Abenteuer Ulysses von James Joyce (18): 16. Kapitel – Eumaeus [Nostos – Heimkehr]

So langsam komme ich zum Ende des Romans Ulysses von James Joyce. Heute das 16. Kapitel (von 18), mit der die ‚Heimreise‘ (griechisch: Nostos) des Helden Odysseus, also von Leopold Bloom, beginnt. Joyce wechselt vom Drama (15. Kapitel: Circe) zu einem langsam und beinahe umständlich dahingleitenden altertümlichen Erzählstil, der das Mittel des inneren Monologs nicht nutzt. Wahrhaftigkeit, Herkunft, Identität sind hier das Thema – aber die langen Satzkonstruktionen sind bewusst von kleinen „Ermüdungsfehlern“ in den Beschreibungen und Motiv-Zuordnungen durchzogen.

Inhalt des 16. Kapitels:

Szene Kutscherkneipe • Uhrzeit 1 Uhr morgens

Die letzen drei Kapitel, in Anlehnung an Odysseus‘ Rückkehr nach Ithaka als „Nostos“ (Heimkehr) ausgewiesen, bilden also den Abschluss des „Ulysses“. Die Odyssee ist beendet: Stephen und Bloom geraten erschöpft nach dem Bordellbesuch in ruhigeres Gewässer.

Auf ihrem Weg zur Kutscherkneipe „Cabman‘s Shelter“ (Kutscherunterstand) begegnen sie dem arbeitslosen Corley, dem Stephen Geld leiht, und Streit suchenden italienischen Seemännern. Bloom spricht mit Stephen väterlich über die Gefahren des zügellosen Nachtlebens und großzügiger Mildtätigkeit.

Der Taxistand an der Butt Bridge
Der Taxistand an der Butt Bridge, über den die Loopline -Eisenbahnbrücke in den 1950er Jahren führt. Kutschen fahren auf die Brücke rechts im Bild zu. Quelle: Tindall, The Joyce Country.

Bloom und Stephen wollen in der Kneipe etwas essen, und treffen dort unter anderem auf einen betrunkenen Matrosen, der von seinen Seefahrten berichtet und dabei reichlich Seemannsgarn spinnt.

Bloom – auch hier in der Vaterrolle – kümmert sich um den betrunkenen Stephen, und nach und nach wächst seine Sympathie für den jungen Dedalus.

Wie Odysseus sich dem Schweinehirten „Eumaios“ (hier der Kneipenwirt Skin-the-Goat) nur langsam zu erkennen gibt und in dessen Hütte seinen Sohn Telemachos trifft, so finden Stephen und Bloom hier gemächlich, gelegentlich aneinander vorbeiredend, zueinander.

Es ist spät und der Weg zum Martello Tower (siehe Kapitel 1), die Unterkunft von Stephen, weit. Bloom lädt Stephen zu sich nach Hause ein, um dort die Nacht zu verbringen.

(Quellen: swr.de/swr2/hoerspiel & de.wikipedia.org)

Personen des 16. Kapitels

Leopold Bloom und Stephen Dedalus, die beiden Helden des Romans, haben sich also ‚gefunden‘. Bloom ist der „moderner Held“ als Kontrast zu dem homerischen Helden Odysseus. Stephen Dedalus verkörpert Odysseus‘ Sohn Telemachos, um den sich Bloom nun väterlich kümmert.

Diesmal ist das Personal des Kapitels sehr übersichtlich: Zunächst John Corley, Sohn des Dubliner Inspektors, der verschwenderisch lebt, nachdem die Vorteile seiner edlen Erziehung erschöpft sind. Er ist ein Bekannter von Stephen, von dem er sich Geld leiht. Er sucht nach einem Job. Corley verkörpert Melanthius, den Ziegenhirten der Odyssee, der den als Bettler verkleideten Odysseus verspottet und dafür kastriert und ermordet wird.

Skin-the-Goat habe ich bereits vorgestellt. Er ist der Inhaber der Kutscherkneipe und stellt Eumaeus, den treuen Sauhirten und Freund des Odysseus dar. Zuletzt der Seemann gilt als ‚Ulysses Pseudangelos‘, als ‚Odysseus, der falsche Bote‘.

Anmerkungen zu diesem 16. Kapitel

Wie gehabt: Auch zu diesem Kapitel hier einige Anmerkungen und Erklärungen, die vielleicht helfen, mehr Verständnis für den Text zu erlangen. Natürlich bin ich mir auch hier nicht immer sicher, ‚das Richtige‘ gefunden zu haben. Für Korrekturen und weitere Anregungen bin ich dankbar:

