Kategorie-Archiv: Geistesblitze

Vom Denken und Dichten – Von Philosophie, Wissenschaft bis Religion

Die verstrahlten Helden von Fukushima

Erst waren es 50 Mitarbeiter, die alles Erdenkliche taten, um den Super-GAU am Atomkraftwerk Fukushima zu verhindert. Schon jetzt gelten sie als die großen Helden, die „Fukushima 50“, die ihr Leben riskierten, um den größten denkbaren Schaden von Land und Leuten abzuwenden. Inzwischen sollen sich nach einem Aufruf der Betreiberfirma Tepco weitere Mitarbeiter (auch von anderen AKWs) freiwillig für den Kamikazeeinsatz gemeldet haben. Auch Hubschrauber des Militärs kamen bis Donnerstag zum Einsatz, um Wasser über dem Krisen-AKW abzuwerfen. Und inzwischen sollen 140 Feuerwehrleute die Armee unterstützen.

Am Freitagmittag (Ortszeit) begann man erneut, Reaktor 3 mit Wasserwerfern zu kühlen. Diese Methode soll auch bei Block 4 und womöglich auch bei Block 1 helfen. Bei den Reaktoren 1 und 2 soll zudem eine neue Stromleitung das Kühlsystem wieder zum Laufen bringen. Der Ausgang des Dramas bleibt aber weiterhin ungewiss.

Experten gehen davon aus, das die meisten dieser Menschen dem Tod geweiht sind, weil die Strahlenbelastung vor Ort einfach zu hoch ist, um ungeschadet davon kommen zu können.

Was veranlasst einen Menschen, sich freiwillig für diesen Einsatz auf Leben und Tod zu melden? „Eine Rolle mag dabei spielen, dass in der Erziehung der Japaner das Opfer des Einzelnen für die Gemeinschaft eine große Rolle spielt. Dazu mag Zusammengehörigkeitsgefühl in solchen Kraftwerken kommen. ‚Es gibt einen Sinn für Loyalität und Kameradschaft, wenn man mit den Männern über Jahre trainiert und Schichtwechsel absolviert hat’, sagte ein langjähriger Anlageführer amerikanischer Akw der ‚New York Times’. Und der deutsche Arbeitspsychologe Michael Kastner ergänzte im Radiointerview: ‚Wer nahe dran ist an der Gefahr, der nimmt die nicht mehr so wahr.’“ (Quelle: zdf.de)

Atomkraft - nein danke!

Das sind, wie ich denke, nur zwei Aspekte, wenn auch sehr wichtige, die zu einem solchen Handeln führen. In jedem Menschen liegt ein selbstzerstörerisches Potential, ein Todestrieb. Da wir von Natur aus jedoch jeder dem Tode geweiht sind, strebt ein jeder – bewusst oder nicht – dahin, dieses unvermeidbare Übel positiv zu besetzen bzw. den Todestrieb zu sublimieren. Wenn ich also mit meinem Tod etwas Positives bewirken kann (auf Fukushima bezogen die Vermeidung eines Katastrophe), dann bin ich sogar bereit, frühzeitig zu sterben. Sterben muss ich ohnehin. Aber selbst dieser frühzeitige Tod ist ja noch nicht vorprogrammiert. Vielleicht, und das ist gewissermaßen die kleine Hintertür beim Abwägen meines Tuns, entkomme ich ungeschadet oder wenigstens lebendig.

Ohne die ‚Heldentaten’ schmälern zu wollen, spielen sicherlich auch geldliche Gründe eine Rolle. Wenn ich weiß, dass meine Familie finanziell abgesichert sein wird, wenn ich sterbe, dann bin ich eher bereit, den Tod auf mich zu nehmen.

Auch ohne hier von der eigentlichen Nuklearkatastrophe ablenken zu wollen, so finde ich diese auf die einzelnen Personen bezogenen Erwägungen, diese zu gewinnenden psychologischen Erkenntnisse, sehr interessant. Die Taten und hierzu die Motive der „Helden von Fukushima“ sind dabei nur ein ‚Gegenstand’, der später einmal näher beleuchtet werden sollte. Die Ängste und die daraus resultierenden Handlungen auch aller anderen direkt oder indirekt Betroffenen (bis hin zu uns hier in Deutschland, denen unmittelbar keine Gefahr droht) wird man sicherlich zunehmend thematisieren. Die Ängste bestehen nun einmal. Und wer sie ignoriert oder instrumentalisiert, wird hierfür die Rechnungen zahlen müssen.

