Alle Artikel von WilliZ

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Wo sollen wir noch sparen …?!

Putins Krieg gegen die Ukraine ist längst auch zu einem Energiekrieg gegen die westlichen Staaten geworden. Wer mehr zu leiden hat, die Menschen in der Ukraine oder wir, brauche ich wohl nicht zu sagen. Gas aus Russland kommt zurzeit nur tröpfchenweise an. Ausreden gibt es genug. Eigentlich können Lieferverträge auch gekündigt werden.

Wir wissen: zu lange hat die Politik auf Putin vertraut und sich ganz in die Hände des Machthabers im Kreml begeben. Jetzt also die Rechnung: Gas wird für den Verbraucher doppelt so teuer wie bisher und auch der Strompreis steigt und steigt, weil es da das Merit-Order-Prinzip gibt, dass das teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um den Bedarf zu decken, den Strompreis bestimmt. Das ist jetzt natürlich die Stromerzeugung mit Gas. Diesen Preis können also auch alle anderen, günstigeren Anbieter vereinnahmen. Das hat vielleicht lange funktionierte, ist jetzt aber zur Kostenfalle geworden. Hinzu kommen Probleme bei französischen Atommeilern und auch das Niedrigwasser der Flüsse durch die Hitzeperiode (Kohle kann nur bedingt durch Binnenschiffe transportiert werden).

Strompreise Juli 2022
Strompreise Juli 2022

Wie gesagt: Die Politik hat lange geschlafen bzw. sich von Herrn Putin einlullen lassen. Gas aus Russland soll durch Flüssiggas z.B. aus den USA, das z.B. durch die umweltunverträgliche Fracking-Methode gewonnen wird, ersetzt werden. Das dauert natürlich, da entsprechende Terminals bei uns noch fehlen.

Immerhin ist eine Trendwende hin zu erneuerbaren Energieträgern ersichtlich.

Stromeinspeisung 1. Quartal 2022
Stromeinspeisung 1. Quartal 2022

Die Politik verspricht Entlastungen für die Bürger. Und so sollen jetzt auch Rentner und Studenten in den Genuss einer Energiepreispauschale kommen. Allerdings gibt da noch die so genannten Gasumlage ( ab Oktober zusätzliche Kosten von 2,419 Cent pro Kilowattstunde  Gas). Angeblich hat die Energieversorger-Lobby mit an dem Gesetz gewerkelt. Wäre ja nicht das erste Mal, das Lobbyverbände den Inhalt von Gesetzen bestimmen. Die Umlage kommt also noch einmal zum Gaspreis hinzu. Wenn schon, denn schon …

Die Erträge aus der Umlage sollen an Gas-Importeure gehen, um deren hohe Beschaffungskosten für Gas auszugleichen. Anderenfalls könnte der Zusammenbruch von Unternehmen, die für das Funktionieren des Gasmarkts und die Versorgungssicherheit wichtig sind, drohen. So will sich auch unser Versorger, die EWE, einen großen Schluck aus der Umlage-Pulle holen, ein Unternehmen, das in den Vorjahren Gewinne im dreistelligen Millionenbereich machte und u.a. auch Partner einer Infrastruktur-Investmentgesellschaft ist, die immerhin 26 % Anteile an der EWE AG übernommen hat. Man ist sich nicht zu schade, letztendlich dem Verbraucher zur Kasse zu bitten. Rede da die Politik (mit Hilfe der Energieversorger-Lobby) nicht etwa eine Krise herbei, die sich dann vielleicht als selbst erfüllende Prophezeiung generiert?!

Wenn ich durch unseren Landkreis Harburg mit dem Rad fahre, so führt mich mein Weg an mehreren Anlagen vorbei, die Biogas produzieren. So z.B. die Anlage in der Nähe von Heidenau, die sich aus der Ferne optisch wie die Pyramiden ausmacht. Der Anteil von Biogas liegt allerdings gerade einmal bei etwas mehr als 2,5 % aller Energieträger.

Die Pyramiden der Bioenergie: Biogasgewinnung bei Heidenau
Die Pyramiden der Bioenergie: Biogasgewinnung bei Heidenau

Um diese Anlage liegt allerdings ein ziemlich anrüchtiger Duft durch die Zersetzung von organischem Material wie Gülle, Bioabfällen oder Energiepflanzen (z.B. Mais). Eine kleinere Biogasanlage ist zwischen Wüstenhöfen und Dohren zu finden.

Biogasgewinnung bei Heidenau
Biogasgewinnung bei Heidenau

Was können wir als Verbraucher gegen diesen Preisschock tun? Sparen, sparen, sparen … Noch mag das halbwegs möglich sein. Aber der nächste Winter kommt bestimmt, und wenn dieser kalt wird, dann gute Nacht, Marie. Meine Frau und ich sind immer schon sehr sparsam mit Gas und Strom umgegangen. Wir müssen z.B. im Winter unser Haus nicht auf 25 ° C erhitzen. 20 ° C als Höchstwert tun es auch. Ansonsten kann man sich Bewegung schaffen oder auch wärmere Klamotten anziehen. Früher hat man uns dafür durchaus für bekloppt gehalten, aber im kommenden Winter werden sich viele ‚umsehen‘ und überlegen, ob sie gewillt sind, die hohen Energiepreise zu zahlen. Für meine Frau und mich ist kaum noch Spielraum zum Einsparen …

Gut, die Waschidee des Herrn Kretschmann, weniger zu duschen und zum Waschlappen zu greifen, hat einen Shitstorm im Netz ausgelöst. Warum eigentlich? Ich dusche mich nun wirklich nicht jeden Tag (2x die Woche reicht oder außer an wirklich heißen Tagen bzw. nach schweißtreibender Arbeit). Meine Haut dankt mir dafür sogar.

Das Problem ist, dass wir immer noch mit einem Bewusstsein leben, das keine Rücksicht auf unsere Umwelt legt. Bequemlichkeit ist immer noch wichtiger, selbst dann, wenn es uns nicht bekommt. Ich denke da nur an den in Deutschland unmäßig großen Fleischverbrauch (von ‚Genuss‘ kann nicht die Rede sein). Auch ich verzichte nicht völlig auf Fleisch. Aber mit meiner Frau haben wir den Verbrauch stark eingeschränkt. Und in kleinen Mengen schmeckt es dann auch viel besser. Was die Fleischproduktion an Wasser und Energie (eben diese!) benötigt, ist unverhältnismäßig.

Was wir brauchen ist ein geändertes Bewusstsein. Vielleicht bringt die Energiekrise den einen oder anderen zum Umdenken. Wenn es ans Portemonnaie geht, machen sich doch einige plötzlich Gedanken.

Wochenmarkt in Mainz (Freitag 26.08.2022)

Auf unserer 9-Euro-Ticket-Tour nach Mannheim machten meine Frau und ich einen Halt in Mainz. Bevor wir von dort nach Mannheim weiterfuhren, ging es noch einmal in die Mainzer Innenstadt. Und neben dem Besuch des Mainzer Doms bummelten wir über dem Wochenmarkt, der in der Altstadt an diesem Freitag stattfand. Wir beide mögen Wochenmärkte und haben auch in unserem Wohnort dienstags wie freitags einen solchen, wenn dieser auch ziemlich klein ausfällt. Der Wochenmarkt in Mainz (bei bestem Sonnenwetter) war dagegen in seinen Farben und natürlich mit seinen regionalen Angeboten beeindruckend.

Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (1)
Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (1)

Was es z.B. bei uns nicht gibt, sind Weintrauben aus dem eigenen (also regionalen) Anbau. Auch sonst war das Angebot riesig und wir bedienten uns gern davon.

Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (2)
Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (2)

Hier noch einige weitere Fotos von den Verkaufsständen …

Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (3)
Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (3)

Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (4)
Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (4)

Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (5)
Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (5)

Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (6)
Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (6)

Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (7)
Wochenmarkt in der Mainzer Altstadt (7)

Wenn es einen vergleichbaren Wochenmarkt bei uns im hohen Norden gibt, dann den in der Isestraße von Hamburg, der zu den größten in Deutschland zählt.