S. 760: Jupiter Pluvius [Beiname des Zeus – regnender Gott]
S. 761: à propos [nebenbei]
fidus Achates [Gefährte des Äneas – gilt als Stammvater der Römer]
fancy bread [kunstvoll, feines Brot]
S. 762: demimonde [Halbwelt]
S. 763: confrères [Kollegen]
S. 764: qui vive [‚Wer lebe (hoch)‘ – Anruf frz. Wachsoldaten – auf der Hut sein]
S. 766: haud ignarus malorum miseris succurrere disco [Ich bin mir des Bösen nicht bewusst und lerne, den Elenden zu helfen – frei nach Vergil]
S. 767: Carl Rosa [brit. Dirigent, 19. Jh.]
S. 768: rara avis [seltener Vogel]
S. 770: raconteur [Erzähler]
S. 772: Puttana madonna, che ci dia i quattrini! Ho ragione? Culo rotto! — Intendiamoci. Mezzo sovrano piu… — Dice lui, pero! — Mezzo. — Farabutto! Mortacci sui! [Verdammte Hure, gib uns das Geld! Ich habe recht? Gebrochener Arsch! – Damit wir uns verstehen. Halb souverän plus… – Er sagt es aber! – Halb. – Du Schurke! Verdammt! ?]
Skin-the-Goat [‚die Ziege häuten – der Wirt]
S. 773: sangfroid [aus dem Frz.: Gelassenheit]
Hoi polloi [s. S. 598: die Masse – Volk, Pöbel]
Voglio (e non vorrei) [Ich möchte und ich möchte nicht, siehe S. 132 bzw. 614]
S. 776: Alice-Ben-Bolt-Thema [sentimentale Ballade, 19. Jh., ‚Alice ist gestorben‘]
Enoch Arden [Ballade von einem Schiffbrüchigen]
Caoc O’Leary [auch Caoc, der Pfeifer – irische Erzählung]
S. 778: Gospodi pomilui [russ. Herr, erbarme dich – Werk von Tschaikowski]
Choza … [Hütte]
S. 779: Tarjeta Postal [span. Postkarte]
Bona fides [guter Glaube]
S. 781: tapis [Teppich]
Venue [Veranstaltungsort]
S. 782: coup d’œil [ein (Aus-)blick]
S. 783: dénouement [Ergebnis]
Entre nous [unter uns]
S. 784: soi-disant [angeblich, so genannt]
S. 785: minutiae [(ins) Detail, Einzelheit]
S. 790: instanter [dringend, sofort]
Pater familias [Familienvater, Hausherr]
Annihilierung [Vernichtung, Auslöschung]
corruptio per se [Korruption/Beschädigung aus sich selbst] – Thomas von Aquin: summa Theologica
corruptio per accidens [zufällige Korruption/Beschädigung (durch Unfall)] – Thomas von Aquin: summa Theologica
S. 791: in toto [vollständig, im Ganzen]
S. 792: Coffee Palace [Hotel ohne Alkoholausschank]
Temperenz [Enthaltsamkeit]
S. 793: sine qua non [Bedingung ‚ohne die nicht‘ … – notwendige Bedingung]
sotto voce [mit gedämpftem Ton]
confidente [Vertrauter, Mitwisser]
S. 794: Antonio [aus Shakespeares ‚Kaufmann von Venedig‘ – es geht um einen juristischen Prozess gegen den Christen Antonio, der dem jüdischen Kaufmann Shylock aufgrund seiner Zahlungsunfähigkeit ein Pfund seines Körperfleischs schuldet]
Hesperus [eigentl. Titan der griech. Sage – auch Planet Venus als Abendstern]
S. 795: Marcella [römische Heilige, gestorben 411]
de rigueur [unabdingbar]
S. 796: Roberto ruba roba sua [it. Robert packte seine Sachen weg]
Fräulein Portinari [Beatrice P., 1265 – 1290]
Leonardo und San Tommaso Mastino [gemeint sind L. da Vinci und Thomas von Aquin]
S. 797: doubliert [verdoppelt]
Henry Campbell [brit. Politiker]
S. 799: Stüver [Kleingroschenmünze im N. Deutschlands – 13. – 19. Jh.]
au fait [gut unterrichtet]
S. 800: Libation [altröm. Trankspende für die Götter]
cum Potation [mit Trinken, Zechen]
soirée [Abendgesellschaft]
Philippika [leidenschaftl. Rede]
S. 801: crescendo [allmählich lauter werdend]
Talmi [etwas ohne besonderen Wert]
Finale [Schlussteil (einer Rede)]
S. 802: Jem Mullins [evtl. James M., US-Politiker, 19. Jh.]
S. 805: Ex quibus … secundum carnem. [et Ex quibus est Christus secundum carnem = Von wem ist Christus dem Fleisch nach]
stipulieren [festsetzen, vereinbaren]
S. 806: aparte [(beiseite) abseits sprechen]
S. 807: pro rata [… temporis – zeitanteilig, ‚in Raten‘]
Ubi patria [ubi bene ibi patria = wo es mir gut geht, da ist mein Vaterland]
vita bene [Das Leben ist gut]
Synopse [vergleichende Gegenüberstellung, Anordnung von Texten]
pro. tem. [pro tempere = vorläufig, für jetzt]
S. 808: faubourg Saint Patrice [Vorstadt St. Patrick]
S. 809: ostentativ [bewusst herausfordernd]
dénouement [Ausgang, Lösung des Grundkonfliktes in einem Drama]
Criminal Law Amendment Act [1885: Gesetz zur weiteren Regelung des Schutzes von Frauen und Mädchen, der Schließung von Bordellen und für andere Zwecke]
S. 810: Notorietäten [das Offenkundige]
S. 811: Kamee [Stein mit geschnittener figürlicher Darstellung]
des verarmten Zehntels [bezieht sich auf ein Buch von William Booth, Gründer der Heilsarmee: ‚In Darkest England‘]
S. 812: eatondph 1/8 ador dorador douradora 555 [? evtl. portug. dor dourador dourados = goldener Vergoldungsschmerz]
S. 814: Parnell zurückgekehrt [Charles St. P., irischer Protestant, „ungekrönter König von Irland“ – Führer der Home Rule League für die Selbstregierung Irlands – starb vor 13 Jahren – es hielt sich das Gerücht, dass er am Leben sei – Parallele zu Odysseus Rückkehr nach Ithaka]
S. 815: Alice, wo bist du [ein populäres Lied]
Insuppressible [‚Ununterdrückbar‘]
S. 816: soi-disant [angeblich]
entourage [Gefolge, Umfeld]
S. 818: Supernumerar [Überzähliger]
S. 821: embonpoint [‚Übergewicht‘]
Mitihmzighose [mit-ihm-zig-Hose, im O. met him pike hoses = verstümmelt scherzhafte Metapher für Reinkarnation/Seelenwanderung = Metempsychose]
S. 822: kohabitiert [Geschlechtsverkehr haben]
fracas [Tumult, Aufruhr]
S. 823: Piedestal [Sockel, Podest]
aplomb [Gelassenheit]
S. 825: conditio sine qua non [‚Bedingung, ohne die nicht …‘ – Ursache für ein Ereignis, Bedingung für eine bestimmte Tatsache]
S. 826: Humpty Dumpty [gemeint ist: Ei -> Figur aus Kinderreim: menschenähnliches Ei]
Buckshot [ehemaliger Chied Secretary of Ireland]
dicta [das ‚Gesagte‘]
S. 828: Valet [Lebewohl!]
passim [u.a. zerstreut]
S. 829: Brazen Head [‚Bronzener Kopf‘ – Pub in Dublin]
S. 831: séance [Sitzung]
Dolce far niente [Süß ist es, nichts zu tun – Süßes Nichtstun]
impromptu [‚aus dem Stegreif‘]
S. 833: Marcadantes Hugenotten … [Blooms Lieblingsmusik]
Staber Mater [‚Es stand die Mutter (Gottes) schmerzerfüllt‘]
penchant [‚Vorliebe‘]
Martha, M’appari [Oper von Flotow, dt. Komponist, 19. Jh. – it. M’appari, tutt‘ amor, il mio sguardo l’incontro = Du erscheinst mir, ganz Liebe, mein Blick trifft dich]
S. 834: anno ludendo hausi, Doulandus [‚ich habe meine Jahre mit Spielen verbracht‘ – Lautenspieler Dowland, 1563 – 1626]
dux .. comes [Herzog … Graf]
John Bull [Personifizierung des Königreichs Großbritannien]
S. 835: in medias res [‚mitten in die Dinge‘]
S. 836: Johannes Jeep [dt. Komponist 1582 – 1644]
extempore [aus dem Stegreif]
entrée [Eintritt]
S. 837: genus omne [jeder (seiner Art)]
S. 839: contretemps [Rückschlag]
Pater Maher … [letzte Satz aus einer komischen Liebesballade des irischen Komponisten Samuel Lover]
tête-à-tête [‚Kopf an Kopf‘ – vertrauliches Zwiegespräch]

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (06): 5. Kapitel – Lotophagen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (07): 6. Kapitel – Hades [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (08): 7. Kapitel – Äolus [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (09): 8. Kapitel – Lästrygonen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (10): 9. Kapitel – Scylla & Charybdis [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (11): 10. Kapitel – Symplegaden (Irrfelsen) [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (12): 11. Kapitel – Sirenen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (13): 12. Kapitel – Der Zyklop [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (14): 13. Kapitel – Nausikaa [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (15): 120 Jahre Bloomsday
Abenteuer Ulysses von James Joyce (16): 14. Kapitel – Die Rinder des Sonnengottes Helios [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (17): 15. Kapitel – Circe [Odyssee]

Jethro Tull – Ian Anderson und das Claghorn: Dharma for One (2008)

Basssolo, Schlagzeugsolo, Flötensolo etc. pp. – Heute einmal ein Schlagzeugsolo. Aber aus einem etwas anderen Grund. Bereits auf der 1. Scheibe von Jethro Tull (This was, 1968) gab es ein Stück mit einem entsprechenden Solo, nicht allzu lang, also angemessen. Wie schon bei ‚Fat Man‘ (1999), als Anderson die Autohupe wohl in seinem Dachbodengerümpel entdeckte, so muss er dort auch ein Instrument, das den Namen Claghorn erhielt, wiedergefunden haben, das 1968 bei diesem Schlagzeugsolo zum Einsatz kam: „Dharma for one“ (etwa: Lebenszweck für eine Person – Dharma ist ein Begriff aus dem Hinduismus) erklang mit den glühenden Klängen des mächtigen Claghorns.

Ian Anderson und das Claghorn (Dharma for One)
Ian Anderson und das Claghorn (Dharma for One)

Laut Anderson war es Hammond (Ex-Bassist der Gruppe), der den Namen für das „Claghorn“ erfand, ein Hybridinstrument, das Anderson herstellte, indem er das Mundstück eines Saxophons und den Schalltrichter einer Spielzeugtrompete an den Korpus einer Bambusflöte mit Klebeband anbrachte . Laut Anderson war „Clag“ ein Begriff, den Hammond für Kot verwendete (Clag heißt eigentlich Klebstoff), „also ‚Claghorn‘ vermutlich, weil es beschissen klang!“ – Bei einem Konzert 2008 in Basel (AVO Session) benutzte es Anderson (allerdings ohne Spielzeugschalltrichter, hat sich wohl im Laufe der 40 Jahre aufgelöst) – so ab 1:10 und am Ende; zudem dürfen sich neben Schlagzeug auch Martin Barre (Gitarre) usw. austoben:


Jethro Tull: Dharma for One – AVO Session 2008, Basel

Link [Amazon]: Musik von Jethro Tull

Jethro Tull und die Autohupe: Fat Man 1984 & 1999 (Live)

Apropos Bass-Soli. Da habe ich ein witziges Lied aus der Anfangszeit von Jethro Tull und bei Live-Auftritten durfte Dave Pegg, der Bassist (vor allem für seine Arbeit mit der Folk-Rock-Gruppe Fairport Convention bekannt), auch einmal ein kleines Solo aufs Parkett legen:

‚Fat Man‘ ist ein humorvoll gespieltes, folkiges Lied, in dem sich der Sänger freut, nicht dick zu sein. Der einzige Vorteil des Dickseins sei, dass man schneller einen Berg hinunterrollen könne (Roll us both down a mountain and i’m sure the fat man would win, zu Deutsch: Rolle uns beide einen Berg hinunter und ich bin sicher, der dicke Mann würde gewinnen). Bemerkenswert sicherlich auch der doppelte Einsatz von Mandolinen (gespielt von Anderson und Gitarrist Martin Barre). Hier eine Aufnahme von der ‚Under Wraps‘-Tour 1984 aus dem Capitol Theatre in Passaic, New Jersey/USA, als Meister Anderson meinte, sein Äußeres etwas anders zu gestalten.