Dein Name in altägyptischen Hieroglyphen und japanischer Schrift

Als Kind interessierte sich mein älterer Sohn für das alte Ägypten und damit auch für die Schrift der alten Ägypter, die Hieroglyphen. So konnte er seinen Vornamen natürlich auch in Hieroglyphen schreiben:

Der Name Jan in Hieroglyphen
Der Name Jan in Hieroglyphen

Es gibt eine Website, die die bekanntesten Namen in Hieroglyphen übersetzt und auch einen Online-Übersetzer. Und für alle Interessierten hier einen weiteren Link ins Internet zum größten Wörterbuch für altägyptische Sprache, in dem man „blättern“ kann und sicherlich viel Interessantes findet (leider muss man sich jetzt hier online registrieren lassen).

Wer sich dafür interessiert, wie sein Name in japanischen Schriftzeichen aussieht, für den gibt es den folgenden Online-Namensübersetzer (ist zwar auf Englisch, dürfte aber auch für deutsche Namen geeignet sein): Japanese Name Translator

Grundlage ist dabei das Katakana Alphabet. Die Schrift der modernen japanischen Sprache besteht aus den Kanji, die der chinesischen Schrift entstammen und als Logogramme meist den Wortstamm bilden, den Silbenschriften Hiragana (oft für grammatikalische Formen) und eben Katakana, die hauptsächlich für Fremdwörter benutzt wird – außerdem wird auch das lateinischen Alphabet benutzt, das in Japan als Rōmaji bezeichnet wird. Diese Schriftarten haben unterschiedliche spezifische Funktionen und werden in Alltagstexten parallel verwendet.

Gebärdensprachen

Wer wie ich ganz allgemein ein Faible für Sprachen hat, wird sich vielleicht auch für die unterschiedlichen Gebärdensprachen interessieren. Als Gebärdensprache bezeichnet man eine eigenständige, visuell wahrnehmbare natürliche Sprache, die insbesondere von gehörlosen und schwerhörigen Menschen zur Kommunikation genutzt wird.

Verwunderlich finde ich dabei, dass viele Sprachen ihre eigene Gebärdensprache haben und es keine richtige internationale Gebärdensprache gibt. Weit verbreitet ist natürlich die American Sign Language (ASL). Und auf internationalen Veranstaltungen kommt zunehmend die sogenannte internationale Gebärdensprache zum Einsatz. Diese im Entstehen begriffene Gebärdensprache entwickelt sich durch Konventionen verschiedener länderspezifischer Gebärden nach pragmatischen Aspekten.

Nun, wer sich für Gebärdensprache interessiert, den darf ich die folgende Website Spread the Sign empfehlen. Hier finden sich nicht nur die Alphabete (als Bilder), sondern auch viele Begriffe in verschiedenen Gebärdensprachen (per Video) wieder.

Willi im Alphabet der deutschen Gebärdensprache
Willi im Alphabet der deutschen Gebärdensprache

Übrigens: Ziemlich witzig finde ich das Zeichen für Schottland … (sieht nach einem Dudelsack aus, oder?)

Die Website sagt über sich selbst:

Spread the sign ist ein Projekt zum Transfer von Innovationen im Programm „Leonardo da Vinci“ der Europäischen Union. Das Projekt wird von der Europäischen Kommission durch das Schwedische Büro für Internationale Programme in Erziehung und Ausbildung unterstützt. Wir arbeiten mit Gebärdensprachen aus verschiedenen nationalen Staaten im Internet. Spread the sign ist ein pädagogisches Selbstlern-Instrument und kann überall auf der Welt frei verwendet werden. Nur die Fantasie setzt langfristig der Nutzung dieses Lexikons Grenzen. Vordringlich aber soll Spread the sign die sprachlichen Möglichkeiten von Berufsschülern bei Auslandsaufenthalten verbessern. Zwischen Oktober 2008 und Oktober 2010 werden wir Gebärden aus den meisten Berufsfeldern zur Verfügung stellen und das Lexikon weiter ausbauen können. Als neue Elemente werden wir in diesen 2 Jahren Sprachdateien und 3-D-Animationen anbieten. Darüber hinaus werden sich auch Länder außerhalb der EU an dem Lexikon beteiligen. Spread the Sign wird international!