Abenteuer Ulysses von James Joyce (06): 5. Kapitel – Lotophagen [Odyssee]

Komme ich heute zum 5. Kapitel des Ulysses von James Joyce, das sich auf Odysseus‘ Besuch bei den Lotophagen bezieht. Wie die Gefährten des Odysseus im Land der Lotophagen, der Lotosesser, der narkotisierenden Kraft der Lotus-Frucht willenlos erliegen, begleiten hier ‚Drogen‘ Leopold Bloom auf seinem Weg. Sie locken in Gestalt von Werbung, katholischem Ritual, Blumen, Tee oder Körperpflege.

James Joyce (© Suhrkamp Verlag)
James Joyce (© Suhrkamp Verlag)

Inhalt des 5. Kapitels: Lotophagen (Badeanstalt)

Wie schon kurz angesprochen, so versucht dieses Kapitel stilistisch die hypnotische Natur u.a. der Religion darzustellen.

Bloom beginnt seine Wanderung durch Dublin. In diesem Kapitel, das Joyce dem Narzissmus zugeordnet hat, sind Körperpflege und -geruch die vorherrschenden Themen, das Motiv der Blume (Lotos) durchzieht den Text. Auf Umwegen geht Bloom zum Postamt und holt einen Brief ab. Wir erfahren, dass er unter dem Pseudonym „Henry Flower“ mit einer gewissen Martha [Clifford] korrespondiert, wodurch diese Konnotation seines Namens verstärkt wird. Der Brief enthält eine zerdrückte gelbe Blume: „Er riß mit Ernst die Blume aus der Nadelheftung, roch ihren fast gar keinen Ruch und brachte sie an seiner Herztasche an. Blumensprache. Die mögen sie, weil keiner sie hören kann.“ Das Postskriptum des Briefes („PS: Sag mir doch, was für ein Parfum benutzt Deine Frau.“) beschäftigt ihn den ganzen Tag.

In Sweny’s Drogerie kauft Bloom die berühmte Zitronenseife („Süßes zitroniges Wachs“), deren Duft ihn ebenfalls den ganzen Tag – und somit den ganzen Roman – begleiten wird. Sogar der Körpergeruch des Drogisten spielt während des Kaufes in Blooms Gedanken eine Rolle: „Der Drogist blätterte Seite um Seite zurück. Sandgelb verschrumpelt, so riecht er scheints auch.“ Danach trifft Bloom auf einen flüchtigen Bekannten („Bantam Lyons’ schwarznägelige Finger entrollten den Stab. Braucht auch mal ne Waschung. Daß wenigstens der gröbste Dreck runterkommt.“). Durch ein Missverständnis meint dieser, Bloom hätte ihm einen Tipp für das nachmittägliche Pferderennen gegeben.

Das Kapitel endet mit der Vorfreude auf sein Bad in einer öffentlichen Badeanstalt, einer beruhigten narzisstischen Betrachtung seines Körpers im Wasser: „Er sah im Geiste seinen bleichen Leib darin ruhen, lang ausgestreckt und nackt […] und sah die dunklen verstrickten Löckchen seines Büschels fluten […], eine schlaffe flutende Blume.“
(Quelle: de.wikipedia.org)

Personen des 5. Kapitels

In diesem Kapitel steht der Hauptakteur Leopold Bloom fast allein im Mittelpunkt. Erwähnenswert ist höchstens seine Begegnung mit C.P. Charley M’Coy. Dieser ist Teil der Gruppe um Cunningham, dem wir mit Bloom im Wagen zum Friedhof (6. Kapitel: Hades) kennenlernen. M’Coy arbeitet im Leichenschauhaus bei Louis Byrne. Außerdem läuft ihm Bantam Lyons über den Weg. Beides sind aber nur Nebenfiguren.

Anmerkungen zu diesem 5. Kapitel

Ich hoffe besonders bei den Übersetzungen (Französisch, Italienisch, Lateinisch) die ‚richtigen Worte‘ gefunden zu haben (der Google-Übersetzer ist nicht immer eine Hilfe bei diesen Sprachen).

S.100: dolce far niente [süßes Nichtstun]
S. 104: die Peri [gute Fee]
Esprit de corps [Korpsgeist, z.B. beim Militär]
S. 112: S.J. [Jesuit]
Ecce Homo [Sehet, welch ein Mensch – siehe auch Friedrich Nietzsche]
S. 114: I.H.S. [In hoc salus – darin ist das Heil]
Invincibles [Unbesiegbare – Gangsterbande]
S. 115: Stabat Mater [schmerzerfüllte Mutter]
Quis est homo [Wer ist der Mann/Mensch]
S. 119: Luffas [Kürbisgewächs – Schwamm]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]

Abenteuer 9-Euro-Ticket – 600 km von Tostedt nach Mannheim

Ja, auch ich und meine Frau haben während der drei Monate Juni bis August das 9-Euro-Ticket genutzt. Es begann damit, dass wir – leider aus traurigem Anlass – nach Bremen fahren mussten. Damit hatten wir die Kosten für Juni schon wieder hereingeholt. Außerdem musste meine Frau zweimal, ich einmal nach Buchholz zu Arztbesuchen (wir hatten diese Termine bewusst so legen lassen).

Im Juli starteten wir in Sottrum eine Wanderung zu den Sanddünen von Voßberge, die uns einen erneuten Abstecher von Ottersberg nach Bremen bescherte. Ende Juli ging es in das durch die Künstlerkolonie bekannte Worpswede. Anfang August fuhren wir (wieder über Bremen) nach Ottenbüttel, um dort das Sandhausener und das Hamberger Moor zu erkunden.

In soweit war das natürlich vom Bahnfahren her noch kein Abenteuer. Die Züge waren halbwegs pünktlich (okay, in Ottersberg nach Tostedt fiel ein Zug aus, weshalb wir den Abstecher nach Bremen machten) und wir hatten immer Sitzplätze.

Das eigentliche Abenteuer war die Fahrt von uns aus (Tostedt) nach Mannheim im Personennahverkehr, um unseren älteren Sohn und seine Freundin zu besuchen. Schnell stand die Reiseroute fest: Start um 7 Uhr 47 in Tostedt – fünfmal umsteigen (Bremen – Osnabrück – Duisburg – Koblenz und Mainz) – Ankunft in Mannheim um 17 Uhr 15 – wenn alles gut geht. Wie ich den Nahverkehr von uns aus nach Hamburg oder nach Bremen kenne, war die Chance, das alles klappt, nicht sehr groß. Schnell war auch geklärt, dass wir am Donnerstag starten, in Mainz einen Abstecher machen, um am Freitag in Mannheim einzutreffen. Und nur so aus Jux und Laune konsultierte ich die Website vom Flixbus bzw. Flixtrain. Und tatsächlich sollte da genau am Donnerstag, genau unserer Zeitplanung entsprechend, ein Flixtrain von Bremen (bis Bremen mussten wir sowieso einen Nahverkehrszug nehmen) nach Mainz fahren: Fahrtkosten gerade einmal 20 € pro Nase. Und da ich erholt aus Mannheim nach Hause kommen wollte (fünfmal umsteigen an einem Montag würde dem entgegenstehen) buchte ich einen ICE von Mannheim nach Bremen zum Sparpreis von zusammen 100 €.

Aber am Nachmittag vor der Abreise kam verflixt die Nachricht vom Flixtrain, dass der Zug storniert wäre. Ein Grund wurde nicht genannt. Super, also doch im Nahverkehr über Mainz nach Mannheim.

Um 7 Uhr 47 sollte es also mit dem Regionalexpress (RE) des Metronom nach Bremen losgehen. Eigentlich stehen wir immer zwei Stunden vor einer Abfahrt auf, um uns zu duschen, schnell noch etwas zu frühstücken und um den unumgänglichen Gang aufs Töpfchen vorzunehmen. Unser Weg zum Bahnhof ist kurz und zu Fuß zu erledigen. Aber die Erfahrung aus zwei vorhergehenden Monaten mit 9-Euro-Ticket hatte uns gelehrt, dem RE zu misstrauen. Dieser fährt von uns nach Bremen und hält nur noch in Rotenburg/Wümme, um aber besonders am Morgen zugunsten der Regionalbahn (RB), die an allen Unterwegsbahnhöfen hält (und die Pendler auch von dort aufnimmt), auszufallen.