Jethro Tull und die Autohupe: Fat Man 1999
Jethro Tull und die Autohupe: Fat Man 1999

In späteren Jahren verzichtete die Gruppe auf das kurze, aber feine Basssolo. Dafür kam das ‚Instrument of Hell‘ (Instrument der Hölle), wie es Ian Anderson nannte, zum Einsatz: ein Akkordeon (wir Norddeutsche nennen es auch Schifferklavier). Gitarrist Martin Barre spielt zwischenzeitlich die Querflöte. Und erwähnt werden muss der Einsatz einer Autohupe, stammend aus der Anfangszeit der Gruppe (1. Album ‚This Was‘) und wohl auf dem Dachboden von Herrn Anderson wiedergefunden. Hier eine Aufnahme von ‚Fat Man‘ aus dem Jahr 1999, aufgenommen in einem Aufnahmestudio des Senders RTL in Hilversum/Niederlande.

Til Schweigers 1. Auftritt in Hollywood: The Replacement Killers – Die Ersatzkiller (1998)

Til Schweiger in ‚The Replacement Killers (1998)
Til Schweiger in ‚The Replacement Killers (1998)

Selten so gelacht: Til Schweiger in seiner ersten Rolle in einem Hollywood-Film, in dem er kein einziges Wort nuschelt, aber einen eiskalten Profikiller spielt. Hier sein Auftritt mit Danny Trejo, einem US-amerikanischer Schauspieler mexikanischer Abstammung, der vorwiegend Bösewichte und Antihelden darstellte, in dem Film: The Replacement Killers – Die Ersatzkiller [Amazon] aus dem Jahr 1998. Am Ende stirbt Til Schweiger mit einer Kugel im Kopf. Würde man ihm auch in einem deutschen Film wünschen … Der Film selbst ist ein etwas besserer B-Movie.

Abenteuer Ulysses von James Joyce (17): 15. Kapitel – Circe [Odyssee]

Auch das 15. Kapitel (von 18) des Ulysses von James Joyce hat es in sich. Es ist das längste Kapitel und in Form eines Dramas verfasst.

Inhalt des 15. Kapitels:

Szene Bordell • Uhrzeit Mitternacht

Es ist Mitternacht. Bloom, selbst im Unklaren über das „Warum?“, folgt Stephen und Lynch in die Mabbot Street, den Rotlichtdistrikt Dublins. Er verliert ihre Spur und findet Stephen endlich im Bordell von Bella Cohen in der Nachtstadt, im Original nighttown. Die meisten Dubliner kannten es 1904 als Monto, weil die Montgomery Street an einem Rand entlang verlief. Es wurde auch stark mit der ehemaligen Mecklenburgh Street (Tyrone Street im Jahr 1904) identifiziert. Der größte Teil der Handlung des Kapitels spielt sich in dem ‚unordentlichen Haus‘ von Frau Bella Cohen, 82 Tyrone Street, Lower, ab.

Das Kapitel gleicht einer einzigen phantastischen Halluzination. In einer Art „Traumspiel“ greift Joyce das Thema der Vaterschaft erneut auf und parodiert es in extremer Weise, indem er Bloom zur Frau und schwanger werden sowie gebären lässt. In einer sado-masochistischen Sequenz wird er von der Domina Bella zur gegenseitigen Lust gequält. Sie vertritt die Zauberin Circe (Kirke), mit der Odysseus über ein Jahr das Bett teilte. Wie Circe die Gefährten des Odysseus in der Odyssee in Schweine verwandelt, werden hier durch die Macht der Puffmutter die untersten, dreckigsten Seelenschichten der beteiligten Personen nach oben gekehrt. Am Ende flieht Stephen, von Bloom begleitet, aus dem Bordell. Nachdem Stephen draußen von einem Soldaten niedergeschlagen wird, kümmert sich Bloom – hier nun wieder in einer fürsorglichen Vaterrolle – um den Bewusstlosen. Der vaterlose Sohn und der sohnlose Vater finden abseits des Trubels zueinander.

Um dieses Kapitel zu interpretieren, wurden häufig psychoanalytische Vergleiche gezogen. Da Circe schon im antiken Mythos als Zauberin dargestellt wird, schien es ebenfalls nahezuliegen, den Themenbereich „Hexe“, „Hölle“ und „Teufel“ hinzuzunehmen: So ist dies Kapitel als „Satansmesse des freigesetzten Unbewussten“ bzw. als „tiefenpsychologische Walpurgisnacht“ beschrieben worden.

Das Kapitel ist ein surreales und schockierendes Traumspiel, in dem nach magischen Gesetzen Bloom und Stephen hineingezogen werden in einen Rausch grotesker und erotischer Halluzinationen: Bloom verliert sich in Bildern sadomasochistischen Praktiken, Stephen wird von Höllenqualen wegen seiner Abkehr vom Katholizismus heimgesucht. Um sie herum findet ein Hexensabbat statt, eine Walpurgisnacht mit sich verwandelnden Personen des zurückliegenden Tages.

(Quellen: swr.de/swr2/hoerspiel & de.wikipedia.org)

In diesem Kapitel 15 gibt es gewissermaßen ‚Unterkapitel‘, die ich wie folgt benannt habe und die sich auf den genannten Seiten befinden:

    Gericht – Seite 629 – 643
    Zoe – Seite 645 – 647
    Alptraum – Seite 647 – 665
    Zoe (2) – 665 – 711
    Zurück zur Realität – 713 – 720
    Zurück zur Realität (2) – 723 – 725
    [im frz. Tonfall] – 724 – 725
    Zurück zur Realität (3) – 734 – 755 (Ende)

Prostituierte im Monto-Viertel von Dublin
Prostituierte im Monto-Viertel von Dublin

Personen des 15. Kapitels

Zu Leopold Bloom und Stephen Dedalus brauche ich wohl nicht mehr viel schreiben. Bloom ist als „moderner Held“ als Kontrast zu dem homerischen Helden Odysseus zu verstehen. Stephen Dedalus verkörpert Odysseus‘ Sohn Telemachos.

Neben diesen beiden treten in diesem ‚Theaterstück‘ jede Menge Personen auf. Gleich am Anfang in der Mabbot St. sind das Cissy Caffrey mit ihren Geschwistern und Edy Boardman (beides ‚Mägde‘ der Nausikaa – siehe 13. Kapitel). Dann kommt auch schon Stephen Dedalus mit Lynch, sein Freund und wie dieser Medizinstudent, die Straße herunter.

Auftritt von Bloom und wie in einem Traum sein Vater Rudolph und Mutter Ellen – samt Ehefrau Marion (Molly). Es humpelt Gerty (Nausikaa) heran. Mrs. Breen aus Kapitel 14 steht in der Einfahrt. Zwei Wachmänner halten Gericht über Bloom und klagen ihn wegen unsittlichen Verhaltens an.

Auftritt von Zoe Higgins, einer jungen Hure in saphirenem Unterkleid kommt die Treppe heruntergetrippelt und spricht Bloom an. Dann wird Bloom gewissermaßen als eine Art ‚Messias‘ gefeiert – und dann in einer weiteren Art Alptraum gerichtet.

Auftritt von Lynch und Stephen Dedalus mit den beiden Huren Kitty Ricketts und Florry Talbot.

Eine Rakete rauscht in den Himmel hinauf und platzt. Ein weißer Stern fällt herunter und verkündet die Wiederkunft des Elias (Auftritt). – Lipoti Virag, Blooms ungarischer Großvater, kommt durch den Kaminrauchfang heruntergeflutscht.

Bella Cohen, die Puffmutter, tritt auf. Sie mutiert zu Bello und Bloom zu Ruby Cohen. – Aus einem Eichenrahmen steigt eine Nymphe nieder.

Dann kehrt sich alles in die Realität zurück: Die drei Huren (Zoe, Kitty und Florry), Bella Cohen, Bloom, Stephen und Lynch …

Mit einer Mietkutsche, Nr. 324, kommen dann noch Matt Lenehan (der unsympathische Witzeklopper) und Blazes Boylan (Sänger, Freier um Molly und ihr Tourneemanager). Marion (Molly) plumpt platschend aus dem Wasser).