Daher der Name Bratkartoffel (3)

In der Stilistikstunde hat sie gelernt: Einen hinter die Binde gießen. HK hat erklärt, daß diese Redensart aus den 20er Jahren stammt. Genau so wie Ausgerechnet Bananen. Genau so wie Du kriegst die Tür nicht zu. Genau so wie Einen über den Durst trinken. ER flicht ein: Eins. HK besteht ganz hart darauf, daß es heiße: Einen über den Durst trinken. Und fährt fort mit Beispielen wie Au Backe, Weg vom Fenster.

aus Martin Walser: Leben und Schreiben: Tagebücher 1963-1973
Tagebuch 1973, Seite 613 – Rowohlt Taschenbuch Verlag, Februar 2009

ER ist Walser selbst, HK einer der Professoren des Middlebury College in Vermont, wo Martin Walser 1973 als Gastdozent tätig war. Wer sich mit Sprache und wer sich mit Literatur beschäftigt, kommt an Redensarten nicht vorbei. Will man eine Fremdsprache möglichst gut beherrschen, so muss man besonders ihre Redensarten kennen.

Martin Walser beschreibt hier eine Szene während eines Deutsch-Seminars. Selbst hat er immer wieder seinen Protagonisten solche Redensarten in den Mund gelegt. In seinem Roman Halbzeit lässt er den Gehilfe eines Friseurs immer wieder „Ausgerechnet Bananen“ sagen, eine Redensart, die Unmut kund tun soll, also ein Ausdruck von Enttäuschung ist. Eigentlich lässt sich hiermit aber auch alles andere, also nichts Bestimmtes sagen.

Dieser Ausspruch stammt aus einem Schlager aus den 20er Jahren. Dort heißt es im Refrain: Ausgerechnet Bananen, Bananen verlangt sie von mir. Im Original heißt das übrigens: Yes! We have no bananas, We have no bananas today. Das Lied entstammt aus einer Broadway-Revue aus dem Jahre 1922. Die deutsche Version „Ausgerechnet Bananen“ findet sich dann in Billy Wilders 1961 gedrehter Filmkomödie One, Two, Three (dt. Eins, Zwei, Drei) noch einmal.

Walser hat sich öfter mit Redensarten beschäftigt. Es hat das ebenfalls in seinem Roman „Halbzeit“ 1960 am Beispiel des Modeworts „Pattern“ sehr schön beschrieben, wie eine solche Redensart zustande kommen kann. Ganz einfach: Einer „erfindet“ sie, ganz zufällig, und die anderen plappern sie nach….“: „Pattern war um Weihnachten herum aufgetaucht. Edmund brachte immer Wörter, um die man ihn beneidete, weil diese Wörter einem sofort als unersetzlich erschienen. Man glaubte, es habe immer schon ein Bedürfnis gerade nach diesen Wörtern bestanden. Wenn Edmund auf einen Teppich zeigte und fragte: wie gefällt dir dieses Pattern? dann wagte man kaum mehr an Muster zu denken …“

Aber, um bei Martin Walser zu bleiben, er hat auch selbst Redensarten geprägt. Für Walser setzt jemand die Moralkeule ein, der Moral als Waffe benutzt, z.B. bei einer Diskussion moralisch-sittlich argumentiert, um den Gegner zu diskreditieren.

Die Liste, allein mit Beispielen anhand des Schriftstellers Martin Walser, ließe sich beliebig verlängern. So am Schluss dann noch folgendes interessante Beispiel aus Walsers Buch „Aus dem Wortschatz unserer Kämpfe“ (Düsseldorf 1971, Reinbek bei Hamburg, 1981 – S. 7-12, hier S. 9), wo er in sieben mehrseitigen „Szenen“ die Brutalität zwischenmenschlicher Beziehungen durch Dutzende von zeichenhaften Phraseologismen anprangert (aus dem Text „Kampf mit einem Überlegenen, der nichts hört“):

Menschenskind, Ihnen ist wirklich nicht mehr zu helfen. Sie sollen mich mal von der anderen Seite kennenlernen. Und nicht zu knapp. Ihnen werde ich mal zeigen, was ne Harke ist. Sie haben bei mir verschissen bis in die Steinzeit. Daß das klar ist. Sie mach ich ja so zur Sau. Sie werden sich wundern. Ihnen wird Hören und Sehen vergehen, das versprech ich Ihnen. Sie werden alle Engel singen hören, da können Sie Gift drauf nehmen. Ihnen wird der Arsch auf Grundeis gehen, das dürfen Sie mir glauben. Sie pfeifen aus dem letzten Loch. Mit Ihnen werde ich Schlitten fahren. Mann, mit Ihnen mach ich kurzen Prozeß. Sie mach ich fertig bis auf die Knochen, kurz und klein schlag ich Sie, dann werden Sie schon sehen. Das haben Sie sich selbst zuzuschreiben. Was zu weit geht, das geht nicht. Da können Sie machen, was sie wollen. Mit mir nicht. Nicht mit mir. Das kann ich Ihnen sagen. Das können Sie sich gesagt sein lassen. Ein für alle Mal. Wo kämen wir denn da hin.