So standen wir also bereits um 5 Uhr auf – und siehe da: Der 7-Uhr-47-Zug fiel aus. Mit der späteren Regionalbahn hätten wir unseren Anschluss in Bremen verpasst, also visierten wir die 7-Uhr-15-RB an. Und da schon alles schneller bei uns ging, erwischten wir auch noch den RE um 6 Uhr 32, der sich allerdings als Bummelzug entpuppte.

Jetzt hatten wir also gewissermaßen eine ganze Stunde Vorsprung. In Bremen kamen wir immerhin pünktlich an (hatte auch gute Sitzplätze und Platz für unser Gepäck) und hatten etwas Zeit, um noch etwas für ein 2. Frühstück einzukaufen. Dann ging es super pünktlich um 8 Uhr 07 weiter nach Osnabrück, dort um 9 Uhr 47 weiter nach Duisburg. Hatten wir zuvor genügend Zeit für das Umsteigen, so sollte es in Duisburg mit nur acht Minuten sehr knapp sein. Und wie es kommen musste: Der Zug hatte sehr bald Verspätung, die nicht mehr einzuholen war. Wir planten schon eine Weiterfahrt bis Düsseldorf, da unser Zug auf Gleis 3 eintreffen, der Zug nach Koblenz aber auf Gleis 2 abfahren sollte. Eben nicht der gleiche Bahnsteig. Aber Glück im Unglück: Wir kamen auf Gleis 4 an – und der RRX (Rhein-Ruhr-Express) von National Express stand verspätet auf dem gleichen Bahnsteig gegenüber. Nichts wie raus aus dem Zug und in den RRX eingestiegen. Dieser war zwar ziemlich voll, aber wir bekamen doch noch Sitzplätze – und die Fahrt erwies sich als das, was wir uns erträumt hatten: Nähe zur ansässigen Bevölkerung! Die zwei Stunden Fahrt (oft am linken Rheinufer entlang) vergingen wie im Fluge.Wir haben uns mit zwei Herren bestens unterhalten und bekamen wertvolle Tipps für die Weiterfahrt von Koblenz nach Mainz („Nehmen Sie nicht den Zug in Richtung Frankfurt, da reisen alle Flugreisende mit!“).

Okay, in Koblenz war unser Zug nach Mainz natürlich längst enteilt. Und der nächste Zug, die RB 28, sollte um 14 Uhr 30 fahren, kam verspätet an (auch hier die dem Durchhalten gewidmeten, sich sukzessiv steigernden Durchsagen – zunächst: „Der Zug hat voraussichtlich 5 Minuten Verspätung!“ – und dann doch: „… 10 Minuten …!“ – um zuletzt 15 Minuten später zu kommen) und war – eigentlich kein Zug Richtung Frankfurt – proppevoll. Die Sicht auf den Rhein interessierte uns zunächst nur nebenbei. Aber nach einer knappen halben Stunde hatten meine Frau und ich dann doch noch Sitzplätze – nebeneinander sogar. Gegen 16 Uhr 15 (laut unserer vorherigen Planung sollten wir um 16 Uhr 08 ankommen) waren wir dann am Mainzer Hauptbahnhof. Die eine Stunde ‚Vorsprung‘ hatte sich also aufgebraucht. So hatten wir die geschätzten 530 km von uns nach Mainz in 9 ¾ Stunden geschafft. Und waren eigentlich noch ganz gut drauf, um uns die Altstadt anzugucken, einen Happen zu essen und auch noch in einem Irish Pub einen Pint of Guinness zu trinken.

Im Hotel durften wir am folgenden Freitag bis um 12 Uhr bleiben, sodass wir nach dem Frühstück noch einmal in die Altstadt (mit dem Bus und dem 9-Euro-Ticket) fuhren, den Dom besichtigten und auf dem Wochenmarkt, der nicht nur schön gelegen, sondern auch eine riesige Auswahl parat hatte, kleine Einkäufe zu erledigen.

26.08.2022 – Abfahrt 11 Uhr 52 ab Mainz – nach MANNHEIM
26.08.2022 – Abfahrt 11 Uhr 52 ab Mainz – nach MANNHEIM

Dann lag nur noch eine geschätzt 70 km lange Strecke vor uns: Von Mainz nach Mannheim! Anstatt mit einem RE zu fahren, nahmen wir die S-Bahn der Linie 6 um 11 Uhr 52 – weiterhin auf der linken Rheinseite fahrend. Die Bahnstrecke hier ist ein rechtes Nadelöhr und wird von jeder Art von Bahn genutzt, eine eigene S-Bahn-Strecke gibt es nicht. So kam es, wie es kommen musste: Wir wurden ständig von anderen Zügen überholt (auch von dem später gestarteten RE, der, anders als unsere Bahn, offensichtlich überfüllt war – klar, an einem Freitag zur Mittagszeit wollen alle schnell nach Hause). So wurde aus der fast doppelten Fahrzeit (gegenüber dem RE) eine annähernd dreifache. Aber das war uns egal. Um 14 Uhr 15 waren wir nach etwa 600 km im Nahverkehr mit dem 9-Euro-Ticket in unserem Hotel in den Quadraten.

Die Rückfahrt mit dem ICE am Montag, den 29.08., um 10 Uhr 39 ab Mannheim nach Bremen (planmäßige Ankunft dort sollte 16 Uhr 15 sein) war viel eher abenteuerlich. Wegen einer Stellwerkstörung und dann noch „Personen im Gleis“ wurden wir bis Koblenz rechtsrheinisch umgeleitet (so hatten wir immerhin auch eine Sicht auf die linke Rheinseite), was uns eine Verspätung von rund 45 Minuten einbrachte. Und am Ende hatte die Deutsche Bahn AG (DB) Glück im Unglück: Da die letztendliche Verspätung bei knapp unter einer Stunde lag, braucht sie uns keine 25 % des Fahrpreises erstatten. Die Stunde wurde dann aber doch noch mehr als voll gemacht – mit dem Metronom, der noch etwa 20 Minuten drauflegte.

Ab in die Brombeeren

Meine leider viel zu früh verstorbene Schwester Inge war eine Pflaumenliebhaberin, genauer: sie liebte Pflaumen- bzw. Zwetschgenkuchen über alles. Kein Wunder, wurde sie im September geboren, in der Zeit, in der diese Steinobstgewächse geerntet werden. Auch ich und meine Familie lieben Pflaumenkuchen.

Aber noch sind wir Ende August/Anfang September, und da gibt es noch reichlich Brombeeren. Wie Pflaume und ihre Unterart, die Zwetschge, so gehören auch Erd-, Him- und Brombeere zur Familie der Rosengewächse. Aber der Belehrung genug.

Obwohl die kultivierten Beeren nicht gerade billig sind und auch nicht den Geschmack wildwachsender oder im eigenen Garten gezogener Früchte haben, so haben wir uns auf dem Wochenmarkt doch reichlich schadlos daran gehalten. Besonders meine Frau liebt Beeren/Bären aller Art.

Wie gesagt: Wild wachsende Beerenfrüchte haben ein Vielfaches an Geschmack, an Aroma. Auf Waldspaziergängen oder bei einem Ausflug in die zwei Moore bei Oldenbüttel haben wir noch viele Heidelbeeren, auch Blau- oder bei uns in Norddeutschland Pickbeeren genannt, gefunden. Ein Fest für den Gaumen!

Heidelbeeren auf die Kralle
Heidelbeeren auf die Kralle

Auf einer kleinen Radtour unweit von Fintel im Landkreis Rotenburg/Wümme in der Nähe des Feienbuschs Moores (wieder ein Moor) fand ich diese herrlichen Brombeeren – geradezu im Überfluss, da wohl bisher von keinem anderen entdeckt:

Ab in die Brombeeren
Ab in die Brombeeren

Aber wir haben auch Brombeersträucher im eigenen Garten, die in diesem Jahr besonders viele Früchte tragen. Der ältere meiner beiden Söhne, ein Hobby-Dendrologe, erklärt die große Menge an Früchten mit dem viel zu trockenem Wetter und der damit verbundenen Hitze. Wenn Bäume und auch Sträucher unter Nährstoffmangel und Wasserknappheit leiden, blühen diese häufiger und intensiver. „Forstleute kennen den Begriff der Notfruktifikation, man kann auch Angstblüte dazu sagen. Unnötig Kraft zu verausgaben, wäre für einen geschwächten Baum kaum sinnvoll – es sei denn, um das Überleben seiner Art zu sichern, bevor es mit ihm zu Ende geht.“ (Quelle: sandsteinblogger.de)

Brombeeren aus dem eigenen Garten
Brombeeren aus dem eigenen Garten

Verlassen wir das Haus oder kommen wir sonstwie an den Brombeeren vorbei, so begutachten wir den Stand der Reife der Früchte. Und so wandert dann die eine oder andere Beere schnell über den Mund in den Magen.

Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]

    „Allgemeiner Durst. Wäre ein ganz schönes Geduldsspiel, quer durch Dublin, ohne an einer Kneipe vorbei.“
    (Ulysses, S. 82)

Was lange währt … Nun, ich habe das 13. Kapitel des Ulysses von James Joyce hinter mir gelassen und nebenbei auch noch zwei andere aus Irland stammende Romane gelesen (dazu natürlich später mehr). Es wird also Zeit, endlich hier mit dem 4. Kapitel fortzufahren (wohin auch immer!).

Oh, oh, die Jungs von Kilkenny ... (Kapitel 3 – S. 63)
Oh, oh, die Jungs von Kilkenny … (Kapitel 3 – S. 63)
James Joyce: Ulysses (in dt. Übersetzung von Hans Wollschläger) / Penelope (The Last Chapter of ) / Flasche Kilkenny – Irish Red Ale / Fritz Janschka: Ulysses-Alphabet mit signierter Originalgraphik: Harenbergs Joyce

Inhalt des 4. Kapitels: Kalypso (zu Haue bei den Blooms)

Das Kapitel 4 ist im Stil einer mehr oder weniger normalen Erzählung verfasst und macht sich lustig über die großen Helden von einst. Damit beginnt der 2. Haupteil des Romans, der mit ‚Odyssee‘ überschrieben ist und die Kapitel 4 bis 15 (von insgesamt 18) ausmacht, die die ‚Irrfahrten‘ des Leopold Bloom beschreiben.

Zur gleichen Zeit wie Mulligan bereitet auch Leopold Bloom das Frühstück in seinem Haus in der Eccles Street 7 für seine Frau Molly und dann für sich zu. Der Leser wird mit der Gedankenwelt Blooms vertraut gemacht. Die äußeren Handlungen und Eindrücke vermischen sich mit seinen persönlichen Empfindungen und Gedanken. Beim Metzger Dlugacz in der Nachbarschaft kauft er eine Schweineniere, die er dann brät: „Den feinen Tee-Dunst riechen, Dampf von der Pfanne, zischende Butter. Nahe sein ihrem schwellenden bettwarmen Fleisch. Ja, ja.“ Dadurch verstößt Bloom gleich bei seinem ersten Auftreten gegen die jüdischen Speisegesetze. Er bringt Molly das Frühstück und die Morgenpost ans Bett, die einen Brief ihres Liebhabers Blazes Boylan enthält („Während er das Rouleau in sanften Rucken halb hochließ, bemerkte sein rückwärtiges Auge, wie sie einen Blick auf den Brief warf und ihn dann unter ihr Kissen steckte.“). Fast brennt ihm die Niere an – beim Frühstück liest er dann in der Küche den Brief seiner Tochter Milly.

Danach begibt sich Bloom mit der Zeitung auf das Klohäuschen im Hofe, um sich zu erleichtern: „In Ruhe las er, seinen Drang noch unterdrückend, die erste Spalte und begann, schon nachgebend, doch mit Widerstreben noch, die zweite. Auf ihrer Mitte angelangt, gab er seinen letzten Widerstand auf und erlaubte seinen Eingeweiden, sich zu erleichtern, ganz so gemächlich, wie er las, und immer noch geduldig lesend, die leichte Verstopfung von gestern ganz verschwunden. Hoffentlich ists nicht zu groß, geht sonst mit den Hämorrhoiden wieder los. Nein, grade richtig. So. Ah! Bei Hartleibigkeit eine Tablette Cascara sagrada.“ Seine Gedanken drehen sich auch um eine bevorstehende Beerdigung, an der er teilnehmen muss. Bevor er das Klohäuschen betritt, achtet er darauf, seine Hosen nicht dreckig zu machen. Am Ende des Kapitels versucht er herauszufinden, zu welcher Uhrzeit die Beerdigung stattfinden soll.

Der Titel des Kapitels verweist auf Molly, die hier mit der Nymphe Kalypso, die von Odysseus verlassen wird, in Verbindung gebracht wird. Am Abend, bei Blooms Rückkehr, wird sie Penelope sein.
(Quelle: de.wikipedia.org)

Personen des 4. Kapitels

Poldy (Leopold Bloom), Annoncenakquisiteur bei einer Dubliner Tageszeitung, entspricht Odysseus und ist somit die eigentliche Hauptfigur dieses Romans. Sein Außenseiterstatus beruht darauf, dass er ein Jude in einer römisch-katholischen (und häufig antisemitischen) Umwelt ist, Kind von Ausländern; urspr. Familienname: Viräg, ungarisch „Blume“, Pseudonym Henry Flower.

Molly (Marion Bloom, geborene Tweedy) ist seit 15 Jahren Blooms Ehefrau, Sopranistin, Affäre mit Blazes Boylan. Sie ist Halbspanierin, ihre Mutter stammt aus Gibraltar, wo ihr Vater stationiert war.

Erwähnung findet auch deren beider 15-jähirige Tochter Milly (Millicent Bloom, geboren am 15.06.1889), die an ihren Vater aus Mulligar geschrieben hat, wo sie bei einem Photographen in der Lehre geht, und Rudy (Rudolf), der früh verstorbene Sohn. Außerdem werden viele andere Personen genannt, die in dem Roman aber eher untergeordnete Rollen spielen (z.B. Hugh ‚Blazes‘ Boylan, Mollys Manager und ehemaliger Liebhaber, Sänger, oder J.C. Doyle, Gesangspartner von Molly).

Anmerkungen zu diesem 4. Kapitel

Hier wieder einige Erläuterungen zum besseren Verständnis:

S. 81: Kurat [Hilfspriester]
S. 86: Sandowsche Übungen [nach Eugen S., dt. Kraftsportler]
S. 89: La ci darem [la mano] [aus Mozarts Don Giovanni: Dort reichen wir uns gegenseitig die Hände
Voglio e non vorrei [Ich würde und möchte nicht]
S. 90: Metempsychose [Seelenwanderung]
S. 91: Paul de Kock [frz. Romanschriftsteller]
S. 95: Titbits [‚Leckerbissen‘, Zeitschrift]
S. 97: Cascara sagrada [pflanzliches Abführmittel]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]

Neues aus der Provinz (02)

Früher galt Deutschland als das Land der Ordnung, der Zuverlässigkeit und der Pünktlichkeit. Unter Ordnung wurde dabei durchaus etwas anderes verstanden, als das, was rechte Spinner meinen. „Made in Germany“, ursprünglich Ende des 19. Jahrhunderts als Schutz vor vermeintlich billiger und minderwertiger Importware in Großbritannien eingeführt, war ein Siegel für Qualität.

Heute können wir darüber nur lachen. Deutschland stufe ich gern auf das Niveau einer Bananenrepublik zurück (BRD). Es läuft immer weniger so, wie es eigentlich laufen sollte. Fehler machen wir alle. Aber wenn man wie ich innerhalb einer Woche mit so vielen Fehlern, Irrtümern bzw. Aussetzern konfrontiert wird, dann stellt sich die Frage, ob das nicht eigentlich schon deutscher Alltag geworden ist. Ober liegt es an dem Provinziellen in unsere Alltäglichkeit?!

Neues aus der Provinz
Neues aus der Provinz

Hurricane Festival 2022

Nach zwei Jahren ging es also wieder los, das Hurricane Festival in Scheeßel. Und statt Regen und Gewitter war es diesmal durch die Trockenheit auf dem Gelände sehr staubig. Mal was anderes … – Scheeßel ist von Bremen oder Hamburg aus mit den Zügen des Metronoms erreichbar. Für die Tage des Festivals verbot nun die Metronom Eisenbahngesellschaft kurzfristig die Mitnahme von Fahrrädern und Bollerwagen. Dafür karrten die Festivalbesucher ihre sieben Sachen in mehreren Koffern an, die in der Summe dem Volumen derer von Bollerwagen kaum nachstanden. Und: viele der Besucher wollten, da sie in der Nähe wohnen (z.B. in Tostedt) die Nacht zu Hause verbringen und mit dem Metronom nach Hause fahren. Nur schlecht, wenn der erste Zug am Tag um 0 Uhr 51 (wie schon das Wochenende zuvor) ausfällt, der nächste erst knapp anderthalb Stunden später fährt. Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit also für den Arsch, lieber Metronom!

