Ab 20. Juli verbrachte ich mit meiner Frau zwei Wochen in der Edelsteinstadt Idar-Oberstein, einer Stadt von rund 30.000 Einwohnern, die am südlichen Rand des Hunsrücks und beidseitig der Nahe, einem Nebenfluss des Rheins, liegt. Meine Frau ist Steinesammlerin. Und Idar-Oberstein als ein Mittelpunkt der Verarbeitung und des Handels mit Edelsteinen (und früher auch der Gewinnung solcher, denn in der Region um den Ort gibt es natürliche Achat-Vorkommen, auch Jaspis und Bergkristall) sollte sich als ein Paradies für meine Frau erweisen. Auslöser der Reise war ein Besuch einer Messe für Mineralien in Hamburg Ende des letzten Jahres.
Wir waren mit der Bahn angereist (eigentlich mit einem Bus des Schienenersatzverkehrs, denn ab Bad Kreuznach fuhren wegen einer Baustelle keine Züge – der Urlaub begann also nicht ganz so optimal) und hatten eine Ferienwohnung im Stadtteil Göttschied, der 1969 der Stadt Idar-Oberstein eingemeindet wurde. Von hier also starteten wir dann unsere ‚Exkursionen‘.
Idar-Oberstein (ähnlich wie in Garmisch-Partenkirchen legen die beiden Stadtteile Idar und Oberstein Wert auf eine gewisse Eigenständigkeit) zeichnet sich dadurch aus, das – zumindest gefühlt – neun von zehn Geschäften Schmuckläden bzw. Läden für Edelsteine in der unterschiedlichsten Verarbeitung sind. Hier gibt es Ware für jeden, also für den dicken und den schmalen Geldbeutel, für Otto Normalverbraucher wie für arabische Scheichs. Spätestens nach einer Woche hatte ich die Nase voll von solchen Geschäften.
Und – wenigstens kam es mir so vor – ist es die Stadt der 1000 Schleichwege und 100.000 Treppenstufen (nicht umsonst wird jährlich ein Treppenlauf veranstaltet). Hinter jedem zweiten Haus verbirgt sich ein Schleichweg, der je nach Richtung hinab oder bergan führt. Das dann meist auch über eine größere Anzahl von Stufen. Den Weg vom Stadtteil Göttschied nach Oberstein konnten wir auf unterschiedlichste Weise bewältigen. Neben der Fahrt mit dem Stadtbus gab es dank der vielen Schleichwege kurze wie längere Strecken über Stock und Stein oder längst der Straßen. Der schönere dieser Weg (über die Obersteiner Straße) führte direkt in das Pfaffenwäldchen und dort zum Schloss Oberstein (Foto 1), das wir natürlich auch besuchten. Es ist ziemlich spartanisch und so eher nach meinem Geschmack eingerichtet (fernab der Glitzerwelt der Edelsteine). Ein Zimmer dient u.a. auch als Standesamt. Bemerkenswert dabei: für dringende Bedürfnisse gibt es hier zwei Ausbuchtungen (Foto 3), wenn auch ohne Türen, dafür mit Belüftung von unten, deren ‚Ergebnisse‘ gleich dem Bewuchs unterhalb des Schlosses (Foto 2 – ziemlich in der Bildmitte sind zwei Ausbuchtungen sichtbar) als Dünger zu Gute kommen. Natürlich musste ich einen Blick durch die Öffnung eines der stillen Örtlichkeiten werfen (Foto 4).
Foto 1: Schloss Oberstein
Foto 2: Schloss Oberstein – in der Bildmitte die Ausbuchtungen für die ‘Scheißhäuser’
Foto 3: Schloss Oberstein – Willi inspiziert ein ‚Scheißhaus‘
Foto 4: Schloss Oberstein – Willi schaut durch die Öffnung eines ‚Scheißhauses‘
Waren wir den Weg weitergegangen, so kamen wir an den Überresten der Burg Bosselstein (Foto 5) vorbei. Eine Besichtigung ist wohl wegen der Baufälligkeit des Gemäuers leider nicht möglich. Durch ihre Lage auf einem Bergsporn, dem äußersten Fortsatz eines Bergrückens, musste nur die Hangseite durch Verteidigungsanlagen gesichert werden, die anderen drei Seiten waren durch steile Abhänge geschützt. Erbaut wurde die Burg um 1200 herum.
Foto 5: Burg Bosselstein
Schloss, Burg und Felsenkirche, das eigentliche Wahrzeichen der Stadt, sind von der Nahe her gut sichtbar. Sie thronen gewissermaßen über der Stadt. Meine Frau interessierte dabei besonders die Felsenkirche (Foto 6 und mit Teilen der Stadt auf Foto 7), also einer Kirche, die in den Felsen hineingebaut wurde.
Foto 6: Felsenkirche von Idar-Oberstein
Foto 7: Felsenkirche von Idar-Oberstein samt Teile der Stadt
„Im Zuge der Felssicherungsarbeiten im Umfeld der Felsenkirche (Foto 8) muss der zunächst für das kommende Jahr geplante II. Bauabschnitt vorgezogen werden. Bei einer geologischen Untersuchung des betreffenden Areals stellte sich heraus, dass dieses in einem derart schlechten Zustand ist, dass dort umgehend eine Sofortmaßnahme durchgeführt werden muss.“ Mithin ist die Kirche bis mindestens Ende 2020 geschlossen und somit nicht zugängig.
Foto 8: Felssicherungsarbeiten bei der Felsenkirche von Idar-Oberstein
Natürlich war meine Frau etwas enttäuscht. Denn gern hätte sie (und auch ich) die Kirche besucht, die durch einen Tunnel zu betreten ist. Vielleicht später einmal. Soviel zu den offensichtlicheren Sehenswürdigkeiten von Idar-Oberstein. Zur Glitzerwelt der Edelsteine und der Besichtigung eines Kupfer- und eines Edelsteinbergwerkes (samt Besuch einer Edelstein-Schleife) dann später etwas.