Übrigens: Ein erster Entwurf hierzu findet sich in „Leben und Schreiben: Tagebücher 1963-1973“ – Tagebuch 1968, S. 299 – 305 unter:

Wortschatz. Der Überlegene hört nichts. Wortgefecht …

Anmerkung zum Text: Wortschatz: „Aus dem Wortschatz unserer Kämpfe. Szenen.“ Zunächst als Hörspiel (gesendet im WDR, 22.10.1969), dann als Theaterstück für vier Personen verfaßt, Uraufführung unter dem Titel „Ein reizender Abend“ im Théàtre des Casemats, Luxemburg, am 10.7.1972. Der Text ist ein erster Entwurf der ersten Szene.

siehe auch: Daher der Name Bratkartoffel (1)
siehe auch: Daher der Name Bratkartoffel (2)

und ähnliche Beiträge:
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm
Von Archaismen und Neologismen
Was ist ein Jackpot?
You need Zugzwang
Wenn der Amtsschimmel wiehert
Typisch deutsch: Gemütlichkeit
Wörterbuch der Szenesprache

Daher der Name Bratkartoffel (2)

Neulich bekam ich folgende Mail:

Zum Thema Worterfindungen (Neologismen) hätte ich einen Vorschlag, worüber sich bloggen ließe:

Schauen Sie einmal auf www.ideesamkeit.de – dort gibt es ein ganzes Mitmachwörterbuch der Worterfindungen. Einige Wortbeispiele und Beschreibungen finden Sie unter hier.

Einfach mal reinkucken. Daran, dass die Neuwörter keine Eintagsfliegen bleiben, wird noch gearbeitet ;-).

Auf den ersten Blick finden sich hier Wortschöpfungen, die Begriffe, die sich bei uns aus anderen Sprachen ((z.B. aus dem Englischen) ‚festgesetzt’ haben, verdeutschlichen (um auch einmal eine Worterfindung zu kreieren, ’tschuldigung, zu erschaffen). Vieles ist dabei äußerst gewöhnungsbedürftig und wird kaum Chancen haben, sich in die deutsche Sprache ‚hineinzuschleichen’ (Ideesamkeit steht übrigens für Kreativität).

Was hat das mit meinem Thema zu tun, in dem es um Redensarten resp. Redewendungen geht? Es geht mir um den Volksmund, um den „volkstümlichen Sprachgebrauch“, wie man es heute eher nennt. Dabei stammt der Begriff ‚Volksmund’ … aus Volkes Mund.

Viele Redensarten stammen aus dem Volksmund und werden von Generation zu Generation weitergegeben – meist natürlich auf mündlichem Wege. So gibt es ‚Sprüche’, die ich von meinem Vater kenne – und die teilweise auch schon meine Söhne verwenden. Heute, im Zeitalter der schriftlichen Fixierung (sollte ich es ‚Festhaltung’ nennen?) wie z.B. auch in einem Blog wie diesem, fließen Redensarten und Redewendungen natürlich auch in Texte u.ä. ein. Die Literatur bedient sich ihrer (z.B. Martin Walser), es werden Nachschlagewerke mit ihnen geschaffen oder sie bedecken als Kritzeleien Mauern und Wände.

Viele dieser Redensarten sind nicht jedermanns Sache. Mein Vater prägte hierfür den Begriff „Scheißhausspruch“, was auf die Herkunft solcher Sprüche hindeuten sollte. Wer kennt sie nicht diese oftmals auch obszönen Sudeleien in öffentlichen Bedürfnisanstalten. So weit ging mein Vater zwar nicht, meinte aber einen vermeintlich dummen Spruch mit solchen in Beziehung zu setzen.

Aber zurück zum Thema – und gleich eine weitere Exkursion: Natürlich gibt es auch in anderen Sprachen Redewendungen, die sehr plastisch wirken. Eine Sammlung solcher Sprüche und deren Übersetzung ins Deutsche wäre äußerst interessant, weil sie aufzeigen würde, wie unterschiedlich bestimmte Situationen, Eigenschaften und dergl. betrachtet werden. Ich habe einige solche bereits im ersten Teil meiner Betrachtungen erwähnt. Nun gibt es von der Rockgruppe Jethro Tull ein gut 40-minütiges Stück in Form einer Suite mit dem Titel „Thick as a Brick“ (Teil 1 bzw. Teil 2 der Konzertfassung im Video). Wörtlich übersetzt bedeutet Thick as a Brick „Dick wie ein Ziegelstein“. Die korrekte Bedeutung dieses umgangssprachlichen Ausdrucks ist jedoch „Dumm wie Bohnenstroh“ oder schlicht „saublöd“. Der Begriff stammt wohl aus dem Norden Englands (der Komponist und Texter des Stücks, Ian Anderson, verbrachte seine jungen Jahre in Blackpool) und ist selbst im Englischen nicht überall geläufig, da eben regional gebraucht.

