Urlaub

Bekanntlich ist der Urlaub Ausgangspunkt vieler ehelicher resp. familiärer Auseinandersetzungen, die dann zu Scheidung, in einigen Fällen auch zu Mord und Totschlag führen. Selbst wenn es nicht dazu kommt, so kann ein Urlaub zu einer bis zu drei Wochen dauernden Lebenskrise führen. Jetzt in Coronazeiten dürfte das kaum besser sein. – Und bekanntlich obsiegt bei allen Urlaubsheimkehrern nach solch strapaziösen Tagen in der Ferne die Einsicht, dass es zu Hause doch am schönsten ist.

    Vom Alltagsleben, wo man sich immerhin alles einigermaßen eingerichtet und zurechtgelegt hat, unterscheidet sich dieser selbstquälerische Ausnahmezustand vor allem durch die den ganzen Tag in Anspruch nehmende Sorge um Ernährung und sonstige Notdurft. Und: werde ich heil zurückkehren?
    Eugen Egner über Urlaub

Notdurft: Willi muss mal für kleine Antons
Notdurft: Willi muss mal für kleine Antons

Okay, es liegt an uns selbst, was wir aus einem Urlaub machen. Meine Familie und ich haben die Urlaubstage eigentlich immer genossen. In diesem Jahr werden wir zwar nicht für einen längeren Zeitraum verreisen (mit meinen beiden Söhnen werde ich demnächst auf Radtour gehen; das ist ja auch Urlaub; und meine Frau darf sich auf ihre Art von mir erholen), aber die Abkehr von den eigenen vier Wänden hat schon sein Gutes. Wie gesagt: Anschließend wird einem das Daheim wieder besonders lieb.

Zuletzt zur allgemeinen Erheiterung noch etwas von Heinz Erhardt, der da wohl einen Begriff unterschiedlich zu interpretieren sucht:


Heinz Erhardt- Da kommt doch noch was – Der Urwald

Willi läuft wieder …

Lange ist es her, dass ich meine Laufschuhe schnürte, um an der frischen Luft etwas für meine Gesundheit zu tun. Nun ganz so optimal, wie ich es mir wünschte, war das vielleicht doch nicht. Meinen Knie tat es wohl nicht ganz so gut, da sie schon ‚vorgeschädigt‘ waren. Zuletzt vor über vier Jahren war ich ‚auf der Piste‘, dann ging es erst einmal nicht mehr. Das rechte Knie knirschte und schmerzte zunehmend. Nach Diagnose und OP, nach einer Reha, Krankengymnastik und Rehasport vor nun zwei Jahren dauerte es zwei weitere Jahre, bis ich es jetzt zum ersten Male wieder wagte, die Laufschuhe hervorzukramen und vorsichtig im Laufschritt die ersten Kilometer abzuspulen.

2500 km mit diesen Tretern
2500 km mit diesen Tretern

Eigentlich habe ich nicht mehr damit gerechnet, wieder einmal eine größere Runde zu drehen. Meinen Außensport betreibe ich auf dem Fahrrad. Das geht ganz gut. Und demnächst ist sogar eine längere Radtour mit meinen beiden Söhnen angesagt. Aber laufen …? Sicherlich liegt es am vermehrten Radfahren, dass sich mein rechtes Knie dadurch gestärkt auch wieder zum Laufen ‚eignet‘.

Natürlich werde ich mich schonen müssen. Ich werde es nicht übertreiben. Aber es grenzt doch fast an ein Wunder, dass ich nach so langer Zeit neben dem Bloggen auch wieder joggen kann.

Siehe auch: Bloggen und Joggen
und Laufen und saufen statt joggen und bloggen?

Nein, so doch nicht … (11): Neid

Das N-Wort sticht immer. Selbst unter den sieben Todsünden ist Neid die mit Abstand unpopulärste. Und anders als Wollust, Faulheit und Völlerei macht es auch nicht den geringsten Spaß, neidisch zu sein.
Jürgen Ziemer

Nein, so doch nicht ... Oder doch?!
Nein, so doch nicht … Oder doch?!

