist ein Stück Geschichte des Nachkriegsdeutschland.
Ich selbst kenne die Knef, wie man Hildegard Knef durchaus respektvoll nannte, eigentlich nur von ihren Liedern her, die allein der Texte wegen unverkennbar waren. Sie selbst schrieb diese Texte und bewies damit ein außergewöhnliches Talent (Für mich soll’s rote Rosen regnen – Ich habe noch einen Koffer in Berlin). Im Mittelpunkt dieser Lieder stand sie selbst – die Knef:
Mal war ich die Brave, mal war ich der Vamp,
mal war ich in Nerzen, mal ganz ohne Hemd.
Amerika sprach, es sei ohne mich arm,
und ich hatte Mitleid und folgt’ dem Alarm.
Von nun ging’s bergab.
Nun an diesem Wochenende sah ich mir den Film Hilde mit Heike Makatsch in der Hauptrolle an. Hilde lag gewissermaßen auf Halde bei uns, denn eigentlich wollte sich meine Frau diesen Film mit ihren Freundinnen an einen ihrer Damenabende anschauen, war bisher aber noch nicht dazu gekommen. Am Ende des Films war meine Frau eher enttäuscht. Es liegt wo daran, weil Regisseur Kai Wessel auf der Suche nach dem Mythos Knef leider nie zum richtigen Erzählrhythmus findet. Trotz einer vortrefflichen Heike Makatsch in der Titelrolle wird die Film-Biographie „Hilde“ ihrem Gegenstand nicht vollständig gerecht und bleibt leider ziemlich blass. So werden lediglich die einzelnen Abschnitte im Leben der Knef abgeklappert. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei jedoch nicht auf ihrer Arbeit und der Begründung ihres Ruhms – das besonders erfolgreiche Engagement am Broadway wird nur in kurzen Filmschnipseln dargestellt, vom Durchbruch mit „Die Mörder sind unter uns“ ist nur die Premierenfeier zu sehen – sondern auf ihren Liebesbeziehungen. Diese bilden jedoch trotz der zahlreichen Meinungsverschiedenheiten, widersprüchlichen Verhaltensweisen und historischen Anknüpfungspunkte kein tragfähiges dramaturgisches Fundament. Es passiert zwar einiges in dem vortrefflich ausgestatteten Film, aber es fehlt ein roter Faden sowie ein überzeugender Höhe- und Zielpunkt.
Trotz dieser Schwächen fand ich den Film sehenswert. Vielleicht weil er ein Teil deutscher Nachkriegsgeschichte darstellt – vielleicht auch wegen der Darstellkunst der Heike Makatsch: Diese kommt der Knef sehr nahe. Nicht nur optisch ist sie ihrem Vorbild zum Verwechseln ähnlich. Mit geschlossenen Augen ist nur ein marginaler Unterschied zwischen der Stimme Hildegard Knefs und der Makatsch-Interpretation zu vernehmen. Grandios eignet diese sich die rauchige Stimme und den kurzatmigen Gesang an, wenn der Makatsch als Düsseldorferin auch der Berliner Tonfall fehlt. Die Knef, das war und ist Berlin und das ist die Berliner Kodderschnauze.
So manch einer baut sich beizeiten ein Denkmal (wenn er in die Jahre kommt), andere erfüllen sich Kindheitsträume, wenn sie können. Michael „Bully“ Herbig dürfte zu denen gehören, die beides geschafft haben. Mit seinen Filmen lässt Herbig Gestalten aus der Kindheit auferstehen, wenn er auch ziemlich respektlos mit ihnen umgeht – und erreicht damit ein Millionenpublikum im deutschsprachigen Raum (apropos Denkmal).
Nach „Der Schuh des Manitu“, einer Winnetou-Veräppelung, „(T)Raumschiff Surprise – Periode 1“ (hier wurde die Serie „Raumschiff Enterprise“ auf dem Arm genommen), dem 3D-Animationsfilm „Lissi und der wilde Kaiser“, eine Parodie auf die Sissi-Trilogie mit Romy Schneider, sind es nun Wickie und seine starken Männer, die von Herbig aufs Korn genommen werden.
Wickie, der Sohn des Wikingerhäuptlings Halvar von Flake, ist von Natur aus hochintelligent, aber ängstlich und macht seinem bärbeißigen Vater kaum Freude. Als jedoch eines Tages feindliche Wikinger das Dorf überfallen und alle Kinder außer Wickie entführen, schmuggelt er sich heimlich auf Halvars Drachenboot und fährt mit auf die abenteuerliche Verfolgungsjagd.