Um den Kreis zu schließen: Redensarten entstehen (und vergehen sicherlich auch). Wird ein besonders prägnantes ‚Bild’ erdacht, so breitet es ich schnell „wie ein Lauffeuer“ aus – erst räumlich, dann über Generationen auch zeitlich. Natürlich werden auch heute Redensarten „erfunden“ und finden sich z.B. als Szenesprache wieder. Und vielleicht bürgert sich eines Tages auch die Ideesamkeit als Synonym für Kreativität in unserem Sprachgebrauch ein.

siehe auch: Daher der Name Bratkartoffel (1)

Daher der Name Bratkartoffel (1)

Während es bei uns Bindfäden regnet (oder aus Kübeln schüttet), regnet es im englischen Sprachraum Katzen und Hunde (It’s raining cats and dogs!). Ich liebe Redensarten. Sie sind das Salz in der Suppe (auch eine Redensart) einer Sprache.

Daher der Name Bratkartoffel. Ich war mir zunächst nicht im Klaren, ob es hierbei um eine allgemein bekannte Redensart handelt (genaugenommen handelt es sich hierbei um eine Redewendung). Viele Redensarten bzw. Redewendungen (ich will es hier nicht ganz so genau nehmen) übernimmt man von seinen Eltern (und gibt viele auch an seine eigenen Kinder weiter). Diese Redewendung kenne ich von meinem Vater und sie fiel mir wieder ein, als sich eine Frage plötzlich aus dem Zusammenhang mit einer weiteren Information klärte: Das war dann plötzlich klar wie klare Kloßbrühe! Oder: Daher der Name Bratkartoffel!

Redenarten sind sprachliche Wendungen mit meist symbolischer Bedeutung. Kennt man eine Redensart nicht und kann auch die symbolische Bedeutung nicht auflösen, die sich eventuell im Zusammenhang zum weiterhin Gesagten herstellen ließe, dann erscheinen Redensarten sinnlos zu sein. Was bedeutet z.B. jemanden am Bein ziehen (to pull somebody’s leg)? Okay, wer etwas Englisch kann, wird vielleicht wissen, dass diese Redensart unserem „jemanden auf den Arm nehmen“ entspricht. Man kann natürlich tatsächlich jemanden auf den Arm nehmen, z.B. ein Kind. Als Redewendung bedeutet es aber „jemanden anlügen, täuschen“ usw. – und es gibt dazu noch viele ähnliche Redewendungen wie: jemanden an der Nase herumführen – jemandem einen Bären aufbinden – jemandem ein X für ein U vormachen usw.

Wie gesagt: Ich liebe Redensarten. Gerade der symbolischer Gehalt „erhöht“ gewissermaßen die Sprache und hat etwas Geheimnisvolles, gar etwas, das nur „Eingeweihte“ verstehen, auch wenn eine Redensart meist sehr profan, sehr prosaisch, eigentlich dem Alltag entnommen ist. Redensraten bzw. Redewendungen sind auch das Resultat der Phantasie. Vorgänge, Tätigkeiten, Dinge, was auch immer, die man vielleicht ungern „beim Namen“ nennt oder deren „Beschreibung“ zu umständlich wäre, werden mit sehr konkreten Begriffen „auf den Punkt“ gebracht. Dabei spielt besonders das Bildhafte eine große Rolle (Bindfäden, Kloßbrühe, Bratkartoffel).

Sprache in ihren Ausprägungen interessiert mich immer wieder aufs Neue. Sehr interessant findet ich dabei Archaismen und Neologismen (also untergegangene Wörter und Wortneuschöpfungen), die letztendlich eine Sprache lebendig halten. Hier nochmals eine Übersicht meiner Beiträge zum Thema Sprache:

Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm GrimmWas ist ein Jackpot?You need ZugzwangWenn der Amtsschimmel wiehertTypisch deutsch: GemütlichkeitWörterbuch der Szenesprache

Die Zeit (b)rennt

Es ist wieder soweit: Morgen öffnet das Landesjugendcamp der Evangelischen Jugend
in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers. Vom 4. – 6. Juni 2010 findet auf dem Gelände des Jugendhofs Sachsenhain in Verden/Dauelsen das größte nichtkommerzielle Camp Niedersachsens von Jugendlichen für Jugendliche unter dem Motto „Die Zeit (b)rennt“ statt.

Landesjugendcamp 2010 Verden: Die Zeit (b)rennt

Das Motto der Veranstaltung, zu der die Organisatoren 2000 Jugendliche erwarten, drückt die Verantwortung des Einzelnen für religiöse und gesellschaftliche Themen aus. „Es ist noch nicht zu spät für Veränderungen und Engagement. Doch die Zeit rennt und die Themen, für die wir uns einsetzen müssen, brennen unter den Nägeln. Wir haben die Chance, unsere Zeit sinnvoll und auch erfüllend zu nutzen“, so Lena Borgers, Vorsitzende der Landesjugendkammer.

Wie vor zwei Jahren (Motto damals: Ich heiß – du cool?), so nimmt auch diesmal mein Sohn Jan aktiv an diesem Jugendcamp teil und ist bereits seit gestern vor Ort, um beim Aufbau der Zelte usw. zu helfen. Vor zwei Jahren trat er zusammen mit seiner Band „Halb So Wild“ beim Bandcontest auf:

Halb So Wild

Die Last der Beweise

In letzter Zeit habe ich Fälle beobachtet, die interessante Rückschlüsse auf Verhaltensweisen des Menschen aufzeigen, wenn dieser unter Anklage steht. In all diesen Fällen wird die zur Last gelegte Tat zunächst geleugnet, auch dann, wenn Indizien den Rückschluss auf das Vorliegen einer Tat(sache) zulassen (ein Indiz ist im Allgemeinen mehr als eine Behauptung, aber weniger als ein Beweis). Selbst wenn die Gesamtheit der Indizien so groß ist, dass die Schuld nicht mehr bezweifelt werden kann, leugnet der Täter. Erst unter der Last eindeutiger Beweise (Feststellung eines Sachverhalts als Tatsache) bekennt der Täter seine Schuld und bereut auch sogleich.

Un-Schuld

Wer kennt diese Verhaltensweise nicht selbst – ohne Straftäter zu sein. Gucken wir uns die Fälle an, die mich auf dieses Thema brachten:

Jörg Kachelmann, der bekannte und sicherlich auch beliebte Moderator von Wetterberichten im Fernsehen, wird verhaftet und bezichtigt, seine ehemalige Freundin vergewaltigt zu haben. Seit dem 20. März nun sitzt er in Untersuchungshaft. Zunächst glaubte alle Welt, dass es sich um ein ‚Missverständnis’ handelt müsse, zumal der Moderator vehement die Tat bestritt. Inzwischen gibt es Indizien, die belegen, dass Kachelmann seine frühere Freundin mit einem Messer bedrohte und sogar am Hals verletzte (DNA-Spuren von ihm am Messer). Aber weiter leugnet er die Vorwürfe.

Ein anderer Fall ist der des Radsportlers Floyd Landis, der bei der Tour de France zwar als Erster ins Ziel kam, dann aber wegen Dopings nach langem Tauziehen disqualifiziert wurde (Auf der 16. Etappe war Landis zunächst völlig eingebrochen und konnte nur im Schlepptau das Ziel in La Toussuire erreichen – am Tag darauf war er plötzlich wieder ‘voll’ da und legte mit seinem Etappensieg den Grundstein für den Sieg. Es wurde dann ein zu hoher Testosteron-Wert bei ihm festgestellt. Alles ein “natürlicher Prozess”, so die Erklärung seiner Mannschaft – siehe meine Beiträge Tour des Amis und Tour de Testosteron sowie Weiter auf Tour zur Tour de France 2009). Über Jahre hinweg hatte der 34-Jährige Millionen Dollar investiert, um vor Gericht seine vermeintliche Unschuld zu beweisen. Mit seiner Klage gegen die zweijährige Sperre war er aber vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne gescheitert. Jetzt nach vielen Jahren gab Landis zu, gedopt zu haben und belastet zudem seine früheren Kollegen, u.a. Lance Amstrong, dem siebenfachen Gewinner der Tour de France, dem schon mehrmals schwere Dopingvorwürfe bemacht wurden. Lance Armstrong hat die Doping-Vorwürfe seines US-Landsmanns Floyd Landis inzwischen zurückgewiesen. „Es ist nicht wert, auf diese Anschuldigungen einzugehen“, sagte der Radprofi. „Ich werde nicht meine Zeit oder Ihre Zeit vergeuden“, meinte der 38-Jährige.