Anmerkungen zu diesem 15. Kapitel

Auch zu diesem Kapitel hier einige Anmerkungen und Erklärungen, die vielleicht helfen, mehr Verständnis für den Text zu erlangen. Natürlich bin ich mir auch hier nicht immer sicher, ‚das Richtige‘ gefunden zu haben. Für Korrekturen und weitere Anregungen bin ich dankbar:

S. 604: Nachtstadt [im O. nighttown, die meisten Dubliner kannten es 1904 als Monto, weil die Montgomery Street an einem Rand entlang verlief. Es wurde auch stark mit der ehemaligen Mecklenburgh Street (Tyrone Street im Jahr 1904) identifiziert. Der größte Teil der Handlung des Kapitels spielt sich in dem ‚unordentlichen Haus‘ von Frau Bella Cohen, 82 Tyrone Street, Lower, ab]

S. 606: Introitus [Eingangsgesang einer Messe]
Vidi aquam egredientem de templo a latere dextro. Alleluia. [Ich sah einen Wasserstrahl rechts vom Tempel hervorströmen. Halleluja]
(Altius aliquantulum.) Et omnes ad quos pervenit aqua ista. [(Mit beachtlicher Tiefgründigkeit.) Und alle unter ihnen kamen zu diesem Wasser.]
fallopische Gang [im O. Fallopian tube – Eileiter]
S. 607: (Triumphaliter.) Salvi facti sunt. [(Triumphierend.) Sie sind gerettet.]
Entelechie [das Vermögen eines Organismus zur Selbstentwicklung und -vollendung]
Stagirit [Beiname des Aristoteles nach seinem Geburtsort]
la belle dame sans merci, Georgina Johnson, ad deam qui laetificat iuventutem meam. [die schöne Dame ohne Gnade, Georgina Johnson (Prostituierte), zur Göttin, die meine Jugend glücklich macht.]
S. 609: Aurora borealis [Polarlicht/Nordlicht]
S. 610: paketiert [verpackt, verbunden]
Sandow-Übungen [nach Eugen S., 1867-1925, frühe Formen von Schulterdrücken, Seitheben, Liegestützen etc.]
Buenas noche, … – que calle es esta? [Guten Abend, welche Straße ist das?]
Sraid Mabbot [Strßenname auf irisch: Abbot’s Lane]
Slan leath [irisch: Tschüss, bleib gesund!]
S. 611: Rudolph [Leopold Blooms Vater] – ab hier bis etwa S. 622 eine Art Traum (Koinzidenz – Zusammenfallen zweier Ereignisse)
S. 612: Gojim nachez [nichtjüdisches, unsinniges Vergnügen]
Ellen [Leopold Blooms Mutter]
S. 613: Molly/Marion [Leopold Blooms Ehefrau]
S. 614: Ti trema un poco il cuore? [Zittert dein Herz ein wenig?]
Voglio (e non vorrei) [Ich möchte und ich möchte nicht, siehe S. 132]
S. 618: Là ci darem la mano. [Geben wir uns dort die Hand … Duett aus Mozarts Don Giovanni]
Voglio e non [s. S. 614]
S. 619: Mrs. Bandman Palmer [Millicent Bandmann-Palmer, 1845-1926, engl. Schauspielerin]
S. 622: Koinzidenz [Zusammenfallen zweier Ereignisse]
Glaubersalz [Abführmittel]
S. 624: rencontres [Begegnungen]
Chacun son goût [Über Geschmack lässt sich streiten]
S. 626: Leo ferox [‚erbitterter‘ Löwe]
S. 627: MARTHA [Brieffreundin Blooms]
S. 628: Name ist Peggy Griffin [Verwirrspiel um Blooms Brieffreundin Martha Clifford, wie auch Bloom seine Briefe an ihr mit ‚Henry Flower‘ kennzeichnet]
Shitbroleeth [zu Shit = Scheiße und vom Hebräischen abgeleitet shibboleth = allgemeiner oder langjähriger Glaube, Brauch oder Schlagwort, das mit einer bestimmten Gruppe verbunden ist]
R.D.F. [Royal Dublin Fusiliers]
S. 633: Barrister [Rechtsanwalt]
S. 634: Prima facie [s. S. 578 – Beweis des ersten Anscheins]
Laskarenjacke [Jacke u.a. asiatischer Seemann/Hilfssoldat]
apologetisch [eine Ansicht verteidigend]
S. 635: Moses Dlugacz [Metzger, eigentlich ein jüdischer Intellektueller, Zionist, den Joyce in Triest kennen lernte]
S. 636: John F. Taylor [Anwalt, vergl. Kapitel 7]
Seymour Bushe [Anwalt]
Dolman [Männerjacke der ungarischen Nationaltracht]
S. 637: Ikey Mo [antisemitischer Begriff für Juden]
S. 639 Paroxysmus [Anfall]
S. 643: Ghulen [leichenfressendes Fabelwesen]
Hypertrophie [Vergrößerung, hier der Herzwand]
S. 644: Namine [eigentlich weibl. Vorname – ‚Welle/Klang des Meeres‘]
Vobiscuits [vielleicht Kofferwort zu Latein vobis = euch und Biscuits (Kekse)]
S. 646: Schorach ani wenowach, benoith Hierushaloim. [wahrscheinlich Transkription aus dem Hebräischen – vielleicht: Ich strahle und du bist der Erbauer (der Bedeutung) von Yerushalayim (Jerusalem)]
S. 547: Peppe [im O. bub weibl. Brust]
Alderman [Ratsherr, Stadtrat]
Cui bono? [Wem zum Vorteil? – Frage nach dem Nutznießer …]
Aurora borealis [s. S. 609 Polarlicht/Nordlicht]
S. 648: locum tenens [Stellvertreter]
mutuell [gegen-, wechselseitig]
Cead Mi(l)le Failte [irisch: Hundert tausend Willkommen]
Mah Ttob Melek Israel [hebräisch: Wie schön sind die Zelte des Königs von Israel]
S. 649: Kol Nidre [hebr. ‚alle Schwüre‘ – formelhafte Erklärung, die vor dem Abendgebet des Versöhnungstages (hebr. Jom Kippur) gesprochen wird]
chryselefantin [Gold – Elefant/Elfenbein – Adjektiv zu Kunstwerk aus Gold und Elfenbein]
Athlone-Poursuivant [A. Stadt in Irland – der P. war ein Junior-Offizier des College of Arms, das für Heraldik (in England und Wales) zuständige Amt]
Sirdar [einheimischer Trägerführer beim Bergsteigen]
S. 651: Sunburst [Sonnendurchbruch]
Gaudium magnum annuntio vobis. Habemus carneficem. [Tolle Neuigkeiten für Sie. Wir haben einen Metzger.]
S. 652: Koh-i-Nur [Diamant (rd. 109 Karat), Teil der britischen Kronjuwelen]
Copula Felix [‚glückliche Begattung‘, verballhornt Felix Culpa = Glückliche Schuld -> Sündenfall als positive Folgen verstehen bzw. die Erlösung der Menschheit durch den Tod und die Auferstehung Jesu Christi]
Grüne Minna [im O. Black Mary]
Ladysmith [wohl Schlacht im Burenkrieg in Südafrika]
Bonafide Sabaoth [‚guter‘ Zebaot, Gott als Beschützer des israelischen Heeres]
S. 653: Morituri te salutant. [Die Todgeweihten grüßen dich! Gruß der Gladiatoren im alten Rom]
Higgins [Mann im Macintosh – ähnliches Verwirrspiel wie um Blooms Brieffreundin Martha Clifford alias Peggy Griffin, wie auch Bloom seine Briefe an ihr mit ‚Henry Flower‘ kennzeichnet]
S. 654: billets doux [‚süße Zettel‘ – Liebesbrief]
S. 655: Ri-ra-rutsch, wir fahren mit der Kutsch! [im O. Ticktacktwo wouldyousetashoe?]
Roygbiv [Regenbogenfarben von rot bis violett]
Aleph [1. Buchstabe im hebräischen Alphabet]
Beth [2. Buchstabe]
Ghimel [3. Buchstabe]
Daleth [4. Buchstabe]
Hagadah [Buch über die Befreiung Israels aus der ägyptischen Gefangenschaft]
Tephilim [Gebetsriemen]
Hanukah [Wiedereinweihung des jüdischen Tempels]
Roschaschana [jüdisches Neujahrsfest]
Beni Brith Bar [‚Söhne des Bundes‘, jüdische Organisation]
Mitzvah [‚Sohn der Pflicht‘, jüdische ‚Konfirmation‘]
Mazzoth [Fest des ungesäuerten Brotes]
Askenazim [Juden aus Mittel-, Nord- und Osteuropa]
Talith [Gebetsmantel]
S. 656: Parallaxe [s. S. 582 = scheinbare Änderung der Position eines Objektes, wenn der Beobachter seine eigene Position durch eigene Bewegungen verändert]
Aldebaran [Stern im Sternbild Stier]
S. 659: Akonit [Eisenhut, Pflanze]
Bock von Mendes [griechischer Name einer altägypt. Stadt]
Caliban [Unhold aus Shakespeares Der Sturm]
sgeul inn ban bata coisde gan capall. [im O. sgenl … – es gibt unterschiedliche Lesarten, u.a. Sgeul im barr bota coisde san capall (Die Geschichte vom oberen Ende eines Schuhstiefels beim Pferd), könnte irisch stehen für englisch „Story butter point of a stick“ = Geschichte Butterspitze eines Stocks usw.]
S. 660: Ambidexterität [gleichwertige Benutzung beider Hände]
pervaginal [über die Vagina]
virgo intacta [unberührte Jungfrau]
Hypospadie [urogenitale Fehlbildung bei Jungen]
fetor iudaicus [‚jüdischer Gestank‘]
S. 661: Nasodoro [eigentlich: naso d’oro = Nase von Gold]
Maindorée [Hand von Gold]
Vifargent [frz. Quecksilber]
Panargyros [griech. Allsilber]
S. 662: Leopoldi autem generatio [Leopolds Generation (Stammbaum)]
S. 663: et vocabitur nomen eius Emmanuel. [und sein Name soll E. sein]
Sjambokt [Nilpferdpeitsche]
A cenar teco [Ich werde mit dir essen]
Ephod [priesterl. Gewand, Gewand des israelitischen Hohepristers]
S. 664: Lande Hams [Ham, mittl. Sohn von Noah -> ‚Vater Kanaans‘ der schwarzen Ethnie]
Belial [teuflisches Wesen]
Abulafia [Abraham A., Rabbi, 13. Jh., Kabbala]
Ischariot [Judas I., Verräter Jesu]
I.H.S. [Iesus Hominum Salvator = Jesus, der Retter der Menschen]
S. 665: caubeen [irische ‚Baskenmütze‘]
sugaun [Seil aus gedrehtem Heu/Stroh]
S. 669: Benedetto Marcello [it. Komponist, 17./18. Jh.]
Coela enarrant gloriam Domini [Die Himmel verkünden die Herrlichkeit des Herrn]
Nodi [musikalische Verzierungen]
Hyperphrygisch und Mixolydisch [Kirchentonarten]
Ceres [Göttin der Fruchtbarkeit]
Mais nom de nom, … Jetez la gourme. Faut que jeunesse se passe. [Aber Name des Namens (But, by George = Ausruf des Erstaunens) … sähe den wilden Hafer, die Jugend muss vergehen]
S. 670: Ecco! [Hier ist es!]
S. 671: Ally-Sloper… [Comic-Figur]
Il vient! C’est moi! L’homme qui rit! L’homme primigène! [Er kommt! Da ich bin! Der Mann, der lacht! Ursprünglicher Mann!]
Sieurs et dames, faites vos jeux! [Meine Damen und Herren, platzieren Sie Ihre Einsätze/Wetten!]
Les jeux sont faits! [Die Einsätze/Wetten werden abgeschlossen]
Rien n’va plus! [Nichts geht mehr!]
S. 672: Zenit und Nadir [Z. die nach oben verlängerte Lotrichtung zum Standort – N. Gegenrichtung nach unten]
Kalpak [Lammfellmütze]
S. 673: Ingersoll [gemeint ist wahrscheinlich Rober Green I., 1833-1899, amerik. Freidenker]
sonnophonisch [im O. sunphone – ‚Sonne‘]
Encore! [‚wieder‘ – Zugabe]
Relljohn [im O. religion]
S. 674: Barnum [amerik. Showman]
courantiert [‚fließend‘ – im O. corantos – im Stile eines Tanzes]
S. 675: Tanderagee [kl. Marktstadt im Norden von Dublin]
Ollav [vorchristl. Lehrmeister u.a. für Poesie]
Mananaan MacLir [irischer Gott des Meeres]
Aum! Hek! … Ma! [Sprache Gottes – Aum! = Anfang und Ende usw.]
Pimander [1. Traktat im ‚Corpus Hermeticum‘, P. = eine Art Gott oder Geist]