… und da Neid dermaßen unpopulär ist, versucht der Neider seine Missgunst möglichst für sich zu behalten. Innerlich kocht er, weil er es nicht soweit gebracht hat wie irgendwelche Dahergelaufenen. Wie können die nur und ich nicht … – Gern benutzt er ein Mäntelchen, um seinen Neid zu verstecken: Gerade die so genannte Flüchtlingskrise offenbart den Neid vieler, die sich gegenüber den ins Land gekommenen Flüchtlingen benachteiligt fühlen: Denen wird alles in den Hintern geschoben. Und ich …?! – Vielleicht rühre ich einmal meinen Arsch, dann bekomme ich das, was ich mir wünsche und muss gegenüber anderen nicht neidisch sein.

Natürlich eignet sich der Vorwurf, neidisch zu sein, anderen übelzuwollen als K.O.-Kriterium. Einer, der bestimmte Missstände anprangert, die vielleicht mit der Vergeudung von Geld zu tun haben, wird mundtot gemacht, wenn er als Neidhammel bezeichnet wird. In soweit sticht das N-Wort (fast) immer.

Wird das genauer betrachtet, so ist zu sehen, dass wir in einen Circulus vitiosus, einen Teufelskreis geraten sind. Der Neid als Vorwurf oder der Vorwurf als Zeichen des Neides?!

Ach, Jungs und Mädels, das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Leider ist der Neid heute zu einer politischen Waffe geworden, der sich besonders die Rechten gern bedienen. Und dabei, ich unterstreiche es geradezu, macht Neid wirklich keinen Spaß!

Russische Wochen (3) – Fjodor M. Dostojewski: Die Dämonen

Komme ich heute zum 3. Buch meiner ‚russischen Wochen‘. Es ist der 1873 veröffentlichte Roman Die Dämonen von Fjodor M. Dostojewski, den ich in folgender Ausgabe vorliegen habe: Deutscher Taschenbuch Verlag, München – 5. Auflage Juni 1982 – 31. – 36. Tausend – dtv weltliteratur – Dünndruck-Ausgabe – Vollständige Ausgabe. Aus dem Russischen übertragen von Marianne Kegel [Marianne Kegel: Die Teufel – Leipzig: Hesse & Becker 1924]. – Titel der Originalausgabe: Бесы ‚Besy‘ (Petersburg 1971/72)

Über dieses Buch:
Der Roman >Die Dämonen< ist eine der machtvollsten, beziehungsreichsten Schöpfungen Dostojewskijs. Seine Romantechnik erreicht hier in der Verbindung von packender Handlung mit tiefster philosophisch-religiöser Thematik ihren Höhepunkt. Ein >Buch des großen Zorns< hat ein russischer Kritiker >Die Dämonen< genannt. Das ist der Roman zweifellos in dem heftigen Angriff Dostojewskijs auf die „nihilistische“ Generation der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts.
Wie in Turgenjews >Väter und Söhne< steht sich die Welt der Väter und der Söhne gegenüber. Der Vater Stepan Trofimowitsch Werchowenskij ficht Dostojewskijs Kampf gegen den Utilitarismus der jungen Genaration aus. Vor seinem Tod läßt er sich aus dem Lukas-Evangelium die Geschichte von der Austreibung der Teufel vorlesen, die dem Roman den Titel und seine religiöse Entschlüsselung gibt. Die Teufel, die Dämonen Russlands, sind die Handlanger der Zerstörung um der Zerstörung willen, vertreten durch den Sohn und Mörder aus politischen Motiven, Pjotr Stepanowitsch, durch die Hauptfigur Nikolaj Stawrogin und seinen Kreis der Nihilisten. Stawrogin ist ein von Machtgier und Zerstörungslust Besessener, der ein Leben voller Ausschweifungen und Grausamkeiten führt und sich schließlich, innerlich gescheitert, erhängt.

War der Ausgangspunkt Dostojewskijs zunächst weltanschaulicher Natur – der Konflikt zwischen den atheistischen, westlich orientierten Revolutionären und seiner nationalen, christlich-orthodoxen Überzeugung -, so wird immer mehr zum eigentlichen Thema, was der Dichter in einem Brief über den Romanplan schrieb: „Die Hauptprobleme, durch alle Teile des Romans hin, werden die gleichen sein, von denen ich bewußt und unbewußt während meines ganzen Lebens gequält worden bin – die Existenz Gottes.“