Zensus 2022 – Gebäude- und Wohnungszählung

Als Eigentümer einer Doppelhaushälfte hatten meine Frau und ich die Aufforderung erhalten, online einen entsprechenden Fragebogen zur Gebäude- und Wohnungszählung im Rahmen des Zensus 2022 auszufüllen. Was wir dann auch taten. Einige Zeit später kam erneut ein Schreiben. Dieses betraf aber ein Grundstück mit Gebäude, bei dem wir weder Eigentümer noch Verwalter sind. Immerhin konnte das bei der Online-Abfrage auch angegeben werden. Dann allerdings wollte man von uns wissen, wer der ’neue‘ Eigentümer ist. Es wird also davon ausgegangen, das wir früher einmal Eigentümer waren und jetzt wissen, wer der neue Eigentümer ist. Um das Formular absenden zu können, habe ich irgendeinen Blödsinn eingetragen. So ganz scheint mir der Fragebogen nicht durchdacht zu sein.

Hurra, die Post ist da

Immer wieder andere Zusteller und es kommt, wie es wohl kommen muss: In unserem Briefkasten liegt die Post des Nachbarn. Und unsere Post landet eine Straße weiter im Briefkasten. Kann vorkommen, sollte es aber nicht …

Ein Arzttermin in der Vergangenheit

Vielleicht nicht die Krönung, aber auch ein Ärgernis: Da für den Tag, an dem ich bei meinem Hausarzt anrief, kein Termin mehr frei war, sollte ich am kommenden Tag morgens kommen. Ich war dann pünktlich da, aber die Sprechstundenhilfe hatte mich zwar für den gleichen Wochentag, aber eine Woche zuvor, also zu einem Termin in der Vergangenheit eingetragen. Eigentlich sollte das nicht möglich sein, solche Termine einzutragen. Und so durfte ich auf einen Termin in der Zukunft hoffen …

Was mir und hier passierte, kann natürlich in einer Stadt genauso passieren. Aber manche deutsche Stadt besticht zunehmend durch einen Hauch, der nach Provinz müffelt. Schrieb ich da etwas von Bananenrepublik?!

Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]

Im 3. Kapitel des Ulysses von James Joyce wird auf Proteus, dem „Alten vom Meer“, einem frühen Meeresgott der griechischen Mythologie Bezug genommen. Wir begleiten Stephen Dedalus, einen der Hauptpersonen dieses Romans, auf seinem Spaziergang am Strand von Sandymount, einem Küstenvorort von Dublin.

Oh, oh, die Jungs von Kilkenny ... (Kapitel 3 – S. 63)
Oh, oh, die Jungs von Kilkenny … (Kapitel 3 – S. 63)
James Joyce: Ulysses (in dt. Übersetzung von Hans Wollschläger) / Penelope (The Last Chapter of ) / Flasche Kilkenny – Irish Red Ale / Fritz Janschka: Ulysses-Alphabet mit signierter Originalgraphik: Harenbergs Joyce

Inhalt des 3. Kapitels: Proteus (Strand)

Das Kapitel 3 ist im Stil eines elitären, männlichen Monologs verfasst.

Der Meeresgott Proteus ist ein Meister der Verwandlung. Als Menelaos, der König von Sparta (und Gemahl der Helena, die nach Troja entführt wurde und damit den Trojanischen Krieg auslöste), sich an ihn wandte, um eine Weissagung zu erhalten, verwandelte er sich in eine Vielzahl von Tieren und Gestalten, bevor er ihm schließlich – von dessen Geduld ermattet – eine Antwort gab.

Im Proteus-Kapitel des Ulysses ist es ein Hund, der diese Verwandlungen durchmacht – jedoch in der Phantasie von Stephen, der den Hund bei seinem Spaziergang am Strand von Sandymount beobachtet. Das Umhertollen des Hundes, bis dieser schließlich auf einen Hundekadaver trifft („Ach, du armes Hundeaas, du! Hier liegt des armen Hundeaases Aas.“ – Und nicht ganz zufällig hatte auch Buck Mulligan Stephen als „Hundeaas“ bezeichnet), beschreibt Joyce in einer furiosen kraftvollen und metaphernreichen Prosa.

Das Kapitel ist geprägt vom Gedankenstrom Stephens. Der Wechsel zwischen Realem und Gedachtem erfolgt unangekündigt und wird dem Leser häufig erst im Nachhinein bewusst. Der Spaziergang hat offensichtlich kein Ziel – eine Rückkehr zum Martello Tower kommt nicht in Betracht, und ein anderes Zuhause hat Stephen nicht. Er fragt sich, ob er seiner Tante einen Besuch abstatten sollte, doch während er nachsinnt, verpasst er den Weg zu ihr („An der Abzweigung zu Tante Sara bin ich schon vorbei. Geh’ ich denn nicht hin? Anscheinend nicht.“). Schließlich lässt er sich nieder und schreibt einige Gedichtzeilen. Zum Ende des Kapitels erblickt er einen Dreimaster, „ein schweigendes Schiff“, das „heimwärts, stromauf“ fährt – ein Hinweis darauf, dass Stephen in Dublin keine Heimat mehr sieht.
(Quelle: de.wikipedia.org)

Personen des 3. Kapitels

Es ist lediglich Stephen Dedalus, der dieses Kapitel gestaltet, das wir als Gedankenstrom Stephens, also als Monolog, wie er sich im Kopf abspielt, erleben. Mit diesem Kapitel endet auch der erste [Telemachie] der drei Hauptteile dieses Romans, der uns aus der Sicht eben dieses Stephan Dedalus geschildert wurde.

Anmerkungen zu diesem 3. Kapitel

Ich hoffe besonders bei den Übersetzungen (Französisch, Italienisch, Lateinisch) die ‚richtigen Worte‘ gefunden zu haben (der Google-Übersetzer ist nicht immer eine Hilfe bei diesen Sprachen).