Panardschanam patsypandschab [p. u.a. eine neue oder 2. Geburt / patsy bezieht sich vermutlich auf einen Iren auf der Bühne ?? – im O. punjaub = höchster Geist des göttlichen Selbst im Menschen]
Schakti [weibliche, die Fortpflanzung betreffende Energie im Universum]
Schiwa [hunduistischer Gott der Zerstörung]
S. 676: Lipoli Virag [Großvater Blooms]
Basilikogrammat [‚des Königs Sekretär‘]
Pschent [Doppelkrone (rote Krone für den Norden, weiße für den Süden)]
S. 677: Gopher… [eigentl. Nagetier]
lingerie [Reizwäsche]
Hippogriff [Hippogreif – Fabelwesen]
Parallaxe [s. S. 582 scheinbare Änderung der Position eines Objektes, wenn der Beobachter seine eigene Position durch eigene Bewegungen verändert]
Pollysyllabaxe [zu Polly, Blooms Ehefrau, und sylla = Silbe]
Rualdus Colombus [Realdo Colombo, 16. Jh., it. Anatom]
S. 678: Lyum [irisches Volkslied: Shule go deen durras agus aylig lyum, (Walk the whole way to the door with me = Geh mit mir den ganzen Weg bis zur Tür) ??]
Palpation [‚Streicheln‘, Berührung]
Lycopodium [Bärlappengewächs]
Argumentum ad feminam [ein Argument für eine Frau]
Diplodocus und Ichthyosaurus [Dinosaurier]
S. 679: Mnemotechnik [Merktechnik]
La causa è santa [Die Sache ist heilig]
Pulsatilla [Kuhschellen, Pflanze]
Priapismus [lange Erektion ohne sexuelle Erregung]
S. 680: extendifiziert [verlängernd]
pudental [die Schamgegend betreffend]
S. 681: Bivalven [Muscheln]
Viragitis [-itis = Entzündung / Viraginität = (krankhaftes) männliches Sexualempfinden der Frau]
Elephantuliasis [zu Elephantiasis = schwerste Form des Lymphödems]
Profund [gründlich, allumfassend]
S. 682: Tafelzerbinette [Z. Figur aus der Oper ‚Ariadne von Naxos‘, Richard Strauss?)]
Henry Flower [Pseudonym vom Bloom]
Prinzen von Candia [Giovanni M. Mario, ital. Tenor]
S. 683: Ci rifletta. Lei rovina tutto. [Denk darüber nach, sie ruiniert alles]
Matthew Arnolds Gesicht [engl. Dichter, 19. Jh., markanter Backenbart]
S. 684: Reduplikation [Verdoppelung (eines Wortes)]
Zoe mou sas agapo [griech.: Mein Leben, ich liebe dich]
Swinburne [engl. Dichter]
Maynooth [Stadt in Irland – Royal College of St. Patrick (Priesterseminar)]
Rigadoon [altfrz. Hoftanz]
Flipperty Jippert [eigentl. Flibbertigibbet = Figur der angelsächsischen Mythologie, z.B. in Shakespeares König Lear]
Yoni [sanskrit: weibliche Genitalien – Muttterschoß]
Lingam [sanskrit: männliche Genitalien – Phallus]
S. 685: Coactus volui [‚obwohl gezwungen, wollte ich dennoch‘ – Auch die unter Zwang vorgenommene Rechtshandlung ist wirksam – römisches Recht]
Yadgana [Rumpf, Hinterteil]
Gojim [Mz. Zu Goi – Nichtjude]
Qui vous a mis dans cette fichue position, Philippe? [Wer hat dich in diese verdammte Lage gebracht, P.]
C’était le sacré pigeon, Philippe. [Es war die heilige Taube]
S. 686: Metschnikoff [russ. Zoologe und Darwinist, 19./20. Jh]
Lokomotorische Ataxie [Störung der Bewegungskoordination]
Ben MacChree [zu: Pogue mahone! Acushla machree! – (anglisiertes Irisch-Gälisch: Po’g mo tho’n. A chuisle mo chroi – Kiss my arse! Oh, Puls meines Herzens = figürlich für Liebling)]
S. 687: Exeunt [Weggehen]
Arius H. [Häretiker, 260-327, starb auf dem Abort]
Monks of the screw [Mönche der Schraube – Gesellschaft irischer Anwälte, 18. Jh., auch Order of Saint Patrick genannt]
Akoluth [‚Begleiter‘, Helfer]
S. 688: Conservio [Naturschutz, ‚Bewahren‘]
Nell Flaherty [Figur aus dem Lied ‚N. F.‘s Drake‘, irische Ballade]
S. 690: Svengali [eigentlich Person im Hintergrund mit gr. Einfluss]
Lupus [Autoimmunerkrankung]
S. 691: Embonpoint [‚in gutem Zustand‘; Bauch]
Glutäus [Muskel im Hintern]
S. 695: speilern [mit dünnen Stäben zum Aufhängen z.B. von Würsten versehen]
S. 697: Barchent [Mischgewebe]
S. 698: Soubrette [weibliches Rollenfach, z.B. in der Oper]
Demimondaine [Halbwelt-…]
S. 699: Vice versa [umgekehrt]
S. 702: blasé [Blasierte, Bornierte]
S. 704: l’art pour l’art [Kunst der Kunst wegen]
S. 705: Fidibusse [Anzündstäbe]
Epitaph [Grabinschrift]
S. 706: Schema Israel Adonai Elohenu Adonai Echad. [hebr. Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist einzig …]
Satti-Scheiterhaufen [im O. suttee pyre – Witwenverbrennung im alten Indien]
S. 707: Photo Bits [engl. Wochenzeitung mit Softscore-Porno]
S. 708: Poulaphouca [ „das Loch der Púca “ = Puck – Gestalt der keltischen Folklore, Name eines Wasserfalls und einer Brücke am Fluss Liffey zwischen der Grafschaft Wicklow und der Grafschaft Kildare]
S. 709: Damenretirade [Damen toilette]
Tipsycake [‚beschwipster Kuchen‘ – ein alkoholhaltiger Biskuitkuchen]
Halkyonische Tage [im antiken Griechenland einen Zeitraum von vierzehn Tagen im Dezember um die Wintersonnenwende, benannt nach dem Eisvogel]
Hamadryaden [Baumseelen]
S. 711: Quassie [Bitterstoff aus südamerikanischem Gehölz]
Peccavi [Ich habe gesündigt]
S. 712: Coombe [Straße in Dublin]
S. 713: Nekum! [evtl. arabisch: Niemand?]
Nabrakada! [‚gesegnet‘]
S. 714: Fohracht! [wie im O.]
S. 715: Reff [im O. She hauls up a reef of her slip = Sie zieht ein Riff ihres Slips hoch = vielleicht zu raffen, also Falte]
Dans ce bordel où tenons nostre état. [In diesem Schlamassel, in dem wir unseren Staat halten.]
Brevi manu [kurzerhand]
S. 716: le distrait [die Abgelenkten]
S. 717: Proparoxyton [„auf der drittletzten Silbe betont“]
Lynx-Auge [Luchs…]
S. 718: Dona nobis pacem [Schenke uns Frieden]
Gimlet [wohl ‚Geist‘]
Bakelschlag [im O. pandybat = kräftiger Lederriemen, der dazu dient, Strafen zu verhängen]
S. 722: Jagogo [im O. Iagogo – Jago, Figur aus Shakespeares Othello]
S. 723: Et exaltabuntur cornua iusti. [Und die Hörner der Gerechten werden erhöht werden]
Pasiphae [Tochter des Sonnengottes Helios]
Madame Grissel Steevens [Schwester von Richard St., Arzt – sie war wohl stämmig und ihr wurde das Aussehen eines Schweines zugeschrieben]
S. 724: dessous troublants [‚verstörende Unterwäsche‘/Dessous]
Ce pif qu’il a! [Diese Nase hat er]
Demimondaines [halbweltlich]
S. 725: mon loup [mein Wolf]
double entente cordiale [doppelte herzliche Zustimmung – auch: französisch-britisches Bündnis nach 1904]
O merde alors! [Oh, Scheiße]
S. 726: Ward Union [Gemeindeverband – Hundejagd]
S. 727: Per vias rectas! [Auf dem richtigen Weg!]
S. 728: Auguren [röm. Beamter, Priester bzw. Sachverständiger]
Tripudium [Waffen-, Kriegstanz]
S. 729: Kallisthenie [Form des körperlichen Trainings, das eine Reihe von einfachen, oft rhythmischen Bewegungen beinhaltet für die nur das eigene Körpergewicht genutzt wird.]
terpsichoreisch [zu Terpsichore, eine der neun Musen – ‚die Tanzfreudige‘]
Tout le monde en avant! Reverence! Tout le monde en place! [Alle vorwärts! Achtung! Jeder an seinen Platz!]
Carré! Avant deux! … Balance! [(formt ein) Quadrat! Um zwei vorrücken! … Schwenken!]
S. 730: Cipria [Puder, Farbe-> Henna]
Avant huit! Traversé! Salut! Cours de mains! Croisé! [Vier Paare vorrücken! Gekreuzt! Gruß! Hände tauschen! Seiten tauschen! – Anleitungen zum Tanz]
Les tiroirs! Chaîne de dames! La corbeille! Dos à dos! [Bilden sie einen Mittelrang! Damenkette! Formen sie einen Korb! Rücken an Rücken!]
Boulangère! Les ronds! Les ponts! Chevaux de bois! Escargots! [Brot backen (Die Handballen werden nach unten ausgestreckt)! Die Kreise! Die Brücken (der Hände)! Holzpferde! Korkenzieher!]
Dansez avec vos dames! Changez de dames! Donnez le petit bouquet à votre dame! Remerciez! [Tanzen Sie mit Ihren Damen! Damentausch! Schenken Sie Ihrer Dame den kleinen Blumenstrauß! Danke schön!]
S. 731: Pas seul! [Solotanz!]
Fandango [spanischer Singtanz]
S. 732: Liliata rutilantium te confessorum… Iubilantium te virginum… [Möge die Schar der Beichtväter, leuchtend wie Lilien, dich umgeben. Möge der Chor der jubelnden Jungfrauen dich aufnehmen]
S. 733: Epi oinopa ponton [auf dem weinfarbenen Meer]
S. 734: Non serviam! [Ich werde nicht dienen!]
Nothung! [‚notwenig‘ – magisches Schwert in Wagners Ring der Nibelungen]
S. 736: Roués [s. S. 564: Wüstling]
S. 768: Vocativus femininum [weiblicher Anredefall/-form wie z.B. in slawischen Sprachen – hier als Ungenitiv, also nicht 2. Fall bezeichnet]
S. 739: Synekdoche [Ersetzen eines Begriffs durch e. engeren oder weiteren]
Enfin ce sont vos oignons [‚Schließlich sind es deine Zwiebel‘ – im S. von: Es ist dein Streit, nicht meiner]
S. 740: Philirenisten [die den Frieden lieben]
Jujube [rote/chinesische Dattel]
Défense d’uriner [Urinieren verboten!]
S. 741: Mahak makar a back [evtl. arabisch: ‚Du hast einen Schlauen bei dir, deinen Vater‘]
S. 742: vielle ogresse … dents jaunes [Alter Oger (Menschenfleisch fressender Riese) … gelbe Zähne]
Porcos … todos [Schweinefleisch … alles …]
S. 744: Ça se voit aussi à Paris. [Das findet man auch in Paris]
alanna [irisch: A leanbh = mein Kind, mein Liebling]
Ochone! [irisch = Ach!]
Soggarth Aroon [irisch: mein geliebter Priester (Titel eines Liedes)]
Erin go bragh! [irisch: Éire go brách = Irland bis zum Jüngsten Tag [Tag des Gerichts)! – irischer Kriegsruf]
S. 745: Turko der Schreckliche [Pantominenauftritt 1873]
Rorke’s Drift [Jan. 1879 – Ort in Südafrika: Schlacht zwischen Zulu und Briten]
Mahal shalal hashbaz [hebr.: Eile zur Beute bzw. Falle über die Beute her]
S. 747: Introibo ad altare diaboli [Tretet vor des Teufels Altar, vergl. S. 7]
Corpus Meum [Mein Leib!]
Nemmonegnie Hcier sad tah Ttog … [rückwärts: Halleluja, denn der allmächtige Gott hat das Reich eingenommen!]
S. 748: acushla [[zu: Pogue mahone! Acushla machree! – (anglisiertes Irisch-Gälisch: Po’g mo tho’n. A chuisle mo chroi – Kiss my arse! Oh, Puls meines Herzens = figürlich für Liebling)]
Exit Judas. Et laqueo se suspendit. [Judas ging. Und erhängte sich mit einer Schlinge]

Auf Seite 737 gibt es eine Art Personenverzeichnis

In deutscher Sprache gibt es zwei Übersetzungen, zunächst die vom Verfasser, also James Joyce, autorisierte Übersetzung von Georg Goyert (1927) – dann die 1975 erschienene Neuübersetzung von Hans Wollschläger, auf die ich mich hier beziehe (ich habe die einmalige Sonderausgabe aus dem Jahr 1979 – 1. Auflage – Suhrkamp Verlag)

siehe auch: Abenteuer Ulysses von James Joyce (01): Vorgeplänkel
Abenteuer Ulysses von James Joyce (02): 1. Kapitel – Telemachos [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (03): 2. Kapitel – Nestor [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (04): 3. Kapitel – Proteus [Telemachie]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (05): 4. Kapitel – Kalypso [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (06): 5. Kapitel – Lotophagen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (07): 6. Kapitel – Hades [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (08): 7. Kapitel – Äolus [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (09): 8. Kapitel – Lästrygonen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (10): 9. Kapitel – Scylla & Charybdis [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (11): 10. Kapitel – Symplegaden (Irrfelsen) [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (12): 11. Kapitel – Sirenen [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (13): 12. Kapitel – Der Zyklop [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (14): 13. Kapitel – Nausikaa [Odyssee]
Abenteuer Ulysses von James Joyce (15): 120 Jahre Bloomsday
Abenteuer Ulysses von James Joyce (16): 14. Kapitel – Die Rinder des Sonnengottes Helios [Odyssee]

Glastonbury Festival 2023: Cat Stevens: Wild World

Und seit vielen Jahren gibt es auch in der englischen Kleinstadt Glastonbury ein Open Air, das von bis zu über 200.000 meist jungen Zuschauern besucht wird. Glastonbury ist aufgrund der Ruinen der Glastonbury Abbey und der Mythen und Legenden um den nahegelegenen Hügel Glastonbury Tor bekannt, derentwegen der Ort den Anspruch erhebt, das sagenhafte Avalon zu sein.

Meine Frau war übrigens mit einer Reisegruppe 2014 in Glastonbury (nicht auf dem Festival).