Fjodor M. Dostojewski: Die Dämonen
Fjodor M. Dostojewski: Die Dämonen

Das ist kein Buch, das man liest, das ist ein Abgrund, in den man hineinstürzt. Mir schien damals, ich habe durch diese Lektüre endgültig erfahren, was Leben wirklich ist: sich hilf- und heillos verstricken und schuldlos schuldig werden. Verzweifelt wie alle Personen des Romans bot sich mir als Ausweg jener an, den Kirillow und Stawrogin wählten: Selbstmord. So ein Buch ist das. Ein gefährliches Buch, wenn man es nicht ganz zu Ende liest.
[…]
Bei der Sitzung eine[s diese]r „Fünferkomitees“ legt ein Mitglied, Schigaljow, sein Buch vor, in dem er das Bild der künftigen sozialistischen Gesellschaft entwirft, ein Bild, gegen das, so sagt er, alle Gedanken früherer Reformer nichts als törichte Träume seien. Jedoch: er bekennt, sich selbst in seinen Ideen verirrt zu haben, und er müsse sehen, daß seine Propagierung der unbeschränkten Freiheit des einzelnen geradewegs in den unbeschränkten Despotismus führen. Es gebe keinen andern Weg als die Teilung des Volks in zwei Gruppen: ein Zehntel erhalte die unbeschränkte Freiheit und damit die absolute Macht, der Rest müsse entmündigt und damit in den „ursprünglichen Zustand der Lämmerunschuld zurückgeführt werden“. Das Ideal der totalen Diktatur, die Vorwegnahme des Faschismus und Stalinismus. (Quelle: zeit.de)

Aber damit endet Dostojewskis Hellsicht noch nicht. Es ist Pjotr Werchowenski, dem das Charisma eines Stawrogin abgeht, der diesen daher als ’neuen Zaren‘ auserkoren hat. Warum erinnert mich das so sehr an Putin, der mit seiner Scheindemokratie eine neue Form des Zarentums begründet hat. Stawrogin wollte nicht und nahm sich das Leben, Putin will dafür um so mehr …

Personenverzeichnis als PDF-Datei

siehe auch:
Heute Ruhetag (16): Fjodor Michailowitsch Dostojewski – Die Dämonen (nachzulesen bei zeno.org)

sowie:
Russische Wochen (1) – Tschingis Aitmatow: Frühe Kraniche
Russische Wochen (2) – Michael Bulgakow: Das hündische Herz

Sommerfrische

Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß,
Das durch den sonnigen Himmel schreitet.
Und schmücke den Hut, der dich begleitet,
Mit einem grünen Reis.

Verstecke dich faul in der Fülle der Gräser.
Weil`s wohltut, weil`s frommt.
Und bist du ein Mundharmonikabläser
Und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt.

Und lass deine Melodien lenken
Von dem freigegebenen Wolkengezupf.
Vergiss dich. Es soll dein Denken
Nicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf.

Joachim Ringelnatz
Joachim Ringelnatz

Tun wir es dem Dichter gleich und denken nicht weiter als einen Grashüpferhupf. Mit einer Eistüte auf dem Gewissen und Sonne im Kopf frönen wir dem Sommer und Joachim Ringelnatz. Und mit seinen Gedichten. Wenn nicht jetzt, wann dann …

Große Film-Sammlung zum 75. Geburtstag von Wim Wenders

Er ist als Vorreiter des Neuen Deutschen Films international bekannt geworden und gilt als einer der renommiertesten Vertreter des Deutschen Kinos der Gegenwart: Der Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Fotograf Wim Wenders, der in seinem kreativen Leben zahlreiche Filmpreise und Auszeichnungen erhielt. Anlässlich seines 75. Geburtstags sind ab 14. Juli 28 seiner Filme für 3 Monate exklusiv in der ARD Mediathek zu sehen, darunter die Klassiker „Paris, Texas“, „Der Himmel über Berlin“, „Buena Vista Social Club“, „Pina“ und „Palermo Shooting“.