Ein weiterer Fall aus dem Sport ist der Fall der Claudia Pechstein, der Eisschnellläuferin und vielfachen Medaillengewinnerin (u.a. 5-mal Gold bei Olympia). Sie wird des Blut-Dopings bezichtigt. Sie bestreitet die Vorwürfe seit langem und argumentiert damit, dass eine vererbte Blut-Anomalie Schuld an den Veränderungen des Blutbildes seien, was durch Ärzte bestätigt wurde.

In all diesen Fällen bestreiten die Angeschuldigten die ihnen zur Last gelegten Taten. Nur im Fall Floyd Landis gibt es nach vielen Jahren ‚endlich’ ein Geständnis, das zudem mit Anschuldigungen gegen andere einhergeht.

Was gibt es Schlimmeres für einen Täter als ‚erwischt’ zu werden. Geschieht das nicht ‚auf frischer Tat’, so wird in wohl den meisten Fällen der Vorwurf der Täterschaft zurückgewiesen. Es ist eine Art Selbsterhaltungstrieb, der das Leugnen hervorruft. Der Täter empfindet sich als Opfer, dem Ungeheuerlichkeiten vorgeworfen werden. Das geht soweit, dass der Täter sich selbst für unschuldig hält. Er verdrängt die Tat. Ja, er ist sogar bereit (wie im Fall Landis) seine Existenz aufs Spiel zu setzen, um nur nicht als Täter zu gelten. Lässt sich der Tatverdacht aber nicht ausräumen, so entwickelt sich daraus eine Art Versteckspiel. Jedes noch so kleine Indiz für die Schuld wird aufgenommen, zurechtgebogen und als ‚Lüge’ oder ’Verleumdung’ zurückgewiesen (Lance Armstrong). Kommt man gegen die Last der Indizien nicht an, so spielt man auf Zeit.

Ein Kriterium spielt dabei sicherlich auch der Umstand, ob mit den Anschuldigungen bereits Sanktionen eingeleitet wurden und der Täter als überführt gilt. Landis wurde der Sieg der Tour de France 2006 aberkannt, die sieben Siege von Armstrong stehen weiterhin nicht zur Disposition. In ‚aussichtsloser Lage’ ist man durchaus bereits, bis zum ‚letzten Hemd’ zu kämpfen (Landis). Aus gesicherter Position (Armstrong) spielt man gern den Coolen und gibt sich unbeeindruckt.

Das soll nichts über Schuld oder Unschuld aussagen. Auch der Unschuldige wird versuchen, notfalls bis zuletzt die Anschuldigungen gegen sich zu widerlegen. Ich glaube aber fast, dass der Schuldige mehr noch zu Opfern bereit ist: Der Abwehrmechanismus der Verdrängung ist manchmal wirkungsvoller als das Bewusstsein der Unschuld. Schneller als beim Schuldigen setzt Resignation beim Unschuldigen ein.

Ein anderes Phänomen ist die Reue. Selbst Täter, die lange und vehement jede Schuld bestritten haben, zeigen sich am Schluss reuig, wenn die Last der Beweise endlich so groß ist, dass sie ‚erdrückt’. Es ist so, als würde ein Schalter im Kopf des Täters umgelegt werden. Eben noch völlig unschuldig, bricht die Verdrängung wie eine hohe Mauer zusammen – und der Täter ‚erkennt’ seine Schuld. Die hervorbrechende Reue betrachte ich in solchen Fällen als einen Schutzmechanismus, der ebenfalls durch den Selbsterhaltungstrieb geprägt ist. Denn wer bereut, kann entsprechend unserem Rechtsempfinden mit Minderung einer Strafe rechnen.

Landis gesteht und bereut. Auf Armstrongs Geständnis wird man vergeblich warten (ich halte ihn trotzdem für schuldig). Im Falle der Claudia Pechstein bin ich mir nicht so sicher. Hier gilt dann die Unschuldsvermutung. Und Herr Kachelmann wird eines Tages vor Reue zusammenbrechen. Warten wir es ab.

Rückkehr der Shaolin-Mönche

Fernöstlicher Kampfsport – meine beiden Söhne sind davon fasziniert. Der Ältere von beiden hat früher Judo betrieben; der Jüngere ist jetzt noch dabei und macht Karate. Erst vor Kurzem hat er seinen grünen Gürtel (6. Kyu-Grad) bekommen.

Da ist es nicht verwunderlich, wenn wir uns heute Abend um 20 Uhr einmal die atemberaubende Kung Fu Show über das Leben der Shaolin Mönche und die mystischen Geheimnisse des Qi Gong in der Neuen Flora in Hamburg anschauen werden. Deren Motto heißt „Die höchste Ebene des Kampfes ist es, nicht zu kämpfen“.