Glastonbury Tor 2014
Glastonbury Tor 2014

Auf dem Sender ‚arte‘ gab es einen Zusammenschnitt des Glastonbury Festivals aus dem letzten Jahr 2023. Hier ein alter Bekannter: Cat Stevens aka Yusuf mit: Wild World

Ein alter Bekannter, weil ich mit meinem Bruder und Co. am 27.04.1976 ein Konzert von Cat Stevens in der Bremer Stadthalle besucht hatte.

Cat Stevens: ‚Majikat‘-Tour 27.04.1976 (Stadthalle Bremen)
Cat Stevens: ‚Majikat‘-Tour 27.04.1976 (Stadthalle Bremen)

Wenn ich die Menschenmengen sehe, dann wird mir ganz schummrig. Das war schon früher nicht meine Sache und ist es heute natürlich noch viel weniger (am besten legt man sich einen Katheterbeutel, denn zum Pinkeln kommt man aus solchen Massen so schnell nicht raus).

Kafka 2024: Kafka in Riva am Gardasee (6) – Max Brod und Franz Kafka: Richard und Samuel

4. SEPTEMBER [1909]
-> RIVA
Gemeinsam mit Max Brod, Abfahrt 13 Uhr. Brod überreicht K. auf dem Bahnhof ein Notizbuch mit der Bemerkung: „wir werden parallele Reisetagebücher führen“. Otto Brod folgt mit einem späteren Zug.

aus: Reiner Stach: Kafka von Tag zu Tag – Dokumentation aller Briefe, Tagebücher und Ereignisse – S. Fischer, Frankfurt am Main 2017

Nun in Riva kam es nicht zu diesen ‚parallele[n] Reisetagebücher[n]‘. Erst zwei Jahre später 1911 entstand diese Gemeinschaftsarbeit von Franz Kafka und seinem Freund Max Brod unter dem Titel ‚Richard und Samuel‘ Eine kleine Reise durch mitteleuropäische Gegenden‘ und kam dabei über ein erstes Kapitel mit dem Untertitel „Die erste lange Eisenbahnfahrt (Prag–Zürich)“ nicht hinaus.

Es handelt sich um die Beschreibung einer realen Reise beider Freunde. Sie führten jeder ein Reisetagebuch, beschreiben also aus ihrer jeweiligen Sicht die verschiedensten Abfolgen, Gegebenheiten und Befindlichkeiten auf der Reise. Die Zusammenarbeit wurde allerdings von beiden schnell als unbefriedigend empfunden, da sie dabei immer störender ihre große Verschiedenheit spürten. Sie beendeten daher diese Zusammenarbeit nach dem ersten Kapitel. Auf Betreiben von Brod wurde dieses erste Kapitel im Juni 1912 in den Herder-Blättern (entstanden als eine Art jüdische Studentenzeitung des Herausgebers Willy Haas), in der viele namhafte Prager Schriftsteller, darunter Franz Werfel und Paul Leppin, publizierten, veröffentlicht.
Die Zuordnung der beiden Personen ist nicht eindeutig geklärt, aber mit sehr großer Sicherheit dürfte die Texte von Richard Franz Kafka, die von Samuel Max Brod verfasst haben.

aus Kafkas Werken: Die Aeroplane in Brescia – Erzählungen – Beschreibung eines Kampfes
aus Kafkas Werken: Die Aeroplane in Brescia – Erzählungen – Beschreibung eines Kampfes

Unter dem Titel »Richard und Samuel – Eine kleine Reise durch mitteleuropäische Gegenden«, wird ein Bändchen die parallelen Reisetagebücher zweier Freunde verschiedenartigen Charakters enthalten:

Samuel ist ein weltläufiger junger Mann, der mit vielem Ernst sich Kenntnisse im grossen Stil und ein richtiges Urteil über alle Gegenstände des Lebens und der Kunst zu bilden bestrebt ist, ohne doch jemals nüchtern oder gar pedantisch zu werden. Richard hat keinen bestimmten Interessekreis, lässt sich von rätselhaften Gefühlen, noch mehr von seiner Schwäche treiben, zeigt aber in seinem engen und zufälligen Kreise so viel Intensität und naive Selbstständigkeit, dass er nie zu schrullenhafter Komik ausartet. Dem Berufe nach ist Samuel Sekretär eines Kunstvereines, Richard Bankbeamter. Richard hat Vermögen, arbeitet nur, weil er sich nicht für fähig hält, freie Tage zu ertragen; Samuel muss von seiner (überdies erfolgreichen und sehr geschätzten) Arbeit leben.

Die beiden, obwohl Schulkollegen, sind während dieser beschriebenen Reise zum erstenmal andauernd mit einander allein. Sie schätzen einander, obwohl sie einander unbegreiflich erscheinen. Anziehung und Abstossung wird vielartig gefühlt. Es wird beschrieben, wie sich dieses Verhältnis zunächst zu überhitzter Intimität anstachelt, dann nach manchen Zwischenfällen auf dem gefährlichen Boden von Mailand und Paris in männliches Verständnis gegenseitig beruhigt und ganz befestigt. Die Reise schliesst damit, dass die beiden Freunde ihre Fähigkeiten zu einem neuen eigenartigen Kunstunternehmen vereinigen.

Die vielen Nüancen, deren Freundschaftsbeziehungen zwischen Männern fähig sind, darzustellen und zugleich die bereisten Länder durch eine widerspruchsvolle Doppelbeleuchtung in einer Frische und Bedeutung sehn zu lassen, wie sie oft mit Unrecht nur exotischen Gegenden zugeschrieben werden: ist der Sinn dieses Buches.

Vorbemerkungen zum 1. Kapitel (aus Franz Kafka: Erzählungen – Fischer Taschenbuch Verlag April 1976)

Text der Zusammenarbeit von Franz Kafka und Max Brod

Colin Hogkinson (‚Back Door‘): 32-20 Blues

Komme ich heute zu einen der besten Bassisten, die ich kenne (habe ja selbst den E-Bass gezupft): Colin Hodgkinson (Jahrgang 1945), der mit vielen der großen Musiker aus Rock, Blues und Jazz zusammen musiziert hat (okay, auch bei Plattenaufnahmen von Peter Maffay). Am 14. April 1975 haben wir ihn in der Halle II der Bremer Stadthalle mit der Gruppe ‚Back Door‘ als Vorgruppe von Alexis Korner & Friends gehört und gesehen. Hodgkinson ist bekannt wegen seiner ungewöhnlichen Spielweise eines schwer handzuhabenen Akkordspiels und seiner ausgewiesenen Virtuosität. Hier ein Beispiel (mit Gesang): 32-20 Blues (von Robert Johnson)

Vorgruppe ‚Back Door‘ von Alexis Korner – Bremer Stadthalle (Halle II) – 14.April 1975
Vorgruppe ‚Back Door‘ von Alexis Korner – Bremer Stadthalle (Halle II) – 14.April 1975

Hier das Konzert von ‚Back Door‘ – 10 Tage nach dem Bremer Konzert – vom 24. April 1975: Ansage übrigens von Alexis Korner, der hervorragend Deutsch spricht. Die Gruppe ‚Back Door‘ spielte in einer ungewöhnlichen Besetzung: Saxofon, Keyboard – Schlagzeug – Bass, also ohne Gitarre

Alexis Korner – April 1975 in Bremen (Stadthalle Halle II)

Alexis Korner (* 19. April 1928 in Paris als Alexis Andrew Nicholas Koerner; † 1. Januar 1984 in London) war ein englischer Blues-Musiker mit griechisch-österreichischen Wurzeln. Er gilt neben den vor wenigen Tagen erst verstorbenen John Mayall als Schlüsselfigur der britischen Bluesrockszene der 1960er Jahre. In seiner Band ‚Blues Incorporated‘ spielten britische musikalische Stars wie z. B. Mick Jagger (vertretungsweise 1962), Ginger Baker, Dick Heckstall-Smith, Charlie Watts, Cyril Davies, Jack Bruce, Brian Jones, Duffy Power – also ¾ von den ‚Rolling Stones‘ und 2/3 von ‚Cream‘ (das letzte Drittel, Eric Clapton, wurde bekanntlich bei John Mayall bekannt).

Am 14. April 1975 haben wir Alexis Korner & Friends in der Halle II der Bremer Stadthalle mit der Vorgruppe ‚Back Door‘ gehört und gesehen.

Alexis Korner & Friends – Bremer Stadthalle (Halle II) – 14.April 1975
Alexis Korner & Friends – Bremer Stadthalle (Halle II) – 14.April 1975

Hier ein Konzertausschnitt aus der Rheingoldhalle in Mainz vom 24.04.1975, also 10 Tage nach dem Konzert in Bremen: Ain’t That Peculiar? (Ist das nicht eigenartig?). Den Bass spielte übrigens Colin Hodgkinson, der bereits mit der Vorgruppe ‚Back Door‘ auf der Bühne stand (zu Hodgkinson demnächst mehr)

Alexis Korner sprach übrigens hervorragend Deutsch. 1972 moderierte Korner eine dreizehnteilige Sendung zur Geschichte von Rock und Blues namens „Sympathy for the Devil“. Diese Sendereihe wurde auch im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Schweiz, Österreich) international ausgestrahlt. Hier ein Ausschnitt aus einer der Folgen dieser Sendereihe. Alexis Korner interpretiert hier Blues in deutscher Sprache (gewissermaßen eine musikalische Perle): Wenn Sorgen Geld wären

Musik von und mit Alexis Korner [Amazon]

Kafka 2024: Kafka in Riva am Gardasee (5) – Klaus Wagenbach: Dr. von Hartungen, Sanatorium und Wasserheilanstalt – Riva am Gardasee

Ab Mitte 1979 erschien für 20 Jahre im Wagenbach-Verlag Freibeuter, eine Vierteljahreszeitschrift für Kultur und Politik – herausgegeben u.a. von Klaus Wagenbach. Die Nr. 16 aus 1983 hatte als Schwerpunktthema Franz Kafka nachgestellt.

Zeitschrift ‚Freibeuter‘ Nr. 16 aus 1983: Franz Kafka
Zeitschrift ‚Freibeuter‘ Nr. 16 aus 1983: Franz Kafka

Der Verleger und Kafka-Kenner, Klaus Wagenbach, verfasste u.a. auch einen Artikel zu Kafkas Aufenthalt 1913 in dem Sanatorium und der Wasserheilanstalt des Dr. von Hartungen:

In Riva, das damals zu Österreich gehörte, war Kafka zweimal: im September 1909 für zehn Tage, gemeinsam mit Max und Otto Brod, in einer kleinen Pension unterhalb der Ponalestraße, und im September/Oktober 1913 für drei Wochen, allein, im Sanatorium Dr. von Hartungen.

'Sanatorium und Wasserheilanstalt Dr. von Hartungen' in Riva am Gardasee: das Haupthaus
‚Sanatorium und Wasserheilanstalt Dr. von Hartungen‘ in Riva am Gardasee: das Haupthaus

Kafka kam mit dem Schiff (aus Desenzano) in Riva an, wie der „Jäger Gracchus“, und wie er fühlte er sich (nach dem Bruch mit Felice [Verlobte in Berlin]) „leer und sinnlos“. „Mein einziges Glücksgefühl besteht darin, daß niemand weiß, wo ich bin.“ Der Jäger Gracchus sagt: „… niemand weiß von mir, und wüßte er von mir, so wüßte er meinen Aufenthalt nicht, und wüßte er meinen Aufenthalt, so wüßte er mich dort nicht festzuhalten, so wüßte er nicht, wie mir helfen. Der Gedanke, mir helfen zu wollen, ist eine Krankheit und muß im Bett geheilt werden.“

Die Krankheit, die Kafka mit nach Riva brachte und die noch immer „Neurasthenie“ hieß, war auch im Sanatorium Hartungen nicht zu heilen. Und sie überschattete auch das zweite (nach dem in Zuckmantel) große Liebeserlebnis: die Begegnung mit einer achtzehnjährigen Schweizerin, die ebenfalls im Sanatorium wohnte. Auch über diese Liebe hat Kafka fast vollständiges Stillschweigen bewahrt, es gibt kaum mehr als eine kurze Notiz im Tagebuch nach der Rückkehr aus Riva: „Die Süßigkeit der Trauer und der Liebe. Von ihr angelächelt werden im Boot. Das war das Allerschönste. Immer nur das Verlangen zu sterben und das Sich-noch-Halten, das allein ist Liebe.“ Auch dies ist Gracchus: Er lebt nicht, er kann nicht sterben.

In einem Prospekt aus dem Jahr 1910, verfaßt von Dr. Erhard und Dr. Ch. E. von Hartungen, hat sich eine Beschreibung des Sanatoriums und seiner Möglichkeiten erhalten:

Das Anstaltsgebäude liegt inmitten eines grossen Parkes, unmittelbar am Gardasee. 60 Zimmer und eine Lufthütten-Kolonie (20 Lufthütten) mit vornehmen, hygienischen Einrichtungen, mit herrlichem Ausblick auf den Gardasee. Zur Durchführung von Freiluftkuren dient ein grosses, geschlossenes Luftbad im Anstaltsparke, ebenso ein Luft- und Sonnenbad für Herren und Damen am Dach-Plateau der Wasserheilanstalt und die Liegehalle.

… und die Strandliegehalle
… und die Strandliegehalle

Licht-, Luft- und Sonnenbäder, Nacktgymnastik und schwedische Freiluftspiele in gedeckten und freien Luftbädern das ganze Jahr hindurch.

See-, Sonnen- und Sandbäder am Strande unmittelbar vor der Anstalt während der Sommermonate.

Aseptisch ermolkene Kur- und Kindermilch von tuberkelfreien, nur trocken gefütterten Kühen, ebenso auch pasteurisierte Kefir- und Yoghurt (bulgarische Sauermilch).
Auch dieses Sanatorium rühmte sich der Behandlung von „Nervenleiden“ an erster Stelle, erinnerte an die „segensvolle Bedeutung des Lichts, speziell des Sonnenlichts bei Nervenschwäche“ und erinnert die „Bewegungsfreunde“ (zu denen Kafka ohne Zweifel gehörte) daran, daß „die malerische Umgebung Rivas an Abwechslung zu Wasser und zu Lande mehr bietet, als irgend ein anderer Kurort zu bieten vermag“.

Als Kuren – neben den diätetischen – werden angeboten:

Hydriatische Kuren in Form von Teil- und Vollbädern, verschieden temperierten Halbbädern, Abreibungen, Güssen, Teil- oder Ganzpackungen, Dampf- und trockenheissen Luftbädern, des elektrischen Bogenlichtbades. Klinisch erprobte Mineral-, Kräuter- und Schlammbäder, sowie die Behandlung mit Radium in verschiedenster Form wurden schon seit vielen Jahren mit sehr günstigem Erfolge gehandhabt.

Atmosphärische Kuren durch methodischen Gebrauch von Sonnen-, Luft-, Marsch- und Ruderlichtbädern mit und ohne folgende Wasseranwendung.

Heilgymnastik, d.h. leichte Leibesübungen, werden unter Aufsicht den Indikationen entsprechend ausgeführt.

Elektrotherapie wird mittelst Vierzellenbades (nach Dr. Schnee) faradischer und galvanischer Ströme und Bäder, der Influenzmaschine etc. etc. angewendet; die Anwendung derselben findet nur durch die Ärzte statt.

Ein weiteres Therapieangebot zeigt, daß das Sanatorium Hartungen damals zu den modernsten Anstalten gehörte:

Die Psychotherapie spielt im Sanatorium keine untergeordnete Rolle, da die Ärzte täglich mit den Patienten verkehren, sich auf das intimste über deren Befinden informieren, so dass ausser der streng individuell diätetisch-physikalischen Behandlung gleichzeitig eine seelische Einwirkung als Korrektiv möglich wird, welche die Krankheitsfurcht oder andere schädliche Vorstellungen, wie Gemütsbeschwerden, beseitigt, und den Kranken einer gesundheitsfreudigen und daseinsfrohen Stimmung entgegenführt.

Spezialärztlich durchgeführte psychoanalytische Behandlung.

Die meisten Gebäude des Sanatoriums stehen heute noch und dienen, nach einem Besitzerwechsel, ähnlichen Zwecken.

siehe auch: Kafka „kehrt zur Natur zurück!“

Louis Malle: Fahrstuhl zum Schafott (1958) – Musik (Score): Miles Davis

Jeanne Moreau auf der Suche nach ihrem Freund im nächtlichen Paris des Jahres 1958. Ich habe ein Faible für französische Filme. So habe ich jetzt den Film ‚Fahrstuhl zum Schafott‘ vom Regisseur Louis Malle eben aus dem Jahr 1958 gesehen. Als der Jazz-verrückte Malle sich um die Filmmusik bemühte, war es ein Glücksfall, dass sich gerade zu dieser Zeit Miles Davis in Paris aufhielt. Boris Vian, Schriftsteller, Jazztrompeter und Direktor der Jazzmusikabteilung des Plattenlabels Philips, war Malle dabei behilflich, den Kontakt zu Davis herzustellen. In nur einer Nacht, zwischen zehn Uhr abends und fünf Uhr morgens, spielte Davis den Soundtrack in einem Studio an den Champs-Élysées komplett improvisiert ein.

Louis Malle
Louis Malle

Louis Malle bewertet den Beitrag von Miles Davis zum Film sehr hoch: „Was er machte, war einfach verblüffend. Er verwandelte den Film. Ich erinnere mich, wie er ohne Musik wirkte; als wir die Tonmischung fertig hatten und die Musik hinzufügten, schien der Film plötzlich brillant.“

Miles Davis ist nicht jedermanns Sache. Aber der Filmausschnitt ist schon eine Besonderheit: Jazz trifft französischen Film – Miles Davis trifft Louis Malle

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