Action: Wim Wenders wird am 14. August 75 Jahre alt
Action: Wim Wenders wird am 14. August 75 Jahre alt

Online-Downloads der Wim Wenders-Filme über MediathekView möglich (bis zu FullHD)

Russische Wochen (2) – Michael Bulgakow: Das hündische Herz

Zum Vatertag bekam ich von dem älteren meiner beiden Söhne und seiner Freundin ein Buch geschenkt, das ich inzwischen gelesen habe. Es ist der Roman Meister und Margarita von Michail Bulgakow. Dazu später mehr. Inzwischen hat mir mein Sohn zwei weitere Bücher dieses Autoren ausgeliehen und ich habe mir das deutlich kleinere Buch, den Roman Das hündische Herz: Eine fürchterliche Geschichte [Собачье сердце, 1925], aus dem Russischen übertagen, kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Alexander Nitzberg – dtv, München – vollständige Ausgabe 2014 – 3. Auflage 2017, zu Gemüte geführt.

Michael Bulgakow: Das hündische Herz
Michael Bulgakow: Das hündische Herz

Hundeherz, in der neuen Übersetzung: Ein hündisches Herz (Originaltitel russisch Собачье сердце, transkribiert Sobatschje serdze) ist eine Roman des russischen Schriftstellers Michail Bulgakow. Sie ist eine zynische Satire auf den von der Sowjetunion propagierten „neuen sowjetischen Menschen“ und handelt von einem durch ein Experiment entstandenen grobschlächtig-ruchlosen „Hundemenschen“, der sich zum Alptraum für seinen Schöpfer entwickelt.

Verfasst wurde das Werk 1925, zur Zeit der Neuen Ökonomischen Politik (NÖP), als in der Sowjetunion kapitalistische Wirtschaftsmechanismen teilweise wieder eingeführt wurden, was heftige politische Auseinandersetzungen und Kämpfe mit sich zog und auch einen grundlegenden Wandel in der Partei selbst zur Folge hatte: Der kommunistische Idealist trat in den Hintergrund zugunsten des kommunistischen Bürokraten. Obschon die NÖP zu einer relativ gemäßigten Haltung gegenüber Schriftstellern und Künstlern führte, wurde Hundeherz, mit seinen unverkennbaren allegorischen Anspielungen auf Widersprüche zwischen ursprünglichen revolutionären Hoffnungen, offizieller Propaganda und den Realitäten der NÖP-Zeit, verboten. Erst 1987, 47 Jahre nach dem Tode des Autors, konnte die Erzählung in der Sowjetunion erscheinen.

Um 1925. Der renommierte Moskauer Chirurg Professor Preobraschenski nimmt einen Straßenköter mit nach Hause – nicht aus Mitleid, sondern um seiner Experimente willen: Sein Ziel ist der >neue Mensch< ... Bugakows bissiger Klassiker, erstmals nach der letzten Fassung des Autors neu übersetzt, ist nicht nur eine moderne Mixtur aus russischem Faust, Frankenstein und Pygmalion, sondern auch eine aberwitzige Parabel auf die neue Sowjetgesellschaft, auf die Grenzen der Wissenschaft sowie die menschliche Natur im Allgemeinen. (aus dem Klappentext)

Moskau um 1925: Der hoch angesehene Chirurg Professor Filipp Filippowitsch Preobraschenski ist auf berjüngende Eingriffe spezialisiert. Aber heimlich experimentiert er – mit Hunden. Bei Lumpi, dem Straßenköter, scheint das Experiment endlich erfolgreich …

„Ich bin vom Stuhl gefallen. Ein Buch, das auf abgründige Weise das Bild des biotechnisch hergestellten Neuen Menschen so vernichtend darstellt – das ist ungeheuerlich.“ Rüdiger Safranski im >Literaturclub< (Schweizer Radio und Fernsehen) „Es ist die erste Übersetzung ins Deutsche, die Geist und Gestus des radikal modernen Werkes wirklich erfasst …“ Eckhard Stuff in rbb kulturradio

siehe auch:
Russische Wochen (1) – Tschingis Aitmatow: Frühe Kraniche

Russische Wochen (1) – Tschingis Aitmatow: Frühe Kraniche

Urlaubszeit oder gar die Zeit des Rentnerdaseins ist auch immer eine Zeit des Lesens. Für mich sind es in diesen Wochen nicht nur die Bücher, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben, sondern auch das eine oder andere, das sich lohnt, erneut gelesen zu werden. Zuletzt hatte ich ‚russische Wochen‘, habe also Romane gelesen, die aus Russland stammen oder zumindest in russischer Sprache erschienen sind. Ich mag die russische Kultur, die uns besonders in der Literatur, aber auch durch die Musik (ich denke da an Modest Mussorgski, Sergei Prokofjew, Sergei Rachmaninow oder Dmitri Schostakowitsch, um nur einige zu nennen – ja, ich höre auch gern so genannte E-Musik) Werke von unbezahlbarem Wert geschenkt haben. Ich mag weniger die russische Politik. Dazu aber später einmal mehr, wenn es hier um Dostojewskis ‚Die Dämonen‘ gehen wird.

Beginnen möchte ich mit einem kleinen Roman eines kirgisischen Autoren, der hauptsächlich in russischer Sprache schrieb: Tschingis Aitmatow. Ihn habe ich hier schon einmal vorgestellt mit einem ebenfalls dünnen, aber gehaltvollen Büchlein: Dshamilja, der wohl schönsten Liebesgeschichte der Welt. Aitmatow war eine bemerkenswerte Person. So war er von 1988–1990 Vorsitzender des kirgisischen Autorenverbandes. In der Zeit der Perestroika war er als parlamentarischer Vertreter (Oberster Sowjet der UdSSR) aktiv, seit Ende 1989 auch als Berater Michail Gorbatschows. 1990 wurde er der letzte sowjetische Botschafter in Luxemburg. Bis März 2008 war er Botschafter für Kirgisistan in Frankreich und den Benelux-Staaten und lebte in Brüssel.

Tschingis Aitmatow
Tschingis Aitmatow

Frühe Kraniche heißt der kleine, gerade einmal 120 Seiten starke Roman, der zuerst 1975 unter dem Titel > Ранние журавли (Ranni Zurawli)< in der Zeitschrift Nowy Mir in Moskau erschien. Ich habe ihn aus dem Russischen übersetzt von Charlotte Kossuth in einer Ausgabe des Fischer Taschenbuch Verlages 5327 aus dem März 1984 vorliegen.

Rußland 1943: Sultanmurat, ein halbwüchsiger Kirgisenjunge und Anführer einer Gruppe gleichaltriger Jungen, wartet in der menschenleeren Steppe, wo sie die Saat vorbereiten, auf die ersten Zeichen des Frühlings, den Kranichzug. Dieses Zeichen der Hoffnung auf eine gute Ernte läßt sie für einen Augenblick die Schrecken des Krieges, die Unerbittlichkeit des Winters und die Anstrengungen der bäuerlichen Arbeit vergessen. Sie wissen nicht, daß in den nahen Bergen eine große Gefahr auf sie lauert. Sulranmurat aber bewährt sich in einer schier aussichtslosen Situation.
Aitmatow erzählt mit großer Anteilnahme und Einfühlung von Sultanmurat und seinen Gefährten. Eben noch Kinder, die die Schulbank drücken müssen, sind sie von heute auf morgen dazu ausersehen, die Grundbedürfnisse des Lebens für ihr Kolchosendorf zu sichern. Es ist eine dunkle Zeit, in der sie leben, Krieg und ein scheinbar endloser Winter, Tod und Hunger sind ihre Begleiter, doch die Jungen geben nicht auf.
(aus dem Klappentext).

„Es geht mir um die Liebe und die Kriegszeit. Der Krieg brandet irgendwo … Und hier, gleich daneben, ist die Liebe die Entdeckung der Welt. Zwischen Krieg und Liebe entstehen zwangsläufig unsichtbare Beziehungen und Brücken.“ Tschingis Aitmatow

André Gide: Die Schule der Frauen

Die Stellung der Frau in Ehe und Gesellschaft und der Kampf um die Freiheit ihrer Persönlichkeit stehen im Mittelpunkt dieser drei, nun schon klassischen psychologischen Erzählungen, die sich wie die Tafeln eines Triptychons miteinander verbinden. Wir lesen das Tagebuch einer jungen Frau, deren frisches und klares Urteilsvermögen die vorgetäuschte moralische Überlegenheit ihres Mannes als raffinierten Egoismus entlarvt und die an dieser Erkenntnis zerbricht. In der zweiten Erzählung versucht der Beschuldigte eine Rechtfertigung, in der dritten nimmt, in Form eines Briefes, die Tochter des Ehepaares (inzwischen selbst eine junge Frau) zu den Ereignissen Stellung. Dabei erweist sich, daß die gesellschaftlichen Veränderungen zu einer Befreiung geführt haben: die Tochter nimmt für sich jenes Recht auf die eigene Persönlichkeit ganz selbstverständlich in Anspruch, das der Mutter versagt blieb.