Wie bei allen fernöstlichen Kampfsportarten spielt nicht allein der Sport eine Bedeutung, sondern der philosophische Hintergrund der Kunst und ihre Bedeutung als Lebensweg ist sogar vorrangig. Dabei spielen besonders Selbstdisziplin und moralische Stärke eine große Rolle.

Publikumsbeschimpfung

Publikumsbeschimpfung ist eigentlich ein Sprechstück in einem Akt von Peter Handke. Aber lange vor Handke gab es einen Autoren, der uns heute als Philosoph bekannt sein sollte, der bereits „das Publikum“ beschimpfte: Søren Kierkegaard (* 5. Mai 1813 in Kopenhagen; † 11. November 1855 ebenda). Bekannt wurde Kierkegaard durch sein Werk Entweder – Oder.

Sören Kierkegaard

Kierkegaard ist uns heute als radikaler Verfechter des Individualismus und als Vorreiter des Existenzialismus bekannt. Dabei wird allerdings oft verkannt, dass er den Individualismus in Bezug auf das Christentum verstand. Er sah im Individuum, im einzelnen Menschen ein Selbst, dem nur von Gott als dem Unendlichen Existenz zukommt. Nur der Einzelne kann zu Gott finden. Das Ziel des religiösen Menschen ist es, in ein existenzielles Verhältnis zu Gott zu treten. Dies kann allein im Glauben geschehen. Gott als der Absolute ist nicht der Kausalität der Welt unterworfen und entzieht sich daher als der Unbekannte dem menschlichen Verstand, er ist rational nicht erkennbar.

Aber ich bin thematisch schon übers Ziel hinausgeschossen. Vor vielen Jahren habe ich mir einmal ein Buch mit einer Auswahl aus dem Gesamtwerk von Søren Kierkegaard zugelegt. Da ich immer wieder über seinen Namen gestolpert war, wollte ich auch etwas von ihm lesen. Aber erst jetzt habe ich mich ausgerafft, um dieses gut 400 Seiten umfassende Buch zu lesen. Dabei bin ich zunächst über den Begriff des Publikums gestolpert. Kierkegaard schreibt:

(Es) … muß erst einmal ein Phantom zuwege gebracht werden, … eine ungeheuerliche Abstraktion, ein allumfassendes Etwas, welches Nichts ist, eine Luftspiegelung – dies Phantom heißt Publikum.

Kierkegaard verbindet dieses Phantom mit der Presse. Heute könnte man allgemein von den Medien sprechen (also Presse samt Fernsehen, Internet usw.). Das Publikum gibt es eigentlich für ihn nicht. Es ist keine Versammlung, kein Verein, keine Gruppe. Es ist eine Abstraktion, in deren Namen Meinung gemacht wird:

Fünfundzwanzig Unterschriften unter das törichtste Zeug sind eine Meinung; des vorzüglichsten Kopfes gründlichst durchdachte Meinung ist ein Paradox.

Man spürt, woher der Wind weht. Und ich frage mich, was heute anders ist als vor über 150 Jahren. Auch heute wird gewusst Meinungsmache betrieben, und man stellt dabei ein Publikum in den Mittelpunkt, das es so in aller Verallgemeinerung gar nicht gibt. Auch heute werden Redensarten zu Weisheiten, indem man sie nur oft genug dem Publikum wiederholt. Eine imaginäre Masse wird so zum Repräsentanten einer angeblich allgemeingültigen Meinung erhoben. Dabei gibt es weder dieses „Publikum“, noch kann von einer allgemeinen Gültigkeit einer solchen Phrase gesprochen werden.

Ich kann mich dieser Kierkegaard’schen Publikumsbeschimpfung nur anschließen, obwohl es eigentlich keine Beschimpfung eines Publikums ist, sondern die von Politikern und Medienmachern, die uns ihre Meinungen als die unseren verkaufen wollen.

Siehe auch: Text von Kierkegaards „Entweder/Oder“

Online mit Jesus

Ich bin nicht katholisch, deshalb kann ich nicht sagen, ob Sünden, die man online gesteht, vergeben werden. Reue und der Vorsatz, sein Verhalten wieder gut zu machen und sich zu bessern, gehören ohne Zweifel dazu. Man kann davon halten, was man will; auf einer privat betriebenen Seite kann der sündige Mensch jetzt seine Beichte ablegen. Einfach die Verfehlung eintippen, mit der Maus auf das Feld «Herr, ich habe gesündigt» – und schon geht das ganze über eine «gesegnete IP» gen Himmel: Online beichten