S. 53: maestro di color che sanno [Meister der Wissenden – Dante über Aristoteles in der Göttlichen Komödie]
des Diaphanen [des Durchscheinenden]
Los Demiurgos [Schöpfer, eigentlich Handwerker -> William Blake]
S. 54: delin [eigentlich ein Vorname]
Adam Kadmon [in der Kabbala der ursprüngliche Mensch]
Velin [Pergamentpapier]
S. 55: lex aeterna [„ewiges Gesetz“ – Plan der göttlichen Weisheit und Liebe]
konsubstantiell [die Abendmahllehre betreffend: die sakramentale Einheit von Leib und Blut Jesu Christi mit Brot und Wein]
Arius [Priester aus Alexandria, 3./4. Jh.)]
Kontransmagnificundjudenpengtantialität [‚Kunstwort‘ bezogen auf die Wesensgleichheit von Gott und Gott-Sohn]
Omophorion [Kleidungsstück der orthodoxen Priester]
Mananaan [Sagengestalt der irischen Mythologie]
Kotte [Kate, kleines Haus]
S. 56: Duces-tecum … [Zwangs- …]
Requiescat [Ruhe]
All’erta [Achtung]
aria di sortita [Arie zum Eintritt einer handelnden Person in einer Oper]
S 57: Joachim Abbas [italienische Theologe, 12./13. Jh.]
Descende, calve, ut ne nimium decalveris [Steige herab, Kahlkopf, damit du nicht noch kahler gemacht werdest – bezogen auf eine Meditation des Johannes Abbas]
Ziborium [Behälter mit geweihter Hostie -> Altar}
die Kusen [im Original: Pyx = Gefäß mit geweihtem Brot]
Occam [Wilhelm von Ockham, Theologe, Vorbild für „Der Name der Rose“]
Hypostasis [Wesensmerkmal der personifizierten göttlichen Gestalt]
S. 58: O si, certo! [O ja, natürlich]
Epiphanie [Erscheinung]
Mahamanvantara [sankrit: ein großer Tag]
Pico della Mirandola [italienischec Philosoph, 15. Jh.]
S. 59: Qui vous a mis dans cette fichue position? [Wer hat dich in diese verdammte Position gebracht]
C’est le pigeon, Joseph [Es ist die Taube …]
lait chaud [heiße Milch]
lapin [Hase]
gros lots [Jackpot]
M. Leo Taxil [Erfinder der Fake News – um 1900]
C’est tordant, vous savez. Moi je suis socialiste. Je ne crois pas en l’existence de Dieu. Faut pas le dire à mon père. [Es ist urkomisch, wissen Sie. Ich bin Sozialist. Ich glaube nicht an die Existent Gottes. Sage es nicht meinem Vater]
Il croit? [Er glaubt?]
Mon père, oui. [Mein Vater, ja]
P.C.N. – physiques, chimiques et naturelles [physikalisch, chemisch und biologisch]
S. 60: mou en civet [weicher Eintopf]
Boul‘ Mich‘ [Boulevard St. Michel]
Lui, c’est moi [Er ist ich]
Encore deux minutes [Noch 2 Minuten]
Fermé [Geschlossen]
Columbanus, Fiacrius und Scotus [irische Missionare u.a.]
Euge! [gut erledigt]
Pantalon Blanc et Culotte Rouge [Unterhaltungsmagazin]
S. 61: Belluomo [gut aussehend, schöner Mann]
chaussons [Kuchen, eigentlich Hausschuh]
pus des flan breton [mehr bretonischer Flan = Art Pudding]
Un demi setier! [ein halbes Setier = Volumenmaß]
Il est irlandais. Hollandais? Non fromage. Deux irlandais, nous, Irlande, vous savez? Ah oui! [Ist es Irisch? Holländisch? Kein Käse! Zwei Iren, wir, Irland, wissen Sie? Ah, ja …]
S. 62: Dalcassians [gälisch-irischer Stamm]
Arthur Griffith [irischer Politiker, – 1922 Präsident]
Barchent [Mischgewebe]
Vieille ogresse … dents jaunes [altes Ungeheuer … gelben Zähnen]
bonne à tout faire [gut in allem]
Moi faire … Tous les messieurs [Ich tue … alle Herren]
S. 63: Mon fils [mein Sohn]
S. 64: Panther-Sahib und seinen Pointer [„Herr“, Europäer, der einen P. erlegt hat – Zeiger, Wegweiser]
Segge [Sauergrasgewächs]
Un coche ensablé [eine sandige Kutsche]
S. 65: Torques [fester Halsreif aus Metall]
Terribilia meditans [schreckliche Dinge]
Prätendent [Ansprucherheber]
Perkin Warbeck [trat im 15. jh. gegen den englische König an]
Lambert Simnel [Hochstapler im 15./16. Jh., gab sich als englischer König aus]
Natürlich, … [Im Original auch deutsch]
S. 67: Tatters! [wohl Name des Hundes]
Parder [Raubkatze]
Harun al Raschid [8./9. Jh. Kalif -> 1001 Nacht)]
S. 68: Gannef [jiddisch für Gauner]
frate porcospino [Mönch Stachelschwein]
S. 69: Omnis caro ad te veniet [alles Fleisch wird zu dir kommen]
Cassiopeiae [eigentlich Mutter der Andromeda]
S. 70: piuttosto [eher]
Et vidit Deus. Et erant valde bona. [Und Gott sah … und es war (sehr) gut]
S. 71: Tripudium [ein Tanz]
Tiens, quel petit pied! [Hey, was für ein kleiner Fuß!]
diebus ac noctibus iniurias patiens ingemiscit [Tag und Nacht beklagt er das Unrecht, das er erleidet]
S. 72: Mich dürstet []… wie Jesus am Kreuz]
Lucifer, dico, qui nescit occasum [L., sage ich, der die Gelegenheit kennt …]
S. 73: Già [bereits]
Übermensch [im Original: superman]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]

Neues aus der Provinz (01)

Nach langer Zeit habe ich mit meiner Frau einmal wieder unsere Provinz (auf etwa halben Weg zwischen Bremen und Hamburg gelegen) für einen Tag verlassen. Der Anlass war leider ein trauriger. Für etwa neun Stunden hielten wir uns in Bremen auf (stimmt nicht ganz – ein Abstecher nach Achim war auch dabei).

Als ehemaliges Stadtkind könnte geschlossen werden, dass ich im Ländlichen weniger gern verweile. Aber hier gibt es genug zu tun und zu erleben, so dass ich auf die stete Hektik der Großstadt durchaus verzichten kann.

Hurricane Festival 2022

Ab morgen (eigentlich schon ab heute Abend) ist es soweit: Nach zwei Jahren Corona-Pause startet endlich wieder das Hurricane Festival. Der Acker beim Eichenring in Scheeßel liegt fast vor unserer Haustür, also auch in der Provinz, wenn auch die Line-up alles andere als provinziell ist.

Und wie ich bereits vor acht Jahren hier anmerkte: Hurricane sagt doch alles: Sturm und Regen: ein Matschbad gehört mit zur Tradition. Aber was nicht ist, soll ja noch werden. 😉

Ja, die Wetteraussichten sind vor allem für den Sonntag nicht die besten: Regen und Gewitter sind angesagt. Also alles wie gehabt …

Backe, backe Brioche

Brötchen und Brote habe ich schon öfter selbst gebacken. Jetzt habe ich mich an eine Brioche gewagt. Eine Brioche ist ein nur leicht gesüßtes, weiches Hefegebäck und das französische Pendant zum deutschen Hefezopf. Sie enthält jedoch deutlich mehr Butter und ist daher unfassbar flaumig und zart. 

Brioche – selbst gebacken
Brioche – selbst gebacken

Ist doch ganz gut gelungen. Das Rezept findet Ihr hier. Wir essen die Brioche mit Sahnequark und Marmelade (zuvor kommt bei mir auch noch ein Klecks Nuss-Nougatcreme hinzu).Frisch aus dem Ofen reicht auch ein wenig Butter für einen vollkommenen Genuss.

Ein Jungspecht klopft an

In unserem Garten versammeln sich jede Menge Vögel. In diesem Jahr trauen sich auch größere Vögel wie Ringeltauben, Spechte, selbst Elstern und sogar Krähen zu uns. Ist eben ziemlich dschungelmäßig.

Ein Jungspecht klopft bei uns an
Ein Jungspecht klopft bei uns an

Heute war es u.a. ein Jungspecht, der wohl nicht so recht wusste, wie er sich verhalten soll und eine ganze Weile an einem Baumstumpf hing. Er wartete vielleicht auf ein Elternteil, um weitere Anweisungen entgegen zu nehmen …

Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]

Heute nun meine ‚Aufarbeitung‘ des 2. Kapitels des Romans Ulysses von James Joyce, das Nestor gewidmet ist. Nestor ist ein Helden der griechischen Mythologie und dort als Herrscher von Pylos bekannt. In Homers Ilias führt Nestor neunzig Schiffe nach Troja.

Oh, oh, die Jungs von Kilkenny ... (Kapitel 3 – S. 63)
Oh, oh, die Jungs von Kilkenny … (Kapitel 3 – S. 63)
James Joyce: Ulysses (in dt. Übersetzung von Hans Wollschläger) / Penelope (The Last Chapter of ) / Flasche Kilkenny – Irish Red Ale / Fritz Janschka: Ulysses-Alphabet mit signierter Originalgraphik: Harenbergs Joyce

Inhalt des 2. Kapitels: Nestor (Schule)

Dieses Kapitel ist im Stile eines informellen Kathechismus verfasst. Das Wort „Katechismus“ bedeutet wörtlich „von oben herab tönen“ und davon abgeleitet „unterrichten“. Das Kapitel spielt in einer Schule

in diesem Kapitel geht Stephen Dedalus seiner Arbeit als Hilfslehrer in Geschichte nach. Auch hier gibt es autobiographische Hintergründe. Im Jahr 1904 unterrichtete Joyce an der Clifton School in Dalkey. Dem Schulleiter Francis Irwin ist die Figur des patriotischen Mr. Deasy im Ulysses nachempfunden.