Der Film verwendet immer wieder Elemente und Szenen aus der Zeichentrickserie, kombiniert sie jedoch zu einer neuen Handlung. Die sorgfältig entworfenen Requisiten und Aufbauten stimmen bis ins Detail mit den gezeichneten Vorlagen überein, historische Genauigkeit darf der Zuschauer andererseits nicht erwarten. Regisseur Herbig tritt in einer Nebenrolle als Chronist auf und kommentiert die Geschehnisse als Schreiber vom Königlich-Spanischen Depeschendienst mit spanischem Akzent.
Nun, der Film Wickie und die starken Männer, den ich mir am Wochenende mit meinen Lieben angesehen habe, richtet sich in erster Linie an Kinder und ist soweit ein liebenswert sympathischer und auch lustiger Abenteuerfilm für diese. Zwar versucht Herbig auch die Erwachsenen in sein Boot resp. Wikingerschiff zu holen, aber der von Herbig persönlich verkörperte Reporter Ramon Martinez Congaz vom spanischen Depeschendienst, der zwar wie ein Wasserfall plappert, dabei aber für kaum einen Lacher gut ist, nervt am Ende einfach nur. Mindestens ebenso überflüssig ist die Chinesin Lee Fu (Ankie Beilke), die ein wenig amourösen Schwung in die Angelegenheit bringen soll, aber genau wie Congaz stets wie ein Fremdkörper wirkt, der von der eigentlichen Story ablenkt, ohne selbst etwas zum Geschehen beizutragen.
So erfüllt sich Herbig wieder einen Kindheitstraum, an dem Kinder gern teilnehmen dürfen (und die Erwachsenen, die die Trickfilmserie aus Kindheitstagen her kennen). Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Übrigens erinnert mich Wickie äußerlich stark an Kevin alias Macaulay Culkin u.a. in Kevin – Allein zu Haus.
Der 34-jährige Elliot Teichberg arbeitet als Innenarchitekt im New Yorker Stadtteil Greenwich Village und lebt noch immer bei seinen Eltern, die in der Kleinstadt Bethel im US-Bundesstaat New York ein eher erfolgloses Motel betreiben. Um das Geschäft anzukurbeln hatte Teichberg bereits in den Vorjahren kleine Musikabende organisiert und daher als einziger eine Lizenz um im Ort Musikfestivals abzuhalten. Diese hatte er sich als Präsident der lokalen Handelskammer auch selbst ausstellen können. Für dieses Jahr hatte er eine kleine experimentelle Theatergruppe eingeladen, die in einer Scheune hinter dem Motel unterbracht ist.
Als Teichberg erfährt, dass der Musikproduzent Michael Lang plant, ein großes Musikfestival auf die Beine zu stellen, nimmt er Kontakt mit Lang auf, und bietet ihm an, dieses auf dem Areal des Motels seiner Eltern abzuhalten. Das Gelände erscheint den Organisatoren aber als ungeeignet, stattdessen stellt der befreundete Farmer Max Yasgur seine Weiden zur Verfügung.
Taking Woodstock ist ein 2009 produzierter Historienfilm, der, anlässlich des 40. Jahrestages, die Geschichte des Woodstock-Festivals zum Thema hat. Die Handlung basiert auf dem Roman und der wahren Geschichte von Elliot Tiber. Regie führte Oscar-Preisträger Ang Lee.
Gestern sah ich mit meinem jüngsten Sohn den Film über eines der größten Festivals, die die Welt gesehen hat. Mit seinen 16 Jahren ist selbst meinem Sohn Woodstock ein Begriff, obwohl Woodstock (oder genauer Bethel im US-amerikanischen Bundesstaat New York) eigentlich ein kleiner Punkt in sehr weiter Ferne für ihn sein müsste. Der Film des taiwanesischen Regisseurs und Oscar-Preisträgers Ang Lee ist eine Hommage an die Organisatoren des Festivals und fängt wunderbar das Gefühl dieses ereignisreichen und generationsdefinierenden Festivals ein. Für jeden Rockbegeisterten ist dieser Film neben der dreistündigen Dokumentation ein absolutes Muss.
Sendung im Fernsehen verpasst? Das ist meist kein Problem. Viele Sender verfügen im Internet über eine Mediathek, die viele ihrer Sendungen dort auch Tage nach der Sendung zum Abruf bereitstellen. Über die Website sendungverpasst.de, Deutschlands größtem TV-Video-Suchportal, gibt man die Sendung vor – und kommt im günstigen Fall auf die gewünschte Seite; zz. sind dort über 100.000 Sendungen von deutschen Sendern indiziert.
Und noch ein Tipp am Rande: Den Film Home gibt es in deutscher Sprache in voller Länge im Internet bei de.sevenload.com zu sehen. Home ist ein freier Dokumentarfilm des französischen Fotografen und Journalisten Yann Arthus-Bertrand. Der Film besteht weitgehend aus Luftaufnahmen, die mit einer hochauflösenden Digitalkamera in über 50 Ländern auf allen Kontinenten der Erde gedreht wurden. Am 5. Juni 2009, dem Weltumwelttag, wurde er weltweit gleichzeitig im Kino, auf DVD, im Fernsehen und im Internet veröffentlicht. In Paris wurde er auf Großleinwänden vor dem Eiffelturm gezeigt. Sehr empfehlenswert.
1990 kommt der Arbeiter Tietou (Jackie Chan) zusammen mit seinem Kumpel Jie illegal nach Japan, um hier nach Tietous Freundin Xiu Xiu zu suchen. Als sie erfahren, dass Xiu Xiu einen Yakuza-Boss geheiratet hat, lässt sich Tietou von diesem als Killer engagieren. Bald steckt er aber so tief in den Machenschaften der Yakuza, dass es für ihn kein Zurück mehr gibt …
Für einen Großteil des deutschen Publikums gilt Jackie Chan immer noch als der Action-Clown schlechthin. Sein Name wird mit an den Slapstick der Stummfilmära angelegten Martial-Arts-Kaspereien und halsbrecherischen, mit viel Humor aufgepeppten Stunts in Verbindung gebracht. Nicht umsonst lockte er in Deutschland mit der Rush Hour-Trilogie die meisten Zuschauer in die Kinos. Doch der Action-Star, dessen 100. Film bald das Licht der Leinwand erblicken wird, hat zwischendurch auch immer wieder ernstere Auftritte eingestreut.
Mit „Stadt der Gewalt“ (Shinjuku Incident) betritt Jackie Chan allerdings Neuland. Hardcore-Fans von Jackie Chan werden sich ebenso wie Kritiker seiner Clownerein verwundert die Augen reiben, denn Stadt der Gewalt ist schonungslos und teilweise sogar sehr brutal. Auch in diesem Film steht Jackie Chan klar im Mittelpunkt. Auf ihn ist der Film zugeschnitten, aber nicht ganz so extrem wie in seinen anderen Werken. Selten stand Chan der Brutalität und seinen Gegnern derart hilflos gegenüber. Es gibt keine wilden Aktionen, mit denen er seinen Feinden entkommt und nebenbei noch eine Handvoll von ihnen zum Schlafen schickt. Stattdessen prügelt er mit Stöcken und Macheten, versteckt sich und rennt um sein Leben. Chan meistert seine dramatische Rolle mit oftmals schmerzverzerrtem Gesicht und Bravour. Sogar einen Job als Auftragsmörder und eine freizügige Sexszene hat das Drehbuch für ihn vorgesehen.
„Stadt der Gewalt“ ist ein Thriller – und nebenbei ein niederschmetterndes Beispiel der verfehlten japanischen Immigrationspolitik der vergangenen Jahre.
Mein jüngster Sohn hat an Freitag eine Gürtelprüfung im Karate bestanden und darf jetzt den grünen Gürtel tragen (6. Kyu). Da ist es nicht verwunderlich, dass er ein Fan von Jackie Chan und seinen Filmen ist. Gewisserweise als ‚Belohnung’ haben wir dann abends diesen neuen Jackie Chan-Film geguckt. Durch die zuvor gelesenen Kritiken wussten wir natürlich, dass „Stadt der Gewalt“ mit den bekannten Jackie Chan-Filmen nicht zu vergleichen ist.
Nach meinem Geschmack ist der Film sicherlich in einigen Szenen zu brutal. Aber diese gehört zu einer Atmosphäre, die sich wie ein dunkler Schatten auf die ganze Szenerie in Tokios dreckigem Vergnügungsviertel Shinjuku legt, wo auch andere illegale Exil-Chinesen mehr schlecht als recht leben. Überhaupt strahlt der Film viel Hoffnungslosigkeit aus, denn die kleinen Erfolge der Protagonisten erweisen sich immer wieder als trügerisch. Und der Film endet dann auch noch ungewöhnlich – kein Happy End für Jackie Chan. Im Gedächtnis bleiben Straßenszenen, in denen in der Dunkelheit der Nacht die Gesichter vom Neonlicht gelb geschienen sind.
Jackie Chan – Stadt der Gewalt – Shinjuku Incident – Deutscher Trailer
Ist die Darstellung von Gewalt faszinierend? Das Massakrieren von Menschen, also rohe Gewalt fand ich immer abstoßend und finde es heute noch mehr. Es gibt aber eine sehr subtile Gewalt, die selbst mich interessiert, mich neugierig macht, weil sie vielleicht körperlich nicht verletzt oder gar tötet, die aber einen Menschen seelisch zerstören kann. Und die Hintergründe, die Psychologie der Bestie Mensch – ein Interesse hierfür ist im Grunde existenziell.
Quentin Tarantino ist ein Regisseur, der für beide Spielarten der Gewalt Interesse zeigt. Und da er geradezu obsessiv Bilder roher Gewalt in Szene setzt, in denen das Blut nicht allein fließt, sondern durch die Gegend spritzt, habe ich bisher bewusst seine Filme gemieden. Okay, Pulp Fiction aus 1994 kenne ich, auch From Dusk Till Dawn, den Tarantino 1996 als Autor bediente. Aber bei Kill Bill – Volume 1 (2003) und Kill Bill – Volume 2 (2004) versagte mein Interesse. Sin City (2005), für den Tarantino als Gastregisseur in einer kurzen Sequenz tätig wurde (nachdem Regisseur Rodriguez die Filmmusik für Tarantinos Kill Bill Vol. 2 (für eine Gage von einem US-Dollar) geschrieben hat, hat Quentin Tarantino in einer Szene Regie geführt (ebenfalls für einen US-Dollar Gage)), diesen Film habe ich zwar noch vorliegen, aber lediglich nur kurz quergeguckt.
Was mir endgültig den Rest gegeben hat, ist die Tatsache, dass Tarantino als ausführender Produzent für die beiden ersten Hostel-Filme (Regie: Eli Roth) zeichnete, für mich kranke Machwerke, deren Folter- und so genannte Goreszenen einfach widerlich sind (in „Hostel 2“ habe ich einmal einen Blick hineingeworfen, das genügte mir auf immer und ewig).
Jetzt liegt Tarantinos letzter Film Inglourious Basterds als DVD vor. In diesem Film arbeitet Tarantino den Nationalsozialismus auf seine ganz eigene Weise auf. Ich habe es gewagt und mir den Film am letzten Wochenende angeschaut:
Kapitel eins: Der Judenjäger Col. Hans Landa (Christoph Waltz) stattet dem französischen Bauern Perrier LaPedite (Denis Menochet), von dem er vermutet, dass er in seinem Haus eine jüdische Familie versteckt, einen Besuch ab. Es gibt leckere Milch zu trinken. Kapitel zwei: Die Basterds, eine Spezialeinheit unter der Führung von Lt. Aldo Raine (Brad Pitt), die hinter den feindlichen Linien Jagd auf Naziskalps macht, hat einen deutschen Soldaten gefangenen genommen. Der Bärenjude genannte Vollstrecker der Truppe, Sgt. Donny Donowitz (Eli Roth, genau: Regisseur der „Hostel“-Filme), klappert schon mit seinem Baseballschläger. Kapitel drei: Der deutsche Kriegsheld und Kinostar Fredrick Zoller (Daniel Brühl) verguckt sich in die hübsche französische Kinobetreiberin Shosanna (Mélanie Laurent). Die ist jedoch Jüdin und wartet nur auf den richtigen Moment, um sich an den Besatzern zu rächen. Dieser scheint gekommen, als Propagandaminister Joseph Goebbels (Sylvester Groth) zustimmt, eine deutsche Filmpremiere ausgerechnet in ihrem Lichtspielhaus zu veranstalten. Kapitel vier: Der britische General Ed Fenech (Mike Myers) entsendet den ehemaligen Filmkritiker Lt. Archie Hicox (Michael Fassbender) nach Frankreich, wo er sich gemeinsam mit den deutschsprachigen Mitgliedern der Basterds, Sgt. Hugo Stiglitz (Til Schweiger) und Cpl. Wilhelm Wicki (Gedeon Burkhard), und der Unterstützung des deutschen Filmstars Bridget von Hammersmark (Diane Kruger), die inzwischen für die Briten arbeitet, in die geplante Premiere schleichen soll. Kapitel fünf: das furiose Finale…
Zunächst: Von den 160 Minuten, die der Film dauert, sind 140 den ausgefeilten, aber auch ausufernden Dialogen gewidmet – in den restlichen Minuten spritzt das Blut. Die Darstellung von brutaler, roher Gewalt hält sich also ‚in Grenzen’, macht den Film aber mit Sicherheit für viele ‚ungenießbar’.
Kurze Exkursion: Ich habe einmal ein reales Video über eine Exekution gesehen. Einem Mann wurde der Kopf vom Körper getrennt. Gegen dieses Video ist Tarantinos Gewaltdarstellung Puppentheater. Es stellt sich für mich einfach nicht die Frage, ob rohe Gewalt in einem Film dargestellt werden muss, weil sie auch im wirklichen Leben existiert. Ähnlich wie in Bond-Filmen, die jenseits von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit den Protagonisten erlauben, mit dem Gegner ‚kurzen Prozess’ zu machen, so stehen auch in Tarantinos Film die ‚guten Helden’ jenseits aller Gerichtsbarkeit. Nur ein toter Nazi ist ein guter Nazi, wobei alle Deutschen in Uniform vereinfacht Nazis zu sein haben. Aber selbst wenn dem so wäre, so ist diese Art von Blutschau eher abstoßend. Für mich werden durch solche Filme lediglich kranke Voyeure bedient. Aber das ist schon ein eigenes Thema.
Komme ich zum Film zurück: Es sind zwei Charaktere, die den Film prägen. Zum einen ist es Lt. Aldo Raine – Aldo, der Apache -, Anführer der Basterds. Brad Pitt spielt diese Figur mit viel Coolness. Aber es gibt jemanden, der Pitt ganz gewaltig die Schau stiehlt. Der Österreicher Christoph Waltz, der für seine Rolle als Judenjäger Hans Landa zu Recht mit dem Darstellerpreis in Cannes geehrt wurde und sich wohl auch für die Oscar-Verleihung 2010 einiges an Chancen ausrechnen darf, steht zwar in Sachen Marketing nicht an vorderster Front, fungiert aber als der eigentliche Motor des Films. Er bekommt von allen Darstellern die meiste Leinwandzeit und reißt jede Szene, in der er vorkommt, in Sekundenbruchteilen an sich. Zwar überhöht er seine Rolle bis zum Geht-nicht-mehr (Landas Art ist von einem derart schleimigen Zynismus geprägt, dass einem jedes Mal der Atem stockt, wenn er den Mund aufmacht), aber dennoch verkommt die Figur – im Gegensatz zum vom Theater- und „Tatort“-Star Martin Wuttke verkörperten Hitler – nie zur reinen Karikatur. Eher das Gegenteil ist der Fall: Landa ist ein Soziopath, wie er im Buche steht – er ist hochintelligent, kann Menschen lesen und hat die Lächerlichkeit der Nationalsozialisten längst durchschaut. Er selbst ist keinesfalls ein überzeugter Nazi, vielmehr ist er als eiskalter Analytiker nur Teil der SS, um bei der Judenjagd seine perfiden Mord- und vor allem Machtphantasien bis zum Exzess auszuleben.
Hier geht es um weitaus subtilere Gewalt, auch wenn sie am Ende in Mord und Todschlag endet (dafür hat Landa notfalls seine Chargen). Die Dialoge mit Landa/Waltz und den anderen lassen einem die Haare zu Berge stehen. Es hat geradezu etwas Teuflisches an sich, wie Landa/Waltz seine Antagonisten mit Worten in die Enge treibt. Hier ist Tarantino wirklich meisterlich.
„Inglourious Basterds“ ist auch eine Liebeserklärung an das Kino. In Shosannas Kino läuft gerade „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ mit Leni Riefenstahl, dessen Regisseur Georg Wilhelm Pabst auch später immer wieder Erwähnung findet. Und der Showdown findet im gleichen Kino statt, in dem die Nazigrößen von Hitler bis Goebbels den Tod finden. Kino als Instrument gegen Gewalt? Es müssen schon Filmspulen, die leicht entzündbar sind, herhalten, um das Feuer zu entfachen, in dem Hitler und Konsorten im Film ums Leben kommen. Ansonsten mag das Medium Film als Propaganda dienstbar sein, als Mittel gegen Diktatoren taugt es leider weiterhin nur wenig.
Was mich irritiert, sind die vielen Dialoge, in denen es um Spitz- oder Nicknamen, wie man heute sagt, geht. Landa ist der Judenjäger, Aldo ist der Apache, was sowohl etwas zu seiner Abstammung als auch zu seinen Praktiken (Skalpierung) aussagt. Und da gibt es den Bärenjuden, eben jenen Basterd, der seine Opfer bis zur Unkenntlichkeit mit dem Baseballschläger traktiert. Hier verkürzt Tarantino die jeweilige Rolle auf eine Kurzbezeichnung. Solches hat sich eben auch bei uns eingebürgert. Gibt man so dem Grauen einen einprägsamen Namen?
Am Ende des Films sind es nur noch Landa und Aldo Raine, die die Tarintino’schen Massaker überleben. Landa hat einen Deal ausgehandelt. Er ist maßgeblich an dem Tod von Hitler und Co. beteiligt. Dafür bekommt er nicht nur Straffreiheit, sondern wird auch materiell ausreichend entlohnt. Auch ein dicker Orden muss es sein. Das Böse, das dem Guten dient. Eine schreckliche Vorstellung. Aber wir kennen es aus der amerikanischen Politik zur Genüge, in der Diktatoren oft genug hofiert wurden. Aldo, der Apache, mag sich im Namen aller Zuschauer damit nicht abfinden und ritzt seinem Gegner ein Kainszeichen, nämlich ein Hakenkreuz, in die Stirn. Damit will Tarantino gleichzeitig die Zuschauer zu Befürwortern seiner blutigen Phantasie machen, was ihm in den meisten Fällen sogar gelingen sollte.
Tarantinos Film lässt mich ziemlich ratlos zurück. Hätte er die Gewaltszenen auf ein notwendiges Übliches reduziert, so wäre ich begeistert von dem Film. Christoph Waltz als Landa hat den Oscar mit Sicherheit verdient. Aber die rohen Gewaltszenen irritieren mich. Vielleicht soll das so sein. Vielleicht will Tarantino aufzeigen, wohin selbst die subtilste Gewalt führt: in ein Blutbad ohne Ende! Ich sehe allein zumindest die Gefahr, dass ein solcher Film missverstanden und die rohe Gewalt verherrlicht werden könnte.
Der Film im Film: Stolz der Nation (Nation’s Pride)
Mein jüngerer Sohn ist ein Fan von Adam Sandler. Auf jeden Fall guckt er ganz gern Filme mit diesem Schauspieler, der als Comedian begann und dann in diversen Fernsehshows auftrat. Seit 1995 kümmert er sich verstärkt um seine Schauspielkarriere. Heute ist er einer der am besten verdienenden männlichen Schauspielern in Hollywood.
Seine bisher bekanntesten Filme sind Die Wutprobe (Anger Management) aus 2003 mit Jack Nicholson. Ex-Tennisstar John McEnroe hat in dem Film einen Cameo-Auftritt. Das dürfte wohl Sandlers bisher bester Film sein. Es folgten Filme wie „50 erste Dates“ (50 First Dates) und „Spanglish“ aus 2004 und „Leg dich nicht mit Zohan an“ (You Don’t Mess with the Zohan) und „Bedtime Stories“ aus 2008.
Es handelt sich dabei überwiegend um Komödien mit nicht allzu viel Tiefgang. Zum Abschalten und zur bloßen Unterhaltung finde ich die Filme mit Sandler aber ganz okay. Sein neuester Film aus 2009 Wie das Leben so spielt (Funny People) ist jetzt auf DVD Wie das Leben so spielt erschienen:
George Simmons (Adam Sandler) hat es nach ganz oben geschafft. Aus dem einstigen Stand-Up Comedian, der die ganze Ochsentour durch die kleinen und mittleren Clubs überlebt hat, ist ein millionenschwerer Hollywood-Star geworden – mit allem, was dazu gehört: einer Villa in den Hügeln, teurem Spielzeug und natürlich unzähligen weiblichen Fans, die sich ihm bei jeder Gelegenheit an den Hals werfen. Doch nun hat das alles keinen Wert mehr. Sein Arzt hat ihm gerade offenbart, dass er an einer seltenen Blutkrankheit, einer besonders aggressiven Leukämie-Variante, leidet. Ihm bleibt höchstens noch ein, immer wieder von extremen Schmerzen begleitetes Jahr. Angesichts dieser Aussichten hält er es in seinem mit teuren Möbeln und neuesten High-Tech-Geräten vollgestopften, aber menschenleeren Haus nicht mehr aus. Die Erkenntnis niemanden zu haben, keine Freunde und auch keine Frau, trifft ihn letztlich sogar härter als die Diagnose. Also besinnt er sich auf seine Anfänge und tritt noch einmal in einem Comedy-Club auf.
Da nicht nur der Regisseur und die Hauptdarsteller zu Beginn ihrer Karrieren als Stand-up Comedians tätig waren, verarbeitet Wie das Leben so spielt zahlreiche autobiographische Erfahrungen. Regisseur Apatow und Sandler wohnten in einer Wohngemeinschaft zusammen, als sie rund 20 Jahre vor der Arbeit an dem Film selbst regelmäßig im Comedy-Club The Improv auftraten. In dem Film kommen eine Reihe von Comedians in kleinen Rollen oder Cameo-Auftritten vor,
Zunächst: Der Film ist für mich ziemlich Sandler-untypisch – trotz der autobiografischen Bezüge. Er hat keine wirklichen Höhepunkte, fließt dahin (in der Originalfassung fast zweieinhalb Stunden) und ähnelt für mich, ich weiß auch nicht warum, einem Dokumentarfilm. Und am Ende weiß ich nicht, ob ich die Person des George Simmons in irgendeiner Form sympathisch finden soll. Was besonders stört, ist dieses andauernd verbale „Schwanzlutschen“; und eine Person kommt ohne mindestens ein „fuck“ in jedem Satz nicht aus. Soll das etwa cool sein? Überhaupt ist der Film zu sehr amerikanisch, was man darunter auch immer verstehen mag. Für alte Sandler-Fans muss der Film irritierend sein – und vielleicht liegt darin sein eigentlicher Reiz. Es ist ein Film, der an der Oberfläche schwimmt. Und plötzlich gewährt er uns doch etwas, was Sandler-Filmen eigentlich fehlt: Tiefgang, so unverhofft, dass man glaubt, es nur zu träumen. Ist der Film nun eine Komödie oder gar eine Tragikomödie? Oder doch nur Klamauk mit einem etwas derangierten Sandler?
Apropos Ex-Tennisstar John McEnroe (wohl ein alter Kumpel Sandlers): Der Auftritt McEnroes (in „Mr. Deeds“, „Die Wutprobe“ und in „Leg dich nicht mit Zohan an“) scheint ja wohl eine Art Running Gag zu sein. In diesem Film tritt er zwar nicht persönlich auf, dafür wird sein Name mindestens zweimal erwähnt.
Nach dem Tod seiner Frau bleiben dem mittlerweile rüstige 78 Jahre alten Carl Fredricksen nur noch sein kleines Häuschen und Erinnerungen an bessere Zeiten. Dabei wäre der Rentner so gerne wie sein großes Vorbild Charles Muntz ein weltbekannter Abenteurer geworden. Dazu bekommt Carl die Chance, als er per Gerichtsbeschluss aus seiner Behausung bugsiert wird, die einem moderneren Bau weichen soll. Doch Carl hat keinen Bock aufs Altersheim. Der frühere Ballonverkäufer bindet sich abertausende Heliumballons an sein Dach und hebt ab. Sein Ziel: Südamerika. Aber Carl hat die Rechnung ohne den blinden Passagier gemacht: Der übergewichtige, Schokolade liebende Pfadfinder und selbsternannter Wildnisforscher Russell hat sich an Bord geschlichen. Nach dieser Überraschung will Carl die Reise unverzüglich abbrechen, doch dann gerät das ungleiche Duo in einen monströsen Sturm und findet sich – schwuppdiwupp – in Südamerika wieder. Hier stürzen die beiden Ballonfahrer sogleich ins nächste Abenteuer. Sie müssen einen seltenen Riesenvogel in Sicherheit bringen, der von einem irren Forscher und seinen sprechenden Hundelakaien gejagt wird …
Wieder einmal entstammt mit Oben ein Animationsfilm aus der Disney/Pixar-Schmiede, der durch eine ungewöhnliche, ich finde: schräge Geschichte glänzt. Es ist bereits der 10. Film dieser Art von Pixar (1995 erschien mit Toy Story die erste Co-Produktion mit Disney) und es ist die erste Pixar-Produktion eines 3D-Films. Wie es aussieht, so wird auch „Oben“ dieses Jahr mit dem Oscar als bester Film in seiner Kategorie ausgezeichnet werden.
Oben besticht wie seine Vorgänger durch seine computeranimierten Bilder. Für einen Disney-Film, der neben vielen komischen Einfälle auch von Verlust, Trauer und Tod berichtet, ist dieser ungewöhnlich erwachsen. Wer Toy Story und Co. mochte, der wird auch diesen Film lieben.
Man mag von Horst Schlämmer halten, was man will. Dieser schmierige, Trenchcoat tragende Provinzpostillen-Schreiberling, der Bier und Doornkaat als Treibstoff braucht und durch allerlei Beschwerden wie „Rücken“, „Kreislauf“ und Konzentrationsschwäche gebeutelt wird, dessen Äußeres durch eine Vokuhila-Frisur, eine altmodische Brille, einen Schnurrbart, Überbiss und einen mittleren Bierbauch brilliert, hat den Sympathiewert eines Mr. Bean. Zudem leidet er unter Schnappatmung. Diese Beeinträchtigungen hindern ihn freilich nicht daran, ständig junge attraktive Frauen in betont schleimiger Art „anzubaggern“, Also eigentlich alles andere als liebenswert. Und doch hat Horst Schlämmer in Deutschland eine Bekanntheitsgrad erreicht, der seinen Schöpfer und Interpreten Hape Kerkeling veranlasst sah, einen Kinofilm zu drehen.
Schlämmer ist eine von vielen Kunstfiguren von Hape Kerkeling, der die besondere Gabe besitzt, sich immer wieder selbst neu zu erfinden, sei es über seine Figuren, über innovative Fernsehformate oder über originelle Ansätze, Humor an den Mann und die Frau zu bringen. In Horst Schlämmer – Isch kandidiere erkennt man bald, welches filmisches Vorbild Hape Kerkeling hier ansteuert. Was bei Sacha Baron Cohen mit Borat perfekt und mit Brüno zumindest teilweise funktioniert hat, müsste auch auf Deutschland übertragbar sein.
Der stellvertretende Chefredakteur des Grevenbroicher Tagblatts, Horst Schlämmer, hat von seinem Job endgültig genug. Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung beschließt er, in die Politik zu gehen. So begibt er sich in den Nahkampf mit dem Politikervolk. Mal sind die Interviewpartner eingeweiht (wie die Grünen Cem Özdemir und Claudia Roth oder Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers), mal offensichtlich nicht. Aber wo „Vorbild“ Sacha Baron Cohen seine Gesprächsopfer bitter-böse vorführt, entlarvt und demütigt, passiert bei „Horst Schlämmer – Isch kandidiere“ nicht viel. Hape Kerkelings Versuch, in „Horst Schlämmer – Isch kandidiere“ der deutschen Politik den Zerrspiegel vorzuhalten, erstickt in der eigenen Harmlosigkeit.
Natürlich hat der Film einen gewissen Unterhaltungswert – ähnlich wie bei dem bereits zitierten Mr. Bean. Aber Kerkeling ist eben kein Satiriker und meilenwert davon entfernt zu ‚entlarven’. Er will keinem wirklich weh tun. Und so dreht sich alles mehr oder weniger um die Person Horst Schlämmer, die durch Kerkeling sicherlich bis ins letzte Detail ausgeformt ist, die aber über einen Darsteller von humorvollen Klamauk nicht hinauskommt. Schade eigentlich.
Meine Frau und ich haben ein besonderes Verhältnis zu Italien, besonders meine Frau. Vor vielen Jahren hat sie in Tostedt eine Familie aus Sizilien kennen gelernt. Der Mann arbeitete als Gastarbeiter in dem kleinen Ort. Nach gut 15 Jahren Aufenthalt in Deutschland kehrten sie in ihre Heimat zurück. Seitdem haben wir sie bereits öfter besucht und die Hochzeiten der Kinder als Gäste mitfeiern dürfen.
So kam meine Frau an dem Buch Maria, ihm schmeckt’s nicht! von Jan Weiler natürlich nicht vorbei. Das Buch vermischt auf humorvolle Weise fiktive Elemente mit den Erzählungen Weilers Schwiegervaters „Antonio“ und seinen Erfahrungen mit seiner italienischen Familie. Meine Frau fand das Buch köstlich.
Zum Inhalt: Es geht um einen jungen deutschen Mann, der sich morgens beim Bäcker in eine schöne Halb-Italienerin verliebt. Und als er einige Zeit später mit ihr vor den Traualtar tritt, heiratet er nicht nur sie, sondern auch ihre beträchtliche italienische Sippe aus Campobasso. Und die will ihn natürlich sofort kennen lernen! Vor allem sein Schwiegervater Antonio Marcipane, von dem er beim ersten Treffen befürchtet, er könne ihm einzelne Finger abschneiden und zwecks Lösegelderpressung an seine Eltern schicken, stellt sich als sehr redselig heraus. Die beiden fahren zusammen nach Campobasso, wo Antonio seine Lebensgeschichte erzählt – die eines italienischen Gastarbeiters, der in den 60er Jahren mit großen Träumen nach Deutschland kommt und bleibt.
Inzwischen wurde das Buch verfilmt und ist seit kurzem als DVD erhältlich: Maria, ihm schmeckt’s nicht!: Regie: Neele Leana Vollmar – Darsteller: Lino Banfi, Christian Ulmen, Mina Tander, Maren Kroymann, Gundi Ellert, Peter Prager, Paolo de Vita, Ludovica Modugno, Lucia Guzzardi, Nino Bellomo, Leonardo Nigro, Pierluigi Ferrandini
Jan (Christian Ulmen) möchte die Deutsch-Italienerin Sara (Mina Tander) heiraten. Ganz unspektakulär. Nur standesamtlich. Doch Jan hat die Rechnung ohne seinen zukünftigen Schwiegervater gemacht. Antonio Marcipane (Lino Banfi), der 1965 als Gastarbeiter nach Osnabrück kam und mit der Deutschen Ursula (Maren Kroymann) verheiratet ist, verlangt eine Hochzeit in Süditalien. Basta!
Jan und die Marcipanes reisen nach Campobello, um die große Familienfeier mit der ganzen Sippschaft vorzubereiten. Konfrontiert mit südlichem Temperament, apulischer Küche, weichen Betten und harter Bürokratie, muss Jan sich schon bald fragen, ob Sara und ihre Familie wirklich die Richtigen für ihn sind …
Maria, ihm schmeckt’s nicht! – Trailer
Buchverfilmungen sind fast immer problematisch. Der Film muss sich meist auf das Wesentlichste reduzieren. Und so fand meine Frau das Buch auch um vieles besser als den Film. Ich selbst habe bisher das Buch nicht gelesen – und kann die Geschichte nur nach dem Film beurteilen. Sicherlich werden hier manche Klischees reichlich strapaziert, aber Überzeichnungen prägen nun einmal Komödien. Die einzelnen Charaktere bleiben immer liebenswert menschlich – mit Schwächen und Stärken, sodass der Film durch herzerfrischenden Charme punktet. Bei mir hat der Film auf jeden Fall Appetit gemacht, jetzt auch (endlich) das Buch zu lesen. Mir hat der Film geschmeckt ….
Filmkritik auf filmstarts.de mit diversen Filmausschnitten