André Gide, am 22. November 1869 in Paris geboren und dort am 19. Februar 1951 gestorben, der seinen Zeitgenossen und vielen seiner konservativen Autorenkollegen als gefährlich, als der große Seelenverderber galt, hat längst seinen Platz in der Weltliteratur. Der Nobelpreisträger (1947) zählt zu den wichtigsten französischen Schriftstellern seiner Generation. Er hat das geistige Gesicht des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt. Die Erzählungen >École des Femmes< erschien 1929 (dt. 1929), >Robert< 1930, >Geneviève< 1936 (dt. zus. 1950). "Ein scharfzüngiges Manifest für die Frau. Doch bei allem Engagement zum Thema >Emanzipation< geht Gide nie der Charme aus. Schon allein die Komposition ist äußerst reizvoll ... Darüber hinaus jedoch besticht Gide durch seinen überaus eleganten Stil, in dem Einfachheit und Ironie sich raffiniert brechen." (Norddeutscher Rundfunk) André Gide gemalt von Paul Albert Laurens (1924)
André Gide gemalt von Paul Albert Laurens (1924)

Ich finde es schon erstaunlich, wie sich André Gide als Mann vor über 85 Jahren in die unterschiedlichen Rollen der Mutter, des Mannes und dann der Tochter hineinfühlt: André Gide: Die Schule der Frauen [L’École des Femmes] – Erzählungen – dtv 1751 – 3. Auflage 1983. Die Mutter, die zunächst dem Charme ihres späteren Mannes erliegt, erkennt bald, wie perfide ihr Ehegatte ist, wie er nicht nur sie, sondern seine ganze Umwelt hintergeht. Der Mann schiebt in seiner Rechtfertigung alles auf seine Frau und dann auch auf die Tochter. Der Brief der Tochter offenbart dann das ganze Dilemma, dem ihre Mutter ausgesetzt war.

siehe auch: André Gide: Die Falschmünzer

Meisterfeier oder was …?!

Ist ja schön, dass Ihr Euren Arsch doch noch gerettet habt und ein weiteres Jahr in der obersten Fußballliga vertreten seid. Natürlich ist das ein Anlass, auch ein wenig zu feiern. Aber muss es so aussehen, als wärt Ihr gerade deutscher Meister geworden? Schämen solltet Ihr euch für so eine miese Saison …

SV Werder Bremen im Juli 2020: Meisterfeier oder was?!
SV Werder Bremen im Juli 2020: Meisterfeier oder was?!

Bauplanung ‚Am Bahnhof 9/9a‘ in Tostedt (13): Krähen in der Dämmerung

Der ‚Bauklotz von Tostedt‘ nimmt langsam Formen an. Vor diesem aus vier Häusern bestehenden Block entstehen zz. Stellplätze. Vom dem versprochenen Grün bleibt da nicht viel.

Seit Monaten werden wir werktags so ab kurz nach 6 Uhr 30 von Baulärm geweckt, der mit kurzen Pausen bis nach 16 Uhr anhält. Da ist es wenig angenehm, bei schönem Wetter draußen zu sitzen. Fast alle Nachbarn sind reichlich genervt.

Krähen in der Dämmerung (Baukran in Tostedt - Am Bahnhof)
Krähen in der Dämmerung (Baukran in Tostedt – Am Bahnhof)

Aber dem nicht genug: Seit einiger Zeit hat sich ein Schwarm Krähen einen der Baukräne als Ruheplatz auserkoren. Geradezu pünktlich abends gegen 21 Uhr 30 versammeln sich dort unzählige Krähen zum Sammeln, um sich dann später, so gegen 22 Uhr 30, zu ihrem Nachtquartier aufzumachen. Das ist ja noch in Ordnung. Neuerdings versammeln sich die Vögel auch morgens so gegen 5 Uhr auf dem Kran, um hier gewissermaßen den Tag zu beginnen. Spätestens, wenn der Baukran in Benutzung gerät, machen sie sich von dannen. So haben wir also bereits am frühen Morgen ein Vogelkonzert, dass sich allerdings eher durch Kakophonie statt durch Wohlklang wie bei Amsel & Co. auszeichnet. Vielen Dank, werte PGN!