Mit zwei Personen kommt Stephen im Laufe des Kapitels näher ins Gespräch. Nach dem Ende der Schulstunde, als die Schüler sich eilig zum Hockeyspielen verabschieden, ist es zunächst der schüchterne Cyril Sargent, der ihn um Hilfe bei Mathematik-Aufgaben bittet. Stephen sieht sich selbst in dem Schüler: „Meine eigene Kindheit krümmt sich da neben mir.“ Schließlich begibt er sich in das Arbeitszimmer von Mr. Deasy, um sich sein Gehalt abzuholen. Dort muss er sich Auslassungen über die grassierende Rinderseuche, über Sparsamkeit und den Sinn des Lebens anhören. Mr. Deasy als Nestor ist hier nicht im übertragenen Sinne eines Weisen und Ratgebers zu verstehen, sondern ganz analog zur Odyssee: Dort sucht Telemach (Stephen) den alten König Nestor auf, um Informationen über seinen Vater zu erhalten. Doch Nestor weiß nichts über dessen Verbleib und hält ihn lediglich mit seiner Beredsamkeit auf.

Der Leserbrief, den Mr. Deasy im Zusammenhang mit der Maul- und Klauenseuche Stephen übergibt, damit er ihn an bekannte Redakteure der Tagespresse weiterreiche, verweist auf damals aktuelle politische Hintergründe. So schrieb Joyce selbst 1912 einen Aufsatz über „Politik und Viehkrankheit“. England nutzte einzelne Fälle der Viehkrankheit für ein Embargo gegen das selbstbewusste Irland, das auf die Exporte nach England angewiesen war. Irland sollte in seine Schranken verwiesen werden.

Einige Motive des Telemach-Kapitels (Kapitel 1) werden wieder aufgegriffen. So erweist sich Mr. Deasy ebenso wie bereits Haines als unverhohlener Antisemit: Die „jüdischen Kaufleute haben ihr Zerstörungswerk bereits begonnen. Old England liegt im Sterben.“ Der irische Freiheitskampf gegen England taucht im Gespräch mit Mr. Deasy ebenfalls mehrfach auf, etwa mit Verweisen auf Daniel O’Connell und die Orange Logen. Auch das Mutter-Motiv wird thematisiert: Zunächst in jenem Nonsens-Rätsel, das Stephen seiner Schulklasse in Gedichtform präsentiert – der Fuchs, der seine Großmutter begräbt, ist letztlich Stephen selbst, den noch der Verlust seiner Mutter schmerzt. Und Cyril Sargent lässt Stephen an seine Mutter denken: „Und doch hatte ihn eine geliebt, hatte ihn auf ihren Armen getragen und in ihrem Herzen.“
(Quelle: de.wikipedia.org)

Personen des 2. Kapitels

Neben Stephen Dedalus, der uns bereits im ersten Kapital begegnet ist, sind das zwei Personen, die eine Rolle spielen, der Schulleiter Mr Deasy und der Schüler Cyril Sargent. Daneben tauchen noch einige weitere Schüler auf (Cochrane, Blake), die aber keine weitere Bedeutung haben.

Mr. Garrett Deasy gilt als Narr und Antisemit und ist Direktor der Schule. Stephen lässt seinen lächerlichen Brief (Maul- und Klauenseuche) im Evening Telegraph drucken, in deren Redaktion man Witze darüber macht.

Deasy zeichnet sich durch eine Vielzahl kleiner körperlicher Details aus, die ihn antiquiert und heruntergekommen erscheinen lassen Diese unattraktiven körperlichen Eigenschaften stimmen mit seiner Angewohnheit überein, nicht auf das zu hören, was andere Leute sagen, und seinem griesgrämigen Beharren darauf, unerwünschte Ratschläge zu geben. In einem späteren Kapitel erfahren wir, das Deasy von seiner Frau getrennt (aber nicht geschieden) ist.

Cyril Sargent ist ein eher unfähiger Schüler von Dedalus, erinnert Stephen aber an eigenes Versagen.

Anmerkungen zu diesem 2. Kapitel

S. 41: Amor matris [Mutterliebe]
Genetivus subjectivus [Genetiv in Hinsicht auf den Urheber: Liebe der Mutter]
und objectivus [Genetiv in Hinsicht auf das Objekt: Liebe zur Mutter] – im Lateinischen wird beides gleich gebildet
S. 45: O’Connell [irischer Politiker]
Orange-Logen [radikale Protestanten in Nordirland]
Fenier [Mitglied eines irischen Geheimbundes für die Trennung Irlands von Graoßbritannien]
Croppies [Personen mit kurz geschnittenem Haar]
Per vias rectas [auf dem richtigen Weg]
S. 46: Ventilierung [Überlegung]
S. 47: Tjoste [mittelalterlicher Zweikampf]
in nuce [in Kürze]
S. 50: Ulster [altirische Provinz, heute Nordirland]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]

Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]

Nach und nach werde ich hier die 18 Kapitel des Romans Ulysses von James Joyce, soweit ich sie gelesen habe, aufarbeiten. Im Augenblick lese ich das 10. Kapitel, habe von den gut 1000 Seiten gerade einmal etwas über 330 Seiten (also rund 33 %, mithin 1/3 des Romans) geschafft. Gut Ding braucht Weile. Also habt etwas Geduld mit mir (das Jahr ist noch ziemlich jung).

Noch einmal für die, die zwar schon irgendeinmal etwas vom Ulysses gehört haben, aber eigentlich nicht wissen, um was es in diesem Roman geht: Joyce beschreibt im Ulysses in 18 Episoden einen Tag, den 16. Juni 1904, im Leben des Leopold Bloom, seines Zeichens Anzeigenakquisiteur bei einer Dubliner Tageszeitung. In Anlehnung an Homers Irrfahrten des Odysseus lässt er den Leser an den (Irr-)Gängen seines Protagonisten durch Dublin teilhaben.Eine weitere ‚wichtige Figur ist die des Stephen Dedalus, der schon aus Joyce‘ früherem Roman Ein Porträt des Künstlers als junger Mann bekannt ist.

Leopold Bloom entspricht dabei Odysseus, dem König von Ithaka (Ulysses steht englisch für Odysseus, von lateinisch Ulixes), einer der Helden des Trojanischen Krieges und angeblich der Erfinder des Trojanischen Pferdes.mit dessen Hilfe die Griechen Troja erobern konnten.Seine im Trojanischen Kriege vollbrachten Taten werden von Homer (nein, nicht der Simpson) in der Ilias, seine zehnjährige Irrfahrt auf der Heimreise in der Odyssee (Wanderungen des Odysseus) geschildert. Während all seiner Abenteuer zeichnete er sich vor allem durch außergewöhnlichen Verstand und listige Ideen aus. Nach seiner Rückkehr tötete er Penelopes Freier (Penelope ist Odysseus‘ Frau) und übte wieder die Regierung in Ithaka aus.

Die 18 Kapitel von Joyce‘ Roman beziehen sich mehr oder weniger auf Homers Odyssee. Übrigens die Frau von Bloom entspricht dabei der Frau des Odysseus, Penelope. Als Sohn Telemachos muss Stephen Dedalus ‚herhalten‘.

Oh, oh, die Jungs von Kilkenny ... (Kapitel 3 – S. 63)
Oh, oh, die Jungs von Kilkenny … (Kapitel 3 – S. 63)
James Joyce: Ulysses (in dt. Übersetzung von Hans Wollschläger) / Penelope (The Last Chapter of ) / Flasche Kilkenny – Irish Red Ale / Fritz Janschka: Ulysses-Alphabet mit signierter Originalgraphik: Harenbergs Joyce

Mit Stephen Dadalus beginnt dann auch der Roman:

Inhalt des 1. Kapitels: Telemachos (Martello-Turm)

Dieses Kapitel ist im Stile eines normalen Romans verfasst.

16. Juni 1904, es ist etwa acht Uhr am Morgen. Stephen Dedalus begibt sich auf die Brüstung des Martello Tower von Sandycove, etwa 14 km vom Stadtzentrum Dublins entfernt, zu seinem Mitbewohner Buck Mulligan. In diesem Wehrturm wohnte Joyce 1904 tatsächlich für etwa eine Woche mit dem Medizinstudenten und Hobbyschriftsteller Oliver St. John Gogarty (1878–1957), der das Vorbild für Buck Mulligan darstellt. Joyce hatte Hoffnungen, die Freundschaft mit Gogarty in diesem Turm wieder aufleben zu lassen, als Künstlergemeinschaft im Sinne einer Renaissance irischen Freigeistes. Doch das erste Kapitel gibt Zeugnis von der zerbrochenen Beziehung. Den permanenten selbstverliebten Sticheleien Mulligans begegnet Stephen nur mehr mit noch mürrischerer Introvertiertheit.

Noch berührt vom kürzlichen Tod seiner Mutter, beschwert sich Stephen bei Mulligan über die nächtlichen Eskapaden des elitären Engländers Haines (ähnlich dem französischen haine, der Hass), der zu dieser Zeit ebenfalls dort nächtigt. Auch die Figur Haines’ entspricht einer realen Person: dem Studenten Samuel Chevenix Trench aus Oxford, der hier als Symbol für einen überheblich-freundlichen britischen Kolonialismus eingesetzt wird – oder wie Joyce es formuliert – „Horn eines Stieres, Huf eines Pferds, Lächeln eines Sachsen.“ Trench wurde von Gogarty hofiert, und so nutzt Joyce dieses Duo als Sinnbild für das usurpierte Irland: Mulligan als Verräter Irlands und kleingeistiger Versemacher, Haines als der nachsichtige, reiche Engländer, der Irland mit dem überheblichen Auge eines Touristen in Augenschein nimmt.

Nach einem kargen Frühstück verkündet Haines, in die Bibliothek zu gehen. Mulligan möchte erst ein Bad in der See nehmen. Nachdem alle den Turm verlassen haben, unterhalten sie sich noch einige Minuten, dann macht sich Stephen allein auf den Weg. Ihm wird klar, dass er am Abend nicht in sein Domizil zurückkehren wird. Wie Telemachos in der Odyssee bricht er auf, um – im übertragenen Sinne – seinen verschollenen Vater zu suchen, den er später in Leopold Bloom finden wird.
(Quelle: de.wikipedia.org)

Personen des 1. Kapitels

Im Ulysses verkörpert Stephen Dedalus einen modernen Telemachus, der auf der Suche nach einem geistigen Vater ist, obwohl der junge Mann selbst als Intellektueller zu beschreiben ist. Ihm fehlt viel mehr ein vaterähnlicher älterer Freund, der ihm die „Schule des Lebens“ näher bringt – diese Rolle nimmt im Verlauf des Ulysses immer stärker die eigentliche Hauptfigur des Romans, Leopold Bloom, ein. Der erste Teil des Ulysses ist Stephen Dedalus gewidmet. Die ersten drei Kapitel führen den Leser in die stark vergeistigte Gedankenwelt und die soziale Umwelt der Figur ein. In diesem ersten Teil des Werkes sind die autobiographischen Züge an Dedalus besonders hervortretend.

Buck Mulligan ist ein Medizinstudent mit einer zynischen Sicht auf den menschlichen Zustand, den er als „spöttisch und tierisch“ beschreibt. Paradoxerweise ist er auch der beständigste fröhliche Charakter in Ulysses und wird als ständiges Streben nach der nächsten Gelegenheit dargestellt, zu essen, zu trinken und fröhlich zu sein. Er gilt weithin als Held, weil er Männer vor dem Ertrinken gerettet hat, und scheint bei allen Charakteren des Buches sehr beliebt zu sein, mit Ausnahme von Stephen Dedalus (der ihn als „Bastard“ und „kontaminierten, doppelten Grobian“ abtut) und in geringerem Maße Leopold Bloom.

Haines kommt hauptsächlich in „Telemachus“ vor. Er ist ein Engländer, der bei Buck Mulligan im Martello Tower wohnt, und er hat ein Interesse an irischer Folklore und dem Landleben entwickelt. Stephen verachtet ihn von Anfang an, und Stephen ist besonders beunruhigt über einen Traum, den Haines in der Nacht zuvor hatte, in dem er von einem schwarzen Panther schwärmte. Stephen fragt wiederholt, wann Haines gehen wird, und obwohl Mulligan versucht, Stephen zu ermutigen, ist klar, dass er nicht die Absicht hat, Haines in absehbarer Zeit abzuwerfen. Haines steht stellvertretend für eine englische Haltung gegenüber den Iren, die um die Jahrhundertwende üblich war. Die Haltung wurde manchmal als „die Iren mit Freundlichkeit töten“ beschrieben. Haines ist zu Recht neugierig auf die irische Literatur und Geschichte und schlägt vor, eine Sammlung von Stephens Sprüchen zu erstellen. Haines Interesse ist jedoch rein akademisch und spekulativ. Er hält Irland für ein kurioses Studienobjekt, zeigt aber keinerlei Empathie für die Menschen dort.

Anmerkungen zu diesem 1. Kapitel

Um es gleich zu sagen: Der Roman enthält viele Zitate (z.B. aus der Bibel bzw. aus kirchlichen Texten, aus den Werken von Shakespaeare – hier besonders im 9. Kapitel) und Bezüge auf die irische Geschichte (Personen, Ereignisse), aber auch auf das damalige Zeitgeschehen (z.B. der Brand und Untergang einer Raddampfers in New York einen Tag zuvor – Kapitel 10, S. 308). Die Anzahl der erwähnten Personen ist zwar geradezu endlos lang, die meisten spielen aber keine wesentliche Rolle (z.B. Händler), sind daher eher zu ‚vernachlässigen‘.

S. 7: Introibo ad altare Dei [Gehe zum Altar Gottes]
eucharistisch [zum Abendmahl gehörig]
S. 8: Chrysostomos [Goldmund – vergl. auch Hermann Hesse: Narziß und Goldmund]
S. 9: Epi oinopa ponton [Auf weinfarbenem Meer … (weiter: segelnd zu anderen Menschen) aus: Homer: Odyssee)
S. 10: Thalatta! [Meer! als Freudenschrei]
Hyperboreer [Angehöriger eines sagenhaften nordischen Vokes]
S. 12: Caliban [Unhold bei Shakespeare: Der Sturm]
Jalapen [Abführmittel]
S. 13: … omphalos [Nabelschnur]
S. 15: Doktor Sir Peter Teazle [fiktiver Charakter aus dem Stück ‚School of Scandal‘]
Loyola [Mitbegründer der Jesuiten]
„Und nimmer geht beiseit‘ und sinn‘ …“ [Verse von W.B. Yeats]
S. 16: Fergus [urkeltischer Name -> 1. König von Galloway/Heiliger]
S. 17: Ghul [Dämon]
Liliata rutilantium. Turma circumdet. Iubilantium te virginum.[eigentlich: Liliata rutilantium te confessorum turma circumdet: iubilantium te virginum chorus excipiat“ – Möge die Schar der Beichtväter, leuchtend wie Lilien, dich umgeben. Möge der Chor der jubelnden Jungfrauen dich aufnehmen]
S. 19: Janey Mack [in Dublin Ausruf i.S.v. „Jesus“]
S. 20: In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. [Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes]
Mabinogion [Sammlung mitelalterl. walisischer Erzählungen]
Mary Ann [Gestalt aus einem derben irischen Lied]
S. 21: Wenn die mal ihre Röcke hißt [weiter: und wie ein Mann pisst!]
S. 24: Dere gewizzede biz [Gewissensbiss]
S. 27: Billy Pitt [William P., ehemaliger Premierminister von Großbritannien]
Japhet [Sohn von Noah, neben Sam und Ham Stammvater (der nordischen Völker)]
S. 28: … der in die See nickt über seinem Fuß [NICHT statt nickt aus Shakespeare: Hamlet]
Muglin [Leuchtturm]
S. 30: Famaliaris [Kofferwort aus Fama=Gerücht, Ruf – und familiaris= zur Familie gehörig]
S. 31: et unam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam: [und die heilige katholische und apostolische Kirche]
Missa Papae Marcelli [Musikmesse für Papst Marcellus II (1555) von Giovanni P. Da Palestrina]
Photius [im 9. Jh. Patriarch von Konstaninopel]
Konsubstantialität [Lehre von der Wesensgleichheit von Gott-Vater und Gott-Sohn]
Nom de Dieu! [im Namen Gottes]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel